12

Erst um vier Uhr in der Früh nahm Bosch seine Suche nach Porter wieder auf. Unterdessen hatte er zwei Becher Kaffee auf dem Revier getrunken. Mit dem dritten Becher in der Hand fuhr er jetzt wieder in seinem Caprice durch die Straßen.

Rickard hatte sich bereit erklärt, Kerwin Tyge Downtown einzuliefern. Der Junge hatte den Mund gehalten. Sein Panzer aus Rebellion, Polizistenhaß und falsch verstandenem Stolz war nicht zu knacken. Auf dem Revier war es für Rickard zur Herausforderung geworden, ihn kleinzukriegen. Bosch fand den Eifer, mit dem er die Drohungen und Fragen wiederholte, beängstigend und bat ihn schließlich, aufzuhören und den Jungen einzubuchten. Sie gingen beide kurz vor die Tür des Büros und verabredeten, sich um zwei Uhr nachmittags im Siebentausend zu treffen. Zehn Stunden würden dem Jungen einen Geschmack vom Bau geben – und Zeit, zu einer Entscheidung zu kommen.

Bosch klapperte jetzt die Bottle Clubs ab, die Lokale, in denen »Mitglieder« ihre eigene Flasche mitbrachten und fürs Gedeck bezahlten. Das Gedeck war natürlich Beutelschneiderei, und manche Clubs verlangten sogar Mitgliedsbeiträge. Aber manche Leute konnten einfach nicht zu Hause trinken, und andere hatten kein richtiges Zuhause.

An der Kreuzung von Sunset und Western hielt Bosch vor einer Ampel, als eine Gestalt rechts am Auto vorbeihuschte und sich dann über die Motorhaube warf. Instinktiv griff Bosch zum Gürtel und ließ fast seinen Kaffee fallen. Dann bemerkte er, daß der Mann mit einer Zeitung die Windschutzscheibe abwischte. Halb fünf Uhr morgens, und ein Obdachloser reinigte seine Scheibe – und zwar miserabel. Seine Bemühungen verschmutzten nur das Glas. Bosch zog einen Dollar aus der Tasche und reichte ihn dem Mann, der zur Fahrerseite kam.

»Das reicht schon, Kollege«, winkte er ab, und der Mann trottete schweigend davon.

Bosch fuhr weiter, suchte Bottle Clubs in Echo Park nahe der Polizeischule und dann in Chinatown ab. Von Porter war nichts zu sehen. Dann überquerte er den Hollywood Freeway und gelangte nach Downtown. Als er am Untersuchungsgefängnis vorbeikam, mußte er an den Jungen denken. Er würde auf Trakt sieben, der Drogenabteilung, sein. Dort waren die Insassen nicht ganz so brutal. Er würde es wohl überstehen.

In der Spring Street verließen blaue Lastwagen, vollgeladen mit den Nachrichten eines neuen Morgens, die Garage des Times-Gebäudes. Er versuchte sein Glück bei ein paar Bottle Clubs in der Umgebung des Parker Centers und bei einem auf Skid Row, der Endstation für Penner. Bald hatte er das Ende der Fahnenstange erreicht; es blieben kaum noch Clubs übrig.

Das letzte Lokal, an dem er hielt, war Poe’s. Es lag an zentraler Stelle an der Third Avenue, nicht weit von Skid Row, der Los Angeles Times, St. Vibiana’s und den Glastürmen des Bankenviertels. Hier wurden Alkoholiker en gros produziert. In den Morgenstunden, bevor Downtown wieder vom geschäftigen Treiben und der Gier nach Geld erfüllt wurde, lief das Geschäft glänzend.

Poe’s befand sich im Erdgeschoß eines Vorkriegsgebäudes aus Ziegeln, das die städtische Sanierungsgesellschaft CRA abreißen wollte. Es war nicht erdbebensicher, und die notwendigen Maßnahmen hätten mehr gekostet, als das Gebäude wert war. CRA hatte es gekauft und wollte an seiner Stelle Eigentumswohnungen bauen, um Downtown mehr zu beleben. Aber der Plan hing in der Schwebe. Eine andere städtische Abteilung, das Amt für Denkmalschutz, wollte das Poe-Gebäude, wie es inoffiziell hieß, erhalten und hatte gegen seinen Abriß geklagt. Das Ganze dauerte schon vier Jahre, und das Poe’s hatte immer noch geöffnet. Die vier Stockwerke darüber standen leer.

Der Club war ein schwarzes Loch mit einer langen, krummen Bar und ohne Tische. Poe’s war keine Bar, in der man mit Freunden in einer Nische saß. Man trank hier alleine. Hier soffen sich Selbstmordkandidaten aus den Chefetagen Mut an, hier saßen abgewrackte Cops, die die Einsamkeit in ihrem Leben nicht mehr aushielten, Schriftsteller, die nicht mehr schreiben konnten, und Priester, die sich nicht einmal ihre eigenen Sünden mehr vergeben konnten. Trinken war hier eine todernste Sache. Solange man Geld hatte, konnte man sitzen bleiben. Ein Hocker an der Bar kostete fünf und ein Glas mit Eis für die mitgebrachte Whiskeyflasche einen Dollar. Ein Sodagedeck kostete drei Dollar, aber die meisten tranken ihren Stoff pur. Das war billiger und effektiver. Angeblich war Poe’s nicht nach dem Schriftsteller benannt, sondern nach dem Lebensmotto der Gäste: Piss on Everything.

Obwohl es draußen ebenfalls dunkel gewesen war, kam ihm Poe’s wie eine finstere Höhle vor, in die man hinabstieg. Bosch erinnerte sich an das Gefühl der ersten Sekunden, nachdem man sich in einen Vietkong-Tunnel hatten fallen lassen. Er stand regungslos am Eingang, bis sich seine Augen auf das schwache Licht eingestellt hatten und er die rote Lederverkleidung der Theke erkennen konnte. Der Geruch war schlimmer als in Porters Wohnwagen. Der Barkeeper mit verknittertem Hemd und aufgeknöpfter Weste stand rechts vor den Flaschen, die auf einem Stück Isolierband mit den Namen der Eigentümer gekennzeichnet waren. Die Regalwand entlang lief ein dünner, roter Neonstrang und tauchte die Flaschen in ein unheimliches Licht.

Aus der Dunkelheit zu seiner linken Seite sprach ihn jemand an: »Verdammt, wassuchsen hier, Harry? Mich?« Er drehte sich um und ging hinüber. Porter saß am anderen Ende der Bar, so daß er jeden sehen konnte, der hereinkam. Vor ihm standen ein Whiskeyglas, ein halbgefülltes Wasserglas und eine Flasche Bourbon, die zu zwei Dritteln leer war. Auf der Theke lagen außerdem ein Zwanziger, drei Eindollarscheine und eine Packung Camel. Bosch fühlte, wie beim Näherkommen die Wut in ihm zu kochen begann. »Ja, ich suche dich.«

»Wassnlos?«

Bosch wußte, er mußte die Sache hinter sich Dringen, bevor Mitleid seinen Zorn besänftigen würde, und riß Porters Jackett an den Schultern nach unten, so daß er seine Arme nicht bewegen konnte. Porter fiel eine Zigarette aus der Hand. Von hinten zog ihm Harry die Pistole aus dem Schulterhalfter und legte sie auf die Theke.

»Warum bist du noch bewaffnet, Lou. Du hast doch den Dienst quittiert. Erinnerst du dich? Hast du vor irgendwas Angst?«

»Harry, was ist los? Warum tust du das?«

Der Barkeeper kam auf sie zu, um Porter beizustehen, aber Bosch stoppte ihn mit einem bösen Blick und hob die Hand wie ein Verkehrspolizist: »Keine Aufregung, das ist eine Privatangelegenheit.«

»Verdammt richtig. Hier ist ein Privatclub, und du bist kein Mitglied.«

»Ist okay, Tommy«, warf Porter ein. »Ich kenne ihn, ich erledige das schon.«

Ein paar Männer, die in Porters Nähe gesessen hatten, nahmen ihre Drinks und setzten sich weiter vorne hin. Einige Säufer saßen schon dort und gafften. Aber niemand ging. Sie hatten noch Fusel in ihren Flaschen, und es war noch nicht sechs. Sie konnten nirgendwo anders hin. Die Bars machten erst um sieben auf, und bis dahin war es noch eine Ewigkeit. Sie blieben hocken. Wenn es sein mußte, schauten sie halt zu, wie jemand umgebracht wurde.

»Harry, hör mal«, bat Porter. »Reg dich ab. Reden wir darüber.«

»O ja. Warum haben wir nicht geredet, als ich dich angerufen habe. Und Moore? Hattest du mit ihm ein Wörtchen zu reden?«

»Harry, versteh …«

Bosch riß ihn vom Barhocker und schleuderte ihn am Arm gegen die holzgetäfelte Wand. Es war leichter, als er gedacht hatte, und Porter krachte voll gegen die Holzverkleidung. Seine Nase machte ein Geräusch wie eine Eiswaffel, die auf die Straße fällt. Mit seinem Rücken drückte Harry ihn an die Wand.

»Hör auf mit deinem ›Versteh doch, Harry‹, Porter. Ich habe dich verteidigt, weil ich dachte, du … du verdienst es. Jetzt weiß ich, daß ich mich geirrt habe. Du hast dich wegen Juan Doe verpißt. Und ich will wissen, warum. Was wird hier gespielt?«

Die Wand und sein eigenes Blut erstickten fast Porters Stimme. »Harry, Scheiße! Ich glaub’, du hast mir die Nase gebrochen. Ich blute.«

»Mach dir keine Sorgen deswegen. Was ist mit Moore? Ich weiß, daß er die Leiche gemeldet hat.«

Porter grunzte irgend etwas durch die blutende Nase, aber Bosch preßte ihn noch fester gegen die Wand. Er stank nach Schweiß, Alkohol und Zigaretten, und Bosch fragte sich, wie lange er hier gesessen und den Eingang beobachtet hatte.

»Ich ruf jetzt die Polizei«, rief der Barkeeper. Er hielt den Hörer hoch, damit Bosch begriff, daß es ernst gemeint war. Natürlich war es nicht ernst gemeint. Der Barkeeper wußte, die Bar würde sich dann in Windeseile leeren, so daß er niemanden mehr beim Wechselgeld bescheißen konnte und auch kein Trinkgeld in seinem Glas landen würde.

Während er mit seinem Körper Porter gegen die Wand drückte, holte Bosch seine Dienstmarke hervor und zeigte sie ihm. »Polizei. Kümmer dich um deinen eigenen Scheißkram.«

Der Barkeeper schüttelte den Kopf, als ob er sich darüber wunderte, was aus diesem feinen Etablissement geworden sei, und stellte das Telefon wieder neben die Kasse. Auf die Bekanntmachung hin, daß Bosch Polizist war, kippte die Hälfte der Gäste ihre Drinks hinunter und verabschiedete sich. Wahrscheinlich standen alle hier auf der Fahndungsliste, dachte Bosch.

Porter murmelte etwas, und Bosch dachte, daß er wieder beginnen würde zu heulen, wie Donnerstag morgens am Telefon.

»Harry, ich … Ich dachte nicht, ich habe …«

Bosch ließ sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen Porter fallen und hörte, wie dessen Stirn gegen die Wand schlug.

»Verscheißer mich nicht wieder, Porter. Du hast deine eigene Haut gerettet. So war’s doch. Und …«

»Mir wird schlecht, Harry.«

»… und jetzt bin ich der einzige, dem du am Herzen liegst. Ob du’s glaubst oder nicht, du Arschloch. Sag mir, was du getan hast, und wir sind quitt. Niemand erfährt was davon. Man pensioniert dich wegen Streßsyndrom, und ich sehe deine Visage nie mehr.«

Bosch hörte, wie er angestrengt atmete, fast so, als könnte er Porters Gedanken vernehmen.

»Bist du dir sicher, Harry?«

»Du hast keine Wahl. Wenn du nicht anfängst zu reden, hast du am Ende weder einen Job noch eine Pension.«

»He, hm … Ich hab bloß … Auf meinem Hemd ist Blut …« Bosch drückte ihn fester gegen die Wand.

»Okay, okay. Ich sag’s dir … ich habe ihm nur einen Gefallen getan, das war alles. Am Ende war er dann kälter als ein alter Furz. Als ich das hörte … ich konnte nicht mehr weitermachen. Verstehst du? Ich wußte nicht, was da abgelaufen war. Ich mein … Jemand könnte hinter mir her sein. Ich hab’ Schiß, Harry. Ich bin von einer Bar zu anderen, seit ich mit dir gestern gesprochen habe. Ich stinke wie ein Stück Scheiße, und jetzt das ganze Blut. Ich brauche eine Serviette. Ich glaub’, die sind hinter mir her.«

Bosch stellte sich wieder aufrecht hin, drückte ihm aber mit einer Hand in den Rücken, damit er sich nicht davonmachen konnte. Er griff nach hinten auf die Theke und nahm einen Stapel Servietten, die neben der Schale mit den Streichhölzern lagen. Er reichte sie Porter, der seine Hand aus der Jacke befreite und den Kopf zur Seite drehte, um die Servietten auf die anschwellende Nase zu pressen. Auf seinem Gesicht waren Tränen zu sehen, und Harry blickte weg.

Die Eingangstür öffnete sich, und das bleiche Licht des Morgengrauens strömte in die Bar. An der Schwelle stand ein Mann und gewöhnte sich erst einmal an die Dunkelheit, wie es Bosch vorhin getan hatte. Er hatte dunkle Haut und pechschwarzes Haar. Drei tätowierte Tränen liefen ihm unter dem linken Auge die Wange herunter. Es war ihm anzusehen, daß er kein Banker oder Anwalt war, der einen doppelten Scotch zum Frühstück brauchte. Er war ein Profi. Vielleicht hatte er die Nacht über Geld für die Mexikaner oder Italiener eingetrieben und brauchte jetzt einen Drink zur Entspannung. Sein Blick fiel auf Bosch und Porter, dann auf Porters Waffe, die immer noch auf der Theke lag. In aller Ruhe checkte er die Situation und ging dann ohne ein Wort rückwärts zur Tür hinaus.

»Verdammte Scheiße«, schrie der Barkeeper. »Würdet ihr euch gefälligst verpissen, ich verlier’ meine Kundschaft. Raus! Beide!«

An der Wand hing ein Pfeil, auf dem »Toilette« stand und der nach links auf einen dunklen Flur deutete. Er stieß Porter in diese Richtung. Um eine Ecke herum befand sich das Männerklo, das noch schlechter als Porter roch. Ein Schrubber stand in einem Eimer grauen Wassers in der Ecke, aber die zersprungenen Fliesen waren dreckiger als das Putzwasser. Er schob Porter zum Waschbecken.

»Mach dich sauber«, sagte Bosch. »Was für ein Gefallen? Was hast du für Moore getan? Raus mit der Sprache!«

Porter betrachtete sein trübes Bild auf einer rostfreien Stahlplatte, die die Geschäftsführung wohl angebracht hatte, als sie es leid geworden war, zerbrochene Spiegel zu ersetzen.

»Es hört nicht auf zu bluten, Harry. Sie ist bestimmt gebrochen.«

»Vergiß mal deine Nase. Erzähl mir, was du getan hast.«

»Ich … Hm. Er hat mir nur gesagt, daß er ein paar Leute kennt, die es zu schätzen wüßten, wenn der Tote hinter dem Restaurant eine Weile nicht identifiziert werden würde. Zieh es einfach in die Länge, ein, zwei Wochen, hat er gesagt. Ich könnte die Fingerabdrücke mit den Computerdaten vergleichen. Er wußte, daß sie nicht gespeichert waren. Ich sollte mir nur Zeit lassen, und diese Leute, von denen er sprach, würden sich erkenntlich zeigen. Ich würde ein Weihnachtsgeschenk bekommen. Also habe ich letzte Woche nur pro forma ermittelt. Allerdings hätte ich sowieso nichts herausbekommen. Du hast die Akte gesehen. Kein Ausweis, keine Zeugen, kein nichts. Der Typ war schon sechs Stunden tot, als er dort abgeladen wurde.«

»Was ist Weihnachten passiert? Weshalb hast du dir in die Hose gemacht?«

Porter schnaubte sich die Nase in einen Strauß Papierhandtücher. Tränen stiegen ihm wieder in die Augen.

»Ja, sie ist gebrochen. Es kommt keine Luft durch. Ich muß ins Krankenhaus, sie richten lassen. Also … nichts passierte Weihnachten. Das war’s ja. Moore war seit einer Woche vermißt, und ich wurde ziemlich nervös. Er kam Weihnachten nicht, niemand kam. Als ich dann vom Lucky-Supermarkt nach Hause kam, sagte meine Nachbarin vom Wohnwagen nebenan, wie leid ihr es tue wegen des toten Cops, den sie gefunden haben. Ich habe mich bedankt und dann drinnen das Radio angestellt. Als ich gehört habe, daß es Moore ist, bin ich in Panik geraten, Harry.«

Porter weichte einige Papiertücher ein und begann damit sein blutbeflecktes Hemd abzureiben. Er machte einen erbärmlichen Eindruck. Sein Schulterhalfter war leer, und Bosch fiel ein, daß seine Waffe noch auf der Theke lag. Aber er wollte deswegen nicht zurückgehen, solange Porter redete.

»Mann, ich wußte, daß Moore nicht Selbstmord begangen hatte. Ganz egal, was die im Parker Center erzählen. Ich weiß, daß er sich nicht umgebracht hat. Er war in irgendwas verstrickt. Und ich habe die Hose gestrichen voll. Also habe ich die Gewerkschaft angerufen und mir einen Anwalt genommen. Ich putz’ die Platte, Harry. Ich bring’ mich wieder auf Vordermann und geh’ nach Vegas. Vielleicht arbeite ich als Sicherheitskraft für ein Casino. Millie ist dort mit meinem Jungen, und ich möchte in der Nähe sein.«

Wunderbar, dachte Bosch, und dich immer nach hinten umschauen. »Du blutest wieder. Wasch dir das Gesicht. Ich hol’ Kaffee und bring dich dann hier raus.«

Bosch ging zur Tür, aber Porter stoppte ihn.

»Harry, wirst du mir aus dieser Situation raushelfen?« Bosch betrachtete eine Weile sein ramponiertes Gesicht, bevor er einwilligte: »Ja … ich werde tun, was ich kann.«

Er ging zurück zur Bar und winkte den Barkeeper heran, der am anderen Ende eine Zigarette rauchte und es nicht eilig hatte. Er war etwa fünfzig, seine Unterarme waren bedeckt von verblichenen Tätowierungen, die wie Venen aussahen. Bosch legte einen Zehndollarschein auf die Bar.

»Zwei Kaffee zum Mitnehmen. Schwarz. Einer mit viel Zucker.«

»Wird auch Zeit, daß ihr verschwindet.« Der Barkeeper deutete auf den Geldschein. »Ich werde die Servietten berechnen. Die liegen nicht da für Bullen, die Leute zusammenschlagen. Das stimmt dann so. Laß den Schein da liegen.«

Der Kaffee, den er in zwei Styroporbecher goß, sah aus, als stünde er seit Weihnachten auf der Wärmeplatte. Bosch ging zu Porters Stuhl, holte die Smith-Achtunddreißig sowie die dreiundzwanzig Dollar und begab sich wieder zurück zu seinem Zehndollarschein auf der Bar. Dann steckte er sich eine Zigarette an.

Der Barkeeper bemerkte nicht, daß Bosch, ohne sich zu beschweren, zuschaute, wie er ekelhaft viel Zucker in beide Becher schüttete. Nachdem er sie mit Plastikdeckeln verschlossen hatte, brachte er sie und deutete – mit einem Lächeln, das jede Frau auf der Stelle frigide gemacht hätte – auf einen: »Das ist der ohne – he, was soll der Scheiß?«

Der Zehner, den Bosch auf die Theke gelegt hatte, hatte sich in einen Eindollarschein verwandelt. Bosch blies ihm Rauch ins Gesicht und nahm die Kaffeebecher.

»Das ist für den Kaffee. Die Servietten kannst du dir in den Arsch schieben.«

»Verpiß dich hier bloß«, zischte der Barkeeper und ging wieder zum anderen Ende der Bar, wo einige Gäste ihre Gläser ungeduldig hochhielten. Sie brauchten neues Eis, um ihren Treibstoff zu kühlen.

Mit seinem Fuß stieß Bosch die Toilettentür auf; Porter war nicht zu sehen. Er öffnete die Tür der einzigen Kabine, Porter war jedoch auch dort nicht. Bosch eilte hinüber zum Frauenklo. Keine Spur von Porter. Auf dem Flur ging er um eine weitere Ecke und entdeckte eine Tür, an der »Ausgang« stand. Auf dem Boden waren Blutspritzer zu sehen. Er fragte sich, ob er Porter durch Anrufe bei Krankenhäusern aufspüren könnte, und fluchte, daß er mit dem Barkeeper so viel Zeit verplempert hatte. Mit der Hüfte drückte er gegen die Tür. Sie öffnete sich nur einen Spalt; etwas befand sich davor.

Zuerst stellte er die Becher auf den Boden, dann drückte er mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür, die sich jetzt langsam öffnete. Er zwängte sich durch die Öffnung und sah einen Müllcontainer, der von der anderen Seite gegen die Tür geschoben worden war. Er stand in der Gasse hinter Poe’s, geblendet von der Morgensonne, die im Osten aufging.

Ein abgewrackter Toyota, dem Räder, Motorhaube und eine Tür fehlten, und weitere Container waren in dem Hintergäßchen abgestellt. Papier und Abfälle wirbelten im Wind herum. Porter war weit und breit nicht zu sehen.