27

Moras Haus befand sich auf der Sierra Bonita Avenue, in der Nähe des Sunset Boulevards. Bosch parkte einen halben Block vom Haus entfernt am Straßenrand und beobachtete das Haus, während es draußen dunkel wurde. Die Gebäude in der Straße waren altmodische, flache Holzhäuser mit großen Veranden und Mansardenfenstern. Es war sicher mehr als ein Jahrzehnt her, daß die Straße so schön wie ihr Name gewesen war. Viele der Häuser waren verfallen. Das Haus neben Moras stand leer, Fenster und Türen waren mit Brettern vernagelt. Die Eigentümer anderer Grundstücke hatten sich für einen Maschendrahtzaun und nicht für einen neuen Anstrich entschieden, als sie das letzte Mal etwas Geld hatten. Fast alle hatten die Fenster vergittert, sogar die auf dem Dach. In einer Auffahrt ruhte ein Auto auf Hohlbausteinen. Es war eine Gegend, in der jedes Wochenende irgend jemand seinen Trödel im Vorgarten verkaufte.

Bosch hatte die Lautstärke des Rovers auf dem Beifahrersitz niedrig gestellt. Laut der letzten Meldung saß Mora in einer Bar am Boulevard, dem Bullet. Bosch war schon einmal dort gewesen und stellte sich vor, wie Mora an der Theke saß. Es war ein dunkler Laden mit einigen Neonreklamezeichen für Bier, zwei Billardtischen und einem Fernseher, der über der Bar an der Decke befestigt war. Man ging dort nicht für einen schnellen Drink hin. Im Bullet blieb es nicht bei einem. Bosch schätzte, daß Mora einen langen Abend vor sich hatte.

Während der Himmel sich dunkelviolett verfärbte, behielt er die Fenster von Moras Haus im Auge. Aber kein Licht wurde hinter ihnen sichtbar. Bosch wußte, daß Mora geschieden war, jedoch nicht, ob jemand bei ihm wohnte. Er betrachtete das dunkle Haus von seinem Caprice aus und bezweifelte es.

»Team Eins?« sprach Bosch in den Rover.

»Team Eins.«

»Hier ist Sechs. Was macht unser Junge?«

»Er beugt noch immer die Ellbogen. Was hast du heute abend vor, Sechs.«

»Ich hab’ im Haus zu tun. Sagt mir Bescheid, wenn ihr etwas braucht, oder falls er sich bewegt.«

»Wird gemacht.«

Er fragte sich, ob Sheehan und Opelt seine Andeutung verstanden und hoffte, daß Rollenberger nichts kapierte. Dann holte er aus dem Handschuhfach den Beutel mit seinen Dietrichen und steckte ihn links in die Tasche seiner blauen Razziajacke aus Plastik. Er drehte den Lautstärkeregler des Rovers ganz nach unten und verstaute das Funkgerät in die andere Tasche der Jacke. Da hinten in großen gelben Buchstaben die Aufschrift LAPD stand, trug er sie auf links.

Er stieg aus, schloß das Auto ab und wollte gerade die Straße überqueren, als er Funkverkehr hörte. Nachdem er die Schlüssel wieder herausgeholt und aufgeschlossen hatte, drehte er im Wagen die Lautstärke wieder auf.

»Was ist los, Eins? Ich habe es nicht mitbekommen.«

»Die Verdachtsperson bewegt sich in westlicher Richtung auf den Hollywood Boulevard zu.«

»Zu Fuß?«

»Negativ.«

Scheiße, dachte Bosch. Dann saß er weitere fünfundvierzig Minuten im Auto und lauschte Sheehans Funkberichten über Moras anscheinend zielloses Hin- und Herfahren auf dem Boulevard. Er fragte sich, was Mora tat. Diese Fahrerei gehörte nicht zum Profil des zweiten Mörders. Soweit sie wußten, operierte der Jünger nur von Hotels aus. Dorthin lockte er die Opfer. Das Hin- und Herfahren paßte nicht ins Bild.

Nach einer Funkstille von zehn Minuten meldete sich Sheehan wieder.

»Er fährt zum Sunset Strip runter.«

Der Sunset Strip war ein Problem für sich. Der Boulevard selbst war in L. A.; direkt südlich davon begann jedoch West Hollywood, Revier des Sheriffs. Wenn Mora nach Süden fuhr und dort irgend etwas tat, verließen sie ihren Zuständigkeitsbereich. Ein Typ wie Hans Guck-in-die-Luft hatte vor solchen Problemen Schiß.

»Er ist jetzt auf dem Santa Monica Boulevard.«

Das war schon West Hollywood. Bosch erwartete, daß sich Rollenberger gleich melden würde. Er hatte sich nicht geirrt.

»Team Eins, hier Team Leiter. Was macht der Verdächtige?«

»Wenn ich seine Vorlieben nicht kennen würde, würde ich sagen, er hält nach hübschen Jungs Ausschau.«

»Okay, Team Eins, behalten Sie ihn im Auge, aber treten Sie nicht in Kontakt. Wir befinden uns außerhalb unseres Zuständigkeitsbereichs. Ich werde das Büro des Sheriffs telefonisch informieren.«

»Wir planen keine Kontaktaufnahme.«

Fünf Minuten vergingen. Bosch beobachtete einen Mann, der mit seinem Wachhund Gassi ging. Vor dem verlassenen Haus stoppte er und ließ das Tier sein Geschäft auf dem verdorrten Rasen verrichten.

»Alles wieder okay«, meldete Sheehan sich. »Wir sind wieder im Land.«

Das bedeutete, daß sie wieder auf dem Stadtgebiet von Los Angeles waren.

»Eins, was ist eure Zwanzig?« fragte Bosch.

»Immer noch Santa Monica, Richtung Osten. Wir haben La Brea … nein, er fährt jetzt auf der La Brea Avenue nach Norden. Vielleicht fährt er nach Hause.«

Bosch rutschte auf seinem Sitz nach unten, falls Mora die Straße entlangkommen sollte. Er hörte, wie Sheehan meldete, daß er jetzt in östlicher Richtung auf dem Sunset Boulevard fuhr.

»Jetzt an Sierra Bonita vorbei.«

Mora fuhr noch nicht nach Hause. Bosch setzte sich wieder gerade und hörte fünf Minuten der Funkstille zu.

»Er fährt zum Dome«, meldete sich Sheehan endlich.

»Das Dome?« fragte Bosch.

»Kino auf dem Sunset Boulevard, kurz hinter Wilcox Avenue. Er hat geparkt und eine Karte gekauft. Er geht jetzt hinein. Wahrscheinlich ist er bis zum Vorstellungsbeginn herumgefahren.«

Bosch versuchte sich die Gegend innerlich vorzustellen. Die riesige geodätische Kuppel war eines der bekannten Hollywood-Kinos.

»Team Eins, hier Team Leiter. Trennen Sie sich, einer geht mit ihm hinein, der andere wartet draußen im Auto.«

»Roger. Team Eins, Ende.«

Das Dome war zehn Minuten von der Sierra Bonita Avenue entfernt. Bosch schätzte, er hatte maximal anderthalb Stunden Zeit fürs Haus.

Er stieg schnell aus dem Wagen, überquerte die Straße und ging die Straße hinauf zu Moras Haus. Die breite Veranda hüllte die Vordertür in Dunkelheit. Bosch klopfte an und sah zum Haus auf der anderen Straßenseite, während er wartete.

Im Erdgeschoß brannte Licht, und er konnte das bläuliche Licht eines Fernsehers durch die Vorhänge eines Zimmers im ersten Stock wahrnehmen.

Niemand meldete sich. Er trat zurück und musterte die Fenster vorne. Es gab keine Anzeichen einer Sicherheitsanlage, keine Metallstreifen auf dem Glas. Er blickte durch das Fenster ins Wohnzimmer und suchte die Ecke der Decke nach dem schwachen Glühen eines Bewegungsdetektors ab. Wie er erwartet hatte, gab es keinen. Jeder Cop wußte, der beste Schutz war ein gutes Schloß oder ein bösartiger Hund. Oder beides.

Er ging zur Tür zurück, öffnete den Beutel und holte die Mini-Taschenlampe heraus. Vorne über das Glas hatte er schwarzes Isolierband geklebt, damit nur ein schmaler Lichtstrahl durchdrang. Er kniete sich hin und untersuchte die Schlösser an der Tür. Mora hatte ein Riegelschloß und einen normalen Türknopf mit Schlüsselloch. Bosch steckte sich die Taschenlampe in den Mund und richtete den Strahl auf das Riegelschloß. Mit zwei Dietrichen, einem Spannschlüssel und einem Haken machte er sich an die Arbeit. Es war ein gutes Schloß mit zwölf Zähnen – allerdings kein Medeco, sondern eine billigere Imitation –, und Bosch brauchte zehn Minuten, um es zu öffnen. Mittlerweile lief ihm der Schweiß die Stirn herunter und brannte in seinen Augen.

Er zog sein Hemd aus der Hose und wischte sich das Gesicht ab, ebenso die Dietriche, die vom Schweiß glitschig geworden waren, und sah kurz zum gegenüberliegenden Haus. Keine Veränderung, nichts Auffälliges. Der Fernseher lief oben immer noch. Er drehte sich um und richtete gerade den Lichtstrahl auf den Türknopf, als er ein Auto kommen hörte. Er machte die Taschenlampe aus und verbarg sich hinter den Verandastufen, bis es vorbeigefahren war.

Dann kehrte er zur Tür zurück und begann mit dem Haken am zweiten Schloß zu arbeiten, als er merkte, daß sich der Türknopf bewegen ließ. Er drehte ihn und die Tür öffnete sich. Der Türknopf war nicht abgeschlossen worden. Es ergab Sinn. Der Türriegel diente als Abschreckung. Falls ein Einbrecher ihn öffnen konnte, war das Knopfschloß nur noch ein Kinderspiel. Warum sollte man es also abschließen?

Er stand in der Dunkelheit des Eingangs, ohne sich zu rühren, und wartete, daß sich seine Augen darauf einstellten. Als er in Vietnam war und sich in einen der Tunnel des Vietcong fallen ließ, bekam er innerhalb von fünfzehn Sekunden Nachtaugen. Jetzt dauerte es länger. Außer Übung. Oder es war das Alter, dachte er. Fast eine Minute stand er in der Tür. Als die Schatten und Formen Gestalt annahmen, rief er: »He, Ray? Bist du da? Du hast die Türe nicht abgeschlossen. Hallo?«

Keine Antwort. Mora würde keinen Hund haben. Er lebte allein und hatte als Polizist unregelmäßige Arbeitszeiten.

Bosch machte ein paar Schritte ins Haus und musterte die dunklen Formen der Wohnzimmermöbel. Er war schon vorher unbefugt in Wohnungen eingedrungen, auch in das Haus eines Cops, aber das Gefühl schien immer wieder neu zu sein – ein berauschendes Gefühl, begleitet von eiskalter Furcht und panischer Angst. Als ob sein Körperschwerpunkt ihm zwischen die Beine gerutscht wäre. Er fühlte eine Macht in sich, die er niemandem hätte beschreiben können.

Einen kurzen Moment lang wuchs das Gefühl der Panik und schien das labile Gleichgewicht seiner Gedanken und Gefühle umzukippen. Eine Schlagzeile leuchtete in seinem Gehirn auf, COP UNTER ANKLAGE BEI EINBRUCH GEFASST, dann faßte er sich wieder. Wenn man an Scheitern dachte, beschwor man es herauf. Als er die Treppe entdeckte, ging er sofort auf sie zu. Er glaubte, daß Mora seine Trophäen entweder in seinem Schlafzimmer oder in der Nähe eines Fernsehers aufbewahrte. Statt sich zum Schlafzimmer vorzuarbeiten, würde er dort beginnen. Vielleicht gab es ja dort einen Fernseher.

Die erste Etage war unterteilt in zwei Schlafzimmer, zwischen denen ein Badezimmer lag. Das Schlafzimmer auf der rechten Seite war in einen Übungsraum verwandelt worden. Mehrere verchromte Geräte standen dort herum: eine Rudermaschine, ein Standfahrrad und ein Gerät, das Bosch nicht kannte. Außerdem gab es ein Gestell für Gewichtsscheiben und eine Bank zum Gewichtheben, über der eine Stange lag. An einer Wand des Raums war ein Spiegel angebracht, der von der Decke bis zum Boden reichte. Von einem Punkt in Augenhöhe gingen Sprünge in alle Richtungen aus. Einen Moment lang betrachtete Bosch sich und musterte sein zersprungenes Ebenbild. Er dachte darüber nach, wie Mora hier sein Gesicht studierte.

Bosch sah auf die Uhr. Es war schon dreißig Minuten her, daß Mora ins Kino gegangen war. Er holte das Radio heraus.

»Eins, was macht er?«

»Er ist immer noch drinnen. Was machst du?«

»Immer noch Hausarbeit. Melde dich, wenn du mich brauchst.«

»Etwas Interessantes im Fernsehen?«

»Noch nicht.«

Dann war Rollenbergers Stimme zu hören.

»Team Eins und Sechs, lassen Sie die Privatgespräche und benutzen sie das Funkgerät nur für zweckdienliche Meldungen. Team Leiter, Ende.«

Weder Bosch noch Sheehan bestätigten seinen Funkspruch.

Bosch ging über den Flur zum anderen Zimmer. Hier war Moras Schlafzimmer. Das Bett war nicht gemacht und Kleidung hing über einem Stuhl am Fenster. Bosch entfernte etwas Isolierband von der Taschenlampe, um einen größeren Blickwinkel zu haben.

An der Wand über dem Bett hing ein Bild von Jesus, seine Augen nach unten gerichtet, sein heiliges Herz sichtbar auf der Brust. Bosch ging zum Nachtschränkchen und leuchtete auf ein eingerahmtes Foto neben dem Wecker. Es zeigte eine junge, blonde Frau und Mora. Wahrscheinlich seine Ex-Frau. Ihre Haare waren hellblond gefärbt, und Bosch registrierte, daß sie den Opfern körperlich sehr ähnlich war. Ermordete Mora seine Ex-Frau wieder und wieder? Aber das war eher eine Frage für Locke und die anderen Psychiaterhäuptlinge. Hinter dem Foto stand ein Heiligenbild. Bosch nahm es in die Hand und leuchtete es an. Es war der Infant von Prag, über dem Kopf des kleinen Königs schwebte ein goldener Heiligenschein.

Die Schublade des Nachtschränkchens enthielt alltäglichen Krimskram: Spielkarten, Aspirin, eine Lesebrille, Kondome – nicht die Lieblingsmarke des Puppenmachers – und ein kleines Adressbuch. Bosch setzte sich aufs Bett und blätterte es durch. Mehrere Frauen standen unter ihrem Vornamen drin. Er war jedoch nicht überrascht, keinen der Namen zu finden, die mit dem Jünger oder dem Puppenmacher zu tun hatten.

Er schloß die Schublade und richtete das Licht auf die Ablage darunter. Dort befand sich ein dreißig Zentimeter hoher Stapel Pornohefte, auf deren Hochglanztitelseiten alle Arten von Paarungen abgebildet waren: Mann-Frau, Mann-Mann, Frau-Frau, Mann-Frau-Mann und so weiter. Er blätterte einige durch und sah ein mit Magic Marker gemachtes Häkchen oben rechts auf der Titelseite jedes Magazins, wie er es bei Mora im Büro beobachtet hatte. Mora nahm sich Arbeit mit nach Hause. Oder gab es einen anderen Grund dafür?

Während er die Hefte ansah, merkte Bosch, wie ihm die Hose im Schritt eng und er von einem eigenartigen Schuldgefühl befallen wurde. Und ich, fragte er sich. Tu ich nur meine Arbeit hier oder bin ich der Voyeur? Er legte den Stapel wieder zurück. Es waren zu viele Hefte, um sie nach den Opfern durchzusehen. Und selbst wenn er eins fand, was bewies es?

An der Wand gegenüber dem Bett stand ein großer Eichenschrank. Bosch öffnete ihn und entdeckte einen Fernseher und einen Videorecorder. Auf dem Fernseher lagen drei Videokassetten. 120-Minuten-Bänder. In der oberen Schublade fand er eine weitere Kassette. Die untere Schublade enthielt eine Reihe gekaufter Pornovideos. Er sah die Sammlung kurz durch – zu viele und nicht genug Zeit. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf die vier Bänder, die für eigene Aufnahmen benutzt worden waren.

Er schaltete den Fernseher und den VCR an und sah nach, ob sich schon ein Video in der Maschine befand. Sie war leer. Er schob eine der Kassetten, die auf dem Fernseher gelegen hatten, hinein. Auf dem Bildschirm erschien Schnee. Er drückte auf die Schnellspieltaste und sah bis ans Ende des Bands Schnee flimmern. Er brauchte fünfzehn Minuten, um sich alle drei Kassetten, die auf dem Fernseher gelegen hatten, anzusehen.

Eigenartig, dachte Bosch. Es war anzunehmen, daß sie verwendet worden waren, da sie nicht mehr in den plastikverschweißten Schachteln steckten, in denen sie verkauft wurden. Obwohl er selbst keinen Videorecorder hatte, war er mit ihnen vertraut. Ihm kam der Gedanke, daß Leute ihre Aufnahmen nicht löschten, sie nahmen einfach neue Programme auf.

Warum hatte Mora sich die Mühe gemacht, die Aufnahmen auf diesen Bändern zu löschen? Er fühlte sich versucht, eine der Kassetten zur Analyse mitzunehmen. Aber er entschied, das Risiko war zu groß. Mora würde merken, daß eine fehlte.

Auf dem letzten Band, dem in der oberen Schublade, waren Aufnahmen. Zu sehen waren Szenen, die sich in einem Haus abspielten. Ein Kind spielte mit einem Plüschtier auf dem Boden. Durch das Fenster hinter dem Mädchen sah Bosch einen verschneiten Garten. Dann erschien ein Mann und umarmte das Mädchen. Zuerst dachte Bosch, daß es Mora war. Aber dann sagte der Mann: »Gabrielle, zeig Onkel Ray, wie sehr du das Pferdchen magst.«

Das Mädchen drückte das Stofftier und schrie: »Dankeseen Ontel Re.«

Bosch stoppte das Band und legte es wieder in die obere Schublade zurück. Er zog beide Schubladen heraus und sah unter ihnen nach. Nichts. Dann stellte er sich aufs Bett, um oben auf den Schrank zu sehen. Dort war jedoch ebenfalls nichts. Er schaltete die Anlage ab, stellte im Schrank alles wieder an seinen Platz und sah auf die Uhr. Fast eine Stunde war vergangen.

Im begehbaren Wandschrank hingen auf beiden Seiten sauber aufgereiht Kleider. Auf dem Boden standen acht Paar Schuhe, mit den Spitzen zur Wand. Er fand nichts von Interesse und ging wieder ins Schlafzimmer. Dort sah er schnell unters Bett und durchsuchte die Schubladen der Kommode – ohne Ergebnis. Er ging nach unten und schaute kurz ins Wohnzimmer, aber dort war kein Fernseher. Ebenfalls nicht in der Küche und im Eßzimmer.

Von der Küche aus ging Bosch durch einen Flur zur Rückseite des Hauses. Von hier gingen drei Türen ab; dieser Teil war entweder eine umgebaute Garage oder ein neuer Anbau. In der Flurdecke befanden sich die Öffnungen einer Klimaanlage, und der helle Fichtenboden war neuer und weniger verkratzt als die braunen Eichendielen im übrigen Erdgeschoß.

Die erste Tür führte in eine Waschküche. Bosch öffnete schnell die Hängeschränkchen über der Waschmaschine und dem Trockner, fand jedoch nichts von Interesse. Hinter der nächsten Tür befand sich ein Badezimmer mit neueren Armaturen als im ersten Stock.

Als er die letzte Tür öffnete, sah er ein Schlafzimmer, in dessen Mitte ein Bett mit vier Eckpfosten stand. Die Bettdecke war rosa, und es schien das Zimmer einer Frau zu sein. Es lag am Parfum, stellte Bosch fest. Trotzdem machte der Raum nicht den Eindruck, als ob hier jemand lebte. Der Raum schien eher auf die Rückkehr seiner Bewohnerin zu warten. Bosch fragte sich, ob Mora eine Tochter hatte, die irgendwo aufs College ging, oder ob es der Raum seiner Ex-Frau gewesen war, bevor sie endgültig die Ehe beendet hatte und gegangen war?

Auf einem Rollwagen in der Ecke standen ein Fernseher und ein Videorecorder. Er ging hinüber und öffnete die Schublade unter dem Videogerät, aber sie war leer, mit Ausnahme eines runden Metallstücks von der Größe eines Hockeypucks. Bosch nahm es in die Hand und sah es an, konnte aber nicht feststellen, was es war. Vielleicht hatte es etwas mit den Hanteln im ersten Stock zu tun. Er legte es zurück und schloß die Schublade.

In der obersten Schublade der weißen Kommode, die er öffnete, fand er Damenunterwäsche. Die zweite Schublade enthielt eine Palette mit verschiedenen Farben und Pinseln für Augen-Make-up, außerdem eine runde Plastikdose mit beigem Gesichtspuder. Die Make-up-Behälter waren für den Hausgebrauch, sie waren zu groß, um sie in der Handtasche mitzunehmen, und konnten nicht von den Opfern des Jüngers stammen. Sie gehörten der Bewohnerin dieses Zimmers.

Die drei unteren Schubläden waren vollständig leer. Er betrachtete sich selbst im Spiegel über der Kommode und stellte fest, daß er wieder schwitzte. Er war sich bewußt, daß er zuviel Zeit brauchte. Seine Uhr zeigte ihm, daß inzwischen sechzig Minuten vergangen waren.

Bosch öffnete den Wandschrank und sprang vor Schreck im nächsten Moment zurück. Er ging neben der Tür in Deckung und zog seine Waffe.

»Ray! Bist du das?«

Niemand antwortete. Er merkte, daß er gegen den Lichtschalter des weiträumigen, begehbaren Wandschranks lehnte, und schaltete das Licht ein. In der Hocke trat er in die Türöffnung und richtete seine Waffe auf den Mann, den er gesehen hatte, als er die Tür öffnete.

Schnell griff er um den Türrahmen und machte das Licht aus. Auf der Ablage über der Kleiderstange stand ein Styroporball, über den eine Perücke mit langen, schwarzen Haaren gestülpt war. Bosch atmete tief durch und ging in den Wandschrank hinein. Er musterte die Perücke, ohne sie zu berühren. Wie paßte das ins Puzzle? Er wandte sich nach rechts und sah mehrere Teile hauchdünner Unterwäsche und ein paar dünne Seidenkleider auf Bügeln. Auf dem Boden stand mit den Schuhspitzen zur Wand ein Paar roter hochhackiger Pumps.

Hinter einigen Kleidern, die noch in der Plastikverpackung von der Reinigung hingen, stand ein Kamerastativ.

Sein Adrenalinausstoß verstärkte sich. Er sah die Kartons auf dem Regal über der Kleiderstange durch. Einer war mit japanischen Schriftzeichen versehen. Er zog ihn vorsichtig herunter – er war unerwartet schwer –, öffnete ihn und fand eine Videokamera und einen Recorder.

Die Kamera war groß. Bosch sah ihr an, daß sie nicht in einem Kaufhaus gekauft worden war. Sie ähnelte eher den Geräten, wie sie von Fernsehnachrichtenteams benutzt wurden. Die Kamera hatte einen Scheinwerfer, und die große Batterie ließ sich herausnehmen. Verbunden war sie mit dem Recorder, der einen Kontrollbildschirm und Mischregler hatte, über ein drei Meter langes Koaxialkabel.

Es war merkwürdig, daß Mora ein so teures Gerät besaß. Er wußte jedoch nicht, was es zu bedeuten hatte. Vielleicht hatte er es bei einem Pornofilmer beschlagnahmt und nicht in der Asservatenkammer abgegeben. Er drückte auf die Ausgabetaste des Recorders, aber es kam keine Kassette zum Vorschein. Er packte die Anlage wieder ein und stellte sie ins Regal zurück und überlegte immer noch, warum jemand mit einer solchen Kamera nur leere Bänder hatte. Während er sich noch einmal schnell im Wandschrank umsah, begriff er, daß die Videokassetten, die er bis jetzt entdeckt hatte, eventuell erst vor kurzem gelöscht worden waren. Wenn das der Fall war, hatte Mora vielleicht bemerkt, daß er beschattet wurde.

Er schaute auf die Uhr. Siebzig Minuten. Er ging bis an die äußerste Grenze.

Als er die Wandschranktür schloß und sich umdrehte, sah er sich im Spiegel über der Kommode. Dann wandte er sich zur Tür, um zu gehen. In dem Moment fielen ihm die Spotlights auf einer Lichtschiene über der Tür ins Auge. Es waren fünf, und er mußte sie nicht einschalten, um zu wissen, daß sie alle aufs Bett gerichtet waren.

Einen Moment lang schaute er aufs Bett und begann zu begreifen, was er hier vor sich hatte. Er schaute noch einmal auf die Uhr, obwohl er schon wußte, daß es Zeit war, und ging zur Tür.

Bevor er sie erreichte, sah er sich zum Fernseher und Videorecorder um und merkte, daß er etwas vergessen hatte. Er kniete sich schnell hin und schaltete die Videoanlage ein. Er drückte auf die Ausgabetaste, und eine Kassette fuhr heraus. Nachdem er sie wieder hineingeschoben hatte, betätigte er die Rücklauftaste und stellte den Fernseher an. Dann holte er den Rover aus der Tasche.

»Eins, wie läuft’s?«

»Film zu Ende. Ich halte nach ihm Ausschau.«

Das konnte nicht stimmen, wußte Bosch. Kein Spielfilm war so kurz. Und im Dome gab es nur ein Kino, nur ein Film wurde gezeigt. Also mußte Mora hineingegangen sein, als die Vorstellung schon begonnen hatte. Wenn er hineingegangen war. Ein Adrenalinstoß läutete höchste Alarmstufe ein.

»Bist du sicher, Eins? Er ist noch nicht einmal eine Stunde drinnen?«

»Wir gehen rein.«

Man konnte die Panik in Sheehans Stimme hören. Dann begriff Bosch. Wir gehen rein. Opelt war Mora nicht ins Kino gefolgt. Sie hatten Rollenbergers Befehl bestätigt, aber nicht befolgt. Sie konnten nicht. Mora hatte Sheehan und Opelt gestern beim Burrito-Stand gesehen. Sie konnten unmöglich in den dunklen Saal gehen und nach Mora suchen. Das Risiko war zu groß. Wenn der Cop vom Sittendezernat sie entdeckt hätte, würde er Bescheid wissen. Sheehan hatte Rollenberger sein »Roger« gefunkt, weil er ihm sonst hätte gestehen müssen, daß sie am vorigen Tage Mist gebaut hatten.

Der Rücklauf klickte ein. Bosch saß regungslos da, seine Finger vor den Bedienungstasten. Er wußte, daß ihre Operation aufgeflogen war. Mora war Cop, er hatte seine Beschatter bemerkt. Der Kinobesuch war eine List gewesen.

Er drückte auf die Abspieltaste.

Dieses Band war nicht gelöscht worden. Die Bildqualität war besser als die in der Videokabine von X Marks the Spot. Das Video war genauso gut produziert wie ein Porno in Spielfilmlänge. Auf dem Bildschirm war das Bett mit den vier Eckpfosten zu sehen, auf dem zwei Männer Geschlechtsverkehr mit einer Frau hatten. Bosch schaute einen Moment zu und drückte dann auf die Schnellspieltaste. Das Bild blieb weiterhin sichtbar, und die Akteure bewegten sich so überdreht, daß es fast komisch war. Bosch sah, wie sich die Stellungen und Paarungen änderten. Jede mögliche Kombination in Hochgeschwindigkeit. Schließlich ging er zur normalen Geschwindigkeit zurück und schaute sich die Mitwirkenden genauer an.

Die Frau paßte nicht ins Opferprofil des Nachahmungstäters. Sie trug die schwarze Perücke. Sie war gertenschlank und jung. Tatsächlich war es keine Frau, wenigstens nicht dem Gesetz nach. Bosch bezweifelte, daß sie älter als sechzehn war. Einer ihrer Partner war ebenfalls jung, vielleicht genauso alt wie sie. Bosch war sich nicht sicher. Sicher war er aber, daß der Dritte Ray Mora war. Sein Gesicht war abgewandt, aber Bosch erkannte ihn. Und er sah das Goldmedaillon mit dem Heiligen Geist, das auf seiner Brust auf und ab sprang. Er schaltete das Video aus.

»Das Band habe ich vergessen, nicht wahr?«

Immer noch auf den Knien vor dem Fernseher, drehte sich Bosch um. Mora stand da und richtete eine Pistole auf sein Gesicht.

»Hallo, Ray.«

»Danke, daß du mich darauf hingewiesen hast.«

»Mach dir deswegen keine Sorgen. Hör zu, Ray, warum legst du nicht …«

»Schau mich nicht an.«

»Was?«

»Du sollst mich nicht anschauen! Dreh dich zum Fernseher um.«

Bosch gehorchte und schaute auf den leeren Bildschirm.

»Du bist Linkshänder, nicht? Nimm deinen Revolver mit der rechten Hand und rutsch ihn über den Boden hierher.«

Bosch führte vorsichtig die Anweisungen aus. Er glaubte zu hören, wie Mora die Waffe vom Boden aufhob.

»Ihr Arschlöcher glaubt, ich bin der Nachahmungstäter.«

»Paß auf, ich werde dich nicht anlügen, Ray. Wir haben dich überprüft, das ist alles … Ich weiß jetzt, daß wir uns geirrt haben. Du …«

»Die koscheren Burrito-Jungs. Jemand sollte ihnen mal beibringen, wie man eine Verdachtsperson observiert. Sie wissen einen Scheiß … Ich hab’s nicht gleich gecheckt, aber ich wußte, irgendwas war im Busch, als ich sie sah.«

»Also haben wir uns über dich geirrt, Ray, nicht wahr?«

»Mußt du extra fragen, Bosch? Nach dem, was du gerade gesehen hast? Wer hatte die Idee, mich zu überprüfen? Eyman? Leiby?«

Eyman und Leiby waren die Commander des Sittendezernats.

»Nein, ich. Es war meine Idee.«

Dem Geständnis folgte ein langer Moment der Stille.

»Dann sollte ich vielleicht gleich hier deinen Kopf wegpusten. Ich habe hier das Recht. Stimmt’s?«

»Hör zu, Ray.«

»Nicht umdrehen!«

Bosch drehte sich wieder zurück zum Fernseher.

»Wenn du’s tust, Ray, ändert sich dein Leben für immer. Das weißt du.«

»Mein Leben hat sich in dem Moment geändert, als du hier eingebrochen bist. Warum nicht den nächsten logischen Schritt tun? Dich umlegen und verschwinden.«

»Weil du Cop bist, Ray.«

»Bin ich das? Werde ich das weiter sein, wenn ich dich gehen lasse. Willst du mir etwa auf Knien versprechen, daß du alles für mich in Ordnung bringen wirst?«

»Ray, ich weiß nicht, was ich dir sagen soll. Die Kids auf dem Video sind minderjährig. Aber ich weiß davon nur aufgrund einer illegalen Hausdurchsuchung. Wenn du die Waffe wegsteckst, können wir sicher eine Lösung finden.«

»Wirklich, Harry? Kann alles so wie vorher sein. Meine Dienstmarke ist alles, was ich habe. Ich kann nicht …«

»Ray. Ich …«

»Halt’s Maul! Halt einfach dein Maul! Ich versuche nachzudenken.«

Moras Wut überschüttete ihn wie ein Regenguß.

Bosch wußte keine Antwort. Seine Gedanken überschlugen sich, suchten nach dem nächsten Satz, dem nächsten Zug, als Sheehans Stimme über Funk kam. Harry zuckte zusammen.

»Er ist uns entwischt. Er ist nicht im Kino.«

Sheehans Stimme schien sich fast zu überschlagen. Bosch und Mora hörten schweigend zu.

»Was soll das heißen, Team Eins?« war Rollenberger zu hören.

»Wer ist das?« fragte Mora.

»Rollenberger, RM«, antwortete Bosch.

Sheehans Stimme meldete sich: »Der Film war vor zehn Minuten zu Ende. Die Zuschauer kamen heraus, er jedoch nicht. Ich bin rein, aber er ist verschwunden. Sein Auto steht noch hier, aber er ist weg.«

»Ich dachte, einer von euch war drinnen«, keuchte Rollenberger, auch ihm schien Panik die Kehle zuzuschnüren.

»Haben wir ja auch getan, aber wir haben ihn verloren«, sagte Sheehan.

»Lügner«, sagte Mora. Er schwieg lange, bevor er fortfuhr: »Jetzt werden sie wahrscheinlich alle Hotels nach mir abklappern, weil ich für sie der Killer bin.«

»Ja«, sagte Bosch, »aber sie wissen, daß ich hier bin, Ray. Ich sollte mich melden.«

Wie auf Stichwort ertönte Sheehans Stimme auf dem Rover.

»Team Sechs?«

»Das ist Sheehan, Ray. Ich bin Sechs.«

»Melde dich. Sei vorsichtig, Harry.«

Bosch zog langsam mit der rechten Hand das Funkgerät aus der Tasche und legte es an den Mund. Er drückte auf die Sendetaste.

»Eins, habt ihr ihn gefunden?«

»Negativ. Über alle Berge. Was gibt’s im Fernsehen?«

»Nichts. Es läuft heute abend nichts Interessantes.«

»Dann solltest du aus dem Haus gehen und uns helfen.«

»Schon auf dem Weg«, sagte Bosch schnell. »Wo seid ihr?«

»Bo … öh, Team Sechs, hier Team Leiter, Sie müssen rauskommen, wir brauchen Sie. Wir setzen die gesamte Fahndungsgruppe ein, um den Verdächtigen zu finden. Alle Kräfte treffen sich auf dem Parkplatz des Domes.«

»Bin in zehn Minuten da. Ende.«

Er senkte den Arm wieder.

»Eine ganze Fahndungsgruppe, was?« fragte Mora.

Bosch schaute auf den Boden und nickte.

»Hör zu, Ray, das war alles Code. Sie wissen, daß ich in deinem Haus bin. Wenn ich in zehn Minuten nicht am Dome bin, werden sie hierher kommen. Was willst du tun?«

»Ich weiß nicht … Aber ich denke, mir bleiben fünfzehn Minuten, das zu überlegen. Nicht wahr?«

»Klar, Ray. Laß dir Zeit, mach keinen Fehler.«

»Dafür ist es zu spät«, sagte er fast wehmütig. Dann setzte er hinzu: »Paß auf, nimm mal das Band aus der Maschine.«

Bosch ließ die Kassette herauskommen und hielt sie dann über die Schulter.

»Nein, nein, ich will, daß du das für mich tust, Harry. Öffne die untere Schublade und hol den Magneten raus.«

Das war der Hockeypuck in Wirklichkeit. Bosch legte die Kassette neben den Fernseher oben auf den Rollwagen und griff nach dem Magneten. Er fühlte, wie schwer er war, und fragte sich, ob er eine Chance hätte, wenn er sich umdrehen und damit nach Mora werfen würde, bevor dieser schießen konnte.

»Du wärst tot, bevor du es versuchen könntest«, sagte Mora, der seine Gedanken gelesen hatte. »Du weißt, was du tun sollst.«

Bosch fuhr mit dem Magneten über die Oberkante des Videobandes.

»Steck es rein, damit wir das Ergebnis sehen«, befahl ihm Mora.

»Okay, Ray. Was du willst.«

Bosch steckte die Kassette in den Videorecorder und drückte auf die Abspieltaste. Auf dem Bildschirm flimmerte Schnee, und Bosch wurde von dem grauen, matten Licht eingehüllt. Er drückte auf die Schnellspieltaste, und das Flimmern setzte sich fort. Das Band war gelöscht.

»Gut«, sagte Mora, »das sollte alles sein. Das war das letzte Band.«

»Keine Beweisstücke, Ray. Du bist aus allem raus.«

»Aber du wirst es wissen, Harry. Und du wirst es ihnen sagen, nicht wahr? Ich werde es nie hinter mich bringen. Also sag verdammt noch mal nicht, daß ich aus allem raus bin. Jeder wird es wissen.«

Bosch erwiderte nichts. Einen Moment später glaubte er den Fußboden knarren zu hören. Als Mora wieder sprach, stand er dicht hinter ihm.

»Ich geb dir mal einen Tip, Harry … Niemand auf dieser Welt ist, was er vorgibt zu sein. Niemand. Nicht, wenn er hinter verschlossener Tür in seinen eigenen vier Wänden ist. Und niemand kennt den anderen, ganz egal was die Leute denken … Man kann allenfalls hoffen, sich selbst zu kennen. Und manchmal, wenn man das tut und sein wahres Selbst sieht, muß man sich abwenden.«

Bosch hörte mehrere Sekunden nichts. Er schaute weiter auf den Bildschirm und glaubte im Schnee Schemen zu erkennen, die sich bildeten und wieder auflösten. Das graublaue Flimmern verursachte ein Brennen in seinen Augen und irgendwo in seinem Schädel entwickelten sich Kopfschmerzen. Er hoffte, er würde noch lange genug leben, um sie zu bekommen.

»Du warst immer ein guter Kumpel, Harry. Ich …«

Vom Flur her kam ein Geräusch, dann ein Ruf.

»Mora!«

Es war Sheehans Stimme. Gleich darauf war das Zimmer voll erleuchtet. Bosch konnte das Geräusch mehrerer Füße auf dem Holzfußboden hören, ein Schrei von Mora und dann das Krachen, wie dieser zu Boden ging, als sich jemand auf ihn warf. Bosch ließ die Sendetaste des Rovers los und warf sich zur Seite, außer Gefahr. In diesem Moment explodierte ein Schuß, der in dem Raum lauter zu hallen schien als alles, was er je gehört hatte.