5.
Und dann kam der Tag!
In Washington schrieb man den 15. Januar 2010.
Die BAPURA stand startbereit. Die dreitausend Männer und Frauen der Besatzung waren an Bord gegangen. Wir hatten keine Schwierigkeiten gehabt, genügend Freiwillige zusammenzutrommeln. Im Gegenteil: wir hatten Leute zurückweisen müssen. Kein einziger hatte dienstverpflichtet werden müssen. Unter den dreitausend Mann Besatzung befanden sich die fähigsten Köpfe, die sich je mit den Problemen der alten, ausgestorbenen Marszivilisation und deren Technologie beschäftigt hatten.
Mir blieb, nachdem Jim Dogendal mir soeben per Radio versichert hatte, er brauche nur noch auf den »Start-Knopf« zu drücken, um den neunhundert Meter durchmessenden Raumriesen in Gang zu setzen, die Aufgabe, dem Robotgehirn in den Tiefen der alten Marsstadt einen letzten Besuch abzustatten. Es war ein seltsames Gefühl, mit dem ich – einsam, zuerst noch von dem ständigen Rumoren der schweren marsianischen Maschinen umgeben, später dann in völliger Stille – durch den zweiten Antigravschacht in die Tiefe glitt. Es war noch nicht lange her, da waren mir dieser Schacht und all die unheimlichen Gebilde, die sich an seinem unteren Ende befanden, wie die Erzeugnisse eines Alptraums erschienen. Jetzt jedoch hatte ich den Eindruck, mich durch vertrautes Gelände zu bewegen. Wie oft war ich in den vergangenen Tagen und Wochen hier auf- und abgeglitten, ein Gespräch mit NEWTON suchend oder von einem solchen Gespräch kommend. Wie merkwürdig und bedrückend war die Vorstellung, daß ich nun diesen Gang wahrscheinlich zum letzten Mal unternahm. Ich fragte mich, was aus dem Mars und der Erde werden würde, wenn unsere Expedition, wie zu erwarten, fehlschlug. Würde NEWTON etwas für die Rettung der Menschheit tun können? Ich war so in trübe Gedanken versunken, daß ich das untere Ende des Schachtes verpaßte und ziemlich hart aufprallte, weil ich versäumt hatte, mich rechtzeitig an einer der Haltestangen abzufangen.
Ich schritt durch den Schleusengang und durch den Programmiersaal. Dann stand ich erneut vor den beiden stationären Robotern, die mich identifizierten und schließlich das rotleuchtende Gitter öffneten. Ich ging zu einem der Sessel, in denen früher – 187.000 Jahre früher! – Admiral Saghon und seine engsten Mitarbeiter gesessen und den Kampf gegen die Deneber gelenkt hatten. Ich ließ mich nieder und sah zu der mittleren Kuppel auf.
»NEWTON, ich bin hier!« sagte ich.
»Ich habe Sie wahrgenommen, Sir«, antwortete der Robot sofort. »Ich kenne den Grund Ihrer Anwesenheit. Die BAPURA ist startbereit.«
»Du weißt alles, NEWTON«, antwortete ich. »Sag mir, wie du die Chancen unseres Unternehmens beurteilst!«
»Dazu fehlen mir wesentliche Informationen, Sir«, gab NEWTON zurück. »Über die Erfolgsaussichten Ihrer Expedition zum Mars-Versorger Alpha-sechs läßt sich zu diesem Zeitpunkt keine ernstzunehmende Aussage machen.«
»Okay, NEWTON, ich akzeptiere das«, ließ ich ihn wissen. »Sind die Kursdaten im Autopiloten der BAPURA gespeichert? Wird das Raumschiff wenigstens funktionieren und durchhalten?«
»Die Kursdaten sind gespeichert«, antwortet das Robotgehirn. Der Teufel mochte seine ewig sachliche Stimme holen! »Soweit mir bekannt ist, befindet sich die BAPURA in ausgezeichneter Verfassung. Alle notwendigen Reparaturarbeiten sind erfolgreich abgeschlossen.«
Ich stand auf. Ich hatte hier unten nichts mehr zu suchen. Oben warteten Jim Dogendal und dreitausend Männer und Frauen darauf, daß ich sie aus ihrer nervenzermürbenden Spannung erlöste.
»Ich gehe, NEWTON«, sagte ich so laut, daß es von den Wänden widerhallte. »Du hast mir erklärt, daß du mich als Erben deiner Erbauer und als Befehlsberechtigten anerkennst. Ich gebe dir zum Abschied einen Befehl, von dem ich nicht weiß, ob du ihn ausführen kannst. Ich befehle dir, über dieses Sonnensystem und besonders über die zwei Planeten Erde und Mars zu wachen und alle Gefahr, ob sie von innen oder von außen kommt, von ihnen fernzuhalten!«
Ich blieb noch eine Weile stehen, um zu hören, ob er auf diese Anweisung hin etwas zu sagen hatte. Ich erwartete es nicht, und meine Erwartung erwies sich als richtig.
In diesem wichtigsten aller Augenblicke schwieg NEWTON …
Ich betrat den riesigen, dreiviertelrunden Kommandostand der BAPURA. Seine Verklärtheit, Tumadschin Khan, trug heute die schmucklose, zweckmäßige Uniform seiner Raumflotte. Lediglich ein silberner, siebenzackiger Stern auf den schmalen Schulterriegeln seiner Uniform wies seinen Rang aus.
Die Spannung war so intensiv, daß ich sie körperlich spürte. Aller Augen richteten sich auf mich, als ich durch das breite Schott trat. Mich erfaßte beim Anblick der blassen Gesichter, der fremdartigen Maschinen und des unablässigen Geblinkers der bunten Leuchtanzeigen jenes Gefühl, das der Terraner nicht in dem Augenblick, in dem er es empfindet, sondern später, wenn er in fröhlicher Runde darüber berichtet, als »Bammel« bezeichnet. Als sich das Schott hinter mir schloß, hielt ich eine Sekunde lang inne und wartete, bis meine Knie die eigentümliche Weichheit verloren hatten, von der sie plötzlich befallen worden waren.
War das nicht die Klappe einer Falle, die sich soeben hinter mir geschlossen hatte? Würden wir nicht alle, die wir hier waren, in diesem Raum auch zugrunde gehen, kurz nachdem einer von uns einen falschen Hebel gezogen oder einen falschen Knopf gedrückt hatte? War ich soeben freiwillig in den für mich und meine Kameraden hergestellten Sarg gestiegen?
Im Hintergrund meines Bewußtseins pochte die Erinnerung an meine Schulung als GWA-Schatten. Der Einsatzleiter ist für die Moral seiner Gruppe verantwortlich. Diese Verantwortung kann nicht schwer genug genommen werden, denn eine Einsatzgruppe ohne ausreichende Moral hat höchstens die Hälfte der maximalen Aussicht auf Erfolg.
In Ordnung also … ich hatte Angst. Mehr Angst, als ich jemals im Leben gehabt hatte. Aber ich durfte sie nicht zeigen. Ich mußte derjenige sein, an dem die andern sich aufrichteten. Das ist eine der übelsten Aufgaben, die einem Menschen zufallen kann. Aber ich hatte sie nun einmal, konnte sie an niemand weiterreichen und war gezwungen, sie zu erfüllen.
An dem runden Teil der Wand des Dreiviertelkreises entlang standen die Kontrollkonsolen der Offiziere, die unmittelbar für die Lenkung des Schiffes verantwortlich waren. Dicht über den Konsolen, die kuppelförmige Decke des Raums bis hinauf zum Zenit ausfüllend, befanden sich Bildschirme – große, riesige und gigantische, die den verschiedensten Zwecken dienten. Die Mehrzahl wurde für die Anzeige marsianischer Farbkode-Signale verwendet, die wir noch immer nicht richtig gedeutet hatten. Der Rest besorgte die Übermittlungen von Ortungssignalen und optischen Bildern, die die Außenbordkameras, zum Teil auch die Aufnahmegeräte des Interkomsystems erzeugten. Die gerade Rückwand des Dreiviertelkreises wurde von Schalttischen eingenommen, die der An-Bord- und der Außenbordkommunikation dienten.
Annähernd im Mittelpunkt des Kommandoraums jedoch befand sich, auf einer Art Podest, zu dem zwei Stufen hinaufführten, das Pult des Kommandanten. Von dieser Stelle aus hatte der Kommandant des Schiffes nicht nur einen umfassenden Überblick über den Kommandoraum, sein Pult war obendrein die bestausgestattete Schaltstelle in diesem riesigen Rund. Das war mein Platz. Dort oben würde ich sitzen und Befehle erteilen. Dort oben würde ich sitzen und der erste sein, der merkte, daß es mit der BAPURA …
Nein, daran wollte ich nicht mehr denken.
Mit forschem Schritt bewegte ich mich auf das Podest zu. Ich stieg die zwei Stufen hinauf und blieb hinter dem Kommandopult stehen. Ich blickte in die Runde, sah die bleichen, angespannten Gesichter noch immer auf mich gerichtet und zwang mich zu einem Grinsen.
»Nein, ich muß Sie enttäuschen!« sagte ich laut und deutlich. Zudem wurden meine Worte von einem marsianischen Lautsprechersystem aufgenommen und verstärkt, so daß sie auch im letzten Winkel des großen Raumes zu vernehmen waren. »Ich bin nicht der Weihnachtsmann!«
Ich hörte jemand lachen. Es war ein gequältes Lachen wie von jemand, der sich zu dieser Äußerung verpflichtet fühlt. Aber niemand sonst fiel ein, und der einzige Lacher, von seinen Genossen alleingelassen, verstummte abrupt. Da wußte ich, daß es auf diese Weise nicht ging.
»Starren Sie mich nicht so an!« schrie ich wütend. »Ich bringe Ihnen nicht die Nachricht, daß die Expedition abgeblasen worden ist. Wir starten … und zwar sofort! Captain Dogendal … leiten Sie den Startvorgang ein.«
Da drehten sie sich wieder um. Dogendal, der Kopilot, warf einen letzten Blick auf seine Instrumente. Er tat es mit dem fachmännischen Blick des versierten Schlachtschiffpiloten; in Wirklichkeit war es kaum mehr als eine Reflexhandlung. Dogendal war Pilot. Dieser letzte Blick war ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Er rückte das Mikrophon zurecht und sagte mit heiserer Stimme:
»BAPURA startet … jetzt!«
Es war genau wie beim erstenmal, als wir mit einem marsianischen Superschlachtschiff starteten: auf den optischen Bildschirmen blieben das riesige Landefeld und die marsianische Wüste so rasch hinter uns zurück, als arbeite vor den Kameras eine ungeheuer schnelle Zoom-Linse. Es war wie eine Trickaufnahme. Innerhalb weniger Sekunden wandelte sich die ebene Fläche zu einem winzigen Punkt auf der Oberfläche einer Kugel. Die Kugel selbst schrumpfte zusehends, und das Bildfeld zeigte in immer weiterer Ausdehnung den schwarzen, sternenbesäten Hintergrund des Alls.
Die BAPURA beschleunigte mit unheimlichen Werten, und dennoch empfanden wir im Innern des Raumschiffs nicht den geringsten zusätzlichen Andruck. Die Schwerkraft im Raumschiff war auf annähernd ein Gravo eingeregelt – ein Verdienst unserer Spezialisten, die schließlich doch die richtigen Knöpfe gefunden hatten, um wenigstens dieses Problem zur allgemeinen Zufriedenheit zu lösen. Welch unglaublich fortgeschrittene Technik verbarg sich hinter dieser Bequemlichkeit! Welche Kräfte mochten es sein, die die alten Marsianer mobilisiert hatten, um den Beschleunigungsandruck so vollkommen zu neutralisieren?
Auf meinem Pult leuchtete einer von Dutzenden kleiner Bildschirme auf, über die ich visuell mit jedem wichtigen Punkt der BAPURA verbunden war. Naru Kenonewes hageres, schwarzes Gesicht wurde erkennbar. Er grinste, und sein kräftiges, strahlend weißes Gebiß bildete einen überraschenden Gegensatz zu seiner ebenholzfarbenen Haut.
»Radar meldet: Abstand zum Mars knapp zweihunderttausend Kilometer, Sir«, berichtete er. »Und das vierzig Sekunden nach dem Start!«
Die Sache schien ihm Spaß zu machen. Ich überschlug die Rechnung kurz im Kopf und kam zu dem Ergebnis, daß die BAPURA mit mehreren hundert Kilometern pro Sekunde beschleunigt haben mußte. Mir schwindelte. Ich nahm an, daß die Beschleunigung in den ersten paar Sekunden unmittelbar nach dem Start geringer gewesen war als in diesem Augenblick – und dennoch: welchen Orkan mußten wir selbst in der dünnen marsianischen Atmosphäre entfacht haben!
»Können Sie erkennen, wohin unser Kurs gerichtet ist, Naru?« fragte ich.
»Nur dank unseren eigenen Meßgeräten, Sir«, antwortete er. »Die marsianischen Instrumente sagen wahrscheinlich auch darüber aus, aber keiner von uns kann sie lesen. Wir entfernen uns von der Sonne in einem ziemlich steilen Winkel zur allgemeinen Ebene der Planetenbahnen. Wir bewegen uns auf einem Kurs, den vor uns noch kein Mensch geflogen ist.«
Sein Grinsen verschwand. Das Gesicht, das mich jetzt von dem kleinen Bildschirm herauf anblickte, war bitter ernst.
»In Ordnung, Naru«, antwortete ich besänftigend, »damit mußten wir rechnen. Wie steht es mit den anderen Stationen des Schiffes?«
»Ich erkundige mich sofort, Sir«, antwortete Kenonewe, ein wenig verlegen, da er sich an eine selbstverständliche Pflicht erinnert fühlte.
Aber bevor er dazu kam, seine Umfrage ins Mikrophon zu sprechen, leuchteten auf meinem Pult weitere Bildschirme auf. Es war genau so, wie wir es schon einmal erlebt hatten: es schien an Bord dieses Raumschiffs ein Servosystem zu geben, das auf akustische Signale reagierte – auf Signale in englischer Sprache noch dazu! Ertrol, Snofer, Listerman – sie alle waren plötzlich zu sehen.
»Leutnant Ertrol, Sir«, klang es aus dem Empfänger. »Orterzentrale alles regulär.« Er verzog das Gesicht zu einem schmalen, freudlosen Lächeln. »Was man so regulär nennt.«
»Das heißt, Sie orten keine fremden Raumschiffe, wie?« fragte ich, wobei ich mich gut gelaunt zeigte.
Ertrols Lächeln wurde ein wenig verbindlicher.
»Keine, Sir«, bestätigte er.
»Gut.« Ich wandte mich dem nächsten Bildschirm zu. »Captain Snofer, wie steht es bei Ihnen?«
Snofer war ernst, wie gewöhnlich. Im Dienst brachte er selten eine andere als eine sachliche Miene zuwege.
»Alles in Ordnung, Sir«, reagierte er. »Die Farbanzeigen laufen wie gewohnt. Die Triebwerkszentrale meldet nichts Ungewöhnliches.«
»Vorzüglich«, lobte ich – und dann, weil er gar so säuerlich dreinblickte, fügte ich ein wenig gehässig hinzu: »Wenn Sie es für die Dauer der Expedition so halten können, haben Sie die Beförderung zum Major schon in der Tasche.«
Er verzog keine Miene. Ich wandte mich Listerman zu. Er wirkte ausgesprochen fröhlich. Bevor ich etwas sagen konnte, meldete er:
»Gefechtszentrale klar, Sir. Alle Geschütze feuerbereit. Nur ein kleines Problem.«
»Welches?« fragte ich überrascht.
»Kein Ziel, Sir«, grinste er mich an.
»Der Teufel soll Sie holen, Listerman!« knurrte ich. »Ihnen wird das Lachen schon noch vergehen.«
Die Zurechtweisung beeinträchtigte seine Laune nicht im geringsten.
»Eben deswegen, Sir«, antwortete er schlagfertig, »lache ich, solange ich noch Gelegenheit dazu habe.«
Ich hätte mich wahrscheinlich länger mit ihm unterhalten, aber ein weiterer Bildschirm leuchtete plötzlich auf, und ich erkannte die hagere Gestalt meines persönlichen Adjutanten.
»Botcher, Sie?« fragte ich überrascht. »Wie kommen Sie dazu …«
Ich zögerte eine Sekunde, und er nahm die Gelegenheit wahr, meine unausgesprochene Frage zu beantworten.
»Ich bediene das Fernkommunikationspult, Sir. Sie brauchen sich nur umzudrehen, zur geraden Wand hin, dann können Sie mich sehen.«
Ich tat es. Philip Botcher saß hinter der größten Konsole im Hintergrund des Kommandoraums. Er hatte sich ebenso umgewandt und winkte mir zu.
»Das war es übrigens nicht, was ich sagen wollte, Sir«, bemerkte er einigermaßen verlegen, als wir beide uns wieder dem Interkom zudrehten. »Ich habe einen Anruf für Sie.«
Für einen Augenblick blieb mir die Luft weg. Er bediente, hatte er gesagt, die Fernverbindungen, besser gesagt: die Außenbordkommunikation. Wir waren mittlerweile weit über einen Mondbahnradius vom Mars entfernt. Wer brachte es fertig, über solch eine Distanz …
In demselben Augenblick, in dem ich darüber nachzudenken begann, kam mir wie von selbst die Antwort.
»Reling, nicht wahr?« fragte ich Botcher.
»Derselbe, Sir«, nickte mein Adjutant. »Ich schalte um!«
Botchers Bild verblich. Einen Augenblick später erschien General Relings schnurrbärtige Visage. Er lächelte verhalten.
»Sie wundern sich, wie?« fragte er.
»Ich wundere mich, zugestanden«, antwortete ich. »Aber ich nehme an, daß Sie ein paar fähige Wissenschaftler gefunden haben, die in mühseliger Arbeit etwas über die Theorie des Hyperfunks lernten und es fertigbrachten, Ihren Sender auf die Frequenz der BAPURA zu justieren.«
Das Lächeln verlor sich.
»Sie sind viel zu verdammt schlau«, knurrte er. Wir waren kaum weniger als einhundert Millionen Kilometer voneinander entfernt, und trotzdem hörte ich ihn nicht nur ohne Zeitverlust, sondern obendrein noch so klar und deutlich, daß ich jede Nuance der vertrauten Stimme erkennen konnte. »Wenn Sie schon so schlau sind, dann sagen Sie mir gefälligst, wann Sie den Sendetransmitter abgestellt haben und wann Sie wieder zur Erde zurückkehren werden!«
Jetzt war es an mir zu lächeln.
»Ich bedaure, Sir«, antwortete ich. »Schlechte Verbindung. Ich habe Ihre Frage nicht verstanden.«
»Es war keine Frage …«, bellte er. Weiter sprach er nicht. Er hatte gemerkt, daß er auf den Arm genommen werden sollte.
Von einem Augenblick zum anderen wurde er ruhig und sachlich.
»Ich rufe Sie aus zwei Gründen an«, sagte er. »Erstens wollte ich Ihnen mitteilen, daß die Rotation der Erde um die eigene Achse sich bislang insgesamt um nahezu eine Millisekunde pro Tag verlangsamt hat. Infolge der Unmengen von Versorgungsgütern, die dieser verfluchte Transmitter über Australien, dem Pazifik und der Antarktis ablädt.« Er machte eine kleine Pause und fuhr sich dabei mit der Zungenspitze über die Oberlippe, eine deutliche Geste der Nervosität, die ich zuvor noch nie an ihm beobachtet hatte. »Und zweitens wollte ich Ihnen und Ihrer Mannschaft viel Glück wünschen!«
Der Bildschirm wurde plötzlich dunkel. Ich fuhr überrascht zurück. Dann begann ich zu begreifen. Der harte Reling – der Befehlshaber der Geheimen Wissenschaftlichen Abwehr, dessen Erfolg zum Teil auf seinem Ruf beruhte, ungewöhnlich hart zu sein – hatte plötzlich Anzeichen von Rührung verspürt. Und um uns diese Anzeichen nicht sehen zu lassen, hatte er die Hyperfunksendung abrupt unterbrochen.
Es war lächerlich: aber mir kam plötzlich der Gedanke, daß es um unsere Expedition doch nicht so schlecht bestellt sein könne, wenn Arnold G. Reling sich davor fürchtete, wir könnten ihn nach unserer Rückkehr an den einzigen Augenblick in seinem Leben erinnern, in dem er ein weiches Herz gezeigt hatte.