2
In seinem Arbeitszimmer sank Luke Skywalker in einen Sessel, strich sich mit der einen Hand über die Stirn und blickte hinaus in die Nacht − oder in das, was auf Coruscant als Nacht galt: hundert verschiedene Schattierungen von nächtlichem Glühen. Die Luftstraßen für Airwagen und Transporter schimmerten; von Lichtern besetzte Wolkenkratzer reichten zu den unsichtbaren Sternen empor. Wie viele Jahrtausende waren vergangen, seit zum letzten Mal ein Bewohner dieser Stadtwelt die Sterne gesehen hatte?
Auf Tatooine waren die Sterne hell leuchtende, glitzernde Versprechen gewesen für einen Jungen, der kein Feuchtigkeitsfarmer werden wollte und sich mehr vom Leben erhoffte. Die Sterne hatten ihm alles bedeutet, und die Sehnsucht nach ihnen stellte den Keim für all das dar, was aus ihm geworden war. Und jetzt, im Herzen der Galaxis, für die er so lange gekämpft hatte, konnte er sie nicht einmal mehr sehen.
Etwas trieb durch die Macht, eine Umarmung, die darauf wartete, geschehen zu können. Die auf Erlaubnis wartete.
»Komm herein, Mara.« Luke stand auf.
»Bleib sitzen«, sagte seine Frau. »Ich setze mich zu dir.«
Sie nahm im Sessel neben ihm Platz und griff nach seiner Hand. Er spürte ihre Berührung und zuckte instinktiv zurück.
»He, Skywalker«, sagte Mara. »Ich bin nicht gekommen, um dich zu töten.«
»Das ist ein beruhigender Hinweis.«
»Ach?« Maras Stimme gewann eine gewisse Schärfe. »Glaub nur nicht, ich hätte nicht daran gedacht. Es ist wie bei jenen Gelegenheiten, als ich das Frühstück nicht bei mir behalten konnte, oder wie bei einer der rasenden Touren durch alle Gefühle, die sich jemals in mir geregt haben − und durch einige, von deren Existenz ich bis dahin gar nichts wusste. Wenn meine Füße anschwellen und so dick werden wie die eines gamorreanischen Ebers und wenn ich auf dem besten Wege bin, mich in eine Hutt zu verwandeln… Dann weise ich alle anderen daraufhin, dass sie sich besser in Acht nehmen sollten.«
»Einen Augenblick. Ich erinnere mich nicht daran, dass wir beide diese Angelegenheit geplant haben. Ich war ebenso überrascht wie du. Außerdem: Mit deinem letzten Plan, mich zu töten, hat dies alles angefangen, die Schwangerschaft eingeschlossen. Wenn du so weitermachst, haben wir bald Han und Leia überholt.«
Mara gluckste. »Schatz«, sagte sie in einem unaufrichtigen Ton, »ich liebe dich. Du bist mein Leben und mein Licht. Wenn du mir dies noch einmal antust, erschieße ich dich auf der Stelle.« Sie drückte zärtlich seine Hand.
»Genau das meine ich«, erwiderte Luke. »Kann ich dir irgendeine Freude bereiten, Liebste?«
»Sag mir, was los ist.«
Luke zuckte mit den Schultern und sah wieder nach draußen in die helle Nacht der Stadtwelt. »Es geht natürlich um die Jedi. Wir brechen auseinander. Zuerst wendet sich die Galaxis gegen uns, und jetzt kommt es zu Zwist in unseren eigenen Reihen.«
»Ich bedauere, dass ich mich nicht schon vor Jahren um Kyp gekümmert habe«, sagte Mara.
»Darüber solltest du nicht einmal scherzen. Und es ist nicht Kyps Schuld − letztendlich ist es meine. Du hast es mir einmal erklärt, weißt du noch?«
»Ich erinnere mich daran, dir in einigen Punkten Klarheit verschafft zu haben. Deswegen hat Kyp jetzt nicht Recht.«
»Nein, er hat nicht Recht. Aber wenn Kinder streunen, sagt das nicht etwas über ihre Eltern?«
»Du hast wirklich einen guten Zeitpunkt gewählt, um mir zu sagen, dass du ein schlechter Vater bist. Oder zweifelst du vielleicht daran, dass ich eine gute Mutter bin?«
Mara scherzte, aber Luke empfing eine aus Furcht, Niedergeschlagenheit und Zorn bestehende emotionale Woge von ihr.
»Mara?«, fragte er. »Es war nur eine Metapher.«
»Ich weiß. Es ist weiter nichts. Fahr fort.«
»Es ist doch etwas.«
»Nein. Plötzliche Stimmungswechsel. Eine ärgerliche Sache, von Hormonen hin und her geworfen zu werden. Und nicht dein Problem, Skywalker. Sag mir, was du mir sagen wolltest, ohne die Elternschafts-Metapher.«
»Na schön. Es geht mir um dies: Meine Lehren sind nicht stark und überzeugend genug, wenn die anderen ihre Antworten bei Kyp suchen.«
»Man hat uns verraten und niedergemetzelt«, sagte Mara. »Kyp gibt eine Antwort darauf. Du hast keine gegeben.«
»Schließt du dich jetzt Kyps Standpunkt an?«
»Ich bin der Ansicht, dass wir nicht einfach nur dasitzen und warten können. Ich weiß, dass auch du handeln möchtest, aber du bringst es nicht deutlich genug zum Ausdruck. Kyp bietet den Jedi eine Vision an, die ebenso klar und einfach ist wie falsch. Von uns hingegen bekommen sie nur ein vages Durcheinander aus Versicherungen und Verboten. Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, den Jedi zu sagen, was es nicht zu tun gilt. Wir müssen ihnen sagen, was sie unternehmen sollen.«
»Wir?«
»Natürlich wir, Skywalker. Du und ich. Wohin du gehst, dorthin gehe auch ich.«
Maras Macht küsste Lukes, und er erzitterte kurz. Es fühlte sich gut an, eine Wärme neben der Kälte von Zweifel und Schmerz. Wie konnte er sich Zweifel erlauben? Wie konnte er zulassen, dass jemand anders den Zweifel sah, obgleich er das Ende von allem bedeuten mochte?
Der Kontakt wurde sanfter, und Mara schien innerlich zurückzuweichen. Luke entspannte sich, und dann kehrte die Berührung zurück, verstohlener und stärker. Er gab auf und öffnete sich, woraufhin sie sich in einem hellen Strom miteinander verbanden. Er umarmte Mara, und mit ihrer Hand und dem Glanz in ihr streichelte sie den größten Teil seines Zweifels fort.
»Ich liebe dich, Mara«, hauchte er nach einer Weile.
»Ich liebe dich auch«, erwiderte sie.
»Es ist schwer, wenn man zusehen muss, wie alles auseinander fällt.«
»Es fällt nicht auseinander, Luke. Daran musst du glauben.«
»Ich muss stark sein für die anderen, ihnen als Vorbild dienen. Aber heute…«
»Ja, ich habe ihn bemerkt, deinen Moment der Schwäche. Ich glaube, außer mir ist niemandem etwas aufgefallen.«
»Anakin hat ihn ebenfalls bemerkt. Er war davon sehr beunruhigt.«
»Machst du dir über ihn Sorgen?«, fragte Mara und interpretierte Lukes Worte. »Er verehrt dich und möchte so sein wie du. Er käme nie auf die Idee, sich auf die Seite von Kyp zu schlagen.«
»Das ist auch gar nicht meine Sorge. Er ähnelt Kyp sehr, ohne dass es ihm klar ist. Er hat viel hinter sich, Mara, und er ist zu jung, um mit all den Dingen fertig zu werden. Er hält sich noch immer für schuldig an Chewbaccas Tod, und ein Teil von ihm glaubt, dass auch Han ihm die Schuld dafür gibt. Er hat Daeshara’cor sterben sehen. Er glaubt sich verantwortlich für die Zerstörung der Hapanischen Flotte bei Fondor. Viele Schmerzen haben sich angesammelt, und eines Tages ergibt sich daraus etwas, mit dem er nicht klarkommt, weil es ihm an Erfahrung mangelt. Nur ein Mikron trennt Kummer und Schuld von Zorn und Hass. Und er ist noch immer unbekümmert und verwegen; er hält sich für unsterblich, obwohl er oft den Tod gesehen hat.«
»Das hat ihn an deinem Moment der Schwäche heute so beunruhigt«, sagte Mara. »Er hält auch dich für unsterblich.«
»Das hat er geglaubt. Aber jetzt weiß er: Wenn er Chewie verlieren kann, so kann er auch alle anderen verlieren. Das macht es nicht besser für ihn. Er verliert das Vertrauen in all die Dinge, die sein ganzes Leben bestimmt haben.«
»Ich hatte nicht unbedingt eine normale Kindheit«, sagte Mara, »aber geschieht das nicht mit allen Kindern, früher oder später?«
»Ja. Doch die meisten Kinder sind keine Jedi-Adepten. Die meisten Kinder sind nicht so stark in der Macht wie Anakin, und sie neigen auch nicht so sehr dazu, Gebrauch von ihr zu machen. Weißt du, dass er als Junge eine Riesenschlange getötet hat, indem er ihr Herz anhielt?«
Mara blinzelte. »Nein, das habe ich nicht gewusst.«
»Er verteidigte sich und seine Freunde. Damals sah er vermutlich keine andere Möglichkeit.«
»Anakin ist sehr pragmatisch.«
»Das ist das Problem.« Luke seufzte. »Er wuchs bei Jedi auf. Die Macht zu benutzen… Es ist wie Atmen für ihn. Anakin sieht nichts Mystisches in ihr. Für ihn ist die Macht ein Werkzeug, das er benutzt, um Dinge zu bewerkstelligen.«
»Jacen andererseits…«
»Jacen ist älter, aber er wuchs wie Anakin auf. Es sind zwei unterschiedliche Reaktionen auf die gleiche Situation. Keiner von ihnen glaubt, dass ich es richtig mache. Und was noch schlimmer ist: Ich fürchte, wenigstens einer von ihnen hat Recht. Ich habe…« Luke unterbrach sich.
»Was hast du?«, drängte Mara sanft.
»Ich weiß nicht genau. Ich habe eine Zukunft gesehen. Mehrere Varianten der Zukunft. Wie auch immer dies mit den Yuuzhan Vong endet: Nicht ich werde das Ende herbeiführen, auch nicht Kyp oder irgendeiner der älteren Jedi. Es wird jemand anders sein, ein Jüngerer.«
»Anakin?«
»Ich weiß es nicht. Es widerstrebt mir sogar, darüber zu sprechen. Jedes Wort dehnt sich aus und verursacht Kräuselungen in der Macht für jede Person, die es hört, bewirkt auf diese Weise Veränderungen. Ich verstehe allmählich, wie sich Yoda und Ben fühlten. Ich beobachte und versuche zu leiten, in der Hoffnung, dass ich mich nicht irre, dass ich klar sehe, dass es so etwas wie Weisheit gibt und ich mir nichts vormache…«
Mara lachte leise und küsste Luke auf die Wange. »Du bist zu besorgt.«
»Manchmal glaube ich, dass ich zu unbesorgt bin.«
»Glaubst du wirklich, dass du dir mehr Sorgen machen solltest?«, fragte Mara leise. Sie nahm Lukes Hand und legte sie sich auf den Bauch. »Horch.«
Erneut umfasste sie ihn in der Macht. Einmal mehr verbanden sie sich miteinander und glitten dem dritten Leben im Raum entgegen, dem Leben, das in Mara wuchs. Vorsichtig streckte sich Luke aus und berührte seinen Sohn.
Das Herz schlug, ein einfacher, wunderschöner Rhythmus und umgeben von so etwas wie einer Melodie, ein sowohl fremdes als auch vertrautes Bewusstsein, Wahrnehmungen wie Schmecken, Riechen und Sehen, und doch ganz anders, ein Universum ohne Licht, aber voller Wärme und Sicherheit.
»Erstaunlich«, murmelte Luke. »Dass du ihm das geben kannst. Dass du so für ihn sein kannst.«
»Es ist demütigend«, erwiderte Mara. »Und beunruhigend. Was geschieht, wenn ich einen Fehler mache? Was passiert, wenn meine Krankheit zurückkehrt? Und am schlimmsten von allem…« Mara zögerte, und Luke wartete, ließ seiner Frau Zeit. »In gewisser Weise ist es einfach. Um ihn jetzt zu schützen, brauche ich nur mich selbst zu schützen, und das habe ich mein ganzes Leben lang getan. Derzeit ist mein Leben auch sein Leben. Aber wenn er geboren ist… Nach seiner Geburt wird es nie wieder so sein. Und das besorgt mich.«
Luke schlang die Arme um Mara. »Du wirst gut zurechtkommen«, sagte er. »Das verspreche ich dir.«
»Du kannst es mir nicht versprechen. Ebenso wenig bist du imstande, die jungen Jedi bei dir zu behalten oder sie zu schützen. Es ist das Gleiche. Es ist die gleiche Furcht, Luke.«
»Ja«, sagte er. »Ja, natürlich.«
Sie saßen da, beobachteten den Himmel von Coruscant und schwiegen, bis jemand an die Tür kam.
»Wenn man von ihnen spricht, so dauert es nicht lange, bis sie erscheinen«, murmelte Luke. »Es sind die Solo-Kinder.«
»Ich kann sie fortschicken.«
»Nein. Sie möchten mich sprechen, und es ist ihnen wichtig.« Er hob die Stimme. »Herein.«
Er stand auf und machte mehr Licht. Anakin, Jaina und Jacen traten ein.
»Es tut uns Leid, dass wir die Versammlung verlassen haben«, sagte Jaina.
»Ich wusste, worum es euch ging, und ich danke euch dafür, dass ihr es versucht habt. Kyp… Er muss eine Zeit lang seinen eigenen Weg gehen. Aber deshalb seid ihr nicht hierher gekommen, oder?«
»Nein«, sagte Jacen. »Wir machen uns wegen der Jedi-Akademie Sorgen.«
»Genau«, bestätigte Anakin. »Ich dachte mir: Wenn ich bei der Friedensbrigade wäre und eine ganze Jedi-Gruppe erwischen wollte…«
»Dann würdest du nach Yavin Vier fliegen. Gut überlegt.«
Anakin machte ein langes Gesicht. »Du hast selbst daran gedacht.«
Luke nickte. »Sei nicht enttäuscht. Erst vor einigen Tagen hatten wir genug Berichte, um den Trend zu erkennen und zu begreifen, wie ernst es der Kriegsmeister meint. Während ich versuchte, die vielen lokalen Feuer zu löschen und Regierungsunterstützung zu gewinnen, um dieser Entwicklung einen Riegel vorzuschieben oder sie wenigstens zu verlangsamen, wurde mir nicht klar, dass in jenem System nicht genug Jedi zurückgeblieben sind, um die Illusion aufrechtzuerhalten.«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Jacen.
»Ich habe die Neue Republik gebeten, ein Schiff zu schicken, um sie zu evakuieren, aber dort zögert man. Vielleicht dauert es noch Wochen bis zu einer Reaktion auf unsere Anfrage.«
»So lange können wir nicht warten!«, platzte es aus Jaina heraus.
»Nein«, pflichtete Luke ihr bei. »Ich habe versucht, Booster Terrik zu finden. Im Augenblick halte ich es für das Beste, die Jedi-Akademie zu evakuieren und dafür zu sorgen, dass die Kinder in Bewegung bleiben, an Bord der Errant Venture. Wenn wir sie einfach nur zu einem anderen Planeten bringen, lösen wir das Problem nicht.«
»Die Schüler sind also bei Booster?«, fragte Anakin.
»Leider kann ich ihn nicht lokalisieren. Ich versuche es nach wie vor.«
»Talon Karrde«, sagte Mara leise.
»Perfekt«, erwiderte Luke. »Kannst du ihn finden?«
»Was glaubst du?«, entgegnete Mara und lächelte.
»Aber was ist, wenn die Friedensbrigade Yavin Vier bereits erreicht hat oder sich in diesem Augenblick dem Mond nähert?«, fragte Anakin.
»Derzeit können wir nicht mehr tun«, sagte Luke. »Außerdem ist die Gefahr rein hypothetisch. Vielleicht weiß die Friedensbrigade noch gar nichts von Yavin Vier. Und selbst wenn sie Bescheid weiß: Kam, Tionne und Meister Ikrit befinden sich dort. Sie sind nicht völlig wehrlos.«
»Die Akademie ist nicht unbedingt das bestgehütete Geheimnis in der Galaxis«, meinte Jacen. »Und ohne die Illusion… Was könnte Kam gegen ein Kriegsschiff ausrichten? Lass uns gehen.«
»Kommt nicht infrage«, erwiderte Luke. »Ich brauche euch alle hier. Und angesichts des Geldes, das man auf euren Kopf ausgesetzt hat − insbesondere auf deinen Kopf, Jacen −, wäre es zu gefährlich für euch, allein aufzubrechen. Eure Eltern würden es mir nie verzeihen, wenn ich euch die Erlaubnis gäbe, unter solchen Umständen allein loszufliegen.«
»Frag sie«, schlug Jaina vor.
»Das geht nicht. Derzeit lässt sich kein Kontakt mit ihnen herstellen, und es könnte noch eine ganze Weile dauern, bis das möglich wird.«
»Sollten wir nicht wenigstens einen Blick auf das Praxeum werfen?«, beharrte Jaina. »Wir könnten uns am Rand des Sonnensystems verstecken, bis Karrde eintrifft, von dort aus die Dinge im Auge behalten und hierher zurückkehren, um Bericht zu erstatten, wenn irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht.«
Luke schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass ihr alle unruhig seid, insbesondere du, Jaina. Aber deine Augen sind noch nicht ganz geheilt…«
»Vielleicht genügen sie nicht den Anforderungen des Renegaten-Geschwaders, aber ich kann gut genug sehen, um zu fliegen«, protestierte Jaina.
»Selbst wenn mit deinen Augen alles in Ordnung wäre…«, fuhr Luke fort. »Ich hätte trotzdem Bedenken, euch nach Yavin Vier fliegen zu lassen. Hier gibt es wichtige Arbeit. Darauf habt ihr Kyp doch gerade hingewiesen, nicht wahr, Jaina, Jacen?«
»Ja, Onkel Luke«, bestätigte Jacen. »Das haben wir.«
»Anakin? Du hast nicht viel gesagt.«
Anakin zuckte mit den Schultern. »Ich schätze, es gibt auch nicht viel zu sagen, oder?«
Luke glaubte, etwas Gefährliches in diesen Worten zu entdecken, aber es verschwand sofort wieder.
»Ich bin froh, dass ihr drei euch Gedanken über die Situation macht. Wir sind uns einig: Die Akademie zählt zu unseren schwachen Punkten. Helft mir dabei, die anderen zu finden. Geht auf keinen Fall davon aus, dass ich an alles gedacht habe, denn das ist nicht der Fall. Und vergesst nicht, dass wir uns morgen früh erneut versammeln.«
Die drei Geschwister nickten und verließen den Raum.
»Vielleicht haben sie Recht«, sagte Mara, als sie gegangen waren.
Luke seufzte erneut. »Ja, vielleicht. Aber ich habe da ein komisches Gefühl. Wer auch immer nach Yavin Vier fliegt, sollte mit voller Truppenstärke antreten, denn andernfalls wird er das Sonnensystem nicht wieder verlassen. Ich habe gelernt, solchen Gefühlen zu vertrauen.«
»Das hättest du ihnen sagen sollen«, meinte Mara.
Luke lächelte sardonisch. »Dann wären sie ganz bestimmt aufgebrochen.«
Mara nahm seine Hand. »Keine Ruhe für die Müden. Ich setze mich mit Karrde in Verbindung.« Erneut berührte sie ihren Bauch. »In der Zwischenzeit kannst du mir etwas zu essen besorgen, Skywalker. Etwas Großes, das noch blutet.«
Anakin überprüfte die Systemindikatoren.
»Wie sieht’s aus, Fünfer?«, fragte er leise und sah auf die Cockpit-Displays.
ALLE SYSTEMPARAMETER OPTIMAL, meldete die R7-Einheit.
»Gut. Bleib dran, während ich die Starterlaubnis einhole. Berechne in der Zwischenzeit den ersten der Sprünge zum Yavin-System.«
Für die Starterlaubnis waren einige Mogeleien nötig, und er musste auch einen Berechtigungskode fälschen, um eine Überprüfung zu verhindern, die Onkel Luke alarmiert und seinen Start verhindert hätte.
Diesmal irrte sich Onkel Luke. Anakin fühlte es tief im Innern, im Zentrum seines Selbst. Den Jedi-Schülern drohte große Gefahr. Talon Karrde würde die Akademie nicht rechtzeitig erreichen; vielleicht war es schon zu spät.
Anakin hielt es für seltsam, dass Onkel Luke noch immer ein Kind in ihm sah. Er hatte Yuuzhan Vong getötet, Freunde sterben sehen und den Tod anderer verursacht. Er war verantwortlich für die Zerstörung zahlreicher Raumschiffe, was alle Geschöpfe an Bord das Leben gekostet hatte. Und das waren nur einige Punkte auf einer langen Liste.
Es handelte sich um eine besondere Schwäche der Erwachsenen in Anakins Leben, eine Schwäche, die aus Zwiespältigkeit und Leugnung bestand. Sie verstanden nicht, wer er wirklich war. Sie sahen nur das, was er zu sein schien. Das galt auch für seine Mutter und Onkel Luke, die mit der Macht eigentlich über den äußeren Schein hinaussehen sollten.
Tante Mara verstand ihn vermutlich − sie war eigentlich nie ein Kind gewesen −, aber die Beziehung mit Onkel Luke setzte ihr Scheuklappen auf. Sie musste auch seine Gefühle berücksichtigen, nicht nur ihre eigenen.
Nun, es würde Ärger geben. Natürlich konnte er Onkel Luke sein Gefühl in der Macht erklären, aber das hätte ihn nur auf seine Gewissheit bei dieser Sache hingewiesen. Selbst wenn es Anakin gelungen wäre, Onkel Luke davon zu überzeugen, dass sofort jemand nach Yavin Vier geschickt werden musste − vielleicht hätte er jemand anders geschickt, jemanden, der älter war. Doch Anakin zweifelte nicht daran, dass er sich auf den Weg machen musste. Wenn nicht, stand seiner Freundin ein Schicksal bevor, das viel schlimmer war als der Tod.
Das war derzeit die einzige absolute Gewissheit in seinem Leben.
»Sie haben Starterlaubnis«, meldete die Raumhafenkontrolle.
»Energie ins Triebwerk, Fünfer«, brummte Anakin. »Es geht los.«