24
»Mick …«
Er küsste sich wieder zu meinen Brüsten hoch und saugte durch mein Top an meiner Brustwarze. Sie wurde hart, und er nahm sie zwischen die Zähne.
»Mick.« Mein Tadel wurde zu einem leisen Stöhnen. Ich reagierte auf ihn wie ein Instrument auf die Berührung eines meisterhaften Musikers.
Er leckte meinen Hals und biss sachte hinein. Meine Hüften hoben sich ihm wie von selbst entgegen, sein harter Penis glitt zwischen meine Beine.
»Fahren wir nach Las Vegas«, sagte er. »Noch besser, New York. Nur du und ich. Ich zeig dir die Stadt. Wir gehen groß aus, mieten uns eine Limousine, und ich kauf dir alles, was du willst.«
»Jetzt?«
»Wir checken hier aus, fahren zum Flughafen und fliegen noch heute Nacht los. Wir können morgen in Manhattan frühstücken.«
»Was ist mit meinem Hotel?«
»Verkauf es. Sogar mit den Schäden kannst du noch Profit damit machen.«
»Du weißt, dass ich hier nicht wegkann, Mick.«
»Warum nicht? Du hast Amy gefunden. Du hast deinen Job zu Ende gebracht.«
»Meine Mutter ist immer noch da draußen. Wer weiß, wie viele Frauen sie bei ihrem Sklavenzuchtprogramm noch umgebracht hat? Ich kann nicht zulassen, dass sie es weiter versucht und dabei noch mehr Frauen tötet.«
»Du kannst es nicht mit ihr aufnehmen.« Mick sah mich mit grimmigem Ernst an. »Sie ist eine Göttin. Du trägst einen Teil von ihr in dir, das stimmt, aber du bist ein Mensch. Du kannst sie nicht im Zweikampf schlagen, auch nicht mit deiner Sturmmagie. Nicht einmal ich vermag etwas gegen sie auszurichten, wenn sie sich ganz manifestiert. Du bist sicherer, wenn wir dich ganz von den Wirbeln fortbringen. Bitte, sei vernünftig!«
Ich schubste ihn weg, gerade so weit, dass ich mich am Kopfende aufsetzen konnte. »Nein, Mick. Ich bin zu lange weggelaufen. Es ist Zeit, mich meiner Bestimmung zu stellen.«
»Und was denkst du, was deine Bestimmung ist?«
»Sie aufzuhalten.«
»Auch, wenn du das nicht kannst?«
Ich berührte sein Gesicht. »Ich werde schon einen Weg finden.«
»Janet, meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass du nicht von deiner Mutter benutzt wirst, und zwar mit allen nötigen Mitteln.« Er küsste mich in den Ausschnitt. »Darum will ich, dass du von hier wegkommst. Wenn du die Wirbel öffnest und sie rauslässt und sie dich nicht tötet, dann töten dich die Drachen.«
Ich fuhr mit den Fingern durch sein Haar. Er fühlte sich so menschlich an. Seine Haare waren so warm, seine Haut spannte sich straff über den Muskeln. Aber ich hatte ihn auch mit Flügeln und Schuppen gesehen, mit Schwanz und Krallen – und mit einem Maul, aus dem eine Feuerblume hervorgeschossen war. Es fiel mir leicht, meinen Freund Jamison als Gestaltwandler zu akzeptieren. Ich hatte gesehen, wie er sich verwandelte, und irgendwie blieb er für mich trotzdem derselbe, egal, ob in Menschengestalt oder als Berglöwe. Aber in Mick dem Drachen und Mick dem Menschen ein und denselben zu sehen, fiel mir ungleich schwerer.
»Sind das hier alle nötigen Mittel?«, fragte ich ihn. »Willst du mich verführen?«
Er zögerte kurz, und ich wusste, dass ich richtiglag. Ich hätte wütend sein sollen, und tief in meinem Inneren war ich es auch. Aber ich hatte auch Angst und war einsam, und Mick war hier bei mir und beschützte mich, wie er mich immer beschützt hatte.
Morgen würde ich nach Magellan zurückfahren, mit oder ohne Mick. Heute Nacht waren wir allein in diesem Motelzimmer. Ich war nicht an die vielen lauten Geräusche gewöhnt und fühlte mich in einer Großstadt immer eingeengt, doch dieser Raum war ein kleines Refugium für Mick und mich.
Ich rollte ihn auf den Rücken, kletterte auf ihn und küsste ihn, während ich mir mein Top über den Kopf zog. Er legte mir die Hände um die Hüften, und seine Pupillen weiteten sich, als ich meinen BH aufhakte und ihn fallen ließ.
»Du bist so wunderschön«, flüsterte Mick. Er legte die Hände unter meine Brüste. Seine Daumen berührten meine erigierten Brustwarzen.
Ich berührte ihn wie er mich und fuhr die Tattoos auf seinen Armen, die zackigen Linien der beiden Drachen nach. Als ich Mick gerade getroffen hatte, hatte ich seine Tattoos so bewundert, dass ich mir auch solche hatte stechen lassen wollen. Vielleicht einen Drachen im Nacken oder einen, der sich an meine Hüfte schmiegte. Aber aus irgendwelchen Gründen hatten die Tattoos sich nicht gehalten. Ich hatte eine schmerzhafte Stunde beim Tätowierer verbracht, und am nächsten Morgen war die Vertiefung verschwunden, meine Haut war wieder glatt und heil gewesen. Mick und ich hatten es nicht verstanden, doch ich hatte das Vorhaben aufgegeben. Noch so etwas, was mich einzigartig machte.
Mick fuhr mit den Fingern über meine nackte Haut und dann in den Bund meiner Jeans. Er knöpfte sie auf und zog sie mir über die Hüften, und dann ruhten seine großen Hände auf meinen Pobacken, und seine Finger wärmten sich zwischen meinen Beinen. Er war immer noch komplett angezogen. Ich rieb mich an ihm und streifte meine Jeans ganz ab.
Er rollte mich auf den Rücken, drückte mich auf die harte Matratze und hielt meine Hände über dem Kopf fest. Mick küsste mich auf den Mund, wieder und wieder. Ich bäumte mich ihm entgegen. Mit den Händen konnte ich nicht nach ihm greifen, aber ihn doch mit meinem ganzen Körper berühren.
Mick grinste mir verwegen zu. Sein erigiertes Glied reizte mich durch seine Jeans, meine intimste Stelle hungerte nach ihm. Er bewegte sich an mir hinunter, leckte und küsste mich, bis er zwischen meinen Beinen angekommen war und mich hart mit der Zunge stimulierte. Schon bald erreichte ich schreiend den Höhepunkt.
Dann zog er sich endlich aus und enthüllte seine Muskeln, die aus Licht und Schatten geformt zu sein schienen. Mick nahm mich am liebsten in unkonventionellen Stellungen: Auf allen vieren; er auf dem Rücken, und ich lehnte mich zu ihm nach hinten; er auf einem Stuhl und ich auf ihm. Aber heute Nacht legte er sich der Länge nach auf mich, sah mir in die Augen und küsste mich auf den Mund, als er in mich eindrang.
Götter, wenn ich für immer und ewig in diesem tristen Motelzimmer hätte bleiben können, in dieser magischen, isolierten Zweisamkeit mit Mick, würde ich glücklich sterben. Ich liebte diesen Mann, und beim Gedanken, ihn zu verlieren, rannen mir die Tränen über die Wangen, sogar als er meine Ohrmuschel mit der Zunge liebkoste und mit einem Stöhnen zum Höhepunkt kam.
Ich wachte Stunden später auf. Mick schlief neben mir auf dem Bauch im Lichtkegel einer einzelnen Lampe, die Arme um ein Kissen geschlungen. Ich beobachtete, wie sein Rücken sich beim Atmen hob und senkte, und folgte mit den Augen dem glänzenden Schweißfilm auf seiner nackten Hüfte.
Wir hatten im Schlaf die Decken abgeworfen. Trotz der aufgedrehten Klimaanlage an der Glastür war es heiß im Zimmer. Die Vorhänge bauschten sich, aber die kalte Luft schaffte es kaum bis zum Bett.
Die Magie, die Mick in diesen menschlichen Körper gepackt hatte, übte wie immer ihre Wirkung auf mich aus. Ich sah, wie das Licht beim Atmen auf seinen Rückenmuskeln spielte.
Jemand klopfte an die Tür. »Janet Begay?«, rief eine Stimme leise. »Bist du da? Ich muss mit dir reden.«
Ich war aus dem Bett und in meine Jeans gefahren und schnappte mir eben mein Top, als sich eine starke Hand um mein Handgelenk schloss.
»Nicht.« Micks Augen waren ganz schwarz geworden.
»Das ist Amy. Sie klingt verstört.«
»Das ist nicht Amy. Ich kann es riechen.«
»Es?« Mein Herz begann zu rasen, und ich zog mir das Top über.
»Hol deine Sachen! Wir verschwinden durchs hintere Fenster.«
Als die Klimaanlage die Vorhänge der Tür bauschte, sah ich, wie sich draußen ein riesiger Körper bewegte. Zu groß für Amy.
»Skinwalker?«, flüsterte ich. »Aber die scheuen doch belebte Orte.«
»Sag ihm das.«
Mick hatte sich angezogen und hob meinen Rucksack hoch, dann schob er leise das hintere Fenster auf. Hinunter auf den Parkplatz waren es knappe zwei Meter, aber ich landete ohne Zwischenfall auf dem Asphalt, gefolgt von Mick, und dann rannten wir zu meiner Harley hinüber.
»Er hat doch Amy nicht umgebracht?«, fragte ich, als wir aufstiegen. Mick fuhr.
»Dann hätte er auch ihre Gestalt angenommen, statt nur ihre Stimme zu imitieren. Doch offenbar weiß jemand, dass du Amy gefunden hast.«
»Oh, Gott.«
»Sie wollen dich, Süße, nicht sie, aber sie kriegen dich nicht, solange ich bei dir bin. Festhalten.«
Mick stieg auf den Anlasser und fuhr die Maschine mit quietschenden Reifen auf die Straße hinaus. Ich klammerte mich verzweifelt an ihm fest, als wir über eine rote Ampel auf den Autobahnzubringer rasten. Hinter uns hörte ich einen frustrierten Schrei, dann brausten wir nach Norden in die kühle Wüstenluft, und ich hörte nichts mehr als das Knattern meiner Harley.
Ich wusste, dass Amy ihr Versprechen gehalten und ihre Eltern angerufen hatte, weil sie mich am nächsten Morgen im Hotel aufsuchten, wo ich angeschlagen und erschöpft herumstolperte. Der Skinwalker, der uns in Tucson aufgespürt hatte, war uns zum Glück nicht bis nach Hause gefolgt. Vielleicht hatte sein Job einfach nur darin bestanden, uns zurück nach Magellan zu treiben. Wenn dem so war, war er erfolgreich gewesen.
Ich sah vermutlich alles andere als gut aus. Mein Haar war immer noch nass vom Duschen, und ich ließ die Schultern hängen, aber Maude McGuire zog mich an sich und umarmte mich überschwänglich.
»Danke.« Ihr Gesicht war tränennass. »Sie haben ein Wunder vollbracht.«
Es war kein Wunder gewesen, nicht einmal Magie. »Der wichtigste Anhaltspunkt war, dass Amy Vater Matthews gefragt hat, warum er sich entschlossen hat, Priester zu werden«, sagte ich.
Eine harmlose Frage, nur hatte ich schon vermutet, dass Amy Todesangst ausgestanden hatte, weil sie angenommen hatte, besessen zu sein, und gehofft hatte, dass Gott ihr die Antwort geben konnte. Dann war es einfach Routinearbeit gewesen, in jedem einzelnen Kloster in diesem Bundesstaat anzurufen. Ich hatte die meisten auf meiner Liste abgehakt und eben zu New Mexico und Kalifornien übergehen wollen, als ich Amy in Tucson gefunden hatte.
»Wir fahren runter und besuchen sie«, sagte Maude.
Ich fragte mich, ob auch Nash Amy besuchen würde, doch ich erkundigte mich nicht danach.
Der Polizeichef umarmte mich nicht, aber er dankte mir leise, und seine Augen sagten mir alles, was sein Mund nicht aussprach. Dann verabschiedeten sich die McGuires, und mir fielen wieder die Arbeitsgeräusche im Hotel auf, die mir jetzt noch lauter vorkamen, weil ich furchtbare Kopfschmerzen hatte.
Dank der Lichtgeschwindigkeit, mit der Kleinstadtklatsch sich verbreitete, hatten alle in Magellan erfahren, dass Amy McGuire am Leben war. Die genaue Geschichte erriet niemand – ich hörte die verschiedensten Versionen: von Spekulationen, dass sie abgeschottet irgendwo in Mexiko lebte, bis zum Gerücht, dass sie ihre eigene religiöse Sekte in Kalifornien gegründet hatte. Doch ich korrigierte niemanden. Ich war die Heldin des Tages, denn ich hatte herausgefunden, was dem Polizeichef und dem Sheriff nicht gelungen war, von den Spezialermittlern der Staatspolizei ganz zu schweigen.
Maya Medina teilte die allgemeine Erleichterung darüber, dass Amy gesund und munter war, nicht, aber sie sah jetzt weniger unglücklich aus.
»Ich hab dir doch gesagt, dass sie ein egoistisches Miststück ist«, brummte sie, als wir uns allein in der Küche wiederfanden.
»Ja, so egoistisch, dass sie ihr ganzes Leben aufgibt, um bettlägerigen Kranken zu helfen.«
»Du weißt, was ich meine. Sie liebt Gott so sehr, dass sie ihre Eltern nicht anrufen kann? Oder ihren Verlobten? Da ist das Kloster schon der richtige Ort für sie. Ich hoffe, ich sehe sie nie wieder.«
»Ich glaube nicht, dass sie so bald noch einmal nach Hause kommt.« Ich warf Maya einen prüfenden Blick zu. »Wenn du Magellan nicht magst, Maya – hast du mal daran gedacht wegzuziehen? Dir irgendwo anders einen besseren Job zu suchen?«
»Nein.« Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. »Meine Familie lebt hier.« Und Nash, aber sie würde nie zugeben, dass sie seinetwegen hierblieb.
Ich sorgte mich um Maya. Üblicherweise suchte meine Mutter sich junge Frauen aus, in die sie einfahren konnte, und Maya Medina hatte schon eine Beziehung mit Nash, wenn auch eine komplizierte. Natürlich hatte Maya dunkles Haar, und meine Mutter schien Blondinen zu bevorzugen. Ich fragte mich, ob meine Mom versuchte zu spiegeln, wie sie in der Unteren Welt aussah, oder ob sie es einfach vorzog, blond zu sein.
Ich verbrachte eine schlaflose Nacht über der Frage, wie ich es schaffen sollte, jede Blondine aus Magellan zu vertreiben. Bald schon würden Busladungen von Touristen ankommen, darunter jede Menge blonde junge Frauen. Was konnte ich unternehmen?
Die McGuires fuhren nach Tucson zu Amy und kamen wie ausgewechselt zurück. Ich hatte sie noch nie so glücklich gesehen. Maude McGuire erzählte mir, dass Nash sich geweigert hatte, Amy zu besuchen oder auch nur mit ihr zu reden. Er war außer sich vor Wut, und ich konnte es ihm nicht verdenken. Amy hatte ihn faktisch benutzt und dann fallen gelassen.
Ich wollte auch nicht mit Nash reden, doch ich hatte ihn zu mir eingeladen, damit Coyote mir sagen konnte, was Nash war. Da aber niemand, mit dem ich sprach, Coyote in letzter Zeit gesehen hatte und ich seine Handynummer nicht kannte, stand ich jeden Morgen und Abend auf dem Gleisbett und rief nach dem nervigen Gott. Ich hatte ihn an dem Morgen gesehen, als ich nach Tucson gefahren war, war jedoch zu erschlagen gewesen und hatte mich zu sehr wegen meines Traums mit dem flotten Vierer geschämt, um daran zu denken, ihn nach Nash zu fragen. Aber ich konnte rufen, so viel ich wollte, Coyote antwortete nicht und zeigte sich auch nicht. Dafür kam oft die Krähe, setzte sich oben auf den Wacholderbaum und beobachtete mich, und ich hätte schwören können, dass sie sich über meine Erfolglosigkeit köstlich amüsierte.
Auch der magische Spiegel wusste nicht, wo Coyote steckte, und Jamison und dessen Familie, die gut mit ihm befreundet waren, hatten ihn seit Tagen nicht gesehen.
Ich hatte Nash gebeten, am Freitag vorbeizukommen, und am Freitagabend erschien er auch tatsächlich im Hotel, doch Mick und ich waren gerade draußen und suchten Coyote. Nash machte sich nicht die Mühe, auf uns zu warten, und fuhr wieder davon, ohne mit mir geredet zu haben.
Schließlich kam Coyote doch noch zu mir, aber wieder erschien er mir nur im Traum.
Wir standen nackt auf einer Anhöhe in der Wüste im Osten der Stadt. Rechts von uns lag der Chevelon Creek, und der Mond badete uns in weißem Licht.
»Mal wieder typisch«, sagte ich. »In jedem Traum, den du stiftest, muss ich nackt sein, stimmt’s? Ohne Sex geht bei dir anscheinend gar nichts?«
»Sonst macht’s ja keinen Spaß.« Coyote musterte mich von oben bis unten und grinste. »Bist gut bestückt, Janet.«
Ich verschränkte die Arme vor meinen Brüsten. »Was willst du?«
»Du bist doch diejenige, die was von mir wollte.«
»Du machst es mir nicht leicht. Wo hast du gesteckt?«
Coyote zuckte die Schultern. »Hier und da. Die Zeit ist nahe.«
»Welche Zeit?«
»Die Zeit, da du entscheidest, wer du bist. Was du bist.«
»Das weiß ich schon. Ich bin ein Stormwalker mit einer Höllengöttin als Mutter.«
»Das meine ich nicht. Du bist an einer Wegscheide angekommen, und nur du kannst wählen, in welche Richtung du weitergehst.«
»Sehr weise«, brummte ich. »So einen Rat kriege ich auch von einem Glückskeks.«
Coyote lachte herzhaft und ausgiebig. »Götter, ich würde zu gern mit dir ins Bett gehen, Janet. Es wäre wunderbar.«
»Untersteh dich. Kommst du also?«
Wieder zuckte er die Schultern. »Wenn du denkst, es ist wichtig.«
»Denke ich, ja.«
»Dann komme ich. Dein Coming-out lasse ich mir um nichts in der Welt entgehen.«
Am Mittwoch erschienen Inspektoren vom Bauamt im Hotel, um die Reparaturen an Wasser- und Stromleitungen zu prüfen und sicherzugehen, dass alles den Vorschriften entsprach. Es war die reine Qual, dem Chef der Männer zuzusehen, der langsam mit seinem Klemmbrett herumwanderte, alles untersuchte, mit seinen kleinen Prüfwerkzeugen hantierte und die verschiedensten Punkte auf seinem Formular abhakte.
Schließlich sagte er mir, dass nicht nur alles abgenommen sei, sondern dass ein extrem talentierter Elektriker hier am Werk gewesen sei. »Können Sie mir seinen Namen verraten?«, bat er.
»Sie heißt Maya Medina«, sagte ich.
»Eine Frau?« Er drehte sich um, als wollte er sich sofort noch einmal die Leitungen vornehmen.
»Ich richte ihr aus, dass Sie ihre Arbeit gelobt haben.« Ich griff nach dem Klemmbrett und unterschrieb das Formular. »Vielen herzlichen Dank.«
Dass ich durch die Inspektion gekommen war, bedeutete, dass ich die Wände wieder verputzen und streichen konnte. Ich bezweifelte, das Hotel vor Ende Juni oder Anfang Juli eröffnen zu können, aber ein paar Touristen dieser Saison dürfte ich trotzdem noch abbekommen. Plus die auf der Durchreise, die das Hotel bemerkten und hoffentlich ihren Freunden davon erzählten oder beschlossen, im nächsten Jahr selbst wiederzukommen. In der Zwischenzeit würde ich Gelegenheit haben, die Webseite zu entwickeln und ins Netz zu stellen. Dann konnte ich schon anfangen, Reservierungen anzunehmen.
Es überraschte mich selbst, wie aufregend ich das alles plötzlich fand. Ich hatte nie gedacht, einmal eine Geschäftsfrau zu werden, weil ich davon ausgegangen war, mein ganzes Leben lang eine ungewollte Herumtreiberin zu bleiben. Und jetzt zerbrach ich mir den Kopf über Webseiten, Wandfarben und Zimmerreservierungen.
An diesem Nachmittag führte ich die Vorstellungsgespräche mit den Angestellten für das Hotel, ein paar Zimmermädchen, Köchen und einem Barmann. Für die Personalangelegenheiten würde ich einen Manager einstellen müssen und jemanden, der den endlosen Papierkram erledigen würde – Steuern, Schanklizenz, Betriebserlaubnis für die Küche und andere Dinge, von denen ich bis vor Kurzem gar nicht gewusst hatte, dass es sie überhaupt gab. Hoteliers hatten eine Menge zu bedenken.
Abends um sechs Uhr war ich müde. Ich schickte alle nach Hause und begann, Sandwiches zu richten. Ich hatte die Verabredung mit Nash auf heute Abend verlegt, und Coyote hatte mir in meinem Traum versprochen zu kommen – da war das Mindeste, was ich tun konnte, ihnen etwas zu essen hinzustellen. Und ich spürte auch, dass ein neuer Sturm aufzog, und hoffte, die Sache mit Nash erledigen zu können, bevor er losbrach. Ein Blick nach draußen zeigte mir eine weiße Wolkenwand im Süden und Westen sowie einen weiteren Streifen im Norden. In der untergehenden Maisonne schienen sie von innen zu leuchten.
Coyote hatte sich noch nicht blicken lassen, und Mick war wieder mal verschwunden. So wie es aussah, würde ich mit Nash allein sein. Oder auch ganz allein. Männer waren notorisch unzuverlässig. Nur mein Vater nicht, der Tag für Tag in einer so unveränderlichen Routine lebte, dass man jederzeit wusste, wo er gerade steckte. Er war angenehm berechenbar.
Die Männer, mit denen ich mich umgab, waren alles andere als vorhersehbar. Ich hatte nie Freundinnen gehabt, zumindest keine engen, und meine Cousinen konnten sich kaum dazu herablassen, auch nur mit mir zu reden. Aus irgendeinem Grund hatte ich mich immer besser mit Männern verstanden, so wie mit Jamison und Mick. Auf seltsame Art war meine einzige Freundin in Magellan Maya.
Aber was das anging, änderte ich meine Meinung, als sie in die Küche kam und eine Pistole auf mich richtete.