Zwölftes Kapitel
In einer kompromittierenden Lage entdeckt zu
werden, ist womöglich der sicherste Weg, sich einen Ehemann zu
fangen – obgleich ich nicht raten würde, dass Sie solch drastische
Methoden anwenden.
Bei Damons Antwort ging Eleanor das Herz über. Sie
zitterte von Kopf bis Fuß, als sie in seine dunklen Augen aufsah,
und die Zeit stand still. Seine Zärtlichkeit umfing Eleanor
vollständig.
Hilflos zu ihm hingezogen, reckte sie ihm ihren
Mund entgegen. Doch sein Kuss fiel eher flüchtig aus.
»Keine Eile, Liebes«, murmelte er. »Ich möchte,
dass dein erstes Mal so unvergesslich schön wird.«
Ein wohliger Schauer durchfuhr ihren Leib. Ja, sie
hegte nicht den geringsten Zweifel, dass Damon ihr etwas schenken
würde, woran sie ihr Leben lang mit Freuden zurückdenken
würde.
Damon setzte sich auf, nahm die Decke und breitete
sie zu einer weichen Unterlage aus. Dann bedeutete er Eleanor, sich
darauf zu knien und nahm ihr den Hut und die Pelisse ab. Als
Nächstes öffnete er die Knöpfe hinten an ihrem Kleid und zog das
Mieder herunter, bevor er die Träger ihres Hemdchens hinabzog.
Langsam strich er von ihrem Hals bis zu den Wölbungen ihrer Brüste,
die vom Korsett nach oben gedrückt wurden. Eleanor erschauerte,
als er die Spitzen entblößte und sie genüsslich betrachtete.
Für einen Moment sah Damon sie einfach nur an, wie
sie sich mit jedem Atemzug hoben und senkten, aber dann beugte er
sich vor. Eleanor rang nach Atem, als er eine der Brustspitzen in
den Mund nahm und sanft an ihr sog. Der zarte, feuchte Druck
bewirkte, dass Hitze zwischen ihren Schenkeln aufwallte.
Ungeduldig wollte Eleanor ihn näher zu sich ziehen,
doch Damon weigerte sich.
»Langsam, Elle. Du bist noch nicht bereit für
mich.«
»Dann mach mich bereit«, drängte sie.
»Mit Vergnügen.«
All ihre Sinne waren überempfindlich, als er sie
auf die Decke zurücklegte. Dann schob er ihre Röcke bis über ihre
Knie nach oben, neigte sich über ihren Innenschenkel, um ihn mit
Küssen zu bedecken. Seine Berührung war fast unwirklich schön.
Seine warmen Lippen streichelten und neckten sie. Als er ihr Kleid
noch höher zog und damit ihre intimsten Stellen entblößte,
katapultierte es ihr Verlangen in ungekannte Höhen.
Ihr wurde fiebrig heiß, während sein Mund sich zu
ihrem Venushügel bewegte, der von schwarzen Locken bedeckt war.
Plötzlich hielt er inne, und Eleanor blickte zu ihm hinab. Allein
der Anblick von Damon zwischen ihren gespreizten Schenkeln reichte
aus, um sie erzittern zu lassen. Sein dunkles Haar bildete einen
erotischen Kontrast zu ihrer blassen Haut. Und dann spürte sie
seinen Atem auf ihren Schamlippen.
Sie wimmerte, sowie seine Zunge über ihre Scham
strich. Im nächsten Moment liebkoste er sie richtig und nahm die
verborgene Knospe ihres Schoßes in seinen Mund. Es versetzte ihr
einen solch süßen Schrecken, dass sie unwillkürlich die Hüften nach
oben bog, was nur dazu führte, dass Damon beide Hände an ihren Po
legte und sie stillhielt.
Vielleicht sollte sie von seiner kühnen
Leidenschaft entsetzt sein wie auch von ihrer eigenen
Liederlichkeit, dachte Eleanor benommen, aber stattdessen genoss
sie die magischen Liebkosungen.
Ein Stöhnen entfuhr ihrer Kehle, als er die
geschwollene, hochempfindliche Stelle mit der Zunge streichelte.
Eleanor klammerte sich an seine Schultern. Sie wusste nicht, ob sie
noch mehr aushalten könnte, aber Damon setzte seine sinnliche
Tortur fort, bis Eleanor sich unter ihm wand, den Kopf hin und her
warf und glaubte, sie müsste zerspringen vor Wonne. Was sie wenige
Momente später auch tat.
Ihr war, als würde sie gleichzeitig dahinschmelzen
und explodieren.
Danach fühlte sie sich schwach, auf wunderbare
Weise entkräftet. Mit geschlossenen Augen lag sie da, immer noch
benommen. Doch als sie bemerkte, dass Damon sich seitlich neben sie
legte, blickte sie ihn an.
Was sie in seinem Gesicht sah, war zärtliche
Zustimmung. Zu ihrer Verwunderung nahm er ihre Hand und führte sie
zu ihrer Scham, die nun sehr feucht war.
»So ist es besser«, sagte er zufrieden. »Dein
Körper
ist darauf vorbereitet, dass ich in ihn eindringe. Du bist feucht
von deinem eigenen Nektar.«
Er ließ sie los und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf
seine Lenden, indem er seine Hose aufknöpfte. Ihr Atem versagte,
als er sie öffnete und seinen langen, geschwollenen Phallus
befreite, der steil aus dem dunklen Haar aufragte. Eleanor
schluckte, fasziniert von seiner pulsierenden Größe.
Wieder nahm Damon ihre Hand und legte sie an sein
Glied, so dass seine samtige Haut ihre Handfläche streifte. Er
atmete hörbar ein, kaum dass sie ihre Finger um den harten Schaft
schloss. Sanft streichelte sie mit der anderen Hand über den festen
Hodensack darunter, was ihn vor Wonne erbeben ließ.
»Das reicht, meine Süße«, warnte er sie heiser.
»Wenn du mich zu sehr erregst, kann ich mich nicht mehr
beherrschen.«
»Ich möchte gar nicht, dass du dich beherrschst«,
flüsterte Eleanor, der wagemutig und herrlich leichtsinnig zumute
war.
»Doch, möchtest du. Wir müssen langsam sein, damit
ich dir nicht wehtue.«
Er stützte sich auf einen Ellbogen auf und zog
Eleanor ganz nah zu sich, so dass sie seine Erektion an ihrem
Schenkel spürte. Die zärtliche Sinnlichkeit, mit der er ihr eine
Locke aus der Stirn strich, rührte sie.
»Hiervon habe ich geträumt«, murmelte er.
Auch sie hatte geträumt, sich mit Damon zu
vereinen, zu genießen, wie er sie festhielt, sie berührte und sie
verwöhnte.
Eine Hand an ihrer Wange, neigte er sich zu ihr
und malte ihr federleichte Küsse auf Wange, Kinn und Hals. Die
Wärme seiner Berührung erhitzte ihre Haut und erregte ihre Brüste,
die er zu liebkosen begann.
Einen Moment später legte er sich ganz auf sie,
seine Beine zwischen ihren Schenkeln, und sah sie an. Ein heißes
Verlangen, erregend und schmeichelnd zugleich, loderte in seinen
Augen.
Dasselbe dürfte er in ihrem Blick erkannt und die
köstliche Hitze gefühlt haben, die im Takt mit Eleanors Herz
pulsierte. Sie begehrte ihn mit einer Ungeduld, die ihr Angst
machte.
Dennoch fürchtete sie sich nicht, als sein hartes
Glied die Öffnung zwischen ihren Schenkeln fand und behutsam
dagegen drückte. Sehr langsam und vorsichtig drang er in sie
ein.
Dabei sah er ihr in die Augen. »Sag mir, wenn ich
aufhören soll«, raunte er.
»Ja, tue ich …«
Aber sie wollte nicht, dass er aufhörte. Seine
muskulösen Schenkel spreizten ihre, während er tiefer sank und
unaufhaltsam in sie hineinglitt. Eleanors Schoß öffnete sich ihm
willig, dehnte sich und nahm seine Männlichkeit in sich auf.
Als er schließlich ganz in ihr war, fühlte Eleanor
sich überwältigend erfüllt von ihm, empfand es jedoch überhaupt
nicht als schmerzhaft. Allerdings ging ihr Atem flacher, und sie
war sicher, dass er das Pochen ihres Herzens an seiner Brust
fühlte.
»Geht es dir gut, Elle?«
Er klang besorgt, weshalb sie ihn mit einem Lächeln
beruhigte.
»Ja«, hauchte sie. Dass sie beide auf die intimste
Weise vereint waren, schien so richtig, ja, vollkommen.
Damon lag ganz still und wartete, bis sie sich an
das Gefühl gewöhnt hatte, ihn vollständig in sich zu haben. Und
nach einer Weile bemerkte Eleanor, dass sich die einzigartige
Anspannung erneut in ihr aufbaute.
Sobald sich ihre inneren Muskeln um sein Glied
entspannten, zog Damon sich zurück, bevor er wieder tief in sie
eindrang. Diese sinnliche Bewegung wiederholte er unzählige Male,
und mit jedem behutsamen Gleiten streichelte er sie. Nach und nach
steigerte er seinen Rhythmus, lockte sie, sich ihm anzuschließen,
bis sie instinktiv anfing, ihre Hüften im Einklang mit seinen zu
bewegen. Sie waren in einem Tanz köstlicher Hemmungslosigkeit
vereint.
Aus Eleanors leisen Seufzern wurde ein tiefes
Stöhnen, als Damon die sinnlichsten Gefühle in ihr auflodern ließ.
Er selbst atmete angestrengt, und dennoch fühlte Eleanor deutlich,
dass er seine Stöße bändigte, weil ihm ihr Vergnügen wichtiger
war.
Bald schluchzte sie vor unerträglicher Wonne.
Beinahe verzweifelt regte sie sich unter ihm, denn aus den
anfänglichen Funken entstand eine Feuersbrunst, die sich zu einem
Orkan der Lust steigerte, unter dem Eleanor sich ihm entgegenbog
und aufschrie.
Er fing ihr wildes Seufzen mit seinem Mund ab,
während er seine rhythmischen Stöße fortsetzte und damit die
Ekstase verlängerte, die ihren Körper in Wellen überrollte.
Erst dann gab Damon demselben Aufruhr der
Empfindungen nach. Mit einem rauen Stöhnen
lehnte er sein Gesicht in ihre Halsbeuge, seine sämtlichen Muskeln
angespannt, ehe er erbebte und schließlich sehr still wurde.
Eng umschlungen lagen sie da, wunderbar ermattet
und benommen von den Nachwirkungen der Leidenschaft, während ihrer
beider Atem wieder langsamer wurde.
Damon erholte sich als Erster. Er hob den Kopf und
küsste Eleanors gerötetes Gesicht wieder und wieder. Es waren
sachte, beruhigende Liebkosungen, die mit Eleanors Herz anstellten,
was seine wunderbare Leidenschaft soeben mit ihrem Körper getan
hatte.
»Nach all den Fantasien, die ich von dir hatte«,
murmelte er, »war die Wirklichkeit unendlich viel süßer.«
Ihr fehlte die Kraft, etwas zu antworten, also
lächelte sie nur mit geschlossenen Augen. Damons Gewicht lastete
auf ihr, aber sie wollte sich nicht bewegen. Sie wünschte, sie
könnte einfach hier liegen bleiben, seine Kraft spüren und das
Gefühl genießen, ganz von ihm ausgefüllt zu sein. In diesem Moment
empfand sie eine tiefe Verbundenheit mit Damon, die sich nicht bloß
auf ihre Körper beschränkte. Auch ihre Herzen schienen eins zu
sein. Ihre intime Begegnung war berauschend gewesen, heiß, wild und
aufregend. Sie hatte Eleanors kühnste Erwartungen bei weitem
übertroffen. Und dennoch kannte sie jenes alles bezwingende,
schwindelerregende Gefühl, das sie mit intensivster Süße, mit
magischer Verzückung flutete …
Eleanor erstarrte, als sie begriff. Dieses
besondere Sehnen in ihr war Liebe!
Sie liebte Damon immer noch. Ja, sie hatte nie
aufgehört, ihn zu lieben.
Das Geräusch von Stimmen und sich nähernden
Schritten schien von weit her zu kommen, aber auch viel zu nahe an
ihrem Seidenkokon zu sein.
Damon zuckte zusammen und Eleanor ebenfalls, sobald
sie begriffen hatte, dass sie bald nicht mehr allein wären.
Er raunte einen Fluch, bevor er sich vorsichtig von
ihr erhob und ein Taschentuch aus seinem Gehrock angelte. »Ich
hatte befürchtet, dass das passieren könnte.«
Mit einem reumütigen Lächeln wischte er die Spuren
seines Samens von ihren Schenkeln und seinen Lenden. »Wir sollten
uns lieber rasch die Kleider richten, Elle, denn ich vermute,
gleich wird uns die hiesige Anwohnerschaft begrüßen.«
Eleanor stand noch unter dem Eindruck ihrer
jüngsten Erkenntnis, aber die Aussicht, mit Damon in flagranti
entdeckt zu werden, rückte schnell in den Vordergrund. Beide hatten
sich eilig wieder angemessen bedeckt und ihre Kleider gerichtet, so
gut es ging, als auch schon mehrere Farmer von den angrenzenden
Feldern bei ihnen waren.
Sobald sie den erschlafften Ballon vom Korb gezurrt
hatten und Damon ihnen ruhig ihre Lage geschildert hatte, boten die
Farmer ihnen an, sie zum hiesigen Gutshaus zu bringen, wo sie sich
eine Kutsche leihen könnten. Was Damon höflich ablehnte. Eleanor
vermutete, dass er fand, je weniger Landadel sie in ihrem
ramponierten Zustand sähe, umso besser.
Stattdessen versprach Damon einem der Farmer eine
hohe Summe, wenn er sie in seinem Wagen nach London brachte, und
eine weitere für den Rücktransport des Ballons.
Eleanors Gedanken überschlugen sich, als sie die
weite Fahrt nach London begannen. Der Himmel mochte ihr beistehen,
sie liebte Damon immer noch! Von dem Moment an, in dem er wieder in
ihr Leben trat, hatte sie mit ihren Gefühlen gerungen, hatte gegen
alles gekämpft, was sie noch an Empfindungen für ihn hegte, doch es
war sinnlos gewesen.
Und nun hatte sie alles verschlimmert und ihm ihre
Unschuld geschenkt.
Sie kniff die Augen zusammen, während sie von Reue
und Selbstvorwürfen geplagt wurde. Nachdem der Zauber ihres
Liebesaktes verflogen war, kam sie sich unsagbar idiotisch vor. Sie
musste von Sinnen gewesen sein, ihrem Begehren nachzugeben.
Was in Gottes Namen sollte sie jetzt tun? Auf
keinen Fall durfte sie ihm sagen, wie sie empfand, denn es wäre
viel zu furchtbar, wenn er ihre Liebe verschmähte.
Allerdings war diese Frage gegenwärtig nicht die
vordringliche. Über hundert Leute hatten zugesehen, wie sie
gemeinsam in den Himmel aufstiegen. Folglich galt es zu überlegen,
wie sie einen eventuellen negativen Nachhall mieden. Was sie
wiederum schlecht vor dem Farmer besprechen konnten.
Damon verbrachte den größten Teil der Fahrt
schweigend. Wann immer sich seiner und Eleanors Blick begegneten,
war seine Miene zu verschlossen, als dass Eleanor erahnen könnte,
was er dachte oder fühlte – oder ob er dieselbe Reue empfand.
Vielleicht ersann er auch bloß eine Geschichte, die
ihre lange Abwesenheit glaubhaft erklärte. Das hoffte sie
zumindest, denn bis der Farmer sie am frühen Nachmittag vor dem
Haus am Portman Place absetzte, waren fast vier Stunden
vergangen.
»Damon«, sagte Eleanor leise, als sie die Stufen
zum Stadthaus der Beldons hinaufgingen, »meine Tante wird
zweifellos unglücklich über das heutige Ereignis sein, auch wenn
wir es nicht verschuldeten. Ich denke, wir sollten betonen, dass
wir kurz nach der Landung gefunden wurden.«
Zwar blieben Damons Züge verschlossen, doch sein
Tonfall mutete seltsam gelassen an. »Gestatte bitte, dass ich mit
ihr spreche, Elle.«
Wie sich herausstellte, blieb Eleanor wenig
Gelegenheit, zuzustimmen oder abzulehnen. Ein Diener hatte ihnen
eben geöffnet, als Tante Beatrix aus dem vorderen Salon in die
Diele gelaufen kam. Allem Anschein nach hatte sie ungeduldig auf
Nachricht von den verlorenen Ballonfahrern gewartet.
»Gott sei Dank!«, rief sie aus und umarmte Eleanor
ungewöhnlich stürmisch. »Ach, mein liebes Kind, ich war von Sinnen
vor Angst. Ich befürchtete schon, du könntest zu Tode gekommen
sein.«
Eleanor hatte ihre Tante noch nie so aufgewühlt
gesehen, geschweige denn erlebt, dass sie so überschwänglich ihre
Zuneigung äußerte. »Die Gefahr war weniger ernst als sie hätte sein
können, Tante. Lord Wrexham hat den Ballon sicher auf eine Weide
navigiert und gelandet, wo wir von einigen Farmern gerettet
wurden.«
Bei der Erwähnung Damons versteifte sich Beatrix
merklich und wich zurück. Ihre große Erleichterung
wandelte sich in Missmut, als sie zu ihm schaute.
»Ich danke Ihnen, Sir«, sagte sie hochmütig, »aber
ich kann Ihnen nicht vergeben. Dieses Unglück wäre niemals
geschehen, hätten Sie sich nicht unserer kleinen
Ausflugsgesellschaft aufgedrängt.«
»Seine Lordschaft trifft keinerlei Schuld«,
widersprach Eleanor hastig. »Jemand löste die Befestigungsseile des
Ballons, bevor Signor Pucinelli zu uns in die Gondel steigen
konnte.«
Tante Beatrix beäugte sie misstrauisch. »So wurde
es mir auch erzählt. Pucinelli war entsetzt, dass du in der Gondel
warst, und bat vielmals um Verzeihung. Er glaubt, einer seiner
Männer war der Schuldige, nur leider konnte man ihn nicht befragen,
weil der Schurke seitdem verschwunden ist. Dennoch entschuldigt es
nicht, was Lord Wrexham tat.« Sie warf Damon einen unheilvollen
Blick zu. »Dies ist das zweite Mal, dass Sie den guten Namen meiner
Nichte in den Schmutz ziehen. Sie ist gänzlich ruiniert. Bereits
jetzt sprechen alle von Ihrem gemeinsamen Verschwinden.«
Eleanor öffnete den Mund, um Damon zu verteidigen,
doch ihre Tante fuhr fort, ihr Elend zu bejammern. »Ihr Betragen
ist mehr als abscheulich, Lord Wrexham. Eleanor wird von der
vornehmen Gesellschaft geschnitten werden, und ich muss mich fortan
gesenkten Hauptes in den besseren Kreisen bewegen, was einzig und
allein Ihre Schuld ist, Sir! Sie sind der übelste aller
Schurken. Keine Dame ist in Ihrer Nähe sicher …«
»Sie irren, Lady Beldon«, unterbrach Damon ihre
Tirade kühl. »Ich versichere Ihnen, Lady Eleanor ist
bei mir vollkommen sicher. Und ich bin gewillt, sofort
Wiedergutmachung zu leisten.«
»Was meinen Sie mit Wiedergutmachung?«, fragte
Beatrix verärgert.
»Ich werde Lady Eleanor selbstverständlich umgehend
heiraten. Wir vermählen uns, sobald ich alles für eine
Ausnahmelizenz arrangiert habe.«
Eleanors Herz drohte, sich zu überschlagen. »Wie
bitte?«, hauchte sie und sah Damon entgeistert an.
Tante Beatrix hob eine Hand an ihre Schläfe, als
bereitete ihr allein der Gedanke an solch eine Lösung
Kopfschmerzen. Nach einigem Zögern jedoch nickte sie. »Ich
befürchte, Lord Wrexham hat Recht, Eleanor. So sehr mir die
Vorstellung widerstrebt, dass du diesen Unhold zum Ehemann nimmst,
es besteht keine andere Hoffnung für dich. Eine Heirat ist die
einzige Rettung für deine Reputation.«
»Nein, Tante!«, rief Eleanor voller Panik aus.
»Derart drastische Maßnahmen sind gewiss nicht vonnöten.«
»Wenn Sie gestatten, Lady Beldon«, sagte Damon,
»würde ich gern mit Ihrer Nichte unter vier Augen sprechen, um sie
zur Vernunft zu bringen.«
Eleanor wollte unbedingt unter vier Augen mit Damon
sprechen, aber eher um ihn zur Vernunft zu bringen. Daher
kam sie ihrer Tante zuvor, die Anstalten machte, ein privates
Tête-à-tête zu untersagen. »Eine hervorragende Idee, Mylord.«
Ohne ein weiteres Wort, wandte sie sich um und
führte Damon in den vorderen Salon, wo sie die Tür hinter ihnen
schloss.
»Was ist in dich gefahren, deine Absicht zu
verkünden, mich zu heiraten?«, fragte Eleanor. »Ist das
deine fehlgeleitete Vorstellung davon, meine Tante zu
beschwichtigen?«
»Ja«, antwortete Damon ruhig. »Deine Tante hat
Recht, Elle. Für dich ist jede Hoffnung verloren. Wir müssen
heiraten.«
Eleanor starrte ihn an. »Wie kannst du so ungeniert
mit diesem Desaster umgehen?«
»Ich verhalte mich mitnichten ungeniert. Aber du
wirst einsehen müssen, dass kein noch so vehementer Widerspruch
deinerseits etwas an unserer gegenwärtigen Situation ändert.«
Panik ergriff sie, und sie machte ihr mit Worten
Luft. »Meine Tante hat fürwahr Recht. Dies alles wäre nie
geschehen, wärest du nicht so erpicht darauf gewesen, den Prinzen
abzuhalten, mir den Hof zu machen.«
Damon hob eine Hand. »Falls du beabsichtigst, mir
eine Gardinenpredigt zu halten, wirst du sie auf später verschieben
müssen. Wenn ich jetzt gehe, bleibt mir noch Zeit, die Genehmigung
zu beantragen, so dass wir die Zeremonie morgen Vormittag abhalten
können.«
Eleanor sah ihn ungläubig an. »Wir werden weder
morgen Vormittag noch an einem anderen Tag eine Zeremonie abhalten!
Ich lasse mich nicht in eine heilige Verbindung zwingen, in der wir
für den Rest unseres Lebens gefangen sind, wenn wir uns nicht
lieben.«
»Du hast keine Wahl, Eleanor. Wir sind zu weit
gegangen. Ich habe dich nicht bloß kompromittiert. Ich nahm dir
deine Unschuld.« Er zog eine Braue hoch. »Deine Tante wäre noch
entsetzter, erführe sie von diesem kleinen Detail, meinst du
nicht?«
»Du wagst nicht, ihr das zu erzählen«, zischte sie
wütend.
»Ich könnte, denn es würde sie umso unnachgiebiger
auf einer Heirat beharren lassen, will sie doch mit allen Mitteln
einen Skandal abwenden.«
»Ich wusste, dass du verschlagen bist.«
»Mag sein, aber du wirst mich
heiraten.«
Eleanor ballte die Fäuste, während sie gegen die
Einsicht kämpfte, dass sie ihm nichts entgegenzusetzen hatte.
Sie war wütend auf ihn und auch auf sich, weil sie
sich in diese missliche Lage gebracht hatte. Solange sie sich
erinnerte, hatte sie sich eine Liebesheirat gewünscht. Diese Chance
hatte sie sich selbst genommen. Hätte sie sich Damon heute
Vormittag nicht hingegeben, würde sie vielleicht versuchen, sich
den Gerüchten entgegenzustellen. Nun jedoch konnte sie schlecht
behaupten, ihre Reputation wäre unangetastet, weil während der
Ballonfahrt mit ihm allein nichts vorgefallen wäre.
Angst überkam sie, und Eleanor fasste sich an die
Stirn. Sie würde einen Ehemann haben, der sie nicht liebte, was
eine glänzende Voraussetzung für tiefes Unglück war. Sie liebte
Damon, nur erwiderte er ihre Zuneigung nicht.
»Ich kann nicht glauben, dass du so entschlossen
bist, meine Kompromittierung wiedergutzumachen«, sagte sie matt.
»Dir ist vollkommen gleich, was die feine Gesellschaft denkt. Das
war es immer.«
»Mir ist indes nicht gleich, was sie von dir
denkt. Und ich will dich beschützen, indem ich dich zu meiner
Viscountess mache. Andernfalls wärst du ruiniert.«
»Ich könnte immer noch auf den Kontinent gehen und
in ein Kloster eintreten«, murmelte Eleanor.
Sein Schmunzeln reichte eigentlich, um ihr zu
sagen, wie absurd er die Idee fand. »Du kannst nicht einmal die
oberflächlichsten Voraussetzungen erfüllen, derer es bedarf, das
Leben einer Nonne zu führen, Elle. Eine Frau von deiner
Leidenschaft, deinem Lebenshunger sollte nicht hinter Klostermauern
eingesperrt sein. So viel, würde ich meinen, bewiesen wir heute
Vormittag hinlänglich.«
Als sie einfach dastand und ihn unglücklich ansah,
kam er näher und legte sanft eine Hand an ihre Wange. »Du könntest
mein Kind in dir tragen. Hast du daran gedacht?«
Eleanors Hand wanderte unwillkürlich zu ihrem
Bauch. Nein, sie hatte nicht daran gedacht, obwohl sie es
sollte.
»Wir lieben einander nicht«, wiederholte sie, in
dem Bemühen, nach einem Strohhalm zu greifen.
»Was wir empfinden oder nicht, ist unerheblich,
Elle.«
»Nicht unerheblich ist, dass du ein Lüstling
bist!«
Damon blickte ihr ruhig in die Augen. »Ich sagte
dir bereits, dass ich unseren Eheschwüren treu sein werde, selbst
wenn ich dich nicht lieben kann.«
Den Schmerz, der sie auf dieses Versprechen hin
überkam, wollte Eleanor ihm auf keinen Fall zeigen. »Du sagtest
außerdem, du würdest enthaltsam bleiben, bis ich einwillige, dich
zu heiraten. Diesen Schwur hast du innerhalb weniger als drei Tagen
gebrochen.«
Damons Mundwinkel bogen sich nach oben.
»Ich glaube nicht, dass es zählt, weil ich ihn mit dir
brach.«
»Entscheidend ist«, sagte sie hastig und ignorierte
sein verführerisches Lächeln, »dass ich dir nicht vertraue,
Damon.«
Sofort wurde er ernst, und seine dunklen Augen
blickten merklich sanfter. »Ich weiß, Elle. Aber ich verspreche
dir, dass ich meinen wilden Gewohnheiten entsagt habe. Und ich
werde alles tun, wirklich alles, dich niemals zu verletzen.«
Auch wenn sie ihm nicht glauben konnte, wusste sie,
dass sie eine längst verlorene Schlacht kämpfte. Sie schluckte,
bevor sie nochmals ihre Einwände hervorbrachte. »Es muss einen
anderen Weg geben, Damon. Ich möchte nicht zur Heirat genötigt
sein, nur weil die Sorge um meine Reputation es gebietet.«
»Aber du willst deiner Tante einen Skandal
ersparen, nicht wahr?«
Diese Überlegung erstickte Eleanors Widerworte im
Keim. »Ja, natürlich.« Sie schuldete ihrer Tante unendlich viel.
Immerhin hatte Beatrix ihr ein Zuhause gegeben, als sie verwaist
war. Dass sie ihr diese Güte entlohnte, indem sie Beatrix einem
Skandal aussetzte, war ausgeschlossen.
»Dann sollte deine Entscheidung feststehen«, sagte
er.
Während sie immer noch mit sich kämpfte, kam Damon
näher. Ohne Vorwarnung nahm er sie in seine Arme, nur war da keine
Leidenschaft in seiner Umarmung. Er bot ihr Trost, mehr
nicht.
»Ich weiß, dass es nicht ist, was du dir gewünscht
hast, Elle. Aber wir haben keine andere Wahl.«
Sie kniff die Augen zu. Seine zärtliche Stimme
besaß die Macht, sie zu bezaubern, während seine Zärtlichkeit in
ihr den Wunsch weckte, hemmungslos zu schluchzen. Es war nicht
fair, dass ihr bei Damons zärtlicher Sorge das Herz
dahinschmolz.
Seufzend vergrub sie ihr Gesicht an seiner warmen
Schulter. »Nein, wohl nicht.«
Er wich gerade weit genug zurück, um ihr ins
Gesicht zu sehen, ohne sie aus seiner Umarmung zu entlassen. »Kopf
hoch, Kleines«, sagte er und sah sie herausfordernd an. »Du hattest
genug Courage, dich einem möglichen Tod in einem Ballon zu stellen,
dann kannst du auch mit der Aussicht leben, mich zu
heiraten.«
An dem Ausdruck ihrer lebhaften blauen Augen
erkannte Damon genau den Moment, in dem sie das Unvermeidliche
akzeptierte. Und erst dann bemerkte er, dass er die ganze Zeit den
Atem angehalten hatte.
»Willst du es deiner Tante sagen, oder soll ich es
tun?«, fragte er.
»Ich sage es ihr«, seufzte Eleanor.
Für einen Moment hielt er sie noch in seinen Armen,
ehe er sie freigab und einen Schritt zurücktrat. »Ich lasse dir
eine Nachricht zukommen, sobald ich die Ausnahmegenehmigung habe.
Und ich schicke Lady Beldon zu dir herein, wenn ich gehe.
Vermutlich wartet sie ungeduldig auf dein Urteil.«
Lady Beldon ging tatsächlich im Flur auf und ab,
als Damon aus dem Salon trat.
»Ihre Nichte würde gern mit Ihnen sprechen,
Mylady«,
sagte er zu ihr, bevor er sich verneigte und zur Haustür
ging.
Am Portman Place winkte Damon die erste Droschke
heran, die er sah. Fest entschlossen, die Genehmigung umgehend zu
bekommen, wies er den Fahrer an, ihn zum Kirchenamt am »Doctor’s
Commons«-Institut zu bringen, und lehnte sich entspannt im Sitz
zurück, zufrieden mit sich, weil er das Richtige tat.
Von dem Moment an, da er begann, Eleanor zu
verführen, hatte er gewusst, dass ihre fleischliche Verbindung in
einer Ehe münden würde, auch wenn sie es offenbar nicht geahnt
hatte. Ihm gebot seine Ehre, sie zu heiraten.
Und er bedauerte es nicht einmal, wie Damon
feststellte. Er hatte gewollt, dass Eleanor für immer in sein Leben
zurückkehrte, und heute hatte er seinen Anspruch auf sie so
dauerhaft wie möglich besiegelt.
Nicht dass er sich vorgenommen hätte, sie zu
verführen. Seine ungezähmte körperliche Reaktion war vielmehr der
Gefahr des Moments geschuldet. Er hatte befürchtet, sie zu
verlieren, wie Damon sich eingestehen musste. Seine Erleichterung
darob, dass sie nach dem gefährlichen Flug in Sicherheit war, hatte
ihn beinahe übermannt – wie die Leidenschaft. Eleanors feurige,
unschuldige Sinnlichkeit hatte seine wildesten Fantasien in den
Schatten gestellt. Und hinzu kamen ihre Courage sowie ihr wacher
Verstand, und schon war er voller Ehrfurcht, erregt und
gerührt.
Umso froher war er, dass sie bei ihrem intimen
Zwischenspiel gestört wurden, denn so konnte er seine Gefühle
wieder unter Kontrolle bringen.
Damon wusste, dass ihm das Geschehene eine Warnung
sein sollte. Er musste achtgeben, seine Gefühle auf Distanz halten,
wenn er erst mit Eleanor vermählt war. Aber darin war er
mittlerweile ja ein Experte. Er hatte einen Großteil seines Lebens
darauf verwandt, in seinen Beziehungen zu anderen Gefühllosigkeit
zu kultivieren.
Zwischen ihnen gäbe es keine Frage nach
gegenseitiger Liebe, schwor Damon sich. Immerhin kannte er den
Schmerz, den er riskierte, ließe er Eleanor in sein Herz. Und er
könnte schlimmer sein als alles, was er bisher schon aushalten
musste.
Er würde auch nicht zulassen, dass sie ihn liebte,
denn sie würde nur verletzt, wenn er ihre Gefühle nicht erwiderte,
und er wollte ihr auf keinen Fall nochmals wehtun.
Nun galt es, ihr Vertrauen zu gewinnen. Er hatte
ihr Treue geschworen, aber die müsste er ihr mit Taten, nicht bloß
mit Worten, beweisen.
Nein, dachte Damon bei sich, er könnte Eleanors
Wunsch nach Liebe nicht erfüllen, aber bei seinem Leben, er würde
sich nach Kräften bemühen, alles in Bewegung setzen, damit sie
glücklich war.
Wenn Eleanor schon sprachlos und verzweifelt ob
der Notwendigkeit war, Damon heiraten zu müssen, war es ihre Tante
erst recht, urteilte man nach dem strengen Gesichtsausdruck, mit
dem sie in den Salon kam.
Als Beatrix jedoch von dem Plan hörte, am nächsten
Tag zu heiraten, nickte sie kurz. »Ich stimme zu, dass rasches
Handeln das Klügste ist.«
»Vermutlich«, sagte Eleanor. »Obgleich es bedeutet,
dass Marcus meine Hochzeit versäumt. Er wird mit Arabella erst
Anfang nächster Woche zurückerwartet, und Drew und Heath werden
ebenfalls nicht dabei sein können.«
»Nun, das lässt sich nicht ändern, mein Kind. Wir
müssen den Skandal baldmöglichst ersticken, der sich zusammenbraut.
Ich denke sogar, es wäre gut, wenn wir morgen Nachmittag nach
Brighton reisen, auch wenn die Hausgesellschaft erst am Freitag
beginnt. Unsere Gäste können sich dann wie geplant zu uns gesellen.
Die Verleumdungen verfliegen schneller, wenn wir nicht in der Stadt
sind.«
Da die Aussicht, der feinen Gesellschaft zu
entkommen, überaus reizvoll war, widersprach Eleanor nicht.
Beatrix versuchte, ihre sichtlich bedrückte Nichte
aufzumuntern. »Es ist bedauerlich, dass es hierzu kommen musste,
meine Teure, aber die Ehe kann eine reine Formsache bleiben. Und
selbstverständlich werde ich mein Bestes tun, dich von Wrexham
abzuschirmen, so gut es geht. Ich sorge dafür, dass ihr in Rosemont
zumindest getrennte Schlafgemächer habt … auch wenn ihr als
jungvermähltes Paar nicht schon kurz nach der Trauung auf Distanz
gehen könnt. Wir wollen schließlich nicht, dass eure Verbindung
nach einer erzwungenen Ehe aussieht, selbst wenn dem so ist.
Stattdessen sollten wir es nach außen schildern, als hätten Wrexham
und du erkannt, dass ihr nach wie vor Gefühle füreinander hegt. Auf
die Weise werden die Leute von einer Liebesheirat reden, was
wiederum den Skandal mildert.«
Aber es ist keine Liebesheirat, wollte
Eleanor erwidern.
Als sie schwieg, tätschelte Beatrix ihr die Hand.
»Nachdem unser Plan feststeht, solltest du nach oben gehen und dich
frischmachen. Läute nach Jenny, kleide dich um, und ich lasse
sofort packen. Jetzt, nachdem du sicher wieder zu Hause bist, fühle
ich mich auf einmal recht matt vor Hunger. Du musst wissen, dass
ich nichts essen konnte, solange dein Schicksal ungewiss
war.«
Eleanor lächelte über das erstaunliche Geständnis
ihrer Tante. Beatrix ließ selten zu, dass etwas ihre Bequemlichkeit
beeinträchtigte. Ebenso selten sprach sie aus, dass ihr an jemandem
lag. Vielleicht hatte die aufblühende Romanze mit Signor Vecchi zur
Folge, dass Beatrix manches im Leben wohlmeinender
betrachtete.
Eleanor ging nach oben in ihr Zimmer, läutete
jedoch nicht nach ihrer Zofe. Zum einen wollte sie mit ihren
Gedanken allein sein, zum anderen wagte sie nicht zu riskieren,
dass das Mädchen mögliche Spuren dessen entdeckte, was in dem
Ballonkorb geschehen war.
Sie zog ihre Pelisse, das Kleid und die
Unterkleider aus und musterte sich in dem großen Standspiegel.
Tatsächlich hatte der Liebesakt deutliche Zeichen hinterlassen –
Spuren von Damons getrocknetem Samen auf ihren Schenkeln sowie
rötliche Streifen von Blut. Ihre Lippen waren röter als gewöhnlich,
ihre Brüste empfindlicher, und beim Waschen stellte sie fest, dass
sie zwischen den Beinen etwas wund war.
Außerdem genügte die leichteste Berührung dort,
um ihr ins Gedächtnis zu rufen, wie es an diesem Morgen gewesen
war, als Damon sie küsste, streichelte und sich in ihr
bewegte.
Eleanor schloss unglücklich die Augen. Morgen um
diese Zeit wäre sie mit Damon verheiratet. Vor zwei Jahren hätte
sie derselbe Gedanke unsagbar froh gemacht. Und wenn er sie wieder
betrog? Diesmal wäre ihre Verzweiflung überwältigend.
Doch was hatte sie für eine Zukunft, falls sie sich
weigerte, Damon zu heiraten? Sie durfte ihrer Tante keinen Skandal
zumuten. Und selbst wenn ihr Tante Beatrix gleich wäre, kam ein
Klosterleben nicht infrage. Genauso wenig konnte sie sich in einen
ruhigen, ländlichen Ort zurückziehen. Ein solches Leben wollte sie
nicht führen, geächtet von der vornehmen Gesellschaft. Eleanor
wünschte sich eine Heirat, Kinder, eine Familie. Sie wünschte sich
einen Ehemann, der sie liebte.
Den sie nicht bekäme, wie Eleanor wusste. Damon
konnte oder wollte sie nicht lieben. Und sie begann nun erst, den
Grund zu verstehen: sein entsetzlicher Schmerz ob des Verlustes
seiner Familie.
Zugleich fühlte sie sich umso verwundbarer, weil
sie Damon liebte, ohne von ihm geliebt zu werden.
Allzu leicht könnte er ihr das Herz brechen. Schon
jetzt besaß er große Macht über sie. Er bezauberte und verblüffte
sie, erweckte all ihre Sinne zum Leben. Sobald sie ihm widersprach,
küsste er sie einfach, bis sie atemlos war. Und beim Liebesakt mit
ihm war sie wie entflammt und auf eine berauschende Weise
hemmungslos.
Unmöglich könnte sie sich vor ihm schützen, wenn
sie erst verheiratet waren.
Nachdem sie sich gewaschen hatte, zog sie sich ein
frisches Hemdchen sowie ein Kleid aus Musselin an, während sie sich
in ihr Schicksal ergab. Sie hatte gar keine andere Wahl als Damons
Antrag anzunehmen, erst recht nicht sofern die geringste Chance
bestand, dass er sie eines Tages lieben könnte …
Bei dem Gedanken hielt Eleanor inne. Wäre es
denkbar, Damon in sie verliebt zu machen?
Vor zwei Jahren hatte er sie nicht geliebt, weshalb
er sich einer anderen zuwandte, um seine Lust zu stillen. Und daran
war ihre Verlobung zerbrochen.
Aber könnte er sie jemals lieben?
Sie war fast sicher, dass sie am Morgen mehr als
schlichte Lust in seinen Augen erkannt hatte. Andererseits traute
sie ihrem Urteilsvermögen nicht, wenn es um Damon ging.
Dennoch verspürte Eleanor zum ersten Mal seit
seiner Erklärung einen kleinen Hoffnungsschimmer. Vielleicht gelang
es ihr nie, Damons Herz zu gewinnen, doch sie musste es versuchen.
Ihre Zukunft, ihr ganzes Glück hing davon ab.
Es wäre gewiss klug, Fanny Irwin um Rat zu bitten.
In deren Buch stand wenig darüber, wie eine Dame vermied, sich das
Herz brechen zu lassen, nachdem sie verheiratet war. Trotzdem
könnte Fanny einige nützliche Vorschläge haben.
Endlich war Eleanor zu einem Entschluss gekommen:
Sie beabsichtigte, Damon hinreichend in sie verliebt zu machen,
dass er ihr treu blieb.