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Diese Stadt war nicht von Beginn an die meine – geboren wurde ich über dreitausend Meilen entfernt in einem verschlafenen Städtchen im Herzen Englands. Aber seit meinem allerersten Tag in New York hatte ich das Gefühl, als würden mich alle Straßen, Plätze und baumbestandenen Avenues mit offenen Armen willkommen heißen. Ich weiß nicht, ob eine Stadt eine Herzensentscheidung treffen kann, aber wenn ja, so hat New York sich von ganzem Herzen für mich entschieden. Und obwohl ich in dieser Stadt einige der schwersten und schmerzlichsten Tage meines Lebens verbracht habe, hat sie doch jeden Schicksalsschlag auffangen können – so wie eine gute Freundin, die immer für einen da ist und einem bei einer Tasse Tee versichert, man solle nur Geduld haben, weil am Ende doch alles gut werde. Und auf einmal ist man ganz sicher, dass es genau so sein wird. Irgendwann.

Meine Freundin Celia sagt immer, ich sei eine »absolut unverbesserliche, und selbst angesichts einer erschütternden Beweislage bewundernswerte Optimistin«. Wer jetzt meint, das klinge nach reißerischer Schlagzeile, hat gar nicht so Unrecht: Celia schreibt eine Kolumne für die New York Times und hat im Gegensatz zu mir schon immer in dieser Stadt gelebt. Sie war eine der ersten Freundinnen, die ich in New York gefunden habe, und passt seitdem auf mich auf wie eine leicht neurotische große Schwester. Gegen diese Beschreibung hätte sie bestimmt nichts einzuwenden – wenn ich mich recht entsinne, ist sie sogar von ihr.

Celia wohnt im ersten Stock eines ziemlich noblen Brownstones auf der Upper West Side, gleich um die Ecke vom Riverside Drive. Jeden Samstag treffen wir uns bei ihr, um zu frühstücken und über Gott und die Welt zu reden. Von ihrem Wohnzimmer aus hat man einen sehr privilegierten Panoramablick über die West 91st Street.

»Wenn man nur lange genug in New York herumsitzt, hat man irgendwann die ganze Welt vorbeilaufen sehen«, hatte Mr Kowalski immer gern lakonisch bemerkt. Mr Kowalski war der Vorbesitzer meines Blumenladens. Vor fünf Jahren hatte er sich zur Ruhe gesetzt und war mit seiner Tochter Lenka in sein geliebtes Warschau zurückgekehrt – wo er dann leider ziemlich bald und ganz plötzlich gestorben war. Celia und Mr Kowalski waren die ersten wahren Freunde, die ich in meiner Wahlheimat gefunden hatte.

»Rosie, du hast ja überhaupt keine Ahnung, wie glücklich du dich schätzen kannst, dass ihr in England so viel Geschichte habt«, verkündete Celia an einem dieser Samstage, als sie mit Kaffee und warmen Muffins aus der Küche kam. Wie meist hatte unsere Unterhaltung irgendwo in der Mitte eines Themas begonnen und spann sich von da so selbstverständlich weiter, als hätten wir am Anfang angefangen. Ich musste grinsen, als sie sich neben mich auf den Stuhl plumpsen ließ.

»Ach ja, Geschichte …«, erwiderte ich weise.

»Aber ihr Engländer wisst überhaupt nicht zu schätzen, welches Privileg es ist, so viel Geschichte zu haben, mit richtigen Königen und Königinnen – und das seit Jahrhunderten ! Kann ich von mir vielleicht behaupten, dass meine Vorfahren schon im zehnten Jahrhundert durch New York spaziert wären? Nein! Meine Familie ist ja nicht mal richtig amerikanisch. Ich meine, was weiß ich, wo meine Vorfahren herkamen? Wahrscheinlich bin ich zu vier Sechzehnteln aus der Ukraine mit ein paar Einsprengseln Äußere Mongolei.«

Gerade als ich sie darüber aufklären wollte, dass es eigentlich auch in England keine richtigen Engländer gab, und meine Vorfahren ursprünglich aus Mähren (oder war es Böhmen?) kamen, merkte ich, dass Celia die Sache sehr ernst und persönlich nahm. Also hielt ich den Mund und goss uns Kaffee ein.

»Was ist das eigentliche Problem?«, fragte ich.

Celias besorgte Miene entspannte sich ein wenig, und sie nahm sich einen Muffin.

»Meine Kolumne für nächste Woche. Zuerst wollte ich darüber schreiben, welche Rolle Geschichte für die persönliche Identität spielt. Doch je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger kann ich darüber schreiben. Die meisten von uns kennen unsere eigene Geschichte doch gar nicht – abgesehen von dem, was wir als ›unsere‹ Geschichte in der Schule lernen. Wir sind ein Schmelztiegel von Einwanderern und Idealisten, Verbannten und Flüchtlingen, die alle einer verdammten Utopie hinterherjagen, die überhaupt nicht existiert. Wir wollen zu irgendetwas dazugehören und haben doch keine Ahnung, was es ist.«

Mir kam eine leise Ahnung, dass ich diese Sätze bald in Celias Kolumne lesen würde. Unsere samstäglichen Plaudereien sind wahrscheinlich die am besten dokumentierten der Geschichte. Wenn Historiker in hundert Jahren wissen wollen, worüber Freunde sich am Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts so unterhalten haben, brauchen sie nur Celias Kolumne aus den Archiven der New York Times heraussuchen (die sich – dank des medialen Fortschritts – ihren Lesern dann wahrscheinlich per Gedankenübertragung präsentiert).

»Da spricht die Autorin«, meinte ich lächelnd. »Jedes Wort mit Sorgfalt gewählt …«

»Alles nur geklaut. Schon mein Vater hat das gesagt.« Sie nahm einen Teelöffel und betrachtete sich missmutig darin. »Und ich sehe so langsam aus wie meine Mutter.«

»Nein, tust du nicht«, versicherte ich ihr.

Hier muss mal gesagt werden, dass Celia ziemlich gut aussieht, stets tadellos zurechtgemacht ist und einen makellosen Teint hat, für den die meisten Frauen töten oder über glühende Kohlen laufen würden – oder sich obskure tierische Substanzen unter die Haut spritzen ließen. Wer sie so anschaut, käme nie darauf, wie alt sie wirklich ist, denn obwohl sie diese Tatsache immer leugnet, kann Celia noch mühelos für Anfang dreißig durchgehen, obwohl sie weiter jenseits der Vierzig ist, als sie jemals zugeben würde. Sie hat Stil, und das auf jene selbstverständliche Weise, die meine Mutter gern »unangestrengt« nennt. Sogar heute Morgen, wo kein anderer Termin bei ihr anstand, als in ihrer Wohnung mit mir zu frühstücken, sah sie in Jeans und Leinenhemd zehnmal eleganter aus als jede andere Frau im gleichen Outfit.

»Also, wegen meines Autorentreffens am Dienstagabend …« Sie ging mit einer Geschwindigkeit zum nächsten Thema über, die sogar Captain Picard vom Raumschiff Enterprise beeindruckt hätte. »Ich dachte mir, dass das Café Bijou in TriBeCa genau das Richtige wäre. Es ist neu, soll aber einen Versuch wert sein, habe ich mir sagen lassen.«

»Klingt spannend«, sagte ich und schaute zu, wie der Dampf in der Sonne funkelte, als ich meinen warmen Muffin aufbrach und auf den Teller fallen ließ. »Wer kommt alles?«

»Henrik Gund hat bereits zugesagt, Rückmeldungen von Mimi Sutton und Angelika Marshall stehen noch aus, aber ich bin ziemlich zuversichtlich, dass sie sich das nicht entgehen lassen wollen. Alles, was in der New Yorker Literaturszene Rang und Namen hat, wird kommen. Es könnte ein wirklich fantastischer … ein formidabler Abend werden – ein, zwei kleinere Probleme müssten allerdings noch angegangen werden …« Hier hielt Celia inne und strahlte mich mit einem jener makellosen, unschuldigen Lächeln an, die stets einem Großen-Celia-Reighton-Gefallen vorangingen.

Ganz weit hinten in meinem Hinterkopf meldete sich eine vertraute kleine Stimme lautstark: Tu es nicht! Tu es nicht …!

Doch zu spät. Ich hatte mich bereits damit abgefunden, dass meine Niederlage unvermeidlich war. Trotzdem tat ich so, als hätte ich nicht die geringste Ahnung, was gleich kommen würde, und erwiderte mit so überzeugend gespielter Unschuld, dass Spielberg und Scorsese sich demnächst darum prügeln würden, mich für einen ihrer Filme zu besetzen: »Das freut mich für dich, Celia. Dann steht dem Abend ja nichts mehr im Wege.«

»Na ja … fast nichts, Rosie«, erwiderte Celia langsam.

So, damit wären wir wieder so weit, vermeldete die kleine gereizte Stimme in meinem Kopf.

Celias strahlendes Lächeln wurde mit jedem unheilvollen Wort noch strahlender. »Es ist mir wirklich unangenehm, das sage ich dir gleich … aber da wir ja Freunde sind … also, es ist so, dass Philippe …« – nur zur Information: ein unglaublich prätentiöser und überteuerter »Floralkünstler« – »… mich hat hängenlassen – du weißt ja, wie launisch und unberechenbar diese Leute sein können –, und ich bräuchte ganz dringend noch ein paar kleine geschmackvolle Tischdekorationen. «

»Oh, du Arme«, sagte ich im selben sorgenvollen Ton, den Celia angeschlagen hatte. »Wie schrecklich.«

Dir ist wirklich nicht zu helfen … Die kleine Stimme in meinem Kopf stieß einen tiefen Seufzer aus, packte ihre Siebensachen und sprang in den nächsten Bus nach Las Vegas.

»Oh, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schrecklich. « Besorgnis wich tiefer Verzweiflung. »Honey, du weißt ja, dass ich nur deshalb bei Philippe bestelle, weil meine Agentin mit seinem Bruder zusammen ist. Meiner Meinung nach tendieren seine Kreationen oft zum Vulgären. Habe ich dir eigentlich schon gesagt, wie hervorragend mir die Blumenarrangements gefallen haben, die du letzten Herbst für die Hochzeit von Jessica Robard gemacht hast?« Celia hielt ihren Kaffeebecher so fest umklammert, als wollte sie ihn zwischen den Händen zerdrücken, und ihr strahlendes Lächeln war zu einer angestrengten Grimasse erstarrt.

Höchste Zeit, meine Freundin von ihrer Qual zu erlösen.

»Wie viele brauchst du, und an welche Blumen hattest du gedacht?«

»Oh, Darling, würdest du das wirklich tun?« Celia schlang ihre Arme um mich, hätte mich dabei fast vom Stuhl geworfen und stieß einen verzückten Freudenschrei aus.

»Schon gut, schon gut!«, rief ich. »Ich werde dir meine Kreativität und mein Können extrem kurzfristig und zu unschlagbar günstigen Konditionen zur Verfügung stellen. Und jetzt lass mich los, bevor du mich noch umbringst!«

Celia sank auf ihren Stuhl zurück und seufzte verzückt.

»Ooooh, du bist so wunderbar, Rosie! Ich wusste, dass du mich nicht im Stich lassen würdest! Also, mal überlegen … Ich bräuchte zehn – nein, lass uns zwölf sagen – mit Gardenien … oder nein, lieber Rosen. Oder vielleicht beides? Die Entscheidung überlasse ich dir, schließlich bist du die Designerin. Aber ich fände es schön, wenn du kleine unprätentiöse Sträußchen machen würdest und sie mit diesem … ach, du weißt schon … diesem Strohzeugs binden könntest.«

»Raphia?«, schlug ich vor.

Celia war jetzt voll im kreativen Rausch. Jede neue Idee wurde begeistert und mit großen Gesten aufgenommen. »Raphia! Ja, fantastisch, das klingt gut. Und nein, doch keine Sträuße, lieber so kleine Körbchen … du weißt schon, Rosie, so kleine handgeflochtene Körbchen, wie ihr sie in England habt.«

»Du meinst historische Körbchen …«

Hier hielt Celia jäh inne und bedachte mich mit einem gespielt strengen Blick. »Siehst du, genau das meinte ich. Ihr Engländer habt so viel Geschichte, dass ihr euch sogar darüber lustig machen könnt. Habt etwas Mitleid mit uns armen Amerikanern …«

Hier driftete das Gespräch wieder zu einem anderen Thema ab, während draußen der New Yorker Wochenendverkehr vorbeirauschte.

 

Montagmorgen fingen wir mit der Arbeit an Celias kleinen unprätentiösen Arrangements an. Die Lieferung vom Großhändler sollte um sieben Uhr eintreffen, weshalb sich meine Assistentin Marnie und mein Co-Designer Ed bereiterklärt hatten, schon um Viertel vor im Laden zu sein – allerdings unter der Bedingung, dass ich das Frühstück spendieren würde. Nachdem wir also alle Kisten im Lagerraum verstaut hatten, schlossen wir den Laden wieder und gingen kurz über die Straße, um uns unsere verdiente Belohnung zu gönnen.

Es gibt kaum etwas Schöneres, als den Tag in einem Café zu beginnen. Die gemütlichen Sofas locken einen herein, und kaum ist man durch die Tür, nehmen einen die verführerischen Düfte nach frischem Kaffee und frisch Gebackenem gefangen, und es gibt kein Zurück mehr. Draußen hastet die Welt vorbei, aber drinnen ist es, als hätte man alle Zeit der Welt. Eine gute Gelegenheit, einfach nur dazusitzen und den Augenblick zu genießen.

Oder – in unserem Fall und an diesem Morgen – um endlich wach zu werden.

»Verrätst du uns jetzt, warum wir uns zu nachtschlafender Stunde so selbstlos aufopfern?«, gähnte Ed, dessen Sinn für Humor schon etwas munterer schien als seine restlichen Sinne.

»Weil wir Celia einen Gefallen tun«, erwiderte ich.

Marnie stöhnte in ihren Cappuccino.

»Ah … Celia«, meinte Ed vielsagend. »Das ist nicht zufällig dieselbe Celia, die vierzig Weihnachtsgirlanden für die Times-Party wollte und uns erst eine Woche vorher Bescheid gegeben hat? Oder die Celia, die mitten im November ›unbedingt Osterglocken haben musste‹

Ich versuchte, mich hinter meinem dampfenden Kaffee zu verstecken.

»Oder die Celia, die für ihren Ball am Valentinstag unseren größten Konkurrenten gebucht, uns aber gnädigerweise die Präsentrosen hat liefern lassen, weil wir billiger waren? «, setzte Marnie nach.

»Schon gut, schon gut! Asche auf mein Haupt«, rief ich.

Ed und Marnie tauschten wissende Blicke und wandten sich mir mit todernster Miene zu.

»Wissen Sie, ich habe da so einen Verdacht, was die Ursache für die besorgniserregenden Symptome sein könnte, die wir bei unserer Patientin beobachten«, fing Ed an und musterte mich kritisch.

»Wirklich, Dr. Steinmann? Was könnte es denn sein?«, hauchte Marnie ehrfürchtig.

Mit souveräner Geste konsultierte Ed seine Papierserviette, ehe er seinen milden Blick auf Marnie ruhen ließ. »Die Sache ist ganz einfach, Schwester Andersson. Unsere Patientin ist ein klassischer Fall von Malaise Anglais

Marnie legte sich die Hand aufs Herz. »Oh, Doktor … Sind Sie sicher?«

»Worauf wollt ihr eigentlich hinaus?«, fragte ich kichernd.

»Darauf, dass du einfach zu englisch bist, Rosie«, klärte Ed mich auf und lächelte. »Dir fehlt dieses spezielle Gen, das es dir ermöglichen würde, auch mal Nein zu sagen …«

»… und aus deinen Fehlern zu lernen«, ergänzte Marnie, die an der Diagnose sichtlich Spaß zu haben schien. »Leider ist es typisch für die Krankheit, dass sie immer wieder und in schweren Schüben ausbricht.«

»Mein Mitgefühl gilt vor allem den leidgeprüften Freunden der Patientin«, fuhr Ed unbarmherzig fort. »Denn die Pflege der Patientin ist knochenharte Arbeit.«

»Hat aber durchaus ihre Vorzüge«, entgegnete ich.

»Und die wären?«, fragte Ed, und seine blauen Augen funkelten.

»Frühstück auf Kosten der Patientin beispielsweise.«

Marnie lächelte, und Ed griff nach meiner Hand und drückte sie. »Natürlich. Und das wissen wir zu schätzen – wir wissen dich zu schätzen. Wir machen uns doch nur darüber lustig, weil wir uns Sorgen machen, Rosie. Wann kapierst du endlich, dass es Leute gibt, die immer nur an sich denken und auf ihren Vorteil aus sind?«

Ich seufzte. Dieses Thema hatten wir bestimmt schon hundertmal durchgekaut, aber ich schaffte es einfach nicht, Ed und Marnie meine Sicht der Dinge verständlich zu machen. Unverzagt wagte ich mich an Versuch Nummer 101.

»Okay. Ich weiß, dass es so aussieht, als würde Celia mich ausnutzen, aber sie ist eine wirklich gute Freundin. Sie war immer für mich da, wenn ich sie brauchte. Ich möchte mich einfach nur bei ihr revanchieren, das ist alles.«

Ed schüttelte den Kopf, schien aber ein wenig besänftigt. »Rosie Duncan, wir lieben dich von ganzem Herzen, und wenn es dich glücklich macht, arbeiten wir natürlich gerne viele, viele ungezählte Stunden für dich, damit du dich bei deiner wirklich guten Freundin revanchieren kannst.«

»Danke, geht doch«, sagte ich und trank meinen Latte aus.

»Jetzt aber mal im Ernst: Du arbeitest zu viel, Rosie. Du solltest einfach auch mal nur … leben.« Marnie klang ernstlich besorgt. Bei mir schrillten Alarmglocken – ich wusste genau, worauf das hinauslief. Wir näherten uns der Gefahrenzone. Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst, und da kam es auch schon: »Du brauchst einfach … einen Mann«, seufzte Marnie.

Das hatte mir jetzt gerade noch gefehlt. Schnell fiel ich ihr ins Wort. »Nein, brauche ich nicht. Also, für heute steht an …«

Aber so leicht ließ Marnie sich nicht abschrecken. »Nein, ich meine das ernst, Rosie! Du bist ein so wunderbarer Mensch – wenn du einfach mal jemanden an dich heranließest, könntest du bestimmt auch … glücklich sein …«

Ich fühlte mich in die Enge getrieben und lachte bemüht. »Ah ja, gut zu wissen. Aber jetzt hört mal zu: Dieses Thema ist tabu, das habe ich euch schon tausendmal gesagt, und wenn ihr noch weiter darüber reden wollt, schmeiße ich euch wegen Vertragsbruch raus.«

Ed hob beschwichtigend die Hände. »Okay, okay, Boss, alles klar. Wir verpflichten uns hiermit, niemals mehr ein Wort darüber zu verlieren.«

»Endlich haben sie es kapiert!« Ich schlug die Augen himmelwärts und stieß einen Seufzer tiefer Dankbarkeit aus. Kaum zu glauben – sollte ich das Unvermeidliche wirklich abgewendet haben?

Nein, natürlich nicht.

»Lass dir nur gesagt sein, dass Marnie und ich nicht aufhören werden, dich in regelmäßigen Abständen wegen dieser …« Mitten im Satz wurde Ed von Marnie unterbrochen, oder vielmehr von Marnies Hand, die sich fest über seinen Mund schloss.

»Klappe, Steinmann! Ich brauche diesen Job«, lachte sie.

Nach einer kleinen Rangelei ließen sie sich lachend zurück ins Sofa fallen und grinsten mich frech an wie zwei kleine Schlingel, die es faustdick hinter den Ohren hatten. Obwohl mir gerade ziemlich unbehaglich zumute gewesen war, musste ich lächeln, als ich die beiden so sah. Ed spielt sich gern als der ältere und vernünftigere Bruder auf, aber eigentlich ist er noch viel schlimmer als Marnie. Andauernd albern die beiden herum, reißen Witze, ärgern sich gegenseitig und benehmen sich überhaupt furchtbar kindisch – aber genau deshalb mag ich sie. Ohne die beiden wäre es nur halb so schön, und sie geben mir immer das Gefühl dazuzugehören. Sie sind Herz und Seele von Kowalski’s. Und noch wichtiger: Trotz aller dummen Scherze weiß ich, dass sie im Fall der Fälle alles füreinander tun würden – und auch für mich.

Eds Augen funkelten, und er strahlte mich mit seinem breitesten Grinsen an. »Ganz wie die Dame wünschen«, meinte er mit einer leichten Verbeugung, als wir aufstanden, um zurück in den Laden zu gehen. An der Tür hielt er mich jedoch kurz zurück. »Aber erledigt hat sich das Thema damit noch lange nicht, Rosie Duncan. Fortsetzung folgt – versprochen.«