14. KAPITEL
„Oh mein Gott", schrie eine Frau auf, die nur wenige Meter entfernt an dem Tisch vor einem Straßen-Cafe saß.
„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?" erkundigte sich ein herbeigeeilter Passant besorgt.
Plötzlich waren überall Leute. „Haben Sie das gesehen?" rief jemand. „So ein Rüpel", war eine andere Stimme zu hören. Einige Passanten halfen Doug und Kelly beim Aufstehen.
Doug hatte seine Sonnenbrille verloren. Der Blick, mit dem er Kelly musterte, verriet Sorge. Zuneigung. Kelly fühlte, wie eine warme Welle über ihren Körper lief, obwohl sie noch immer am ganzen Leibe zitterte. Aber dann wandte er seinen Blick von ihr ab und fragte in die Menge der Schaulustigen: „Hat jemand sich das Kennzeichen gemerkt?"
Schweigen. „Ich glaube, es war kein Nummernschild aus Kalifornien", meldete sich eine Frau.
„Nein, es war das Kennzeichen einer Leihwagen-Firma, ich bin mir sicher", sagte eine hübsche junge Blondine.
„Jedenfalls war es ein schwarzer Dodge", meinte schließlich ein bärtiger Mann, der noch immer seine Kaffeetasse in der Hand hielt.
„Schwarz?" widersprach ein Jugendlicher mit langen Haaren. „Nein, dunkelgrün."
„Ach was, er war dunkelblau", protestierte ein älterer Mann und schüttelte den Kopf.
„Ein Chevy", sagte jemand.
„Quatsch, ein Ford."
„Es war ein ausländisches Modell."
„Wir sollten die Polizei rufen."
Doug starrte die Leute an und schüttelte ungläubig den Kopf. „Wozu soll das gut sein?"
„Er hat Ihre Frau fast totgefahren", empörte sich die Blondine und sah Doug vorwurfsvoll an.
„Und was sollen wir der Polizei sagen?" fragte Doug. „Sollen sie jeden schwarzen, blauen und grünen Ford, Chevy oder Dodge mit einem Kennzeichen, das nicht aus Kalifornien stammt, anhalten?"
„Oh mein Gott", rief die Blondine plötzlich. „Das ist ja Maria Valentine!"
Kelly fuhr zusammen. „Ich bin Kelly Trent."
Ihre Hosen waren zerrissen, sie war zerzaust und schmutzig, und mindestens ein Dutzend Stellen ihres Körpers schmerzten. Aber sie hatte nicht das geringste Interesse daran, dass sich ihr erneuter „Unfall" herumsprach. Sonst würde man ihr noch Zutrittsverbot für jeden denkbaren Drehort erteilen - wegen der immensen Versicherungskosten, die sie als offensichtlicher Risikofaktor bewirken würde.
„Ich danke Ihnen allen für Ihre Hilfe", sagte sie und hielt sich an Dougs Arm fest. „Aber da ist wohl nicht viel zu machen. Nochmals ... danke." Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. „Doug, bitte, lassen Sie uns gehen. Ich möchte nicht unbedingt in den Fünf-Uhr-Nachrichten auftauchen."
„Früher wäre so etwas nicht passiert", meinte eine ältere Dame. „Wir Kalifornier wissen, dass man vorsichtig fahren muss. Aber all diese Fremden hier. Vor allem diese Leute aus New York ..."
„Rücksichtslose Autofahrer gibt es überall", erwiderte jemand. Und sofort begannen einige der Anwesenden darüber zu diskutieren, in welchem Teil Amerikas die besten Autofahrer zu Hause waren.
„Sind Sie wirklich okay?" fragte die Blondine Kelly. „Ja, alles in Ordnung. Nur ein paar Schrammen", sagte Kelly. „Doug", flüsterte sie ungeduldig.
„Entschuldigen Sie uns bitte", sagte Doug zu den Leuten. „Und vielen Dank."
Er legte seinen Arm um Kelly und verschwand mit ihr in Richtung Studio.
„Warten Sie", rief jemand hinter ihnen. Kelly zuckte zusammen. Als Doug sich umdrehte, sah er die Blondine, die mit Kellys Umhängetasche und der Einkaufstüte auf sie zukam. In ihrer Aufregung hatte Kelly gar nicht mehr an ihre Sachen gedacht.
„Danke, das ist wirklich sehr freundlich", sagte Kelly. „Gern geschehen."
Kelly lächelte etwas gequält. Sie wollte endlich weg von hier. Die Menge war ihnen ebenfalls gefolgt.
„Ich danke Ihnen allen", rief sie über die Schulter zurück. Doug zog Kelly am Arm und beschleunigte seinen Schritt. Sie hörten, wie die Leute hinter ihnen weiter diskutierten.
„Kelly Trent. Sie sieht ja noch besser aus als im Fernsehen." „Sie ist so natürlich!" „Wer ist der Mann bei ihr?"
„Ein toller Kerl." Kelly sah sich nicht um, aber sie war sicher, dass das die Blondine gewesen war.
Kelly blinzelte Doug zu. „Die Blonde scheint Sie zu mögen." „Der Schwule mit dem Bart ebenfalls", grinste Doug. Aber xdann wurde er schlagartig ernst. „Sie sind nur um ein Haar mit dem Leben davon gekommen."
„Ja, aber das war Dummheit und reine Unachtsamkeit" sagte sie. „Ich wollte Ihnen beweisen, dass man in Kalifornien als Fußgänger jederzeit problemlos die Straße überqueren kann. Wahrscheinlich hat mich der Fahrer nicht oder zu spät gesehen."
Doug sagte nichts. Sein Schweigen missfiel ihr. „Sind Sie anderer Ansicht?"
„Kelly, der Fahrer hat Sie sehr wohl bemerkt. Er hat sogar noch Gas gegeben."
„Natürlich hat er Gas gegeben. Nachdem er mich fast angefahren hätte, hat er es mit der Angst zu tun bekommen und wollte schnell verschwinden."
„Die Sache gefällt mir nicht", raunte Doug und fragte sich, warum sie seine Worte absichtlich missverstand.
„Nun, für mich war es auch kein Spaß, ehrlich gesagt."
„Nein, ich meine ..."
Sie seufzte. „Doug! Kein Mensch versucht, mich umzubringen. Begreifen Sie das doch endlich. Wer hätte denn wissen können, dass ich gerade dort und in dieser Sekunde die Straße überqueren wollte?"
„Wie schlimm sind Ihre Abschürfungen?"
„Nicht schlimm. Ein Katzer am Knie, einer am Ellbogen. Und ein Riss in der Hose."
„Keine Schmerzen?"
„Es geht."
„Sollen wir zu einem Arzt gehen?"
„Nicht nötig."
Er schwieg wieder. „Das Tanztraining lassen wir heute besser ausfallen", meinte er dann.
„Es würde schon gehen. Aber ich habe mich ziemlich eingesaut." Sie schaute an sich herunter.
Sie hatten das Studio erreicht. Doug ging jedoch nicht auf die Eingangstür zu, sondern weiter zur Garage. „Wohin wollen Sie? Ich will jetzt nicht nach Hause. Mit mir ist wirklich alles in Ordnung, Doug."
„Ich bringe Sie nicht nach Hause."
„Und wohin bringen Sie mich dann?"
„Mein Hotel ist gleich um die Ecke. Dort können Sie duschen und sich umziehen."
„Also gut."
Er fuhr die kurze Strecke die Straße hinunter. Der Portier nahm die Wagenschlüssel in Empfang. Sie fuhren mit dem Fahrstuhl nach oben. Doug schloss seine Zimmertür auf und ließ Kelly eintreten.
Sie war überrascht. „Nett ist es hier."
„Ja, das stimmt. Nette Umgebung für einen einfachen Mann wie mich", sagte er grinsend. „Ich gebe zu, ich mag so was. Wie auch die Beinfreiheit in der Ersten Klasse beim Fliegen."
Er ging durch das geräumige Zimmer mit dem breiten Bett und den bequemen Polstermöbeln und öffnete eine Tür. „Hier ist das Bad. Während Sie sich frisch machen, gehe ich noch mal nach unten. Aber ich lasse Sie nicht lange allein."
Kelly zog die Brauen hoch und ging ins Bad. Es gab darin eine große Badewanne mit einem eingebauten Whirlpool.
„Sehr schön", sagte sie anerkennend.
„Ich bin gleich wieder da. Nehmen Sie sich Zeit."
„Wollen Sie nicht auch ein Bad nehmen?"
„Ich bin auf Sie draufgefallen", meinte er. „Meine Kleider sind nur ein wenig staubig geworden."
Sie nickte. „Also gut. Ein heißes Bad vollbringt Wunder." Sie zögerte. „Aber ich will Sie nicht aus Ihrem Zimmer vertreiben."
„Seien Sie ganz beruhigt."
„Ich kann auch die Badezimmertür schließen, Sie müssen also nicht gehen."
„Ja, ich weiß." Doug ging hinüber zur Minibar. „Ob da wohl Cognac drin ist?"
„Das bezweifle ich, aber schauen Sie doch nach."
Doug entfernte die Versiegelung und öffnete die Tür. „Hm ..."
„Ich nehme die kleine Flasche Weißwein", sagte Kelly.
Er nickte und reichte sie ihr. Er selbst griff sich eine Dose Bier, hebelte den Verschluss auf und nahm einen großen, einen sehr großen Schluck.
„Oh", sagte sie.
„Scheint so, als ob die Sache, die Ihnen eben passiert ist, mir mehr Angst gemacht hat als Ihnen selbst", meinte Doug. „Oh, Sie haben kein Glas. Ich gebe Ihnen eins ..."
„Nein, danke, ich kann den Wein auch gut aus der Flasche trinken."
„Nehmen Sie die Flasche mit ins Bad. Da ist auch eine ganze Auswahl an Badezusätzen. Das heiße Wasser wird Ihre Muskeln entspannen."
„Meine Muskeln sind nicht verspannt."
„Sie sind es, glauben Sie mir."
„Sind Ihre denn auch verspannt?"
„Darauf können Sie wetten." Doug trank das Bier aus und stellte die Dose ab.
Sie runzelte die Stirn und stützte die Arme in die Hüften. „Was wollen Sie eigentlich da draußen?"
„Einen kleinen Spaziergang machen."
„Warum?"
„Also, ich habe das Kennzeichen nicht erkennen können, aber ich bin sicher, dass der Wagen schwarz war. Er hatte vier Türen und war ein ausländisches Fabrikat. Ich schaue mich nur noch mal ein wenig um."
„Doug, der Wagen ist längst über alle Berge."
„Vielleicht. Aber ich werde mich in den Nebenstraßen, auf den Parkplätzen und im Parkhaus umsehen."
Sie warf in gespielter Verzweiflung die Arme in die Luft. „Männer! Aber tun Sie, was Sie nicht lassen können."
Sie ging ins Badezimmer, kam dann zurück und griff nach ihrer Umhängetasche und der Einkaufstüte. „Danke", sagte sie leise. An der Badezimmertür blieb sie noch einmal stehen. „Wirklich, ich danke Ihnen, dass Sie mir das Leben gerettet haben."
Sie ging zurück ins Bad und schloss die Tür hinter sich.
Sie hat ja Recht, dachte Doug. Es war absurd, in der Gegend herumzulaufen und zu hoffen, er könne den Wagen finden. Aber Kelly wollte nicht nach Hause. Und er glaubte nicht, dass es eine gute Idee wäre, wenn er im Zimmer bleiben würde, während sie in der Badewanne lag. Was sollte er also sonst tun?
Schade, dass trotz der vielen Passanten keiner in der Lage gewesen war, sich das Kennzeichen zu merken. Aber wer achtete in solch einer Situation schon auf das Nummernschild?
Wie in seiner Heimatstadt Miami gab es auch hier in L.A.
eine Menge großer und teurer Autos. Schicke dunkle Limousinen waren überall entlang der Straßen geparkt. Es gab auch viele schnittige Sportwagen, aber die Limousinen waren in der Überzahl. Er suchte nach einer Nadel im Heuhaufen. Und wie sollte er die erkennen, selbst wenn er sie fand? Der Wagen hatte Kelly nicht getroffen, wies also auch keine verräterischen Beschädigungen auf. Trotzdem setzte Doug seinen Weg fort und suchte eine ganze Reihe von Nebenstraßen ab, bevor er sich in einem kleinen Straßen-Café einen Espresso gönnte.
Ein schlechter oder unachtsamer Fahrer? Oder ein heimtückischer Mordversuch? Er wusste die Antwort nicht. Er hatte über alle Leute, mit denen Kelly beruflich zu tun hatte, Erkundigungen eingezogen, aber nichts Verdächtiges feststellen können. Trotzdem nagte ein Verdacht an ihm. Und der Zwischenfall von vorhin bestärkte ihn in seinem Misstrauen. Schließlich ging er zum Hotel zurück. Am Abend würde er mit Liam darüber sprechen.
Zurück im Hotel zögerte er, als er vor seiner Zimmertür stand. „Kelly?" rief er.
„Kommen Sie rein."
Er schloss auf ... und da war sie, geduscht und mit feuchtem Haar. Eingehüllt in den weißen Hotel-Bademantel, lag sie auf dem Bett.
„Hallo", murmelte er und schloss die Tür.
Sie trug keine Spitzenunterwäsche und kein durchsichtiges Nachthemd oder sonst irgendetwas Aufreizendes. Sie war einfach nur eingehüllt in den weiten, flauschigen Bademantel. Aber das war fast noch schlimmer. Denn Doug wusste, dass sie unter dem Bademantel nackt war. In der Luft hing ein leichter Duft nach Shampoo oder Badesalz. Es war der aufregendste Duft, der ihm jemals in die Nase gestiegen war.
Sie hatte sich auf einen Ellbogen gestützt und las in einer Zeitschrift. Ihr Haar war noch feucht und nur grob durchgekämmt, aber sie schien angefangen zu haben, es zu föhnen, denn die Locken, die ihr in die Stirn fielen, kräuselten sich und zeigten an den Spitzen ein helleres Rot. Ihre Haltung hatte nichts Herausforderndes oder Aufreizendes an sich. Der Bademantel reichte ihr bis über die Knie, nur ihre Waden und Füße schauten heraus. Aber warum hatte sie sich nicht längst angezogen?
Er ging zum Bett hinüber. Sie sah zu ihm auf, mit Augen, die so klar und glänzend waren wie ein Sonnenaufgang über dem Meer. „Haben Sie den Wagen gefunden?"
„Nein."
„Das haben Sie auch nicht wirklich erwartet, oder?"
„Nein", sagte er knapp.
„Haben Sie Angst vor mir?" fragte sie ganz leise.
Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Ja und nein."
„Wie meinen Sie das?"
„Wir sollten keine persönliche Beziehung eingehen."
Einen Moment lang sah sie zu Boden. Dann hob sie den Kopf und betrachtete ihn mit ihren märchenhaften Augen, die von dichten, dunklen Wimpern umrahmt wurden.
„Und warum nicht?"
Er hob die Hand und war so überrascht, dass ihm die Worte fehlten. Aber seine Reflexe meldeten sich unmissverständlich. Er merkte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte und das Blut in seinen Schläfen pochte.
Er sah ihr in die Augen. „Weil ...", begann er mit heiserer Stimme. „Weil Sie Kelly Trent sind."
Sie sah ihn mit einem verschmitzten, wissenden Lächeln an, das ihn wehrlos machte. Es traf ihn direkt ins Herz. „Und wenn ich nicht Kelly Trent wäre? Wenn ich jemand wäre, den Sie zufällig auf einer Bowling-Bahn getroffen hätten?"
„Sie haben gesagt, Sie gehen nicht zum Bowling", erinnerte er sie.
„Oder beim Joga-Kurs?"
„Joga interessiert mich nicht."
„Aha", sagte Kelly. „Ich verstehe." Sie stand auf und schüttelte ihre rote Mähne. Dann ging sie zum Badezimmer hinüber, blieb aber vor der Tür stehen und drehte sich um. „Nein, ich verstehe überhaupt nichts. Bin ich denn so wenig begehrenswert?"
Er stöhnte laut auf. Er hatte alles versucht, wirklich alles. Aber es kam der Punkt, wo ein Mann zugeben musste, dass er den Kampf verloren hatte. Er ging zu ihr hinüber. Ihre Daumen steckten in dem Gürtel des Bademantels. Seine Hände legten sich auf ihre. Er zog leicht an dem Gürtel, und der Bademantel öffnete sich. Ihre Augen bohrten sich in seine. Er hob ihr Kinn an, drückte ihren Kopf leicht zurück. Ihre Lippen öffneten sich bereitwillig - wundervolle Lippen, weich und sinnlich.
Seine Hände gruben sich in ihr dichtes, rotes Haar. Ihr Mund war warm und schmeckte wie Honig. Er wusste, dass er seine Gefühle nicht mehr würde unterdrücken können, nie mehr. Keine innere Stimme, die ihn warnte, keine bessere Einsicht konnte ihn jetzt noch stoppen. Sein Mund presste sich auf ihre Lippen, seine Zunge erforschte ihren Mund. Jetzt gab es für ihn kein Zurück mehr. Und er wollte es so.
Als er ihre Lippen einen Moment frei gab, schaute sie ihn forschend an. Ihre Brust hob und senkte sich, sie atmete schwer. Sie lächelte nicht, sondern wirkte ganz ernst. „Keine Verpflichtungen", sagte sie sanft. „Kein Bedauern, keine Fragen, keine Erwartungen."
Doug wurde sofort klar, dass sie damit nicht ihre eigene Unabhängigkeit meinte, sondern ihm sagen wollte, dass er ihr nichts schuldete.
„Glaubst du wirklich, dieser Moment bedeutet mir so wenig?" fragte er und strich ihr eine Strähne aus der Stirn.
Sie sah ihn an. „Das gilt auch für mich. Aber du schuldest mir trotzdem nichts."
„Das hoffe ich auch", erwiderte er lächelnd. „Schließlich hast du alles daran gesetzt, mich zu verführen."
„Ja." Nach dieser kurzen und knappen Bestätigung drehte sie sich um, löste den Gürtel ihres Bademantels und ließ den Mantel langsam zu Boden gleiten.
Wenn Doug nicht längst gewusst hätte, dass die Abwehrmauern, die er in seinem Kopf errichtet hatte, in sich zusammengestürzt waren, spätestens jetzt wäre es endgültig um ihn geschehen gewesen. Ihr Rücken war makellos, die Grübchen auf ihren Pobacken sahen aufreizend aus, ihre Hüften schlank, aber fraulich gerundet, traumhafte Beine und Schenkel. Und dann diese unglaubliche, lockige, rote Mähne ...
Kelly zog die schneeweiße Tagesdecke vom Bett. Doug kickte seine Schuhe von den Füßen und zog sich hastig aus. Kelly ließ sich auf das Bett gleiten. Doug konnte sich nur noch mühsam beherrschen. Aber er wollte Kelly und sich Zeit geben, einander besser kennen zu lernen. Er legte sich neben sie, sah ihr in die Augen, küsste sie auf die Lippen und strich mit den Fingern langsam über ihren nackten Arm.
Seine Finger wanderten weiter. Über ihren Bauch, ihre Hüften. Er fühlte ihre Hände, die sich über seine Brust bewegten. Er nahm sie und küsste jeden Finger. Dann spürte er, wie sie über seine Schultern strichen, seinen Rücken erreichten und ihn fester an sich zogen. Ihr Mund berührte seinen Hals, seine Schulter. Ihre Lippen hinterließen eine warme, feuchte Spur auf seiner Haut.
Er stöhnte auf, griff nach ihren Händen und drehte sie auf den Rücken. Er blickte tief in ihre Augen, unergründliche Seen. Seen, warnte er sich selbst, in denen du ertrinken kannst, wenn du nicht aufpasst. Aber welcher Mann lebte schon ewig ...
Ihre Brüste waren warm und fest. Die Brustwarzen rosig, perfekt passend zu dem Ton ihrer Haare. Seine Lippen schlössen sich um die rosafarbenen Spitzen. Kelly bäumte sich auf. Sie keuchte, presste sich an ihn.
Ihre Finger griffen in sein Haar und zogen seinen Kopf nach unten. Er küsste ihren Bauch, seine Lippen wanderten weiter hinunter zu ihren Hüften. Seine Hände glitten an der Außenseite ihrer Schenkel nach unten, dann an der Innenseite wieder nach oben. Sie schmiegte sich noch enger an ihn, ihre Hände und Lippen versuchten, seinem Beispiel zu folgen. Er wagte nicht, sie das tun zu lassen. Er rutschte ein Stück nach unten und begann, mit seinem Finger und seiner Zunge ihre Erregung zu steigern. Langsam. Immer mehr.
Kelly stöhnte, wand sich, bäumte sich auf. In der einen Sekunde schien sie sich ihm entziehen zu wollen, in der nächsten verlangte sie nach mehr. Sie schrie auf, ihre Zähne gruben sich lustvoll in seine Schulter, ihr Körper bebte, jeder Muskel war angespannt.
Dann rutschte Doug wieder nach oben, er hob ihr Kinn an und suchte ihre Lippen. Im gleichen Moment glitt er zwischen ihre Schenkel und drang mit einer entschlossenen Bewegung und trotzdem vorsichtig in sie ein.
Sie war Feuer, Lava, Bewegung, Spannung, Magie. Er zog ihren Kopf in seine Halsbeuge und schloss die Arme fester um sie, um sie noch enger an sich zu pressen. Ihre Körper bewegten sich in einem immer schnelleren Rhythmus, sein Verlangen brannte in ihm wie ein Fieber. Der weiße Raum um ihn herum schien zu explodieren und sich in eine Wolke zu verwandeln, auf der Kelly und er schwebten. Ihr rotes Haar stach gegen das sie umgebende Weiß wie eine lodernde Flamme ab.
Als er den Höhepunkt erreichte, wurde sein ganzer Körper mit solcher Gewalt erschüttert, dass jeder Nerv zitterte. Er wusste nicht, ob fünf Minuten oder fünf Sekunden vergangen waren. Dann fühlte er, wie Kelly ebenfalls erzitterte und sich dann ruckartig entspannte. Jetzt wusste er, warum die Italiener den Höhepunkt bei der Liebe den „kleinen Tod" nannten.
Er rollte sich zur Seite. Sie schmiegte sich an ihn, die Augen halb geschlossen.
„Was denkst du?" fragte er nach einer Weile leise.
Sie sah auf, ein schnippisches Lächeln auf den Lippen. „Ich glaube, jetzt habe ich die Seele des Tango endlich verstanden."
„Miss Trent, hatten Sie eigentlich von Anfang an vor, mich zu verführen?"
„Nein, am Anfang mochte ich dich nicht mal."
Er lachte und hob ihr Kinn an, um ihr in die Augen sehen zu können. „Hast du die Minibar geleert, um in Stimmung zu kommen, während ich unten war?"
„Ich habe nur die kleine Flasche Weißwein getrunken, sonst nichts."
„Hm ... nicht schlecht."
„Und du hast ein Bier getrunken", sagte Kelly.
„Ich gebe zu, ich bin völlig high."
Sie runzelte die Stirn. „Hast du irgendwo da unten noch was getrunken?"
„Ja. Espresso."
Sie lächelte. „Dann bist du meinetwegen high?"
„Absolut."
„Und warum hast du so verdammt lange gebraucht, um das zuzugeben?"
„Du bist Kelly Trent."
„Und was hat das zu bedeuten?"
„Das heißt, wir arbeiten zusammen."
„Dem Tango kann es nur gut tun, meinst du nicht auch?"
„Ich tanze mit vielen Frauen."
„Was heißt das denn schon wieder?"
„Wie ich sagte ... ich tanze mit ihnen." Er bewegte sich und hörte, wie sie aufstöhnte. „Oh, habe ich dir wehgetan?"
„Die Kniescheibe."
„Zeig mal."
„Es ist nichts, nur ein Kratzer."
Er beugte sich hinunter und berührte zart die Stelle, wo sich in der Tat eine blutige Schramme zeigte. „Soll ich ein Pflaster besorgen?"
„So schlimm ist es nun auch wieder nicht."
Er berührte die Stelle sanft mit seinen Lippen.
„Die linke Hüfte tut auch weh", sagte sie.
Er verlagerte seine Position und schaute nach. „Das gibt einen blauen Fleck."
„Befürchte ich auch."
Er ließ seine Lippen über die Stelle gleiten. Sie rutschte zur Seite, bis sie unter ihm lag, und nahm seinen Kopf in beide Hände. „Hast du dich auch irgendwo verletzt?"
„Die Schulter fühlt sich ein wenig steif an", meinte er.
Lange, sanfte Finger streichelten ihn. „Wo genau?"
„Hier."
Sie küsste die Stelle.
„Und eine Rippe ist geprellt, glaube ich."
„Hm ..." Wieder diese unglaublich zärtliche Berührung und die Sensation, als ihre Lippen ihn berührten. „Noch irgendwas?"
„Es gibt keine Stelle an meinem Körper, die nicht das Bedürfnis nach dieser Behandlung hätte."
„Dann sollte ich vielleicht am besten ganz sorgfältig und methodisch vorgehen, damit keine Stelle zu kurz kommt."
Und das tat sie dann. Mit jeder Berührung ihrer Finger und ihrer Lippen begann die Welt um Doug sich schneller zu drehen.
Er ließ sie erst gewähren und genoss die Sensationen, die ihre Liebkosungen bei ihm auslösten. Bis er es nicht länger aushalten konnte und selbst wieder die Initiative ergriff. Sie lag in seinen Armen und schlang ihre Beine um seine Hüften. Eine Welle von Erregung und Energie erfasste beide. Ihre Haut wurde feucht, ihr Haar umgab sie wie ein schimmernder, glühender Feuerschein, ihr Körper geriet in einen immer heftigeren Rhythmus der Lust.
Als er zum zweiten Mal den Höhepunkt erreichte, war seine körperliche Reaktion so ungeheuer, so unbeschreiblich, dass er einen Moment lang wie ohnmächtig dalag. Dann zog er sie noch enger an sich, bis er ihren Herzschlag fühlen konnte und den Rhythmus ihres Atems, der seine Brust streifte. Seine Finger spielten in ihrem Haar, das sich anfühlte wie flüssige Seide.
Diese Frau hatte Schritt für Schritt von seinem Herzen und seiner Seele Besitz ergriffen, seit er sie das erste Mal gesehen hatte. Zuerst hatte er sich einzureden versucht, sie sei nichts Besonderes. Nun lag sie in seinen Armen, voller Hingabe und Vertrauen.
Ihr Vertrauen in ihn war so groß, dass sie eingeschlafen war, wie er plötzlich verwundert feststellte. Wahrscheinlich hatte sie in den letzten Nächten ziemlich schlecht geschlafen. Sie bestritt zwar vehement, in Gefahr zu sein. Aber er wusste, dass sie Angst hatte.