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Zweitens aber, wo sie auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise fortexistierte, war sie nichts und konnte nichts andres sein als ein mittelalterlich verkleideter Ausdruck der Geldrente. Das qr. Weizen steht z.B. auf 40

sh. Von diesem qr. muß ein Teil den in ihm enthaltnen Arbeitslohn ersetzen und verkauft werden, um ihn von neuem auslegen zu können; ein andrer Teil muß verkauft werden, um den auf ihn fallenden Teil der Steuern zu zahlen. Aussaat und ein Teil des Düngers selbst gehn da, wo die kapitalistische Produktionsweise und mit ihr die Teilung der gesellschaftlichen Arbeit entwickelt ist, als Waren in die Reproduktion ein, müssen also zum Ersatz gekauft werden; und es muß wieder ein Teil des qr. verkauft werden, um das Geld hierfür zu liefern. Soweit sie nicht wirklich als Ware gekauft werden müssen, sondern aus dem Produkt selbst in natura entnommen werden, um von neuem als Produktionsbedingungen in seine Reproduktion einzugehn -

wie dies nicht nur im Ackerbau, sondern in vielen Produktionszweigen geschieht, die konstantes Kapital produzieren -, gehn sie in die Rechnung, in Rechengeld ausgedrückt, ein und kommen als Bestandteile des Kostpreises in Abzug. Der Verschleiß der Maschinerie und des fixen Kapitals überhaupt muß in Geld ersetzt werden. Endlich kommt der Profit, der auf die Summe dieser, in wirk- <797> lichem Geld oder in Rechengeld ausgedrückten Kosten berechnet ist. Dieser Profit stellt sich in einem bestimmten Teil des Bruttoprodukts dar, der durch seinen Preis bestimmt ist. Und der Teil, der dann übrigbleibt, bildet die Rente. Ist die kontraktliche Produktenrente größer als dieser durch den Preis bestimmte Rest, so bildet sie keine Rente, sondern ist Abzug vom Profit. Wegen dieser Möglichkeit schon ist die Produktenrente, die dem Preis des Produkts nicht folgt, die also mehr oder weniger betragen kann als die wirkliche Rente und die daher nicht nur einen Abzug vom Profit, sondern auch von Bestandteilen des Kapitalersatzes bilden kann, eine veraltete Form. In der Tat ist diese Produktenrente, soweit sie nicht dem Namen, sondern der Sache nach Rente ist, ausschließ-

lich bestimmt durch den Überschuß des Preises des Produkts über seine Produktionskosten. Nur unterstellt sie diese variable Größe als eine konstante. Aber es ist eine so anheimelnde Vorstellung, daß das Produkt in natura erstens hinreicht, die Arbeiter zu ernähren, dann dem kapitalistischen Pächter mehr Nahrung zu lassen als er braucht, und daß der Überschuß darüber die natürliche Rente bildet. Ganz wie wenn ein Kattunfabrikant 200.000 Ellen fabriziert. Diese Ellen reichen nicht nur hin, seine Arbeiter zu kleiden, seine Frau und alle seine Nachkommenschaft und ihn selbst mehr als zu kleiden, ihm außerdem noch Kattun zum Verkauf zu lassen und endlich eine gewaltige Rente in Kattun zu zahlen. Die Sache ist so einfach! Man ziehe von 200.000

Ellen Kattun die Produktionskosten ab, und es muß ein Überschuß von Kattun als Rente bleiben. Von 200.000 Ellen Kattun z.B. die Produktionskosten von 10.000 Pfd.St. abziehn, ohne den Verkaufspreis des Kattuns zu kennen, von Kattun Geld abziehn, von einem Gebrauchswert als solchem einen Tauschwert, und dann den Überschuß der Ellen Kattun über die Pfunde Sterling bestimmen, ist in der Tat eine naive Vorstellung. Es ist schlimmer als die Ouadratur des Zirkels, der wenigstens der Begriff der Grenzen, in denen gerade Linie und Kurve verschwimmen, zugrunde liegt. Aber es ist das Rezept des Herrn Passy. Man ziehe Geld von Kattun ab, bevor der Kattun im Kopf oder in der Wirklichkeit in Geld verwandelt ist! Der Überschuß ist die Rente, die aber naturaliter (siehe z.B. Karl Arndt) und nicht durch "sophistische" Teufeleien handgegriffen werden soll! Auf diese Narrheit, den Abzug des Produktionspreises von soundso viel Scheffeln Weizen, die Subtraktion einer Geldsumme von einem Kubikmaß, kommt diese ganze Restauration der Naturalrente hinaus.

II. Die Arbeitsrente

<798> Betrachtet man die Grundrente in ihrer einfachsten Form, der Arbeitsrente, wo der unmittelbare Produzent einen Teil der Woche mit faktisch oder juristisch ihm gehörigen Arbeitswerkzeugen (Pflug; Vieh etc.) den ihm faktisch gehörigen Boden bestellt und die andern Tage der Woche auf dem Gute des Grundherrn arbeitet, für den Grundherrn, unentgeltlich, so ist hier die Sache noch ganz klar, Rente und Mehrwert sind hier identisch. Die Rente, nicht der Profit, ist die Form, worin sich hier die unbezahlte Mehrarbeit ausdrückt.

Wieweit der Arbeiter (self-sustaining serf <sich selbsterhaltender Leibeigener>) hier einen Überschuß über seine unentbehrlichen Subsistenzmittel gewinnen kann, also einen Überschuß über das, was wir in der kapitalistischen Produktionsweise den Arbeitslohn nennen würden, dies hängt bei sonst gleichbleibenden Umständen ab von dem Verhältnis, worin seine Arbeitszeit sich teilt in Arbeitszeit für ihn selbst und Fronarbeitszeit für den Grundherrn. Dieser Überschuß über die notwendigsten Subsistenzmittel, der Keim dessen, was in der kapitalistischen Produktionsweise als Profit erscheint, ist also ganz und gar bestimmt durch die Höhe der Grundrente, welche hier nicht nur unmittelbar unbezahlte Mehrarbeit ist, sondern auch als solche erscheint; unbezahlte Mehrarbeit für den "Eigentümer" der Produktionsbedingungen, die hier mit dem Grund und Boden zusammenfallen und, soweit sie sich von ihm unterscheiden, nur als sein Zubehör gelten. Daß das Produkt des Fröners hier hinreichen muß, außer seiner Subsistenz seine Arbeitsbedingungen zu ersetzen, ist ein Umstand, der in allen Produktionsweisen derselbe bleibt, da es kein Resultat ihrer spezifischen Form, 1235

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sondern eine Naturbedingung aller kontinuierlichen und reproduktiven Arbeit überhaupt, jeder fortgesetzten Produktion ist, die immer zugleich Reproduktion, also auch Reproduktion ihrer eignen Wirkungsbedingungen ist. Es ist ferner klar, daß in allen Formen, worin der unmittelbare Arbeiter "Besitzer" der zur Produktion seiner eignen Subsistenzmittel notwendigen Produktionsmittel und Arbeitsbedingungen bleibt, das Eigentumsverhältnis zugleich als unmittelbares Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis auftreten muß, der unmittelbare Produzent also als Unfreier; eine Unfreiheit, die sich von der Leibeigenschaft mit Fronarbeit bis zur bloßen Tributpflichtigkeit abschwächen kann. Der unmittelbare Produzent befindet sich hier der Voraussetzung nach im Besitz seiner eignen Produktionsmittel, der zur Verwirklichung seiner Arbeit und zur Erzeugung seiner Subsistenzmittel not- <799> wendigen gegenständlichen Arbeitsbedingungen: er betreibt seinen Ackerbau wie die damit verknüpfte ländlich-häusliche Industrie selbständig. Diese Selbständigkeit ist nicht dadurch aufgehoben, daß, etwa wie in Indien, diese Kleinbauern unter sich ein mehr oder minder naturwüchsiges Produktionsgemeinwesen bilden, da es sich hier nur von der Selbständigkeit gegenüber dem nominellen Grundherrn handelt. Unter diesen Bedingungen kann ihnen die Mehrarbeit für den nominellen Grundeigentümer nur durch außerökonomischen Zwang abgepreßt werden, welche Form dieser auch immer annehme.

Es unterscheidet sie dies von der Sklaven- oder Plantagenwirtschaft, daß der Sklave hier mit fremden Produktionsbedingungen arbeitet und nicht selbständig. Es sind also persönliche Abhängigkeitsverhältnisse nö-

tig, persönliche Unfreiheit, in welchem Grad immer, und Gefesseltsein an den Boden als Zubehör desselben, Hörigkeit im eigentlichen Sinn. Sind es nicht Privatgrundeigentümer, sondern ist es wie in Asien der Staat, der ihnen direkt als Grundeigentümer und gleichzeitig Souverän gegenübertritt, so fallen Rente und Steuer zusammen, oder es existiert vielmehr dann keine von dieser Form der Grundrente verschiedne Steuer. Unter diesen Umständen braucht das Abhängigkeitsverhältnis politisch wie ökonomisch keine härtere Form zu besitzen als die ist, welche aller Untertanenschaft gegenüber diesem Staat gemeinsam ist. Der Staat ist hier der oberste Grundherr. Die Souveränität ist hier das auf nationaler Stufe konzentrierte Grundeigentum. Dafür existiert dann aber auch kein Privatgrundeigentum, obgleich sowohl Privat- wie gemeinschaftlicher Besitz und Nutznießung des Bodens.

Die spezifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit aus den unmittelbaren Produzenten ausgepumpt wird, bestimmt das Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis, wie es unmittelbar aus der Produktion selbst hervorwächst und seinerseits bestimmend auf sie zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung des ökonomischen, aus den Produktionsverhältnissen selbst hervorwachsenden Gemeinwesens und damit zugleich seine spezifische politische Gestalt. Es ist jedesmal das unmittelbare Verhältnis der Eigentümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Produzenten - ein Verhältnis, dessen jedesmalige Form stets naturgemäß einer bestimmten Entwicklungsstufe der Art und Weise der Arbeit und daher ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft entspricht -, worin wir das innerste Geheimnis, die verborgne Grundlage der ganzen gesell- <800> schaftlichen Konstruktion und daher auch der politischen Form des Souveränitäts- und Abhängigkeitsverhältnisses, kurz, der jedesmaligen spezifischen Staatsform finden. Dies hindert nicht, daß dieselbe ökonomische Basis - dieselbe den Hauptbedingungen nach - durch zahllos verschiedne empirische Umstände, Naturbedingungen, Racenverhältnisse, von außen wirkende geschichtliche Einflüsse usw., unendliche Variationen und Abstufungen in der Erscheinung zeigen kann, die nur durch Analyse dieser empirisch gegebnen Umstände zu begreifen sind.

Mit Bezug auf die Arbeitsrente, die einfachste und ursprünglichste Form der Rente, ist soviel einleuchtend: Die Rente ist hier die ursprüngliche Form des Mehrwerts und fällt mit ihm zusammen. Ferner aber bedarf das Zusammenfallen des Mehrwerts mit unbezahlter fremder Arbeit hier keiner Analyse, da es noch in seiner sichtbaren, handgreiflichen Form existiert, denn die Arbeit des unmittelbaren Produzenten für sich selbst ist hier noch räumlich und zeitlich geschieden von seiner Arbeit für den Grundherrn, und die letztre erscheint unmittelbar in der brutalen Form der Zwangsarbeit für einen Dritten. Ebenso ist die "Eigenschaft", die der Boden hat, eine Rente abzuwerfen, hier auf ein handgreiflich offenkundiges Geheimnis reduziert, denn zu der Natur, die die Rente liefert, gehört auch die an den Boden gekettete menschliche Arbeitskraft und das Eigentumsverhältnis, das ihren Besitzer zwingt, diese Arbeitskraft anzustrengen und zu betätigen über das Maß hinaus, welches zur Befriedigung seiner eignen unentbehrlichen Bedürfnisse erheischt wäre. Die Rente besteht direkt in der Aneignung dieser überschüssigen Verausgabung der Arbeitskraft durch den Grundeigentümer; denn weiter zahlt der unmittelbare Produzent diesem keine Rente. Hier, wo nicht nur Mehrwert und Rente identisch sind, sondern der Mehrwert handgreiflich noch die Form von Mehrarbeit besitzt, liegen denn auch die natürlichen Bedingungen oder Schranken der Rente, weil der Mehrarbeit überhaupt, auf flacher Hand. Der unmittelbare Produzent muß 1. genug Arbeitskraft besitzen und 2. die Naturbedingungen seiner Arbeit, in erster Instanz also des bearbeiteten Bodens, müssen fruchtbar genug sein, mit einem Wort, die 1236

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naturwüchsige Produktivität seiner Arbeit muß groß genug sein, damit ihm die Möglichkeit überschüssiger Arbeit bleibe, über die zur Befriedigung seiner eignen unentbehrlichen Bedürfnisse nötige Arbeit hinaus.

Diese Möglichkeit schafft nicht die Rente, dies tut erst der Zwang, der aus der Möglichkeit eine Wirklichkeit macht. Aber die Möglichkeit selbst ist an subjektive und objektive Naturbedingungen gebunden. Auch hierin liegt durchaus nichts Mysteriöses. Ist die Arbeitskraft klein und sind die Naturbedingungen der Arbeit dürftig, so ist die Mehrarbeit <801> klein, aber so sind dann auch einerseits die Bedürfnisse der Produzenten, andrerseits die relative Zahl der Ausbeuter der Mehrarbeit, endlich das Mehrprodukt, worin sich diese wenig erträgliche Mehrarbeit für diese geringre Zahl von ausbeutenden Eigentümern verwirklicht.

Endlich ergibt sich bei der Arbeitsrente von selbst, daß, alle andren Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt, es ganz und gar abhängt von dem relativen Umfang der Mehr- oder Fronarbeit, wieweit der unmittelbare Produzent fähig sein wird, seine eigne Lage zu verbessern, sich zu bereichern, einen Überschuß über die unentbehrlichen Subsistenzmittel zu erzeugen, oder wenn wir die kapitalistische Ausdrucksweise antizipieren wollen, ob oder wieweit er irgendeinen Profit für sich selbst, d.h. einen Überschuß über seinen von ihm selbst produzierten Arbeitslohn produzieren kann. Die Rente ist hier die normale, alles absorbierende, sozusagen legitime Form der Mehrarbeit, und weit entfernt davon, ein Überschuß über den Profit, d.h. hier über irgendeinen andern Überschuß über den Arbeitslohn zu sein, hängt nicht nur der Umfang eines solchen Profits, sondern selbst sein Dasein, bei sonst gleichen Umständen, ab von dem Umfang der Rente, d.h. der dem Eigentümer zwangsweise zu leistenden Mehrarbeit.

Einige Historiker haben ihre Verwunderung darüber ausgesprochen, daß, da der unmittelbare Produzent nicht Eigentümer, sondern nur Besitzer ist und in der Tat de jure alle seine Mehrarbeit dem Grundeigentümer gehört, unter diesen Verhältnissen überhaupt eine selbständige Entwicklung von Vermögen und, relativ gesprochen, Reichtum auf seiten der Fronpflichtigen oder Leibeignen vor sich gehn kann. Es ist indes klar, daß in den naturwüchsigen und unentwickelten Zuständen, worauf dies gesellschaftliche Produktionsverhältnis und die ihm entsprechende Produktionsweise beruht, die Tradition eine übermächtige Rolle spielen muß. Es ist ferner klar, daß es hier wie immer im Interesse des herrschenden Teils der Gesellschaft ist, das Bestehende als Gesetz zu heiligen und seine durch Gebrauch und Tradition gegebnen Schranken als gesetzliche zu fixieren. Von allem andern abgesehn, macht sich dies übrigens von selbst, sobald die beständige Reproduktion der Basis des bestehenden Zustandes, des ihm zugrunde liegenden Verhältnisses, im Lauf der Zeit geregelte und geordnete Form annimmt; und diese Regel und Ordnung ist selbst ein unentbehrliches Moment jeder Produktionsweise, die gesellschaftliche Festigkeit und Unabhängigkeit von bloßem Zufall oder Willkür annehmen soll. Sie ist eben die Form ihrer gesellschaftlichen Befestigung und daher ihrer relativen Emanzipation von bloßer Willkür und bloßem Zufall. Sie erreicht diese Form bei stagnanten Zuständen sowohl des Produktionsprozesses wie der <802> ihm entsprechenden gesellschaftlichen Verhältnisse durch die bloße wiederholte Reproduktion ihrer selbst. Hat diese eine Zeitlang gedauert, so befestigt sie sich als Brauch und Tradition und wird endlich geheiligt als ausdrückliches Gesetz. Da nun die Form dieser Mehrarbeit, die Fronarbeit, auf der Unentwickeltheit aller gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, auf der Roheit der Arbeitsweise selbst beruht, muß sie naturgemäß einen viel kleinern aliquoten Teil der Gesamtarbeit der unmittelbaren Produzenten wegnehmen als in entwickelten Produktionsweisen, und namentlich als in der kapitalistischen Produktion. Nehmen wir z.B. an, die Fronarbeit für den Grundherrn sei ursprünglich zwei Tage der Woche gewesen. Diese zwei Tage wöchentlicher Fronarbeit stehn damit fest, sind eine konstante Größe, gesetzlich reguliert durch Gewohnheitsrecht oder geschriebnes. Aber die Produktivität der übrigen Wochentage, worüber der unmittelbare Produzent selbst verfügt, ist eine variable Größe, die sich im Fortgang seiner Erfahrung entwickeln muß, ganz wie die neuen Bedürfnisse, mit denen er bekannt wird, ganz wie die Ausdehnung des Markts für sein Produkt, die wachsende Sicherheit, mit der er über diesen Teil seiner Arbeitskraft verfügt, ihn zu erhöhter Anspannung seiner Arbeitskraft spornen wird, wobei nicht zu vergessen, daß die Verwendung dieser Arbeitskraft keineswegs auf Ackerbau beschränkt ist, sondern ländliche Hausindustrie einschließt. Die Möglichkeit einer gewissen ökonomischen Entwicklung, natürlich abhängig von der Gunst der Umstände, vom angebornen Racencharakter usw., ist hier gegeben.

III. Die Produktenrente

Die Verwandlung der Arbeitsrente in Produktenrente ändert, ökonomisch gesprochen, nichts am Wesen der Grundrente. Dies besteht in den Formen, die wir hier betrachten, darin, daß sie die einzige herrschende und normale Form des Mehrwerts oder der Mehrarbeit ist; was sich wieder so ausdrückt, daß sie die einzige Mehrarbeit oder das einzige Mehrprodukt ist, welches der unmittelbare Produzent, der sich im Besitz der zu 1237

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seiner eignen Reproduktion nötigen Arbeitsbedingungen befindet, dem Eigentümer der in diesem Zustand alles einbegreifenden Arbeitsbedingung, des Bodens, zu leisten hat; und daß es andrerseits nur der Boden ist, der ihm als in fremdem Eigentum befindliche, ihm gegenüber verselbständigte und im Grundeigentümer personifizierte Arbeitsbedingung gegenübertritt. Soweit die Produktenrente herrschende und weitest entwickelte Form der Grundrente ist, wird sie übrigens stets noch mehr oder minder begleitet von Über- <803> bleib-seln der frühern Form, d.h. von Rente, die direkt in Arbeit abzutragen ist, also mit Fronarbeit, und dies gleichmäßig, ob der Grundherr eine Privatperson oder der Staat sei. Die Produktenrente unterstellt einen höhern Kulturzustand des unmittelbaren Produzenten, also eine höhere Entwicklungsstufe seiner Arbeit und der Gesellschaft überhaupt; und sie unterscheidet sich dadurch von der vorhergehenden Form, daß die Mehrarbeit nicht mehr in ihrer Naturalgestalt, also auch nicht mehr unter direkter Aufsicht und Zwang des Grundherrn oder seiner Vertreter zu verrichten ist; vielmehr der unmittelbare Produzent, durch die Macht der Verhältnisse statt durch direkten Zwang und durch die gesetzliche Bestimmung statt durch die Peitsche angetrieben, unter seiner eignen Verantwortlichkeit sie zu leisten hat. Die Mehrproduktion, in dem Sinn der Produktion über die unentbehrlichen Bedürfnisse des unmittelbaren Produzenten hinaus und innerhalb des ihm selbst faktisch zugehörigen Produktionsfeldes, des von ihm selbst exploitierten Bodens, statt wie früher auf dem herrschaftlichen Gut neben und außer dem seinigen, ist hier schon sich von selbst verstehende Regel geworden. In diesem Verhältnis verfügt der unmittelbare Produzent mehr oder minder über die Verwendung seiner ganzen Arbeitszeit, obgleich nach wie vor ein Teil dieser Arbeitszeit, ursprünglich so ziemlich der ganze überschüssige Teil derselben, dem Grundeigentümer unentgeltlich gehört; nur daß dieser sie nicht mehr unmittelbar in ihrer eignen Naturalform empfängt, sondern in der Naturalform des Produkts, worin sie sich realisiert. Die lästige und je nach der Regelung der Fronarbeit mehr oder minder störend eingreifende Unterbrechung durch die Arbeit für den Grundeigentümer (vergleiche Buch I, Kap.VIII, 2: Fabrikant und Bojar) fällt weg, wo die Produktenrente rein ist, oder ist wenigstens auf wenige kurze Intervalle im Jahr reduziert, wo gewisse Fronden neben der Produktenrente fortdauern. Die Arbeit des Produzenten für sich selbst und seine Arbeit für den Grundeigentümer sind nicht mehr handgreiflich der Zeit und dem Raum nach geschieden.

Diese Produktenrente in ihrer Reinheit, obgleich sie trümmerweise sich in weiter entwickelte Produktionsweisen und Produktionsverhältnisse fortschleppen kann, setzt nach wie vor Naturalwirtschaft voraus, d.h. daß die Wirtschaftsbedingungen ganz oder doch zum allergrößten Teil auf der Wirtschaft selbst erzeugt, aus dem Bruttoprodukt derselben unmittelbar ersetzt und reproduziert werden. Sie setzt ferner voraus die Vereinigung ländlicher Hausindustrie mit dem Ackerbau; das Mehrprodukt, welches die Rente bildet, ist das Produkt dieser vereinigten agrikolindustriellen Familienarbeit, ob nun, wie dies häufig im Mittelalter der Fall, die Produktenrente mehr oder minder industrielle Produkte einschließt oder <804> nur in der Form von eigentlichem Bodenprodukt geleistet wird. Bei dieser Form der Rente braucht die Produktenrente, worin sich die Mehrarbeit darstellt, keineswegs die ganze überschüssige Arbeit der ländlichen Familie zu erschöpfen. Dem Produzenten ist vielmehr, verglichen mit der Arbeitsrente, ein größrer Spielraum gegeben, um Zeit für überschüssige Arbeit zu gewinnen, deren Produkt ihm selbst gehört, so gut wie das Produkt seiner Arbeit, das seine unentbehrlichsten Bedürfnisse befriedigt. Ebenso werden mit dieser Form größere Unterschiede in der ökonomischen Lage der einzelnen unmittelbaren Produzenten eintreten. Wenigstens ist die Möglichkeit dazu da, und die Möglichkeit, daß dieser unmittelbare Produzent die Mittel erworben hat, selbst wieder fremde Arbeit unmittelbar auszubeuten. Doch geht uns dies hier nichts an, wo wir es mit der reinen Form der Produktenrente zu tun haben; wie wir überhaupt nicht eingehn können auf die endlos verschiednen Kombinationen, worin sich die verschiednen Formen der Rente verbinden, verfälschen und verquicken können. Durch die an bestimmte Art des Produkts und der Produktion selbst gebundne Form der Produktenrente, durch die ihr unentbehrliche Verbindung von Landwirtschaft und Hausindustrie, durch die fast völlige Selbstgenügsamkeit, die die Bauernfamilie hierdurch erhält, durch ihre Unabhängigkeit vom Markt und von der Produktions- und Geschichtsbewegung des außerhalb ihrer stehenden Teils der Gesellschaft, kurz, durch den Charakter der Naturalwirtschaft überhaupt ist diese Form ganz geeignet, die Basis stationärer Gesellschaftszustände abzugeben, wie wir dies z.B. in Asien sehn. Hier, wie in der frühern Form der Arbeitsrente, ist die Grundrente die normale Form des Mehrwerts und daher der Mehrarbeit, d.h. der ganzen überschüssigen Arbeit, die der unmittelbare Produzent umsonst, in der Tat also zwangsweise - obgleich dieser Zwang ihm nicht mehr in der alten brutalen Form gegenübertritt - dem Eigentümer seiner wesentlichsten Arbeitsbedingung, des Bodens, leisten muß. Der Profit, wenn wir so, falsch antizipierend, den Bruchteil des Überschusses seiner Arbeit über die notwendige Arbeit hinaus nennen, den er sich selbst aneignet, bestimmt so wenig die Produktenrente, daß er vielmehr hinter ihrem Rücken aufwächst und seine natürliche Grenze an dem Umfang der Produktenrente hat. Diese letztere kann einen Umfang besitzen, der die Reproduktion der Arbeitsbedingungen, der Produktionsmittel selbst, ernsthaft gefährdet, Erweiterung der Produktion mehr oder minder unmöglich macht und die unmittelbaren Produzenten auf das physische Minimum von Lebensmitteln 1238

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herabsetzt. Es ist dies namentlich der Fall, wo diese Form von einer erobernden Handelsnation, wie z.B. von den Engländern in Indien, vorgefunden und exploitiert wird.

IV. Die Geldrente

<805> Unter der Geldrente verstehn wir hier - im Unterschied von der auf der kapitalistischen Produktionsweise beruhenden industriellen oder kommerziellen Grundrente, die nur ein Überschuß über den Durchschnittsprofit ist - die Grundrente, die aus einer bloßen Formverwandlung der Produktenrente entspringt, wie diese selbst nur die verwandelte Arbeitsrente war. Statt des Produkts hat der unmittelbare Produzent hier seinem Grundeigentümer (ob dieser nun der Staat oder ein Privatmann) den Preis desselben zu zahlen. Ein Überschuß an Produkt in seiner Naturalform genügt also nicht mehr; er muß aus dieser Naturalform in die Geldform verwandelt werden. Obgleich der unmittelbare Produzent nach wie vor fortfährt, mindestens den größten Teil seiner Subsistenzmittel selbst zu produzieren, muß jetzt ein Teil seines Produkts in Ware verwandelt, als Ware produziert werden. Der Charakter der ganzen Produktionsweise wird also mehr oder weniger verändert. Sie verliert ihre Unabhängigkeit, ihr Losgelöstsein vom gesellschaftlichen Zusammenhang. Das Verhältnis der Produktionskosten, in welche nun mehr oder minder Geldausgaben eingehn, wird entscheidend; jedenfalls wird entscheidend der Überschuß des in Geld zu verwandelnden Teils des Bruttoprodukts über den Teil, der einerseits wieder als Reproduktionsmittel, andrerseits als unmittelbares Subsistenzmittel dienen muß. Indes, die Basis dieser Art Rente, obgleich sie ihrer Auflösung entgegengeht, bleibt dieselbe wie in der Produktenrente, die den Ausgangspunkt bildet. Der unmittelbare Produzent ist nach wie vor erblicher oder sonst traditioneller Besitzer des Bodens, der dem Grundherrn als dem Eigentümer dieser seiner wesentlichsten Produktionsbedingung, überschüssige Zwangsarbeit, d.h. unbezahlte, ohne Äquivalent geleistete Arbeit in der Form des in Geld verwandelten Mehrprodukts zu entrichten hat. Das Eigentum an den vom Boden verschiednen Arbeitsbedingungen, Ackergerätschaft und sonstigem Mobiliar, verwandelt sich schon in den frühern Formen erst faktisch, dann auch rechtlich in das Eigentum der unmittelbaren Produzenten, und noch mehr ist dies für die Form der Geldrente vorausgesetzt. Die erst sporadisch, sodann auf mehr oder minder nationalem Maßstab vor sich gehende Verwandlung der Produktenrente in Geldrente setzt eine schon bedeutendere Entwicklung des Handels, der städtischen Industrie, der Warenproduktion überhaupt und damit der Geldzirkulation voraus. Sie setzt ferner voraus einen Marktpreis der Produkte, und daß selbe mehr oder minder ihrem Wert annähernd verkauft werden, was unter den frühern Formen keineswegs der Fall zu sein braucht. Im Osten von Europa können wir zum Teil <806> noch unter unsern Augen diese Verwandlung vorgehn sehn. Wie wenig sie ohne eine bestimmte Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit durchführbar ist, bezeugen verschiedne unter dem römischen Kaisertum gescheiterte Versuche dieser Verwandlung und Rückfälle in die Naturalrente, nachdem man wenigstens den als Staatssteuer existierenden Teil dieser Rente allgemein in Geldrente hatte verwandeln wollen. Dieselbe Schwierigkeit des Übergangs zeigt z.B. vor der Revolution in Frankreich die Verquickung und Verfälschung der Geldrente durch Reste ihrer frühern Formen.

Die Geldrente als verwandelte Form der Produktenrente, und im Gegensatz zu ihr, ist aber die letzte Form und zugleich die Form der Auflösung der Art von Grundrente, die wir bisher betrachtet haben, nämlich der Grundrente als der normalen Form des Mehrwerts und der dem Eigentümer der Produktionsbedingungen zu entrichtenden unbezahlten Mehrarbeit. In ihrer reinen Form stellt diese Rente, wie die Arbeits- und Produktenrente, keinen Überschuß über den Profit dar. Sie absorbiert ihn dem Begriff nach. Soweit er faktisch als ein besondrer Teil der überschüssigen Arbeit neben ihr entspringt, ist die Geldrente, wie die Rente in ihren frühern Formen, immer noch die normale Schranke dieses embryonischen Profits, der sich erst entwickeln kann im Verhältnis zu der Möglichkeit der Ausbeutung, sei es eigner überschüssiger, sei es fremder Arbeit, welche übrigbleibt nach Leistung der in der Geldrente dargestellten Mehrarbeit. Entspringt wirklich ein Profit neben dieser Rente, so ist also nicht der Profit die Schranke der Rente, sondern umgekehrt die Rente die Schranke für den Profit. Aber wie bereits gesagt, die Geldrente ist zugleich die Auflösungsform der bisher betrachteten, mit dem Mehrwert und der Mehrarbeit prima facie zusammenfallenden Grundrente, der Grundrente als der normalen und herrschenden Form des Mehrwerts.

In ihrer weitern Entwicklung muß die Geldrente führen - von allen Zwischenformen abgesehn, wie z.B. von der des kleinbäuerlichen Pächters - entweder zur Verwandlung des Bodens in freies Bauerneigentum oder zur Form der kapitalistischen Produktionsweise, zur Rente, die der kapitalistische Pächter zahlt.

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Mit Geldrente verwandelt sich notwendig das traditionelle gewohnheitsrechtliche Verhältnis zwischen den, einen Teil des Bodens besitzenden und bearbeitenden, Untersassen und dem Grundeigentümer in ein kontraktliches, nach festen Regeln des positiven Gesetzes bestimmtes, reines Geldverhältnis. Der bebauende Besitzer wird daher der Sache nach zum bloßen Pächter. Diese Verwandlung wird einerseits, unter sonst geeigneten all- <807> gemeinen Produktionsverhältnissen, dazu benutzt, die alten bäuerlichen Besitzer nach und nach zu expropriieren und an ihre Stelle einen kapitalistischen Pächter zu setzen; andrerseits führt sie zum Loskauf des bisherigen Besitzers von seiner Rentpflichtigkeit und zu seiner Verwandlung in einen unabhängigen Bauer, mit vollem Eigentum an dem von ihm bestellten Boden. Die Verwandlung der Naturalrente in Geldrente wird ferner nicht nur notwendig begleitet, sondern selbst antizipiert durch Bildung einer Klasse besitzloser und für Geld sich verdingender Taglöhner. Während ihrer Entstehungsperiode, wo diese neue Klasse nur noch sporadisch auftritt, hat sich daher notwendig bei den bessergestellten rentepflichtigen Bauern die Gewohnheit entwickelt, auf eigne Rechnung ländliche Lohnarbeiter zu exploitieren, ganz wie schon in der Feudalzeit die vermögenderen hörigen Bauern selbst wieder Hörige hielten. So entwickelt sich nach und nach bei ihnen die Möglichkeit, ein gewisses Vermögen anzusammeln und sich selbst in zukünftige Kapitalisten zu verwandeln. Unter den alten, selbstarbeitenden Besitzern des Bodens selbst entsteht so eine Pflanzschule von kapitalistischen Pächtern, deren Entwicklung durch die allgemeine Entwicklung der kapitalistischen Produktion außerhalb des flachen Landes bedingt ist und die besonders rasch aufschießt, wenn ihr, wie im 16. Jahrhundert in England, so besonders günstige Umstände zu Hilfe kommen wie die damalige progressive Entwertung des Geldes, die bei den herkömmlichen langen Pachtkontrakten sie auf Kosten der Grundeigentü-

mer bereicherte.

Ferner: Sobald die Rente die Form der Geldrente und damit das Verhältnis zwischen Rente zahlendem Bauer und Grundeigentümer die eines kontraktlichen Verhältnisses annimmt - eine Verwandlung, die überhaupt nur bei schon gegebner relativer Entwicklungshöhe des Weltmarkts, des Handels und der Manufaktur möglich ist

-, tritt notwendig auch Verpachtung des Bodens an Kapitalisten ein, welche bisher außerhalb der ländlichen Schranken standen und welche nun städtisch erworbnes Kapital und die in den Städten bereits entwickelte kapitalistische Betriebsweise, die Herstellung des Produkts als bloßer Ware und als bloßes Mittels zur Aneignung von Mehrwert, auf das Land und die Landwirtschaft übertragen. Allgemeine Regel kann diese Form nur in den Ländern werden, die beim Übergang aus der feudalen in die kapitalistische Produktionsweise den Weltmarkt beherrschen. Mit dem Dazwischentreten des kapitalistischen Pächters zwischen den Grundeigentümer und den wirklich arbeitenden Ackerbauer sind alle Verhältnisse zerrissen, die aus der alten ländlichen Produktionsweise entsprangen. Der Pächter wird der wirkliche Kommandant dieser <808> Ackerarbeiter und der wirkliche Exploiteur ihrer Mehrarbeit, während der Grundeigentümer in einem direkten Verhältnis, und zwar einem bloßen Geld- und Kontraktsverhältnis, nur noch zu diesem kapitalistischen Pächter steht.

Damit verwandelt sich auch die Natur der Rente, nicht nur tatsächlich und zufällig, was sie zum Teil schon unter den frühern Formen getan, sondern normal, in ihrer anerkannten und herrschenden Form. Von der normalen Form des Mehrwerts und der Mehrarbeit sinkt sie herab zum Überschuß dieser Mehrarbeit über den Teil derselben, der vom exploitierenden Kapitalisten unter der Form des Profits angeeignet wird; wie die ganze Mehrarbeit, Profit und Überschuß über den Profit, jetzt unmittelbar von ihm extrahiert, in der Form des totalen Mehrprodukts eingenommen und versilbert wird. Es ist nur noch ein überschüssiger Teil dieses von ihm, vermöge seines Kapitals, durch direkte Exploitation der Landarbeiter extrahierten Mehrwerts, den er als Rente an den Grundeigentümer weggibt. Wieviel oder wie wenig er an ihn weggibt, ist bestimmt, im Durchschnitt, als Grenze, durch den Durchschnittsprofit, den das Kapital in den nicht agrikolen Produktionssphären abwirft, und durch die, durch ihn geregelten, nicht agrikolen Produktionspreise. Aus der normalen Form des Mehrwerts und der Mehrarbeit hat sich die Rente jetzt also verwandelt in einen dieser besondern Produktionssphäre, der agrikolen, eigentümlichen Überschuß über den Teil der Mehrarbeit, der von dem Kapital als ihm vorweg und normaliter zukommend in Anspruch genommen wird. Statt der Rente ist jetzt der Profit die normale Form des Mehrwerts geworden, und die Rente gilt nur noch als eine unter besondern Umständen verselbständigte Form, nicht des Mehrwerts überhaupt, sondern eines bestimmten Ablegers desselben, des Surplusprofits. Es ist nicht nötig, weiter darauf einzugehn, wie dieser Verwandlung eine allmähliche Verwandlung in der Produktionsweise selbst entspricht. Dies geht schon daraus hervor, daß das Normale für diesen kapitalistischen Pächter ist, das Bodenprodukt als Ware zu produzieren, und daß, während sonst nur der Überschuß über seine Subsistenzmittel sich in Ware verwandelt, jetzt nur ein relativ verschwindender Teil dieser Waren sich unmittelbar in Subsistenzmittel für ihn verwandelt. Es ist nicht mehr das Land, sondern es ist das Kapital, welches sich und seiner Produktivität jetzt selbst die Landarbeit unmittelbar subsumiert hat.

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Der Durchschnittsprofit und der durch ihn geregelte Produktionspreis bildet sich außerhalb der Verhältnisse des flachen Landes im Kreise des städtischen Handels und der Manufaktur. Der Profit des rentpflichtigen Bauern geht nicht ausgleichend in ihn ein, denn sein Verhältnis zum Grund- <809> eigentümer ist kein kapitalistisches. Soweit er Profit macht, d.h. einen Überschuß über seine notwendigen Subsistenzmittel real isiert, sei es durch eigne Arbeit, sei es durch Ausbeutung fremder Arbeit, geschieht es hinter dem Rücken des normalen Verhältnisses und ist, bei sonst gleichen Umständen, die Höhe dieses Profits nicht die Rente bestimmend, sondern umgekehrt durch sie als seine Grenze bestimmt. Die hohe Profitrate im Mittelalter ist nicht nur geschuldet der niedrigen Zusammensetzung des Kapitals, worin das variable, in Arbeitslohn ausgelegte Element vorherrscht. Sie ist geschuldet der am flachen Land verübten Prellerei, der Aneignung eines Teils der Rente des Grundeigentümers und des Einkommens seiner Untersassen. Wenn das Land im Mittelalter die Stadt politisch ausbeutet, überall da, wo der Feudalismus nicht durch ausnahmsweise städtische Entwicklung gebrochen ist, wie in Italien, so exploitiert die Stadt überall und ohne Ausnahme das Land ökonomisch durch ihre Monopolpreise, ihr Steuersystem, ihr Zunftwesen, ihren direkten kaufmännischen Betrug und ihren Wucher.

Man könnte sich einbilden, daß das bloße Eintreten des kapitalistischen Pächters in die landwirtschaftliche Produktion den Beweis liefre, daß der Preis der Bodenprodukte, die von jeher in der einen oder andern Form eine Rente zahlten, wenigstens zur Zeit dieses Eintritts über den Produktionspreisen der Manufaktur stehn muß; sei es, weil er die Höhe eines Monopolpreises erreicht, sei es, weil er bis auf den Wert der Bodenprodukte gestiegen und ihr Wert in der Tat über dem durch den Durchschnittsprofit regulierten Produktionspreis steht. Denn wenn nicht, so könnte der kapitalistische Pächter, bei den vorgefundnen Preisen der Bodenprodukte, unmöglich erst den Durchschnittsprofit aus dem Preis dieser Produkte realisieren und dann aus demselben Preis noch einen Überschuß über diesen Profit unter der Form der Rente zahlen. Man könnte danach schließen, daß die allgemeine Profitrate, die den kapitalistischen Pächter in seinem Kontrakt mit dem Grundeigentümer bestimmt, gebildet war ohne Einbegriff der Rente und daher, sobald sie regulierend in die ländliche Produktion eintritt, diesen Überschuß vorfindet und an den Grundeigentümer zahlt. Es ist in dieser traditionellen Weise, daß sich z.B. Herr Rodbertus die Sache erklärt <Siehe Band 26, 2. Teil, S. 7-102, 139-151>. Aber:

Erstens. Dieser Eintritt des Kapitals als selbständiger und leitender Macht in den Ackerbau findet nicht auf einmal und allgemein, sondern allmählich und in besondren Produktionszweigen statt. Er ergreift zuerst nicht

<810> den eigentlichen Ackerbau, sondern Produktionszweige wie die Viehzucht, namentlich Schafzucht, deren Hauptprodukt, die Wolle, bei Emporkommen der Industrie zunächst beständigen Überschuß des Marktpreises über den Produktionspreis bietet, was sich erst später ausgleicht. So in England während des 16.

Jahrhunderts.

Zweitens. Da diese kapitalistische Produktion zunächst nur sporadisch eintritt, so ist keineswegs etwas gegen die Annahme aufzubringen, daß sie zunächst nur solcher Komplexe von Ländereien sich bemächtigt, die, infolge ihrer spezifischen Fruchtbarkeit oder besonders günstigen Lage, im ganzen eine Differentialrente zahlen können.

Drittens. Gesetzt selbst, die Preise des Bodenprodukts ständen beim Eintritt dieser Produktionsweise, die in der Tat ein zunehmendes Gewicht der städtischen Nachfrage voraussetzt, über dem Produktionspreis, wie dies z.B. im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts in England zweifelsohne der Fall war; so wird, sobald diese Produktionsweise sich einigermaßen aus der bloßen Subsumtion der Agrikultur unter das Kapital herausgearbeitet und sobald die mit ihrer Entwicklung notwendig verbundne Verbesserung in der Agrikultur und Herabdrückung der Produktionskosten eingetreten, sich dies durch eine Reaktion, einen Fall im Preis der Bodenprodukte ausgleichen, wie dies in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England der Fall war.

Auf diesem traditionellen Weg kann also die Rente als Überschuß über den Durchschnittsprofit nicht erklärt werden. Unter welchen geschichtlich vorgefundnen Umständen immer sie zuerst eintreten mag - sobald sie einmal Wurzel geschlagen, kann die Rente nur noch unter den früher entwickelten modernen Bedingungen stattfinden.

Schließlich ist noch bei der Verwandlung der Produktenrente in Geldrente zu bemerken, daß mit ihr die kapitalisierte Rente, der Preis des Bodens und damit seine Veräußerlichkeit und Veräußerung ein wesentliches Moment wird und daß damit nicht nur der früher Rentpflichtige sich in den unabhängigen bäuerlichen Ei-1241

DAS KAPITAL

gentümer verwandeln kann, sondern auch städtische und andre Geldbesitzer Grundstücke kaufen, um sie, sei es an Bauern, sei es an Kapitalisten zu verpachten und die Rente als Form des Zinses ihres so angelegten Kapitals zu genießen; daß also auch dieser Umstand die Umwandlung der frühern Exploitationsweise, des Verhältnisses zwischen Eigentümer und wirklichem Bebauer, und der Rente selbst fördern hilft.

V. Metäriewirtschaft und das bäuerliche Parzelleneigentum

<811> Wir sind hier am Schluß unsrer Entwicklungsreihe der Grundrente angelangt.

In allen diesen Formen der Grundrente: Arbeitsrente, Produktenrente, Geldrente (als bloß verwandelte Form der Produktenrente) ist der Rentzahler stets als der wirkliche Bearbeiter und Besitzer des Bodens vorausgesetzt, dessen unbezahlte Mehrarbeit direkt an den Grundeigentümer geht. Selbst in der letzten Form, der Geldrente - soweit sie rein ist, d.h. bloß verwandelte Form der Produktenrente - ist dies nicht nur möglich, sondern tatsächlich der Fall.

Als eine Übergangsform von der ursprünglichen Form der Rente zur kapitalistischen Rente kann betrachtet werden das Metäriesystem oder Teilwirtschaft-System, wo der Bewirtschafter (Pächter) außer seiner Arbeit (eigner oder fremder) einen Teil des Betriebskapitals und der Grundeigentümer außer dem Boden einen andern Teil des Betriebskapitals (z.B. das Vieh) stellt und das Produkt in bestimmten, in verschiednen Ländern wechselnden Proportionen zwischen dem Maier und dem Grundeigentümer geteilt wird. Zur vollen kapitalistischen Bewirtschaftung fehlt hier einerseits dem Pächter das hinreichende Kapital. Der Anteil, den der Grundeigentümer hier bezieht, hat andrerseits nicht die reine Form der Rente. Er mag tatsächlich Zins auf das von ihm vorgeschoßne Kapital und eine überschüssige Rente einschließen. Er mag auch tatsächlich die ganze Mehrarbeit des Pächters absorbieren oder ihm auch größern oder kleinern Anteil an dieser Mehrarbeit lassen. Das Wesentliche aber ist, daß die Rente hier nicht mehr als die normale Form des Mehrwerts überhaupt erscheint. Auf der einen Seite soll der Maier, ob er nur eigne oder auch fremde Arbeit anwende, Anspruch haben auf einen Teil des Produkts, nicht in seiner Qualität als Arbeiter, sondern als Besitzer eines Teils der Arbeitswerkzeuge, als sein eigner Kapitalist. Auf der andren Seite beansprucht der Grundeigentümer seinen Anteil nicht ausschließlich auf Grund seines Eigentums am Boden, sondern auch als Verleiher von Kapital.

Ein Rest des alten Gemeineigentums am Boden, der sich nach dem Übergang zur selbständigen Bauernwirtschaft z.B. in Polen und Rumänien erhalten hatte, hat dort zum Vorwand gedient, um den Übergang zu den niedrigem Formen der Grundrente zu bewerkstelligen. Ein Teil des Bodens gehört den einzelnen Bauern und wird von ihnen selbständig bebaut. Ein <812> andrer wird gemeinschaftlich bebaut und bildet ein Mehrprodukt, das teils zur Bestreitung von Gemeindeausgaben, teils als Reserve für Mißernten usw. dient. Diese beiden letztern Teile des Mehrprodukts, und schließlich das ganze Mehrprodukt samt dem Boden, worauf es gewachsen, werden nach und nach von Staatsbeamten und Privatpersonen usurpiert und die ursprünglich freien bäuerlichen Grundeigentümer, deren Verpflichtung zur gemeinsamen Bebauung dieses Bodens aufrechterhalten wird, so in Fronpflichtige resp. Produktenrentpflichtige verwandelt, während die Usurpatoren des Gemeinlandes sich in die Grundeigentümer, nicht nur des usurpierten Gemeinlandes, sondern auch der Bauerngüter selbst verwandeln.

Auf die eigentliche Sklavenwirtschaft (die auch eine Stufenleiter durchläuft vom patriarchalischen, vorwiegend für Selbstgebrauch, bis zu dem, für den Weltmarkt arbeitenden, eigentlichen Plantagensystem) und die Gutswirtschaft, worin der Grundeigentümer die Bebauung für eigne Rechnung betreibt, die sämtlichen Produktionsinstrumente besitzt und die Arbeit, sei es unfreier, sei es freier, mit Naturallieferung oder mit Geld bezahlter Knechte ausbeutet, brauchen wir hier nicht näher einzugehn. Grundeigentümer und Eigentümer der Produktionsinstrumente, daher auch direkter Exploiteur der unter diese Produktionselemente zählenden Arbeiter, fallen hier zusammen. Ebenso fallen Rente und Profit zusammen, es findet keine Trennung der verschiednen Formen des Mehrwerts statt. Die ganze Mehrarbeit der Arbeiter, die sich hier im Mehrprodukt darstellt, wird ihnen direkt vom Eigentümer sämtlicher Produktionsinstrumente, zu denen der Boden und in der ursprünglichen Form der Sklaverei die unmittelbaren Produzenten selbst zählen, extrahiert. Wo kapitalistische Anschauung vorherrscht, wie in den amerikanischen Plantagen, wird dieser ganze Mehrwert als Profit aufgefaßt; wo weder die kapitalistische Produktionsweise selbst existiert, noch die ihr entsprechende Anschauungsweise aus kapitalistischen Ländern übertragen ist, erscheint er als Rente. Jedenfalls bietet diese Form keine Schwierigkeit. Das Einkommen des Grundeigentümers, welchen Namen man ihm immer geben 1242

DAS KAPITAL

mag, das von ihm angeeignete disponible Mehrprodukt ist hier die normale und herrschende Form, worin unmittelbar die ganze unbezahlte Mehrarbeit angeeignet wird, und das Grundeigentum bildet die Basis dieser Aneignung.

Ferner das Parzelleneigentum. Der Bauer ist hier zugleich freier Eigentümer seines Bodens, der als sein Haupt-produktionsinstrument erscheint, als das unentbehrliche Beschäftigungsfeld für seine Arbeit und sein Kapital.

Es wird in dieser Form kein Pachtgeld gezahlt; die Rente erscheint also nicht als eine gesonderte Form des Mehrwerts, obgleich sie sich in Ländern, <813> wo sonst die kapitalistische Produktionsweise entwickelt ist, als Surplusprofit durch den Vergleich mit andern Produktionszweigen darstellt, aber als Surplusprofit, der dem Bauer, wie überhaupt der ganze Ertrag seiner Arbeit, zufällt.

Diese Form des Grundeigentums setzt voraus, daß, wie in den frühern ältern Formen desselben, die ländliche Bevölkerung ein großes numerisches Übergewicht über die städtische besitzt, daß also, wenn auch sonst kapitalistische Produktionsweise herrscht, sie relativ nur wenig entwickelt ist und daher auch in den andern Produktionszweigen die Konzentration der Kapitale sich in engen Schranken bewegt, Kapitalzersplitterung vorwiegt. Der Natur der Sache nach muß hier ein überwiegender Teil des ländlichen Produkts als unmittelbares Subsistenzmittel von seinen Produzenten, den Bauern, selbst verzehrt werden und nur der Überschuß darüber als Ware in den Handel mit den Städten eingehn. Wie immer der durchschnittliche Marktpreis des Bodenprodukts hier geregelt sei, die Differentialrente, ein überschüssiger Teil des Preises der Waren für die bessern oder besser gelegnen Ländereien, muß hier offenbar ebenso existieren wie bei kapitalistischer Produktionsweise. Selbst wenn diese Form in Gesellschaftszuständen vorkommt, wo überhaupt noch kein allgemeiner Marktpreis entwickelt ist, existiert diese Differentialrente; sie erscheint dann im überschüssigen Mehrprodukt. Nur fließt sie in die Tasche des Bauern, dessen Arbeit unter günstigern Naturbedingungen sich realisiert. Gerade in dieser Form, wo der Bodenpreis als ein Element in die faktischen Produktionskosten für den Bauer eingeht, indem bei weiterer Entwicklung dieser Form entweder bei Erbteilungen der Boden für einen gewissen Geldwert übernommen ist oder bei dem beständigen Wechsel, sei es des ganzen Eigentums, sei es seiner Bestandstücke, der Boden vom Bebauer selbst gekauft ist, zum großen Teil durch Aufnahme von Geld auf Hypothek; wo also der Bodenpreis, der nichts ist als die kapitalisierte Rente, ein vorausgesetztes Element ist und daher die Rente zu existieren scheint unabhängig von jeder Differenzierung in der Fruchtbarkeit und Lage des Bodens - gerade hier ist im Durchschnitt anzunehmen, daß keine absolute Rente existiert, daß also der schlechteste Boden keine Rente zahlt; denn die absolute Rente unterstellt entweder realisierten Überschuß des Werts des Produkts über seinen Produktionspreis oder einen über den Wert des Produkts überschüssigen Monopolpreis. Da aber die Landwirtschaft hier großenteils als Ackerbau für die unmittelbare Subsistenz und der Boden als ein für die Mehrzahl der Bevölkerung unentbehrliches Beschäftigungsfeld ihrer Arbeit und ihres Kapitals besteht, so wird der regulierende Marktpreis des Produkts nur unter außerordentlichen <814> Umständen seinen Wert erreichen; dieser Wert aber wird in der Regel über dem Produktionspreis stehn wegen des Vorwiegens des Elements der lebendigen Arbeit, obgleich dieser Überschuß des Werts über den Produktionspreis wieder beschränkt sein wird durch die niedrige Zusammensetzung auch des nicht agrikolen Kapitals in Ländern vorherrschender Parzellenwirtschaft. Als Schranke der Exploitation für den Parzellenbauer erscheint einerseits nicht der Durchschnittsprofit des Kapitals, soweit er kleiner Kapitalist ist; noch andrerseits die Notwendigkeit einer Rente, soweit er Grundeigentümer ist. Als absolute Schranke für ihn als kleinen Kapitalisten erscheint nichts als der Arbeitslohn, den er sich selbst zahlt, nach Abzug der eigentlichen Kosten. Solange der Preis des Produkts ihm diesen deckt, wird er sein Land bebauen, und dies oft bis herab zu einem physischen Minimum des Arbeitslohns. Was seine Qualität als Grundeigentümer angeht, so fällt für ihn die Eigentumsschranke fort, die sich nur geltend machen kann im Gegensatz zu dem von ihr getrennten Kapital (inkl. Arbeit), indem sie ein Hindernis gegen dessen Anlegung aufwirft. Allerdings ist der Zins des Bodenpreises, der meist auch noch an eine dritte Person zu entrichten ist, an den Hypothekargläubiger, eine Schranke. Aber dieser Zins kann eben gezahlt werden aus dem Teil der Mehrarbeit, der unter kapitalistischen Verhältnissen den Profit bilden würde. Die im Bodenpreis und in dem für ihn gezahlten Zins antizipierte Rente kann also nichts sein als ein Teil der kapitalisierten Mehrarbeit des Bauern über die zu seiner Subsistenz unentbehrliche Arbeit hinaus, ohne daß diese Mehrarbeit sich in einem Wertteil der Ware, gleich dem ganzen Durchschnittsprofit, realisiert und noch weniger in einem Überschuß über die im Durchschnittsprofit realisierte Mehrarbeit, in einem Surplusprofit. Die Rente kann ein Abzug vom Durchschnittsprofit sein oder selbst der einzige Teil desselben, der realisiert wird. Damit der Parzellenbauer sein Land bebaue oder Land zum Bebauen kaufe, ist es also nicht, wie in der normalen kapitalistischen Produktionsweise, nötig, daß der Marktpreis des Bodenprodukts hoch genug steige, um ihm den Durchschnittsprofit abzuwerfen und noch weniger einen in der Form der Rente fixierten Überschuß über diesen Durchschnittsprofit. Es ist also nicht 1243

DAS KAPITAL

nötig, daß der Marktpreis steige, sei es zum Wert, sei es zum Produktionspreis seines Produkts. Es ist dies eine der Ursachen, warum der Getreidepreis in Ländern vorherrschenden Parzelleneigentums niedriger steht als in den Ländern kapitalistischer Produktionsweise. Ein Teil der Mehrarbeit der Bauern, die unter den un-günstigsten Bedingungen arbeiten, wird der Gesellschaft umsonst geschenkt und geht nicht in die Regelung der Produktionspreise oder in die Wertbildung überhaupt ein. Dieser niedrigere <815> Preis ist also ein Resultat der Armut der Produzenten und keineswegs der Produktivität ihrer Arbeit.

Diese Form des freien Parzelleneigentums selbstwirtschaftender Bauern als herrschende, normale Form bildet einerseits die ökonomische Grundlage der Gesellschaft in den besten Zeiten des klassischen Altertums, andrerseits finden wir sie bei den modernen Völkern als eine der Formen vor, die aus der Auflösung des feudalen Grundeigentums hervorgehn. So die yeomanry in England, der Bauernstand in Schweden, die französischen und westdeutschen Bauern. Von den Kolonien sprechen wir hier nicht, da der unabhängige Bauer sich hier unter andern Bedingungen entwickelt.

Das freie Eigentum des selbstwirtschaftenden Bauern ist offenbar die normalste Form des Grundeigentums für den kleinen Betrieb; d.h. für eine Produktionsweise, worin der Besitz des Bodens eine Bedingung für das Eigentum des Arbeiters an dem Produkt seiner eignen Arbeit ist und worin, er mag freier Eigentümer oder Untersasse sein, der Ackerbauer stets seine Subsistenzmittel sich selbst, unabhängig, als vereinzelter Arbeiter mit seiner Familie zu produzieren hat. Das Eigentum am Boden ist zur vollständigen Entwicklung dieser Betriebsweise ebenso nötig wie das Eigentum am Instrument zur freien Entwicklung des handwerksmäßigen Betriebs. Es bildet hier die Basis für die Entwicklung der persönlichen Selbständigkeit. Es ist für die Entwicklung der Agrikultur selbst ein notwendiger Durchgangspunkt. Die Ursachen, an denen es untergeht, zeigen seine Schranke. Sie sind: Vernichtung der ländlichen Hausindustrie, die seine normale Ergänzung bildet, infolge der Entwicklung der großen Industrie; allmähliche Verarmung und Aussaugung des dieser Kultur unterworfnen Bodens; Usurpation, durch große Grundeigentümer, des Gemeineigentums, das überall die zweite Ergänzung der Parzellenwirtschaft bildet und ihr allein die Haltung von Vieh ermöglicht; Konkurrenz der, sei es als Plantagenwirtschaft, sei es kapitalistisch betriebnen Großkultur. Verbesserungen in der Agrikultur, die einerseits Sinken der Preise der Bodenprodukte herbeiführen, andrerseits größre Auslagen und reichere gegenständliche Produktionsbedingungen erheischen, tragen auch dazu bei, wie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England.

Das Parzelleneigentum schließt seiner Natur nach aus: Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, gesellschaftliche Formen der Arbeit, gesellschaftliche Konzentration der Kapitale, Viehzucht auf gro-

ßem Maßstab, progressive Anwendung der Wissenschaft.

Wucher und Steuersystem müssen es überall verelenden. Die Auslage des Kapitals im Bodenpreis entzieht dies Kapital der Kultur. Unendliche <816> Zersplitterung der Produktionsmittel und Vereinzelung der Produzenten selbst. Ungeheure Verschwendung von Menschenkraft. Progressive Verschlechterung der Produktionsbedingungen und Verteuerung der Produktionsmittel ein notwendiges Gesetz des Parzelleneigentums.

Unglück fruchtbarer Jahreszeiten für diese Produktionsweise.

Eines der spezifischen Übel der kleinen Agrikultur, wo sie mit freiem Eigentum am Boden verknüpft ist, entspringt daraus, daß der Bebauer ein Kapital im Ankauf des Bodens auslegt. (Dasselbe gilt für die Übergangsform, wo der große Gutsbesitzer erstens ein Kapital auslegt, um Land zu kaufen, zweitens, um es selbst als sein eigner Pächter zu bewirtschaften.) Bei der beweglichen Natur, die hier der Boden als bloße Ware annimmt, wachsen die Besitzveränderungen , so daß bei jeder neuen Generation, mit jeder Erbteilung, der Boden, vom Standpunkt des Bauern aus, von neuem als Kapitalanlage eingeht, d.h., daß es von ihm gekaufter Boden wird. Der Bodenpreis bildet hier ein überwiegendes Element der individuellen falschen Produktionskosten oder des Kostpreises des Produkts für den Einzelproduzenten.

Der Bodenpreis ist nichts als die kapitalisierte und daher antizipierte Rente. Wird die Agrikultur kapitalistisch betrieben, so daß der Grundeigentümer nur die Rente empfängt und der Pächter für den Boden nichts zahlt außer dieser jährlichen Rente, so ist es handgreiflich, daß das vom Grundeigentümer selbst im Ankauf des Bodens angelegte Kapital zwar für ihn zinstragende Kapitalanlage ist, aber mit dem in der Agrikultur selbst angelegten Kapital durchaus nichts zu tun hat. Es bildet weder einen Teil des hier fungierenden fixen noch des zirkulierenden Kapitals ; es verschafft vielmehr nur dem Käufer einen Titel auf Empfang der jährlichen Rente, hat aber mit der Produktion dieser Rente absolut nichts zu tun. Der Käufer des Bodens zahlt das Ka-1244

DAS KAPITAL

pital ja gerade weg an den, der den Boden <817> verkauft, und der Verkäufer verzichtet dafür auf sein Eigentum am Boden. Dies Kapital existiert also nicht mehr als Kapital des Käufers; er hat es nicht mehr; es gehört also nicht zu dem Kapital, das er in Boden selbst in irgendeiner Weise anlegen kann. Ob er den Boden teuer oder wohlfeil gekauft oder ob er ihn umsonst erhalten hat, ändert nichts an dem vom Pächter in der Bewirtschaftung angelegten Kapital und ändert nichts an der Rente, sondern ändert nur dies, ob sie ihm als Zins oder Nichtzins erscheint, resp. als hoher oder niedriger Zins.

Man nehme z.B. die Sklavenwirtschaft. Der Preis, der hier für den Sklaven gezahlt wird, ist nichts als der antizipierte und kapitalisierte Mehrwert oder Profit, der aus ihm herausgeschlagen werden soll. Aber das im Ankauf des Sklaven gezahlte Kapital gehört nicht zu dem Kapital, wodurch Profit, Mehrarbeit, aus dem Sklaven extrahiert wird. Umgekehrt. Es ist Kapital, dessen sich der Sklavenbesitzer entäußert hat, Abzug von dem Kapital, worüber er in der wirklichen Produktion verfügt. Es hat aufgehört, für ihn zu existieren, ganz wie das im Ankauf des Bodens ausgelegte Kapital aufgehört hat, für die Agrikultur zu existieren. Der beste Beweis ist, daß es für den Sklavenbesitzer oder den Bodeneigner nur wieder in Existenz tritt, sobald er den Sklaven oder den Boden wieder verkauft. Dann tritt aber dasselbe Verhältnis für den Käufer ein. Der Umstand, daß er den Sklaven gekauft hat, befähigt ihn noch nicht ohne weiteres, den Sklaven zu exploitieren. Dazu ist er erst befä-

higt durch ferneres Kapital, das er in die Sklavenwirtschaft selbst steckt.

Dasselbe Kapital existiert nicht zweimal, das eine Mal in der Hand des Verkäufers, das andre Mal in der Hand des Käufers des Bodens. Es geht aus der Hand des Käufers in die des Verkäufers über, und damit ist die Sache zu Ende. Der Käufer hat jetzt kein Kapital, sondern an seiner Stelle ein Grundstück. Der Umstand, daß nun die aus der wirklichen Anlage von Kapital in diesem Grundstück erzielte Rente von dem neuen Grundeigentümer berechnet wird als Zins des Kapitals, das er nicht im Boden angelegt, sondern zum Erwerb des Bodens weggegeben hat, ändert an der ökonomischen Natur des Faktors Boden nicht das geringste, sowenig wie der Umstand, daß jemand 1.000 Pfd.St. für dreiprozentige Konsols gezahlt hat, irgend etwas zu tun hat mit dem Kapital, aus dessen Revenue die Zinsen der Staatsschuld gezahlt werden.

In der Tat ist das für den Ankauf des Bodens, ganz wie das im Ankauf von Staatspapieren verausgabte Geld nur an sich Kapital, wie jede Wertsumme auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise an sich Kapital, potentielles Kapital ist. Was für den Boden gezahlt worden ist, wie für die <818> Staatsfonds, wie für andre gekaufte Waren, ist eine Geldsumme. Diese ist an sich Kapital, weil sie in Kapital verwandelt werden kann.

Es hängt ab von dem Gebrauch, den der Verkäufer davon macht, ob das von ihm erhaltne Geld sich wirklich in Kapital verwandelt oder nicht. Für den Käufer kann es nie mehr als solches fungieren, sowenig wie jedes andre Geld, das er definitiv verausgabt hat. In seiner Berechnung figuriert es für ihn als zinstragendes Kapital, weil er die Einnahme, die er als Rente vom Boden oder als Schuldzins vom Staat erhält, als Zins des Geldes berechnet, das ihm der Ankauf des Titels auf diese Revenue gekostet hat. Als Kapital kann er es nur realisieren durch den Wiederverkauf. Dann tritt aber ein andrer, der neue Käufer, in dasselbe Verhältnis, worin jener war, und durch keinen Wechsel der Hände kann das so verausgabte Geld sich für den Verausgaber in wirkliches Kapital verwandeln.

Beim kleinen Grundeigentum befestigt sich noch viel mehr die Illusion, daß der Boden selbst Wert hat und daher als Kapital in den Produktionspreis des Produkts eingeht, ganz wie eine Maschine oder ein Rohstoff.

Man hat aber gesehn, daß nur in zwei Fällen die Rente und daher die kapitalisierte Rente, der Bodenpreis, bestimmend in den Preis des Bodenprodukts eingehn kann. Erstens, wenn der Wert des Bodenprodukts infolge der Zusammensetzung des agrikolen Kapitals - eines Kapitals, welches nichts gemein hat mit dem für den Ankauf des Bodens ausgelegten Kapital - über seinem Produktionspreis steht und die Marktverhältnisse den Grundeigentümer befähigen, diese Differenz zu verwerten. Zweitens, wenn Monopolpreis stattfindet.

Und beides ist am wenigsten der Fall bei der Parzellenwirtschaft und dem kleinen Grundeigentum, weil gerade hier die Produktion zum sehr großen Teil den Selbstbedarf befriedigt und unabhängig von der Regulierung durch die allgemeine Profitrate erfolgt. Selbst wo die Parzellenwirtschaft auf gepachtetem Boden betrieben wird, umfaßt das Pachtgeld weit mehr als unter irgendwelchen andern Verhältnissen einen Teil des Profits und selbst einen Abzug vom Arbeitslohn; es ist dann nur nominell Rente, nicht Rente als eine selbständige Kategorie gegenüber Arbeitslohn und Profit.

Die Ausgabe von Geldkapital für Ankauf des Bodens ist also keine Anlage von agrikolem Kapital. Sie ist pro tanto eine Verminderung des Kapitals, über das die Kleinbauern in ihrer Produktionssphäre selbst verfügen können. Sie vermindert pro tanto den Umfang ihrer Produktionsmittel und verengert daher die ökonomische 1245

DAS KAPITAL

Basis der Reproduktion. Sie unterwirft den Kleinbauer dem Wucher, da in dieser Sphäre überhaupt weniger eigentlicher Kredit vorkommt. Sie ist ein Hemmnis der Agrikultur, auch wo dieser <819> Kauf bei großen Gutswirtschaften stattfindet. Sie widerspricht in der Tat der kapitalistischen Produktionsweise, der die Verschuldung des Grundeigentümers, ob er sein Gut geerbt oder gekauft hat, im ganzen gleichgültig ißt. Ob er die Rente selbst einsteckt oder sie wieder an Hypothekargläubiger wegzahlen muß, ändert an der Bewirtschaftung des verpachteten Landguts selbst an sich nichts.

Man hat gesehn, daß bei gegebner Grundrente der Bodenpreis reguliert ist durch den Zinsfuß. Ist dieser niedrig, so ist der Bodenpreis hoch und umgekehrt. Normal also müßten hoher Bodenpreis und niedriger Zinsfuß zusammengehn, so daß, wenn der Bauer infolge des niedrigen Zinsfußes den Boden hoch zahlte, derselbe niedrige Zinsfuß ihm auch zu günstigen Bedingungen Betriebskapital auf Kredit verschaffen müßte. In der Wirklichkeit verhält sich die Sache anders bei vorherrschendem Parzelleneigentum. Zunächst passen auf den Bauern die allgemeinen Gesetze des Kredits nicht, da diese den Produzenten als Kapitalisten voraussetzen.

Zweitens, wo das Parzelleneigentum vorherrscht - von Kolonien ist hier nicht die Rede - und der Parzellenbauer den Grundstock der Nation bildet, ist die Kapitalbildung. d.h. die gesellschaftliche Reproduktion relativ schwach und noch schwächer die Bildung von leihbarem Geldkapital in dem früher entwickelten Sinn. Diese setzt voraus Konzentration und die Existenz einer Klasse reicher müßiger Kapitalisten (Massie). Drittens, hier wo das Eigentum am Boden eine Lebensbedingung für den größten Teil der Produzenten bildet und ein unentbehrliches Anlagefeld für ihr Kapital, wird der Bodenpreis gesteigert, unabhängig vom Zinsfuß und oft im umgekehrten Verhältnis zu ihm, durch das Übergewicht der Nachfrage nach Grundeigentum über das Angebot. In Parzellen verkauft, bringt der Boden hier einen weit höhern Preis als beim Verkauf großer Massen, weil hier die Zahl der kleinen Käufer groß und die der großen Käufer klein ist (Bandes Noires, Rubichon; Newman). Aus allen diesen Gründen steigt hier der Bodenpreis bei relativ hohem Zinsfuß. Dem relativ niedrigen Zins, den der Bauer hier aus dem im Ankauf des Bodens ausgelegten Kapital zieht (Mounier), entspricht hier auf der entgegengesetzten Seite der hohe Wucherzinsfuß, den er selbst seinen Hypothekargläubigern zu zahlen hat. Das irische System zeigt dieselbe Sache, nur in einer anderen Form.

Dies der Produktion an sich fremde Element, der Bodenpreis, kann hier daher zu einer Höhe steigen, worin er die Produktion unmöglich macht. (Dombasle.)

Daß der Bodenpreis eine solche Rolle spielt, daß Kauf und Verkauf von Land, Zirkulieren von Land als Wa-re, sich zu diesem Umfang entwickelt, <820> ist praktisch Folge der Entwickelung der kapitalistischen Produktionsweise, soweit die Ware hier die allgemeine Form alles Produkts und aller Produktionsinstrumente wird. Andrerseits findet diese Entwicklung nur statt, wo sich die kapitalistische Produktionsweise nur beschränkt entwickelt und nicht alle ihre Eigentümlichkeiten entfaltet; weil sie gerade darauf beruht, daß der Ackerbau nicht mehr, oder noch nicht, der kapitalistischen Produktionsweise, sondern einer, aus unterge-gangnen Gesellschaftsformen überkommenen Produktionsweise unterworfen ist. Die Nachteile der kapitalistischen Produktionsweise, mit ihrer Abhängigkeit des Produzenten vom Geldpreis seines Produkts, fallen hier also zusammen mit den Nachteilen, die aus der unvollkommenen Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise hervorgehn. Der Bauer wird Kaufmann und Industrieller ohne die Bedingungen, unter denen er sein Produkt als Ware produzieren kann.

Der Konflikt zwischen dem Bodenpreis als Element des Kostpreises für den Produzenten und Nichtelement des Produktionspreises für das Produkt (selbst wenn die Rente bestimmend in den Preis des Bodenprodukts eingeht, geht die kapitalisierte Rente, die für 20 oder mehr Jahre vorgeschossen wird, auf keinen Fall bestimmend darin ein) ist nur eine der Formen, worin sich überhaupt der Widerspruch des Privateigentums am Boden mit einer rationellen Agrikultur, mit normaler gesellschaftlicher Benutzung des Bodens darstellt. Andrerseits ist aber Privateigentum am Boden, daher Expropriation der unmittelbaren Produzenten vom Boden -

Privateigentum der einen, das das Nichteigentum der andern am Boden einbegreift - Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise.

Hier, bei der kleinen Kultur, tritt der Bodenpreis, Form und Resultat des Privateigentums am Boden, als Schranke der Produktion selbst auf. Bei der großen Agrikultur und dem auf kapitalistischer Betriebsweise beruhenden großen Grundeigentum tritt das Eigentum ebenso als Schranke auf, weil es den Pächter in der produktiven Kapitalanlage beschränkt, die in letzter Instanz nicht ihm, sondern dem Grundeigentümer zugut kommt. Bei beiden Formen tritt an die Stelle selbstbewußter rationeller Behandlung des Bodens als des gemeinschaftlichen ewigen Eigentums, der unveräußerlichen Existenz- und Reproduktionsbedingung der Kette 1246

DAS KAPITAL

sich ablösender Menschengeschlechter, die Exploitation und Vergeudung der Bodenkräfte (abgesehn von der Abhängigmachung der Exploitation, nicht von der erreichten Höhe der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern von den zufälligen, ungleichen Umständen der einzelnen Produzenten). Bei dem kleinen Eigentum geschieht dies aus Mangel an Mitteln und Wissenschaft zur Anwendung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Bei dem großen durch <821> Exploitation dieser Mittel zur möglichst raschen Bereicherung von Pächter und Eigentümer. Bei beiden durch die Abhängigkeit vom Marktpreis.

Alle Kritik des kleinen Grundeigentums löst sich in letzter Instanz auf in Kritik des Privateigentums als Schranke und Hindernis der Agrikultur. So auch alle Gegenkritik des großen Grundeigentums. Von politischen Nebenrücksichten wird hier natürlich in beiden Fällen abgesehn. Diese Schranke und dies Hindernis, welche alles Privateigentum am Boden der agrikolen Produktion und der rationellen Behandlung, Erhaltung und Verbesserung des Bodens selbst entgegensetzt, entwickelt sich hüben und drüben nur in verschiednen Formen, und im Zank über diese spezifischen Formen des Übels wird sein letzter Grund vergessen.

Das kleine Grundeigentum setzt voraus, daß die bei weitem überwiegende Majorität der Bevölkerung ländlich ist und nicht die gesellschaftliche, sondern die isolierte Arbeit vorherrscht; daß daher der Reichtum und die Entwicklung der Reproduktion, sowohl ihrer materiellen wie geistigen Bedingungen, unter solchen Umständen ausgeschlossen ist, daher auch die Bedingungen einer rationellen Kultur. Auf der anderen Seite reduziert das große Grundeigentum die agrikole Bevölkerung auf ein beständig sinkendes Minimum und setzt ihr eine beständig wachsende, in großen Städten zusammengedrängte Industriebevölkerung entgegen; es erzeugt dadurch Bedingungen, die einen unheilbaren Riß hervorrufen in dem Zusammenhang des gesellschaftlichen und durch die Naturgesetze des Lebens vorgeschriebnen Stoffwechsels, infolge wovon die Bodenkraft verschleudert und diese Verschleuderung durch den Handel weit über die Grenzen des eignen Landes hinausge-tragen wird. (Liebig.)

Wenn das kleine Grundeigentum eine halb außerhalb der Gesellschaft stehende Klasse von Barbaren schafft, die alle Roheit primitiver Gesellschaftsformen mit allen Qualen und aller Misere zivilisierter Länder verbindet, so untergräbt das große Grundeigentum die Arbeitskraft in der letzten Region, wohin sich ihre naturwüchsige Energie flüchtet, und wo sie als Reservefonds für die Erneuerung der Lebenskraft der Nationen sich aufspeichert, auf dem Lande selbst. Große Industrie und industriell betriebene große Agrikultur wirken zusammen.

Wenn sie sich ursprünglich dadurch scheiden, daß die erste mehr die Arbeitskraft und daher die Naturkraft des Menschen, die letztere mehr direkt die Naturkraft des Bodens verwüstet und ruiniert, so reichen sich später im Fortgang beide die Hand, indem das industrielle System auf dem Land auch die Arbeiter entkräftet und Industrie und Handel ihrerseits der Agrikultur die Mittel zur Erschöpfung des Bodens verschaffen.

Fußnoten

(42a) A. Smith hebt hervor, wie zu seiner Zeit (und dies gilt auch für die unsrige mit Bezug auf die Plantagenwirtschaft in tropischen und subtropischen Ländern) Rente und Profit sich noch nicht geschieden haben, indem der Grundeigentümer zugleich der Kapitalist ist, wie Cato es z.B. auf seinen Gütern war. Diese Scheidung ist aber gerade die Voraussetzung der kapitalistischen Produktionsweise, mit deren Begriff die Basis der Sklaverei zudem überhaupt im Widerspruch steht.

(43) Herr Mommsen in seiner Römischen Geschichte faßt das Wort Kapitalist durchaus nicht im Sinn der modernen Ökonomie und der modernen Gesellschaft, sondern in der Weise der populären Vorstellung, wie sie nicht in England oder Amerika, sondern auf dem Kontinent als altertümliche Tradition vergangner Zu-stände noch fortwuchert.

(44) Nach Eroberung des Landes war immer das nächste für die Eroberer, sich auch die Menschen anzueignen. Vgl. Linguet. Siehe auch Möser.

(44a) Vgl. Buret, Tocqueville, Sismondi.

1247

DAS KAPITAL

(45) S. die Thronrede des Königs von Frankreich bei Tooke.

(46) Sieh Mounier und Rubichon.

(47) Herr Dr. H. Maron ("Extensiv oder Intensiv?", {Näheres über diese Broschüre nicht angegeben.}) geht aus von der falschen Voraussetzung derer, die er bekämpft. Er nimmt an, daß das im Ankauf des Bodens angelegte Kapital "Anlagekapital" sei, und streitet nun über die resp. Begriffsbestimmungen von Anlagekapital und Betriebskapital, d.h. von fixem und zirkulierendem Kapital. Seine ganz schülerhaften Vorstellungen von Kapital überhaupt, übrigens zu entschuldigen bei einem Nicht-Ökonomen durch den Zustand der deutschen "Volkswirtschaftslehre", verbergen ihm, daß dies Kapital weder Anlage- noch Betriebskapital ist; sowenig wie das Kapital, das jemand an der Börse im Ankauf von Aktien oder Staatspapieren anlegt und das für ihn persönlich Kapitalanlage vorstellt, in irgendeinem Produktionszweig "angelegt" wird.

1248

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Die trinitarische Formel

I

<822> Kapital - Profit (Unternehmergewinn plus Zins), Boden - Grundrente, Arbeit - Arbeitslohn, dies ist die trinitarische Form, die alle Geheimnisse des gesellschaftlichen Produktionsprozesses einbegreift.

Da ferner, wie früher gezeigt <Siehe vorl. Band, >, der Zins als das eigentliche, charakteristische Produkt des Kapitals und der Unternehmergewinn im Gegensatz dazu als vom Kapital unabhängiger Arbeitslohn erscheint, reduziert sich jene trinitarische Form näher auf diese:

Kapital - Zins, Boden - Grundrente, Arbeit - Arbeitslohn, wo der Profit, die die kapitalistische Produktionsweise spezifisch charakterisierende Form des Mehrwerts, glücklich beseitigt ist.

Sieht man sich nun diese ökonomische Dreieinigkeit näher an, so findet man:

Erstens, die angeblichen Quellen des jährlich disponiblen Reichtums gehören ganz disparaten Sphären an und haben nicht die geringste Analogie untereinander. Sie verhalten sich gegenseitig etwa wie Notariatsgebühren, rote Rüben und Musik.

Kapital, Boden, Arbeit! Aber das Kapital ist kein Ding, sondern ein bestimmtes, gesellschaftliches, einer bestimmten historischen Gesellschaftsformation angehöriges Produktionsverhältnis, das sich an einem Ding darstellt und diesem Ding einen spezifischen gesellschaftlichen Charakter gibt.

<823> Das Kapital ist nicht die Summe der materiellen und produzierten Produktionsmittel. Das Kapital, das sind die in Kapital verwandelten Produktionsmittel, die an sich so wenig Kapital sind, wie Gold oder Silber an sich Geld ist. Es sind die von einem bestimmten Teil der Gesellschaft monopolisierten Produktionsmittel, die der lebendigen Arbeitskraft gegenüber verselbständigten Produkte und Betätigungsbedingungen eben dieser Arbeitskraft, die durch diesen Gegensatz im Kapital personifiziert werden. Es sind nicht nur die, in selbständige Mächte verwandelten Produkte der Arbeiter, die Produkte als Beherrscher und Käufer ihrer Produzenten, sondern es sind auch die gesellschaftlichen Kräfte und die zukünftige ... {? unleserlich}

Form <Wir entziffern: die gesellschaftlichen Kräfte und zusammenhängende Form> dieser Arbeit, die als Eigenschaften ihres Produkts ihnen gegenübertreten. Also hier haben wir eine bestimmte, auf den ersten Blick sehr mystische, gesellschaftliche Form eines der Faktoren eines historisch fabrizierten gesellschaftlichen Produktionsprozesses.

Und nun daneben den Boden, die unorganische Natur als solche, rudis indigestaque moles <eine rohe ver-worrene Masse> in ihrer ganzen Waldursprünglichkeit. Wert ist Arbeit. Mehrwert kann daher nicht Erde sein.

Absolute Fruchtbarkeit des Bodens bewirkt nichts, als daß ein gewisses Quantum Arbeit ein gewisses, von der natürlichen Fruchtbarkeit des Bodens bedingtes Produkt gibt. Die Differenz in der Fruchtbarkeit des Bodens bewirkt, daß dieselben Mengen von Arbeit und Kapital, also derselbe Wert, sich in verschiednen Mengen von Bodenprodukten ausdrückt; daß diese Produkte also verschiedne individuelle Werte haben. Die Ausgleichung dieser individuellen Werte zu Marktwerten bewirkt, daß die

"advantages of fertile over inferior soil ... are transferred from the cultivator or consumer to the landlord".

<"Vorteile von fruchtbarem über minderwertigen Boden ... vom Bebauer oder dem Konsumenten auf den Grundeigentümer übertragen werden"> Ricardo, "Principles", p. 62.)

Und endlich als Dritten im Bunde ein bloßes Gespenst - "die" Arbeit, die nichts ist als eine Abstraktion und für sich genommen überhaupt nicht existiert oder wenn wir die .... {unleserlich} nehmen <wir entziffern: wenn wir das Gemeinte nehmen>, die produktive Tätigkeit des Menschen überhaupt, wodurch er den Stoffwechsel mit der Natur vermittelt, entkleidet nicht nur jeder gesellschaftlichen Form und Charakterbestimmt-heit, sondern selbst in ihrem bloßen Naturdasein, unabhängig von der Gesellschaft, allen Gesellschaften ent-hoben und als <824> Lebensäußerung und Lebensbewährung dem überhaupt noch nicht gesellschaftlichen Menschen gemeinsam mit dem irgendwie gesellschaftlich bestimmten.

II

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DAS KAPITAL

Kapital - Zins; Grundeigentum, Privateigentum am Erdball, und zwar modernes, der kapitalistischen Produktionsweise entsprechendes - Rente; Lohnarbeit - Arbeitslohn. In dieser Form soll also Zusammenhang zwischen den Quellen der Revenue bestehn. Wie das Kapital, so sind Lohnarbeit und Grundeigentum geschichtlich bestimmte gesellschaftliche Formen; die eine der Arbeit, das andre des monopolisierten Erdballs, und zwar sind sie beide dem Kapital entsprechende und derselben ökonomischen Gesellschaftsformation angehö-

rende Formen.

Das erste Auffällige an dieser Formel ist, daß neben dem Kapital, neben dieser, einer bestimmten Produktionsweise, einer bestimmten historischen Gestalt des gesellschaftlichen Produktionsprozesses angehörigen Form eines Produktionselements, neben einem Produktionselement verquickt mit und dargestellt in einer bestimmten sozialen Form, ohne weitres rangiert werden: die Erde auf der einen Seite, die Arbeit auf der andern, zwei Elemente des realen Arbeitsprozesses, die in dieser stofflichen Form allen Produktionsweisen gemeinsam, die die stofflichen Elemente jedes Produktionsprozesses sind und mit der gesellschaftlichen Form desselben nichts zu schaffen haben.

Zweitens. In der Formel: Kapital - Zins, Erde - Bodenrente, Arbeit - Arbeitslohn, erscheinen Kapital, Erde, Arbeit, respektive als Quellen von Zins (statt Profit), Grundrente und Arbeitslohn als ihren Produkten, Früchten; sie der Grund, jene die Folge, sie die Ursache, jene die Wirkung; und zwar so, daß jede einzelne Quelle auf ihr Produkt als das von ihr Abgestoßene und Produzierte bezogen ist. Alle drei Einkommen, Zins (statt Profit), Rente, Arbeitslohn, sind drei Teile vom Wert des Produkts, also überhaupt Wertteile, oder in Geld ausgedrückt, gewisse Geldteile, Preisteile. Die Formel: Kapital - Zins, ist nun zwar die begriffsloseste Formel des Kapitals, aber sie ist eine Formel desselben. Aber wie soll die Erde einen Wert, d.h. ein gesellschaftlich bestimmtes Quantum Arbeit schaffen, und nun gar den besondren Wertteil ihrer eignen Produkte, der die Rente bildet? Die Erde ist z.B. als Produktionsagent bei der Herstellung eines Gebrauchswerts, eines materiellen Produkts, des Weizens, tätig. Aber sie hat nichts zu tun mit der Produktion des Weizenwerts. Soweit sich Wert im Weizen darstellt, wird der Weizen nur als ein bestimmtes Quantum vergegenständlichter gesell- <825> schaftlicher Arbeit betrachtet, ganz gleichgültig gegen den besondren Stoff, worin sich diese Arbeit darstellt, oder den besondren Gebrauchswert dieses Stoffs. Es widerspricht dem nicht, 1. daß bei sonst gleichen Umständen die Wohlfeilheit oder Teuerkeit des Weizens von der Produktivität der Erde abhängt.

Die Produktivität der agrikolen Arbeit ist an Naturbedingungen geknüpft, und je nach der Produktivität derselben stellt sich dasselbe Quantum Arbeit in viel oder wenig Produkten, Gebrauchswerten dar. Wie groß das Quantum Arbeit ist, das sich in einem Scheffel darstellt, hängt ab von der Masse der Scheffel, die dasselbe Quantum Arbeit liefert. Es hängt hier von der Produktivität der Erde ab, in welchen Mengen von Produkt der Wert sich darstellt; aber dieser Wert ist gegeben, unabhängig von dieser Verteilung. Wert stellt sich in Gebrauchswert dar; und Gebrauchswert ist eine Bedingung der Wertschöpfung; aber es ist Narrheit, einen Gegensatz zu bilden, wo auf der einen Seite ein Gebrauchswert, die Erde, steht und auf der andern ein Wert, und noch dazu ein besondrer Wertteil. 2. {Hier bricht das Ms. ab.}

III

Die Vulgärökonomie tut in der Tat nichts, als die Vorstellungen der in den bürgerlichen Produktionsverhältnissen befangenen Agenten dieser Produktion doktrinär zu verdolmetschen, zu systematisieren und zu apolo-getisieren. Es darf uns also nicht wundernehmen, daß sie gerade in der entfremdeten Erscheinungsform der ökonomischen Verhältnisse, worin diese prima facie abgeschmackt und vollkommene Widersprüche sind -

und alle Wissenschaft wäre überflüssig, wenn die Erscheinungsform und das Wesen der Dinge unmittelbar zusammenfielen -, wenn gerade hier die Vulgärökonomie sich vollkommen bei sich selbst fühlt und ihr diese Verhältnisse um so selbstverständlicher erscheinen, je mehr der innere Zusammenhang an ihnen verborgen ist, sie aber der ordinären Vorstellung geläufig sind. Daher hat sie nicht die geringste Ahnung darüber, daß die Trinität, von der sie ausgeht: Grund und Boden - Rente, Kapital - Zins, Arbeit - Arbeitslohn oder Preis der Arbeit drei prima facie unmögliche Kompositionen sind. Erst haben wir den Gebrauchswert Boden, der keinen Wert hat, und den Tauschwert Rente: so daß ein soziales Verhältnis, als Ding gefaßt, zur Natur in eine Proportion gesetzt ist; also zwei inkommensurable Größen, die ein Verhältnis zueinander haben sollen. Dann Kapital - Zins. Wird das Kapital als eine gewisse, in Geld selbständig dargestellte Wertsumme gefaßt, so ist es prima facie Unsinn, daß ein Wert mehr Wert sein soll, als er wert ist. Gerade in der Form: Kapital - Zins fällt alle Vermittlung fort, und ist das <826> Kapital auf seine allgemeinste, aber darum auch aus sich selbst unerklärliche und absurde Formel reduziert. Ebendarum zieht der Vulgärökonom die Formel Kapital - Zins, mit 1250

DAS KAPITAL

der okkulten Qualität eines Werts, sich selbst ungleich zu sein, der Formel Kapital - Profit vor, weil hier schon dem wirklichen Kapitalverhältnis nähergekommen wird. Dann wieder, in dem unruhigen Gefühl, daß 4

nicht 5 ist und daher 100 Taler unmöglich 110 Taler sein können, flüchtet er vom Kapital als Wert zur stoffl ichen Substanz des Kapitals; zu seinem Gebrauchswert als Produktionsbedingung der Arbeit, Maschinerie, Rohstoff etc. So gelingt es dann wieder, statt des unbegreiflichen ersten Verhältnisses, wonach 4 = 5, ein ganz inkommensurables herauszubringen zwischen einem Gebrauchswert, einem Ding auf der einen Seite, und einem bestimmten gesellschaftlichen Produktionsverhältnis, dem Mehrwert, auf der andern; wie beim Grundeigentum. Sobald er bei diesem Inkommensurablen angelangt, wird dem Vulgärökonomen alles klar, und fühlt er nicht mehr das Bedürfnis, weiter nachzudenken. Denn er ist eben beim "Rationale" der Bürgervor-stellung angelangt. Endlich, Arbeit - Arbeitslohn, Preis der Arbeit, ist, wie in Buch I <Siehe Band 23, S. 557-564> nachgewiesen, ein Ausdruck, der prima facie dem Begriff des Werts widerspricht und ebenso dem des Preises, der allgemein selbst nur ein bestimmter Ausdruck des Werts ist; und "Preis der Arbeit" ist ebenso irrationell wie ein gelber Logarithmus. Aber hier ist der Vulgärökonom erst recht befriedigt, da er nun bei der tiefen Einsicht des Bürgers angelangt ist, daß er Geld für die Arbeit zahlt, und da grade der Widerspruch der Formel gegen den Begriff des Werts ihn der Verpflichtung überhebt, den letztren zu begreifen.

Wir haben gesehn, daß der kapitalistische Produktionsprozeß eine geschichtlich bestimmte Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses überhaupt ist. Dieser letztere ist sowohl Produktionsprozeß der materiellen Existenzbedingungen des menschlichen Lebens wie ein in spezifischen, historisch-ökonomischen Produktionsverhältnissen vor sich gehender, diese Produktionsverhältnisse selbst und damit die Träger dieses Prozesses, ihre materiellen Existenzbedingungen und ihre gegenseitigen Verhältnisse, d.h. ihre bestimmte ökonomische Gesellschaftsform produzierender und reproduzierender Prozeß. Denn das Ganze dieser Beziehungen, worin sich die <827> Träger dieser Produktion zur Natur und zueinander befinden, worin sie produzieren, dies Ganze ist eben die Gesellschaft, nach ihrer ökonomischen Struktur betrachtet. Wie alle seine Vorgänger, geht der kapitalistische Produktionsprozeß unter bestimmten materiellen Bedingungen vor sich, die aber zugleich Träger bestimmter gesellschaftlicher Verhältnisse sind, welche die Individuen im Prozeß ihrer Lebensreproduktion eingehn. Jene Bedingungen, wie diese Verhältnisse, sind einerseits Voraussetzungen, andrerseits Resultate und Schöpfungen des kapitalistischen Produktionsprozesses; sie werden von ihm produziert und reproduziert. Wir sahen ferner: das Kapital - und der Kapitalist ist nur das personifizierte Kapital, fungiert im Produktionsprozeß nur als Träger des Kapitals -, also das Kapital pumpt in dem ihm entsprechenden gesellschaftlichen Produktionsprozeß ein bestimmtes Quantum Mehrarbeit aus den unmittelbaren Produzenten oder Arbeitern heraus, Mehrarbeit, die jenes ohne Äquivalent erhält und die ihrem Wesen nach immer Zwangsarbeit bleibt, wie sehr sie auch als das Resultat freier kontraktlicher Übereinkunft erscheinen mag. Diese Mehrarbeit stellt sich dar in einem Mehrwert, und dieser Mehrwert existiert in einem Mehrprodukt. Mehrarbeit überhaupt, als Arbeit über das Maß der gegebnen Bedürfnisse hinaus, muß immer bleiben. Im kapitalistischen wie im Sklavensystem usw. hat sie nur eine antagonistische Form und wird er-gänzt durch reinen Müßiggang eines Teils der Gesellschaft. Ein bestimmtes Quantum Mehrarbeit ist erheischt durch die Assekuranz gegen Zufälle, durch die notwendige, der Entwicklung der Bedürfnisse und dem Fortschritt der Bevölkerung entsprechende, progressive Ausdehnung des Reproduktionsprozesses, was vom kapitalistischen Standpunkt aus Akkumulation heißt. Es ist eine der zivilisatorischen Seiten des Kapitals, daß es diese Mehrarbeit in einer Weise und unter Bedingungen erzwingt, die der Entwicklung der Produktivkräfte, der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Schöpfung der Elemente für eine höhere Neubildung vorteilhafter sind als unter den frühern Formen der Sklaverei, Leibeigenschaft usw. Es führt so einerseits eine Stufe herbei, wo der Zwang und die Monopolisierung der gesellschaftlichen Entwicklung (einschließlich ihrer materiellen und intellektuellen Vorteile) durch einen Teil der Gesellschaft auf Kosten des andern wegfällt; andrerseits schafft sie die materiellen Mittel und den Keim zu Verhältnissen, die in einer höhern Form der Gesellschaft erlauben, diese Mehrarbeit zu verbinden mit einer größern Beschränkung der der materiellen Arbeit überhaupt gewidmeten Zeit. Denn die Mehrarbeit kann, je nach der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, groß sein bei kleinem Gesamtarbeitstag und relativ klein bei großem Gesamtarbeitstag. Ist die not- <828> wendige Arbeitszeit = 3 und die Mehrarbeit = 3, so ist der Gesamtarbeitstag = 6 und die Rate der Mehrarbeit

= 100%. Ist die notwendige Arbeit = 9 und die Mehrarbeit = 3, so der Gesamtarbeitstag = 12 und die Rate der Mehrarbeit nur = 331/3%. Sodann aber hängt es von der Produktivität der Arbeit ab, wieviel Gebrauchswert in bestimmter Zeit, also auch in bestimmter Mehrarbeitszeit hergestellt wird. Der wirkliche Reichtum der Gesellschaft und die Möglichkeit beständiger Erweiterung ihres Reproduktionsprozesses hängt also nicht ab von der Länge der Mehrarbeit, sondern von ihrer Produktivität und von den mehr oder minder reichhalti-1251

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gen Produktionsbedingungen, worin sie sich vollzieht. Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört; es liegt also der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen materiellen Produktion. Wie der Wilde mit der Natur ringen muß, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, um sein Leben zu erhalten und zu reproduzieren, so muß es der Zivilisierte, und er muß es in allen Gesellschaftsformen und unter allen möglichen Produktionsweisen. Mit seiner Entwicklung erweitert sich dies Reich der Naturnotwendigkeit, weil die Bedürfnisse; aber zugleich erweitern sich die Produktivkräfte, die diese befriedigen. Die Freiheit in diesem Gebiet kann nur darin bestehn, daß der vergesellschaftete Mensch, die assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden; ihn mit dem geringsten Kraftaufwand und unter den ihrer menschlichen Natur würdigsten und adäquatesten Bedingungen vollziehn. Aber es bleibt dies immer ein Reich der Notwendigkeit.

Jenseits desselben beginnt die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt, das wahre Reich der Freiheit, das aber nur auf jenem Reich der Notwendigkeit als seiner Basis aufblühn kann. Die Verkürzung des Arbeitstags ist die Grundbedingung.

In der kapitalistischen Gesellschaft verteilt sich dieser Mehrwert oder dies Mehrprodukt - wenn wir von den zufälligen Schwankungen der Verteilung absehn und ihr regelndes Gesetz, ihre normierenden Grenzen betrachten - unter den Kapitalisten als Dividende im Verhältnis zu der Quote, die jedem vom gesellschaftlichen Kapital gehört. In dieser Gestalt erscheint der Mehrwert als der Durchschnittsprofit, der dem Kapital zufällt, ein Durchschnittsprofit, der sich selbst wieder in Unternehmergewinn und Zins spaltet und unter diesen beiden Kategorien verschiednen Sorten von Kapitalisten zufallen kann. Diese Aneignung und Verteilung des Mehrwerts resp. Mehrprodukts durch das Kapital besitzt jedoch ihre Schranke <829> am Grundeigentum.

Wie der fungierende Kapitalist die Mehrarbeit und damit unter der Form des Profits den Mehrwert und das Mehrprodukt aus dem Arbeiter auspumpt, so pumpt der Grundeigentümer einen Teil dieses Mehrwerts oder Mehrprodukts wieder dem Kapitalisten aus, unter der Form der Rente, nach früher entwickelten Gesetzen.

Wenn wir also hier vom Profit als dem dem Kapital zufallenden Anteil des Mehrwerts sprechen, so meinen wir den Durchschnittsprofit (gleich Unternehmergewinn plus Zins), der durch den Abzug der Rente vom Gesamtprofit (in seiner Masse identisch mit dem Gesamtmehrwert) bereits beschränkt ist; der Abzug der Rente ist vorausgesetzt. Kapitalprofit (Unternehmergewinn plus Zins) und Grundrente sind also nichts als besondre Bestandteile des Mehrwerts, Kategorien, worin dieser, je nach seinem Anheimfall an das Kapital oder das Grundeigentum, unterschieden wird, Rubriken, die aber an seinem Wesen nichts ändern. Zusammenaddiert bilden sie die Summe des gesellschaftlichen Mehrwerts. Das Kapital pumpt die Mehrarbeit, die sich im Mehrwert und Mehrprodukt darstellt, direkt aus den Arbeitern aus. Es kann also in diesem Sinn als Produzent des Mehrwerts betrachtet werden. Das Grundeigentum hat mit dem wirklichen Produktionsprozeß nichts zu schaffen. Seine Rolle beschränkt sich darauf, einen Teil des produzierten Mehrwerts aus der Tasche des Kapitals in seine eigne hinüberzuführen. Jedoch spielt der Grundeigentümer eine Rolle im kapitalistischen Produktionsprozeß, nicht nur durch den Druck, den er auf das Kapital ausübt, auch nicht bloß dadurch, daß großes Grundeigentum eine Voraussetzung und Bedingung der kapitalistischen Produktion, weil der Expropriation des Arbeiters von den Arbeitsbedingungen ist, sondern speziell dadurch, daß er als Personifikation einer der wesentlichsten Produktionsbedingungen erscheint.

Der Arbeiter endlich, als Eigentümer und Verkäufer seiner persönlichen Arbeitskraft, erhält unter dem Namen Arbeitslohn einen Teil des Produkts, worin sich der Teil seiner Arbeit darstellt, den wir notwendige Arbeit nennen, d.h. die zur Erhaltung und Reproduktion dieser Arbeitskraft notwendige Arbeit, seien die Bedingungen dieser Erhaltung und Reproduktion nun ärmlicher oder reicher, günstiger oder ungünstiger.

So disparat diese Verhältnisse nun sonst erscheinen mögen, sie haben alle eins gemein: Das Kapital wirft jahraus, jahrein dem Kapitalisten Profit ab, der Boden dem Grundeigentümer Grundrente und die Arbeitskraft - unter normalen Verhältnissen, und solange sie eine brauchbare Arbeitskraft bleibt - dem Arbeiter Arbeitslohn. Diese drei Wertteile des jährlich produzierten Gesamtwerts und die ihnen entsprechenden Teile des jährlich pro- <830> duzierten Gesamtprodukts können - wir sehn hier zunächst von der Akkumulation ab - von ihren respektiven Besitzern jährlich verzehrt werden, ohne daß die Quelle ihrer Reproduktion ver-siegt. Sie erscheinen als jährlich zu verzehrende Früchte eines perennierenden Baums oder vielmehr dreier Bäume, sie bilden das jährliche Einkommen dreier Klassen, des Kapitalisten, des Grundeigentümers und des Arbeiters, Revenuen, die der fungierende Kapitalist als der unmittelbare Auspumper der Mehrarbeit und Anwender der Arbeit überhaupt verteilt. Dem Kapitalisten erscheint sein Kapital, dem Grundeigentümer sein 1252

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Boden und dem Arbeiter seine Arbeitskraft oder vielmehr seine Arbeit selbst (da er die Arbeitskraft nur als sich äußernde wirklich verkauft und ihm der Preis der Arbeitskraft, wie früher gezeigt, auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise sich notwendig als Preis der Arbeit darstellt) so als drei verschiedne Quellen ihrer spezifischen Revenuen, des Profits, der Grundrente und des Arbeitslohns. Sie sind es in der Tat in dem Sinne, daß das Kapital für den Kapitalisten eine perennierende Pumpmaschine von Mehrarbeit, der Boden für den Grundeigentümer ein perennierender Magnet zur Anziehung eines Teils des vom Kapital ausgepumpten Mehrwerts und endlich die Arbeit die beständig sich erneuernde Bedingung und das stets sich erneuernde Mittel ist, um einen Teil des vom Arbeiter geschaffnen Werts und daher einen durch diesen Wertteil gemeß-

nen Teil des gesellschaftlichen Produkts, die notwendigen Lebensmittel, unter dem Titel des Arbeitslohns zu erwerben. Sie sind es ferner in dem Sinn, daß das Kapital einen Teil des Werts und daher des Produkts der jährlichen Arbeit in der Form des Profits, das Grundeigentum einen andern Teil in der Form der Rente und die Lohnarbeit einen dritten Teil in der Form des Arbeitslohns fixiert und grade durch diese Verwandlung umsetzt in die Revenuen des Kapitalisten, des Grundeigentümers und des Arbeiters, ohne aber die Substanz selbst zu schaffen, die sich in diese verschiednen Kategorien verwandelt. Die Verteilung setzt vielmehr diese Substanz als vorhanden voraus, nämlich den Gesamtwert des jährlichen Produkts, der nichts ist als vergege n-ständlichte gesellschaftliche Arbeit. Es ist jedoch nicht in dieser Form, daß sich die Sache den Produktions agenten, den Trägern der verschiednen Funktionen des Produktionsprozesses darstellt, sondern vielmehr in einer verkehrten Form. Warum dies geschieht, werden wir im Fortgang der Untersuchung weiter entwickeln.

Kapital, Grundeigentum und Arbeit erscheinen jenen Produktionsagenten als drei verschiedne, unabhängige Quellen, aus denen als solchen drei verschiedne Bestandteile des jährlich produzierten Werts - und daher des Produkts, worin er existiert - entspringen; aus denen also nicht nur die ver- <831> schiednen Formen dieses Werts als Revenuen, welche besondren Faktoren des gesellschaftlichen Produktionsprozesses zufallen, sondern dieser Wert selbst entspringt und damit die Substanz dieser Revenueformen.

{Hier fehlt ein Foliobogen im Ms.}

Differentialrente ist gebunden an die relative Fruchtbarkeit der Ländereien, also an Eigenschaften, die aus dem Boden als solchem entspringen. Aber soweit sie erstens beruht auf den verschiednen individuellen Werten der Produkte verschiedner Bodenarten, ist es nur die eben erwähnte Bestimmung; soweit sie zweitens beruht auf dem von diesen individuellen Werten unterschiednen, regulierenden allgemeinen Marktwert, ist es ein gesellschaftliches, vermittelst der Konkurrenz durchgeführtes Gesetz, das weder mit dem Boden noch mit den verschiednen Graden seiner Fruchtbarkeit etwas zu tun hat.

Es könnte scheinen, als wenn wenigstens in: "Arbeit - Arbeitslohn" ein rationelles Verhältnis ausgesprochen wäre. Aber dies ist ebensowenig der Fall wie mit: "Boden - Grundrente". Soweit die Arbeit wertbildend ist und sich im Wert der Waren darstellt, hat sie nichts zu tun mit der Verteilung dieses Werts unter verschiedne Kategorien. Soweit sie den spezifisch gesellschaftlichen Charakter der Lohnarbeit hat, ist sie nicht wertbildend. Es ist überhaupt früher gezeigt worden, daß Arbeitslohn oder Preis der Arbeit nur ein irrationeller Ausdruck für den Wert oder Preis der Arbeitskraft ist; und die bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen diese Arbeitskraft verkauft wird, haben mit der Arbeit als allgemeinem Produktionsagenten nichts zu schaffen. Die Arbeit vergegenständlicht sich auch in dem Wertbestandteil der Ware, der als Arbeitslohn den Preis der Arbeitskraft bildet; sie schafft diesen Teil ebensogut wie die andern Teile des Produkts; aber sie vergegenständlicht sich in diesem Teil nicht mehr und nicht anders als in den Teilen, die Rente oder Profit bilden. Und überhaupt, wenn wir die Arbeit als wertbildend fixieren, betrachten wir sie nicht in ihrer konkreten Gestalt als Produktionsbedingung, sondern in einer gesellschaftlichen Bestimmtheit, die von der der Lohnarbeit verschieden ist.

Selbst der Ausdruck: "Kapital - Profit" ist hier inkorrekt. Wenn das Kapital in der einzigen Beziehung gefaßt wird, worin es Mehrwert produziert, nämlich in seinem Verhältnis zum Arbeiter, worin es Mehrarbeit erpreßt durch den Zwang, den es auf die Arbeitskraft, d.h. auf den Lohnarbeiter ausübt, so umfaßt dieser Mehrwert außer Profit (Unternehmergewinn plus Zins) auch die Rente, kurz, den ganzen ungeteilten Mehrwert. Hier dagegen, als Quelle von Revenue, wird es nur auf den Teil in Beziehung gesetzt, der dem Kapitalisten anheimfällt. Es ist dies nicht der Mehr- <832> wert, den es überhaupt extrahiert, sondern nur der Teil, den es für den Kapitalisten extrahiert. Noch mehr fällt aller Zusammenhang fort, sobald sich die Formel verwandelt in die: "Kapital - Zins".

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Wenn wir erstens das Disparate der drei Quellen betrachteten, so jetzt zweitens, daß dagegen ihre Produkte, ihre Abkömmlinge, die Revenuen, alle derselben Sphäre, der des Werts angehören. Indes gleicht sich dies dadurch aus (dies Verhältnis nicht nur zwischen inkommensurablen Größen, sondern zwischen ganz ungleichmäßigen, unter sich beziehungslosen und unvergleichbaren Dingen), daß in der Tat das Kapital, gleich der Erde und der Arbeit, bloß seiner stofflichen Substanz nach, also einfach als produziertes Produktionsmittel genommen wird, wobei sowohl von ihm als Verhältnis zum Arbeiter wie von ihm als Wert abstrahiert wird.

Drittens. In diesem Sinn also bietet die Formel: Kapital - Zins (Profit), Erde - Rente, Arbeit - Arbeitslohn, gleichmäßige und symmetrische Inkongruität. In der Tat, indem die Lohnarbeit nicht als eine gesellschaftlich bestimmte Form der Arbeit, sondern alle Arbeit ihrer Natur nach als Lohnarbeit erscheint (sich dem in den kapitalistischen Produktionsverhältnissen Befangnen so vorstellt), fallen auch die bestimmten, spezifischen gesellschaftlichen Formen, welche die gegenständlichen Arbeitsbedingungen - die produzierten Produktionsmittel und die Erde - der Lohnarbeit gegenüber einnehmen (wie sie umgekehrt ihrerseits die Lohnarbeit voraussetzen), ohne weiteres zusammen mit dem stofflichen Dasein dieser Arbeitsbedingungen oder mit der Gestalt, die sie überhaupt im wirklichen Arbeitsprozeß besitzen, unabhängig von jeder geschichtlich bestimmten gesellschaftlichen, ja unabhängig von jeder gesellschaftlichen Form desselben. Die der Arbeit entfremdete, ihr gegenüber verselbständigte und somit verwandelte Gestalt der Arbeitsbedingungen, worin also die produzierten Produktionsmittel sich in Kapital verwandeln und die Erde in monopolisierte Erde, in Grundeigentum, diese einer bestimmten Geschichtsperiode angehörige Gestalt fällt daher zusammen mit dem Dasein und der Funktion der produzierten Produktionsmittel und der Erde im Produktionsprozeß überhaupt. Jene Produktionsmittel sind an und für sich, von Natur, Kapital; Kapital ist nichts als ein bloßer

"ökonomischer Name" für jene Produktionsmittel; und so ist die Erde an und für sich, von Natur, die von einer gewissen Zahl Grundeigentümer monopolisierte Erde. Wie im Kapital und Kapitalisten - der in der Tat nichts ist als das personifizierte Kapital - die Produkte eine selbständige Macht werden gegenüber den Produzenten, so wird im Grundeigentümer der Grund und Boden personifiziert, der sich ebenfalls auf die Hinter-füße stellt und als selbständige Macht seinen Anteil <833> fordert von dem mit seiner Hilfe erzeugten Produkt; so daß nicht der Boden den ihm gehörigen Teil des Produkts zu Ersatz und Steigerung seiner Produktivität erhält, sondern statt seiner der Grundeigentümer einen Anteil dieses Produkts zur Verschacherung und Verschwendung. Es ist klar, daß das Kapital die Arbeit als Lohnarbeit voraussetzt. Es ist aber ebenso klar, daß, wenn von der Arbeit als Lohnarbeit ausgegangen wird, so daß das Zusammenfallen der Arbeit überhaupt mit der Lohnarbeit selbstverständlich scheint, dann auch als natürliche Form der Arbeitsbedingungen, gegen-

über der Arbeit überhaupt, das Kapital und die monopolisierte Erde erscheinen müssen. Kapital zu sein erscheint nun als natürliche Form der Arbeitsmittel und daher als rein dinglicher und aus ihrer Funktion im Arbeitsprozeß überhaupt entspringender Charakter. Kapital und produziertes Produktionsmittel werden so identische Ausdrücke. Ebenso werden Erdboden und durch Privateigentum monopolisierter Erdboden identische Ausdrücke. Die Arbeitsmittel als solche, die von Natur Kapital sind, werden daher zur Quelle des Profits wie die Erde als solche zur Quelle der Rente.

Die Arbeit als solche, in ihrer einfachen Bestimmtheit als zweckmäßige produktive Tätigkeit, bezieht sich auf die Produktionsmittel, nicht in deren gesellschaftlicher Formbestimmtheit, sondern in ihrer stofflichen Substanz, als Material und Mittel der Arbeit, die sich ebenfalls nur stofflich, als Gebrauchswerte voneinander unterscheiden, die Erde als unproduziertes, die andren als produzierte Arbeitsmittel. Fällt also die Arbeit mit der Lohnarbeit zusammen, so fällt auch die bestimmte gesellschaftliche Form, worin die Arbeitsbedingungen nun der Arbeit gegenüberstehn, zusammen mit ihrem stofflichen Dasein. Die Arbeitsmittel sind dann als solche Kapital, und die Erde als solche ist Grundeigentum. Die formale Verselbständigung dieser Arbeitsbedingungen gegenüber der Arbeit, die besondre Form dieser Verselbständigung, die sie gegenüber der Lohnarbeit besitzen, ist dann eine von ihnen als Dingen, als materiellen Produktionsbedingungen untrennbare Eigenschaft, ein ihnen als Produktionselementen notwendig zukommender, immanent eingewachsener Charakter. Ihr durch eine bestimmte Geschichtsepoche bestimmter sozialer Charakter im kapitalistischen Produktionsprozeß ist ein ihnen naturgemäß, und sozusagen von Ewigkeit her, als Elementen des Produktionsprozesses eingeborner dinglicher Charakter. Der respektive Anteil daher, den die Erde als das ursprüngliche Beschäftigungsfeld der Arbeit, als das Reich der Naturkräfte, als das vorgefundne Arsenal aller Arbeitsgegenstände, und der andre respektive Anteil, den die produzierten Produktionsmittel (Instrumente, Rohstoffe etc.) an dem Produktionsprozeß überhaupt nehmen, müssen dann sich auszudrücken <834> scheinen in den respektiven Anteilen, die ihnen als Kapital und Grundeigentum, d.h. die ihren sozialen Repräsentanten in der Form von Profit (Zins) und Rente zufallen, wie dem Arbeiter im Arbeitslohn der Anteil, den seine Arbeit am 1254

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Produktionsprozeß nimmt. Rente, Profit, Arbeitslohn scheinen so aus der Rolle herauszuwachsen, die die Erde, die produzierten Produktionsmittel und die Arbeit im einfachen Arbeitsprozeß spielen, selbst soweit wir diesen Arbeitsprozeß als bloß zwischen dem Menschen und der Natur vorgehend und abgesehn von jeder geschichtlichen Bestimmtheit betrachten. Es ist nur wieder dieselbe Sache in einer andern Form, wenn gesagt wird: Das Produkt, worin sich die Arbeit des Lohnarbeiters für ihn selbst, als sein Ertrag, seine Revenue darstellt, ist nur der Arbeitslohn, der Teil des Werts (und daher des durch diesen Wert gemeßnen sozialen Produkts), der seinen Arbeitslohn darstellt. Fällt also die Lohnarbeit mit der Arbeit überhaupt zusammen, so auch der Arbeitslohn mit dem Produkt der Arbeit und der Wertteil, den der Arbeitslohn darstellt, mit dem durch die Arbeit geschaffnen Wert überhaupt. Dadurch treten aber die andern Wertteile, Profit und Rente, ebenso selbständig dem Arbeitslohn gegenüber und müssen aus eignen, von der Arbeit spezifisch verschiednen und unabhängigen Quellen entspringen; sie müssen aus den mitwirkenden Produktionselementen entspringen, deren Besitzern sie zufallen, also der Profit aus den Produktionsmitteln, den stofflichen Elementen des Kapitals, und die Rente aus der vom Grundeigentümer repräsentierten Erde oder der Natur. (Roscher.) Grundeigentum, Kapital und Lohnarbeit verwandeln sich daher aus Quellen der Revenue in dem Sinn, daß das Kapital dem Kapitalisten einen Teil des Mehrwerts, den er aus der Arbeit extrahiert, in der Form des Profits, das Monopol an der Erde dem Grundeigentümer einen andern Teil in der Form der Rente attrahiert und die Arbeit dem Arbeiter den letzten noch disponiblen Wertteil in der Form des Arbeitslohns zuschlägt, aus Quellen, vermittelst deren ein Teil des Werts in die Form des Profits, ein zweiter in die Form der Rente und ein dritter in die Form des Arbeitslohns sich verwandelt - in wirkliche Quellen, aus denen diese Wertteile und die bezüglichen Teile des Produkts, worin sie existieren oder wogegen sie umsetzbar sind, selbst entspringen und aus denen als letzter Quelle daher der Wert des Produkts selbst entspringt.

<835> Wir haben bereits bei den einfachsten Kategorien der kapitalistischen Produktionsweise, und selbst der Warenproduktion, bei der Ware und dem Geld den mystifizierenden Charakter nachgewiesen, der die gesellschaftlichen Verhältnisse, denen die stofflichen Elemente des Reichtums bei der Produktion als Träger dienen, in Eigenschaften dieser Dinge selbst verwandelt (Ware) und noch ausgesprochener das Produktionsverhältnis selbst in ein Ding (Geld). Alle Gesellschaftsformen, soweit sie es zur Warenproduktion und Geldzirkulation bringen, nehmen an dieser Verkehrung teil. Aber in der kapitalistischen Produktionsweise und beim Kapital, welches ihre herrschende Kategorie, ihr bestimmendes Produktionsverhältnis bildet, entwickelt sich diese verzauberte und verkehrte Welt noch viel weiter. Betrachtet man das Kapital zunächst im unmittelbaren Produktionsprozeß - als Auspumper von Mehrarbeit, so ist dies Verhältnis noch sehr einfach, und der wirkliche Zusammenhang drängt sich den Trägern dieses Prozesses, den Kapitalisten selbst auf und ist noch in ihrem Bewußtsein. Der heftige Kampf um die Grenzen des Arbeitstags beweist dies schlagend. Aber selbst innerhalb dieser nicht vermittelten Sphäre, der Sphäre des unmittelbaren Prozesses zwischen Arbeit und Kapital, bleibt es nicht bei dieser Einfachheit. Mit der Entwicklung des relativen Mehrwerts in der eigentlichen spezifisch kapitalistischen Produktionsweise, womit sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit entwickeln, erscheinen diese Produktivkräfte und die gesellschaftlichen Zusammenhänge der Arbeit im unmittelbaren Arbeitsprozeß als aus der Arbeit in das Kapital verlegt. Damit wird das Kapital schon ein sehr mystisches Wesen, indem alle gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit als ihm, und nicht der Arbeit als solcher, zukommende und aus seinem eignen Schoß hervorsprossende Kräfte erscheinen. Dann kommt der Zirkulationsprozeß dazwischen, dessen Stoff- und Formwechsel alle Teile des Kapitals, selbst des agrikolen Kapitals, in demselben Grad anheimfallen, wie sich die spezifisch kapitalistische Produktionsweise entwickelt.

Es ist dies eine Sphäre, worin die Verhältnisse der ursprünglichen Wertproduktion völlig in den Hintergrund treten. Schon im unmittelbaren Produktionsprozeß ist der Kapitalist zugleich als Warenproduzent, als Leiter der Warenproduktion tätig. Dieser Produktionsprozeß stellt sich ihm daher keineswegs einfach als Produktionsprozeß von Mehrwert dar. Welches aber immer der Mehrwert sei, den das Kapital im unmittelbaren Produktionsprozeß ausgepumpt und in Waren dargestellt hat, der in den Waren enthaltne Wert und Mehrwert muß erst im Zirkulationsprozeß realisiert werden. Und sowohl die Rückerstattung der in der Produktion vorgeschoßnen Werte, wie namentlich der in den Waren enthaltne Mehrwert, scheint nicht <836> in der Zirkulation sich bloß zu realisieren, sondern aus ihr zu entspringen; ein Schein, den namentlich zwei Umstände befestigen: erstens der Profit bei Veräußerung, der von Prellerei, List, Sachkenntnis, Geschick und tausend Marktkonjunkturen abhängt; dann aber der Umstand, daß hier neben der Arbeitszeit ein zweites bestimmendes Element hinzutritt, die Zirkulationszeit. Diese fungiert zwar nur als negative Schranke der Wert- und Mehrwertbildung, hat aber den Schein, als sei sie ein ebenso positiver Grund wie die Arbeit selbst und als bringe sie eine, aus der Natur des Kapitals hervorgehende, von der Arbeit unabhängige Bestimmung herein.

Wir hatten in Buch II diese Zirkulationssphäre natürlich nur darzustellen in bezug auf die Formbestimmun-1255

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gen, die sie erzeugt, die Fortentwicklung der Gestalt des Kapitals nachzuweisen, die in ihr vorgeht. In der Wirklichkeit aber ist diese Sphäre die Sphäre der Konkurrenz, die, jeden einzelnen Fall betrachtet, vom Zufall beherrscht ist; wo also das innere Gesetz, das in diesen Zufällen sich durchsetzt und sie reguliert, nur sichtbar wird, sobald diese Zufälle in großen Massen zusammengefaßt werden, wo es also den einzelnen Agenten der Produktion selbst unsichtbar und unverständlich bleibt. Weiter aber: der wirkliche Produktionsprozeß, als Einheit des unmittelbaren Produktionsprozesses und des Zirkulationsprozesses, erzeugt neue Gestaltungen, worin mehr und mehr die Ader des innern Zusammenhangs verlorengeht, die Produktionsverhältnisse sich gegeneinander verselbständigen und die Wertbestandteile sich gegeneinander in selbständigen Formen verknöchern.

Die Verwandlung des Mehrwerts in Profit ist, wie wir sahen, ebensosehr durch den Zirkulationsprozeß wie durch den Produktionsprozeß bestimmt. Der Mehrwert, in der Form des Profits, wird nicht mehr auf den in Arbeit ausgelegten Kapitalteil, aus dem er entspringt, sondern auf das Gesamtkapital bezogen. Die Profitrate wird durch eigne Gesetze reguliert, die einen Wechsel derselben bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts zulassen und selbst bedingen. Alles dies verhüllt mehr und mehr die wahre Natur des Mehrwerts und daher das wirkliche Triebwerk des Kapitals. Noch mehr geschieht dies durch die Verwandlung des Profits in Durchschnittsprofit und der Werte in Produktionspreise, in die regulierenden Durchschnitte der Marktpreise.

Es tritt hier ein komplizierter gesellschaftlicher Prozeß dazwischen, der Ausgleichungsprozeß der Kapitale, der die relativen Durchschnittspreise der Waren von ihren Werten und die Durchschnittsprofite in den verschiednen Produktionssphären (ganz abgesehn von den individuellen Kapitalanlagen in jeder besondren Produktionssphäre) von der wirklichen Exploitation der Arbeit durch die besondren Kapitale losscheidet. Es

<837> scheint nicht nur so, sondern es ist hier in der Tat der Durchschnittspreis der Waren verschieden von ihrem Wert, also von der in ihnen realisierten Arbeit, und der Durchschnittsprofit eines besondren Kapitals verschieden von dem Mehrwert, den dies Kapital aus den von ihm beschäftigten Arbeitern extrahiert hat. Der Wert der Waren erscheint unmittelbar nur noch in dem Einfluß der wechselnden Produktivkraft der Arbeit auf Sinken und Steigen der Produktionspreise, auf ihre Bewegung, nicht auf ihre letzten Grenzen. Der Profit erscheint nur noch akzessorisch bestimmt durch die unmittelbare Exploitation der Arbeit, soweit diese nämlich dem Kapitalisten erlaubt, bei den, scheinbar unabhängig von dieser Exploitation vorhandnen, regulierenden Marktpreisen, einen vom Durchschnittsprofit abweichenden Profit zu realisieren. Die normalen Durchschnittsprofite selbst scheinen dem Kapital immanent, unabhängig von der Exploitation; die anormale Exploitation oder auch die durchschnittliche Exploitation unter günstigen Ausnahmsbedingungen scheint nur die Abweichungen vom Durchschnittsprofit, nicht diesen selbst zu bedingen. Die Spaltung des Profits in Unternehmergewinn und Zins (gar nicht zu sprechen von der Dazwischenkunft des kommerziellen Profits und des Geldhandlungsprofits, die auf der Zirkulation gegründet sind und ganz und gar aus ihr und nicht aus dem Produktionsprozeß selbst zu entspringen scheinen) vollendet die Verselbständigung der Form des Mehrwerts, die Verknöcherung seiner Form gegen seine Substanz, sein Wesen. Ein Teil des Profits, im Gegensatz zu dem andren, löst sich ganz von dem Kapitalverhältnis als solchem los und stellt sich dar als entspringend nicht aus der Funktion der Ausbeutung der Lohnarbeit, sondern aus der Lohnarbeit des Kapitalisten selbst. Im Gegensatz dazu scheint dann der Zins als unabhängig, sei es von der Lohnarbeit des Arbeiters, sei es von der eignen Arbeit des Kapitalisten, aus dem Kapital als seiner eignen unabhängigen Quelle zu entspringen. Wenn das Kapital ursprünglich, auf der Oberfläche der Zirkulation, erschien als Kapitalfetisch, werterzeugender Wert, so stellt es sich jetzt wieder in der Gestalt des zinstragenden Kapitals als in seiner entfremdetsten und eigentümlichsten Form dar. Weshalb auch die Form: "Kapital - Zins" als drittes zu "Erde

- Rente" und "Arbeit - Arbeitslohn" viel konsequenter ist als "Kapital - Profit", indem im Profit immer noch eine Erinnerung an seinen Ursprung bleibt, die im Zins nicht nur ausgelöscht, sondern in feste gegensätzliche Form zu diesem Ursprung gestellt ist.

Endlich tritt neben das Kapital als selbständige Quelle von Mehrwert das Grundeigentum. als Schranke des Durchschnittsprofits und als einen Teil des Mehrwerts an eine Klasse übertragend, die weder selbst arbeitet,

<838> noch Arbeiter direkt exploitiert, noch sich wie das zinstragende Kapital in moralisch erbaulichen Trostgründen, z.B. dem Risiko und dem Opfer im Wegleihen des Kapitals, ergehn kann. Indem hier ein Teil des Mehrwerts direkt nicht an Gesellschaftsverhältnisse, sondern an ein Naturelement, die Erde, gebunden scheint, ist die Form der Entfremdung und Verknöcherung der verschiednen Teile des Mehrwerts gegeneinander vollendet, der innere Zusammenhang endgültig zerrissen und seine Quelle vollständig verschüttet, eben durch die Verselbständigung der an die verschiednen stofflichen Elemente des Produktionsprozesses gebundnen, Produktionsverhältnisse gegeneinander.

1256

DAS KAPITAL

Im Kapital - Profit, oder noch besser Kapital - Zins, Boden - Grundrente, Arbeit - Arbeitslohn, in dieser ökonomischen Trinität als dem Zusammenhang der Bestandteile des Werts und des Reichtums überhaupt mit seinen Quellen ist die Mystifikation der kapitalistischen Produktionsweise, die Verdinglichung der gesellschaftlichen Verhältnisse, das unmittelbare Zusammenwachsen der stofflichen Produktionsverhältnisse mit ihrer geschichtlich-sozialen Bestimmtheit vollendet: die verzauberte, verkehrte und auf den Kopf gestellte Welt, wo Monsieur le Capital und Madame la Terre als soziale Charaktere und zugleich unmittelbar als bloße Dinge ihren Spuk treiben. Es ist das große Verdienst der klassischen Ökonomie, diesen falschen Schein und Trug, diese Verselbständigung und Verknöcherung der verschiednen gesellschaftlichen Elemente des Reichtums gegeneinander, diese Personifizierung der Sachen und Versachlichung der Produktionsverhältnisse, diese Religion des Alltagslebens aufgelöst zu haben, indem sie den Zins auf einen Teil des Profits und die Rente auf den Überschuß über den Durchschnittsprofit reduziert, so daß beide im Mehrwert zusammenfallen; indem sie den Zirkulationsprozeß als bloße Metamorphose der Formen darstellt und endlich im unmittelbaren Produktionsprozeß Wert und Mehrwert der Waren auf die Arbeit reduziert. Dennoch bleiben selbst die besten ihrer Wortführer, wie es vom bürgerlichen Standpunkt nicht anders möglich ist, mehr oder weniger in der von ihnen kritisch aufgelösten Welt des Scheins befangen und fallen daher alle mehr oder weniger in Inkonsequenzen, Halbheiten und ungelöste Widersprüche. Es ist dagegen andrerseits ebenso natürlich, daß die wirklichen Produktionsagenten in diesen entfremdeten und irrationellen Formen von Kapital - Zins, Boden - Rente, Arbeit - Arbeitslohn sich völlig zu Hause fühlen, denn es sind eben die Gestaltungen des Scheins, in welchem sie sich bewegen und womit sie täglich zu tun haben. Es ist daher ebenso natürlich, daß die Vulgärökonomie, die nichts als eine didaktische, mehr oder minder doktrinäre Übersetzung <839> der Alltagsvorstellungen der wirklichen Produktionsagenten ist und eine gewisse verständige Ordnung unter sie bringt, grade in dieser Trinität, worin der ganze innere Zusammenhang ausgelöscht ist, die naturgemäße und über allen Zweifel erhabene Basis ihrer seichten Wichtigtuerei findet. Diese Formel entspricht zugleich dem Interesse der herrschenden Klassen, indem sie die Naturnotwendigkeit und ewige Berechtigung ihrer Ein-nahmequellen proklamiert und zu einem Dogma erhebt.

In der Darstellung der Versachlichung der Produktionsverhältnisse und ihrer Verselbständigung gegenüber den Produktionsagenten gehn wir nicht ein auf die Art und Weise, wie die Zusammenhänge durch den Weltmarkt, seine Konjunkturen, die Bewegung der Marktpreise, die Perioden des Kredits, die Zyklen der Industrie und des Handels, die Abwechslung der Prosperität und Krise, ihnen als übermächtige, sie willenlos beherrschende Naturgesetze erscheinen und sich ihnen gegenüber als blinde Notwendigkeit geltend machen.

Deswegen nicht, weil die wirkliche Bewegung der Konkurrenz außerhalb unsers Plans liegt und wir nur die innere Organisation der kapitalistischen Produktionsweise, sozusagen in ihrem idealen Durchschnitt, darzustellen haben.

In frühern Gesellschaftsformen tritt diese ökonomische Mystifikation nur ein hauptsächlich in bezug auf das Geld und das zinstragende Kapital. Sie ist der Natur der Sache nach ausgeschlossen, erstens, wo die Produktion für den Gebrauchswert, für den unmittelbaren Selbstbedarf vorwiegt; zweitens, wo, wie in der antiken Zeit und im Mittelalter, Sklaverei oder Leibeigenschaft die breite Basis der gesellschaftlichen Produktion bildet: die Herrschaft der Produktionsbedingungen über die Produzenten ist hier versteckt durch die Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnisse, die als unmittelbare Triebfedern des Produktionsprozesses erscheinen und sichtbar sind. In den ursprünglichen Gemeinwesen, wo naturwüchsiger Kommunismus herrscht, und selbst in den antiken städtischen Gemeinwesen ist es dies Gemeinwesen selbst mit seinen Bedingungen, das als Basis der Produktion sich darstellt, wie seine Reproduktion als ihr letzter Zweck. Selbst im mittelalterlichen Zunftwesen erscheint weder das Kapital noch die Arbeit ungebunden, sondern ihre Beziehungen durch das Korporationswesen und mit demselben zusammenhängende Verhältnisse und ihnen entsprechende Vorstellungen von Berufspflicht, Meisterschaft etc. bestimmt. Erst in der kapitalistischen Produktionsweise ...

<Hier bricht das Manuskript ab>

Fußnoten

(48) Die folgenden drei Fragmente finden sich an verschiednen Stellen des Ms. zum VI. Abschnitt. - F. E.

(49) Anfang von Kap. XLVIII nach dem Ms.

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DAS KAPITAL

(50) "Arbeitslohn, Profit und Bodenrente sind die drei Urquellen alles Einkommens sowohl wie alles Tauschwerts." (A. Smith) - "So sind die Ursachen der materiellen Produktion gleichzeitig die Quellen der ursprünglichen Revenuen, die es gibt." (Storch, ["Cours d'économie politique", St.-Pétersbourg 1815.] I, p. 259.) 1258

DAS KAPITAL

Zur Analyse des Produktionsprozesses

<840> Für die nun folgende Untersuchung kann von dem Unterschied von Produktionspreis und Wert abgesehn werden, da dieser Unterschied überhaupt wegfällt, wenn, wie es hier geschieht, der Wert des jährlichen Gesamtprodukts der Arbeit betrachtet wird, also des Produkts des gesellschaftlichen Gesamtkapitals.

Profit (Unternehmergewinn plus Zins) und Rente sind nichts als eigentümliche Formen, welche besondre Teile des Mehrwerts der Waren annehmen. Die Größe des Mehrwerts ist die Schranke der Größensumme der Teile, worin er zerfallen kann. Durchschnittsprofit plus Rente sind daher gleich dem Mehrwert. Es ist möglich, daß ein Teil der in den Waren enthaltnen Mehrarbeit, und daher des Mehrwerts, nicht direkt in die Ausgleichung zum Durchschnittsprofit eingeht; so daß ein Teil des Warenwerts überhaupt nicht in ihrem Preise ausgedrückt wird. Allein erstens kompensiert sich dies dadurch, daß entweder die Profitrate wächst, wenn die unter ihrem Wert verkaufte Ware ein Element des konstanten Kapitals bildet, oder daß Profit und Rente sich in einem größern Produkt darstellen, wenn die unter ihrem Wert verkaufte Ware als Artikel der individuellen Konsumtion in den als Revenue verzehrten Teil des Werts eingeht. Zweitens aber hebt sich dies in der Durchschnittsbewegung auf. Jedenfalls, selbst wenn ein nicht im Preis der Ware ausgedrückter Teil des Mehrwerts für die Preisbildung verlorengeht, kann die Summe von Durchschnittsprofit plus Rente in ihrer normalen Form nie größer, obwohl kleiner als der Gesamtmehrwert sein. Ihre normale Form setzt einen dem Wert der Arbeitskraft entsprechenden Arbeitslohn voraus. Selbst die Monopolrente, soweit sie nicht Abzug vom Arbeitslohn ist, also keine besondre Kategorie bildet, muß indirekt immer einen Teil des Mehrwerts bilden; wenn nicht Teil des Preisüberschusses über die Produktionskosten der Ware selbst, von der <841> sie einen Bestandteil bildet, wie bei der Differentialrente, oder überschüssigen Teil des Mehrwerts der Ware selbst, von der sie einen Bestandteil bildet, über den durch den Durchschnittsprofit gemeßnen Teil ihres eignen Mehrwerts (wie bei der absoluten Rente), so doch des Mehrwerts andrer Waren, d.h. der Waren, die gegen diese Ware, die einen Monopolpreis hat, ausgetauscht werden. - Die Summe von Durchschnittsprofit plus Grundrente kann nie größer sein als die Größe, deren Teile sie sind und die vor dieser Teilung schon gegeben ist. Ob der ganze Mehrwert der Waren, d.h. alle in den Waren enthaltne Mehrarbeit, in ihrem Preise realisiert wird oder nicht, ist daher für unsre Betrachtung gleichgültig. Die Mehrarbeit wird schon deswegen nicht ganz realisiert, weil bei dem beständigen Größenwechsel der zur Produktion einer gegebnen Ware gesellschaftlich notwendigen Arbeit, der aus dem beständigen Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit entspringt, ein Teil der Waren stets unter anormalen Bedingungen produziert und daher unter ihrem individuellen Wert verkauft werden muß. Jedenfalls sind Profit plus Rente gleich dem ganzen realisierten Mehrwert (Mehrarbeit), und für die Betrachtung, um die es sich hier handelt, kann der realisierte Mehrwert gleichgesetzt werden mit allem Mehrwert; denn Profit und Rente sind realisierter Mehrwert, also überhaupt der Mehrwert, der in die Preise der Waren eingeht, also praktisch genommen aller Mehrwert, der einen Bestandteil dieses Preises bildet.

Andrerseits der Arbeitslohn, der die dritte eigentümliche Form der Revenue bildet, ist stets gleich dem variablen Bestandteil des Kapitals, d.h. dem Bestandteil, der nicht in Arbeitsmitteln, sondern im Ankauf der lebendigen Arbeitskraft, in Zahlung von Arbeitern ausgelegt ist. (Die Arbeit, die in der Verausgabung von Revenue bezahlt wird, wird selbst gezahlt durch Arbeitslohn, Profit oder Rente und bildet daher keinen Wertteil der Waren, womit sie gezahlt wird. Sie kommt also nicht in Betracht in der Analyse des Warenwerts und der Bestandteile, worin dieser zerfällt.) Es ist die Vergegenständlichung des Teils des Gesamtarbeitstags der Arbeiter, worin der Wert des variablen Kapitals und daher der Preis der Arbeit reproduziert wird; der Teil des Warenwerts, worin der Arbeiter den Wert seiner eignen Arbeitskraft oder den Preis seiner Arbeit reproduziert. Der Gesamtarbeitstag des Arbeiters zerfällt in zwei Teile. Einen Teil, worin er das Quantum Arbeit verrichtet, notwendig, um den Wert seiner eignen Lebensmittel zu reproduzieren: der bezahlte Teil seiner Gesamtarbeit, der für seine eigne Erhaltung und Reproduktion notwendige Teil seiner Arbeit. Der ganze übrige Teil des Arbeitstags, das ganze überschüssige Arbeitsquantum, das er über die im Wert seines Arbeitslohns realisierte Arbeit hinaus verrichtet, <842> ist Mehrarbeit, unbezahlte Arbeit, die sich im Mehrwert seiner gesamten Warenproduktion darstellt (und daher in einem überschüssigen Quantum Ware), Mehrwert, welcher seinerseits in verschieden benannte Teile zerfällt, in Profit (Unternehmergewinn plus Zins) und Rente.

1259

DAS KAPITAL

Der gesamte Wertteil der Waren also, worin sich die während eines Tages oder eines Jahres zugesetzte Gesamtarbeit der Arbeiter realisiert, der Gesamtwert des jährlichen Produkts, den diese Arbeit schafft, zerfällt in den Wert des Arbeitslohns, den Profit und die Rente. Denn diese Gesamtarbeit zerfällt in notwendige Arbeit, wodurch der Arbeiter den Wertteil des Produkts schafft, womit er selbst bezahlt wird, also den Arbeitslohn, und in unbezahlte Mehrarbeit, wodurch er den Wertteil des Produkts schafft, der den Mehrwert darstellt und der später in Profit und Rente auseinandergeht. Außer dieser Arbeit verrichtet der Arbeiter keine Arbeit, und außer dem Gesamtwert des Produkts, der die Formen von Arbeitslohn, Profit, Rente annimmt, schafft er keinen Wert. Der Wert des jährlichen Produkts, worin sich seine während des Jahres neu zugesetzte Arbeit darstellt, ist gleich dem Arbeitslohn oder dem Wert des variablen Kapitals plus dem Mehrwert, der wieder in die Formen von Profit und Rente zerfällt wird.

Der gesamte Wertteil des jährlichen Produkts also, den der Arbeiter im Laufe des Jahres schafft, drückt sich aus in der jährlichen Wertsumme der drei Revenuen, dem Wert von Arbeitslohn, Profit und Rente. Offenbar ist daher in dem jährlich geschaffnen Produktenwert der Wert des konstanten Kapitalteils nicht reproduziert, denn der Arbeitslohn ist nur gleich dem Wert des in der Produktion vorgeschoßnen variablen Kapitalteils, und Rente und Profit sind nur gleich dem Mehrwert, dem produzierten Wertüberschuß über den Gesamtwert des vorgeschoßnen Kapitals, welcher gleich dem Wert des konstanten Kapitals plus dem Wert des variablen Kapitals ist.

Es ist für die hier zu lösende Schwierigkeit vollständig gleichgültig, daß ein Teil des in die Form von Profit und Rente verwandelten Mehrwerts nicht als Revenue verzehrt wird, sondern zur Akkumulation dient. Der Teil davon, der als Akkumulationsfonds aufgespart wird, dient zur Bildung von neuem, zusätzlichem Kapital, aber nicht zum Ersatz des alten, weder des in Arbeitskraft, noch des in Arbeitsmitteln ausgelegten Bestandteils des alten Kapitals. Es kann hier also der Einfachheit wegen angenommen werden, die Revenuen gingen ganz in die individuelle Konsumtion ein. Die Schwierigkeit stellt sich doppelt dar. Einerseits: Der Wert des jährlichen Produkts, worin diese Revenuen, Arbeitslohn, Profit, Rente, verzehrt werden, enthält in sich einen Wertteil, gleich dem Wertteil des in ihm aufgegangnen kon- <843> stanten Kapitalteils. Es enthält diesen Wertteil, außer dem Wertteil, der sich in Arbeitslohn, und dem Wertteil, der sich in Profit und Rente auflöst.

Sein Wert ist also = Arbeitslohn + Profit + Rente + C, welches seinen konstanten Wertteil vorstellt. Wie soll nun der jährlich produzierte Wert, der nur = Arbeitslohn + Profit + Rente, ein Produkt kaufen, dessen Wert

= (Arbeitslohn + Profit + Rente) + C? Wie kann der jährlich produzierte Wert ein Produkt kaufen, das einen höhern Wert hat als er selbst?

Andrerseits: Wenn wir von dem Teil des konstanten Kapitals absehn, der nicht in das Produkt eingegangen ist und der daher, obgleich mit vermindertem Wert, fortexistiert nach wie vor der Jahresproduktion der Waren; wenn wir also von dem angewandten, aber nicht verzehrten fixen Kapital einstweilen abstrahieren, so ist der konstante Teil des vorgeschoßnen Kapitals in Form von Roh- und Hilfsstoffen ganz in das neue Produkt aufgegangen, während ein Teil der Arbeitsmittel ganz verbraucht, ein andrer nur zum Teil vernutzt worden und so nur ein Teil seines Werts in der Produktion verzehrt worden ist. Dieser ganze in der Produktion aufgebrauchte Teil des konstanten Kapitals muß in natura ersetzt werden. Alle andren Umstände, namentlich die Produktivkraft der Arbeit, als unverändert vorausgesetzt, kostet er dasselbe Arbeitsquantum wie vorher zu seinem Ersatz, d.h. er muß durch ein Wertäquivalent ersetzt werden. Wo nicht, kann die Reproduktion selbst nicht auf der alten Stufenleiter stattfinden. Aber wer soll diese Arbeiten verrichten, und wer verrichtet sie?

Bei der ersten Schwierigkeit: Wer soll den im Produkt enthaltnen konstanten Wertteil zahlen und womit? ist unterstellt, daß der Wert des in der Produktion aufgegangnen konstanten Kapitals als Wertteil des Produkts wiedererscheint. Dies widerspricht nicht den Voraussetzungen der zweiten Schwierigkeit. Denn es ist schon Buch I, Kap. V (Arbeitsprozeß und Verwertungsprozeß) nachgewiesen worden, wie durch bloßen Zusatz neuer Arbeit, obgleich sie den alten Wert nicht reproduziert, sondern nur Zusatz zu demselben schafft, nur zusätzlichen Wert schafft, doch gleichzeitig der alte Wert im Produkt erhalten bleibt, daß dies aber geschieht von der Arbeit, nicht soweit sie wertschaffende, also Arbeit überhaupt ist, sondern in ihrer Funktion als bestimmte produktive Arbeit. Es war also keine zusätzliche Arbeit nötig, um den Wert des konstanten Teils in dem Produkt, worin die Revenue, d.h. der ganze während des Jahres geschaffne Wert, verausgabt wird, fort-zuerhalten. Wohl aber ist neue zusätzliche Arbeit nötig, um das während des vergangnen Jahrs nach seinem Wert und Gebrauchswert aufgezehrte konstante Kapital zu ersetzen, ohne welchen Ersatz die Reproduktion überhaupt unmöglich ist.

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<844> Alle neu zugesetzte Arbeit ist dargestellt in dem während des Jahrs neu geschaffnen Wert, der wiederum ganz aufgeht in die drei Revenuen: Arbeitslohn, Profit und Rente. - Einerseits bleibt also keine überschüssige gesellschaftliche Arbeit übrig für den Ersatz des verzehrten konstanten Kapitals, das teilweise in natura und seinem Wert nach, teilweise bloß seinem Wert nach (für bloßen Verschleiß des fixen Kapitals) wiederherzustellen ist. Andrerseits scheint der jährlich von der Arbeit geschaffne und in die Formen von Arbeitslohn, Profit und Rente zerfallende und in ihnen zu verausgabende Wert nicht hinreichend, um den konstanten Kapitalteil, der außer ihrem eignen Wert im Jahresprodukt stecken muß, zu bezahlen oder zu kaufen.

Man sieht: das hier gestellte Problem ist bereits gelöst bei der Betrachtung der Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, Buch II, Abschn. III. Wir kommen hier darauf zurück, zunächst weil dort der Mehrwert noch nicht in seinen Revenueformen: Profit (Unternehmergewinn plus Zins) und Rente, entwickelt war und daher auch nicht in diesen Formen behandelt werden konnte; dann aber auch, weil sich grade an die Form von Arbeitslohn, Profit und Rente ein unglaublicher Verstoß in der Analyse anschließt, der die ganze politische Ökonomie seit A. Smith durchzieht.

Wir haben dort alles Kapital in zwei große Klassen geteilt: Klasse I, welche Produktionsmittel, und Klasse II, welche Mittel der individuellen Konsumtion produziert. Der Umstand, daß gewisse Produkte ebensowohl zum persönlichen Genuß wie als Produktionsmittel dienen können (ein Pferd, Korn usw.), hebt die absolute Richtigkeit dieser Einteilung in keiner Weise auf. Sie ist in der Tat keine Hypothese, sondern nur Ausdruck einer Tatsache. Man nehme das jährliche Produkt eines Landes. Ein Teil des Produkts, welches immer seine Fähigkeit, als Produktionsmittel zu dienen, geht in die individuelle Konsumtion ein. Es ist das Produkt, worin Arbeitslohn, Profit und Rente verausgabt werden. Dies Produkt ist das Produkt einer bestimmten Abteilung des gesellschaftlichen Kapitals. Es ist möglich, daß dies selbe Kapital auch der Klasse I angehörige Produkte produziert. Soweit es dies tut, ist es nicht der im Produkt der Klasse II, in wirklich der individuellen Konsumtion anheimfallendem Produkt, aufgezehrte Teil dieses Kapitals, welcher die der Klasse I zufallenden, produktiv konsumierten Produkte liefert. Dies ganze Produkt II, welches in die individuelle Konsumtion eingeht, und worin sich daher die Revenue verausgabt, ist das Dasein des in ihm verzehrten Kapitals plus dem produzierten Überschuß. Es ist also Produkt eines in der bloßen Produktion von Konsumtionsmitteln angelegten Kapitals. Und in derselben Art ist Abteilung I des jährlichen <845> Produkts, die als Reproduktionsmittel dient, Rohmaterial und Arbeitsinstrumente, welche Fähigkeit dies Produkt sonst naturaliter haben möge, als Konsumtionsmittel zu dienen, Produkt eines in der bloßen Produktion von Produktionsmitteln angelegten Kapitals. Der bei weitem größte Teil der Produkte, die das konstante Kapital bilden, besteht auch stofflich in einer Form, worin er nicht in die individuelle Konsumtion eingehn kann. Soweit er es könnte, wie z.B. ein Bauer sein Saatkorn essen, sein Zugvieh schlachten könnte, leistet die ökonomische Schranke für ihn ganz dasselbe, als ob dieser Teil in einer nicht konsumablen Form bestände.

Wie schon gesagt, abstrahieren wir bei beiden Klassen von dem fixen Teil des konstanten Kapitals, der in natura und dem Wert nach fortexistiert, unabhängig von dem Jahresprodukt beider Klassen.

In der Klasse II, in deren Produkten Arbeitslohn, Profit und Rente verausgabt, kurz die Revenuen verzehrt werden, besteht das Produkt, seinem Wert nach, selbst aus drei Bestandteilen. Ein Bestandteil ist gleich dem Wert des in der Produktion aufgezehrten konstanten Kapitalteils; ein zweiter Bestandteil ist gleich dem Wert des in der Produktion vorgeschoßnen variablen, in Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteils; endlich ein dritter Bestandteil ist gleich dem produzierten Mehrwert, also = Profit + Rente. Der erste Bestandteil des Produkts von Klasse II, der Wert des konstanten Kapitalteils, kann weder von den Kapitalisten noch von den Arbeitern der Klasse II, noch von den Grundeigentümern verzehrt werden. Er bildet keinen Teil ihrer Revenue, sondern muß in natura ersetzt werden und muß verkauft werden, damit dies geschehn kann. Dagegen die zwei andern Bestandteile dieses Produkts sind gleich dem Wert der in dieser Klasse erzeugten Revenuen, =

Arbeitslohn + Profit + Rente.

In Klasse I besteht das Produkt der Form nach aus denselben Bestandteilen. Der Teil aber, der hier Revenue bildet, Arbeitslohn + Profit + Rente, kurz der variable Kapitalteil + dem Mehrwert, wird hier nicht in der Naturalform der Produkte dieser Klasse I verzehrt, sondern in den Produkten der Klasse II. Der Wert der Revenuen der Klasse I muß also verzehrt werden in dem Teil des Produkts von Klasse II, der das zu ersetzende konstante Kapital von II bildet. Der Teil des Produkts der Klasse II, der ihr konstantes Kapital ersetzen muß, wird in seiner Naturalform verzehrt von den Arbeitern, den Kapitalisten und den Grundeigentü-

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DAS KAPITAL

mern von Klasse I. Sie legen ihre Revenuen in diesem Produkt II aus. Andrerseits wird das Produkt von I in seiner Naturalform, soweit es Revenue der Klasse I repräsentiert, produktiv konsumiert von Klasse II, deren konstantes Kapital es in natura ersetzt. Endlich der verbrauchte konstante Kapitalteil der <846> Klasse I wird aus den eignen Produkten dieser Klasse, welche eben aus Arbeitsmitteln, Roh- und Hilfsstoffen etc.

bestehn, ersetzt, teils durch Austausch der Kapitalisten I untereinander, teils dadurch, daß ein Teil dieser Kapitalisten sein eignes Produkt direkt wieder als Produktionsmittel anwenden kann.

Nehmen wir das frühere Schema (Buch II, Kap. XX, II) einfacher Reproduktion:

I.

4.000c + 1.000v + 1.000m = 6.000

II.

2.000c + 500c + 500m = 3.000

}

= 9.000

Hiernach wird in II von den Produzenten und Grundeigentümern 500v + 500m = 1.000 als Revenue verzehrt; bleibt 2.000c zu ersetzen. Dies wird verzehrt von den Arbeitern, Kapitalisten und Rentenbeziehern von I, deren Einnahme = 1.000v + 1.000m = 2.000. Das verzehrte Produkt von II wird als Revenue von I verzehrt, und der im unverzehrbaren Produkt dargestellte Revenueteil von I wird als konstantes Kapital von II konsumiert. Es bleibt also Rechenschaft abzulegen über die 4.000c bei I. Dies wird aus dem eignen Produkt von I = 6.000, oder vielmehr = 6.000 - 2.000 ersetzt; denn diese 2.000 sind bereits umgesetzt in konstantes Kapital für II. Es ist zu bemerken, daß die Zahlen allerdings willkürlich angenommen sind, also auch das Verhältnis zwischen dem Wert der Revenue von I und dem Wert des konstanten Kapitals von II willkürlich scheint. Es ist jedoch einleuchtend, daß, soweit der Reproduktionsprozeß normal und unter sonst gleichbleibenden Umständen, also abgesehn von der Akkumulation vor sich geht, die Wertsumme von Arbeitslohn, Profit und Rente in Klasse I gleich dem Wert des konstanten Kapitalteils von Klasse II sein muß. Sonst kann entweder Klasse II ihr konstantes Kapital nicht ersetzen oder Klasse I ihre Revenue aus der unverzehrbaren nicht in die verzehrbare Form umsetzen.

Der Wert des jährlichen Warenprodukts, ganz wie der Wert des Warenprodukts einer besondren Kapitalanlage und wie der Wert jeder einzelnen Ware, löst sich also auf in zwei Wertbestandteile: den einen A, der den Wert des vorgeschoßnen konstanten Kapitals ersetzt, und einen andern B, der sich in der Form von Revenue als Arbeitslohn, Profit und Rente darstellt. Der letztre Wertbestandteil B bildet insofern einen Gegensatz gegen den erstern A, als dieser, bei sonst gleichen Umständen, 1. nie die Form der Revenue annimmt, 2. stets in der Form von Kapital, und zwar von konstantem Kapital zurückfließt. Der andre Bestandteil B ist jedoch auch wieder in sich selbst entgegengesetzt. Profit und Rente haben das mit dem Arbeitslohn gemein, daß sie alle drei Revenueformen bilden. Trotzdem sind sie <847> wesentlich dadurch unterschieden, daß sich in Profit und Rente Mehrwert, also unbezahlte Arbeit darstellt und im Arbeitslohn bezahlte. Der Wertteil des Produkts, der verausgabten Arbeitslohn darstellt, also den Arbeitslohn ersetzt, und unter unsern Voraussetzungen, wo die Reproduktion auf derselben Stufenleiter und unter denselben Bedingungen sich vollzieht, sich wieder in Arbeitslohn rückverwandelt, fließt zurück zunächst als variables Kapital, als ein Bestandteil des der Reproduktion von neuem vorzuschießenden Kapitals. Dieser Bestandteil fungiert doppelt. Er existiert erst in der Form von Kapital und tauscht sich als solches gegen die Arbeitskraft aus. In der Hand des Arbeiters verwandelt er sich in die Revenue, die dieser aus dem Verkauf seiner Arbeitskraft zieht, wird als Revenue in Lebensmittel umgesetzt und verzehrt. Bei der Vermittlung durch die Geldzirkulation zeigt sich dieser doppelte Prozeß. Das variable Kapital wird in Geld vorgeschossen, in Arbeitslohn weggezahlt. Dies ist seine erste Funktion als Kapital. Es wird umgesetzt gegen die Arbeitskraft und verwandelt in die Äußerung dieser Arbeitskraft, in Arbeit. Dies ist der Prozeß für den Kapitalisten. Zweitens aber: mit diesem Geld kaufen die Arbeiter einen Teil ihres Warenprodukts, der durch dies Geld gemessen ist und von ihnen als Revenue verzehrt wird. Denken wir uns die Geldzirkulation weg, so ist ein Teil des Produkts des Arbeiters in der Hand des Kapitalisten in der Form von vorhandnem Kapital. Diesen Teil schießt er vor als Kapital, gibt ihn an den Arbeiter für neue Arbeitskraft, während der Arbeiter ihn direkt oder vermittelst Austausches gegen andre Waren als Revenue verzehrt. Der Wertteil des Produkts also, der bei der Reproduktion bestimmt ist, sich in Arbeitslohn, in Revenue für die Arbeiter zu verwandeln, fließt zunächst zurück in die Hand des Kapitalisten in der Form von Kapital, näher von variablem Kapital. Daß er in dieser Form zurückfließt, ist eine wesentliche Bedingung dafür, daß die Arbeit als Lohnarbeit, die Produktionsmittel als Kapital und der Produktionsprozeß selbst als kapitalistischer sich stets neu reproduziert.

Will man sich nicht in nutzlose Schwierigkeiten verwickeln, so muß man Rohertrag und Reinertrag von Roheinkommen und Reineinkommen unterscheiden.

1262

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Der Rohertrag oder das Rohprodukt ist das ganze reproduzierte Produkt. Mit Ausschluß des angewandten, aber nicht konsumierten Teils des fixen Kapitals ist der Wert des Rohertrags oder des Bruttoprodukts gleich dem Wert des vorgeschoßnen und in der Produktion verzehrten Kapitals, des konstanten und variablen, plus dem Mehrwert, der sich in Profit und Rente auflöst. Oder wenn man nicht das Produkt des einzelnen Kapitals, sondern des gesellschaftlichen Gesamtkapitals betrachtet, ist der Rohertrag gleich <848> den stofflichen Elementen, die das konstante und variable Kapital bilden, plus den stofflichen Elementen des Mehrprodukts, worin sich Profit und Rente darstellen.

Das Kapital
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