19

Siobhan hob ihre Fackel an, als sie eine weitere scharfe Biegung des Ganges passierten. »Siobhan?« Michael berührte ihren Arm. »Hast du das gehört?«

Sie lauschte. Aus dem vor ihnen liegenden Gang erklangen Stimmen. »DuMaine«, sagte einer der Männer elend. »Wir sind tot.«

»Niemand ist tot«, fauchte sie. Keine der Stimmen gehörte Tristan, da war sie sich sicher. Aber zumindest eine Stimme war ihr vertraut. »Sean …« Sie lächelte, gerade als ihr Bruder mit einer Fackel in der Hand aus der Dunkelheit drang. »Sean!« Sie übergab ihre Fackel Michael und lief in Seans Arme.

»Da ist sie.« Sean lachte, hob sie hoch und wirbelte sie herum. »Siehst du, Gaston? Ich habe dir gesagt, dass sie die Gänge finden würde.«

Der Mann, von dem sie geglaubt hatte, sie wäre ihn losgeworden, trat ebenfalls aus den Schatten hervor. »Also habt Ihr sie gefunden«, stimmte er lächelnd zu.

»Gaston fand mich und erzählte mir, was mit dem Baron geschehen ist«, erklärte Sean. »Mein armes Lämmchen …« Er drückte sie wieder fest an sich und küsste sie aufs Haar. »Gott sei Dank bist du entkommen.«

»Sean, hör mir zu«, beharrte sie und riss sich los. »Ich muss zurückkehren.«

»Bist du verrückt?«, fragte er lachend. »Nicht dieses Mal, Siobhan. Ich werde zurückkommen und mich um DuMaine kümmern, wenn ich weiß, dass du in Sicherheit bist.«

»Ich bin bei DuMaine sicher«, sagte sie. »Aber du und die Männer seid es nicht. Er will sich noch immer an dir rächen. Ich habe versucht, ihn davon zu überzeugen, dass du fort bist, aber er hat mir nicht geglaubt.« Er sah sie erneut an, als wären ihr Hörner gewachsen und als wollte sie die Schwarze Messe lesen. »Aber ich kann ihn nicht verlassen. Wenn du gehst, kann ich ihn daran hindern, dir zu folgen, das weiß ich, aber selbst wenn ich es nicht könnte …« Gaston schien laut loslachen zu wollen. »Bitte, Sean«, sagte sie, ergriff das Gewand ihres Bruders und versuchte, Gaston zu ignorieren. »Bitte, lass mich einfach gehen.«

»Was habe ich Euch gesagt, Lebuin?«, triumphierte Gaston. »Der Dämon hat sie verhext.«

»Seid still!«, befahl sie, zog ihr Schwert und sprang auf ihn zu.

»Siobhan, halt!«, rief Sean und fing sie ab, während Gaston mit vor Schreck aufgerissenen Augen zurücksprang.

»Hör nicht auf ihn, Sean«, sagte sie und rang darum, sich von ihrem Bruder zu befreien. »Der Mann ist Gift – sogar Callard selbst hat ihm nicht vertraut!«

»Es ist vielleicht zu spät für sie, Sean«, sagte Gaston, eine Spur wahrer Angst war in seiner Stimme. »Sie ist vielleicht schon selbst ein Dämon.«

»Macht Euch nicht lächerlich«, herrschte Sean ihn an. »Siobhan, sei still …«

»Siehst du es nicht?«, fragte sie ihn. »Er versucht, dich gegen mich aufzuhetzen …«

»Und was wäre, wenn er es täte?«, fragte Sean und packte sie hart an den Schultern. »Du bist meine Schwester, erinnerst du dich?« Sie hörte auf, sich zu wehren, während er sie zwang, ihn anzusehen. »Niemand kann mich gegen dich oder dich gegen mich aufhetzen.« Er legte beide Hände an ihr Gesicht. »Ist es nicht so?«

Er meint Tristan, dachte sie, und ihr Herz wand sich vor Qual. Selbst wenn er es nicht weiß, meint er ihn. »Ja«, antwortete sie, kaum lauter als ein Flüstern.

»Dann komm mit mir, Siobhan«, sagte er. »Ich gehe nicht ohne dich.«

»Ja.« Sie blickte über seine Schulter zu Gaston. »Ich werde mit dir kommen.«

Michael blieb ohne Fackel als Nachhut zurück, sodass er als Einziger sah, wie Gaston stehenblieb, um sich umzusehen. »Natürlich«, murmelte der Höfling mit einem seltsamen Leuchten in den Augen. »Wie konnte ich das vergessen? Dieser Weg ist bereits versperrt.« Er trat auf den Schädel eines der Skelette und zermalmte ihn unter seinem Stiefel. »Aber sei’s drum. Es gibt noch einen weiteren.« Er schaute zurück, sah, dass Michael ihn beobachtete, und lächelte. Schließlich wandte er sich wortlos ab, um den Übrigen zu folgen.

Siobhan stand in dem vom Mondlicht beleuchteten Hain und beobachtete, wie die Männer die Reste des gestohlenen Schatzes ihres Bruders aus dem Geheimversteck in den Höhlen auf Pferde luden. »Das ist ein Fehler«, sagte sie leise zu Michael, der neben ihr stand. »Ihr solltet gehen, ihr alle, jetzt.« Sie stellte sich vor, wie Tristan entdecken würde, dass sie fort war. Er würde denken, sie hätte ihn verraten und alle ihre Liebesworte wären nur Lügen gewesen. »Herr Jesus«, flüsterte sie und hob eine Hand an ihre Augen.

»Ja, meine Liebe«, antwortete Michael grimmig. »Wir sollten verschwinden, und du solltest diesen Verrückten zurücklassen.« Gaston stand nun inmitten des Kreises der Bäume und blickte mit seinem seltsamen kleinen Lächeln zum Mond hinauf. »Der Tod seines Herrn hat ihm endgültig den Verstand geraubt.«

»Sean«, sagte sie und trat zu ihrem Bruder. »Wofür brauchen wir das jetzt? Wir sollten aufbrechen.«

»Ich werde Gold brauchen, um Söldner anzuheuern«, antwortete er, als glaubte er, auch sie sei nicht mehr recht bei Verstand. »Wir werden doppelt so viele Truppen brauchen, um das Schloss ein zweites Mal einzunehmen. DuMaine wird vorbereitet sein.«

»Sean …« Bevor sie diesen Wahnsinn kommentieren konnte, ließ ein seltsamer Laut sie beide sich umwenden. Gaston hatte zu singen begonnen, eine Art tonloser Sprechgesang in einer Sprache, die sie nicht verstand. »Was, im Namen der Hölle …?«

Seine Stimme wurde lauter und erfüllte den Hain, und alle hielten bei dem inne, was sie gerade taten, um ihn wie gebannt zu beobachten. »Gaston, hört auf«, sagte sie und trat vor. »Sean, mach, dass er aufhört.« Ein seltsames, milchiges Licht stieg in einem Kreis um sie herum in Säulen vom Boden auf – eine Säule vor jedem Baum. »Ihr Bastard, was tut Ihr?« Er schaute zu ihr zurück und lächelte, führte aber seinen Gesang fort. Sie taumelte, als der Boden unter ihren Füßen zu beben begann. »Sean!« Sie wandte sich um und sah ihren Bruder sie mit weit aufgerissenen Augen ansehen, aber die Übrigen lächelten oder zeigten ausdruckslose Mienen.

»Was ist los?«, fragte Sean, als sollte sie es wissen. In jeder Lichtsäule brach der Boden auf, und ein dichteres, grüneres Licht in der Gestalt eines Menschen schoss daraus hervor. »Herr Jesus!«

»Zieh dein Schwert!«, rief sie ihm zu, während sie dasselbe tat, und er gehorchte, als wäre er aus einer Trance erwacht. Die Männer gingen wie im Traum auf die Lichter zu. »Halt sie auf!« Sie streckte die Hand aus und bekam Michaels Arm zu fassen, aber er schleuderte sie heftig genug von sich, dass sie zu Boden fiel. »Michael, halt!« Sie schleuderte ihren Dolch auf ihn und traf ihn durch den Oberschenkel, und er stürzte und schrie vor Schmerz. »Was tut Ihr?«

Er sah sie an, als erwachte er aus einem Albtraum. »Bei Gott, ich weiß es nicht.« Die Übrigen hatten die sich windenden Lichter erreicht und traten mit gezogenen Schwertern und Dolchen hinein. Ein jeder veränderte sich unter einer Art Lichtblitz, wurde größer und hielt ein kurzes, breites Schwert, das dem von Siobhan ähnelte, in Händen.

»Seht unser Heer, Kinder!«, rief Gaston lachend, aber die Stimme war nicht mehr Gastons Stimme. »Nun werden wir unser Schloss einnehmen.«

Wie als Antwort galoppierten drei große Pferde in den Kreis. »Siobhan!«, schrie Tristan und schlug zu, als einer der Geisterkrieger angriff. »Zurück!« Er schlug dem Mann den Kopf von den Schultern, aber er richtete sich im Handumdrehen wieder auf, setzte sich seinen Kopf auf die Schultern und war wieder der Geisterkrieger.

»Tristan, Vorsicht!«, schrie sie, als der Mann erneut angriff und ihren Liebsten von seinem Pferd stieß.

»Nehmt die Frau!«, rief Gaston und lachte freudig, während er auf Isabels Pferd deutete. »Bringt sie zu mir!«

»Nein!«, schrie Siobhan, unsicher, wen sie zuerst angreifen sollte. »Sean, kämpfe mit ihnen!«

»Das können wir nicht!«, rief er zurück. »Es sind unsere Leute!«

»Wir müssen es tun!« Sie versenkte ihr Schwert im Rücken einer der ein halbes Dutzend zählenden Kreaturen, die Tristan angriffen, und dieses Mal blieb sie liegen, als sie stürzte, war ein Sterblicher, der sich vor Schmerzen wand. »Wir können sie verletzen, aber Tristan kann es nicht!«

»Gut!«, sagte Sean, der sich mit seinem Schwert in der Hand noch immer zurückhielt.

»Dummkopf!« Weitere Geister erhoben sich aus den Rissen in der Erde, ätherisch, aber mit Schwertern bewaffnet. Simon versuchte sich seinen Weg zu Isabel freizukämpfen, aber die Geister schwärmten über ihn hinweg wie Heuschrecken und zerrten ihn von seinem Pferd. »Sean, bitte!«

»Oh, verdammt«, fluchte er und tauchte in die Menge um Isabels Pferd ein.

Tristan sah Lebuin auf Isabel zugehen. Er zog mit einem Fluch seinen Dolch und wollte ihn in die Kehle des Briganten schleudern. Aber dann erkannte er, dass Lebuin sie retten wollte.

»Tristan!« Siobhan versuchte ihn noch immer zu erreichen und kämpfte, als wäre sie selbst ein Dämon. Einer der Geister wollte an ihr vorbeistürzen, und sie duckte sich und stieß ihm ihre Schulter hart in die Brust, um ihn zu Boden zu reißen, bevor sie ihm ihr Schwert durch den Oberschenkel trieb. Tristan sah hinter ihr einen der Geister Orlando von seinem Pferd holen und bewusstlos zu Boden stoßen.

»Seid vorsichtig!«, wollte er rufen, aber eine Klinge wurde über seine Kehle gezogen, bevor er die Worte äußern konnte. Dasselbe eiskalte Feuer, das er empfunden hatte, als Siobhan ihn mit ihrem verwunschenen Schwert angegriffen hatte, überflutete ihn auch jetzt, während Blut aus der Wunde drang. Er richtete sich taumelnd auf den Knien auf, und weitere Geister schwärmten über ihn hinweg und stachen von allen Seiten auf ihn ein.

»Nein!«, schrie Siobhan, als sie ihn stürzen sah. Der Mann, den sie getroffen hatte, war im Herzen ein Mensch. Ihr Stoß hatte ihn wieder zu sich gebracht, und er umklammerte seine klaffende Wunde. Aber jeden Moment drangen weitere Geister aus den Rissen in der Erde, mehr als sie in einem Jahr hätte niedermetzeln können. Simons Pferd bäumte sich auf, wieherte und schlug mit den Vorderhufen auf einen Berg grünlicher Körper ein, die sich wie Schlangen zu seinen Füßen wanden.

»Simon!«, hörte Siobhan Isabel schluchzen. Sean versuchte sie immer noch zu erreichen, aber die Geister drängten ihn zurück, und sein Schwert war nicht verwunschen. Sie zerrten Isabel zu Gaston, der mit gezogenem Dolch wartete. Er erwiderte Siobhans Blick mit einem bösen Lächeln, packte Isabel am Arm und zog ihr die Klinge übers Handgelenk, sodass Blut auf den Boden tropfte. Die Geister schienen augenblicklich stärker, fester zu werden, und der milchige Schein auf der Lichtung wurde fast so hell wie Tageslicht.

»Nein!«, schrie Siobhan und lief voran. Sie zog mit ihrer freien Hand, ohne nachzudenken, den Pfahl aus ihrem Gürtel. Gaston wandte sich genau in dem Moment um, in dem sie ihn erreichte, und sie trieb den Pfahl mit aller Kraft in sein Herz.

»Gutes Mädchen«, keuchte er lachend, als sie das Schwert erhob. »Nun gib mir den Rest.«

»Mit Vergnügen«, knurrte sie und schlug ihm den Kopf ab.

Der Leichnam stürzte rückwärts, und der Kopf rollte davon. Isabel schrie, als sich eine Wolke dichten, schwarzen Nebels aus dem abgetrennten Hals ergoss und sich um Siobhan sammelte.

Tristan trieb seine Hand durch die schwammige Brust des Geistes, der sich am weitesten über ihn beugte, umklammerte das, was sich wie das Herz anfühlte, und riss es mit der Faust heraus. Als die Kreatur schrie und rückwärtstaumelte, sah er, dass Siobhan von einer schwarzen Wolke umgeben war. »Nein«, brüllte er und rappelte sich hoch.

»Nein!«, rief auch Sean und lief vorwärts. Siobhan konnte ihn kaum sehen, konnte kaum atmen. Der Nebel war in ihrer Nase und in ihrem Mund, wand sich in ihr und erstickte sie. Sie stolperte und ließ ihr Schwert fallen.

Plötzlich packte Sean sie und schob sie beiseite. Der Nebel ließ sie im Handumdrehen los und brauste stattdessen in ihn. Seine Augen wurden groß, aber er stieß keinen Laut aus.

»Sean?« Sie berührte seinen Arm. »Sean, lieber Gott, bist du in Ordnung?«

»Genug!«, rief er, und die Geister begannen zu verblassen. Das Licht schwand aus dem Hain, und die Risse in der Erde schlossen sich.

»Es ist gut«, sagte Siobhan und sank neben Isabel, die noch immer blutend am Boden lag, auf die Knie. »Jetzt wird alles gut.« Das grüne Licht versickerte im Boden und verschwand, sodass die leicht benommenen Männer wieder wie zuvor aussahen.

»Bringt das Mädchen her«, befahl Sean. »Und bindet den Zauberer auf sein Pferd.« Tristan und Simon lagen beide ausgestreckt auf dem Rücken, und der Boden um sie herum war blutdurchtränkt.

»Sean, wir müssen ihnen helfen.« Sie eilte an Tristans Seite, und der blickte mit umwölkten Augen zu ihr hoch. »Tristan …« Sie legte eine Hand an seine Wange, während sich ihre Kehle vor Tränen zuschnürte. »Du bist ein Dämon«, erinnerte sie ihn. »Du kannst nicht sterben.«

»Sean …« Seine Kehle hatte einen Schnitt erlitten, und seine Stimme drang als würgendes Knurren hervor. »Nicht Sean …«

»Was?« Sie wandte sich um und sah ihren Bruder mit seinem Schwert über ihr stehen.

»Ich hätte dich verschont.« Seine Stimme klang kalt, die Stimme eines Fremden. »Du hättest nicht sterben müssen.«

Sie sprang auf ihr Schwert zu, und er versenkte sein Schwert in ihren Bauch. »Sean«, flüsterte sie und stürzte zu Boden. Das kann nicht geschehen, dachte sie, während ihr Körper kalt wurde. Das kann nicht real sein. Er hob Isabel an einem Arm hoch und warf sie sich über die Schulter. »Sean, bitte …« Schmerz breitete sich von ihrem Bauch aus wie eiskaltes Feuer und ließ sie sich elend fühlen. Sie spie ihr eigenes Blut aus, während Sean auf sein Pferd stieg und Isabel vor sich auf den Sattel warf, die selbst schlaff wie ein Leichnam war.

Nicht tot, dachte Tristan und rang mit all seinem Willen darum, sich bewegen zu können. Noch nicht tot. Wäre er Simon gewesen, hätte er vermutlich aufgehört, über die Konsequenzen dessen nachzudenken, was er vorhatte – die Schichten von Himmel und Hölle zu sichten. Aber er hatte keine Zeit für sich selbst. Siobhan war neben ihm zusammengebrochen und hustete Blut, und er griff nach ihr und schloss seine Faust um ihren Arm.

»Kämpfe«, befahl er. Seine Stimme klang nun klarer. Er heilte allmählich. Aber nicht schnell genug, nicht wenn sie nicht um ihr Leben kämpfte. »Kämpfe, Siobhan.«

Sie presste ihre Wange gegen seinen Arm und wünschte, er würde sie halten, würde sie wärmen. »So kalt«, flüsterte sie und schmeckte Blut.

Er rollte sich auf die Seite, und der Schmerz in seinem Bauch ließ ihn sich elend fühlen. Aber sein Körper gehorchte ihm jetzt. Er konnte sich bewegen. »Kämpfe, Brigantin«, befahl er erneut und setzte sich mühsam auf. Er rollte sie auf den Rücken und nahm sie in die Arme.

»Ja«, murmelte sie und klammerte sich an ihn. Der Schmerz hatte inzwischen nachgelassen, aber die Kälte war entsetzlich. »So gut …« Seine Arme um sie herum waren warm … wie konnte ein Vampir Wärme spenden? »Sterbe«, erkannte sie. »Ich sterbe, Tristan.«

»Nein, das tust du nicht.« Er wandte ihr Gesicht zu sich und zwang sie, ihn anzusehen. »Du wirst mich nicht verlassen«, versicherte er und lächelte ihr zu. »Ich werde dich nicht gehen lassen.« Er hob ihr Handgelenk an seinen Mund und versenkte seine Zähne in ihre Ader. Sie schrie auf und wehrte sich gegen den Schmerz. Aber er hielt sie fest und nährte sich, bis ihr Herzschlag nur noch ein Flattern war, während seine Kraft mit dem Blut zurückkehrte. »Nun ist es an der Zeit zu kämpfen, Brigantin«, sagte er, und seine Stimme klang vor Liebe rau, während er ihre Wange berührte. »Es ist an der Zeit zu leben.« Er brachte sich mit seinem Dolch einen Schnitt über seinem Herzen bei, zog sie an sich und presste ihren Mund auf die Wunde. Sie stieß eine Art jammernden Protests aus und versuchte, ihn von sich zu stoßen, ihr Gesicht abzuwenden. Dann spürte er, wie sie das Blut kostete. Ihre Zähne versanken in seinem Fleisch, und Kraft schoss ruckartig durch ihn hindurch, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte, und machte ihn schwindelig vor Liebe. Mein, dachte er und drückte sie an sich. Für immer …

Schließlich hob sie den Kopf, und die schreckliche Macht pulsierte durch sie hindurch und ließ sie sich trunken fühlen. Tristan blickte zu ihr hinab und lächelte, während Blutstränen rot auf seinen Wangen glitzerten. »Mein Liebster«, sagte sie und berührte eine karmesinrote Spur. »Du hast mir immer versichert, dass du mich am Ende töten würdest.«

»Ja.« Er küsste sie sanft auf den Mund, und sie schlang die Arme um ihn, legte sie um seinen Hals, während sie an seiner Schulter weinte. Er drückte seine wunderschöne Vampirliebste mit aller Kraft an sich. »Nun habe ich es getan.«