Jugend als Unreife-Zustand
Je häufiger man dieser Einsicht begegnet, desto klarer wird, dass dieser spezielle Entspannungszustand auch eine Erinnerung an Zustände in der frühen Kindheit ist. Das Ende der Kindheit wird dadurch markiert, dass man grundlegend aus diesem Zustand herausfällt – vorausgesetzt, man hat diesen Zeitraum überhaupt als beschützt und behütet erfahren.
Es gab Zeiten, zu denen man den Übergang vom Kind zum Erwachsenen mit der Pubertät gleichgesetzt hat. Den vorzeitigen Übergang von einer geschützten Kindheit in einen Zustand bedrohlicher Ungeschütztheit erleben nicht nur Kinder in Krisengebieten der Welt. Immer häufiger erleben dies auch Kinder in unserer Kultur, die danach strebt, das Elternhaus durch Krippen zu ersetzen.
Zusätzlich hat sich in den letzten hundert Jahren der Übertritt ins Erwachsensein nach hinten verschoben. In den westlichen Gesellschaften hat sich eine als „Jugend“ oder „Adoleszenz“ bezeichnete Zeit dazwischengeschoben. Diese Jugendzeit dauert ungefähr zwischen zehn und 40 Jahren – falls sie überhaupt zu einem Abschluss kommt. Aus meiner Erfahrung ist es so, dass diese Menschen etwa sagen: „Ich kann diesen Schritt ins Erwachsensein gar nicht gehen, weil ich schon viel zu früh aus der Kindheit rausgefallen bin. Meine Kindheit war mit fünf oder acht Jahren zu Ende, und ich bin immer noch auf der Jagd oder auf der Suche danach, diesen Zeitraum noch zu vervollständigen. Bevor ich den nicht vervollständigt habe, habe ich nicht das Gefühl, wirklich in der Welt angekommen und erwachsen zu sein, geben und tragen zu können.“
In dieser nicht vollendeten Kindheit erscheint nun die Sexualität. Ich möchte, bevor ich weitergehe, den Begriff Sexualität auch gerne über die bloße Vorstellung der unterschiedlichsten Formen körperlicher Vereinigung hinaus erweitern, über die Idee von Sexualität als Suchtverhalten hinaus und über das subjektive Empfinden hinaus, in diesem Bereich keine zufriedenstellende Sexualität erfahren zu können.
Es gibt ja Leute, die sagen: „Ich werde jetzt Priester, und danach habe ich mit Sexualität keine Probleme mehr.“ Über die Folgen davon kann man zurzeit sehr viel in den Medien erfahren. Ich war früher selbst auch sehr naiv, ich habe mit 21 Jahren das erste Mal geheiratet und habe gedacht, jetzt wäre ja gesetzlich geregelt, wie meine Gefühle sich zu organisieren hätten.