8. Kapitel
Mit Websters erstaunlichem neuem Angebot ist es leichter, gefühlsmäßig auf Distanz zu gehen, sagte Tonya sich. In den nächsten zwei Tagen gelang ihr das auch. Webster hatte keine Romanze im Sinn, er wollte, dass sie den Vertrag unterzeichnete. Schließlich war er nur deshalb hier. Und der Kuss war ein bedeutungsloser Zwischenfall, geboren aus der Hitze des Augenblicks. Eine reine Unbesonnenheit.
Die finanzielle Sicherheit lockte natürlich, das gestand Tonya sich ein. Sie hockte hinter einem Wall aus Steinen und Fichtenzweigen an der Stelle, wo sie Damien zuletzt gesehen hatte, und hoffte, er würde sich wieder zeigen. Ja, das Gehalt war verlockend. Aber weil Websters Nähe noch mehr lockte, blieb sie standhaft.
"Du musst nicht hier bleiben", flüsterte sie, als Webster sich nervös bewegte. "Ich bin an das Warten gewöhnt, du nicht."
"Willst du mich loswerden, Griffin?" gab er leise zurück und grinste.
Seit einer Stunde hatte Tonya versucht, ihn abzuschütteln, doch er war beharrlich.
Die Beengtheit machte sie nervös. Sie konnte keinen Fuß rühren, ohne an Websters Knie zu stoßen, konnte sich nicht vorbeugen, ohne seine Schulter zu streifen. Und wenn sie den Kopf umdrehte, würde sie seine Nase berühren.
Immerhin brauchte sie nicht sein teures Rasierwasser einzuatmen, das so sinnlich-männlich roch. Sie hatte ihm unmissverständlich klargemacht, dass man auf einer Fotosafari in der Wildnis keine starken Düfte verströmen durfte.
"Das schreckt die Bären ab", hatte sie erklärt, obwohl – wenn sie ehrlich war – die Wirkung auf sie viel stärker war.
"Ich begreife es einfach nicht", murmelte er.
Die Sonnenstrahlen, die durch die Zweige fielen, malten tanzende Muster aus Licht und Schatten auf sein Gesicht. Tonya hätte ihn stundenlang ansehen können. Ihr Herz schlug schneller, und sie musste tief Luft holen, um sich zu beruhigen. "Was begreifst du nicht?"
"Wie man hier draußen leben kann. Sagtest du nicht, Charlie lebt schon seit vierzig Jahren hier?"
"Eher sechzig."
"Wie hält er es in dieser Einsamkeit aus? In dieser Stille? Allerdings erkenne ich inzwischen den Reiz der Landschaft. Es ist schön hier. Die Luft ist so rein, aber …" Webster schüttelte den Kopf. "Es ist so abgelegen. Wieso fühlt er sich nicht einsam?"
"Du solltest ihn kennen lernen", erwiderte sie. "Dann würdest du es verstehen. Charlie ist äußerst genügsam. Er erinnert mich an meinen Großvater mütterlicherseits. Er ist verantwortungsbewusst, voller Selbstvertrauen, ausgeglichen. Und er ist ja nicht völlig verlassen, es gibt Nachbarn. Er hat auch Verwandte, sie besuchen sich hin und wieder gegenseitig."
"Aber er ist an die Bären gebunden."
"Er liebt seine Bären, er empfindet sie nicht als Verpflichtung. Er betrachtet sie als seine Familie und genießt ihre Gesellschaft. Er braucht keine Ablenkungen und ist sehr anspruchslos."
"Ja, offenbar hat er keine weiteren Bedürfnisse außer genügend Essen."
"Und einem sicheren Hafen." Tonya schaute sich suchend um. Die Sonne ging unter und tauchte die Bäume und Felsen in ein fast unwirkliches weiches, warmes Licht. "Damien scheint nicht zu kommen. Wir sollten zur Hütte zurückgehen."
Sie packte ihre Fotoausrüstung ein und sah nun, dass Webster aufgestanden war und ihr seine Hand hinstreckte.
Es wäre albern gewesen, seine Hand zu ignorieren.
"Danke." Rasch ließ sie seine Hand wieder los, dennoch hatte die Berührung seiner warmen, festen Finger sie aus dem Gleichgewicht gebracht. "Den kann ich nehmen", sagte sie, als er nach ihrem schweren Rucksack griff.
"Es war abgemacht, dass ich den Packesel spiele", widersprach Webster lächelnd und schulterte den Rucksack. "Aber bevor ich abreise, schlage ich dich noch beim Gin Rummy, das schwöre ich dir."
"Da solltest du dich besser beeilen." Sie marschierte los. "Ich habe das Gefühl, dass die Straße in ein, zwei Tagen wieder frei ist."
Es wird auch langsam Zeit, sagte Tonya sich, während sie sich ihren Weg durch das Dickicht bahnten. Webster Tyler brachte ihr zu sehr zu Bewusstsein, was in ihrem Leben fehlte. Er war so anziehend, dass keine Frau ihm widerstehen konnte. Auch sie würde seinem Charme erliegen, sollte er beschließen, ihn einzusetzen.
Das würde er zweifellos tun, falls er der Meinung wäre, damit würde er sie zur Unterzeichnung des Vertrages bringen.
Webster saß auf dem Treppenabsatz vor der Hütte. Er hielt einen Becher mit lauwarmem Kaffee in der Hand und betrachtete den Abendhimmel. In Nord-Minnesota waren die Tage im September bereits ziemlich kurz, es dämmerte rasch und wurde schnell kühl. In der vergangenen Viertelstunde hatte sich am westlichen Himmel ein prachtvolles Farbenspiel von leuchtendem Apricot über Rotgold und Lavendel bis hin zu schimmerndem Perlgrau gezeigt.
Als sich schließlich die Tür hinter ihm öffnete und Tonya heraustrat, wurde es bereits dunkel.
Über den Baumwipfeln zeigte sich der Abendstern. Der abnehmende Mond schwamm auf fedrigen grauen Wolken und verströmte sein sanftes, zum Träumen einladendes Licht.
"Es ist so lange her, seit ich etwas anderes als den Himmel über der Großstadt gesehen habe. Ich hatte fast vergessen, wie schön ein Sonnenuntergang ist", sagte Webster und drehte sich zu Tonya um.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schaute zum Himmel auf. "Das ist einer der Vorzüge meines Jobs."
"Ich erkenne das Zirpen der Grillen, aber was ist das, was man noch alles hört?"
Sie zögerte einen Moment. "Ich nenne es einfach Lieder der Nacht", sagte sie leise. "Denn es sind so viele Stimmen."
"Lieder der Nacht", wiederholte Webster nachdenklich. "Das klingt hübsch."
Er stand auf und stellte seinen Becher auf das Geländer der Veranda. Tonya wirkte so jung, und sie war so schön. Vor zwei Tagen hatte er seine Flirtspielchen aufgegeben, denn er wusste, es würde ihn in große Schwierigkeiten bringen. Folglich hatte er sich um professionelle Distanz bemüht, und Tonya hatte sich ebenso verhalten. Die Tatsache, dass es ihnen schwer fiel, war ihm deutlich bewusst – ebenso wie ihr.
Er sah, dass sie zitterte, und das nicht vor Kälte, sondern wegen der erotischen Spannung zwischen ihnen. In den letzten Tagen hatte es immer wieder klare Anzeichen dafür gegeben. Das Abwenden des Blicks, um sich nicht zu verraten. Das Zurückzucken bei zufälligen Berührungen. Lachen, das zu rasch kam und gezwungen klang und das Begehren überdecken sollte, das ständig unter der Oberfläche brodelte.
Sie hatten beide versucht, einander zu meiden.
Doch er hatte es satt, seine Bedürfnisse zu verleugnen. Er war es leid, Tonya aus dem Weg zu gehen. Er wollte nicht länger um seine wahren Wünsche herumtanzen. Für diese Nacht hatte er einen anderen Tanz im Sinn.
Ohne auf Tonyas erschrockenen Blick zu achten, nahm er sie bei der Hand und ging mit ihr die Stufen hinrunter.
"Da die Nacht eine so schöne Musik spielt, sollten wir sie auch nutzen." Unten angekommen, trat er vor sie hin. "Darf ich bitten?"
Sie wollte ihn abweisen, das sah er ihr an. Doch er las auch Verlangen in ihrem Blick, und das war die Antwort, die er brauchte.
Bevor sie sich anders besann, nahm er sie in die Arme und begann, sich zu dem langsamen, wiegenden Rhythmus zu bewegen, der in seinem Kopf erklang. Tonya schien ihn ebenfalls zu hören, denn sie ließ sich bereitwillig von ihm führen und tanzte mit ihm, als hätten sie die Schritte seit Jahren zusammen geübt.
Minuten vergingen, während sie die gegenseitige Nähe spürten, die elektrische Spannung zwischen ihnen.
"Was machen wir hier eigentlich?" fragte sie nach einer Weile beunruhigt.
"Wir tanzen, Tonya. Mehr nicht. Vorerst."
Die Dunkelheit umschloss sie wie eine Hülle. Er zog Tonya fester an sich.
"Seltsam", sagte er leise und nahm ihre Hände, um sie um seinen Nacken zu legen. "Mein Leben lang habe ich mich auf klare, kalkulierbare Daten verlassen. Doch schon nach ein paar Tagen hier in dieser Einsamkeit ertappe ich mich dabei, wie ich mich mehr und mehr von meinen Gefühlen leiten lasse." Er schlang die Arme um ihre Taille und drückte Tonya fest an sich. Dann glitten seine Hände zu ihren schlanken Hüften.
"Vielleicht liegt es an der guten Luft?" erwiderte sie ebenso leise.
Er lachte und schmiegte die Wange an ihr seidiges Haar. "Das wäre eine Möglichkeit."
Aber eine unwahrscheinliche. Es war merkwürdig. Seit er auf Tonya gestoßen war, fühlte er sich so lebendig und jung wie schon lange nicht mehr. Er agierte nicht mehr wie ein Besessener in der Sixth Avenue, wo das Streben nach Geld und Macht ihn zu Höchstleistungen anspornte, und dennoch war er rundum zufrieden. Er bezweifelte sehr, dass dies nur der gesunden Landluft zuzuschreiben war.
"Ich glaube eher, es liegt an etwas anderem."
"So?"
Tonya war ganz anders, als er es sich vorgestellt hatte. Sie war witzig und intelligent und, obwohl sie es ständig zu verbergen suchte, schön. Er hatte sich alle Mühe gegeben, in ihr nichts als eine unscheinbare Frau in langweiliger Outdoor-Kluft zu sehen. Doch in Wahrheit hatte sie alle möglichen anziehenden Eigenschaften: Unabhängigkeit, Lebenslust, eine rührende Naivität – nein, er mochte sie. Sehr sogar.
Sie war faszinierend, sexy, klug und hilfsbereit und aufrichtig. Und sie hatte offenbar keine Ahnung, wie attraktiv sie war. Zudem war sie eine außerordentlich begabte Fotografin. Ihre Bilder von den Bären waren aufregend, packend und präzis, und sie enthüllten eine Menge von Tonyas Sensibilität.
Ja, er empfand viel mehr für sie als rein körperliches Verlangen.
Doch darüber wollte er jetzt nicht nachdenken. Er wollte nicht analysieren, den Zauber des Augenblicks nicht mit nüchternen Gedanken zerstören.
Ihre Haut schimmerte hell im Mondlicht. Er gab den Kampf auf und umfasste sanft Tonyas Kinn. "Du weißt, dass ich dich jetzt küssen werde, nicht wahr? Du weißt, dass ich das jetzt brauche."
Sein Puls raste fast schmerzhaft, als sie den Kopf in den Nacken legte und ihm in die Augen sah. Begehren lag in ihrem Blick und brachte sein Blut zum Kochen.
In diesem Moment war er verloren.
Es war, als ob in ihm Dämme brachen und eine Flut von Verlangen seine Vernunft überschwemmte. Er zog Tonya an sich und küsste sie leidenschaftlich.
"Wenn du es nicht willst, dann sag stop", flüsterte er dicht an ihren Lippen, während er Tonya streichelte. "Sonst kann ich nicht mehr aufhören."
"Stop", flüsterte sie, meinte aber das Gegenteil und drängte sich herausfordernd an ihn.
Webster stöhnte auf und berührte ihr Haar. Es fühlte sich noch viel weicher an, als er es sich vorgestellt hatte, und es duftete wunderbar. Vorsichtig löste er ihre Zopfspange und durchkämmte ihr Haar, bis es ihm locker durch die Finger glitt. Tonya seufzte leise und drängte sich noch dichter an ihn. Er strich über ihren süßen, straffen Po, dann hob er sie hoch, so dass sie die Beine um seine Taille schlingen konnte.
"Soll ich wirklich aufhören?" flüsterte er, während er ihren Hals mit Küssen bedeckte, bis er wieder bei ihrem Mund ankam.
"Nein", hauchte Tonya. "Mach weiter."
Er führte sie die Stufen empor und in die Hütte, wobei er sie wieder und wieder küsste. Nachdem er die Tür mit dem Fuß zugeschoben hatte, steuerte er auf das Bett zu.
"Bist du dir ganz sicher?" fragte er. Irgendwie konnte er es immer noch nicht glauben, dass er seinem Ziel so nah war.
"Ich bin sicher, dass du aufhören sollst zu reden." Tonya stieß einen kehligen Laut aus, krallte die Hände in sein Haar und zog seinen Kopf zu sich herunter. "Sei einfach still."
Das brauchte sie ihm nicht zwei Mal zu sagen. Ihre Hände, ihre Lippen waren ohnehin beredt genug. Und ihr übriger Körper ebenso.
Als sie mit den Knien ans Bett stieß und auf die Steppdecke sank, ließ Webster sich auf sie fallen, verlagerte jedoch sein Gewicht auf die Ellbogen, um Tonya mehr Bewegungsfreiheit zu geben. Die alte Matratze gab nach, die Sprungfedern quietschten, und er schob sich zwischen Tonyas Schenkel.
"Das ist Wahnsinn", murmelte er und schmiegte das Gesicht in ihre Halsbeuge. Ihr Haar kitzelte seine Wange.
"Du redest schon wieder." Ungeduldig zerrte sie sein Hemd aus dem Hosenbund. "Ich finde, du könntest etwas Besseres mit deinem Mund anstellen."
Webster rollte sich auf den Rücken und hielt Tonya dabei fest an sich gedrückt. Dann half er ihr, sein Hemd aufzuknöpfen. "Jetzt bist du dran", sagte er, nachdem er sein Hemd abgestreift hatte.
Rittlings auf ihm sitzend, das Gesicht von ihrem Haar umgeben wie von einer glänzenden goldenen Wolke, die Wangen gerötet, die Lippen geschwollen von seinen Küssen, bot Tonya einen betörenden Anblick.
Sofort zog sie sich den Pulli über den Kopf. Hitze durchzuckte Websters Lenden. Die ganze Zeit hatte er sich gefragt, welche Farbe ihre Dessous haben mochten. Jetzt wusste er es.
Kein Pink heute. Auch kein Weiß. Ihr BH war schwarz, ein winziges Etwas aus so feinem Material, dass es fast durchsichtig war. Ihre Brustknospen zeichneten sich deutlich unter dem zarten Gewebe ab, und sie waren nur Zentimeter von seinen Lippen entfernt.
"Süße Tonya", flüsterte er. Er konnte nicht länger an sich halten, hob den Kopf und nahm eine Brustspitze in den Mund.
Tonya gab einen erstickten Laut von sich und drängte sich ihm entgegen, bot ihm voller Verlangen ihre Brust. Er öffnete den Mund weit, strich mit den Zähnen über den dünnen Stoff, bevor er ihre Knospe mit den Lippen umschloss.
Tonya stöhnte leise auf. Langsam wich er zurück, ließ ihre Knospe jedoch nicht los. Mit einer kleinen Bewegung seines Kopfes forderte er sie wortlos auf, ihm die andere Brust zu bieten.
Sie tat es, hob sich auf die Knie und presste sich an ihn, so dass er ihre Brustspitze ganz in den Mund nehmen konnte. Es turnte sie an, das spürte er. Ihm gefiel es auch. Diese Wärme, die in seidige Spitze gehüllte weiche Fülle, diese pure Weiblichkeit – er genoss das alles unsagbar.
Tonya schrie auf, als er sanft zubiss. Dann griff sie nach hinten und hakte den BH auf. Webster packte das Körbchen mit den Zähnen und zog es beiseite, um ihre nackte Brustspitze an der Zunge spüren. Er wollte sie Haut auf Haut fühlen, überall, wollte, dass Tonya willig und entgegenkommend in seinen Armen lag.
Er beugte sich vor, setzte sich ganz gerade hin und drückte gegen ihre Schulterblätter, um sie näher zu sich heranzuziehen. Ihr Haar fiel ihm über das Gesicht, strich federleicht über seinen Handrücken. Ihre Haut war weich und glatt wie Samt, ein erotischer Gegensatz zu dem harten, fordernden Griff ihrer Hände an seinen Schultern.
Ihr Verlangen beflügelte ihn und erhitzte sein Blut. Er drehte sie auf den Rücken und kniete über ihr, so dass ihre Hüften zwischen seinen Schenkeln lagen, und betrachtete sie ausgiebig. Ihr Haar umhüllte sie wie ein heller Schleier, ihre Brüste glänzen feucht von seinen Küssen. Und mit ihren kleinen Händen griff sie nach seinem Gürtel.
Seit wann war Tonya so schön? Wann hatte sie sich in diese sinnliche, unglaublich verführerische Frau verwandelt? Und an welchem Punkt hatte er den Verstand verloren, so dass er nur noch sie begehrte?
Er wusste es nicht. Wollte es gar nicht wissen, denn sie knöpfte bereits mit ihren schmalen Fingern seinen Hosenbund auf und zog langsam den Reißverschluss herunter.
Webster stöhnte auf, als sie ihn durch die Boxershorts hindurch berührte. Er musste ihre Hand festhalten, als sie ihn umfasste.
"Du ahnst ja nicht", flüsterte Webster und gab ihr einen zärtlichen Kuss, "wie sehr es mir widerstrebt, aber ich muss hier kurz unterbrechen." Er stand auf und suchte nach seinem Reisenecessaire.
Zwar war er kein Pfadfinder, doch er hielt viel von dem Grundsatz "allzeit bereit". In diesem Moment war er froh darüber, dass er nie ohne Kondome unterwegs war.
Als er zum Bett zurückkehrte, war Tonya dabei, ihre Jeans auszuziehen.
"Nicht doch." Er kniete sich neben sie auf die Matratze. "Das ist meine Aufgabe."
Sie lächelte verschämt, zögerte kurz, gehorchte dann jedoch seinem Wunsch in einer Weise, die ihn mitten ins Herz traf. Sie legte die Hände mit nach außen gekehrten Handflächen neben ihren Kopf und hob die Hüften leicht an.
Er legte die Kondompackung neben ihre Hand, betrachtete ihren Körper und begann, langsam seine Jeans und die Boxershorts abzustreifen.
Dann griff er nach der Lasche am Reißverschluss ihrer Hose.
Websters Küsse, dachte Tonya, während sie das Bild des nackten Mannes über sich aufnahm, sind berauschend wie Wein. Und sie, die an Wasser gewöhnt war, wurde von einigen wenigen Schlucken bereits betrunken. Die Versuchung war zu groß, um ihr zu widerstehen. Das hatte sie schon vor zwölf Jahren festgestellt, und sie hatte es wieder gespürt, als er sie am See geküsst hatte.
Sie hatte es gewusst, als sie zur Hütte zurückkehrte und ihn am Tisch sitzen sah, obwohl sie sich den ganzen Nachmittag lang eingeredet hatte, dass sie nichts von ihm wollte.
Doch im tiefsten Innern hatte sie geahnt, dass sie sich etwas vormachte. Und nun, als er mit seinen starken Händen langsam ihren Reißverschluss herunterzog, die Lippen auf ihre heiße Haut drückte, mit der Zunge ihren Nabel umspielte und weiter nach unten glitt, wollte sie sich nicht mehr belügen.
Sie wollte alles von ihm. Wollte endlich all die Fantasien ausleben, die sie jahrelang gehegt hatte. Sie wollte die Empfindungen auskosten, die seine Liebkosungen in ihr auslösten, wollte all die Lust erleben, die er ihr gab. Es war so lange her, dass sie sich so etwas gegönnt hatte. Sie hatte ein Recht darauf. Nur dieses eine Mal wollte sie ihre Sehnsüchte ausleben. Es war beiderseitiges Begehren, und für diese Nacht genügte es ihr.
Sie hob die Hüften an, damit er ihr die Jeans herunterziehen konnte. Bereitwillig spreizte sie die Schenkel, als er den Kopf senkte und sie seinen heißen Atem auf ihrem winzigen schwarzen Spitzenslip fühlte.
Bei einem anderen Mann wäre es ihr peinlich gewesen, sich ihm auf diese Weise darzubieten, und sie hätte es ihm verweigert. Doch bei Webster konnte sie es genießen. Sie kannte ihn aus unzähligen Träumen und Fantasien. Ihm vertraute sie, bei ihm fühlte sie sich geborgen. Mit ihm konnte sie die Erfahrungen machen, nach denen sie sich schon lange gesehnt hatte.
Er küsste sie durch den Slip hindurch und reizte sie zu höchster Lust, zeigte ihr durch sein Aufstöhnen, wie sehr er ihre Hitze, ihre Sinnlichkeit mochte. Als er ihr endlich ihren Slip abstreifte und mit seinen breiten Schultern zwischen ihre Schenkel glitt, war sie kurz vor dem Höhepunkt.
Nur ein paar Mal brauchte er ihren empfindsamsten Punkt mit der Zunge zu umschmeicheln, schon kam Tonya zum Höhepunkt. Es war ihr fast ein bisschen unbehaglich, dass es so schnell geschehen war.
"Webster …", flüsterte sie, noch ganz außer Atem von ihrem erotischen Höhenflug, und versuchte, ihn wegzuschieben.
Doch er ließ sich nicht abwehren. Er schob ihre Hände beiseite, packte sie um den Po und setzte sein süßes Spiel fort.
Es war ein berauschendes Gefühl, so zärtlich liebkost zu werden, und Tonya konnte nicht anders, als sich fallen zu lassen in ihre Lust. Webster trieb sie zu einem neuen Höhepunkt, der so intensiv und machtvoll war, dass sie aufschrie.
Ihr Herz pochte zum Zerspringen, sie war immer noch außer Atem, als er ihren ganzen Körper mit Küssen bedeckte, wobei er ihren Brüsten besonders viel Aufmerksamkeit widmete. Schließlich küsste er sie wieder auf den Mund, und von neuem wurde ihr schwindelig. Noch nie hatte Tonya beim Liebesspiel so lange tiefe Lust empfunden, noch nie hatte sie diese intime Nähe gespürt.
Schließlich beendete Webster den leidenschaftlichen Kuss und zog sich zurück, um das Kondom überzustreifen.
Dann kam er wieder zu ihr. Sie spürte seine starken Muskeln, seine glatte Haut. Mit einer langsamen Bewegung drang er tief in sie ein, und sie nahm ihn begierig in sich auf. Wieder trieb er sie zu ungeahnten Höhen der Lust, stärker noch als bei den ersten beiden Malen.
Sie flüsterte seinen Namen, klammerte sich an ihn, flehte: "Ja, Webster, ja … Bitte gib es mir."
Und dann hob sie erneut ab, dieses Mal mit ihm zusammen. Mit einem letzten, tiefen Stoß kam er zum Gipfel, barg das Gesicht in ihrem Haar und stieß ihren Namen hervor, als wäre sie das Wichtigste auf der Welt.
"Du lächelst." Webster strich über Tonyas nackte Hüften.
Sie wandte ihm das Gesicht zu. Das Feuer im Ofen, das sie irgendwann zwischendurch entfacht hatten, tauchte seine Züge in weiches rötliches Licht, ansonsten war es dunkel in der Hütte.
"Hast du mir vielleicht etwas zu sagen?" fragte er, als sie weiterhin lächelte.
Tonya fand, dass sie ihm bereits alles gesagt hatte, was es zu sagen gab. Sie hatten sich nach dem ersten gemeinsamen Höhepunkt wieder geliebt. Dann hatten sie etwas gegessen, waren erneut in das weiche, quietschende Bett gefallen und hatten noch einmal von vorn begonnen.
Eigentlich hätte sie zutiefst erschöpft sein müssen. Gewisse Dinge, die sie getan hatten, müssten sie verlegen machen. Nichts davon war zu spüren. Im Gegenteil, sie war in ihrem ganzen Leben noch nie so glücklich gewesen wie jetzt. Und deshalb lächelte sie.
Er erhob sich halb neben ihr, den Kopf auf die Hand gestützt. Mit der anderen Hand streichelte er sanft ihren Körper.
"Du willst es für dich behalten?"
"Du meinst, weshalb ich lächle?"
Webster nickte.
"Ich musste gerade an das Gefühl der Unzulänglichkeit denken."
Fragend zog er die Augenbrauen hoch, und sie lachte. "Kürzlich sagtest du, du fühltest dich nicht gern unzulänglich. Mir ist gerade aufgefallen, wie gut du bist."
Er kniff sie scherzhaft, und Tonya quiekte.
"Ich meine, jedenfalls im Bett", fügte sie hinzu.
Er ließ sich aufs Bett fallen, so dass die Sprungfedern quietschten, und hob in theatralischer Geste die Hände. "Das nenne ich ein nettes Kompliment."
Tonya berührte seine Schulter und ließ zärtlich die Hand zu seinem Kinn gleiten. "Du bist wirklich sagenhaft."
"Sagen wir, ich bin eben ein Mann." Er grinste. "Und was wir vorhin gemacht haben, beweist nur die Tatsache, dass Frauen Männer brauchen – jedenfalls in gewisser Hinsicht. Es gibt natürlich noch mehr gute Gründe."
Allerdings. Tonya fand, dass ihr dieser eine Grund durchaus genügte. Und das sagte sie ihm auch: "Mir reicht dieser völlig."
Er lachte. "Das habe ich mir schon gedacht – so wie du geschrien hast."
Sie wurde über und über rot.
"He." Er drehte ihr Gesicht zu sich herum. "Es war wunderschön. Du bist wunderschön." Er bettete ihren Kopf an seine Schulter und stützte das Kinn auf ihren Scheitel. Schweigend genoss er diesen friedlichen, entspannten Augenblick.
Tonya war schon halb eingeschlafen, als er erneut anfing: "Hast du an jenen Abend gedacht? Ich meine an den Abend der Weihnachtsparty?"
Sie öffnete die Augen und schluckte. Sie hatte an nichts anderes als an die Gegenwart gedacht, seit sie mit Webster im Bett war. Sie wollte an nichts anderes denken. Nicht in dieser Nacht. Morgen wäre es früh genug, sich der Realität zu stellen. Und die Realität war, dass es nach dieser Nacht zu Ende war. Es gab keine gemeinsame Zukunft für sie. Webster lebte in New York, sie reiste auf der Jagd nach guten Motiven für ihre Fotos rund um den Erdball. Und das war noch das geringste Problem.
"Ich habe daran gedacht", sagte er leise und mit rauer Stimme in ihre düsteren Betrachtungen hinein. Unter ihrer Wange spürte sie seinen Herzschlag. "Ich erinnere mich genau an jenen Abend. Es war bitterkalt – zu kalt für Schnee, und alles war mit Eis überzogen. Das Eis glitzerte wie deine Augen. Du hast so schöne Augen, Tonya."
"Wirklich?" Noch immer sah sie sich als das unscheinbare Mädchen mit Brille, obwohl sie vor fünf Jahren eine Laseroperation gehabt hatte.
Er küsste ihre Schläfe. "All die Jahre lang habe ich daran gedacht, wie du mich an jenem Abend angeschaut hast. Du hast dich in meinen Armen so warm und anschmiegsam angefühlt. Du warst etwas ganz Besonderes. Zwölf Jahre lang habe ich mir gewünscht, das noch einmal zu spüren."
"Du hast mich nicht einmal wiedererkannt", wandte sie ein.
Er lachte und hauchte spielerisch kleine heiße Küsse auf ihren Hals, die einen heißen Schauer in ihr auslösten. "Gut, aber du musst zugeben, du hast dich verändert. Sehr sogar. Außerdem hatte ich bei meiner Ankunft bestimmte Pläne, die mich ziemlich beschäftigten."
Sie verharrte regungslos. Ein hässlicher Verdacht regte sich in ihrem Kopf und kam ihr automatisch über die Lippen. "Wenn du nur wegen des Vertrags …"
"Halt!" Er hob ihren Kopf und sah ihr in die Augen. "Ich gebe zu, dass es mir anfangs nur um den Vertrag ging. Das will ich gar nicht leugnen. Die Bärenfütterung, das Holzhacken, das Kochen … bei alldem hatte ich den Vertrag im Sinn. Ob ich deine Unterschrift noch immer will? Und ob!" Er senkte den Kopf und küsste sie zärtlich. "Aber jetzt geht es nur um dich und mich und um eine reine Privatangelegenheit, die seit zwölf Jahren unerledigt ist."
Benommen von seinem Kuss, schaute Tonya blinzelnd ins Licht. "Du hast wirklich hin und wieder an mich gedacht?"
Webster lächelte erfreut, weil sie so leicht von dem heiklen Thema Vertrag abzulenken war und weil ihn ihre Unsicherheit rührte. Ihre Arglosigkeit war berückend. Offenbar ahnte sie nicht, wie begehrenswert sie war. "O ja. Ich nahm mir vor, sollte ich dir jemals wieder begegnen, dich noch einmal zu küssen. Ich wollte mir beweisen, dass es kein zweites Mal so schön sein könnte wie an jenem Abend im Taxi."
Er sah die kleine Ader an ihrem Hals pochen. "Und war es das?"
Plötzlich wurde ihm die Kehle eng, und als er endlich antwortete, klang seine Stimme eigenartig heiser. "Es war sogar noch schöner. Du bist einfach unbeschreiblich."
Sie schaute ihn mit ihren blauen Augen an, und in ihrem Blick sah er all die verhaltene Leidenschaft, die Sehnsucht, die er selbst empfand.
"Webster …"
Er legte ihr den Finger auf die Lippen. Sie waren sanft und feucht wie ihre Augen, wie ihre Fingerspitzen an seinem Handgelenk. "Wir sind noch nicht am Ende angekommen, das weißt du hoffentlich."
Sie nickte und überließ sich ganz ihren Empfindungen, als er sie erneut an sich zog.