Viel Haut, oh, so viel unbedeckte Haut. Und das Wenige, was Lucas schmachtenden Augen vorenthalten wurde, heizte seine Fantasie nur noch mehr an. Strass und Pailletten, Schleier und Tücher. Der Schweißfilm ließ Brüste und Oberteile glitzern wie Discokugeln in den Siebzigern. Lucas konnte nur noch auf die fünf Paar Brüste schauen, wie sie vor ihm wogten – verheißungsvoll. Er war völlig verzaubert.

»Balztanz« hatte sein Freund Torben es neckisch genannt. Aber niemals hatte Torben erwähnt, wie sehr ihm dieser Rhythmus in die Eingeweide fahren würde. Im Raum war es jetzt schon viel zu heiß, und die Temperatur schien mit jeder Sekunde zu steigen.

Die fünf Frauen glitzerten und glänzten, als hätte eine Märchengestalt ihren Jahresbedarf an Feenstaub über sie verteilt. Da war diese kleine Zierliche mit den dunklen braunen Augen. Tigeraugen. Und die große Blonde, eine Figur, besser als jede Barbie, denn sie hatte Kurven und Muskeln, Kurven und Muskeln, überall. Die zwei anderen konnte er hinter ihren Gesichtsschleiern nicht wiedererkennen, auch wenn ihr Hüftschwung ihm unvergessen bleiben würde. Und dann war da noch die Rothaarige – Natascha. Eine Frau aus dem Osten, wie Torben ihm gesagt hatte. Sie hatte wunderschöne Brüste. Fest und üppig. Prall, ja, das war das Wort, das ihm sofort bei Nataschas Brüsten einfiel. Prall. Ein Wunder, dass sie bei diesem Rhythmus nicht aus ihren Körbchen sprangen. Mit atemberaubender Schnelligkeit kreisten ihre Hüften.

Cornelias Brautjungfern fesselten den Saal. Sie waren gut. Sehr gut sogar. Keinen Tanz einer Frau hatte Lucas jemals so anregend empfunden wie den Schleiertanz dieser westeuropäischen Bauchtanzgruppe.

Kurz fiel sein Blick nach rechts. Torben saß neben ihm an dem festlich dekorierten Tisch. Schick angezogen im hellbeigen Hochzeitsanzug, hatte auch er schon seinen Hemdkragen gelockert. Cornelias Hand mit dem glänzenden goldenen Ring lag auf seinem Oberschenkel. Kurz ließ Lucas sich davon ablenken, dass ihre Hand immer höher krabbelte. Da regte sich doch etwas im Schritt seines besten Freundes? Doch heute war Torbens Hochzeit. Ab heute hieß es für ihn: Nur gucken, nicht anfassen. Der Bräutigam war wohl selbst überrascht, wie ansprechend die Tanzgruppe war.

Und wenn schon? Ihm selbst ging es doch genauso. Die heißen, rhythmischen Bewegungen der Frauen ließen Lucas’ Blut aufkochen. Jetzt wurde der Takt langsamer. Doch die Tänzerinnen waren noch nicht fertig. Im Gegenteil, es schien, als würden sie gerade erst warmlaufen. Elegant formierten sie sich in einer Reihe hintereinander, um ein Solo vor dem Brautpaar zu präsentieren. Ihre Hüften wippten gemächlich. Vor dem Brautpaar angekommen, vollführte jede ihre unzweideutigen Bewegungen. Mit den Fingern strich Lucas sich über die schwitzige Stirn. Merkwürdigerweise staute sich das Blut auch in seinem Kopf. Ihm war heiß.

Nun war die rothaarige Natascha an der Reihe mit ihrem heißen Solo für das Brautpaar. Ihre Hüfte kreiselte, eine Seite schnellte hoch, sprang Lucas an, als wolle sie ihn zum Duell fordern. Ein Stoß ihres Beckens in seine Richtung, noch einer.

Lucas schluckte. Oh Baby, das waren gelebte Träume. Diese Hüfte auf seinen Hüften, dieser Stoß auf ihm geführt, wie ein Reiter sein Pferd anspornt. Mit dem Finger fuhr Lucas zwischen Hemdkragen und Haut. Ein Schweißtropfen löste sich und rann in Zeitlupe seine Schläfe hinab. Seine Fantasie kannte keine Zwischentöne. Das hier war pures Vorspiel.

Die Rothaarige präsentierte stolz ihre Fähigkeiten. Diese wogenden Brüste, die kreisenden Hüften, eingerahmt von filigranen Handbewegungen. Als wollte sie ihm die menschliche Lasterhaftigkeit vor Augen führen. Waren da etwa die Nippel durch den Stoff zu erkennen? Lucas ballte seine Hände unter dem Tisch. Hauptsache, er würde jetzt nicht anfangen zu sabbern. Er zerrte am obersten Hemdknopf und nestelte so lange an der Fliege, bis er sie ungeduldig wegriss.

Ihr Unterleib stieß vor. Die Darstellung traf ihn mit aller Macht zwischen die Beine. Noch ein Stoß, und wieder einer. Etwas nackter Schenkel war zu erkennen. Der Bauchnabel war geschmückt mit roten Perlen. Jetzt vibrierte die Kriegerin. Ihre Hüften bewegten sich so schnell, dass er sich alleine vom Zuschauen an der Reibungswärme verbrannte. Die bunten Glassteine glitzerten. Tausend Sterne explodierten in seinem Kopf.

Die Musik war an ihrem Höhepunkt angelangt. Da erging es ihr ähnlich wie Lucas. Es fehlten nur noch Sekunden. Alles wurde schneller, die Hüften kreisten in einem irrwitzigen Tempo. Nataschas Brüste mit den paillettenbedeckten Nippeln hypnotisierten ihn. Bei Gott, wäre nicht ein breiter Festtisch zwischen ihm und der Göttin der Lust gewesen, er hätte diese Frau hier und jetzt und vor den Augen aller begattet.

»Lucas? … Lucas!«

Lucas schreckte auf. Der Tanz war vorbei. Er hatte es gar nicht mitbekommen. Die Zuschauer beendeten ihren Applaus.

»Lucas, deine Rede …!«, murmelte Torben leise.

Lucas blickte in die Runde. Die sechs runden Tische waren voll besetzt. Er als Trauzeuge saß an dem einzigen langgezogenen Tisch, zusammen mit dem Brautpaar und deren Eltern. Ein Großteil der Gäste blickte erwartungsvoll nach vorne. Was würde nun als Nächstes kommen?

Hinten liefen die Bauchtänzerinnen aus dem Saal, wahrscheinlich, um sich umzuziehen. Noch bis hierher konnte er das Rascheln ihrer Pailletten hören. Es lullte ihn ein.

»Rede?«

»Trauzeuge. Du! Rede. Jetzt?« Torben musterte ihn belustigt.

Lucas schüttelte den Kopf. Im Leben würde er jetzt nicht aufstehen. Nicht, wenn er nicht alle zu Tode erschrecken wollte. Verstohlen räusperte er sich.

»Ich mach das besser später«, raunte er seinem besten Freund zu. Der zog eine Augenbraue hoch und drehte seinen Kopf ein wenig. Die Beule in Lucas’ Hose war nicht zu übersehen.

Cornelia beugte sich rüber und fragte: »Wolltest du jetzt nicht deine Rede hal…«

Torben unterbrach sie und flüsterte ihr etwas zu. Cornelias Blick wanderte unter den Tisch. Sie grinste. »Also dann, wenn sich der Trauzeuge etwas erholt hat.«

Lucas atmete erleichtert aus. Wie er nun bemerkte, war er beileibe nicht der Einzige, der etwas mitgenommen wirkte. Hinter Cornelia saß der Brautvater. Nur notdürftig gelang es ihm, seine Stielaugen einzuholen. Seine Frau grinste breit über das ganze Gesicht, wusste sie doch sicher, wie sehr ihn die Vorstellung, dass seine Tochter bei den Auftritten normalerweise mittanzte, in größte Not bringen musste.

Torbens Vater saß links neben Lucas. Mit einem Taschentuch tupfte er sich die Stirn. Lucas wünschte sich, er hätte auch so ein Taschentuch, das er zücken könnte.

 

Sobald seine körperliche Verfassung es zuließ, verdrückte Lucas sich nach draußen. Auf der Terrasse des Festsaales strömte ihm herrliche frische Luft entgegen. Ihm war heiß. Schnell zog er sich sein Jackett aus. Der laue Maiabend roch nach Holunderblüten und Flieder. Über ihm strahlte der Himmel in Kobaltblau. Es war der perfekte Himmel vor einer perfekten Kulisse.

Für ihre große Feier hatten Torben und Cornelia sich ein Wasserschloss gemietet, und Lucas musste eingestehen, dass es wirklich der ideale Ort war. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn gleich eine goldene Kutsche, gezogen von zwei weißen Pferden mit einem livrierten Zwerg als Kutscher aufgetaucht wäre. Alles wirkte fantastisch. So wie Torbens und Cornelias Beziehung wirkte – als hätte sich ein kleines Märchen erfüllt.

Das Brautpaar kannte sich gerade ein Jahr und schon fand die Hochzeit statt. Er wusste nicht, wie Cornelia das geschafft hatte, aber eins stand fest: Sie hatte Torben verlockt, bezirzt und schließlich verzaubert. Als Lucas davon hörte, dass sie so schnell heiraten wollten, kam ihm als einzige Erklärung in den Sinn, dass Cornelia Torben verhext haben musste. Ein Jahr, das war doch nichts.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet.

Torben hatte nur gelacht und ihm gesagt, er würde schon auch noch seine Traumfrau finden. Und dann würde alles ganz schnell gehen. Er müsse nur die Augen aufhalten. Vielleicht ja sogar schon heute, hier auf der Feier. Schließlich gäbe es kein stärkeres Aphrodisiakum als eine Hochzeit. Zumindest nicht für Frauen.

Der Gedanke an das Gespräch ließ Lucas grinsen. Das passte doch prima. War sein Plan nicht ohnehin gewesen, sich nach jemand umzuschauen, mit der er einen zügellosen Sommer verbringen konnte? Denn was Hochzeiten auf jeden Fall waren: Es waren Single-Börsen. Frauen suchten hier ihre Ehemänner, hieß es. Und Männer hatten leichtes Spiel, weil alle Frauen trunken waren vom Mysterium der ewigen Bindung.

Lässig lehnte Lucas sich an die helle Steinbalustrade und schaute durch die mächtigen Flügeltüren nach innen. Eine der Bauchtänzerinnen würde ihm für den Sommer schon reichen.

Drinnen gab es gerade eine der typischen Hochzeitsversteigerungsaktionen. Das war nicht so sein Ding. Sobald diese Nummer durch war, würde er seine Rede halten. Sein Spickzettel steckte in der Innentasche der Jacke, aber eigentlich brauchte er den nicht. Er konnte gut vor Leuten sprechen, und er konnte improvisieren, wenn es darauf ankam. Zumindest, sobald sich seine jubilierenden Gehirnzellen wieder an ihre gewohnten Plätze zurückbegeben hatten. Meine Güte, war das gerade geil gewesen! Allmählich hatten die meisten Blutkörperchen ihren Weg nach Hause zurück in die oberen Etagen geschafft. Noch zwei Minuten und er durfte sich wieder unter Menschen wagen.

Eine der weißen Flügeltüren öffnete sich und eine Frau trat auf die Terrasse. Sie fächelte sich mit einer Speisekarte Luft zu. Überall in ihrem Gesicht war noch Flitter zu sehen. Es war Natascha, ausgerechnet die rothaarige Natascha, die ihn so heiß gemacht hatte. Sie hatte sich umgezogen und trug nun ein enges dunkelgrünes Kleid, das allerdings leider sehr viel mehr bedeckte als ihr Bauchtanzkostüm. Für einen Moment war Lucas versucht, sie nach dem roten Perlenschmuck in ihrem Bauchnabel zu fragen, ließ es dann aber doch.

Sie stellte sich neben ihn und schaute hinaus in die weitläufige Parkanlage. »Ziemlich heiß da drin, oder?«

Meinte sie die Luft im Festsaal oder ihren Tanz? »Allerdings. Ich bin Lucas, der Trauzeuge.«

Natascha lächelte ihn wissend an. »Ich weiß.«

»Ach so? Und du bist Natascha, nicht wahr? Bist du Russin? Du klingst so osteuropäisch.«

Der Mund der Rothaarigen zeigte eine Perlenschnur weißer Zähne, als sie ihn anlächelte. Stumm beobachtete sie ihn einen Moment und legte ihren Kopf schief.

»Findest du?« Ihr Blick war belustigt, und ihre Stimme hatte plötzlich einen noch stärkeren Akzent. »Dann hat dir Torben schon von mir erzählt?«

»Nicht genug, wie ich jetzt feststelle.« Keine drei Sekunden und er war bereits im Anmach-Modus. Sein Blick blieb auf ihren Hüften hängen, dort, wo vorhin noch so viel nackte Haut zu sehen war. Oh Baby.

Sie lachte auf, als habe sie ihn durchschaut. Es schien ihr zu gefallen. »Was, glaubst du, bin ich? Eine Russin, die orientalischen Bauchtanz vollführt?«

»Was immer du sonst noch bist: Auf jeden Fall bist du herrlich exotisch und hast einen anbetungswürdigen Körper.«

Für einen Moment lag in ihrem Blick Verblüffung, doch dann schien sie sich gefangen zu haben. »Exotisch, ja sicher. Ich kann dir aus der Hand lesen.« Schon griff sie nach seiner linken Hand. Sanft streichelte sie mit ihren Fingern über seine Handinnenfläche. Durch seinen Körper zog ein angenehmes Kribbeln.

»Also, ich wollte hier kein Klischee … Ich möchte … Das kannst du also auch?« Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass sie ihn bereits das zweite Mal an diesem Abend in den Bann zog, der ihn sprachlos machte. Das passierte ihm sonst eher selten.

Ihr Zeigefinger streichelte über seinen Daumenballen. »Du hast bald Geburtstag.«

Lucas nickte. In vier Tagen war sein Geburtstag. Hatte sie sich bei Cornelia erkundigt? »Ja, Ende Mai. Das siehst du in meiner Handfläche?«

Sie machte eine knappe, winkende Bewegung, die ihm bedeutete, still zu sein und sie nicht in ihrer Konzentration zu stören. »Du bist Zwilling, Aszendent Skorpion. Du stichst gerne zu.«

»Es schmeichelt mir, wenn du mich so siehst«, kam es ihm etwas zu süffisant über die Lippen. Besser, er schaltete einen Gang zurück.

Doch plötzlich runzelte sie die Stirn und blickte auf seine Hand. »Zwilling und Skorpion, das bedeutet zwei Mal feuchtwarme Qualitäten. Hmmm.« Etwas schien sie zu stören.

»Ist das gut?« Lucas glaubte nicht an solche Dinge. Seine Zukunft war sicher nicht von einem Sternbild abhängig. »Oder eher schlecht?« Er grinste über ihre vorgespielte Magie. Doch die Art, wie sie ihn berührte, gefiel ihm.

Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. »Ein Kind des Frühlings, vom Temperament her ein Sanguiniker. Du bist lebhaft, witzig, aber auch zu leichtsinnig.«

Lucas betrachtete sie prüfend. Ihre feuerroten Haare fielen ihr in leichten Wellen über die Schulter. Ihre Haut war blass, ihre Lippen blutrot. So rot wie frisches Blut. »Nun ja, ich bin Rheinländer. Da ist es ja kein Wunder.«

Doch sie machte ein ernstes Gesicht. »Du kannst dich nicht entscheiden. Nie.«

»Wofür soll ich mich denn entscheiden?« Ihm gefiel, was sie machte. Sie sollte ruhig damit weitermachen, ihn zu streicheln. Ihr russischer Akzent gefiel ihm ebenfalls. Er hörte sie gerne sprechen. In ihrer Stimme lag so etwas Verruchtes.

Sie zog seine Hand noch näher an ihr Gesicht. »Ja, ja du schwankst noch. Du bist unentschieden, wie immer. Aber …«, sie rollte das R so schön, »aber heute Abend wirst du Gelegenheit bekommen, dich überzeugen zu lassen.«

Ihr Kopf war seinem nun ganz nah. Sie schaute ihn von unten her an. Ihr Augenaufschlag war wie ein sündiges Versprechen. »Du wirst heute der Frau deines Lebens begegnen.« Auf einmal klang sie weder russisch noch verrucht. Eher wie eine Domina, die bereit war, ihn zu züchtigen. »Kein Jahr, und du tanzt auf deiner eigenen Hochzeit!«

Wow! Die ging aber ran. Also doch eine der Frauen, die ihren Ehemann auf der Hochzeit der Freundin suchten. Allerdings hatte er seine eigene Hochzeit noch nicht in Planung, und so sollte es auch bleiben. Besser, er machte das unmissverständlich klar. »Ich muss dich enttäuschen. Ich suche nichts Festes. Und du … du machst mir ein wenig Angst.« Lucas zog seine Hand zurück, versuchte aber, die Situation mit einem Lachen zu überspielen.

Doch so leicht ließ sich Natascha nicht abweisen. Sie griff nach seiner Hand und im Nu hatte sie seinen Arm untergehakt. Er konnte nicht mehr weg. Wieder fiel sie in ihren russischen Akzent zurück.

»Was haben wir hier denn noch?« Mit ihren spitzen Fingernägeln zog sie eine Linie in seiner Handfläche nach. »Da, ja … siehst du hier, die Herzlinie? Und genau hier sind wir nun«, sie drückte einen Punkt. »Genau heute steht dir eine atemberaubende Erfahrung bevor. Ganz bald.«

»Ach, wirklich. Eine atemberaubende Erfahrung? Ganz bald? Ich hatte gerade erst eine. Ich hab dich tanzen sehen. Vielleicht zählt das ja schon.«

»Ich meine Sex.«

Lucas schluckte. Sex, na gut, dagegen gab es eigentlich nichts einzuwenden. Aber was sie offensichtlich meinte, war Überzeugungssex. Sex, der zum Zweck einer ehelichen Verbindung ausgeführt wurde. So leicht war er jedoch nicht zu kriegen.

»Wieso sieht meine Handinnenfläche dann nicht aus, als hätte ich mit ihr auf einem Nagelbrett gesessen? Ich meine, eigentlich müsste sich auf meiner Haut mein ganzer bisheriger Sex zeigen, wenn es stimmt, was du sagst, oder?« Er grinste spöttisch.

Nataschas grüne Augen fixierten ihn. Ihr Blick verdunkelte sich. »Du glaubst mir nicht, nicht wahr?« Schlagartig ließ sie seine Hand los. Ihre beiden Handflächen schoben sich beschwörend vor sein Gesicht. »Bevor der Abend zu Ende geht, wirst du eine Entscheidung gefällt haben.« Das klang wie eine Prophezeiung.

Lucas fühlte einen Kloß im Hals. Vielleicht war es weniger eine Prophezeiung als eher ein Fluch. Er war nicht so der Typ für eine feste Bindung. Ja gut, er mochte beides. Heißen, atemberaubenden Sex und Kuschelerotik. Und immer öfter hatte er es satt, ständig neu auf die Pirsch gehen zu müssen. Schließlich war es beileibe nicht so, als wäre er jedes Mal erfolgreich. Mal gefiel er den Frauen nicht. Mal gefielen die Frauen ihm bei näherem Blick nicht. Es war schon sehr anstrengend, ein erfülltes Singleleben zu führen.

Andererseits: Gab es ein besseres Gefühl, als ein Beutetier nach einer aufregenden Jagd zu besiegen? Wenn man endlich die Lippen an den Hals legte und das warm pochende Blut fühlte? Ein Geschöpf, das sich einem ergab, mit allen Sinnen? Ein wahres Fest der Lust, der Sinne, der Begierde.

Er taxierte Natascha. Sie redete von einer Entscheidung. Was konnte damit anderes gemeint sein als die Ehe, Kuschelsex und das endgültige Ende der Jagdsaison? Schade, denn alles an ihr wies auf sein typisches Beuteschema hin. Rassig, heißblütig, aufopfernd für eine Nacht. Eine Aura inbrünstiger Leidenschaft umgab ihren Körper.

»Bevor der Abend zu Ende geht, wirst du eine Entscheidung gefällt haben«, wiederholt sie noch einmal, als könne sie damit ihre Weissagung materialisieren. Theatralisch ließ sie ihre Hände sinken.

Lucas lehnte sich zurück. Natascha war fordernd. Sie würde es nicht bei einer heißen Affäre belassen. Nein, mit einer solchen Frau würde es sicher kompliziert werden. Besser, er ließ die Finger ganz von ihr, bevor ein Unglück passierte. »Also, ich glaube, wir beenden das hier besser. Das ist nicht ganz so mein Fall.«

Doch sie lächelte schon wieder honigsüß. »Nein, war ja auch nur Spaß. Ich weiß ja, du bist ein Zwilling. Zwei Herzen schlagen in deiner Brust. Immer hin- und hergerissen, eben wie ein echter Januskopf.«

Für einen Moment fand er ihren Blick, in dem nichts weiter lag als ein unbefangenes Lächeln. Ohne den Ausdruck zu verändern, beugte sie sich vor, bis sie ganz nah an seinem Ohr war. Die Wärme ihres Atems strich an seinem Hals vorbei.

»Und wie alle Zwillinge hast du sicher auch ein großes sprachliches Talent. Bestimmt bist du redegewandt, witzig, wortgewaltig. Ich wette, du bist ein echter Verbalerotiker. Wenn du schmutzige Sachen erzählst, dann klingt es wahrscheinlich wie die süßesten Versprechungen aus dem Paradies.«

Die Luft zwischen ihnen war elektrisiert. Winzige Kometen sprangen zwischen ihnen hin und her, hinterließen einen verglimmenden Sternenschweif in den Gefühlen und feurige Wünsche auf der Haut. Ihr Zeigefinger glitt nun hinter seinem Ohr den Hals herunter. Sie warf ihm ein letztes neckisches Grinsen zu, wandte sich ab und ging wieder in den Saal zurück.

Er war so benommen, dass es ihm vorkam, als würde sie ins Innere des Gebäudes schweben. Ihre Worte hatten ihn getroffen. Nicht bitter, nicht böse. Es war eher so, als wären sie der Zauberspruch, der das Tor öffnete. Simsalabim und Abrakadabra. Von seiner Handfläche aus pulsierte eine Vibration durch seinen Körper, wie bei einer leichten elektrischen Spannung. Oh ja, er war Verbalerotiker. Er liebte es, zu sehen, wie sich die feinen Härchen am Hals der Frauen aufrechtstellten, wenn er ihnen erzählte, was er gleich oder bald mit ihnen tun würde. Wie sich ihre Pupillen weiteten, wenn er ihnen sündige Taten ins Ohr raunte. Er konnte sie heißmachen. Nur mit seinem Zungenschlag, auf jede erdenkliche Art und Weise.

Abrupt schüttelte Lucas den Kopf. Was war das? Hatte Natascha ihm gerade seine Masche geklaut? Ihm Gänsehaut verursacht, ins Ohr gesäuselt, ihn nur mit ihren Worten heißgemacht. Verblüfft starrte er ihr nach. Sie hatte ihm seine Nummer geklaut!

Das war ja mal eine unverblümte Anmache. Vor kaum einer halben Stunde hatte sie direkt vor ihm gestanden und einen schweißtreibenden Balztanz quasi nur für ihn hingelegt. Und anscheinend war es für sie schon ausgemachte Sache, dass sie Sex miteinander haben würden. War er diesmal das Opfer, die Beute? Oder war das nur eine besonders clevere Strategie von ihr?

Geistesabwesend blickte Lucas in den Park. Mit einem hatte sie allerdings recht. Er konnte sich schlecht entscheiden. Ein wenig beneidete er Torben schon. Auch wenn er seit Wochen nun schon die üblichen Sprüche abließ, die ein Mann vor seiner Hochzeit zu hören bekam – Torben schien mit Cornelia genau die richtige Frau gefunden zu haben. Plötzlich war sie einfach da gewesen. Wie aus dem Nichts heraus war sie aufgetaucht. Die Frau fürs Leben.

So eine, wie Natascha gerade für ihn angekündigt hatte. Wollte sie ihn verkuppeln, oder hatte sie sich selbst im Auge für den Job? War Natascha die atemberaubende Erfahrung? Und gleichzeitig die Frau fürs Leben? Sie konnte nur sich selbst gemeint haben, oder? Trotzdem: Der beste Sex ever. Hatte sie nicht genau davon gesprochen? Und nun legte sie ihm das Paradies vor die Füße? Oder war es letztlich die Hölle? Nun gut, die Hölle würde es mit einer solchen Rassefrau nicht werden, aber vielleicht ein ewiges Fegefeuer.

Ja, er wollte ungezügelten Sex, aber auch die Bequemlichkeit einer Beziehung. Er wollte das Abenteuer der Eroberung, aber auch das gemütliche Lagerfeuer. Er wollte den immer aufs Neue berauschenden Neuanfang und sehnte sich gleichzeitig nach einer Seelenpartnerin. Wenn er sich nun entscheiden musste, faszinierenden Sex mit der Frau fürs Leben oder seine Freiheit – wofür würde er sich entscheiden? Für beides oder für keins.

Wie konnte sie ihn nur so schnell durchschauen? Lucas wettete, sie hatte sich von Cornelia beraten lassen. Sicher hatte die Braut ihrer Freundin alles verraten: seinen Geburtstag und damit sein Sternzeichen mit Aszendenten. Und dass er gerne ohne Punkt und Komma redete, war ja auch nicht schwer in Erfahrung zu bringen.

Und genau das war hier sein Job. Er musste endlich seine Rede halten, bevor alle zu betrunken waren, um seine Witze zu verstehen. Ein Blick durch den Saal sagte ihm, dass die Leute gerade mit nichts anderem beschäftigt waren. Die Versteigerungsaktion war beendet. Ungefähr drei Dutzend Gäste waren anwesend. Fast alle saßen. Nur wenige Plätze waren leer.

Natascha konnte er nicht entdecken. Später würde er noch einmal mit ihr sprechen. Sie ausfragen nach ihrer Weissagung. Denn immerhin hatte Natascha mit zwei Sachen recht gehabt. Er konnte sich nie entscheiden, und ja, er war ein Verbalerotiker.

Er zog seine Jacke über, strich sich seine blonden Haare ordentlich aus dem Gesicht und wies einen Kellner an, mit Champagnergläsern herumzugehen. Er tauschte kurz ein Zeichen mit Martin und Andre. Alles war soweit besprochen. Sie würden gleich das Paket mit ihren Geschenken hereinholen. Als alle Gäste ein Glas in der Hand hielten, klopfte er mit einem Löffel an eine große Glaskaraffe und begann mit seiner Trauzeugenrede.

 

Acht Stunden, vier Sekt, drei Liter Mineralwasser und ein vom Tanzen durchgeschwitztes Hemd später verabschiedete er Torbens jüngsten Bruder mit seiner noch jüngeren Freundin, die gerade ins Taxi stiegen. Die Leute vom Catering hatten bereits vor mehreren Stunden das Buffet abgeräumt. Nur die Getränke und einige Gläser hatten sie stehen gelassen für die letzten Gäste, bevor sie vor zwanzig Minuten gefahren waren.

Lucas kontrollierte die Musikanlage. Alles war ausgeschaltet, der DJ weg. Der Tisch mit den Hochzeitsgeschenken in der Ecke war zum Bersten überfüllt. Einige Pakete standen neben dem Tisch. Morgen Nachmittag würde das Brautpaar kommen und alles abholen. Wie mit den beiden abgesprochen, harrte er bis zuletzt aus und würde den Saal abschließen. Und jetzt war es so weit. Er war der letzte Gast.

Es war so spät, dass es fast schon wieder früh war. Der große weißgoldene Festsaal lag im Halbdunkel. Nur durch die großen Flügeltüren fiel sattes Mondlicht herein. Als er kontrollierte, ob die Türen zur Terrasse auch wirklich geschlossen waren, entdeckte er ihre Silhouette. Die Strahlen der Nacht hinterließen ein sanftes Glitzern auf der Haut. Lucas wusste sofort, dass sie auf ihn gewartet hatte. Den ganzen Abend über war Natascha ihm aus dem Weg gegangen. All seine Versuche, mit ihr zu flirten und zu sehen, wohin das noch führen konnte, blieben fruchtlos. Und jetzt stand sie hier und wartete auf ihn?

Mit einer angebrochenen Flasche Champagner und zwei Gläsern trat er hinaus ins Mondlicht. Sie drehte sich nicht einmal zu ihm um. Beinahe ärgerte es ihn, dass sie so siegesgewiss war. Andererseits, war das nicht genau seine Masche, als habe sie von ihm eine Kopie gezogen?

Ihre Worte kamen ihm in Erinnerung. Heute wirst du die Frau deines Lebens kennenlernen. Als würde er sich für ewig binden. Dazu war er nicht der Typ. Auch wenn er ein wenig Neid verspürt hatte, als Cornelia und Torben gefahren waren. Sie waren sich so nahe. Sie waren sich so vertraut. Sie waren sich ihrer Gefühle so sicher.

»Eigentlich ist er schon zu warm.« Lucas hielt ihr ein Glas Champagner hin und sie nahm es so selbstverständlich, als gäbe es nichts zu erklären. Als sie sich zu ihm drehte, glühten ihre Augen im Mondlicht. In ihrem Lächeln spiegelte sich ein Geheimnis.

»Endlich allein.« Als wäre damit alles gesagt.

Er nippte. Der Champagner war wirklich zu warm. »Du hast auf mich gewartet?«

»Du nicht?«

Ein 'Nicht, dass ich wüsste' lag ihm auf der Zunge, aber er wusste, wann er besser seinen Mund hielt. Er trank einen Schluck Champagner und verzog den Mund. Definitiv zu warm.

»Ich weiß, wo Eis ist.« Ohne auf ihn zu warten, ging Natascha hinein.

Lucas griff nach der Flasche und stieß sich von der Brüstung ab. Na gut. Er folgte.

Sie verschwand in einem Nebenraum, in dem der Catering-Service am Abend seinen Nachschub untergebracht hatte. Dort stand ein kleiner Kühlschrank mit einem Eisfach, aus dem Natascha eine ganze Tüte Eiswürfel herauszog. Sie ließ zwei Eisstücke in ihr Glas fallen.

»Ich weiß, es ist nicht ganz stilecht, aber so kann man ihn wenigstens noch trinken. Willst du auch was?«

Lucas hielt ihr sein Glas hin und füllte dann die Gläser nach. Er ließ die Eiswürfel in seinem Glas kreisen. Ein leises, schleifendes Geräusch war zu hören. »Und wirst du mir jetzt noch mehr über mein zukünftiges Leben verraten?«

»Würdest du es denn wissen wollen?« Sie hatte nun gar keinen russischen Akzent mehr. Trotzdem klang die Stimme weiterhin wunderbar verrucht.

»Ich höre dir gerne zu.«

»Deine Rede war auch gut. Originell. Nicht das übliche Hochzeits-Trauzeugen-Gesülze. Auch wenn ihr euch die Handschellen hättet sparen können.«

Natürlich hatten die Jungs nicht darauf verzichten können, Handschellen und eine kleine Peitsche zu verschenken, sozusagen als Symbol für die verzwickte Bindung zwischen Mann und Frau.

Natascha nahm den Beutel mit Eisstücken und wanderte damit in den großen Saal. Geräuschvoll rutschten die Eiswürfel in einen leeren Sektkühler. Mit wenigen Handgriffen setzte sie die Anlage wieder in Gang. Leise Musik erklang. Sie wartete, bis er die Flasche in das Eis steckte, und dann begann sie, ihre Hüften kreisen zu lassen. Als würde sie einen sehr langsamen Bauchtanz vollführen.

Lässig lehnte Lucas an einer Marmorsäule und schaute ihr zu. Fließende Arme, geschmeidige Hüften, verführerische Beine – ein Bild zum Schwachwerden. »Dein Tanz ist wie eine Einladung. Möchtest du, dass ich dich verführe?« Er stieß sich von der Säule ab und ging ihr entgegen.

Ihr Blick ruhte auf ihm, ohne dass ihr Körper innehielt. »Natürlich. Ich sehne mich schon den ganzen Abend danach.«

Lucas schluckte. Das war ein unwiderstehliches Angebot. Aber da war ihre Prophezeiung vom früheren Abend: Kein Jahr und du tanzt auf deiner eigenen Hochzeit. Er hatte das Gefühl, als würde er ihr unnötig Mut machen, wenn er auf ihre Avancen einging. Trotzdem wollte er sich nicht die Blöße geben und hier einfach unverrichteter Dinge verschwinden. »Allerdings hatte ich in den letzten Stunden eher den Eindruck, du läufst vor mir weg.«

Ihre Hand strich an seinem Kinn entlang, als läge eine Schlinge um seinen Hals, an der sie ihn zu sich ziehen könnte. Und irgendwie schien es tatsächlich zu funktionieren. »Nein, nicht weglaufen. Aber ich wollte unserer Begegnung nicht durch profane Gespräche über 'Wo kommst du her' und 'Was machst du beruflich' der Spannung berauben.«

Er konnte nicht anders, als anerkennend zu schmunzeln. Natascha hatte es wirklich raus, ihn heißzumachen. »Du bist gar keine Russin.« Verdammt noch mal. Wollte er hier Smalltalk machen oder sie verführen? Warum zögerte er? Sie wollte ihn. Er brauchte nur zuzupacken. Was hielt ihn ab? Es war ja nicht so, als würde er einen Vertrag mit Blut unterschreiben – etwas für die Ewigkeit.

»Das hab ich auch nie behauptet.« Ihr Körper schmiegte sich federleicht an seinen. Automatisch bewegte er sich im gleichen Rhythmus.

»Na gut. Sagst du mir dann, was du noch alles nicht bist? Hoffentlich nicht in einer Beziehung. Nicht zu übersehen. … Und nicht zu überhören.« Er verschränkte seine Hände ineinander. Andernfalls wären sie wie von selbst über ihren Körper geglitten.

»Magst du die leisen Frauen lieber?«

»Ich meinte damit eher deine Stimme. Sie ist so … hinreißend lasterhaft.«

»Gefällt dir das?« Sie lachte ein tiefes, kehliges Lachen.

»Mir schießt bei jedem Wort, das deinen Mund verlässt, ein bisschen Blut in meine Lenden.« Wieso sagte er das? Wieso sagte er überhaupt noch etwas, statt ihr direkt die Kleider vom Leib zu reißen?

Natascha lächelte. »Wirklich?«

»Ich schwöre.« Jedes Wort fiel ihm schwer. Doch solange er weitersprach, würde er ihr nicht nachgeben. Nicht solange er sich nicht sicher war, dass sie das mit der Frau fürs Leben nur aus Spaß gesagt hatte.

Ihr Kopf näherte sich seinem. »Dann schenke ich dir ein paar ganz besondere Worte – nur für dich.« Ganz nahe vor ihm wiegte sie ihren Körper hin und her – wie Bambus im Abendwind. »Wie wäre es zum Beispiel mit … Begierde.« Verheißungsvoll ließ sie das R rollen. »Zügellose … Leidenschaft.«

Wenn er ein Verbalerotiker war, was war sie dann? Verbalakrobatin? Sein Körper stand in Flammen. Lucas bemerkte, wie ihre Augen kurz aufblitzten. Ihre Hände legten sich auf seine Oberschenkel.

»Hemmungsloser … Sex.«

Das war es, was er hören wollte: Sex, nicht ewige Liebe! Eine Welle heißen Blutes flutete durch seinen Körper. Oh, ja. Genauso würde es kommen. Er fühlte es. Er konnte förmlich spüren, wie das Blut durch seine Adern strömte, auf dem Weg zu dem einen Punkt.

Jetzt konnte er sich nicht mehr beherrschen. Seine Hände liefen ihren Rücken herunter, tiefer, über ihre Rundungen, immer tiefer, an den Beinen herab. Dann wieder hoch, etwas weiter vorne, streiften ihre Taille, ihren Bauch, glitten immer höher.

»Also hemmungsloser Sex, ja? … Ich würde sagen, du bist eine begnadete Weissagerin.« Jetzt legte er seine Hände an ihre Seiten. Der Stoff war seidenglatt, aber warm.

Plötzlich fühlte Lucas ihre Hüften an seinen. Ein leichtes Stöhnen entwich seinem Mund. Doch ihre Körper streiften sich nur kurz. Sofort war sie wieder einige Zentimeter entfernt.

Sie schnurrte wie ein Kätzchen. »Nicht enden wollendes Verlangen.«

Seine Hände glitten an ihren Oberschenkeln hoch – Zentimeter für Zentimeter. Unter seinen Berührungen drehte sie sich mit dem Rücken zu ihm. Immer noch wiegte sie ihren Körper zur Musik. Ihr Po streifte ganz leicht die Beule in seiner Hose. Eine Berührung, so flüchtig wie ein Gedanke, und trotzdem brannte sie auf seiner Haut. Seine Finger tanzten über ihren Körper. Doch bevor sie ihre prächtigen Rundungen erreichten, lehnte sie sich mit den Schultern gegen ihn und schaut hoch. Als wollte sie ihm ein Brandzeichen aufdrücken, presste sie ihren Po gegen seine Lenden. Augenblicklich schoss alles Blut in seinen Schwanz. Für einen Moment hatte er weiche Knie, doch sofort hielt er gegen ihren Druck an.

»Ewige Liebe.«

Ihr weiches Fleisch legte sich um seine Ausbuchtung. Er war heiß, er war hart, es war felsenfest entschlossen. Laut stöhnte er auf.

»Die Frau fürs Leben …« Ihr Po rieb an seinen Lenden. Sie drückte sich fest an ihn.

Seine Sinne waren benebelt. Er spürte ihren Körper, ihre Hitze, ihr sinnliches Versprechen. All das versprach besinnungslose Hingabe. Bester Sex ever.

»… für immer …«

Ihre Hände suchten seine Hände, krallten sich in seine Finger. Als wären sie untrennbar miteinander verschweißt.

»… und ewig …«

Natascha seufzte zufrieden, als sie seine Hände auf ihren Busen legte. Sie wölbte sich seinen Händen entgegen.

Lucas fühlte die schwitzige Haut, die weiche, pralle Fülle unter dem Stoff. Unter seiner Berührung wurden ihre Nippel hart. Genauso hatte er es am liebsten. Er wollte fühlen, wie eine Frau unter seinen Berührungen dahinschmolz. Mit beiden Zeigefingern kreiste er um die kleinen Erhebungen, die sich nun durch den glatten Stoff drückten.

Natascha zog scharf den Atem ein. »… wir beide …«

Oh ja. So war es richtig. Er ließ eine Hand unter den Stoff gleiten. Geübt fand er den Weg unter den BH. Ganz langsam kreiste er mit einer Fingerkuppe über die feste Spitze.

Instinktiv drückte Natascha ihren Körper gegen ihn. Er fühlte ihren Rücken, ihren Po. Ihre Haare kitzelten ihn im Gesicht.

Nun nahm er den Nippel zwischen Finger und Daumen und drückte leicht zu. Ein Beben lief durch ihren Körper. Nataschas Hände schnellten zu seinen Beinen und krallten sich in den Stoff seiner Hose. Er drückte noch mal leicht. Er hatte ihre Lust fest im Griff.

Ein leises, lustvolles Wimmern kam aus ihrem Mund. Sie keuchte auf. »… für den Rest unseres Lebens.«

Die Frau fürs Leben?

Für immer und ewig?

Für den Rest unseres Lebens?

Hatte Natascha das gesagt? Wie in einer Sanduhr tropften die einzelnen Worte und ihre Bedeutung in sein Gehirn. Hatte er nicht zugehört? Sie sprach über ihn und sich selbst … als Paar … für immer … Hochzeit! Was machte er noch hier? Wieso lief er nicht so schnell es ihm möglich war fort?

Er spürte ihren Körper. Er fühlte ihr Begehren. Er atmete ihre Lust ein. Doch für einen Moment war er völlig verwirrt. Er konnte sich nicht von ihr lösen, beinahe wie erstarrt. Endlich fand er die Sprache wieder. Die Worte stolperten unbeholfen aus seinem Mund: »Was? … Was hast du gesagt?«

Sie drehte sich zu ihm um. »Ich wollte nur mal prüfen, wie weit ich gehen kann.« Ein spöttisches Lächeln umspielte ihren Mund. »Anscheinend bist du noch nicht ganz so besinnungslos, wie ich hoffte.« Sie schmiegten sich an ihn wie eine Sommerwolke. Leicht fedrig.

Die Berührung ihrer Hüften ließ ihn fast von seinem Vorhaben abkommen. »Nein, … sag noch mal … Wiederhole, was du … Wieso sagst du so etwas? Ewige Liebe?« Die letzten Worte kamen nur noch keuchend über seine Lippen, denn nun presste sie sich mit ihrer ganzen Lust gegen ihn.

»Ich hab gesagt, was ich sagen wollte. Nun erzähl du mir etwas. Geschichten aus Tausendundeiner Nacht.« Ihre Hüften glitten hin und her. »Geschichten von Liebe, Lust und Laster.« Nataschas Hände fuhren über seine Arme, hoch über seine Schultern, streiften seinen Hals an der empfindlichsten Stelle. »Erzähl mir, was du gleich mit mir machen wirst. Ich will es mir vorstellen, bevor du es mit mir tust. Du hast ein Mundwerk, das fast nie stillsteht. Ich möchte es in jeder Weise spüren.«

Ihre fordernden Worte betäubten seine Bedenken. Sie war so wahnsinnig erotisch und so wahnsinnig gemein. Lucas öffnete den Mund, wollte etwas erwidern. Etwas in ihm kämpfte gegen die Magie, die ihn umnebelte, die ihn sprachlos machte. Doch als er spürte, wie ihre Finger wieder an seinem Körper herunterglitten, erstarb jeder Widerstand.

Gerade wollte er sich endlich der unbeschwerten Lust hingeben, da kam ihm ein erschreckender Gedanke: Haut, so weiß wie Schnee. Lippen, rot wie Blut. Aber es war nicht Schneewittchen, die vor ihm stand. Er war nicht mehr Herr seiner Sinne. Lucas konnte dieser Frau nicht widerstehen, war ihr ausgeliefert. Wehrlos wie unter einem Bannfluch war er gerade dabei, mit seinen Küssen und Berührungen einen fürchterlichen Pakt zu besiegeln. Es war nicht Schneewittchen, die da vor ihm stand, es war die böse Hexe.

Als würde sie seine Gedanken lesen, flüsterte sie sanft: »Hab keine Angst. Es ist unausweichlich. Wir werden viel Spaß miteinander haben.« Dabei glitten ihre Finger zwischen Hemd und Hose und zogen den Stoff immer weiter heraus.

Lucas fühlte sich wie hypnotisiert. Ein schrecklicher Gedanke eroberte seinen Kopf: Hatte Cornelia Torben verhext? War sein bester Freund nur das erste Opfer gewesen? Es hatte ihn schon seit Monaten gewundert, wie sehr Torben Cornelia verfallen schien. Und dann die schnelle Hochzeit. Unterlag er einem Zauberbann? Ihm kam in den Sinn, wie er Torben bei der Ankündigung seiner Hochzeit scherzhaft gefragt hatte, ob Cornelia ihn unter Drogen gesetzt hatte. Jetzt kam ihm das plötzlich nicht mehr so abwegig vor. Hatte Natascha ihm mit den Eiswürfeln etwas ins Glas getan? Ein Liebeszauber, der ihn wehrlos machte wie einen pubertierenden Fünfzehnjährigen, dem gerade das erste Mal bevorstand? Gebannt schaute er dabei zu, wie sie ihm das Hemd nun ganz aus der Hose herauszog.

Doch mit einem lasziven Blick aus ihren grünen Augen erstickte sie jeden Widerstand. »Und wirst du mir nun erzählen, was du am liebsten mit mir machen möchtest?«

Vor seinem inneren Auge tauchte ein Bild auf. Natascha in schwarzen Dessous. Die makellose helle Haut, die nur darauf wartete, von ihm berührt zu werden. Die feuerroten Locken, die in weichen langen Wellen über ihre Schultern flossen. Sie kitzelten ihn am Hals, schmiegten sich um seine Haut, glitten über seine Arme zu den Händen. Und plötzlich war er gefesselt. Die Haare hatten sich wie Schlingen um ihn gelegt, wie ein fein gesponnenes Netz. Er konnte sich nicht mehr rühren.

Erschrocken schüttelte Lucas seinen Kopf. Ein Albtraum. Jeder Laienpsychologe konnte ihm erklären, dass er lediglich Bindungsängste hatte. Vor ihm stand eine traumhaft schöne Frau und wollte Sex mit ihm. Er sollte seine Beziehungsphobie jetzt nicht dazwischenkommen lassen.

Natascha schaute ihn an, der Mund leicht geöffnet, die Unterlippe etwas nach vorne gewölbt. Es war unzweifelhaft zu erkennen, was sie vom ihm wollte. Aber irgendwie reagierte er zu langsam. Mit beiden Händen drückte sie ihn nun nach hinten, bis er auf einem Stuhl saß.

Galant lüftete sie den Rock ihres Kleides und schon saß sie auf ihm. Ihre giftgrünen Augen hielten ihn fest im Visier, während sie immer tiefer rückte. Noch ein kleines bisschen und mit einem leisen Seufzer setzte sie sich genau auf seinen Schoß. Er spürte, dass die Hose viel zu eng war.

»Ich bin so gespannt auf deine Zunge.« Ihr Gesicht näherte sich. Ihre Lippen legten sich auf seine, und plötzlich fuhr ihre Spitze in seinen Mund. Ihre Zungen trafen sich. Doch sie neckte ihn nur und zog sich sofort zurück. »Komm, zeig mir, wie du mich gleich verwöhnst. Wie deine Zunge mit mir spielen wird. Du bist doch bestimmt richtig gut mit deiner Zunge, oder? Ich wette, damit kannst du jede Frau in den Himmel lecken.«

Das war es! Und wenn er mit ihr Silberhochzeit feiern sollte. Er wollte diese Frau. Er wollte sie so unbedingt, dass er alles abwarf, was an Skrupeln oder Zweifeln noch vorhanden war. Seine Zunge stieß vor, umspielte ihre, leckte über ihre Lippen und drängte sich in sie hinein. Sie atmete heftig.

»Magst du es so? Gefällt es dir, wenn meine warme weiche Zunge deine Höhle zuerst erforscht?« Seine Hände wanderten zu ihrem Rocksaum und glitten immer weiter hinunter. Sie stöhnte laut auf, als seine Hände ihre nackten Beine berührten. Seine Wangen glitten über ihren Hals. »Dann bist du also meine atemberaubende Sexerfahrung aus deiner Weissagung?«

»Alles, was ich dir gesagt habe, trifft ein. Alles.«

In Lucas’ nebeligen Gedanken tauchten ihre Worte auf – Frau seines Lebens. Ewige Liebe. Hochzeit – und wurden schnell wieder davongeweht.

Seine Hände waren an ihren Oberschenkeln angekommen und stahlen sich zu den Innenseiten ihrer Schenkel. Doch ihre Hände stoppten ihn. Er war nun so kurz vor ihrem Delta, dass er kribbelig wurde.

»Du kannst dich nicht entscheiden, stimmt’s?« Als würde sie merken, wie er sich mit dem letzten Funken Willen gegen sie stemmte. Sie lehnte sich auf ihm zurück, was seinen Schwanz nur noch mehr in Bedrängnis brachte. »Schon wieder einmal kannst du dich nicht entscheiden.«

Er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Wie aus der Ferne hörte er seine belegte Stimme fragen: »Und woher weißt du so genau, dass du die Frau meines Lebens bist?«

Für ein paar Sekunden schauten sie sich still an. Dann ließ sie endlich seine Hände frei und stand auf. Sie ging ein paar Schritte zurück, drehte sich zur Musik und blieb vor ihm stehen.

»Ich bin mir ganz sicher. Und ich verrate dir auch, wieso.« Ihre Hände fanden den Weg zum Reißverschluss ihres Kleides. Sie öffnete ihn so bedächtig, als würde sie ein wertvolles Geschenk auspacken. Die Langsamkeit ihrer Bewegungen zog ihn erwartungsvoll in ihren Bann.

Zentimeter für Zentimeter rutschte der Stoff tiefer. Die Träger ihres BHs kamen zum Vorschein. Sie trug smaragdgrüne Dessous! Satin, fast im selben Ton wie ihr Kleid. Es war nicht einfach ein klassischer BH. Mehrere Bänder überquerten von links und rechts ihr Dekolleté. Es mutete schon fast wie ein kleines Bondagekunstwerk an. Die perfekte Lingerie. Ihre Brüste thronten über Nataschas verführerischem Körper.

Aufreizend langsam rutschte das dunkelgrüne Kleid tiefer. Mit beiden Händen zog sie an dem Stoff, der nun über ihre Hüften rutschte und zu Boden sank. In einem perfekten Ensemble aus raffiniertem BH, Slip und Strapsen trat sie aus dem Stoffberg heraus. Die Strümpfe changierten auf ihrer Haut. Dunkle High Heels passten perfekt zu Kleid und Dessous. Überall auf ihrer Haut glitzerte noch der Rest von Flitter. Sie ließ ihre Hände an ihrem Körper hinabgleiten, als wolle sie ihm sagen: Das alles könnte deins sein! »Was du nicht weißt: Auch ich habe eine Weissagung erhalten.«

»Ach wirklich?« Er war sich nicht sicher, ob er aufstehen und sich ebenfalls ausziehen sollte oder ob er besser wartete, was das Glück noch für ihn bereithielt.

Blitzschnell war Natascha hinter ihn getreten. »Weißt du, wir haben gefeiert am letzten Wochenende, Cornelia, ich und ein paar andere – Junggesellinnenabschied.« Sie flüsterte ihm das letzte Wort ins Ohr, knabberte kurz an seiner Haut und richtete sich wieder auf. In langsamen Schritten lief sie um ihn herum. »Wir haben eine Menge Blödsinn gemacht, von dem du nichts wissen musst. Aber im Laufe des Abends hat uns der Weg auf die Kirmes geführt. Und dort sind wir am Zelt einer Wahrsagerin vorbeigekommen.« Wieder stand sie hinter ihm und dieses Mal legte sie ihre Hände auf seine Schultern.

»Und an so etwas glaubst du?«

»Diese Frau stand draußen, sah uns und ist sofort auf Cornelia zugegangen. Soll ich dir etwas sagen? Sie hat ihr zu ihrer Hochzeit gratuliert.«

»Na ja, vielleicht saht ihr einfach nach einem Junggesellinnenabschied aus. Ein paar Mädels, die ausgelassen feiern. Und Blödsinn machen.«

Ganz langsam zog Natascha nun an seinem Hemd. »Das dachten wir alle. Aus Spaß haben wir uns einfach die Zukunft vorhersagen lassen. Ich auch.« Das Hemd war nun vollkommen aus der Hose, und genüsslich zog sie es Lucas von den Schultern. Plötzlich war sie neben ihm, schwang ein Bein über ihn und blickte fordernd zu ihm herab.

Sie duftete verführerisch. Lucas konnte nicht anders. Er legte seine Hände auf ihre Beine, dort, wo die Strümpfe mit den Strapsen verbunden waren. Er ließ seinen Daumen über die kleinen Spangen laufen.

»Mir hat sie aus der Hand gelesen. Sie hat mir ankündigt, dass ich dich heute hier treffe.« Wie zum Beweis zeigte Natascha ihre Handflächen vor.

»Mich?« Er hielt in seiner Bewegung inne.

Statt einer Antwort legte sie ihre Hände auf seine. Mit sanftem Druck bewegte sie sie immer höher. Sie wies ihm die Richtung. Aus ihrer Kehle rang sich ein dunkles Geräusch hervor. Begierig, erregt. Die Sekunden verrannen. Die Zeit legte eine lustvolle Atempause ein. Natascha stöhnte leise. Es war ein forderndes Stöhnen. Tiefer. Sie sagte es nicht, sie seufzte es. Er gehorchte. Noch tiefer. Weiter. Lass dich nicht aufhalten.

Seine Hände schmiegten sich um ihre Taille, sanken auf die Hüften, tanzten über den Po. Dann glitt er endlich unter den Saum des Slips. Streichelte nach links, nach rechts. Ein wohliges Stöhnen war seine Belohnung. Seine Hände glitten wieder höher, berührten leicht die Bänder ihres BHs, rutschten unter den Satin.

»Siehst du, genau wie jetzt. Du kannst dich nicht entscheiden. Oben oder unten. Du willst an meinen Busen, gleichzeitig willst du meine größte Lust erkunden.« Sie stöhnte laut auf, denn seine Finger quälten lustvoll ihre Nippel. »Du bist … ein echter Zwilling. Du willst nicht das eine oder das andere. Du willst … beides. Aber wenn du dich entscheiden musst, dann bist du … in der Hölle.« Sie stieß ihre Worte lustvoll hervor.

»Muss ich mich denn entscheiden?« Seine Frage klang sehr viel beherrschter, als er sich fühlte.

»Die Wahrsagerin … sie hat gesagt, der Mann, der perfekt … zu mir passt …«

Ihre Worte waren ein einziges Stöhnen, denn wieder hatten seine Finger den Weg unter ihr Höschen gefunden. Lucas spürte ihre Feuchtigkeit. Das wunderbare Elixier quoll aus ihr heraus. Nataschas Körper wartete nur auf ihn.

»Der Mann, der mich den Rest meines Lebens auf Händen tragen wird, wenn ich es nur richtig anstelle.« Ihre Hände krallten sich nun in seine Schulter. Ihre Beine zitterten. Mühsam sprach sie weiter, die Augen lustvoll verdreht. »Zwei Herzen wohnen in seiner Brust. … Zwei Seelen kämpfen in ihm. Er will dich unbedingt. Aber … er hat Angst, etwas Festes einzugehen. Das sagte sie mir.«

Seine Finger glitten durch ihre Spalte. Sie sog heftig die Luft ein. Lucas schaute zu ihr hoch. »Und muss es denn etwas Festes sein?«

Jetzt schaute Natascha ihn direkt an. »Wenn wir beide hier fertig sind, wirst du nie wieder mit einer anderen Frau zusammen sein wollen. Ich kann dir alles geben, was du willst. Und du … du wirst mir alles geben, was ich mir wünsche.« Sie klang vollkommen überzeugt von ihren Worten.

Ein eiskaltes Kribbeln zog durch Lucas’ Körper. Also doch – sie wollte ihn binden, für immer und ewig. »Und du glaubst dieser fremden Frau einfach alles?« Ihre roten Haare flossen neben ihrem Busen herab, der fast genau auf Augenhöhe war. Seine Finger stießen leicht vor.

Natascha schnaufte leise. »Nein, nicht sofort. Da bin ich wie du. … Außerdem hat es mir furchtbar Angst gemacht. Ich weiß also, was gerade in dir vorgeht. Ich weiß, du fürchtest dich davor, dich festzulegen.«

Überrascht zog Lucas eine Augenbraue hoch. War er so durchschaubar?

»Aber weißt du was, wenn du so große Angst vor mir hast, dann fessle mich doch einfach.«

Lucas’ Herzschlag verdoppelte sich schlagartig. Sie lieferte sich ihm völlig aus. Das war ein Angebot, dem er kaum widerstehen konnte. »Liebend gern.« Sanft zog er seine Finger zurück.

In Nataschas Augen blitzte es auf. Sie trat zurück und zog ihn mit sich. Mit dem Rücken drehte sie sich zu einer schlanken, weißen Säule und hielt ihre Arme nach hinten. »Du darfst mich gerne fesseln, aber du wirst mir nicht entkommen.«

Lucas lächelte. Wieder eine ihrer Prophezeiungen. Aber an so etwas glaubte er nicht. Woran er aber glaubte, war, dass er gleich phänomenalen Sex haben würde. Schnell holte er vom Geschenketisch die Handschellen. Er stellte sich ganz dicht vor sie. »Du bist dir sicher, dass du das willst?«

»Ich bin mir ganz sicher, dass du mich willst. Du fesselst mich zwar, aber in Wahrheit bist du derjenige, der nie wieder von mir loskommt.«

Lucas war tatsächlich gebannt von ihr. Gefühlvoll fesselte er ihre Arme mit den Handschellen hinter der Säule. Ihre Hände nach hinten gespannt, ihr Oberkörper nach vorne gestreckt, sah sie ihn erwartungsvoll an. Mit einem Finger hob er ihr Kinn, so dass sie ihn anschauen musste. Er blickte in ihre unergründlichen grünen Augen. Seine Finger wanderten über ihre Haut. Über ihre Brüste, immer tiefer.

Nataschas Körper erschauerte. »Was machst du mit mir?«

»Du hast es doch selbst gesagt. Ich hab ein Mundwerk, das fast nie stillsteht. Ein Verbalerotiker.«

»Dann versprichst du, mir sündige Dinge ins Ohr zu flüstern?«

»Das auch!« Er war ganz nah an ihrem Ohr und seine Worte versengten ihr die feinen Härchen am Hals. Heiß, es war zu heiß. »Ich habe eine flinke Zunge.« Ganz leicht stieß er den Finger in ihr feuchtes Dreieck vor.

Sie keuchte laut auf. Ihre Pupillen weiteten sich. Er bewegte seinen Finger. Hörbar sog sie die Luft ein. Ganz leicht ließ er die Fingerkuppe kreiseln. Sie warf ihren Kopf nach hinten, drückte sich gegen die harte Säule, stöhnte lustvoll auf. »Oh bitte. So soll es sein – für immer.«

»Wenn du mir versprichst, für den Rest deines Lebens so geil auf mich zu sein, dann würde ich es mir fast überlegen.«

Ihre Beine zitterten, als er sich nun mit beiden Händen dazwischendrückte. »Komm, öffne dich für mich.«

Seine Finger fanden ihren empfindlichsten Punkt wieder. Ihr Kopf fiel nach vorne gegen seine Schultern. Er merkte, wie die Lust durch ihren Körper strömte.

Seine Hand fuhr tiefer, fand den Eingang und seine Finger glitten in sie hinein. Ihr Kopf fiel wieder nach hinten und er sah, wie sie die Augen schloss.

»Möchtest du mich dort spüren? In dir?« Sie nickte lustvoll schaudernd. »Tief in dir?« Sein Finger glitt vor und zurück.

»Mach bitte weiter.« Ihre Lippen bebten.

Jetzt wanderten seine Hände tiefer. Er löste die Clips, mit denen die Strümpfe an den Strapsen befestigt waren. Langsam zog er ihren Slip herunter, bis er von alleine auf den Boden rutschte. »Das sind wirklich die exquisitesten Dessous, die ich jemals gesehen habe.«

»Das sind wirklich die exquisitesten Dessous, die ich jemals gekauft habe.« Natascha hatte ihren Atem wiedergefunden. »Ich habe sie nur für dich gekauft.«

Ihre Stimme klang so lasziv, dass er nichts zu antworten wusste. Lucas schluckte hart. Seine Hände griffen unter die Bänder ihres BHs. Er wickelte eines der Bänder um einen Finger. Der Stoff straffte sich. Sein Mund fuhr über ihre harten Nippel. Wieder stöhnte sie laut auf. »Und wenn es jetzt nur etwas für diese Nacht ist?«

»Du kannst sagen, was du willst. Ich weiß es besser.«

Er schaute ihr prüfend in die Augen. Sie wusste genau, was sie wollte. Sie wollte ihn. Und ihre Augen sagten unumwunden, wo genau sie ihn haben wollte. Tief in ihr.

Er ließ kurz von ihr ab und hatte in wenigen Sekunden die Flasche Champagner geholt. »Natürlich ist mir klar, dass du mich nie vergessen wirst, wenn ich dich erst einmal bis zu Besinnungslosigkeit geleckt habe.« Nun schüttete er in einem feinen Rinnsal Champagner über ihre Schultern, ihren Hals, ihren Rücken. Die Flüssigkeit perlte über ihren Körper. Mit seinem Mund saugte er das Nass aus dem Stoff, der sich über ihren Nippel spannte.

Und er würde sie wohl auch nie vergessen, schoss es ihm in den Sinn. War er jemals in einer Situation gewesen, die ihn so angetörnt hatte? Eine Frau, die so heiß war wie Natascha? Sex, der so unverblümt einfach Sex war?

Er ging tief in die Knie. Wie süßer Moschus breitete sich ihr Duft aus, lockte ihn zu sich, wie eine Honigfalle. Seine Zunge glitt hervor und drang zwischen ihre samtige Haut.

Natascha stieß einen hitzigen Schrei aus.

Mit einem sanften Streicheln glitten seine Finger in die feuchte Spalte. Er zog die Haut, die ihren empfindsamsten Punkt schützte, sanft beiseite. Ganz leicht tupfte seine Zunge auf ihre Perle. Ein sehnsüchtiges Hauchen hallte durch den Raum. Er bewegte seine Zungenspitze über die pochende wollüstige Erhebung. Wieder keuchte sie auf. Er ließ seine Zunge vor- und zurückgleiten. Sie wurde lauter, mit jeder seiner Bewegungen. Das war es. Das hatte sie gewollt. Pure Lust. Besinnungslose Begierde. Seine Zunge quälte ihre Perle, lief zart darüber, dann wieder härter, schneller, und wieder unerträglich langsam. Ihre Laute hallten durch den ganzen Raum.

Ihr Körper zuckte. Ihre Lippen flehten nach mehr. Schneller. Nicht aufhören … niemals aufhören. Ihr Becken presste sich ihm entgegen. Ihre Beine so weit geöffnet, wie es ihr möglich war. Ja, sie wollte ihn, seine Zunge auf ihr, an ihr, in ihr. Bitte … tiefer. Bitte nicht aufhören. Nicht jetzt. Bitte weitermachen. Sie flehte nach mehr, flehte nach seiner Berührung, flehte nach seinen Fingern. Nach seiner Zunge. Das Blut pochte heftig durch ihre Haut. Alles war empfindlich. Überempfindlich. Sie schien es nicht zu ertragen, weiter berührt zu werden. Dann wieder konnte sie es nicht ertragen, nicht mehr berührt zu werden. Sie jammerte nach mehr, sie wimmerte um Gnade. Sie stieß Lustschreie aus, als eine Welle nach der anderen durch ihren Körper flutete. Unter seinen Händen und seiner Zunge bebte sie … zitterte … keuchte.

Lucas hielt einen Moment inne. Er stand auf und hob ihren Kopf. Seine Lippen suchten ihre. Sie war kaum noch in der Lage, zu atmen.

Unterdessen riss er sich die Hose vom Leib. Er konnte es kaum noch ertragen, zu warten. In aller Eile stülpte er sich ein Kondom über. Erst jetzt öffnete er ihre Fesseln. Noch an der Säule lehnend, hob er sie leicht an. Natascha schaute ihm in die Augen, als wäre sie es, die in ihn stieß. Er drückte seine Hüfte vor, und ganz langsam ließ er sich tiefer gleiten.

Ihr Mund öffnete sich zu einem tonlosen Schrei, die Augen weit aufgerissen. Dann endlich stieß sie einen Laut aus. Er war in ihr. Tief in ihr.

Ihre Beine krallten sich um seine Hüften, ihr Becken drückte sich nach vorne. Seine Hände fassten ihre Pobacken und ließen sie sacht hoch- und niedergleiten.

»Mit einem hattest du recht.« Seine Stimme war belegt. Eine unsichtbare Kraft hatte alle Energie in seine Lenden gelenkt. Er stieß zu, und ihre Augen weiteten sich. »Du bist wie für mich gemacht.«

»Oh ja. Wir passen … perfekt zusammen. Die Wahrsagerin … hat recht behalten.«

Wieder stieß er zu und wieder blitzte die Lust in ihren Augen.

»Und was hat sie sonst noch gesagt? Dass du den besten Sex deines Lebens haben wirst?«

Natascha verstärkte den Klammergriff ihrer Beine. »Dass ich hier und heute auf der Hochzeit den Mann meines Lebens treffen werde. …« Sie holte tief Luft. »Warum auf etwas warten, wenn es doch unausweichlich ist?«

»Du meinst, dass Sex zwischen uns unausweichlich war?« Lucas schaffte es tatsächlich, so etwas wie ein Grinsen zustande zu bringen, während er seine Hüfte ruckartig nach vorne bewegte.

Natascha keuchte auf. »Nein, das, was mit uns geschieht, ist unausweichlich. Sie hat etwas gesagt, was mich überzeugt hat. Sie wusste etwas, das niemand wusste. Und dann war klar, dass alles, was sie sagte, stimmen würde.«

»Und weshalb brauchte es dann die teuren Dessous?«

Sie krallte ihre Finger in seine Schultern und drückte ihren Rücken gegen die Säule. »Ich wollte einfach … sehr … überzeugend sein.«

Lucas erhöhte seinen Rhythmus. Elektrisiert ließ er seine Hüften vorschnellen. Seine Beine zitterten, seine Knie wurden weicher. Natascha drängte sich ihm entgegen, mit all ihrer Lust. Es war, als würden sie gemeinsam auf einem Kometenschweif reiten. Es war heiß. Schnell. Nicht von dieser Welt.

Aus Nataschas Mund kamen Lustlaute, immer schneller, immer lauter. Sie stießen in einer Woge aus Lust und Begierde aufeinander. Ihre Körper krallten sich ineinander. Natascha presste sich auf seinen Schwanz. Im gleichen Moment bäumte sie sich auf, drückte ihren Rücken durch, während er sie gegen die Säule drückte. Heiße Lava rann durch seine Adern. Tausend Sterne explodierten vor seinen Augen. Für einen Moment existierte keine Zeit mehr.

Erschöpft sackte er zusammen. Mit einer Hand stemmte er sich gegen die Säule, während er Natascha langsam auf ihre eigenen Beine gleiten ließ. Sie keuchten im Takt, sammelten ihren Atem, versuchten wieder zur Besinnung zu kommen. Ihre Köpfe lagen aneinander, Schläfe an Schläfe.

Lucas schnaufte laut auf. »Das war unbeschreiblich.« Seine Hand lief zärtlich über ihren Po. Die Strapse hingen wild über die prallen Rundungen.

Und es war unbeschreiblich! Er hatte die Wahrheit gesagt. Was sollte er sich mehr wünschen? Es war einfach umwerfend gewesen. So, wie er sich Sex immer vorgestellt hatte. »Du warst wirklich sehr überzeugend.« Er lächelte sie verschmitzt an.

Natascha war so geschafft, dass sie sich langsam an der Säule heruntergleiten ließ und sich sitzend an sie lehnte. »Und konnte ich dich überzeugen, dass wir füreinander geschaffen sind?«

Lucas nickte nur. Was sollte er sagen? So war es doch? Er würde sie nicht mehr hergeben wollen. Er würde nicht zulassen, dass diese Frau jemals wieder mit einem anderen Mann Sex haben würde. Nicht, wenn es in seiner Macht stand. Damit war es amtlich: Er war ihr verfallen. Mit Haut und Haaren. Für immer. Jetzt konnte sie mit ihm tun und lassen, was immer sie wollte.

Lucas sank zu Natascha herunter und lehnte sich gegen die Säule. Dabei stieß er die Champagnerflasche gegen die Säule. Es klirrte und die Flasche zerbrach. Vorsichtig wischte er die Scherben beiseite, bevor er sich neben sie setzte.

»Weißt du, die Wahrsagerin hat mir gesagt: Du musst ihn überzeugen, und er wird für immer dein sein. Er ist einer, der sich ohne dein Zutun nicht entscheiden kann.«

Lucas lächelte. Das klang ganz nach ihm.

»Am Dienstag bin ich sofort losgezogen und hab mir diese Dessous gekauft.«

»Nur für mich?«

Ihr kehliges Lachen sandte auch ihm einen Schauer über den Rücken. »Für den Mann meiner Träume. Für den Mann, der mich den Rest meines Lebens auf Händen tragen wird. Das war es mir wert.«

»Was hat sie denn nun gesagt, das dich so sicher macht, dass sie die Zukunft kennt?«

Natascha legte ihm einen Zeigefinger auf die Lippen. »Aber psst! Du darfst es noch niemandem verraten. Ich habe die Weissagung für mich auch erst geglaubt, nachdem ich erfahren habe, dass sie bei Cornelia recht hatte.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Mit der Schwangerschaft.«

Lucas riss die Augen auf. »Cornelia ist schwanger?«

»Allerdings! Und weißt du was? Sie wusste es selbst nicht. Am Samstag hat die Wahrsagerin es ihr gesagt. Am Montag hat sie sich einen Schwangerschaftstest gekauft. Es sollte eigentlich nur ein kleiner Spaß sein. Wir haben beide nicht wirklich daran geglaubt. Aber dann … Voilá!«

»Das ist spooky.«

»Ich weiß. Das ist spooky! … Oh, du blutest ja!«

»Oh, Tatsache.« Lucas musste sich an dem zerbrochenen Glas der Champagnerflasche geschnitten haben. An seinem rechten Zeigefinger lief eine kleine Blutspur entlang.

Natascha stand auf und ging zu ihrer Handtasche. Mit einem Taschentuch kehrte sie zurück.

Er schaute ihr dabei zu, wie sie gefühlvoll das Blut von seinem Finger tupfte. »Aber verrate mir eins. Wie konntest du dir so sicher sein, wer der richtige Mann ist? Ich war doch beileibe nicht der einzige Junggeselle hier auf der Party.«

»Nun«, versonnen spielte sie mit einer Haarlocke. »Die Frau sagte mir, dass wir das gleiche Sternzeichen haben. Ich bin auch Zwilling. Cornelia hatte mal erwähnt, dass wir genau am gleichen Tag Geburtstag haben. Da wusste ich Bescheid.« Auf dem Taschentuch war ein großer Blutfleck zu sehen. Vorsichtig faltete sie das Tuch zusammen und ging zurück zu ihrer Tasche. Sie steckte es weg.

»Was machst du damit?«, fragte Lucas überrascht.

»Ich behalte es bis ans Ende unseres Lebens, als kleine Erinnerung.« Sie lächelte maliziös.