Kapitel 18
Gina Pertini und Arturo hatten es tatsächlich geschafft. Sie standen im Burghof.
Was sich im Innern der Burg abspielte, davon konnten sie nichts sehen. Die Vorhänge verwehrten ihnen die Sicht.
Der Hof war mit rauhen unbearbeiteten Steinen gepflastert. Mondlicht warf seine hellen Bahnen darauf.
Gina und Arturo hielten sich im Schatten der Burgmauer. In ihrem Rücken wuchsen die beiden mächtigen Türme in den nachtdunklen Himmel. Der Wind hatte aufgefrischt und trieb lange Staubbahnen vor sich her.
Gina bewegte sich mit der Geschmeidigkeit einer Katze. Auch Arturo stand ihr in nichts nach. Die beiden Menschen waren kaum zu sehen, als sie sich dem eigentlichen Hauptgebäude näherten. Den schmaleren Teil ließen sie links liegen. Sie waren beide der Meinung, daß sich das Geschehen im Hauptgebäude abspielte.
Vielleicht zwanzig Meter trennten sie noch von ihrem Ziel. Sie hatten beobachten können, daß Rebecca ebenfalls mit drei Frauen eingetroffen war. Anscheinend sollte doch eine sehr wichtige Konferenz stattfinden, was die Allianz der Vampire betraf. Daß Diablo Negro mächtig war, stand außer Zweifel. Aber daß sich Rebecca selbst herbemühte, ließ darauf schließen, daß sie sehr um seine Hilfe verlegen war.
Gina und Arturo wunderten sich, daß keine Wachen aufgestellt waren.
Fühlte man sich etwa so sicher?
Da wurde das Hauptportal des Gebäudes geöffnet.
Augenblicklich gingen Gina und Arturo in die Hocke.
Ein schmaler Lichtstreifen fiel ins Freie. Unterbrochen wurde er von einer Gestalt, die Gina und Arturo unschwer als Frau identifizierten. Sie konnten auch an den Zöpfen erkennen, die diese Frau als eine von Rebeccas Begleiterinnen auswiesen.
Die Frau – es war Nora – blieb vor der Tür stehen. Wie ein Spurenleser sah sie sich sichernd nach allen Seiten um.
Arturo zog seine Pistole. Sie war mit Bolzen geladen, die für Vampire absolut tödlich waren.
»Wenn sie uns entdeckt, schieße ich«, hauchte Arturo Gina ins Ohr.
»Warte ab«, flüsterte Gina zurück.
Sie ließ ihre Blicke nicht von der Frau.
Nora wandte sich jetzt nach links. Wenn sie weiterging, würde sie genau auf Gina und Arturo zulaufen.
Gina spürte, wie sich ihr Begleiter spannte.
Und dann blieb Nora plötzlich stehen.
Sie mußte irgend etwas bemerkt haben. Vielleicht hatte sich das Mondlicht auf dem Stahl der Waffe gespiegelt, oder etwas anderes hatte ihren Verdacht erregt.
Auf jeden Fall machte sie auf dem Absatz kehrt und lief zur Tür zurück.
»Verdammt, die hat was bemerkt!«
Ehe Gina ihn daran hindern konnte, schnellte Arturo hoch und schoß.
Es gab ein pfeifendes Geräusch, als das Bolzengeschoß den Lauf der Waffe verließ.
Doch das Büchsenlicht war zu schlecht. Der Schuß ging fehl, und Nora konnte in der Burg verschwinden.
Gina und Arturo sahen sich nur einen Sekundenbruchteil an. Dann sprinteten sie wie auf Kommando los. Jetzt kam es wirklich auf jede Sekunde an …