15

Bei unserer Heimkehr saßen mein Vater und Mick in ungeselligem Schweigen im Wohnzimmer. Beide standen auf, als Großmutter und ich hereinkamen.

Mein Vater, Pete Begay, war ein unauffälliger, stiller Mann. Er hatte ein altersloses Gesicht, dunkles Haar und einen schmalen Körper. Nachdem ich meine Mutter getroffen hatte, war ich wütend auf ihn geworden, weil er sich von ihr hatte benutzen lassen, statt sie sich aus dem Kopf zu schlagen und sein Leben weiterzuleben, wütend, weil er keine andere geheiratet hatte. Seit ich damals vor ihr geflohen war, hatte ich ihn nicht mehr gesehen.

Als ich ihn jetzt mit neuem Verständnis ansah, erkannte ich, wie stark er wirklich war. Er hatte meine Mutter mit einer tiefen, stillen Liebe geliebt und diese dann auf mich übertragen. Das wurde mir jetzt klar, als er mir entgegenkam, um mich zu begrüßen.

»Ya’ at’ eh, Janet.«

»Ya’ at’ eh, Dad. Wie geht’s dir so?«

Er zuckte die Schultern, was seine Art war, seinen Knochenjob abzutun früh aufstehen, kranke Schafe pflegen, auf die Lämmer achten, nach Kojoten Ausschau halten. »Hat dir deine Großmutter von Harold Yazzie erzählt?«

Mir wurde kalt. »Das weißt du?«

Er nickte. Mick sah zu, er verstand offensichtlich nicht, worum es ging, mischte sich aber nicht ein.

Mir war es nicht recht, dass mein Vater davon wusste. Ich wollte nicht, dass er erkannte, dass er nur einer von zahllosen Geliebten meiner Mutter gewesen war, die sie im Wesentlichen als Samenspender benutzt hatte. Wenn es nach mir ginge, würde er nie erfahren, dass sie ihn nicht geliebt hatte. »Dad «

»Wir reden später darüber.« Er ging den Flur entlang auf mein Zimmer zu und kam mit einem Arm voller Fotos zurück.

Ich wusste, wenn mein Vater über etwas nicht reden wollte, dann konnte man sich auf den Kopf stellen. Seinen Dickschädel hatte er von meiner Großmutter geerbt, wenn seiner sich auch in Verschlossenheit äußerte.

Nachdem wir die erste Ladung Fotos in den Geländewagen gepackt hatten, kehrte ich ins Haus zurück, wo sich mir ein seltsames Bild bot: Mick wurde eben von Großmutter an die Wand gedrückt. Der Mann, der sie mit einem Fingerschnippen zu Asche hätte brennen können, sah verblüfft auf sie hinunter, wie ein riesiger Hund auf ein Kätzchen hinabsah, das wusste, dass es die Oberhand hatte.

»Mir ist egal, ob du starke Erdmagie in dir trägst oder für wie stark du dich hältst«, sagte Großmutter gerade. »Ich finde dich und bringe dich zur Strecke. Kapiert?«

»Großmutter«, rief ich alarmiert.

Mick sah mit stillem Ernst auf sie hinunter. »Kapiert.«

»Diese Tattoos.« Großmutter tippte auf einen Drachenschwanz, der sich aus Micks Ärmel hervorschlängelte. »Das ist bloß Aufschneiderei.«

»Eine meiner Schwächen. Ich schneide gern auf.«

»Das sehe ich.«

Großmutter bohrte ihm den Zeigefinger in die Brust, dann kehrte sie ihm den Rücken zu und ging. »Janet, du bleibst heute Nacht hier. Mick kann in deinem Wagen schlafen.«

»Ich lasse Mick nicht draußen übernachten«, protestierte ich.

»Unter meinem Dach schlaft ihr zwei jedenfalls nicht in einem Bett.« Sie begann, geräuschvoll die Küchenschränke zu öffnen. »Und jetzt lasst mich in Frieden, ich muss mich um das Abendessen kümmern.«

Grinsend duckte Mick sich aus dem Haus, um meinem Vater mit den Fotos zu helfen.

Ich eilte ihm nach. »Entschuldige bitte«, sagte ich.

»Kein Problem. Sie versucht, sich um dich zu kümmern.«

»Du bist ein Gast.«

»Deine Großmutter ist eine Matriarchin. Sie sagt mir, dass sie hier der Boss ist, und ich respektiere es.« Wieder grinste er mir zu. »Ich mag sie.«

Er drehte sich schwungvoll um, um mit meinem Vater weitere Bilder zu verladen, und da wusste ich, dass ich für den Rest des Tages alle Auseinandersetzungen verlieren würde.

Nach dem Abendessen, einem Eintopf mit frischem Gemüse, von dem ich nicht gewusst hatte, wie sehr ich ihn vermisst hatte, schob mein Vater seinen Stuhl zurück.

»Komm raus mit mir, Janet!« Er verließ das Haus, ohne meine Antwort abzuwarten.

Es war mir gar nicht recht, Mick mit meiner Großmutter allein zu lassen, doch der Blick, den er mir zuwarf, sagte mir: Geh ruhig! Ich habe alles im Griff. Er begann, das Geschirr vom Tisch abzuräumen, und Großmutter richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn, weil sie wohl Angst hatte, dass er etwas fallen ließ. Ich überließ die beiden sich selbst und ging hinaus, wo mein Vater an seinem Pick-up lehnte.

Ohne ein Wort zu wechseln, stiegen wir ein, und mein Dad fuhr nach Norden, dann nach Osten. Etwa fünf Meilen später bog er in einen ungeteerten Weg ein, der sich auf eine Mesa zuwand, die sich aus dem Wüstenboden erhob. Er hielt an und stellte den Motor ab, und wir saßen schweigend da und beobachteten, wie der Mond über den Bergrücken wanderte.

Als ich klein gewesen war, waren mein Dad und ich fast bei jedem Vollmond hier herausgefahren, um zusammen den Mondaufgang zu beobachten. In meinem Hals bildete sich ein Kloß. Ich war so darauf erpicht gewesen, vor meinem Leben hier und den Problemen mit meiner Familie davonzulaufen, dass ich auch die schönen Dinge aufgegeben hatte.

Wie üblich redeten mein Vater und ich nicht. Wir genossen die Schönheit, den hellen Mond, die blauen und violetten Schatten des Berges, das verblassende Zwielicht und das Sternenmeer, das über uns erschien.

»Warum bist du zurückgekommen?« Die Stimme meines Vaters war ruhig und sanft wie die Nacht.

Ich sah ihn überrascht an. »Um die Fotos zu holen. Und um dich zu sehen.«

Er antwortete mir nicht direkt, sondern sah einen Augenblick in die Nacht hinaus. Dann sagte er: »Dieses Haus in Magellan, dieses Hotel. Ist das jetzt dein Zuhause?«

»Ich weiß nicht.« Ich hatte mich noch nicht entschieden. Sobald ich herausgefunden hatte, was ich gegen meine Mutter unternehmen konnte wenn ich denn überhaupt etwas gegen sie ausrichten konnte , würde ich wissen, ob ich in Magellan bleiben oder weiterziehen wollte.

»Das sind nicht unsere Leute. Nicht deine eigenen Leute.«

»Wer sind denn meine Leute, Dad?«, fragte ich frustriert. »Ich habe keinen Clan. Ich bin quer durchs ganze Land gefahren, um einen Ort zu finden, wo ich hingehöre, und habe ihn nie gefunden. Da draußen in der Welt kann ich wenigstens anderen helfen. Hier bin ich nichts.«

Mein Herz fühlte sich leer an. Mein ganzes Leben lang hatten meine Großmutter und meine Tanten mich als leibhaftige Erinnerung an das Versagen meines Vaters betrachtet. Als Erinnerung daran, dass er einer Femme Fatale auf den Leim gegangen war. Die Kinder in der Schule hatten gewusst, dass ich unehelich geboren war, dass ich keine Mutter hatte und keine Ahnung, wer sie gewesen war. Mein eigener Stamm hatte mich ausgeschlossen.

Mein Vater sah zu mir herüber, seine Augen glänzten im Mondlicht. »Du wirst immer stark und frei sein, Janet, solange du dich daran erinnerst, dass du eine Navajo bist, ein Kind der Erde.«

»Ich wünschte, ich besäße dein Vertrauen in mich.«

»Mick wird dir helfen. Schick ihn nicht weg! Schluck deinen Stolz herunter! Du brauchst diesen Jungen.«

Also hatte Mick es geschafft, meinen Vater auf seine Seite zu ziehen. Mick hatte ein unheimliches Talent dafür, das Vertrauen anderer Leute zu gewinnen.

»Warum hasst du sie nicht, Dad?«, fragte ich. »Sie hat dich benutzt, sie hat versucht, dich umzubringen, und immer redest du über sie, als wärst du nach wie vor in sie verliebt.« Ich hielt es einfach nicht mehr aus und ließ meiner Wut freien Lauf. »Damals vor Gallup hat sie versucht, uns zu töten. Ich weiß jetzt, dass sie es war. Sie hat Skinwalker geschickt, und Großmutter hat sie mit ihrer Magie vertrieben.«

Mein Vater schüttelte den Kopf. »Sie hat nicht versucht, dich umzubringen. Sie wollte dich mir wegnehmen. Es war damals dumm von mir, dich so nah zu ihrem Reich mitzunehmen. Sie hat schon vorher versucht, mich zu töten, als ich damals nach Albuquerque gefahren bin, um dich zu holen.«

»Das hast du mir nie erzählt.«

»Ich war auf der Rückfahrt und musste zum Tanken anhalten. Plötzlich war sie da und griff mich mit einem Messer an. Sie versuchte, dich zu kidnappen.«

»Wie hast du reagiert?«

Er zuckte die Schultern. »Ich habe zurückgeschlagen und bin wie der Teufel zurück ins Stammesland gefahren. Das ist alles. Ich wusste, wenn ich schaffe, dich nach Hause zu bringen, bist du in Sicherheit.« Mein Vater lächelte. »Dir war es gar nicht recht, beschützt zu werden.«

Seine Fürsorge hatte mir nie etwas ausgemacht, aber Großmutter war einfach erdrückend gewesen. »Du hast mich von zu Hause weggehen lassen.«

»Du bist in die entgegengesetzte Richtung aufgebrochen, weg vom Reich deiner Mutter, und ich wusste, dass deine Sturmmagie dir helfen würde.«

»Wie kannst du nur so ruhig über all das reden? Sie versucht immer noch, mich in ihre Gewalt zu bekommen. Wenn du die Wahrheit über Harold Yazzie kennst, dann weißt du auch, dass sie den Versuch, eine andere Tochter zu zeugen, vielleicht eine, die sie leichter kontrollieren kann als mich, noch immer nicht aufgegeben hat. Es ist mir gar nicht recht, dass Großmutter es dir erzählt hat.«

Er lächelte und zuckte wieder die Schultern. »Es erklärt immerhin, warum eine Göttin an einem linkischen Diné-Jungen wie mir interessiert war.«

Mir schossen die Tränen in die Augen. Er wusste es also. »Du bist nicht linkisch. Du bist wunderbar. Du bist der beste Mann auf der Welt, und ich hasse sie für das, was sie dir angetan hat.«

»Nun, ich nicht.«

Ich warf mich gegen meine Rückenlehne. »Ach, Scheiße, Dad. Warum nicht, verdammt?«

Mein Vater legte eine starke Hand auf mein Knie. »Weil sie mir dich geschenkt hat.«

Schockiert starrte ich ihn an, aber Dad lächelte mich einfach weiter an, und ich brach in Tränen aus.

Als wir zum Haus zurückkamen, hatte Mick seine Maschine genommen und war in die Nacht verschwunden, wahrscheinlich um sich einen bequemeren Schlafplatz zu suchen als meinen Geländewagen. Ich wollte mich gerade zum Schlafen fertig machen, da rief er mich an und sagte mir, dass ich im Haus meines Vaters sicher sei und er etwas Wichtiges zu erledigen habe. Natürlich machte er sich nicht die Mühe, mir zu erklären, was. Er meinte, er würde mich dann im Hotel treffen, wünschte mir süße Träume und beendete das Gespräch.

Ich legte mich ins Bett, blieb aber lange wach. Wieder in meinem Kinderbett zu liegen, weckte zu viele schlechte Erinnerungen, und Großmutters Enthüllung über meine Mutter verfolgte mich. Ob es ihr mittlerweile gelungen war, weitere Töchter zu zeugen? Ob es da draußen etwa noch andere Janets gab? Der Gedanke ängstigte mich.

Nach dem Frühstück wollte ich wieder nach Magellan aufbrechen. Als ich Großmutter vor der Abfahrt noch beim Aufräumen half, schauten zwei meiner Tanten vorbei. Sie sagten mir, was sie davon hielten, dass ich ein Hotel in einer weißen Stadt eröffnen wollte (die Meinungen waren geteilt; sie reichten von Bewunderung zu Prophezeiungen, dass es keine Woche gut gehen würde). Meine Tanten versprachen, das Hotel zu besuchen, und erklärten mir, dass sie ein (Gratis-)Zimmer erwarteten, und als Großmutter Micks blaue Augen und seine Tattoos beschrieb, warnten sie mich vor meinem offensichtlich kriminellen Freund.

»Das ist ein schwarzes Schaf, Janet«, sagte meine Tante Alice. »So einer wird dir nur Kummer bereiten.«

Ich bemerkte, dass mein Vater sich vor dem Weibergeschwätz verzog und dabei irgendetwas von Tieren murmelte, um die er sich kümmern musste. Ich eiste mich los, stieg in meinen Geländewagen und trat mit einem Seufzer der Erleichterung die Fahrt nach Süden an.

Am frühen Nachmittag kam ich am Crossroads Hotel an, ging hinein und fand meine Handwerker, aber keinen Mick. Auch seine Maschine stand nicht draußen. Fremont war da und sah schon etwas besser aus. Er begrüßte mich fast so munter wie früher, obwohl er immer noch müde wirkte.

»Wo ist Maya?«, fragte ich ihn.

»Wer weiß? Diese junge Lady macht ihr eigenes Ding.«

Ich biss die Zähne zusammen. In den letzten paar Tagen hatte Maya angefangen, nach Lust und Laune zur Arbeit aufzutauchen oder auch nicht. Meine Küchengeräte waren noch nicht fertig installiert, und immer noch hatte ich im Erdgeschoss kein Licht. Und es war nicht so, dass es in Magellan von qualifizierten Elektrikern nur so wimmelte. Ich brauchte Maya.

Fremont half mir, die Fotos reinzutragen, und wir stellten sie vorerst in meinem Schlafzimmer ab. Er bewunderte die orange- und rosafarbene Pracht eines Slot Canyon ein schmaler Spalt, der sich in mysteriösen Schatten wand.

Nachdem wir die Bilder verstaut hatten, sprang ich wieder in den Geländewagen und fuhr in den Ort.

Inzwischen kannte ich mich hier aus und wusste, welche Geschäfte an welcher Kurve des Highways lagen. Hansens Gartencenter befand sich direkt hinter dem winzigen Kino mit nur einem Saal und dem kleinen Lebensmittelgeschäft. Der New-Age-Laden Paradox schmiegte sich in die nächste Kurve, daneben befanden sich der Diner und die Tankstelle, wo man laut Poster für einen Ölwechsel nur zwölf Dollar zahlen musste.

Von der Geschäftsstraße führten Wohnstraßen in die Wüste zurück. Amys Haus lag am Ende der letzten Abzweigung, und Maya Medinas kleines Haus stand in derselben Straße, aber näher an der Kreuzung.

Manche der Gärten, in denen große Mesquiten, Pappeln und Wacholderbäume für den dringend benötigten Schatten sorgten, waren eindeutig von Landschaftsgärtnern gestaltet worden, wahrscheinlich von Hansens Gartencenter. Gruppen von Kakteen und Wüstengras setzten Akzente in der nackten Erde, und einige Bewohner hatten Beete für scharlachrote Geranien und lilafarbene Petunien angelegt, die ständig bewässert werden mussten. Gelbe, rote, violette und dunkelblaue Wildblumen blühten üppig am Straßenrand und wuchsen bis in die Grundstücke hinein.

Inmitten dieser Farbenpracht sah Mayas kleines Haus mit der gestrichenen Schindelverkleidung frisch und adrett aus. Mayas Kleinlaster war das einzige Fahrzeug in dem makellosen Carport.

Ich parkte und knallte die Tür zu, um ihr mein Kommen anzukündigen. Ich war so erzogen, dass es unhöflich war, jemand mit einem Überraschungsbesuch zu überrumpeln, gleich auf die Haustür loszumarschieren und zu klopfen. Besser war es, der Person im Haus Zeit zu geben, sich auf den Gast einzustellen. Andererseits hielt Maya die Renovierungsarbeiten im Hotel auf und hatte eigentlich höfliche Rücksichtnahme nicht verdient.

Als ich auf die kleine quadratische Veranda trat, fiel mir auf, dass die Haustür nicht ganz geschlossen war. Zu Hause hielt ich so etwas nicht für ungewöhnlich, aber in den Städten, selbst in einer Kleinstadt wie Magellan, schlossen die Leute ihre Eingangstüren normalerweise ab.

Aus Mayas Wohnzimmerfenster musste man einen perfekten Blick auf die Straße haben. Man sah sofort, wer in dieser Nachbarschaft alles kam und ging. Am Tag von Amys Verschwinden war Maya zu Hause gewesen, aber sie hatte Chief McGuire gesagt, keine Menschenseele gesehen zu haben.

Kälte breitete sich in meiner Magengrube aus. Vielleicht hatte sie doch etwas beobachtet und hatte ihre Gründe, dies zu verheimlichen. Möglicherweise hatte die Person, die sie gesehen hatte, sie irgendwie in der Hand. Dann war ich nach Magellan gekommen, schnüffelte herum und stellte Fragen. Und nun arbeitete Maya an meinem Hotel

Schnell stieß ich die Haustür auf und ging hinein. Ich sah ein leeres Wohnzimmer mit einer hübschen Polstergarnitur und einem LCD-Fernseher, hinter der Frühstückstheke eine Küche und ein kleines Esszimmer. Alles war sauber und ordentlich, aber offensichtlich war niemand zu Hause.

Ein schmaler Flur führte zu weiteren Räumen im hinteren Teil des Hauses, durch die ein Ventilator kühle Luft wehte. Ich zögerte und überlegte noch, ob ich mich ankündigen sollte. Da hörte ich Maya aufschreien.

Ich zog mein Handy aus der Tasche, raste nach hinten und stieß die erstbeste Tür auf. Verblüfft blieb ich stehen, und mir glitt fast das Telefon aus der Hand.

Maya saß splitternackt rittlings auf dem ebenso nackten Sheriff Jones, ihre dunkle Haut bildete einen hübschen Kontrast zur weißen Bettwäsche. Ich blieb abrupt stehen. Wie schön die beiden zusammen aussahen! Mayas schwarzes Haar fiel ihr bis auf die Hüften, als sie den Kopf zurücklegte und das Liebesspiel genoss.

Nashs Haut glänzte vom Schweiß wie polierte Bronze. Er sah zu ihr auf, seine grauen Augen dunkel vor Erregung.

Ich hatte den Daumen vom Handy genommen und wollte mich gerade wieder leise zurückziehen, als Nash mich entdeckte. Maya warf einen Blick über die Schulter, sah mich ebenfalls und schrie auf.

Ich hastete den Flur hinunter, aber Maya kam aus dem Schlafzimmer gerannt und haute mir ein Kissen um die Ohren. Ich stolperte und knallte mit der Schulter gegen die Wand.

Maya schimpfte wie ein Rohrspatz und belegte mich mit saftigen Flüchen. Mein Spanisch war nicht sonderlich gut, aber ich hatte lange genug im Südwesten gelebt, um ein paar Worte aufzuschnappen, besonders die vulgären wie »Indianerschlampe«. Ganz schön gewagt, wenn man bedachte, wobei ich Maya eben beobachtet hatte.

Ich fand mein Gleichgewicht wieder, gerade rechtzeitig, um die nächste Kissenattacke abzuwehren. Jones, mit jedem Zentimeter seines Körpers Polizeibeamter was durchaus wörtlich gemeint war , packte Maya am Handgelenk und zerrte sie zurück.

»Machen Sie verdammt noch mal, dass Sie rauskommen!«, brüllte er mich an.

Ich gab mir nicht die Mühe, ihm zu erklären, dass ich genau das gerade vorgehabt hatte. Ich rannte aus dem Haus und knallte die Eingangstür hinter mir zu.

Wenig später riss ich die Autotür auf, ließ mich in den Sitz fallen und atmete auf. Jetzt war Mayas Haustür geschlossen, wahrscheinlich sogar abgeschlossen. Warum war sie eben überhaupt offen gewesen? Waren die beiden so scharf aufeinander gewesen, dass sie gar nicht darauf geachtet hatten?

Beinahe zwanghaft fing ich zu lachen an. Ich lehnte mich auf das Lenkrad und lachte, bis mit die Tränen aus den Augenwinkeln rannen. Es tat gut, etwas zu lachen zu haben. Ich lachte genauso über mich selbst wie über die beiden, die ich überrascht hatte, darüber, wie ich bei ihnen hineingeplatzt war und ihnen das Schäferstündchen vermasselt hatte.

Kein Wunder, dass Nash so rot angelaufen war, als ich neulich bemerkt hatte, dass er und Maya ein schönes Paar abgeben würden. Kein Wunder, dass es Maya unangenehm war, über Nash zu reden. Die Spannung zwischen ihnen war für gewöhnlich so dick, dass man sie mit dem Messer schneiden konnte, und Mayas Ausbruch eben wunderte mich nicht. Lange konnte das noch nicht gehen, sonst hätte Fremont mir garantiert davon erzählt.

Ich wischte mir die Lachtränen aus den Augen, startete den Geländewagen und fuhr aus der Auffahrt. Von Jones’ Dienstwagen fehlte jede Spur, auch sah ich kein anderes Auto in der Nähe. Offensichtlich hatte niemand merken sollen, dass er bei Maya war, und wahrscheinlich hatte ich eben seine Tarnung auffliegen lassen.

Kichernd bog ich auf den Highway ein, um durch den Ort zum Hotel zurückzufahren. Zwar fehlte mir jetzt nach wie vor ein Elektriker, aber dafür hatte es mich enorm aufgeheitert, Nash und Maya in flagranti zu ertappen.

Auf halbem Weg zwischen Magellan und dem Hotel blitzte in meinem Rückspiegel Blaulicht auf, und der Sheriff von Hopi County, mittlerweile wahrscheinlich angezogen, gab mir Zeichen, rechts ranzufahren.