23
Langsam drangen die Stimmen zu ihr durch — Laute, die ihr schmerzender Kopf noch nicht zu Wörtern zusammenfügen konnte. Mörder — hörte sie. Heißt das nicht, dachte sie verschwommen, daß ein Mensch einen anderen Menschen umgebracht hat?
Diese Überlegung brachte sie mit einem Ruck wieder in die Wirklichkeit zurück. Sie riß die Augen auf und klappte sie ebenso schnell wieder zu. Sergeant Sellers sprach mit Carlotta und Mrs. Goldring. Er war offensichtlich gerade erst auf der Bildfläche erschienen. Bertha beschloß, sich vorerst noch bewußtlos zu stellen, um die Stunde der Wahrheit noch etwas hinauszuzögern.
Carlottas Stimme war schrill vor Erregung: »... saß ich vor dem Spiegel, da sah ich, daß das Bild schief an der Wand hing und irgendetwas durch die Wand spießte. Zuerst habe ich es für einen Revolver gehalten. Ich rief nach Mutter. Sie war in der Küche und fütterte Mabels Kater. Sie dachte, ich hätte den Verstand verloren. Das Bild hing nämlich jetzt wieder ganz normal.«
»Ich habe mich zu Tode erschreckt«, schaltete Mrs. Goldring ein. »Du sahst völlig verstört aus.«
»Wir rannten beide durch den Gang zur Garage. Mutter kam mir zuvor. Sie hat den Mann gesehen. Er beugte sich über Mrs. Cool — natürlich wußten wir da noch nicht, daß es Mrs. Cool war — und fuchtelte mit einem Gegenstand herum. Zuerst hab’ ich gedacht, es wäre ein langes Messer.«
»Und?« drängte Sergeant Sellers.
»Er blickte auf, sah uns und rannte auf uns zu, die Waffe schwingend.«
»Haben Sie sein Gesicht erkennen können?«
»Nein. Es war ziemlich dunkel in der Garage. Seine Figur könnte ich beschreiben, aber sein Gesicht habe ich nicht gesehen.«
»Groß und schlank, oder...«
»Etwa mittelgroß. Gut gekleidet und — bitte lachen Sie nicht! — ein Gentleman. Man merkte es an seiner ganzen Art, seinen Bewegungen... Hört sich das sehr dumm an?«
»Nein«, sagte Sellers nachdenklich. »Es ist keine schlechte Beobachtung. Noch etwas?«
»Eigentlich nicht. Er rannte an uns vorbei. Mutter versuchte, ihn aufzuhalten, da gab er ihr einen Stoß.«
»Direkt in den Magen«, ergänzte Mrs. Goldring indigniert. »Das spricht nicht gerade dafür, daß er ein Gentleman war.«
»Mit der Faust?« fragte Sellers.
»Nein«, antwortete Mrs. Goldring gereizt. »Mit seiner Waffe. Es war ein Rohr oder so was Ähnliches.«
Carlotta nahm den Faden auf. »Er rannte ins Haus. Ich kümmerte mich noch um Mutter, da hörten wir die Hintertür klappen.«
»Sind Sie ihm nachgelaufen?«
»Ja, ich fürchte, wir waren recht unvorsichtig«, sagte Mrs. Goldring. »Aber wir waren so aufgeregt. Er war tatsächlich durch die Küche entkommen. Whiskers, der Kater, stand auf dem Tisch, mit weit aufgerissenen Augen und aufgeplustertem Schweif.«
»Verhält sich das Tier bei allen Fremden so?«
»Nein, eigentlich ist es recht zutraulich«, meinte Mrs. Goldring. »Ich sagte schon zu Carlotta, man könnte fast denken, daß der Kater den Mann gekannt und schon früher unangenehme Erfahrungen mit ihm gemacht hat. Vielleicht hatte er mal versucht, das Tier zu greifen, und es fürchtete sich vor ihm.«
»Ich fasse also zusammen«, sagte Sellers. »Sie riefen nach Ihrer Mutter. Daraufhin kehrte das Bild in seine ursprüngliche Stellung zurück.«
»Ja. Und dann hörte ich in der Garage jemanden fallen.«
»Aha. Und nachdem Sie den Unbekannten bis zur Hintertür verfolgt hatten, kamen Sie zurück in die Garage und stellten fest, daß Mrs. Cool nicht tot, sondern nur bewußtlos war, und Sie riefen die Polizei.«
»Ja, so war es.«
Bertha, die mit geschlossenen Augen auf dem Bett lag, stellte fest, daß Carlotta wohlweislich vermieden hatte, ihren Anruf bei Nunnely zu erwähnen.
Mrs. Goldring sagte: »Es mag zur Arbeitsweise von Detektiven gehören, in fremden Häusern Löcher in die Wand zu bohren, um die Bewohner zu beobachten, aber ich finde...«
»Ich glaube gar nicht, daß Mrs. Cool das Loch gebohrt hat«, unterbrach Sergeant Sellers. »Dazu braucht man Zeit. Und Werkzeug.«
»Interessant. Aber was machen wir jetzt mit ihr? Sollen wir einen Arzt rufen?«
»Das mache ich nachher schon«, sagte Sellers. »Zunächst will ich sie mal oberflächlich untersuchen. Könnte sie, wenn sich herausstellen sollte, daß sie nicht transportfähig ist, ein paar Tage hierbleiben?«
»Natürlich. Allerdings fürchte ich, daß sie uns nicht gerade liebt. Dabei haben wir nicht das geringste gegen sie. Neulich hatten wir sie gebeten, als Zeugin für uns auszusagen. Da hat sie sich ziemlich widerborstig gezeigt. Sie erwartete wohl eine Entschädigung...«
»Das sieht ihr ähnlich«, meinte Sellers. »Richten Sie doch bitte meinem Kollegen in der Garage aus, er möchte die Fingerabdrücke an der Hintertür sichern. Fassen Sie die Türklinke bitte nicht an.«
Bertha hörte, wie sich die Tür schloß. Dann sagte Sellers: »Na, Bertha, wie geht’s? Kopfschmerzen?«
Bertha rührte sich nicht. Sellers setzte sich auf die Bettkante. »Kommen Sie, Bertha, es hat keinen Zweck. Sie können nicht ewig vor uns davonlaufen.«
Bertha blieb stumm.
»Denken Sie bloß nicht, daß Sie mich für dumm verkaufen können«, fuhr Sellers ein wenig gereizt fort. »Ich habe im Spiegel genau gesehen, wie Sie die Augen aufgerissen und sie dann schleunigst wieder zugeklappt haben.«
»Daß Sie eine arme hilflose Frau auch nicht eine Minute in Ruhe lassen können!« Bertha schlug die Augen auf, betastete ihren Kopf und spürte etwas Feuchtes, Klebriges. »Blut?«
Sellers grinste, »Öl und Schmiere vom Garagenboden.«
Bertha rappelte sich auf. Sellers deutete auf einen Spiegel dem Bett gegenüber. Das Haar hing ihr verklebt und ölverschmiert ins Gesicht. Über die rechte Wange zog sich ein schwarzer Schmutzstreifen. »Ach du ahnst es nicht!« stöhnte sie.
»Schön ist anders«, gab Sellers zu.
Bertha holte tief Atem. »Also, wie stehen die Aktien?«
Sellers’ Miene wurde ernst. »Schlecht, Bertha, so leid es mir tut.«
»Wieso?«
»Daß Sie mir etwas verheimlichen, wußte ich«, sagte Sellers. »Bei Belder kam ich nicht weiter. Ich selber war nicht gerade scharf darauf, Sie in die Zange zu nehmen. Dazu kennen wir uns schließlich schon zu lange. Daher habe ich Jack angerufen und ihn angewiesen, den Betrunkenen zu spielen. Gleichzeitig habe ich zwei Leute zu Ihrem Büro geschickt, die Sie beschatten sollten für den Fall, daß Sie einen Fluchtversuch wagten.«
»Das ist denn doch die Höhe«, empörte sich Bertha. »Da verschwende ich meinen guten Whisky an einen Bullen, der...« Ihr versagte die Stimme.
Sergeant Sellers verbiß sich ein Lachen. »Jack sagt, in den zehn Jahren, die er unter mir arbeitet, sei das der erste angenehme Auftrag gewesen, den ich ihm gegeben habe.«
Ehe Bertha sich von diesem Schlag erholt hatte, fuhr Sellers fort: »Sie haben es doch tatsächlich geschafft, meine beiden Leute abzuschütteln. Na, die können sich freuen. Ab morgen sind sie zum Streifendienst zurückversetzt. Schließlich sind Sie also hier gelandet. Was geschah?«
»Sie glauben mir ja doch nicht.«
»Wer weiß«, meinte Sellers. »Daß Sie das Loch gebohrt haben, glaube ich jedenfalls nicht. Im übrigen ist es meiner Meinung nach vom Schlafzimmer aus zur Garage hin gebohrt worden und nicht umgekehrt. Ich...«
Sellers unterbrach sich. Es hatte geklingelt. Draußen erklangen erregte Frauenstimmen. Schließlich fuhr er fort: »Sie müssen mir jetzt sagen, wie Sie an Mrs. Belders Brücke gekommen sind. Es ist ein wichtiges Beweisstück.«
»Und wenn ich es Ihnen nicht sage?«
»Dann haben Sie Pech gehabt, Bertha. Wenn Sie uns derart wichtige Beweise vorenthalten...«
»Und wenn ich rede?«
»Das ist das Dumme, Bertha: Sie sitzen so und so in der Tinte. Es geht einfach nicht an, daß Sie der Polizei ins Handwerk pfuschen.«
»Gut. Wenn ich so und so meine Lizenz loswerde, halte ich lieber den Mund«, erklärte Bertha grimmig.
»Es ist nur so«, ergänzte Sellers, »wenn wir mit Ihrer Erklärung zufrieden sind, behalten Sie zumindest Ihre Freiheit. Wenn Sie aber weiterhin bockig sind, müssen wir Sie als Mittäterin einsperren.«
Die Tür tat sich auf. Mrs. Goldring stand auf der Schwelle. »Ich hoffe, wir stören nicht. Ah, wie ich sehe, geht es unserer Patientin schon besser. Wir sind ja so glücklich: Carlotta hat ihre leibliche Mutter gefunden. Darf ich bekannt machen — Mrs. Croftus, das ist Sergeant Sellers.« Nach einer kleinen Pause fügte sie hastig hinzu: »Und das ist Mrs. Cool.«
»Mrs. Croftus ist schon seit einiger Zeit auf der Suche nach ihrer Tochter«, erzählte Mrs. Goldring. »Sie hat sie vor Jahren zur Adoption freigegeben und sie aus den Augen verloren. Als jetzt der Fall durch die Presse ging, erkannte sie nach der Beschreibung in Carlotta ihre Tochter. Sie kam her. Ich habe sie sofort erkannt. Nun hat Carlotta zwei Mütter...« Mrs. Goldring strahlte Bertha Cool und Sergeant Sellers an.
Bertha wandte sich an Carlotta. »Warum haben Sie Sergeant Sellers nichts von Ihrem Gespräch mit Mr. Nunnely erzählt?«
»Weil es nichts mit dem Fall zu tun hat«, erklärte Carlotta gemessen. »Ich wollte mich lediglich mit Mr. Nunnely in Verbindung setzen, um festzustellen, ob man in der Frage seiner Forderung nicht zu einer vernünftigen Einigung kommen könnte.«
»Liebe Güte«, säuselte Mrs. Croftus, »da scheine ich ja den unpassendsten Augenblick für meinen Antrittsbesuch gewählt zu haben.«
»Aber den Sergeant wird die neueste Entwicklung sicher interessieren«, meinte Mrs. Goldring und schenkte Sergeant Sellers ein neckisches Lächeln.
»Der Fall dürfte davon kaum beeinflußt werden«, meinte Sellers, »aber...«
»Da treibt’s einem doch die Haare durch den Hut«, erklärte Bertha unerwartet und stand auf.
»Ist Ihnen nicht gut?« fragte Mrs. Goldring besorgt.
»Mir geht es sogar ausgezeichnet«, erklärte Bertha. Sie ging zur Tür, schlug sie zu und drehte den Schlüssel herum.
»Darf ich fragen, was das zu bedeuten hat?« fragte Mrs. Croftus erbost.
»Ja, das dürfen Sie. Und ich hoffe, daß Sie eine einleuchtende Erklärung haben. Vorhin, als Sie mir eins über den Schädel gegeben haben, war ich nicht darauf vorbereitet, aber wenn Sie jetzt auch nur eine Bewegung machen, werden Sie sich wundern, wie gut ich mich wieder erholt habe.«
»Gedenkt die Polizei hier tatenlos zuzusehen?« wandte sich Mrs. Goldring empört an Sergeant Sellers.
Der grinste nur. »Warum nicht?«
»Sie muß wirklich ernsthaftere Verletzungen davongetragen haben, sagte Carlotta besorgt. »Denn sie hat doch schon gesehen, was dabei herauskommt, wenn man bedenkenlos Anschuldigungen äußert...«
Bertha Cool funkelte Carlotta an. »Sie haben Ihre Mutter in die Garage geschickt, um mich unschädlich zu machen. Das angebliche Gespräch mit Nunnely war nur ein Trick, um mich abzulenken, während Ihre Mutter sich hinausschlich. Denn Sie hatten längst gemerkt, daß Sie von der Garage aus beobachtet wurden.«
»Ich werde Sie verklagen, Mrs. Cool. Das ist eine bodenlose Unverschämtheit. Ich...«
»Regen Sie sich nicht künstlich auf«, fertigte Bertha die protestierende Mrs. Goldring ab. »Ich habe von Carlottas Mutter gesprochen.«
Mrs. Croftus lachte silberhell auf. »Aber ich habe Carlotta doch erst vor ein paar Minuten wiedergesehn. Ich kannte sie nur als Baby...«
»Sie glauben gar nicht, wie sehr ein Bums auf den Schädel den Denkvorgang fördern kann«, erklärte Bertha ernsthaft. »Sie wollen uns erzählen, daß Sie so mir nichts, dir nichts hier anspaziert kommen? Die Geschichte nimmt Ihnen niemand ab. Ob Sie sich mit Carlotta in Verbindung gesetzt haben oder ob Carlotta auf Ihre Spur gekommen ist, weiß ich nicht. Wahrscheinlich aber hat Carlotta die Initiative ergriffen, weil Sie es nicht wagten, denn Mrs. Goldring hat Sie mit dem Wissen um Ihr Vorleben unter Druck gesetzt. Carlotta hat vermutlich Unterlagen gefunden, die Mrs. Goldring ihrer Mutter gegenüber als Druckmittel zu verwenden gedachte. Aber daß Sie, Mrs. Croftus, eine Gefängnisstrafe abgesessen haben, störte Carlotta nicht in dem Maße, wie Mrs. Goldring geglaubt hatte. Denn die liebe kleine Carlotta hatte herausgefunden, daß ihre Adoptivmutter pleite war und daß Mabel Belder ihren Mann zum Universalerben eingesetzt hatte. Aber das rührende Carlottchen hatte nicht die Absicht, auf Geld und Luxus zu verzichten.«
»Reden Sie sich den Unsinn nur von der Seele«, sagte Carlotta höhnisch. »Wieviel Sie davon beweisen können, ist eine andere Frage.«
Bertha warf Sergeant Sellers einen Blick zu. »Na, was sagen Sie?«
»Nur weiter, Bertha. Sie riskieren zwar allerhand, aber es macht mir einen Heidenspaß, Ihnen zuzuhören.«
»Carlotta hat das Testament verbrannt«, verkündete Bertha.
»In Mr. Belders Kamin, was?« fragte Mrs. Goldring sarkastisch.
»Jawohl«, bestätigte Bertha. »Ich war dabei. Und Sie auch, Frank Sellers. Im Kamin brannte ein Feuer. Ich hatte gerade meine Anschuldigungen gegen Imogene Dearborne vorgebracht. Es war ein höchst dramatischer Moment. Da kam Carlotta herein und stellte sich an den Kamin. In diesem Augenblick flammte das Feuer heller auf — ich erinnere mich deutlich daran.«
»Das ist eine Lüge!« schrie Carlotta dazwischen.
»Sie hatte zusammen mit den anderen Unterlagen auch Mabels Testament gefunden«, fuhr Bertha unbeirrt fort, »in dem sie ihr gesamtes Vermögen ihrem Mann hinterließ. Für den Fall, daß Mabel ohne Testament starb, wäre — und das wußte Carlotta — das Geld zu gleichen Teilen an ihren Mann und an ihre Mutter gegangen. Unsere kleine Carlotta schneidet aus dem wichtigen Dokument alle Stellen heraus, an denen der Name von Everett Belder erscheint. Der Rest wandert in Belders Kamin. Prompt beschuldigt sie hinterher Belder, Mabels geändertes Testament, in dem das gesamte Vermögen an Mrs. Goldring geht, verbrannt zu haben. Der Experte bestätigt, daß Mabel Belders Testament das letzte im Kamin verbrannte Papier war.«
»Ich lasse mir das nicht länger gefallen!« zeterte Carlotta.
»Das brauchst du auch nicht, Liebling«, sagte Mrs. Croftus würdevoll. »Die Frau ist übergeschnappt.«
Sergeant Sellers zog gedankenverloren eine Zigarre aus der Tasche, biß die Spitze ab, fischte ein Streichholz heraus. »Davon bin ich nicht so überzeugt. Was haben Sie in den Kamin geworfen, Carlotta?«
»Nichts! Sie sind verrückt!«
»Nicht sehr geschickt, es glattweg abzuleugnen. Denn daß Sie etwas ins Feuer geworfen haben, ist mir sonnenklar.«
»Ach so, ja — warten Sie mal... Jetzt erinnere ich mich. Ich hatte ein Werbeschreiben in der Hand, das mit der Post gekommen war. Das habe ich weggeworfen.«
Sergeant Sellers grinste sie durch den blauen Zigarrenrauch hindurch an. »Sehr liebenswürdig, daß Sie so brav in die Falle getappt sind«, meinte er. »Sie geben es also zu?«
»Ja, aber es war dieser Werbebrief. Ich...«
»Wie erklären Sie sich dann, daß laut Gutachten des Handschriftenexperten das letzte, was im Kamin verbrannt wurde, das Testament von Mabel Belder war?«
»Ich...« Carlotta wandte sich in ihrer Hilflosigkeit nicht an Mrs. Goldring, sondern an ihre Mutter, Mrs. Croftus.
»Ich glaube, du solltest dich mit ihm nicht in eine Auseinandersetzung einlassen, Liebling«, sagte diese würdevoll. »Es wird wohl besser sein, wenn wir uns wegen der Strafanzeige gegen Mrs. Cool erst einmal mit einem Anwalt in Verbindung setzen.«
Sergeant Sellers betrachtete Mrs. Croftus mit Respekt. »Alle Achtung, das nenne ich geschicktes Taktieren. Mit anderen Worten: Halt den Mund, Mädchen, bis wir uns juristische Rückendeckung geholt haben.«
»Ja, meinen Sie denn, wir lassen uns so ohne weiteres beleidigen?«
»Ich meine«, erklärte Sergeant Sellers gelassen, »daß Sie mich jetzt alle zum District Attorney begleiten und Ihre Aussagen zu Protokoll geben. Jemand dagegen?«
»Allerdings. Wir lassen uns nicht von Ihnen herumkommandieren.«
»Ganz meine Meinung«, sekundierte Mrs. Goldring. »Wir werden uns mit einem Anwalt in Verbindung setzen und...«
Sellers runzelte die Stirn und wandte sich an Bertha Cool. »So, wie es jetzt aussieht, steht die Anklage auf ziemlich wackligen Beinen«, meinte er. »Mehr haben Sie nicht zu bieten, was?«
»Das Loch in der Wand ist vom Schlafzimmer zur Garage gebohrt worden«, sagte Bertha. »Ich habe es zunächst einfach für ein Guckloch gehalten — aber es gibt noch eine andere Möglichkeit.«
»Und zwar?« fragte Sellers.
»Ich bin nicht Donald«, entschuldigte sich Bertha. »Aber...«
»Aber Sie sind in Ihrer Art genauso einmalig, Bertha. Raus mit der Sprache!«
Bertha grinste. »Sie könnten sich mal den Auspuff von Mrs. Belders Wagen auf frische Kratzer hin ansehen. Warum ist eigentlich der Kater nicht mit seiner Herrin zusammen im Wagen erstickt? Weil Mabel Belder schon tot war, als ich die Verfolgung aufnahm. Darüber können Sie mal nachdenken.«
Sellers runzelte ärgerlich die Stirn. »Ich habe den Eindruck, Bertha, daß ich jetzt doch noch für Sie die Kastanien aus dem Feuer klauben muß.«
Bertha seufzte erleichtert. »Das, mein Freund, ist Musik in meinen Ohren.«