6. Die Kompensationstheorie

bezüglich der durch Maschnerie verdrängten Arbeiter

Eine ganze Reihe bürgerlicher Önomen, wie James Mill, MacCulloch, Torrens, Senior, J. St. Mill usw. behauptet, daß alle Maschinerie, die Arbeiter verdrängt, stets gleichzeitig und notwendig ein adäquates Kapital zur Beschäftigung derselben identischen Arbeiter freisetzt.[213]

Man unterstelle, ein Kapitalist wende 100 Arbeiter an, z.B. in einer Tapetenmanufaktur, den Mann zu 30 Pfd.

St. jährlich. Das von ihm jährlich ausgelegte variable Kapital beträgt also 3000 Pfd.St. Er entlasse 50 Arbeiter und beschäftige die übrigbleibenden 50 mit einer Maschinerie, die ihm 1500 Pfd.St. kostet. Der Vereinfachung halber wird von Baulichkeiten, Kohlen usw. abgesehn. Man nimmt ferner an, das jährlich verzehrte Rohmaterial koste nach wie vor 3000 Pfd.St.[214] Ist durch diese Metamorphose irgendein Kapital "freigesetzt"? In der alten Betriebsweise bestand die aus-

[212] Ure, l.c.p.368, 7, 370, 280, 321, 281, 475.

[213] Ricardo teilte ursprüglich diese Ansicht, widerrief sie aber später ausdrücklich mit seiner charakteristischen wissenschaftlichen Unbefangenheit und Wahrheitsliebe. Sieh l.c., ch.XXXI "On Machinery".

[214] NB, ich gebe die Illustration ganz in der Weise der obengenannten Ökonomen.

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gelegte Gesamtsumme von 6000 Pfd.St. halb aus konstantem und halb aus variablem kapital. Sie besteht jetzt aus 4500 Pfd.St. (3000 Pfd.St. für Rohmaterial und 1500 Pfd.St. für Maschinerie) konstantem und 1500

Pfd.St. variablem Kapital. Statt der Hälfte bildet der variable oder in lebendige Arbeitskraft umgesetzte Kapitalteil nur noch 1/4 des Gesamtkapitals. Statt der Freisetzung findet hier Bindung von Kapital in einer Form statt, worin es aufhört, sich gegen Arbeitskraft auszutauschen, d.h. Verwandlung von variablem in konstantes Kapital. Das Kapital von 6000 Pfd.St. kann, unter sonst gleichbleibenden Umständen, jetzt niemals mehr als 50 Arbeiter beschäftigen. Mit jeder Verbeßrung der Maschinerie beschäftigt es weniger. Kostete die neu eingeführte Maschinerie weniger als die Summe der von ihr verdrängten Arbeitskraft und Arbeitswerkzeuge, also z.B. statt 1500 nur 1000 Pfd.St., so würde ein variables Kapital von 1000 Pfd.St. in konstantes verwandelt oder gebunden, während ein Kapital von 500 Pfd.St. freigesetzt würde. Letzteres, denselben Jahreslohn unterstellt, bildet einen Beschäfigungsfonds für ungefähr 16 Arbeiter, während 50 entlassen sind, ja für viel weniger als 16 Arbeiter, da die 500 Pfd.St. zu ihrer Verwandlung in Kaital wieder zum Teil in konstantes Kapital verwandelt werden müssen, also auch nur zum Teil in Arbeitskraft umgesetzt werden können.

ndes, gesetzt auch, die Anfertigung der neuen Maschinerie beschäftige eine größre Anzahl Mechaniker; soll das eine Kompensation sein für die aufs Pflaster geworfnen Tapetenmacher? Im besten Fall beschäftigt ihre 271

DAS KAPITAL

Anfertigung weniger Arbeiter, als ihre Anwendung verdrängt. Die Summe von 1500 Pfd.St., die nur den Arbeitslohn der entlaßnen Tapetenmacher darstellte, stellt jetzt, in der Gestalt von Maschinerie, dar: 1. den Wert der zu ihrer Herstellung erforderlichen Produktionsmittel, 2. den Arbeitslohn der sie anfertigenden Mechaniker, 3. den ihrem "Meister" zufallenden Mehrwert. Ferner: einmal fertig, brauht die Maschine nicht erneuert zu werden bis nach ihrem Tod. Um also die zusätzliche Anzahl Mechaniker dauernd zu beschäftigen, muß ein Tapetenfabrikant nach dem andern Arbeiter durch Maschinen verdrängen.

In der Tat meinen jene Apologeten auch nicht diese Art Freisetzung von Kapital. Sie meinen die Lebensmittel der freigesetzten Arbeiter. Es kann nicht geleugnet werden, daß im obigen Fall z.B. die Maschinerie nicht nur 50 Arbeiter freisetzt und dadurch "disponibel" macht, sondern zugleich ihren Zusammenhang mit Lebensmitteln zum Wert von 1500 Pfd.St. aufhebt und so diese Lebensmittel "freisetzt". Die einfahe und keineswegs neue Tatsache, daß die Maschinerie den Arbeiter von Lebensmitteln

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freisetzt, lautet also ökonomisch, daßdie Maschinerie Lebensmittel für den Arbeiter freisetzt oder in Kapital zu seiner Anwendung verwandelt. Man sieht, es kommt alles auf die Ausdrucksweise an. Nominibus mollire licet mala.

ach dieser Theorie waren die Lebensmittel zum Wert von 1500 Pfd.St. ein durch die Arbeit der fünfzig entla-

ßetenarbeiter verwertetes Kapital. Dies Kapital verliert folglich seine Beschuaftigung, sobald die fünfzig Feiertag bekommen, und hat nicht Ruh noch Rast, bis es eine neue "Anlage" gefunden, worin besagte fuunfzig es wieder produktiv konsumieren können. Früher oder später müssen also Kapital und Arbeiter sich wieder zusammenfinden, und dann ist die Kompensation da. Die Leiden der durch die Maschinerie verdräten Arbeiter sind also ebenso vergänglich wie die Reichtümer dieser Welt.

Die Lebensmittel zum Betrag von 1500 Pfd.St. standen den entlaßnen Arbeitern niemals als Kapital gegenü Was ihnen als Kapital gegenüstand, waren die jetzt in Maschinerie verwandelten 1500 Pfd.St. Näher betrachtet, repräentierten diese 1500 Pfd.St. nur einen Teil der vermittelst der entlaßnen 50 Arbeiter jälich produzierten Tapeten, die sie in Geldform statt in natura von ihrem Anwender zum Lohn erhielten. Mit den in 1500 Pfd.St. verwandelten Tapeten kauften sie Lebensmittel zu demselben Betrag. Diese existierten fü daher nicht als Kapital, sondern als Waren, und sie selbst existierten füse Waren nicht als Lohnarbeiter, sondern als Käufer. Der Umstand, daßdie Maschinerie sie von Kaufmitteln "freigesetzt" hat, verwandelt sie aus Käufern in Nicht-Käufer. Daher verminderte Nachfarge fuur jene Waren. Voilà tout.[1*] Wird diese verminderte Nachfrage nicht durch vermehrte Nachfrage von andrer Seite kompensiert, so sinkt der Marktpris der Waren.

Dauert dies länger und in größ, so erfolgt ein Deplacement der in der Produktion jener Waren beschäftigten Arbeiter. Ein Teil des Kapitals, das früher notwendige Lebensmittel produzierte, wird in andrer Form reproduziert. Während des Falls der Marktpreise und des Deplacements von Kapital werden auch die in der produktion der notwendigen Lebensmittel beschäftigten Arbeiter von einem Teil ihres Lohns "freigesetzt". Statt also zu beweisen, daß die Maschinerie durch die Freisetzung der Arbeiter von Lebensmitteln letztere gleichzeitig in Kapitla zur Anwendung der erstren verwandelt, beweist der Herr Apologet mit dem probaten Gesetz von Nachfrage und Zufuhr umgekehrt, daß die Maschinerie nicht nur in dem Pro-

[1*] Da ist alles.

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dutionszweig, worin sie eingefüsondern auch in den Produktionszweigen, worin sie nicht eingeführt wird, Arbeiter aufs Pflaster wirft.

Die wirklichen, vom ökonomiscchen Optimismus travestierten Tatsachen sind diese: Die von der Maschinerie verdrängten Arbeiter werden aus der Werkstatt hinaus auf den Arbeitsmarkt geworfen und vermehren dort die Zahl der schon für kapitalistische Ausbeutung disponiblen Arbeitskräfte. Im seibenten Abschnitt wird sich zeigen, daß diese Wirkung der Maschinerie, die uns hier als eine Kompensation füie Arbeiterklasse dargestellt wird, den Arbeiter im Gegenteil als furchtbarste Geißel trift. Hier nur dies: Die aus einem Industriezweig hinausgeworfnen Arbeiter können allerdings in irgendeinem andern Beschäftigung suchen. Finden sie solche, und knüpft sich damit das Band zwischen ihnen und den mit ihnen freigesetzten Lebensmitteln wieder, so geschieht dies vermittelst eines neuen, zuschüssigen Kapitals, das nach Anlage drät, keineswegs aber vermittelst des schon früer funktionierenden und jetzt in Maschinerie verwandelten Kapitals. Und selbst dann, wie geringe Aussicht haben sie! Verkrüppelt durch die Teilung der Arbeit, sind diese armen Teufel au-272

DAS KAPITAL

ßerhalb ihres alten Arbeitskreises so wenig wert, daßnur in wenigen niedrigen und daher beständig überfülten und unterbezahlten Arbeitszweigen Zugang finden.[215] Ferner attrahiert jeder Industiezweig jährlich einen neuen Menschenstrom, der ihm sein Kontingent zum regelmäßigen Ersatz und Wachstum liefert. Sobald die Maschinerie einen Teil der bisher in einem bestimmten Industriezweig beschäftigten Arbeiter freisetzt, wird auch die Ersatzmannschaft neu verteilt und in andern Arbeitszweigen absorbiert, während die ursprünglichen Opfer in der Übergangszeit großenteils verkommen und verkümmern.

Es ist eine unzweifelhafte Tatsache, daß die Maschinerie an sich nicht verantwortlich ist für die "Freisetzung"

der Arbeiter von Lebensmitteln. Sie verwohlfeilert und vermehrt das Produkt in dem Zweig, den sie ergreift, und läßin andren Industriezweigen produzierte Lebensmittelmasse zunächst unverändert. Nach wie vor ihrer Einführung besitzt die

[215] Ein Ricardianer bemerkt hierüber gegen die Fadaisen J. B. Says: "Bei entwickelter Teilung der Arbeit ist das Geschick der Arbeiter nur in dem besondren Zweig anwendbar, worin sie angelernt wurden; sie selbst sind eine Art von Maschinen. Es hilft daher absolut nichts, papageimäßig zu plap-pern, daß die Dinge eine Tendenz haben, ihr Niveau zu finden. Wir müssen um uns schauen und sehn, daß sie für lange Zeit ihr Niveau nicht finden können; daß, wenn sie es finden, das Niveau niedriger steht als beim Anfang des Prozesses." ("An Inquiry into those Principles rspecting the Nature of Demand etc.", Lond. 1821, p.72.)

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Gesellschaft also gleich viel oder mehr Lebensmittel für die deplacierten Arbeiter, ganz abgesehn von dem enormen Teil des jährlichen Produkts, der von Nichtarbeitern vergeudet wird. Und dies ist die Pointe der öknomischen Apologetik! Die von der kapitalistischen Anwendung der Maschinerie untrennbaren Widersprüche und Antagonismen existieren nicht, weil sie nicht aus der Maschinerie selbst erwachsen, sondern aus ihrer kapitalistischen Anwendung! Da also die Maschinerie an sich betrachtet die Arbeitszeit verkürzt, während sie kapitalistisch angewandt den Arbeitstag verlängert, an sich die Arbeit erleichtert, kapitalistisch angewandt ihre Intensitästeigert, an sich ein Sieg des Menschen über die Naturkraft ist, kapitalistisch angewandt den Menschen durch die Naturkraft unterjocht, an sich den Reichtum des Produzenten vermehrt, kapitalistisch angewandt ihn verpaupert usw., erklärt der bürliche Ö einfach, das Ansichbetrachten der Maschinerie beweise haarscharf, daß alle jene handgreiflichen Widersprüche bloßer Schein der gemeinen Wirklichkeit, aber an sich, also auch in der Theorie gar nicht vorhanden sind. Er spart sich so alles weitre Kopfzerbrechen und büdet seinem Gegner obendrein die Dummeheit auf, nicht die kapitalistische Anwendung der Maschinerie zu bekäpfen, sondern die Maschinerie selbst.

Keineswegs leugnet der bürgerliche Ökonm, daß dabei auch zeitweilige Unannehmlichkeiten herauskommen; aber wo gäbe es eine Medaille ohne Kehrseite! Eine andre als die kapitalistische Ausnutzung der Maschinerie ist für ihn unmöglich. Ausbeutung des Arbeiters durch die Maschine ist ihm also identisch mit Ausbeutung der Maschine durch den Arbeiter. Wer also enthüllt, wie es um die kapitalistische Anwendung der Maschinerie in Wirklichkeit bestellt ist, der will ihre Anwendung überhaupt nicht, der ist ein Gegner des sozialen Fortschritts![216] Ganz das Räsonnement des berühmten Gurgelschneiders Bill Sikes:

"Meine Herren Geschwornen, diesen Handlungsreisenden ist allerdings die Gurgel abgeschnitten worden. Diese Tatsache aber ist nicht meine Schuld, sie ist die Schuld des Messers. Sollen wir wegen solcher zeitweiligen Unannehmlichkeiten den Gebrauch des Messers abschaffen? Bedenken Sie ja!

Wo wäre Ackerbau und Handwerk ohne

[216] Ein Virtuose in diesem anmaßlichen Kretinismus ist u.a. MacCulloch. "Wenn es vorteilhaft ist", sagt er z.B. mit der affektierten Naivetät eines Kindes von 8 Jahren, "das Geschick des Arbeiters mehr und mehr zu entwickeln, so daß er fähig wird, ein stets wachsendes Warenquantum mit demselben oder geringerem Arbeitsquantum zu produzieren, so muß es auch vorteilhaft sein, daß er sich solcher Maschinerie zu seinem Beistande bediene, wie sie ihn am wirksamsten in der Erreichung dieses Resultats unterstützt." (MacCulloch, "Princ. of Pol. Econ.", Lond. 1830, p.182.)

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Messer? Ist es nicht ebenso heilbringend in der Chirurgie wie gelehrt in der Anatomie? Dazu williger Gehilfe bei fröhlichem Mahl? Schaffen Sie das Messer ab – Sie schleudern uns zurück in die tiefste Barbarei."[216a]

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DAS KAPITAL

Obwohl die Maschinerie notwendig Arbeiter verdrängt in den Arbeitszweigen, wo sie eingeführt wird, so kann sie dennoch eine Zunahme von Beschäftigung in andern Arbeitszweigen hervorrufen. Diese Wirkung hat aber nichts gemein mit der sogenannten Kompensationstheorie. Da jedes Maschinenprodukt, z.B. eine Elle Maschinengeweb, wohlfeiler ist als das von ihm verdrängte gleichartige Handprodukt, folgt als absolutes Gesetz: Bleibt das Gesamtquantum des maschinenmäßig produzierten Artikels gleich dem Gesamtquantum des von ihm ersetzten handwerks- oder manufakturmäßig produzierten Artikels, so vermindert sih die Gesamtsumme der angewandten Arbeit. Die etwa zur Produktion der Arbeitsmittel selbst, der Maschinerie, Kohle usw., erheischte Arbeitszunahme muß kleiner sein als die durch Anwendung der Maschinerie bewirkte Arbeitsabnahme. Das Maschinenprodukt wäe sonst ebenso teuer oder teuer als das Handprodukt. Statt abergleichzubleiben, wächst tatsächlich die Gesamtmasse des von einer verminderten Arbeiteranzahl produzierten Maschinenartikels weit über die Gesamtmasse des verdrängten Handwerksartikels. Gesetzt, 400000

Ellen Maschinengeweb würden von weniger Arbeitern produziert als 100000 Ellen handgeweb. In dem vervierfachten Produkt steckt viermal mehr Rohmaterial. Die Produktion des Rohmaterials muß also vervierfacht werden. Was aber die verzehrten Arbeitsmittel, wie Baulichkeiten, Kohlen, Maschinen usw. betrifft, so ädert sich die Grenze, innerhalb deren die zu ihrer Produktion erheischte zusätliche Arbeit wachsen kann, mit der Differenz zwischen der Masse des Maschinenprodukts und der Masse des von derselben Arbeitszahl herstellbaren Handprodukts.

Mit der Ausdehnung des Maschinenbetriebs in einem Industriezweig steigert sich also zunächst die Produktion in den andren Zweigen, die ihm seine Produktionsmittel liefern. Wieweit dadurch die beschäftigte Arbeitermasse wächst, hängt, Länge des Arbeitstags und Intensität der Arbeit gegeben, von der Zusammensetzung der verwandten Kapitale ab, d.h. vom Verhährer konstanten und variablen Bestandteile. Dies Verhältnis seinerseits variiert sehr mit dem Umfang, worin die Maschinerie jene

[216a] "Der Erfinder der Spinnmaschine hat Indien ruiniert, was uns indes wenig rührt." (A. Thiers,

"De la Propriété", [p.275].) Herr Thiers verwechselt hier die Spinnmaschine mit dem mechanischen Webstuhl, "was uns indes wenig rührt".

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Gewerbe selbst schon ergriffen hat oder ergreift. Die Anzahl zu Kohlen- und Metallbergwerken verurteilter Menschen schwoll ungeheuer mit dem Fortschritt des englischen Maschinenwesens, obgleich ihr Anwachs in den letzten Dezennien durch Gebrauch neuer Maschinerie für den Bergbau verlangsamt wird.[217] Eine neue Arbeiterart springt mit der Maschine ins Leben, ihr Produzent. Wir wissen bereits, daß der Maschinenbetrieb sich dieses Produktionszweigs selbst auf stes massenhafterer Stufenleiter bemächtigt.[218] Was ferner das Rohmaterial betrifft[219], so unterliegt es z.B. keinem Zweifel, daß der Sturmmarsch der Baumwollspinnerei den Baumwollbau der Vereinigten Staaten und mit ihm nicht nur den afrikanischen Sklavenhandel treibhausmäßig föe, sondern zugleich die Negerzucht zum Hauptgeschäft der sogenannten Grenz-Sklavenstaaten machte. Als 1790 der erste Sklavenzensus in den Vereinigten Staaten aufgenommen ward, betrug ihre Zahl 697000, dagegen 1861 ungefähr vier Millionen. Andrerseits ist es nicht minder gewiß, daßüen der mechanischen Wollfabrik mit der progressiven Verwandlung von Ackerland in Schafweide die massenhafte Verjagung und "Überähligmachung" der Landarbeiter hervorrief. Irland macht noch in diesem Augenblick den Prozeß durch, seine seit 1845 beinahe um die Hälfte verminderte Bevölkerung noch weiter auf das dem Bedürnis seiner Landlords und der englischen Herrn Wollfabrikanten exakt entsprechende Maß herabzudrücken.

Ergreift die Maschinerie Vor- und Zwischenstufen, welche ein Arbeitsgegenstand bis zu seiner letzten Form zu durchlaufen hat, so vermehrt sich mit dem Arbeitsmaterial die Arbeitsnachfrage in den noch handwerks-oder manufakturmäßrken, worin das Maschinenfabrikat

[217] Nach dem Zensus von 1861 (Vol.II, Lond. 1863) betrug die Zahl der in den Kohlenbergwerken von England und Wales beschäftigten Arbeiter 246613, wovon 73546 unter und 173067 über 20

Jahre. Zur ersten Rubrik gehören 835 fünf- bis zehnjährige, 30701 zehn- bis fünfzehnjährige, 42010

fünfzehn- bis neunzehnjährige. Die Zahl der in Eisen-, Kupfer-, Blei-, Zinn- und allen andren Metallminen Beschäftigten: 319222.

[218] In England und Wales 1861 in der Produktion von Maschinerie beschäftigt: 60807 Personen, eingezählt die Fabrikanten samt ihren Kommis usw., ditto alle Agenten und Handelsleute in diesem Fach. Ausgeschlossen dagegen die Produzenten kleinerer Maschinen, wie Nähmaschinen usw., ebenso die Produzenten der Werkzeuge für die Arbeitsmaschinen, wie Spindeln usw. Zahl sämtlicher Zi-vilingenieure betrug 3329.

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[219] Da Eisen einer der wichtigsten Rohstoffe, so sei hier bemerkt, daß 1861 in England und Wales 125771 Eisengießer, wovon 123430 männlich, 2341 weiblich. Von den erstern 30810 unter und 92620 über 20 Jahre.

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eingeht. Die Maschinenspinnerei z.B. lieferte das Garn so wohlfeil und so reichlich, daß die Handweber zu-nächst, ohne vermehrte Auslage, volle Zeit arbeiten konnten. So steig ihr Einkommen.[220] Daher Men-schenzufluß in die Baumwollweberei, bis schließlich die von Jenny, Throstle und Mule in England z.B. ins Leben gerufnen 800000 Baumwollweber wieder vom Dampfwebstuhl erschlagen wurden. So wächst mit dem Überfluß der Maschinenmäßrten Kleidungsstoffe die Zahl der Schneider, Kleidermacherinnen, Näherinnen usw., bis die Nähmaschine erscheint.

Entsprechend der steigenden Masse von Rohstoffen, Halbfabrikaten, Arbeitsinstrumenten usw., die der Maschinenbetrieb mit relativ geringer Arbeitszahl liefert, sondert sich die Bearbeitung dieser Rohstoffe und Halbfabrikate in zahllose Unterarten, wächst also die Mannigfaltigkeit der gesellschaftlichen Produktionszweige. Der Maschinenbetrieb treibt die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ungleich weiter als die Manufaktur, weil er die Produktivkraft der von ihm ergriffnen Gewerbe in ungleich höhrem Grad vermehrt.

Das nächste Resultat der Maschinerie ist, den Mehrwert und zugleich die Produktenmasse, worin er sich darstellt, also mit der Substanz, wovon die Kapitalistenklasse samt Anhang zehrt, diese Gesellschaftsschichten selbst zu vergrößender Reichtum und die relativ beständig fallende Anzahl der zur Produktion der ersten Lebensmittel erheischten Arbeiter erzeugen mit neuem Luxusbedürfnis zugleich neue Mittel seiner Befriedigung. Ein größrer Teil des gesellschaftlichen Produkts verwandelt sich in Surplusprodukt und ein größrer Teil des Surplusprodukts wird in verfeinerten und vermannigfachten Formen reproduziert und verzehrt. In andren Worten: Die Luxusproduktion wächst.[221] Die Verfeinerung und Vermannigfachung der Produkte entspringt ebenso aus den neuen weltmarktlichen Beziehungen, welche die große Industrie schafft. Es werden nicht nur mehr ausländische Genußmittel gegen das heimische Produkt

[220] "Eine Familie von 4 erwachsnen Personen (Baumwollwebern) mit zwei Kindern als winders[1*]

gewann Ende des letzten und Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts 4 Pfd.St. per Woche bei 10stündiger Tagesarbeit; war die Arbeit sehr dringend, so konnten sie mehr verdienen ... Frütten sie immer gelitten von mangelnder Garnzufuhr." (Gaskell, l.c.p.34, 35.)

[221] F. Engels in "Lage usw."[2*] weist den jämmerlichen Zustand eines großen Teils grade dieser Luxusarbeiter nach. Massenhafte neue Belege hierzu in den Berichten der "Child. Empl. Comm."

[1*] Haspler – [2*] siehe Band 2 unserer Ausgabe

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ausgetauscht, sondern es geht auch eine größ fremder Rohstoffe, Ingredienzien, Halbfabrikate usw. als Produktionsmittel in die heimische Industrie ein. Mit diesen weltmarktliche Beziehungen steigt die Arbeits nachfrage in der Transportindustrie und spaltet sich letztre in zahlreiche neue Unterarten.[222]

Die Vermehrung von Pruduktions- und Lebensmitteln bei relativ abnehmender Arbeiterzahl treibt zur Ausdehnung der Arbeit in Industriezweigen, deren Produkte, wie Kanäle, Warendocks, Tunnels, Brücken usw., nur in fernrer Zukunft Früchte tragen. Es bilden sich, entweder direkt auf der Grundlage der Maschinerie, oder doch der ihr entsprechenden allgemeinen industriellen Umwälzung, ganz neue Produktionszweige und daher neue Arbeitsfelder. Ihr Raumanteil an der Gesamtproduktion ist jedoch selbst in den meistentwickelten Ländern keineswegs bedeutend. Die Anzahl der von ihnen beschäftigten Arbeiter steigt im direkten Verhältnis, worin die Notwendigkeit rohster Handarbeit reproduziert wird. Als Hauptindustrien dieser Art kann man gegenwärtig Gaswerke, Telegraphie, Photographie, Dampfschiffahrt und Eisenbahnwesen betrachten. Der Zensus von1861 (für England und Wales) ergibt in der Gasindustrie (Gaswerke, Produktion der mechanischen Apparate, Agenten der Gaskompagnien usw.) 16211 Personen, Telegraphie 2399, Photographie 2366, Dampfschiffdienst 3570 und Eisenbahnen 70599, worunter ungefähr 28000 mehr oder minder permanent beschäftigte "ungeschickte" Erdarbeiter nebst dem ganzen administrativen und kommerziellen Personal. Also Gesamtzahl der Individuen in diesen fünf neuen Industrien 94145.

Endlich erlaubt die außerordentlich erhöhte Produktivkraft in den Sphären der großen Industrie, begleitet, wie sie ist, von intensiv und extensiv gesteigerter Ausbeutung der Arbeitskraft in allen übrigen Produkti-275

DAS KAPITAL

onssphären, einen stets größren Teil de Arbeiterklasse unproduktiv zu verwenden und so namentlich die alten Haussklaven unter dem Namen der "dienenden Klasse", wie Bediente, Mägde, Lakaien usw., stets massenhafter zu reproduzieren. Nach dem Zensus von 1861 zählte die Gesamtbevölkerung von England und Wales 20066224 Personen, wovon 9776259 männlich und 10289965 weiblich. Zieht man hiervon ab, was zu alt oder zu jung zur Arbeit, alle "unproduktiven" Weiber, jungen Personen und Kinder, dann die "ideologischen"

Stände, wie Regierung, Pfaffen, Juristen, Militär usw., ferner alle, deren ausschließliches Geschäft der Verzehr fremder Arbeit in der Form von Grundrente, Zins usw., endlich Paupers, Vaga-

[222] 1861 in England und Wales 94665 in der Handelsmarine beschäftigte Seeleute.

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bunden, Verbrecher usw., so bleiben in rauher Zahl 8 Millionen beiderlei Geschlechts und der verschiedensten Altersstufen, mit Einschluß sämtlicher irgendwie in der Produktion, dem Handel, der Finanz usw. funktionierenden Kapitalisten. Von diesen 8 Millionen kommen auf:

Ackerbauarbeiter (mit Einschluß der Hirten

und bei Pächtern wohnenden Ackerknechte und

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