Tag 1
So hatte sich Damian das vorgestellt – Samstagabend, sein bequemes Sofa, ein Bier und ein Kopf in seinem Schoß. Der Raum war erfüllt mit den leisen, saugenden Geräuschen, die die Lippen des blonden Mannes verursachten, und Damians Stöhnen. Irgendwo dahinter spielte eine Tracy-Chapman-CD und die weiche, erdige Stimme der Sängerin untermalte die wohlige Stimmung, in der Damian sich befand.
Der Mann vor ihm öffnete den Mund und nahm ihn noch tiefer auf, bis Damian spürte, wie sein ganzer Schwanz umhüllt war von der nassen Hitze im Mund seines One-Night-Stands. Er warf den Kopf zurück und keuchte laut auf. Seine Hüften ruckten automatisch tiefer und mit einem Mal war die angenehme Hitze verschwunden. Stattdessen kniete der blonde Mann hustend vor Damian und wischte sich über den Mund. »Nicht so tief«, beschwerte er sich und sah Damian mit dieser Mischung aus verletzlicher Unschuld und Verführung an, die ihn im Club schon so angezogen hatte.
Damian lächelte, beugte sich vor und umfasste den Nacken des Jungen. Wie alt mochte er sein? Achtzehn? Neunzehn? Nicht viel jünger als er selbst. Vielleicht zwanzig?
»Hey«, flüsterte er an den weichen Lippen seines Liebhabers, »du sagtest doch, du magst es gerne … intensiv.«
In die blauen Augen des Mannes trat ein Funkeln, aber noch schmollte er. »Das ist alles, was du darunter verstehst?«
Damian musste den Drang zu lachen unterdrücken. Stattdessen drückte er den Mann rücklings auf den weichen Teppich und nagelte ihn mit seinem eigenen Körper darauf fest. Der hübsche Mund öffnet sich, um zu protestieren, aber Damian erstickte jeden Protest mit einem tiefen Kuss. Der blonde Mann keuchte und je intensiver der Kuss wurde, umso weniger wand er sich, um loszukommen.
Als Damian den Kuss kurz löste, um Luft zu holen, entwich seinem Liebhaber ein heiseres Stöhnen und seine blauen Augen waren verschleiert. Damian grinste ein wenig und ließ seine Finger über die Seite des Mannes wandern. Dessen Haut war weich, aber Damian wollte nichts Weiches. Sein Ziel presste sich hart gegen seinen Bauch. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, umfasste er die Erektion seines Liebhabers und begann, an der bereits feuchten Eichel entlangzustreichen. Das Blau verschwand hinter geschlossenen Lidern und der Mund öffnete sich umso weiter. Diesmal war es kein Stöhnen, das ihm entkam, es war ein Schrei und er bewegte unruhig die Hüften, stieß in Damian Hand. Aber der verweigerte sich ihm, zog seine Finger zurück. »Oh nein, du wolltest es intensiv. Und genau das bekommst du bei mir.«
Er liebte dieses Spiel. Er liebte das Gefühl der Lust, die sich seiner bemächtigte, die ihn und den anderen erfasste und mit sich riss. Mit der Hand hielt er seinen One-Night-Stand auf den Boden gedrückt und er rutschte tiefer an dessen Körper hinab, bis er den harten, zitternden Schwanz in seinen Mund nehmen konnte.
Der blonde Mann gab einen erstickten Laut von sich aber Damian ignorierte es. Für ihn zählte nur noch das Gefühl des erhitzten Fleisches in seinem Mund, die geschmeidige Härte, die sich zwischen seinen Lippen vor und zurückbewegte. Er spürte, wie der Schwanz seines Liebhabers noch dicker wurde, und zog sich hastig zurück.
»Was …«, begann der blonde Mann, aber Damian antwortete ihm nicht. Er richtete sich auf und kniete sich zwischen die gespreizten Schenkel. Mit einem schmalen Lächeln griff er nach der Gleitgeltube auf dem Sofa. Der blonde Mann beobachtete seine Hand wie hypnotisiert und Damian ließ sich ausreichend Zeit damit, seine mit dem Gleitgel überzogenen Finger zum Hintern des Mannes zu führen. Langsam drückte er mit der Kuppe seines Zeigefingers gegen den engen Muskelring, rieb darüber, bis der Anus sich entspannte und den geduldigen Besucher eintreten ließ.
Damian schob seinen Zeigefinger bis zum Anschlag in den Hintern des blonden Mannes und der seufzte zufrieden. »Mehr«, sagte er kehlig und diesmal gab Damian seinem Drängen nach. Er zog seine Hand zurück, brachte sich in Position und führte seinen harten Schwanz mit der Spitze in den Hintern des Mannes. Anfangs stieß er sich nur bis zur Hälfte hinein, um seinem Liebhaber Zeit zu geben, sich an seine Härte zu gewöhnen. Als er merkte, dass er sich genug entspannt hatte, ruckte er mit der Hüfte nach vorn und stöhnte, als er spürte, wie er mit seinen Lenden gegen den muskulösen Hintern des Mannes stieß.
Von diesem Punkt an verschwand alles Weitere. Damian sah und hörte kaum noch etwas, er spürte nur noch, wurde nur noch von der Lust getrieben, die ihn geradewegs zu seinem Höhepunkt führte.
Er klammerte sich mit den Händen an den Oberschenkeln seines Liebhabers fest und spürte, wie sein Körper sich verspannte, sich darauf vorbereitete, ihn endgültig über die Klippe zu stoßen. »Sag … meinen Namen«, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und von irgendwoher hörte er ein heiseres 'Damian'. Das genügte.
Damian stieß sich bis zum Anschlag in den gut trainierten Hintern und der Orgasmus riss ihn aus der Realität, katapultierte ihn in Höhen, die er jedes Mal aufs Neue genoss. Ein letztes Mal spannte sich jeder Muskel in seinem Körper an, er keuchte und sackte dann endgültig in sich zusammen.
Lange Zeit lag er erschöpft auf dem blonden Mann und wartete darauf, dass sein Atem sich wieder beruhigte. Dann erst drehte er sich auf den Rücken und sah zufrieden und befriedigt an die Decke.
Der junge Mann schmiegte sich an ihn, den Kopf auf seine Brust gebettet, aber Damian rückte rasch von ihm ab. Er stand auf, streckte sich und mied den enttäuschten Blick seines Liebhabers. »Du kannst noch duschen, bevor du gehst«, sagte er. »Aber dann beeil dich. Ich muss morgen früh raus und bald ins Bett.«
Der blonde Mann – Damian konnte sich einfach nicht an den Namen erinnern – sah ihn überrascht an und stand ebenfalls auf. »Ich dachte, ich kann die Nacht über hier bleiben?«
Damian verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe gesagt, du kannst mit zu mir nach Hause kommen, damit wir ficken können. Von Übernachten war nie die Rede.« Er zuckte mit den Schultern. »Wenn du nicht duschen willst, geh eben. Du weißt ja, wo es rausgeht.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte er sich um und verließ das Wohnzimmer, um selbst unter die Dusche zu gehen. Als er das heiße Wasser anstellte, hörte er, wie die Wohnungstür zugeschlagen wurde. Er seufzte und begann sich die letzten Spuren des Sex von der Haut zu waschen.
»Wenn du deine Betthäschen das nächste Mal mitbringst, sorg dafür, dass sie nicht den ganzen Teppich versauen.«
Damian seufzte und schob die Hände in die Taschen seiner Jeans, während Deborah, genannt Dippie, ihm aufzählte, welche Arten von Flecken sie auf dem Teppich gesehen zu haben glaubte. »Die Putzfrau beschwert sich und will dann wieder eine Gehaltserhöhung, weil sie deinen Dreck sauber machen muss.«
»Ich dachte, du freust dich, wenn dein kleiner Bruder eine Weile bei dir wohnt?« Damian grinste. Er wusste, dass Dippie seine One-Night-Stands nicht wirklich störten. Nur bei ihrer teuren Inneneinrichtung war sie pingelig.
Dippie rieb sich über den Nacken und wich einem Fußgänger aus, der ihnen entgegen kam. Samstag abends war es in der Berliner Innenstadt fast unmöglich, auch nur einen Schritt zu machen, ohne irgendjemandem auf die Füße zu treten. Er liebte das – ein Jahr hatte er Berlin vermisst, während er seine zwei Pflichtsemester in London absolviert hatte. Die Stadt an der Themse war großartig, aber es war nicht Berlin. Hier war er vor vierundzwanzig Jahren geboren worden, das war seine Stadt.
»Klar freue ich mich«, erwiderte Dippie und zuckte mit den Schultern. »Aber der Teppich war teuer. Legt das nächste Mal etwas drunter.«
Damian seufzte, legte den Arm um seine Schwester und küsste ihre Schläfe. »Okay. Ich passe das nächste Mal auf. Einverstanden?«
»Einverstanden.« Dippie grinste und wartete darauf, dass ihr Bruder ihr die Tür aufhielt. Sie standen vor ihrer gemeinsamen Lieblingsbar, dem Leopard. Nach außen hin machte die Bar keinen besonders aufregenden Eindruck – die Fenster waren mit schwarzer Folie beklebt und über der Tür prangte ein Graffiti, das aussah wie das Fell des Tieres, dem die Bar ihren Namen verdankte. Neben den schicken, mit violettem oder blauem Neonlicht angestrahlten Bars am Nollendorfplatz wirkte der Leopard eher unscheinbar und daher auch nicht besonders anziehend auf die vielen Touristen und Besucher, die abends herkamen, um sich zu amüsieren. Man musste wissen, was man im Leopard erwarten konnte. Diese Überraschung erfuhr man erst, wenn man durch Zufall durch die abgedunkelte Tür stolperte – oder das Glück hatte, von einem Eingeweihten mitgenommen zu werden. Damian hatte damals Glück gehabt. Ihn hatte …
Erschrocken hielt er inne, als er merkte, wohin seine Gedanken zu wandern drohten.
»Hey, komm, lass uns reingehen.« Dippies Stimme holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Vielleicht lag es am Leopard, aber mit einem Mal fühlte Damian sich melancholisch. Als wären mit den Erinnerungen auch seine Gefühle von früher wieder da. Sie schienen am Rand seines Bewusstseins auf ihn zu lauern.
»Komm schon, Traumprinz!«
Damian blinzelte und folgte seiner Schwester in die dunkle Bar. Ein tiefer Bass begrüßte sie und hüllte ihn regelrecht ein. Es waren nur wenige Menschen in dem engen Raum versammelt. Kein Wunder. Das Wetter war gut. In so einer Nacht hielt sich kaum einer hier drin auf. Ganz Berlin lag in den warmen Sommernächten an den Ufern der Spree oder traf sich auf der Straße vor dem Spätkauf.
Dippie nickte dem Barkeeper zu und Damian folgte ihr durch den Raum zu dem engen Flur, der zur Küche und den Toiletten führte. Direkt dazwischen gab es eine schmale, grün angestrichene Stahltür. Dippie hatte mit ihrer zierlichen Figur Schwierigkeiten, sie aufzuziehen und Damian half ihr. Er war ungeduldig und sehnte sich nach einem Drink und Ablenkung. Diese Melancholie passte nicht zu ihm und sie gefiel ihm auch nicht. Damian glaubte nicht, dass er dazu geschaffen war, Trübsal zu blasen.
Sie stiegen über die schmale Gittertreppe hinauf und standen vor einer weiteren Stahltür. Diesmal griff Damian als Erstes nach dem Griff und zog sie auf. Gelächter wehte ihnen entgegen, getragen von einem milden, warmen Nachtwind. Sie standen auf einer riesigen Dachterrasse und konnten über die Dächer Berlins sehen. Überall waren große Kübel mit Pflanzen aufgestellt und einige Lichterketten, die an großen Pfosten hingen, erleuchteten den Platz. In der Mitte der Dachterrasse befand sich eine aus bunt angemalten Holzlatten zusammengezimmerte Bar. Weiche Loungemusik war im Hintergrund zu hören, vermischt mit den Stimmen der Gäste. Die meisten von ihnen waren Männer – der Nollendorfplatz, oder Nolli, wie er gerne genannt wurde, galt in der Stadt als der Treffpunkt der schwulen Szene.
Noch war es nicht Sommer, Damian konnte die ersten langen Tage aber schon regelrecht im Nachtwind riechen.
»Die erste Runde geht auf mich«, sagte Dippie und deutete mit einem Nicken zur Bar. »Was willst du?«
»Ich nehm’ für den Anfang ein Bier.«
Seine Schwester nickte wieder und verschwand zwischen den Leuten. Damian musste bei diesem Anblick ein wenig grinsen – auch wenn sie oft gemeinsam unterwegs waren, hielt sie nie jemand für ein Paar. Dafür sahen sie sich viel zu ähnlich – die gleichen glatten blonden Haare, die gleichen blauen Augen. Damian wusste, dass sich sogar ihre Mimik ähnelte. Wenn man …
»Ich hätte nicht gedacht, dich noch einmal wieder zu sehen.«
Damian erstarrte. Es war fünf Jahre her, seit er diese Stimme das letzte Mal gehört hatte, aber den Klang hatte er nicht vergessen können. Langsam drehte er sich um und sah ihn vor sich stehen – noch immer groß, noch immer muskulös und noch immer mit diesem verdammten Drei-Tage-Bart in seinem kantigen Gesicht. Scheiße. »Ich habe die Stadt damals nicht verlassen, Ethan«, sagte Damian so ruhig wie möglich. »Es sollte dich nicht wundern, mich hier zu sehen.«
Ethan lächelte. »Das habe ich wohl verdient«, erwiderte er und Damian konnte noch immer den Hauch eines schottischen Akzents darin hören. »Du nimmst es mir übel, dass ich mich damals nicht verabschiedet habe, oder?«
'Nein, ich nehme es dir übel, dass du mit mir ins Bett gegangen bist, als ich noch Jungfrau war, und dich am nächsten Morgen einfach verpisst hast', fuhr es Damian durch den Kopf, aber nach außen hin ließ er sich nichts davon anmerken. »Ach was«, sagte er, »das ist Schnee von gestern. Ist ja auch immerhin fünf Jahre her.«
»Was ist fünf Jahre her?« Dippie tauchte neben ihnen auf und reichte Damian eine kühle Flasche Corona.
»Nichts«, sagte Damian. »Das ist nur ein alter … Freund von früher. Ethan. Ethan, das ist meine Schwester Dippie.«
Der Schotte reichte Dippie seine Hand und ihre schmalen Finger verschwanden fast darin. »Erfreut, dich kennen zu lernen«, sagte er und Dippie nickte ihm zu.
Für einen Moment herrschte angespanntes Schweigen zwischen ihnen drei, weil Damian glaubte, dass seine Schwester ahnte, dass hier mehr vor sich ging, als auf den ersten Blick zu sehen war. »Okay, es war schön, dich mal wieder zu sehen, Damian«, sagte Ethan, dem die Situation offensichtlich ebenfalls unangenehm war. »Und schön, dich kennen gelernt zu haben, Dippie.« Mit einem letzten Gruß drehte er sich um und verschwand.
»Was war das denn?«, fragte Dippie, kaum, dass er außer Hörweite war.
»Was soll das gewesen sein?« Damian nippte an seiner Flasche.
»Verkauf mich nicht für dumm. Da lief doch was zwischen dir und ihm. War das eines deiner Betthäschen?« Sie trank aus ihrer eigenen Flasche und musterte den Schotten, der sich zu ein paar Männern gestellt hatte, die er offensichtlich kannte, denn sie begrüßten ihn herzlich. »Sieht ziemlich scharf aus, dein Häschen«, fuhr Dippie fort. »Warum hast du ihn nicht behalten?«
»Er wollte mich nicht behalten«, rutschte es Damian heraus und schon im nächsten Moment wünschte er sich, er hätte sich auf die Zunge gebissen.
»Sag nicht, das war deine erste große Liebe?!« Seine Schwester kannte ihn besser als jeder andere, aber in diesem Moment hätte Damian sie dafür verfluchen können.
»Ich habe mit »großer Liebe« nichts am Hut. Er war einfach der erste Mann, mit dem ich geschlafen habe.«
Dippie wurde ernst und wandte sich von Ethans Anblick ab, um ihrem Bruder ins Gesicht zu sehen. »War es schlimm, ihn wieder zu sehen?«
Damian schüttelte den Kopf. Dann zuckte er mit den Schultern. »Schlimm nicht, es … es hat mich nur überrascht.« 'Und viele Erinnerungen hervorgeholt', fügte er in Gedanken hinzu.
Es war seltsam, Ethan genau dann wieder zu sehen, als er daran denken musste, wie dieser ihm damals das Leopard und dessen Dachterrasse gezeigt hatte. Als hätten seine Gedanken ihn wie mit einem magischen Zauberspruch hergerufen. Dabei hatte Damian eigentlich gedacht, dass er Ethan nie wieder sehen würde, nachdem der direkt nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht Berlin verlassen hatte und nach Schottland zurückgekehrt war.
»Also, wenn ich du wäre …«, begann Dippie, aber Damian unterbrach sie: »Bist du aber nicht.«
»Aber wenn ich du wäre«, fuhr sie ungerührt fort, »würde ich an diese Nacht anknüpfen. Der Mann ist wirklich heiß.«
Ohne es wirklich zu wollen, sah Damian über die Terrasse zu Ethan. Unrecht hatte Dippie damit nicht – Ethan hatte nichts von seinem guten Aussehen verloren. Und er besaß noch immer diese Aura eines gefährlichen Wolfes, der kleine Jungs wie Damian zum Frühstück verspeiste.
Wobei … er war kein kleiner Junge mehr, oder? Seit ihrem ersten Zusammentreffen waren fünf Jahre vergangen und in dieser Zeit hatte Damian sich selbst zu einem Wolf entwickelt, der jede Nacht ein anderes Lämmchen vernaschte. Vielleicht war es an der Zeit, Ethan zu zeigen, dass er nicht mehr das einzige Raubtier war? Die Vorstellung war verführerisch, das musste Damian zugeben.
Außerdem wäre es die perfekte Möglichkeit, den Fehler von damals wieder auszuradieren. Er hatte lange gebraucht, bis er sich von dieser Nacht erholt hatte. Auch wenn es sein erstes Mal gewesen war, hatte er damals schon gespürt, dass er es mit jemandem zu tun hatte, der wusste, was er tat. Jemandem Besonderen. Allerdings war dieser jemand am nächsten Tag einfach verschwunden und hatte ihn mit nichts mehr als einem kleinen Zettel allein im Bett zurückgelassen.
Damian hasste es, das zuzugeben, aber der Gedanke an den Morgen, als er aufgewacht war und verstanden hatte, dass man ihn nur benutzt hatte, tat weh. Selbst fünf Jahre später noch.
»Ja, der Mann ist heiß«, murmelte Damian und er spürte, wie sich in seiner Magengrube etwas regte. Noch konnte er nicht genau einordnen, was es war – vielleicht Ehrgeiz, vielleicht der Gedanken an Rache – aber das Verlangen, den Spieß umzudrehen und Ethan zu zeigen, was aus ihm geworden war, wurde immer stärker.
Dippie blickte zu ihm auf. »Willst du rüber gehen?«
»Was ist mit dir?«
Sie zuckte mit den Schultern und ihr blonder Pferdeschwanz wippte. »Ach, ich finde schon Unterhaltung. Na los, geh schon.«
Damian lächelte und machte sich auf den Weg zur Bar. Sein Bier war leer, noch bevor er es wirklich bemerkt hatte und jetzt musste er irgendetwas in der Hand halten. Sie zitterte.
»Noch ein Corona«, sagte er zum Barkeeper und schob seine leere Flasche über den Tresen.
»Für mich auch.« Unbemerkt hatte Ethan sich wieder neben ihn gestellt und lehnte sich mit verschränkten Armen auf den Tresen, während der Barkeeper zur anderen Seite verschwand, um das Bestellte zu holen.
»Sieht aus, als wärst du beschäftigt«, sagte Damian und kam sich vor wie ein Idiot.
Ethan lächelte und sah zu den Männern, mit denen er sich bisher unterhalten hatte. »Das waren nur Bekannte.« Der Schotte schien noch etwas sagen zu wollen, hielt aber inne und rieb sich über den Nacken. »Es ist schön, dich hier zu treffen, auch wenn ich nicht damit gerechnet hatte, dich jemals wieder zu sehen. Hör zu, ich …«
Der Barkeeper brachte ihnen die Getränke. Damian griff nach seinem und deutete damit zu einer hell erleuchteten Ecke der Terrasse, auf der sich ein paar Tänzer befanden, die sich zu den ruhigen Klängen der Musik aus den Boxen bewegten. »Lust zu tanzen?«
Ethan nahm sein Bier und zögerte. Dann machte sich aber auf den Weg und Damian folgte ihm. Ohne zu fragen, schmiegte er sich an Ethans Kehrseite, kaum, dass sie die Tanzfläche betreten hatten. Der Schotte versteifte sich für einen Augenblick, begann dann aber willig Damians Bewegungen zu folgen. Der musste ein Lächeln unterdrücken. Das war einfacher gegangen als erwartet. Mit dem linken Arm griff er um Ethans Bauch und streichelte ihn. Der Schotte leistete noch immer keinen Widerstand. Damian hätte nicht damit gerechnet, dass er keine Gegenwehr leisten würde. Heute Nacht war Damian das Raubtier. Heute Nacht würde er derjenige sein, der Ethan mit nach Hause nahm und ihn dann am nächsten Morgen einfach liegen ließ, wie eine Puppe, die man nicht mehr benötigte.
Seine Bewegungen wurden intensiver, er ließ seine Hüften kreisen und drückte seine Lenden dabei immer wieder gegen Ethans prallen Hintern. Der Stoff des Rippenshirts, das der Schotte trug, kratzte über seine Handfläche, als er sie über dessen Bauch, tiefer, bis zu seiner Jeans wandern ließ. Kurz bevor er sein Ziel erreichte, stockte er, atmete tief durch und schob die Hand weiter nach unten.
Ethans Finger schlossen sich um Damians Handgelenk. »Was soll das?« Er drehte sich um und Damian wurde von seinem Blick gefangen genommen. Er hatte vergessen, wie grün Ethans Augen waren. Grün und so dunkel wie die Farbe von Moos.
»Ich dachte, wir könnten die alten Zeiten ein bisschen aufleben lassen?«, erwiderte Damian unschuldig.
Für einen Moment verdunkelte sich Ethans Blick und er senkte den Kopf. Als er ihn wieder hob, lächelte er schief. »Wenn du das wirklich willst …«
»Ja.«
»Okay, aber nicht heute Nacht.«
Damian war verwirrt. »Warum nicht?«
»Ich bin geschäftlich in Berlin und kann mir nicht die Nächte um die Ohren schlagen. Aber wenn du wirklich willst … in drei Tagen habe ich frei und viel Zeit. Wenn du bis dahin warten kannst, treffe ich mich gerne wieder mit dir.«
Damian rang mit sich. War das wieder nur eine Hinhaltetaktik von Ethan? Wollte er sich wieder klammheimlich aus dem Staub machen? Er sah dem Schotten forschend ins Gesicht, aber dessen Miene war absolut ehrlich.
»Okay«, willigte er schließlich ein. »In vier Tagen. Aber dann gehörst du mir.«
Wieder trat ein schwer zu deutender Ausdruck in Ethans Augen, aber er nickte. »Einverstanden. Dann gehöre ich dir.«