32

 

Mit einem Raubvogelblick beobachtete Talon Karrde den Punkt auf dem Display des Langstreckenscanners.

Trotzdem spürte er, dass Kam Solusar von hinten an ihn herantrat.

»Was ist es?«, fragte der Jedi.

»Nach den Anzeigen der Langstreckensensoren zu urteilen, eine Art Transporter, der gerade die Atmosphäre von Yavin Vier verlassen hat«, antwortete Karrde.

»Vor wenigen Momenten habe ich eine unglaublich starke Spannung in der Macht gefühlt«, sagte Solusar. »Ich bin sicher, dass Anakin daran beteiligt war, und vermutlich auch Tahiri.«

»Können Sie sie jetzt wahrnehmen? Sind sie an Bord des Transporters?«

»Ich denke schon«, erwiderte Solusar.

Karrde schüttelte den Kopf. »Das genügt mir nicht. Wenn ich mich so weit ins Territorium der Yuuzhan Vong wage, besteht die Möglichkeit, dass nicht ein Schiff meiner Flotte zurückkehrt. Ich muss sicher sein. Was ist, wenn es nur einige Angehörige der Friedensbrigade sind, die sich auf der andere Seite von Yavin versteckt haben?«

»Es ist Anakin«, sagte Solusar.

Die Anspannung wich aus Karrdes Schultern. »Schon besser«, brummte er. »Solange Sie sicher klingen. Also gut.«

Er wandte sich an die Crew. »Offenbar haben wir genau hierauf gewartet, Leute. Unsere Mission hat sich geändert. Bisher haben wir einfach nur überlebt und einige Streuner abgeschossen. So wie ich das sehe, haben uns die Yuuzhan Vong für Zielübungen benutzt und die Dummen aus dem Genpool entfernt.

Sie werden sich anders verhalten, wenn wir versuchen, den Transporter dort draußen zu erreichen. Wahrscheinlich werfen sie uns dann alles entgegen, was sie haben, und wir werden es empfangen. Verstärkung von der Neuen Republik können wir vergessen; wir sind hier auf uns allein gestellt. Wenn es irgendwelche Zweifel an dieser Sache gibt, so möchte ich jetzt davon hören.«

Stille herrschte, als Karrdes Blick über die Brücke glitt und auch kurz bei den Bildschirmen verharrte, die die Gesichter der anderen Raumschiffkommandanten zeigten.

»Sind wir einmal nicht auf deiner Seite gewesen, Captain?«, fragte Shada von der Idiot’s Array.

Kurzer Jubel unterstrich ihre Worte.

Stolz ließ Karrdes Brust schwellen. »Na schön, Leute«, sagte er. »Machen wir uns an die Arbeit.«

 

Einige piepsende und pfeifende Töne begrüßten Anakin, als er an Bord des Transporters kam.

»Hallo, Fünfer«, sagte er. »Auch ich freue mich, dich wiederzusehen.«

»Zurück an die Arbeit, du fauler kleiner Droide!«, rief der im Pilotensessel sitzende Vehn über die Schulter hinweg. »Und du, Jedi, setz dich an ein Geschütz. Mal sehen, ob wir die Mistkerle abschütteln können.«

»An den Kontrollen würde ich mich wohler fühlen«, sagte Anakin und beobachtete, wie Yavin Vier auf der Steuerbordseite kleiner wurde.

»Nach dem, was du beim letzten Mal angestellt hast?«, fragte Vehn. »Nein danke. Herzlichen Dank.«

»Es ist Ihr Schiff«, sagte Anakin.

»Stimmt haargenau.«

Anakin sah auf die Bildschirme. »Guter Vorsprung«, sagte er.

»Ja. Die Schiffe der Yuuzhan Vong brauchen länger, um die Atmosphäre zu verlassen. Aber hier draußen im All schließen sie zu uns auf.«

»Wie ist der Plan?«

»Wir fliegen mit Höchstgeschwindigkeit, bis wir den Verfolgern entwischen.«

»Das ist alles?«

»He, ich improvisiere. Willst du dich darüber beschweren, dass ich dich gerettet habe?«

»Nein«, sagte Anakin. »Ich habe daran gedacht, Ihnen zu danken. Jetzt bin ich nicht mehr so sicher.«

»Schon gut. Du würdest mich zu Tränen rühren. Wenn du einen Plan hast, so verrate ihn mir.«

Anakin sah in den Weltraum. Er fühlte sich schwach, sehr schwach, glaubte aber, etwas wahrgenommen zu haben.

»Nehmen Sie eine Sondierung mit den Langestreckensensoren vor«, sagte er.

»Würde ich gern, geht aber nicht. Wir haben versucht, sie zu reparieren, als das Gruselduo dort hinten meinte, es würde ›spüren‹, dass du Hilfe brauchst. Daraufhin ließen wir alles stehen und liegen und brachen auf.«

»Sannah, Valin.« Anakin winkte sie nach vorn. »Konzentriert euch. Fühlt ihr dort draußen etwas?«

»Ja«, sagte Valin kurze Zeit später. »Kam Solusar ist irgendwo dort draußen.«

Sannah nickte. »Ich spüre ihn ebenfalls.«

»Ich bin zu schwach, um sicher zu sein, und das gilt auch für Tahiri. Zeigt Vehn, wo Solusar ist.«

Valin blickte ins All, orientierte sich und deutete dann etwa neunzig Grad nach steuerbord. »Dort.«

»›Dort‹?«, wiederholte Vehn. »Soll das eine Kursangabe sein?«

»Funktioniert der Hyperantrieb?«, fragte Anakin.

»Nein.«

»Dann schlage ich vor, dass Sie in die Richtung fliegen, die Valin Ihnen gezeigt hat. Andernfalls enden wir als Sternenfutter.«

»Das ist besser, als noch einmal in Gefangenschaft zu geraten«, sagte Tahiri.

»Na schön«, brummte Vehn. »Bisher haben deine beiden kleinen Jedi-Kollegen Recht behalten.«

Anakin wollte im Sessel des Kopiloten Platz nehmen, aber Vehn legte die Hand auf die Sitzfläche. »Das ist Qorls Platz.«

»Ich gebe ihn gern auf«, sagte Qorl. »Jeder Solo, den ich bisher kennen gelernt habe, war ein besserer Pilot als ich.«

»Unsinn«, erwiderte Anakin. »Selbst wenn das wahr wäre, Sie sind in einer besseren Verfassung als ich. Ich bitte um Entschuldigung. Sie beide scheinen ein gutes Team zu sein.«

Die beiden Männer wechselten einen Blick.

»Qorl hat mir für gewisse Dinge… die Augen geöffnet«, sagte Vehn.

»Meistens mit meinem Stiefel«, sagte der Alte, aber auch er lächelte.

»Nun…«, erwiderte Anakin verlegen. »Ich danke Ihnen beiden. Sie sind gekommen, um Tahiri und mich an Bord zu holen. Sie hätten sich auch einfach aus dem Staub machen können.«

»Wie bitte? Damit mir die beiden Gruselkinder das Gehirn aus den Ohren quellen lassen?«, fragte Vehn.

»Wie dem auch sei, wir haben dies noch nicht überstanden«, erinnerte sie Qorl. »Zweimal bin ich über Yavin Vier abgeschossen worden. Ich habe nicht besonders viel Glück, wenn es darum geht, dieses Sonnensystem zu verlassen.«

»Stimmt«, sagte Anakin. »Aber jetzt sind wir viel näher dran.«

»Da wir gerade von nahen Dingen sprechen… In einer halben Stunde können wir mit einigen Vong reden«, sagte Vehn;

»Holen sie so schnell auf?«

»Nein. Sie sind schon da.«

»Ich übernehme das Geschütz«, sagte Anakin.

»In Ordnung«, erwiderte Vehn. »Halte das eine oder andere nette Wort für die Yuuzhan Vong bereit.«

 

»Die Yuuzhan Vong greifen den Transporter an, Sir«, meldete H’sishi. »Er hat einige Treffer eingesteckt und fliegt noch immer in unsere Richtung.«

»Wie lange?«, fragte Karrde knapp.

»Weniger als zwanzig Minuten, wenn wir mit direktem Kurs fliegen. Aber dann sind wir perfekte Ziele für die Blockade, die sich dort unten bildet.«

»Ja, aber wenn wir einen Umweg machen, erreichen wir den Transporter nicht vor den zerstörerähnlichen Schiffen der Vong. Dankin, berechnen Sie einen direkten Kurs. Die Idiot’s Array, Demise und Etherway sollen uns begleiten.«

»Das sind nicht unbedingt unsere am besten bewaffneten Schiffe, Sir.«

»Nein, aber sie sind ebenso schnell wie wir, nicht wahr? Also los.«

»In Ordnung, Sir. In zehn Minuten kommen wir in Reichweite. Es sei denn, die Yuuzhan Vong haben eine Überraschung für uns, und damit muss man bei den Brüdern immer rechnen.«

 

Anakin beobachtete, wie der dritte Korallenskipper nach backbord abdrehte. Er hatte ihn nicht ernsthaft beschädigt − die ersten beiden Schüsse waren von den Gravitationsanomalien absorbiert worden, die der Dovin-Basal projizierte, und der dritte hatte ihm nur einen leichten Schlag versetzt −, aber die kleineren Schiffe waren nicht schnell genug, um beim Transporter zu bleiben. Inzwischen waren sie nur noch ein Ärgernis, mehr nicht.

Anakins Sorge galt vor allem einem zerstörerähnlichen Schiff, das sich von steuerbord näherte, außerdem dem Umstand, dass er dahinter kaum etwas sehen konnte. Vielleicht befand sich eine ganze Flotte zwischen ihm und Talon Karrde. Wenn Karrde überhaupt da war. Er hatte einmal versucht, mithilfe der Macht nach Kam Solusars vertrauter Präsenz zu suchen, und er glaubte, sie gefunden zu haben. Aber vielleicht war Kam in jener Richtung Lichtjahre entfernt. Oder es handelte sich um Wunschdenken. Er konnte nicht sicher sein.

Nur eines war sicher: Der Zerstörer würde sie sehr bald erreichen. Er hoffte, dass Vehn noch den einen oder anderen Trick auf Lager hatte.

 

»Direkter Treffer bei der Idiot’s Array«, meldete H’sishi.

»Hörst du mich, Shada?«, fragte Karrde über die Korn-Verbindung.

»Ja, Boss. Sie haben uns ein wenig gekitzelt, aber wir können bei euch bleiben.«

»Noch so ein Treffer, und ihr seid Ionen«, widersprach Karrde. »Bleib zurück. Du hast genug geholfen.«

»Tut mir Leid, Boss. Ich höre dich nicht mehr. Mit meiner Kom-Einheit scheint etwas nicht in Ordnung zu sein. Halt durch, Boss. Wir bringen dich zum Ziel.«

An Bord der Wild Karrde kam es plötzlich zu energetischen Fluktuationen. Das Licht trübte sich, wurde dann wieder heller, und eine ferne Vibration ließ den Rumpf erzittern. Die beiden restlichen Schiffe der Eskorte mussten ebenfalls einiges einstecken. Die Demise hatte es gleich zu Anfang erwischt, und vermutlich war die ganze Crew ums Leben gekommen.

Gute Leute. Karrde würde später um sie trauern, wenn er Zeit dazu hatte.

Er beobachtete, wie die Idiot’s Array den letzten, fatalen Treffer erhielt, direkt ins Triebwerk. Plasmawolken gingen von ihr aus, und atomare Teufel tanzten im zerstörten Heckbereich.

»Bring dich in Sicherheit, Shada!«, rief Karrde über die Kom-Verbindung.

Er bekam keine Antwort.

»Die Idiot’s Array hält die Geschwindigkeit, Sir«, sagte H’sishi. »Ich verstehe das nicht. Das Triebwerk ist hinüber, und das energetische Niveau des Reaktors erreicht einen kritischen Wert.«

Karrde blinzelte. »Shada!«, knurrte er. Und zu Dankin: »Den Kurs ändern, zwei Grad nach steuerbord. Und gut festhalten.«

»Was hat sie vor, Sir?«

»Sie hat einen Traktorstrahl auf einen der Yuuzhan-Vong-Zerstörer gerichtet und die ganze Energie hineingeleitet, alles, was sie hat.«

Wenige Sekunden später verschwand die Idiot’s Array in einer Kugel aus grellem weißem Licht, das den größten Teil des Yuuzhan-Vong-Zerstörers verschlang.

»Shada«, murmelte Karrde und fühlte sich sehr müde. Im Lauf der Jahre hatte er mehr Freunde als Feinde verloren. Er war oft genug mit dem Tod konfrontiert worden, um alle Illusionen zu verlieren: Eines Tages würde er das Spiel verlieren und sterben. Aber aus irgendeinem Grund war er davon überzeugt gewesen, dass Shada ihn überleben würde.

»Ein Zerstörer erledigt«, knurrte er. »Einer übrig.«

»Wir haben gerade die Etherway verloren, Sir«, berichtete H’sishi.

»Zerstört?«

»Nein. Energieausfall.«

»Dann sind wir allein.«

»Ja.«

»Allein gegen all das da draußen.«

»Es sei denn, wir warten auf die anderen, Sir. Ich… Sir, hinter uns!«

Karrde sah, wie ein Schiff auf dem Schirm erschien, und reine Konditionierung hinderte sein Herz daran, in den Hals zu springen.

Das in unmittelbarer Nähe erschienene Schiff war ein imperialer Sternzerstörer.

Ein roter imperialer Sternzerstörer.

»Eine Nachricht, Sir«, sagte Dankin.

»Verbindung herstellen.«

Ein bärtiger Mensch erschien auf dem Schirm. »Nun, Karrde, ich schätze, ich muss auch Sie heraushauen«, brummte er. »Hoffentlich können Sie eine angemessene Gegenleistung dafür erbringen.«

»Booster Terrik!«

»Niemand anders.«

»In meinem Warenlager lässt sich bestimmt etwas für Sie finden.«

»Schon gut. Wo ist mein Enkel?«

»Wir glauben, er befindet sich an Bord des Transporters, auf den es das große Yuuzhan-Vong-Schiff abgesehen hat.«

»Mehr wollte ich nicht wissen. Wir sehen uns auf der anderen Seite, Karrde.«

»Auf der anderen Seite von was?«

»Des Nebels, den ich schaffen werde.« Der Bildschirm wurde dunkel.

»Also gut, Leute«, sagte Karrde. »Ein neues Spiel hat begonnen. Lasst es uns gut spielen.«

 

Anakin feuerte immer wieder mit dem Turbolaser, und die Strahlblitze verdampften Yorik-Korallen in der Außenhaut des Zerstörers. Das organische Schiff schien nicht einmal etwas davon zu bemerken, trotz der geringen Entfernung von nur einigen Dutzend Metern.

Er musste zugeben, dass Vehn als Pilot keine schlechte Arbeit leistete: Er flog in unmittelbarer Nähe des Zerstörers, um den großen Geschützen zu entgehen, tanzte in einer komplexen Spirale um die Achse des Schiffes und wich den Gravitationsarmen des Dovin-Basals aus. Eine größere Entfernung vom Zerstörer hätte Vernichtung bedeutet. Ein Treffer aus einer der großen Plasmakanonen wäre ihr Ende gewesen.

»Achtung, da hinten«, knisterte Vehns Stimme. »Korallenskipper werden gestartet.«

Anakin sah es. Die Yuuzhan Vong brachten ihre Kampfjäger nicht in Hangars unter, sondern befestigten sie an der Außenhülle größerer Schiffe. Einige der inaktiven hatte Anakin bereits zerstört. Jetzt lösten sie sich in Schwärmen.

»Du musst sie uns vom Leib halten, Solo«, sagte Vehn, und in seiner Stimme erklang fast so etwas wie Verzweiflung. »Wenn ich versuche, ihnen zu entkommen, bieten wir uns dem Zerstörer als Zielscheibe dar.«

»Verstanden«, erwiderte Anakin. Und dann hatte er keine Zeit mehr zum Reden; alles in ihm konzentrierte sich auf die hin und her fliegenden Feinde. Er versuchte nicht einmal, sie zu zählen.

Sie kamen heran, und er schoss auf sie. Schon nach kurzer Zeit entwickelte er einen Dreier-Rhythmus: Der erste Schuss bewirkte, dass der Dovin-Basal eine Gravitationsanomalie erzeugte, und der zweite war auf eine Stelle gerade außerhalb des Ereignishorizonts gerichtet; wenn sich die Anomalie bewegte, um die Energie zu absorbieren, feuerte Anakin auf eine weiter von ihr entfernte Stelle auf der anderen Seite. Manchmal gelang es einem Korallenskipper, alle drei Schüsse zu schlucken, aber meist gleißte das kohärente Licht weit genug außerhalb der Singularität, um sich um sie herum zu krümmen. Wenn er das Timing richtig hinbekam, konnte er den krummen dritten Schuss an die gewünschte Stelle lenken.

Doch er war nicht imstande, alle Angreifer abzuschießen. Der Transporter schüttelte sich immer wieder, als Plasma Schäden anrichtete. Anakin schenkte den Erschütterungen keine Beachtung und kämpfte in grimmigem Schweigen.

Auch Vehn blieb still, abgesehen von einem gelegentlichen Fluch. Unter den gegenwärtigen Umständen durften sie keine Zeit mit gesprochenen Worten verlieren.

Ein Korallenskipper durchbrach Anakins Sperrfeuer, raste am Geschützturm vorbei und hinterließ einen Schmelzstreifen auf dem Transparistahl. Anakin versuchte, den Turbolaser auf den Gegner zu richten, aber er war bereits fort. Sofort schwang er das Geschütz herum, zielte auf eines von drei feindlichen Schiffen, die in seinem Blickfeld erschienen, und schoss. Der Skipper wurde getroffen, kippte kurz zur Seite und richtete sich sofort wieder auf.

Anakin feuerte erneut auf ihn und beobachtete mit sonderbarer Ruhe, wie er immer näher kam. Die Singularität schluckte den ersten Schuss, und der zweite raste weit daran vorbei. Der dritte Strahl war ein Volltreffer. Der Korallenskipper platzte auseinander, doch die Trümmer prallten wie eine Meteoritenwolke gegen das Cockpit.

Ein spinnenartiges Netz aus Haarrissen durchzog den Transparistahl.

Noch ein Treffer, und ich atme Vakuum, dachte Anakin.

Es kam natürlich nicht infrage, den Geschützturm zu verlassen. Er vergewisserte sich, dass das Schott hinter ihm hermetisch geschlossen war, ihn vom Rest des Schiffes trennte. Sein Tod sollte nicht auch das Ende für alle anderen bedeuten.

Er erledigte zwei weitere Skipper, doch dann bildeten drei Gegner einen Keil und kamen direkt auf ihn zu. Anakin atmete tief durch und feuerte, wusste aber, dass er sie nicht alle außer Gefecht setzen konnte.

Er hatte erst zwei Schüsse abgegeben, als die Sicherheitsautomatik den überhitzten Turbolaser vorübergehend deaktivierte. Mit erzwungener Passivität beobachtete Anakin, wie sich die Skipper näherten. Mithilfe der Macht griff er ins All und hoffte, Trümmer zu finden, die er den Feinden entgegenschleudern konnte.

Er überlegte, wie es sich anfühlte, wenn sein Blut zu kochen begann.

Dann spürte er etwas sehr Vertrautes in der Macht, als die Korallenskipper in einem grellen weißen Nebel verschwanden: Zwei X-Flügler sausten um die sich ausdehnende Wolke aus Gas und verdampften Korallen herum.

Es knackte im Kom-Lautsprecher.

»Brauchst du Hilfe, kleiner Bruder?«

»Jaina!«

»Du hast hier ja was Schönes angerichtet, Anakin«, ertönte eine andere Stimme.

»Jacen! Wo… wie…«

»Verschieben wir Erklärungen auf später«, sagte Jaina. »Wer fliegt die Kiste?«

»Ich«, warf Vehn ein.

»Verschwinden Sie von hier, und zwar schnell«, sagte Jaina. »Wir halten die Skipper von euch fern. Corran Horn ist ebenfalls dort draußen. Die Yuuzhan Vong könnten einem fast Leid tun.«

»Aber wenn wir uns von dem Zerstörer entfernen…«

»Ihr möchtet weit von ihm entfernt sein, glaubt mir«, sagte Jaina.

Anakin atmete erleichtert auf, als die Automatik den Turbolaser reaktivierte. »Ich sitze an der Hintertür«, teilte er seinen Geschwistern mit. »Macht ihr den Weg frei. Vehn, Sie sollten besser tun, was sie sagt.«

»Wie du wünschst«, erwiderte Vehn sarkastisch. Und dann keuchte er plötzlich. Den Grund dafür sah Anakin erst, als sie auf die andere Seite der Errant Venture gelangten. Zu jenem Zeitpunkt strahlte das Schiff der Yuuzhan Vong bereits wie eine neue Sonne.

Anakin blickte durch den Transparistahl und grinste breit genug, um eine Mondsichel zu verschlucken.

 

Karrde lächelte nicht, als einen Standardtag später die Schiffe der Yuuzhan Vong Yavin Vier verließen und in den Hyperraum sprangen. Sein Blick galt den Trümmern im All, die nicht nur von Yuuzhan-Vong-Schiffen stammten, und er zählte ernst seine Verluste.

Ja, er wurde allmählich zu alt für diesen Unsinn.

»Captain, Nachricht für Sie, Sir«, sagte H’sishi.

Karrde dachte daran, einfach nicht darauf zu reagieren, aber so kurz nach dem Kampf konnte es sich um etwas Wichtiges handeln.

»Stellen Sie eine Verbindung her, H’sishi«, sagte er.

Wenige Sekunden später erschien das Gesicht eines Mannes in mittleren Jahren auf dem Schirm.

»Corran Horn«, sagte Karrde. »Freut mich, Sie wiederzusehen. Ich nehme an, Sie waren an Bord des Sternzerstörers Ihres Schwiegervaters.«

»Als Jacen und Jaina uns fanden, ja. Ich habe einen der X-Flügler dort draußen geflogen. Ich…« Er schnitt eine kurze Grimasse, und dann kehrte der neutrale Gesichtsausdruck zurück. »Karrde, ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie meinen Sohn und die anderen Kinder gerettet haben. Ich weiß, welchen Preis Sie dafür bezahlen mussten.«

Nein, das wissen Sie nicht, dachte Karrde. »Gern geschehen«, erwiderte er. »Wenn ich etwas verspreche, so bemühe ich mich, das Versprechen zu halten.«

»In dieser Hinsicht ähneln wir uns«, sagte Horn. »Und ich begleiche meine Schulden. Ich bin Ihnen einen großen Gefallen schuldig.«

Karrde nahm diese Bemerkung mit einem knappen Nicken entgegen. »Ich bin froh, dass es Ihrem Sohn gut geht. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun? Bitte entschuldigen Sie, wenn ich das Gespräch so schnell beende, aber derzeit steht mir nicht der Sinn nach Konversation.«

»Nur noch eine Sekunde. Zwar kann ich damit nur einen kleinen Teil meiner Schuld zurückzahlen, aber ich habe etwas für Sie.«

»Was?«

»Besser gesagt, ich habe jemanden für Sie.« Horn trat beiseite, und Shada D’ukal erschien auf dem Bildschirm.

»Shada!«

»Ich bitte dich, Karrde«, sagte sie. »Hast du mich für so dumm gehalten, an Bord eines brennenden Schiffes zu bleiben? Nach der Ausrichtung des Traktorstrahls brachen wir mit den Rettungskapseln auf. Horn fand uns mit seinem X-Flügler, während wir in einer langsamen Spirale zum Gasriesen flogen.« Sie beugte sich vor. »He, Boss, was ist mit deinem Auge?«

»Der Luftumwälzer bläst Staub von irgendwo herein«, sagte Karrde und blinzelte verdächtige Feuchtigkeit fort. »Setz dich in Bewegung und kehr hierher zurück. Wir müssen darüber reden, wie viele Raten du zahlen musst, um mir den Verlust der Idiot’s Array zu ersetzen.«

Shada rollte mit den Augen. »Bis bald, Boss.«

Und dann, trotz seiner Verluste, gestattete sich Talon Karrde ein kleines, stilles Lächeln. Warum auch nicht? Sie hatten gewonnen.