5.
Dan und ich waren spät dran. An diesem Abend war die Weihnachtsfeier unseres Polizeibezirks, die wie jedes Jahr bereits Anfang Dezember stattfand, weil Polizisten in der Weihnachtszeit meist mit anderen Dingen beschäftigt sind. Am Mittag hatte eine erneute Massenkarambolage die M4 drei Stunden lang lahmgelegt, und um sieben Uhr abends hatte ich endlich die letzte diesbezügliche Presseanfrage beantwortet und schlüpfte auf der Toilette eilig in eine Jeans und ein grünes Oberteil, das hoffentlich als festlich durchging. In meiner Handtasche warteten ein Paar schwarze, tränenförmige Ohrringe, die ich erst in letzter Minute anziehen wollte. Ich hatte sie mir selbst ausgesucht, als Geburtstagsgeschenk von Dan, der es fast nie zu Ladenöffnungszeiten in die Stadt schaffte. Die Ohrringe waren wunderschön, wogen aber eine Tonne.
Ich trug noch ein wenig schwarzen Eyeliner und einen Hauch Lippenstift auf und nahm mir vor, so zu tun, als wäre ich in Weihnachtsstimmung. Vielleicht gelang es mir so, mich selbst zu täuschen und mir weiszumachen, dass alles gut war, zumindest für diesen Abend.
Weihnachten war noch nie meine bevorzugte Periode des Jahres gewesen. Zwischen Dans Schichten und meinen Bereitschaftspflichten (unsere stark strapazierten Kollegen auf Streife wollten, dass wir vierundzwanzig Stunden am Tag erreichbar waren, auch an Heiligabend und am ersten Weihnachtsfeiertag) kam meist keine echte Feiertagsstimmung auf.
Lange bevor am letzten Freitag vor Weihnachten die Feiersaison eingeläutet wurde und es rundging auf den Straßen, ging Dan traditionell mit seinen Kollegen in einem der ruhigeren Pubs von Cardiff ein paar Bierchen trinken. Dann kam er gut gelaunt und zu Umarmungen aufgelegt nach Hause, um mit seinem nach Bier und Curry riechenden Atem auf dem Sofa einzuschlafen.
Ich hingegen ging zum alljährlichen Truthahn-Essen der Kommunikationsabteilung, wo meine Kollegen jedes Jahr aufs Neue über ihre Kinder jammerten und zu späterer Stunde auf der Toilette miteinander rummachten. Von diesen Nachmittagen kam ich regelmäßig beschwipst und gereizt zurück und schwor mir, dass ich garantiert das letzte Mal dabei gewesen war.
Wenn wir Glück hatten, schafften Dan und ich ein oder zwei Pubbesuche pro Weihnachtssaison. Dann trug ich ein neues Oberteil und flache Stiefel und einen Parka, damit »wir ohne zu frieren zu Fuß nach Hause gehen können, falls wir kein Taxi erwischen«, wie der stets praktisch veranlagte Dan erklärte. Und wenn wir noch mehr Glück hatten und uns der Gott des Dienstplans hold war, konnten wir entweder am ersten oder am zweiten Weihnachtsfeiertag zusammen zu Abend essen. Beides war uns nie vergönnt.
Außerdem ließ sich Dan jedes Jahr bei einer der Bezirks- oder Abschnitts-Weihnachtsfeiern blicken, wozu ich ihn mehr aus Pflichtgefühl als aus Begeisterung begleitete. Viel lieber wäre ich auf dem Sofa liegen geblieben, hätte alte Filmklassiker geschaut und dabei in streng rationierten kleinen Portionen eine Packung Orangenkekse mit Schokoladenüberzug gegessen. Stattdessen begleitete ich Dan und lächelte höflich und versuchte, einen guten Eindruck als »Lebensgefährtin« zu machen. So konnte wenigstens niemand behaupten, Dans Freundin aus der Pressestelle in der obersten Etage wäre eine eingebildete Tussi und zu hochnäsig, um sich unters »einfache Volk« zu mischen. Solchen Vorwürfen wurde man natürlich hauptsächlich durch Frauen ausgesetzt.
Es war jedes Jahr aufs Neue eine spannende Frage, welcher hochrangige Polizeibeamte diesmal ausflippte und einen spontanen Striptease auf der Tanzfläche hinlegte oder mit einer verheirateten Kollegin herumknutschte. Manchmal wurden schon im Vorfeld unter der Hand Wetten abgeschlossen.
Dan schien sich auf diesen Weihnachtsfeiern immer gut zu amüsieren, wahrscheinlich weil er überall beliebt war. Ständig kamen Kollegen zu ihm, um über Gott und die Welt zu plaudern, ihn um Rat zu fragen oder von ihren Problemen zu erzählen. Die einfachen Streifenpolizisten liebten ihn, weil er sachlich und geradlinig war und nichts von dem üblichen arroganten Gehabe der höhergestellten Beamten an den Tag legte. Und seine Vorgesetzten oder gleichrangigen Kollegen schätzten ihn, weil er neben den eben genannten Eigenschaften auch noch eloquent und unterhaltsam war und sie zuverlässig davon abhielt, sich auf der Tanzfläche das Hemd vom Leib zu reißen. Zumindest sorgte er hinterher dafür, dass alle Handyfotos von peinlichen Auftritten sofort gelöscht wurden.
Vor allem aber mochten ihn die Sekretärinnen und jungen Polizistinnen, weil er gut aussah, athletisch gebaut war und ihnen das Gefühl gab, dass er sich für ihre Befindlichkeiten und ihr Gerede interessierte. Mit aufgerissenen Augen und leicht geöffneten Lippen umkreisten sie ihn, als wären sie hypnotisierte Schlangen und er ihr Schlangenbeschwörer.
So war es schon seit jenem Abend gewesen, als Dan und ich noch studiert hatten und uns auf einer Weihnachtsparty kennengelernt hatten. Ich war im ersten Semester gewesen, frisch von der Schule, strahlend und naiv, arglos, unbefleckt, unerfahren.
Er hatte gerade seinen Magister in Sozialwissenschaften und Politik gemacht und war vier Jahre älter als ich – ein gut aussehender junger Mann, der ruderte und joggte und die Sunday Times las.
Seine Joggingrunde führte an meinem Wohnheim vorbei, und er trug normalerweise enge rote Shorts, die bei den Mädchen der höheren Semester dreimal die Woche gegen 17 Uhr – sofern es nicht regnete – einen kleinen Aufruhr erregten.
Auch ich beobachtete ihn heimlich und träumte hin und wieder von ihm, hätte jedoch niemals den Mut aufgebracht, ihn anzusprechen. Er war groß und schlank, ein eleganter, geschmeidiger Läufer. Er faszinierte mich sehr, aber er war kein Junge mehr, sondern ein richtiger Mann. Das Mädchen, das noch in mir steckte, hatte bei aller Bewunderung auch ein wenig Angst vor seiner ungezwungenen Körperlichkeit, seiner kraftvollen Präsenz, die mühelos so viel Platz einzunehmen schien.
Und dann geschah bei der Weihnachtsparty des Uni-Sportvereins das Unfassbare: Er entschuldigte sich bei den beiden Mädchen an seiner Seite, einer nigerianischen Schönheit mit Modelmaßen und einer hübschen hennagefärbten Rothaarigen mit Nikolausmütze, und schlängelte sich zu der Ecke durch, in der ich saß, um mit mir, ausgerechnet mit mir, zu reden. Anfangs reagierte ich mit Verunsicherung, weil ich nicht verstand, warum er sich für mich interessierte, wo doch die wie geklont wirkenden weiblichen Sportskanonen aus reichem Hause mit ihren stählernen Bauchmuskeln und ihrer ausgelassenen Fröhlichkeit von Minute zu Minute spärlicher und aufreizender bekleidet waren. Das Hennamädchen und ihre nigerianische Freundin wussten gar nicht, wie ihnen geschah. Ich selbst war auch nicht gerade hässlich, aber eher unspektakulär, der Typ Indie-Girl mit Doc-Martens-Stiefeln und T-Shirt mit Band-Logo. Ich glaube, ich wirkte ein wenig unscheinbar und langweilig, obwohl ich weder eine Brille noch geblümte Röcke trug. Mich umwehte die Aura eines Mauerblümchens, aber vielleicht wartete dieses Blümchen nur darauf, dass man es goss und in die Sonne stellte, damit es seine wahre Pracht entfalten konnte.
Dan fragte mich, ob ich tanzen wolle. Seine Stimme war sanft, überhaupt nicht so laut und zackig, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Seine Hand, mit der er meine umschloss, war schwer, aber es fühlte sich gut an. Ich genoss die neidischen Blicke sämtlicher Mädchen im Raum, als er den Arm um meine Taille legte. In diesem Moment, in dem ich mich in seinen Armen zur Musik bewegte, verschwamm die Welt um mich herum. Ich befand mich plötzlich an einem viel schöneren Ort, an dem ich am liebsten für immer geblieben wäre. Ich hätte sterben können in seinen Armen.
Kurz darauf verließen wir die Party und suchten uns eine ruhige Kneipe, in der wir uns unter einem funkelnden Weihnachtsbaum angeregt unterhielten, bis der Laden zumachte. Dan bat mich um eine Verabredung und schien tatsächlich Angst zu haben, dass ich Nein sagen könnte, denn er stellte die Frage beinahe schüchtern, als sei er an Zurückweisungen gewöhnt. Natürlich kam es überhaupt nicht infrage, dass ich ihn abblitzen ließ. Seit wir die Party verlassen hatten, hatte ich überlegt, wie ich möglichst lässig Ja sagen könnte, wenn er mich tatsächlich fragen sollte, aber ich hätte nie für möglich gehalten, dass es dazu kommen würde. Als er mich nun erwartungsvoll ansah, grinste ich nur dämlich und sagte: »Ja, gerne. Pasta klingt gut.«
Mit seinem roten Ford Fiesta und seiner dynamischen Oakley-Sonnenbrille war Dan den Jungen aus meiner Dorfschule um Längen voraus, was Glamour und Coolness anging. In der ländlichen Gegend, in der ich aufgewachsen war, lebten hauptsächlich gescheiterte Landwirte, Schweißer, Automechaniker, Kosmetikerinnen, Teenie-Mütter und Friseusen. Dagegen war nichts einzuwenden, aber für mich kam ein solches Leben nicht mehr infrage. Ich wollte so viel mehr.
Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass ich von unserer ersten Verabredung an Hals über Kopf in Dan verliebt war, in Dan mit seinen altmodischen Umgangsformen und seiner Bereitschaft, einmal im Monat sonntags bei meinen Eltern zu Mittag zu essen. Aber irgendetwas in mir blieb von Anfang an zögerlich. Meine Zurückhaltung beruhte auf der stillen Erkenntnis, dass wir eigentlich nicht viel gemeinsam hatten.
Dan stammte aus London, und seine Eltern waren schon lange tot. Er war bei einer älteren, beneidenswert wohlhabenden Großtante namens Alice aufgewachsen, die ganz vernarrt in ihn gewesen war, aber leider im Laufe seines ersten Studienjahrs verstorben war. Sie hatte den zehnjährigen Dan bei sich aufgenommen, nachdem dessen Mutter bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, und ihm eingetrichtert, wie wichtig Bildung, Sparsamkeit und Fleiß waren. Auch die Überzeugung, dass es für einen starken Körper und Geist unerlässlich ist, regelmäßig Sport zu treiben, hatte er von ihr. Ich stellte sie mir vor wie Lady Bracknell aus Ernst sein ist alles, nur weichherziger und weniger versnobt. Ich war zuversichtlich, dass ich Gnade in ihren Augen gefunden hätte, wenn wir je das Vergnügen gehabt hätten, uns kennenzulernen. Sie wäre sicher ganz in Burberry oder Christian Dior gekleidet gewesen und hätte mir ein Stück Zitronenkuchen oder Scones mit Marmelade angeboten und dazu Earl Grey. Bestimmt hatte sie eine kleine Zange für die Zuckerstücke besessen.
Seinen Vater, den seine Tante offenbar abwechselnd als »hohes Tier« und als »Ekelpaket, wenn er getrunken hatte« beschrieb, hatte Dan nie kennengelernt. Gewisse, nicht näher erläuterte »unerfreuliche Umstände« hatten dazu geführt, dass Dans Mutter jeden Kontakt zu ihm abgebrochen hatte. Wenig später war der Vater an Darmkrebs gestorben. Dan sprach nicht gern über seine Familie, was ich sehr schade fand. In meinen Ohren hörte sich das alles furchtbar interessant und romantisch an.
Ich selbst liebte meinen Vater sehr. Er arbeitete als Buchhalter für ein Unternehmen, das Kunststoffbehälter herstellte, und war der netteste und unbekümmertste Mensch auf dem Planeten. Meine Mutter, die zunächst mit Leib und Seele Hausfrau und Mutter war und dann Betreuerin an einer Grundschule wurde, liebte ich ebenso sehr, aber beider Biographien waren weder besonders spannend noch romantisch.
Nach dem Tod seiner Großtante erbte Dan ihr hübsches, dreistöckiges viktorianisches Häuschen in Chelsea, dessen Wert sich in der Zeit, in der er studierte, verdreifachte. Er verkaufte es und investierte die Kaufsumme klug, lebte sparsam und gab nur wenig Geld aus.
Ich hingegen war in einem gepflegten Reihenhaus nördlich von Pontypridd im südlichen Wales aufgewachsen, umgeben von gutmütigen, neugierigen Verwandten, die sich in alles einmischten. So etwas wie Intimsphäre gab es bei uns nicht, und auch Geld war nie da, obwohl meine Eltern hart arbeiteten und äußerst sparsam waren. Ausgeglichen wurde dies durch Weisheiten wie »Man muss dankbar sein für das, was man hat« und »Erst bis zehn zählen, dann sieht alles schon ganz anders aus«. Für meine Familie war es ganz normal, inmitten von ständiger Beredsamkeit zu leben, weil von morgens bis abends Verwandte ihre Nase ins Wohnzimmer, in die Küche oder in fremde Angelegenheiten steckten. Ich liebte meine Familie sehr, aber es war trotzdem nicht verwunderlich, dass ich mich nach Ruhe sehnte und einer guten Berufsausbildung, damit ich mir später ein größeres Haus mit mehr Rückzugsmöglichkeiten leisten konnte.
Unsere Familienurlaube verbrachten wir in einfachen Ferienwohnungen oder wackeligen Wohnwagen an den windgepeitschten Küsten von Wales oder Devon, wo sich nachmittags die ganze Familie am Strand versammelte, um Tee zu trinken, Kuchenrezepte auszutauschen und über Fußballergebnisse zu diskutieren.
Ich hingegen träumte von Südfrankreich und Rom im Frühling. Abends starrte ich sehnsüchtig auf den beleuchteten Globus, den mir meine Mutter auf mein Flehen hin zum zehnten Geburtstag geschenkt hatte, und drehte ihn zu den Orten, die ich in meinem Bilderatlas als sehenswerte Ziele ausgemacht hatte.
Wie hätte ich da nicht von Dan und seiner Geschichte fasziniert sein können? Er hatte eine bewegte Vergangenheit, kannte sich in London aus, hatte Kunstgalerien besucht und die Oper, war im Rahmen seines Politikstudiums in Berlin gewesen, hatte anlässlich eines Schüleraustauschs eine Woche in Mailand verbracht.
Er hörte sich aufmerksam und ernst meine feministischen Analysen der Romane von Virginia Woolf und Charlotte Brontë an und stellte anschließend zutreffende Fragen. Genau wie ich mochte er Filmklassiker und alte Sciencefiction-Filme, und zwar nicht nur Star Wars, wie alle großen Jungs, sondern die echten Klassiker aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren, die seiner Ansicht nach die politische Paranoia dieser Zeit perfekt widerspiegelten. Und er schien Fußball aufrichtig zu hassen (ein unschätzbarer Bonus).
Er war über das aktuelle Zeitgeschehen im Bilde, durchschaute die Probleme, die im Nahen Osten immer wieder zu Konflikten führten, und kannte sich mit Militärgeschichte aus, einem Thema, das mich zwar interessierte, über das ich aber schlecht informiert war. Er hatte zu den verschiedensten Dingen eine Meinung und besaß eine selbstgenügsame, zupackende Mentalität. Und er hatte ein gutes Herz.
Aber ich war mir sicher, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihn meine lernbegierige, gutmütige Gelassenheit langweilte und er sich ein Mädchen suchte, das hübscher und cooler und aufregender und kultivierter und selbstbewusster war als ich.
Erst als einige Monate vergangen waren und wir ein richtiges Paar wurden, ging mir auf, dass Dan tatsächlich nicht begehrte, was andere männliche Mittzwanziger an Frauen zu bewundern schienen – enge Oberteile und tiefe Ausschnitte, tonnenweise Lipgloss und kokettes, anhimmelndes Gekicher.
»Was willst du eigentlich mit mir, Dan?«, fragte ich anfangs noch hin und wieder und zeigte auf die vielen hübschen, sportlichen Mädchen, die ihm verführerische Blicke zuwarfen. »Du hättest jede Frau haben können.«
Er war völlig perplex und ärgerte sich darüber, dass ich so etwas auch nur fragen konnte.
»Was soll ich denn mit denen? Ich hasse diese oberflächlichen Barbies, die nur aus Dekolleté und Haaren bestehen. Du hingegen bist eine natürliche Schönheit. Außerdem bin ich sehr froh darüber, dass der IQ meiner Freundin höher ist als die Nummer, die in ihrem BH steht. Von dem Blödsinn, den diese schnatternden Hühner den ganzen Tag von sich geben, wird einem ja schwindelig. Die gucken Soaps im Fernsehen! Und unzuverlässig sind sie auch noch. Genau deshalb bin ich mit dir zusammen, Süße. Mit dir kann ich reden, weil dich Themen beschäftigen, die wirklich wichtig sind.« Dann legte er seinen vom Rudern gestählten Arm um mich und drückte mir einen Kuss in die Haare, woraufhin sich ein warmes Gefühl in mir breitmachte, das mich vom Scheitel bis zu den Zehenspitzen erfüllte.
Und dann änderte sich plötzlich alles, nachdem wir fast neun Jahre miteinander verbracht hatten, ohne das Verstreichen der Zeit so recht zu merken. WIR WÜRDEN HEIRATEN! Ich war eine gut bezahlte Pressereferentin, die ihre Doc Martens und ihre Jeans längst gegen schicke Schuhe und Hosenanzüge eingetauscht hatte, und Dan war unaufhaltsam auf der Karriereleiter nach oben geklettert und durfte sich seit neuestem Inspector nennen. Wir wohnten in einem viktorianischen Reiheneckhaus in einer besseren Gegend der Stadt.
Aber eines hatte sich nicht verändert: Wenn wir gemeinsam eine Party besuchten, gab es immer noch stark geschminkte Schönheiten, die ihr Glück bei meinem Mann versuchten.
Kurz nach unserer Ankunft auf der Weihnachtsfeier, die in den Räumlichkeiten der North-Road-Arbeiterwohlfahrt stattfand, unterhielt sich Dan in einer Ecke mit dem Waffenbeauftragten des Bezirks, während eine junge Frau von der Spurensicherung danebenstand und ihn mit ihren falschen Wimpern bewundernd anklimperte. Es sah aus, als hätte sie zwei flatternde Schmetterlinge im Gesicht.
Er ignorierte sie geflissentlich und zwinkerte mir zu. Normalerweise hätte ich jetzt zumindest ein leises Verlangen unterdrückt, zu dieser »CSI Cardiff«-Tussi zu gehen und ihr die Klimper-Wimpern abzureißen, aber an diesem Abend konnte ich nur an Justin denken, während ich mit Serian an der Bar stand und an einem Glas Rotwein nippte. Warum hatte er noch keine Instruktionen geschickt, was ich mit dem Geld tun sollte? Und wenn endlich die nächste SMS kam, was würde dann darin stehen? Alle paar Minuten zog ich mein Handy aus der Tasche und guckte aufs Display, für den Fall, dass unbemerkt eine SMS eingetroffen war.
Unterdessen bestellte mir Serian einen Shot, obwohl ich gar keinen wollte, und dann auch noch ausgerechnet einen Sambuca! Aufgeregt erzählte sie mir von ihren Eroberungsplänen für den heutigen Abend. Ich mochte Serian, aber manchmal schien sie ihr Gehirn einfach auszuschalten. Sie war jünger als ich, erst zweiundzwanzig, und »so gut wie« mit einem gutmütigen Kerl namens Rees zusammen, der in der Poststelle arbeitete und sie jeden Samstag zu Konzerten ins Studentenwerk mitnahm.
Allerdings hatte sie insgeheim ein Auge auf einen Detective Constable mit schickem Mercedes von der Cardiff-Central-Wache geworfen. Jetzt erzählte sie mir abwechselnd von Rees’ Vorhaben, mit ihr nächsten Sommer zum Glastonbury-Festival zu fahren, und ihrer Sorge, dass Mr »Ich-bin-nicht-männlich-genug-und-brauche-daher-ein-schnelles-Auto« am heutigen Abend vielleicht gar nicht auftauchte. Und falls ja, sollte sie dann zu ihm gehen und ihn ansprechen? Oder war das zu offensichtlich?
Serian, die normalerweise in dezenter, bürotauglicher Kleidung von Top Shop bei der Arbeit erschien, hatte sich heute dem aufreizenden Weihnachtsfeier-Dresscode der meisten Frauen angepasst und ein Leopardenprint-Oberteil angezogen, das fast bis zum Bauchnabel geschlitzt war. Dazu hatte sie mehr Bräunungsspray aufgetragen als Katie Price und ihre schwarzen Haare, die sie sonst glatt und schlicht trug, mit Lockenstab und Haarspray zu einer steifen Ringellöckchen-Mähne frisiert. Zu allem Überfluss balancierte sie auch noch auf Plateauschuhen, die an eine Siebzigerjahre-Prostituierte erinnerten. Dass sie zu »offensichtlich« wirkte, war also ohnehin nicht mehr vermeidbar.
»Jetzt hör um Himmels willen endlich auf, mit deinem Handy rumzuspielen, Jen!«, beschwerte sie sich und leerte ihren Sambuca in einem Zug. »Also, soll ich jetzt versuchen, mit Wilkins zu flirten, oder nicht? Er hat definitiv keine feste Freundin, oder?«
»Zumindest behauptet Bodie das, und der ist das Liebesorakel des Bezirks«, antwortete ich.
»Orakel?«, fragte sie verwirrt. »Wie diese Dinger, die sie in Carmarthen bauen?«
»Nein, die heißen Korakel, Serian. Das sind kleine Boote für Binnengewässer. Ach, egal. Ich meinte jedenfalls, dass Bodie über sämtliche Liebschaften Bescheid weiß.«
»Was, wenn er nicht kommt?«
»Das hier ist die Weihnachtsfeier seines Bezirks. Natürlich wird er kommen.«
Während Serian sich zu einem Mädchen aus der Buchhaltung umdrehte und mit ihr weiter über Männer plauderte, saß ich an der Bar und versuchte krampfhaft, nicht die Aufmerksamkeit des perversen Oliver zu erregen, der in der Nähe herumlungerte. Wenn man als weibliches Mitglied der nicht-uniformierten Belegschaft ohne freizügiges Outfit und dick umrandete Panda-Augen bei einer Weihnachtsfeier aufkreuzt, macht man den Leuten irgendwie Angst, weil sie einen nicht einordnen können. Man gehört weder zu den Uniformierten, die die Drecksarbeit machen, noch zu den hohen Tieren, die glauben, sie wären unverzichtbar (bis sie betrunken sind und einem einreden wollen, dass sie eigentlich ganz normale Typen von nebenan sind, vor allem die Älteren).
Wenn der für organisiertes Verbrechen zuständige Superintendent beschwipst auf einen zutorkelt, in Stonewashed Jeans und mit einem Ohrstecker, der »Ich bin heute nicht im Dienst« schreit, kommt man sich ein bisschen so vor, als würde man in der Schuldisco von seinem Mathelehrer bedrängt, der mit »cooler« Jeansjacke zur »Aktuellen Hitparade« tanzt, um zu zeigen, wie glänzend er sich mit der Jugend versteht.
Glücklicherweise eilte mir Dan zu Hilfe. »Darf ich mir meine Freundin kurz ausborgen?«, fragte er genau in dem Moment, als Oliver neben meiner rechten Schulter angekommen war und den Mund aufmachte, um mich anzusprechen. Dan drückte mir ein Glas Wein in die Hand, und ich schob meinen Sambuca ein Stück die Theke hinunter. Irgendjemand würde sich schon darüber freuen. Zum Glück ließ sich Oliver bereitwillig von Serian ablenken, die auf die Tanzfläche trippelte und mit Begeisterung zu Beyoncés »Single Ladies« die Hüften schwang. Das vorne geschlitzte Leopardentop meisterte die Herausforderung nur ungenügend.
»Hör mal, Schatz, ich habe gerade mit Phil gesprochen, und er hat mir angeboten, für ihn die Leitung bei den Notfallübungen zu übernehmen, die im Laufe der nächsten Monate geplant sind«, erklärte Dan, während er mich in ein stilles Eckchen führte, in dem wir uns besser unterhalten konnten. Ich wusste, dass diese Notfallübungen, die dem Schutz der öffentlichen Sicherheit dienten und an denen auch die berittene Polizei und Sondereinsatztruppen teilnahmen, mehrmals im Jahr stattfanden. Als Nächstes sollte eine Grippe-Pandemie nachgestellt werden, und der Pressestelle fiel die Aufgabe zu, die »Bevölkerung zu beruhigen«, besorgniserregende Anzeichen für Absperrgitter und andere Maßnahmen zur »Regulierung von Menschenmassen« schönzureden und auf keinen Fall preiszugeben, welche Freizeitstätten und Bürogebäude zu improvisierten Leichenhallen umfunktioniert worden waren.
»Das ist eine tolle Chance für mich«, fuhr Dan eifrig fort. »Praktische Einsatzerfahrungen machen sich immer gut im Lebenslauf, und ich könnte ein bisschen Extrageld für unsere Hochzeit verdienen.«
»Und wann soll das Ganze stattfinden?«
»Das Vorbereitungswochenende ist für den fünfzehnten, sechzehnten Januar geplant, und am einundzwanzigsten Januar und am dritten März wird dann die Grippe-Pandemie nachgestellt.«
»Aber Dan! Am fünfzehnten Januar ist das Treffen mit der Hochzeitsplanerin, und am einundzwanzigsten wollten wir die Vorbesprechung mit dem Fotografen machen.«
»Echt? War das schon fest vereinbart? Das habe ich gar nicht mitgekriegt, tut mir leid.«
»Ich habe dich bestimmt hundert Mal gebeten, dir die Termine in den Kalender zu schreiben!« Wenn etwas nicht in meinem und seinem Terminkalender stand, kam es auch nicht zustande, das wusste ich aus Erfahrung. Bisher fand die Hochzeitsplanung offenbar nur in meinem Kalender statt.
Dan besaß immerhin den Anstand, ein zerknirschtes Gesicht zu machen. »Wir können die Termine doch sicher verlegen, oder? Die Übungen sind leider nicht verschiebbar, die stehen fest. Wir haben doch noch sechs Monate Zeit bis zur Hochzeit.«
»Lass mich bitte nicht hängen, Dan. Ich schaffe diesen ganzen Kram unmöglich alleine«, sagte ich vorwurfsvoll.
»Natürlich schafft meine tüchtige, wunderschöne Verlobte das. Multitasking ist doch dein zweiter Vorname! Außerdem hast du einen viel besseren Geschmack als ich.«
»Darum geht es doch gar nicht! Wir verbringen auch so schon kaum ein Wochenende miteinander, und jetzt willst du drei zusätzliche Wochenenden damit verbringen, Endzeitszenarien aufzuführen.«
»Ich weiß, Schatz. Aber es ist nun mal eine einzigartige Gelegenheit, Eindruck zu schinden und mich ins Gespräch zu bringen. Wenn ich jetzt Nein sage, fragen sie mich vielleicht nie wieder – du weißt doch, wie es läuft.«
»Es könnte ja so aussehen, als stündest du unter meiner Fuchtel, wenn du mit der Begründung absagst, du müsstest mit deiner Verlobten deine Hochzeit planen.«
»Das ist nicht der Grund, und das weißt du auch. Die Leitung dieser Übungen ist einfach eine riesige Chance für mich. Also, ist das okay für dich?«
»Ja, ich denke schon.« Was bringt es, mit ihm zu streiten, wenn er sich längst entschieden hat?, dachte ich. Wenn ich ehrlich war, hatte ich momentan ohnehin andere Sorgen.
»Als Wiedergutmachung musst du jetzt aber mit mir tanzen«, versuchte ich die Sache herunterzuspielen. »Es läuft nämlich gerade unser Lied.« I Will Always Love You von Whitney Houston war nicht wirklich unser Lied, aber als wir auf jener Weihnachtsparty vor neun Jahren zum ersten Mal miteinander getanzt hatten, hatte der DJ diesen Song aufgelegt, und wir hatten beide nicht zugeben wollen, dass wir ihn insgeheim hassten. Seither flachsten wir oft, dass wir eigentlich unseren Hochzeitstanz darauf tanzen müssten.
Dan weigerte sich rundheraus. »Nicht auf diesen Song, bitte. Und nicht hier, Jen. Du weißt, dass ich nicht gerne tanze.«
»Das war früher aber anders«, erwiderte ich scharf und war jetzt wirklich eingeschnappt. Es stimmte: Früher waren wir immer aufgestanden und zusammen auf die Tanzfläche gegangen, wenn ein langsamer Song gespielt wurde. Dann hatte er seine Hand auf meine Taille gelegt und die Finger der anderen Hand mit meinen verschränkt, um mich sanft an sich zu ziehen. Das letzte Mal lag allerdings so lange zurück, dass ich mich kaum noch daran erinnern konnte.
»Das ist definitiv nicht der richtige Ort dafür«, gab Dan zurück. An seinem entschiedenen Gesichtsausdruck erkannte ich, dass er sich nicht würde überreden lassen. »Ich muss jetzt noch mal kurz mit Phil und dem Sergeant reden und die Einzelheiten klären, aber ich bin gleich wieder bei dir, ja? Und dann gebe ich dir einen Cocktail aus.« Jetzt versuchte er, die Sache herunterzuspielen.
Wir waren beide bemüht, einen erneuten Streit unter allen Umständen zu vermeiden.
»Wir sind hier bei der Arbeiterwohlfahrt, Dan. Da ist ein Wodka mit Cola das höchste der Gefühle.«
»Glück gehabt, so komme ich billiger davon.« Er grinste und gab mir einen Kuss auf den Kopf, bevor er davonging.
Ich fischte mein Handy aus der Tasche und blickte mich nach Serian um. Stattdessen kam Bodie auf mich zu, der sich mit einem etwas zu engen T-Shirt und einer teuren, gut sitzenden Jeans sehr ansehnlich herausgeputzt hatte, wie ich zugeben musste.
»Lass mich raten? Dein Verlobter ist zu beschäftigt mit seiner Karriereplanung, um mit dir zu tanzen? Dann muss ich als direkter Untergebener natürlich einspringen.«
Ich wollte mich mit einer freundlichen Ausrede aus der Affäre ziehen und mir einen sicheren Beobachtungsposten außerhalb der Tanzfläche suchen, aber Bodie ließ sich nicht abwimmeln und nahm mir das Weinglas aus der Hand, um mich mit einer fließenden Bewegung auf die Tanzfläche zu ziehen. Es fällt schwer, sich zu wehren, wenn man von einem fast ein Meter neunzig großen, Proteinpulver-gestärkten Muskelberg entführt wird.
»Marc übernimmt die Führung, und schon sind alle Augen auf ihn und seine Partnerin gerichtet!«, rief er grinsend. Der Alkohol hatte ihn albern und fröhlich gemacht, und er war so zufrieden mit sich, dass auch ich lächeln musste. Überraschend koordiniert wirbelte er mich auf der Tanzfläche herum, während der DJ eine schmalzige Siebzigerjahre-Runde einläutete. Ich ließ mich mitreißen von Bodies guter Laune und wackelte zu Mr Blue Sky von ELO übertrieben mit den Hüften.
»Dieser Idiot hätte sich die Chance nicht entgehen lassen dürfen, mit der hübschesten Frau des Abends zu tanzen«, säuselte Bodie und legte seine Hand auf meine Hüfte.
Dan stand unterdessen neben dem mit Frischhaltefolie abgedeckten Buffet und lächelte mir zu, während er sich mit dem Superintendent unterhielt. Manchmal wünschte ich mir, dass auch Dan so etwas wie Eifersucht in sich entdeckte, zumal es nicht das erste Mal war, dass jemand bei einer Weihnachtsfeier mit mir flirtete. Natürlich wollte ich nicht, dass er auf uns zustürmte und rief: »Finger weg von meiner Freundin!« Das wäre peinlich gewesen, aber über ein kleines Stirnrunzeln ab und zu hätte ich mich sehr gefreut.
Bodies Hand glitt nun zu meiner Taille hinauf, um mich näher an ihn heranzuziehen. »Marc«, warnte ich und entfernte seine Hand mit einem geduldigen Lächeln.
»Pssst, nicht unterbrechen! Marcus Maximus wollte dir gerade ernsthaft seine Zuneigung gestehen«, fuhr er fort. »Du bist meine allerliebste Pressereferentin auf der ganzen Welt.«
Genau in diesem Moment vibrierte mein Handy, das von Bodies wilden Drehungen in meiner Jeanstasche nach oben gerutscht sein musste und nun klappernd auf den Boden fiel und zwischen Bodies Stiefel rutschte. Er bückte sich genau im selben Moment danach wie ich, und ich wich abrupt nach hinten aus, um eine Kollision unserer Köpfe zu vermeiden.
Bodie hielt sich das leuchtende Display vors Gesicht und konzentrierte sich mit seiner ganzen alkoholbedingten Kurzsichtigkeit auf die Worte, die er darauf las: »Steig morgen um 18 Uhr in den Zug nach Swansea«, las er laut vor. »Oh, wer ist das denn? Dein Lover?«, rief er mit gespieltem Entsetzen. »Ich habe also einen Nebenbuhler? Dieser Schuft! Den schlage ich k. o.! Wo steckt er?«
»Das reicht, du Draufgänger«, bremste ihn Jimmy, der hinter seinem Rücken aufgetaucht war. »Gib der netten Kollegin von der Pressestelle ihr Handy zurück und lass sie in Ruhe, bevor sie Beschwerde einlegt und ich dich verhaften muss.«
Ich brachte nur ein verkrampftes Grinsen zustande.
»Entschuldige bitte, Jen«, sagte Jimmy und drückte mir das Handy in die Hand, bevor er mir mit einer Handbewegung zu verstehen gab, dass Bodie ein paar Drinks zu viel intus hatte. Mit Nachdruck packte er seinen Kumpel bei den Schultern, um ihn wegzuschieben. »Auf geht’s, Sergeant Bodie. Kleine Jungs müssen jetzt ins Bett.«
Bodie blickte zwischen Jimmy und dem Handy in meiner Hand hin und her und sah tatsächlich aus wie ein kleiner Junge, dem man sein Spielzeug weggenommen hat.
Jimmy grinste mich an. »Keine Sorge, ich bringe ihn sicher nach Hause.«
Ich tat so, als hätte er mich in letzter Sekunde vor größerem Ungemach gerettet, und verabschiedete mich mit einem dankbaren Winken.
Dann taumelte ich auf direktem Weg zu den Toiletten, winkte den drei Kolleginnen vom Empfang zu, die sich vor dem Spiegel ihren Eyeliner nachzogen, und stürzte in die nächste Kabine. Während mir das Herz bis zum Hals klopfte, las ich erneut die SMS.
»Steig morgen um 18 Uhr in den Zug nach Swansea. Letzter Waggon. Alleine.«
Eine Stunde später saßen Dan und ich auf dem Rücksitz eines Taxis und ließen uns durch die nächtlichen Straßen kutschieren. »Du sahst hübsch aus heute Abend, Jen. Ich war stolz auf dich«, sagte Dan, legte mir den Arm um die Schultern und küsste mich auf die Stirn.
Schade, dass du den ganzen Abend nicht mehr als zwei Minuten mit mir verbracht hast, obwohl ich nur dir zuliebe mitgekommen bin, dachte ich. Nicht einmal den versprochenen »Cocktail« hatte er mir ausgegeben.
Dennoch lehnte ich die Stirn gegen seinen Kopf. Ich war ein bisschen betrunken, und mir war schummrig. Im Taxi hing ein leichter Geruch nach Zigaretten und Erbrochenem. Dan hingegen war so gut wie nüchtern. Er trank nicht viel auf Arbeitsveranstaltungen.
»Hast du gesehen, wie sich manche Frauen aufgeführt haben?«, fragte er. »Und so etwas nennt sich Polizeibeamtinnen! Dabei müssten sie es doch eigentlich am besten wissen. Morgen kursieren sicher wieder die wildesten Geschichten … Bestimmt bricht mindestens eine Dame in Tränen aus und behauptet, jemand habe ihre Brüste begrapscht oder sei sonst irgendwie zu weit gegangen. Und das alles nur, weil sie sich partout nicht erklären kann, wie sie mit einem Mann, der nicht ihre bessere Hälfte ist, in einer Toilettenkabine gelandet ist.«
»Du redest ja nicht gerade nett von deinen Kolleginnen«, seufzte ich, auch wenn ich diesbezüglich ganz seiner Meinung war.
»Du hast doch selbst gesagt, dass Serian wie eine billige Nutte aussah.«
Das hatte ich tatsächlich gesagt, daher schwieg ich lieber.
Kurz darauf erhielt ich eine SMS von ihr, in der stand, dass sie mit dem Detective Constable in seinem protzigen Auto sitze und auf dem Weg zu ihm nach Hause sei.
»Pass auf dich auf«, schrieb ich zurück und bereute, dass ich selbst nicht besser aufgepasst hatte, als es darauf angekommen war.
Zum Glück hatte Dan am nächsten Tag Spätschicht, sodass ich nicht erklären musste, warum ich früher Feierabend machte und mit einem Umschlag voll Geld in einen Zug stieg.
Es regnete in Strömen, was mir sehr entgegenkam, weil die Leute mit tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen und Regenschirmen durch die Straßen schlurften und mich hoffentlich nicht beachteten.
Ich hatte ganz vergessen, was für eine Tortur es war, abends von Cardiff nach Swansea zu fahren. Wie Vieh drängten die Pendler in den Zug, bevor er rumpelnd die walisische Hauptstadt hinter sich ließ und seinen Weg nach Westen fortsetzte, zum Endbahnhof Swansea. Der Sechsuhrzug kam aus London, und die Waggons waren feuchtwarm und rochen nach nassen Schirmen und klammer Wolle. Die Haare sämtlicher Passagiere kräuselten sich oder klebten an den Gesichtern. Da viele Fahrgäste in Cardiff ausgestiegen waren, war zumindest der letzte Wagen nur noch halb voll. Es waren hauptsächlich Geschäftsmänner im Business-Anzug, die hier mit Zombie-ähnlichen Gesichtern vor sich hin dämmerten. Nach ein oder zwei Haltebahnhöfen nickten sie ein und wippten im Rhythmus des Zuges mit den Köpfen.
Ab und zu wurde ihr holpriger Schlummer von einer schnatternden Schar Frauen unterbrochen, die ins Zentrum von Swansea wollten, um dort »so richtig einen draufzumachen«, und die sich bereits in den schillerndsten Farben ihre bierseligen Heldentaten ausmalten. Sie sahen alle gleich aus, hatten strähnige Haare, zu viel Eyeliner um die Augen und fahle Haut, die auch die fleckige falsche Bräune nicht übertünchen konnte. Gut gelaunt bahnten sie sich ihren Weg zu den freien Sitzen neben den dösenden Krawattenträgern und den verkniffenen Geschäftsfrauen, wobei sie eine Fahne aus ekelhaft billigem Apfelwein, Zigarettenrauch und Haarspray hinter sich herzogen.
Zum Glück saß ich neben einer alten Frau mit wachen Augen, die eine riesige Tüte Süßigkeiten auf dem Schoß hatte und einen hübschen taillierten Mantel in Hellgrau und einen dicken Schal in hellem Zitronengelb trug. Auf ihren blaugrauen Locken thronte ein gelbes Filzhütchen, das mit einer perlenbesetzten Nadel befestigt war. Im Gegensatz zu allen anderen Fahrgästen sah sie kein bisschen so aus, als wäre sie in den Regen gekommen. Mit ihrer kleinen Drahtgestellbrille las sie hochkonzentriert und vergnügt den Roman Sie von Stephen King.
Jedes Mal wenn wieder eine kichernde Horde Freundinnen an ihr vorbeiging, runzelte sie mit übertriebener Missbilligung die Stirn und schimpfte mit starkem walisischem Akzent: »Was für ordinäre Leute!« Oder: »Wirklich eine Schande, dass die Menschen heutzutage keine Manieren mehr haben!« Dabei machte sie sich nicht die Mühe, ihre Stimme zu senken.
Etwa zwei Stationen vor Swansea piepste mein Handy. In der eingetroffenen SMS stand: »Geh im Waggon ganz nach hinten und stell dich neben die Toiletten.« Na also, dachte ich. War Justin irgendwo in der Nähe? Beobachtete er, wie ich seine SMS las und aufstand? Würde ich gleich sein Gesicht wiedersehen? Und wie würde ich auf ihn reagieren? Würde ich ihn beschimpfen oder ihn anflehen, würde ich ihm anstandslos den Umschlag überreichen oder ihn ihm um die Ohren hauen?
Mein Herz hämmerte wie verrückt gegen meinen Brustkorb, und ich atmete schwer. Nachdem ich mich schwankend an den Geschäftsmännern und Damengruppen vorbeigedrängt hatte, erreichte ich die Toiletten am Ende des Waggons und blieb wartend daneben stehen.
In diesem Moment erreichte mich eine weitere SMS: »Wenn der Zug den nächsten Bahnhof verlässt und dein Waggon am Ende des Bahnsteigs angekommen ist, wirfst du den gepolsterten Umschlag aus dem Fenster.«
»Wie bitte?«, fragte ich laut. Herr Jesus auf dem Fahrrad! Jetzt wurde es langsam albern!
»Herr Jesus auf dem Fahrrad!« war ein typischer Spruch meiner Mutter, den ich irgendwann um meinen zwölften Geburtstag herum von ihr übernommen hatte, genau wie ihre Abneigung gegen schmutzige Tassen, die im Wohnzimmer herumstanden, und Leute, die auf die Straße spuckten. Meine Mutter fluchte sonst nie (das ist reine Faulheit, Jen), aber diese skurrile Blasphemie erschien ihr offenbar akzeptabel.
Mir gefiel dieses Bild, gerade weil es so bizarr war. In meiner Vorstellung saß Jesus auf einem Bonanza-Rad aus den Siebzigerjahren und trat mit seinen Sandalen mühsam in die Pedale, während sich sein weißes Gewand hinter ihm im Wind bauschte. Meine derzeitige Situation war im Grunde genauso bizarr. Ich stand in einem Zug nach Swansea und war dabei, einen Umschlag mit erpresstem Geld in ein Gebüsch zu werfen. Als wir in den Bahnhof einfuhren, der nur aus einem kleinen, unbemannten Haltestellenhäuschen bestand, suchte ich mit Argusaugen den Bahnsteig ab, aber es stieg nur ein junges Pärchen aus, das sich sofort die Kapuzen überzog und sich dicht aneinandergeschmiegt gegen den Graupelschauer stemmte. Ein Auto wartete auf die beiden, dessen Scheinwerfer den Parkplatz beleuchteten. Ich konnte weder im Haltestellenhäuschen noch in einem der anderen geparkten Autos jemanden entdecken. Wo hatte sich Justin versteckt, um den Zug zu beobachten?
Der Moment war gekommen. Während ich den kleinen gepolsterten Umschlag aus dem Fenster warf, überlegte ich, dass Justin sich jetzt vermutlich ins Fäustchen lachte, wo auch immer er gerade steckte. Das Ganze war ein Spiel für ihn, und er hatte es wirklich clever eingefädelt.
Er hatte mir gar nicht erst die Gelegenheit gegeben, ihn zu konfrontieren. Da uns niemand zusammen im Zug gesehen hatte, konnte ich ihn hinterher auch nicht mit dem Geld in Verbindung bringen. An dem verlassenen Provinzbahnhof, den er ausgewählt hatte, konnte er völlig unbeobachtet den Umschlag an sich nehmen, zumal es hier offenbar keine Überwachungskameras gab. Zeit hatte er dafür genug, denn ich würde es niemals schnell genug vom nächsten Bahnhof zurück schaffen. Selbst wenn ich im Voraus jemanden informiert hätte, der mich im Zug begleitete – Dan oder ein anderer Kollege von der Polizei –, wäre derjenige vermutlich nicht rechtzeitig aus dem Zug zu der betreffenden Stelle gelangt, nicht im Dunkeln.
Durchnässt und durchgefroren kam ich eine Stunde später wieder zu Hause an, nachdem mein Zug auf dem Rückweg mit Verspätung in Cardiff Central Station eingetroffen war. Das Haus war still und leer, und ich ging lange vor Dans Rückkehr von der Spätschicht ins Bett. Das war auch gut so, denn ich wollte ihn nicht ansehen müssen oder seine Blicke auf meinem Gesicht spüren.
Zum Glück hatte ich es hinter mir. Das redete ich mir zumindest ein, während ich mich unter dem Federbett zusammenrollte und versuchte, meine kalten Füße und Hände aufzuwärmen. Es war vorbei.
Am nächsten Tag begegnete ich Bodie, der nach einem Tag Urlaub wieder zur Arbeit erschienen war, beim morgendlichen Meeting. Während wir die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden durchsprachen und die Aufgaben für den heutigen Tag verteilten, war er wieder ganz der übliche Sprücheklopfer. Sämtliche Kollegen redeten immer noch von der Weihnachtsfeier am Mittwoch und dem Ausmaß ihres Katers. Offenbar hatte es sich bereits auf der ganzen Wache herumgesprochen, dass Serian die Nacht mit ihrem Detective Constable verbracht hatte. Mir hatte sie natürlich persönlich in allen Einzelheiten davon erzählt, aber ich hatte eisern den Mund gehalten, was ich mir offenbar hätte sparen können. Bis auf den armen Rees, der in der Poststelle im Erdgeschoss nichts von den Gerüchten mitbekam, wussten alle Bescheid.
»Tut mir leid, wenn ich mich am Mittwoch danebenbenommen habe«, sagte Bodie kleinlaut, als wir nach Beendigung des Meetings nebeneinander den Raum verließen. »Ich war einfach gut drauf und hatte keinerlei Hintergedanken. Du bist doch nicht sauer, oder? Hast du Dan davon erzählt? Er ist so ein netter Kerl, und ich will nicht, dass er einen falschen Eindruck von mir bekommt. Und ich würde es auch sehr bedauern, wenn zwischen dir und mir in Zukunft schlechte Stimmung herrschen würde.«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon du sprichst, Marc«, sagte ich augenzwinkernd. »Am Mittwoch war ich furchtbar betrunken und kann mich an nichts erinnern.« Ich tätschelte beruhigend seinen beeindruckenden Bizeps, woraufhin er mich dankbar anstrahlte und sanft meinen Arm drückte.
An diesem Nachmittag eilten Dan und ich zu unserem Termin im Standesamt, das in einem Seitenflügel des ehemaligen Rathauses untergebracht war. Das viktorianische Gebäude bestand aus schlichtem grauem Sandstein und hatte hohe, schmale Fenster. Eingeschüchtert von der förmlichen Atmosphäre stapften wir nebeneinander die Treppe hinauf. Sogar Dan wirkte beeindruckt von den Porträts der Stadtältesten im Empfangsbereich, die uns aus goldenen Rahmen streng anstarrten und Demut vor diesem mächtigen Gebäude einzufordern schienen.
Wir waren hier, um unsere Heiratsabsicht eintragen zu lassen. Mit diesem Schritt wurde es offiziell, das schien uns beiden bewusst zu sein. Nervös warteten wir darauf, dass die große Mahagonitür aufging und wir in das Allerheiligste vorgelassen wurden, um unser Anliegen vorzubringen.
Dan saß eingezwängt in seine Uniform da, zupfte in der stickigen Luft immer wieder an seiner Krawatte und gähnte hinter seiner vorgehaltenen Hand. Winzige Schweißperlen begannen sich an seinem Haaransatz und auf seiner Oberlippe zu bilden. Er sah aus wie der typische zur Hochzeit gezwungene Bräutigam, dabei war ich diejenige, die am liebsten die Flucht ergriffen hätte und hinaus auf die Straße gerannt wäre.
»Was müssen wir hier eigentlich genau erledigen?«, fragte mich Dan zum dritten Mal in den letzten vierundzwanzig Stunden.
»Nur unsere Heiratsabsicht erklären und Ort und Datum der Hochzeit angeben. Das habe ich dir doch schon erklärt. Nachdem wir alle Fragen beantwortet haben, wird unser Aufgebot veröffentlicht.«
»Aha. Man muss also wie in alten Zeiten offiziell ein Aufgebot bestellen?«
»Ja, aber das heißt nicht, dass jemand mit einer Glocke durch die Straßen läuft und unsere Hochzeit verkündet oder so was. Das Aufgebot wird nur irgendwo an ein Anschlagbrett gehängt, wo es jeder sehen kann. Guck, da drüben.« Ich zeigte auf die gegenüberliegende Wand, wo hinter einer Glasscheibe mehrere kleine Computerausdrucke hingen. »Chantelle Williams wird am 24. Juli 2010 die Ehe eingehen mit Shawn Jones, bla, bla, bla. Dann folgen die Geburtsdaten und so weiter. Du weißt doch mein Geburtsdatum, oder, Dan?«
»Natürlich.«
»Und dass ich im Landeskrankenhaus in Pontypridd geboren wurde?«
»Weiß ich auch.«
»Und dass der Mädchenname meiner Mutter Jenkins ist.«
»Genau. Meinst du, die stellen uns wirklich alle diese Fragen? Ich dachte, wir füllen einfach nur ein Formular aus.«
»Das auch, aber soviel ich weiß, geht man einzeln rein und wird zum jeweils anderen befragt. Ich glaube, damit sollen Scheinehen verhindert werden. Andererseits ist es ja wohl keine Zauberei, sich ein bisschen vorzubereiten, wenn man beispielsweise nur wegen des Aufenthaltsrechts heiraten will. Die Namen der Eltern brauchen sie, glaube ich, für die Heiratsurkunde und das Zivilstandsregister. Deine Eltern hießen Alice und John Collins, stimmt’s?«
»Ja.«
»Und der Mädchenname deiner Mutter war Lancaster?«
»Nein. Selford.«
»Was? Aber du hast doch Lancaster gesagt!«
»Hab ich das? Wann?«
»Als ich dich danach gefragt habe.«
»Da habe ich wohl was durcheinandergebracht. Meine Mutter hieß Selford.« Er klang unsicher.
»Also ist das der Name, der in deiner Geburtsurkunde steht? Ich dachte, du wolltest noch einmal nachschauen.«
»Ja, aber ich konnte meine Urkunde nicht finden.«
»Ich hab dir aber gesagt, dass wir die Informationen brauchen. Wie kannst du vergessen haben, wie deine Mutter mit Mädchennamen hieß? Wir dürfen diesen Termin heute auf keinen Fall vermasseln. Die Bestellung des Aufgebots ist gesetzlich vorgeschrieben, das habe ich dir letztes Wochenende ausführlich erklärt. Du musst dir sicher sein, wie deine Eltern hießen.«
»Bin ich mir ja auch.«
»Also gut. Deinen Pass hast du hoffentlich dabei?«
»Hab ich doch schon im Auto gesagt. Ich bin kein Vollidiot, Jen.«
»Okay, ich wollte ja nur noch einmal nachfragen. Es wäre nämlich sehr ärgerlich, wenn ich versuchen müsste, einen neuen Termin zu bekommen, nur weil wir heute ein wichtiges Dokument nicht dabeihaben. Nachdem du schon den letzten Termin verschlafen hast, hat es einen Monat gedauert, bis ich einen neuen Termin ergattern konnte, der nicht mit deinen Schichten kollidiert.«
»Dafür habe ich mich doch schon entschuldigt. Außerdem habe ich ihn nicht verschlafen, sondern musste auf der Wache ausharren, weil der Unterhändler für die Waffenlieferung zu spät kam und ich nicht wegkonnte. Aber das wird schon klappen heute. Reine Routine. Wir füllen die nötigen Formulare aus, und das war’s dann. Kein großes Problem.« Er gähnte wieder.
»Du hast recht«, sagte ich nach kurzem Zögern. »Hoffen wir, dass es schnell geht und wir bald nach Hause können, um etwas zu essen. Ich habe Lammkoteletts aufgetaut, die isst du doch so gerne.« Dan wurde immer unruhig, wenn er Hunger hatte, und heute war er seit halb sechs Uhr morgens auf den Beinen. Er drückte meine Hand, um mir zu verstehen zu geben, dass es ihm leidtat. Der Türsummer wurde betätigt, woraufhin die Standesbeamtin, eine grauhaarige Dame Mitte fünfzig, in der Mahagonitür erschien und uns mit Grabesmiene hereinwinkte.
Dan ging zuerst. Während ich dasaß, den tanzenden Staub beobachtete und einer Computertastatur lauschte, die ein paar Türen weiter klapperte, dachte ich: Jetzt wird es ernst. Wir erklären offiziell vor dem Gesetz unsere Heiratsabsicht.
Nach ein paar Minuten betrat ein junges Paar den Wartesaal. Das Mädchen war hochschwanger und der Junge schrecklich blass. Beide waren um die achtzehn und trugen Jogginganzüge. Nachdem sie mir gegenüber Platz genommen hatten, suchte das Mädchen meinen Blick, aber ich sah weg, weil ich zu müde für Smalltalk war. Es nützte nichts. Das Mädchen, das auf eine Art hübsch war, die schnell verbraucht wirkt, brannte geradezu darauf, sich mitzuteilen.
»Ganz schön unheimlich hier, oder?«, sagte sie, wirkte aber ganz und gar nicht so, als würde ihr das Gebäude Angst einflößen. »Ich bin ja so aufgeregt und kann es gar nicht mehr erwarten! Wann heiraten Sie?«
»Äh, im Juni«, antwortete ich und lächelte. »Und Sie?«
»So bald wie möglich. Na ja, wenn’s geht, noch vor dem Baby.« Ihr Freund streichelte zärtlich ihren Bauch.
»Wann soll es denn kommen?«
»In zehn Wochen.«
»Es wird ein Junge. Der kleine Jayden«, sagte der Freund stolz.
»Brooklyn«, widersprach das Mädchen scherzhaft.
»Als ob!«, antwortete der Junge, worauf sich beide angrinsten.
»Nee, er heißt auf jeden Fall Jayden«, bestätigte das Mädchen. »Der Sohn von meiner Freundin Gemma heißt nämlich schon Brooklyn.«
Ich blickte auf die Uhr und lauschte auf das leise Murmeln von Dans Stimme, das durch die schwere Tür drang. Die dazugehörigen Fragen waren nicht zu hören. Ich überlegte, ob ich aufstehen, meine Handtasche nehmen und langsam hinaus auf die sonnenbeschienene Straße treten sollte. Ich hatte den Autoschlüssel in der Tasche. Ich konnte einsteigen, den Schlüssel drehen und losfahren. Wohin auch immer. Außer meiner Kreditkarte brauchte ich nichts. Wer wusste, wo ich sein würde, wenn die Dunkelheit sich sanft über das Land legte und die Luft immer kühler wurde?
Aber ich blieb natürlich sitzen, bis Dan mit erleichtertem Gesicht aus der Tür trat und ich an der Reihe war. Zwanzig Minuten später gingen wir nebeneinander zum Auto, nachdem die Standesbeamtin versichert hatte, dass wir die Bestätigung unseres Aufgebots per Post erhalten würden. Auf uns warteten Lammkoteletts und ewiges Eheglück.