14. Kapitel

 

 

Gamal Al-Hazimi verabscheute all die Szenen, die ihm bevorstanden. Doch als er das Arbeitszimmer im ersten Stock seines Hauses in Bagdad betrat, wußte er bereits, daß er den Konfrontationen nicht ausweichen konnte.

Zunächst mußte er den Architekten aus seinem Haus schaffen, was nicht weiter schwer fallen würde. Dann aber stand ihm die Auseinandersetzung mit Bahjat bevor, und das durfte ebenso schmerzlich wie peinlich sein.

Er zog an seiner Zigarette, die in einer langen, schlanken Elfenbeinspitze steckte. Das Rauchen war ein Laster, dem er nur in der Einsamkeit frönte, und das auch nur, wenn er gespannt und nervös war. Ich rauche immer öfter, stellte er fest. Je gefährlicher das Spiel wird und je näher die kritische Phase heranrückt, gebe ich mehr und mehr dieser kindlichen Schwäche nach.

Er schob die halbgerauchte Zigarette wütend aus der Spitze und zerdrückte sie in dem mit Silber ausgelegten Aschenbecher, der auf seinem Tisch stand, und in dem bereits vier weitere Kippen lagen.

Du Narr! schimpfte Al-Hazimi mit sich selbst. Du Schwächling!

Das Telefon klingelte. Er langte über den Tisch und betätigte den NUR-TON-Schalter.

»Sir, Mr. McCormick ist da.«

»Einen Augenblick«, sagte Al-Hazimi.

Er trat an die Wand und stellte den Ventilator auf Maximum. Als das Gebläse den Rauch, der in der Luft hing, summend absog, nahm er eine Sprühdose vom Tisch und versprühte einen leichten Rosenduft im Zimmer. Dann stellte er das Gebläse wieder auf Normalleistung und kehrte zu seinem Tisch zurück.

»Lassen Sie ihn eintreten«, sprach Al-Hazimi ins Mikrofon.

Der Scheich nahm in seinem hohen, gepolsterten Sessel Platz, und sogleich kam Dennis McCormick ins Zimmer und schloß die Tür hinter sich. Sein Gesicht, von rotem Bart umrahmt, zeigte einen merkwürdigen Ausdruck. Er schnüffelte und runzelte die Stirn, als er den leichten Rosenduft witterte.

In Al-Hazimis oberster Schreibtischschublade lag eine Pistole, eine weitere in einem Geheimfach, das in die rechte Armlehne seines Sessels eingebaut war. Der Scheich mußte sich beherrschen, um nicht eine der Waffen zu ziehen und den Verführer auf der Stelle zu erschießen.

»Sie wollten mich sprechen?« fragte McCormick und ging auf den Stuhl zu, der vor dem Schreibtisch stand, und wieder kribbelte es in seiner Nase.

Ich habe dich hierher befohlen, dachte Al-Hazimi. Doch er ließ sich nichts anmerken und deutete auf den Stuhl, bevor sich der Ungläubige unaufgefordert hinsetzen konnte.

McCormick schien völlig geheilt. Er sah gut aus, das rote Haar fiel ihm jungenhaft in die Stirn, und ein hübscher kleiner Bart sproß auf seinem Kinn. Er schien entspannt und fühlte sich offensichtlich wohl.

»Hat es Ihnen in meinem Haus gefallen?« fragte Al-Hazimi mit leiser und ruhiger Stimme.

»Ihre Gastfreundschaft war mehr als großzügig.«

»Ihre Wunde ist verheilt.«

»Noch nicht ganz«, erwiderte er, »aber fast.«

»Und wie steht’s mit Ihrer Arbeit am Palast? Geht alles gut?«

Dennis machte eine Geste fast wie ein Araber. »Es ist etwas schwierig, den Bautrupp über das Bildtelefon zu leiten. Immerhin sind die beiden Türme fertig, und sie arbeiten jetzt an den Fundamenten für das Hauptgebäude.«

»Gut so«, sagte der Scheich. »Das freut mich.«

McCormick lächelte ihn an.

»Sie sind meiner Tochter begegnet, nicht wahr?«

Das Lächeln verblaßte. »Ja«, gab er zu, »es stimmt.«

Al-Hazimi legte die flache Hand sehr vorsichtig auf die Tischplatte. »Mr. McCormick, die Gastfreundschaft legt dem Gastgeber gewisse Pflichten und Obligationen auf. Dasselbe gilt auch für den Gast, daß er nämlich seinerseits gewisse Pflichten hat.«

Der Architekt schaute bekümmert drein. »Ich weiß, daß ich Ihrer Gastfreundschaft nicht würdig bin.«

»Ich habe meine Tochter angewiesen, sich von Ihnen fernzuhalten. Doch Sie sind ein Mann und Sie wissen, was ich meine. Die Verantwortung liegt bei Ihnen.«

»Sir, ich liebe Ihre Tochter.«

Al-Hazimi sagte nichts.

»Und sie liebt mich auch.«

»Sie ist ein Kind, eine Kindfrau, wenn Sie so wollen. Sie hat kein Recht, meine Befehle zu mißachten.«

»Ich möchte sie heiraten«, fuhr McCormick entschlossen fort. »Ich wollte bereits mit Ihnen darüber sprechen, aber Bahjat meinte, ich sollte noch warten.«

Dieser Hund bringt es tatsächlich fertig, darüber zu lächeln!

»Es freut mich, daß Sie von selbst darauf kommen. Glauben Sie mir, ich mag keine Heimlichkeiten hinter Ihrem Rücken.«

»Genug!« Al-Hazimi schlug mit der Hand auf die Tischplatte.

McCormick zuckte zusammen, als wäre er der Geschlagene.

»Es gibt keine Möglichkeit unter der Sonne und unter dem Mond, um dieses Verhältnis zwischen euch beiden durch eine Heirat zu legalisieren. Keine! Meine Tochter ist die Nachfolgerin von Scheichs, von Kriegern und Kalifen, die bis auf den Sohn des Propheten und weit darüber hinaus zurückgehen! Sie wird ihr Blut nicht mit einem unbekannten, ungläubigen Fremden vermischen, der nicht einmal in der Lage ist, seine Leidenschaft so weit zu zügeln, um den Verpflichtungen eines Gastes gerecht zu werden.«

»Aber wir lieben uns«, beharrte McCormick.

»Unsinn!«

»Sie haben keine Möglichkeit, das zu verhindern.«

»Sie werden dieses Haus verlassen, und sie geht nach Eiland Eins, wo sie bereits vor Wochen hin sollte.«

»Wir können uns trotzdem treffen – ganz gleich, wo Sie sie hinbringen, an welchen Punkt der Erde oder außerhalb. Wo sie hingeht, will ich auch hingehen.«

Al-Hazimi brannte die Antwort auf der Zunge.

Der Rotbart schien zu begreifen. »Ach so, ich verstehe. Sobald ich aus dem Haus bin, werde ich nicht mehr lange genug leben, um ihr zu folgen.«

»Ich will Sie nicht bedrohen«, sagte der Scheich.

»Aber Sie haben mich wegen meiner Sicherheit hier festgehalten. Sie sagten mir, daß die Leute, die mich umbringen wollten, es noch einmal versuchen werden, wenn Sie mir Ihren Schutz entziehen.«

»Ich habe die Verantwortlichen ausfindig gemacht und mich mit ihnen auseinandergesetzt. Sie brauchen nicht länger für Ihre Sicherheit zu fürchten.«

»Wirklich nicht?«

»Ich bin kein Meuchelmörder«, entgegnete Al-Hazimi. »Wenn ich Sie töten wollte, dann würde ich es auf der Stelle selbst tun.« Es ist keine Sünde, einen Ungläubigen zu belügen, der deine Tochter geschändet hat.

McCormick erhob sich langsam von seinem Stuhl. »Gut, dann nehme ich Sie beim Wort. Aber Sie müssen auch mein Wort akzeptieren. Ich liebe Ihre Tochter und möchte sie heiraten. Wo Sie sie auch hinschicken mögen, ich werde ihr folgen.«

»Ich könnte gegen solchen Unsinn durchaus etwas unternehmen«, sagte Al-Hazimi ruhig, und er glich mehr denn je einer Kobra, die sich in ihrem Korb zusammenkringelt.

»Sie können überhaut nichts dagegen tun, außer mich umzubringen.«

Al-Hazimi zwang sich zu lächeln. »Herr Architekt, Sie sind ein romantischer Schwärmer. Ich kann Sie mit einem einzigen Telefonanruf außer Gefecht setzen. Ich kann Sie verhaften und für Monate ins Gefängnis werfen lassen. Sie würden sich wundern, welche Möglichkeiten unserer Polizei offen stehen, wenn sie nur will: Rauschmittel, Falschgeld, regierungsfeindliche Propaganda, illegaler Waffenbesitz… Sie könnten jahrelang im Kittchen sitzen.«

»Das wird nicht gehen«, sagte McCormick und schüttelte den Kopf. Dann wandte er sich ab und ging zur Tür.

Der Scheich sah ihm nach und bemerkte, daß er die Tür sorgfältig hinter sich schloß, ohne sie zuzuschlagen. Er mag ein Schwärmer sein, doch er weiß sich zu beherrschen.

 

Es war nach dem Abendessen, als Bahjat in sein Arbeitszimmer stürzte.

Al-Hazimi blickte vom Bildschirm seines Computerterminals auf. Auf die Berührung seines Fingers schaltete sich der Bildschirm aus: die Vergleichszahlen über die Kosten für die ruinösen Regenfälle in Nordamerika gegenüber den Gewinnen, die die Antennenstation in Minnesota abwerfen würde, verschwanden vom Bildschirm.

Zum erstenmal seit Jahren betrachtete er seine Tochter mit anderen Augen. Ja, sie war jetzt eine Frau, eine sehr hübsche Frau sogar. Und recht wütend obendrein.

Bahjats dunkle Augen sprühten und flackerten vor Zorn.

»Du hast ihn rausgeworfen!«

»Natürlich.«

»Damit er umgebracht wird.«

»Er ist so sicher wie in Abrahams Schoß. Ich habe mit diesen Möchtegern-Mördern gesprochen.«

»Du?«

»Ja, ich.«

Für einen Augenblick schien sie verwirrt, wie sie so vor seinem Tisch stand. Wie oft hatte sie seine Arbeit unterbrochen, war auf seinen Schoß geklettert! Aber das lag bereits Jahre zurück. Al-Hazimi wurde sich bewußt, daß sie sich in den letzten Jahren immer seltener gesehen hatten, und wenn sie miteinander sprachen, so geschah dies nur, um sich mit ihr über ihre neuesten Eskapaden auseinanderzusetzen. Es war verkehrt, sie auf westliche Schulen zu schicken. Ich hätte auf ihre Mutter hören und sie auf die hiesige Universität schicken sollen, wo die Mädchen entsprechend erzogen werden.

»Vater, schick ihn nicht fort. Ich…«

»Du liebst ihn. Ich weiß es. Und er liebt dich und möchte dich heiraten.«

»Hat er dir das gesagt?« Ihr Gesicht erhellte sich.

»Ja. Und ich sagte ihm, daß er ein Narr ist. Du gehst nach Eiland Eins, und ich habe bereits dafür gesorgt, daß er dir nicht folgen darf.«

»Das kannst du nicht tun!«

»Das habe ich bereits getan.«

»Ich will nicht fort, Vater. Ich möchte bei ihm bleiben.«

Al-Hazimi schüttelte den Kopf. »Das kann nicht sein. Er ist unerwünscht. Ich weiß, daß du mit ihm Verkehr gehabt hast.« Er preßte die Hände auf die Sessellehnen, daß die Knöchel weiß hervortraten.

Sie nahm den Vorwurf entgegen, ohne mit der Wimper zu zucken. »Du hast mir nachspioniert.«

»Ich habe versucht, dich zu schützen.«

»Vor der Liebe?«

»Vor lüsternen Affen, die dich ausnützen.«

»Dazu ist es bereits zu spät.«

»Ich weiß.«

»Es war schon vor einem Jahr zu spät«, sagte Bahjat, und ihr Gesicht wirkte vor kalter Wut wie eine Kupfermaske.

Al-Hazimi starrte sie an. »Vor einem Jahr?« wiederholte er gepreßt.

»In Paris«, sagte Bahjat, den Spieß umdrehend, »in der Stadt der Liebe.«

»Unmöglich. Irene hat dich keinen Augenblick allein gelassen.«

»Sie war nicht jeden Augenblick bei mir.«

Das boshafte Lächeln seiner Tochter überzeugte Al-Hazimi, daß sie die Wahrheit sprach. Es war das gleiche Lächeln, das er zur Schau trug, wenn er einen seiner Gegner an einem empfindlichen Punkt getroffen hatte.

»Und seither?«

Bahjat zuckte die Achseln.

So war also der Architekt weder der erste noch der zweite Mann in ihrem Leben gewesen. Al-Hazimi lehnte sich in seinem Sessel zurück und ließ die Hände in den Schoß fallen. Irene hatte wahrscheinlich ihre eigenen Affären, anstatt auf meine Tochter aufzupassen. Wir werden schon sehen, wie es ihr gefällt, ein paar Monate von einem der hungrigen Stammesbrüder in den Bergen bewacht und beschlafen zu werden. Das dürfte sie zur Räson bringen – wenn sie’s überlebt.

Bahjat unterbrach seinen Gedankenfluß. »Bitte, Vater, sei ihm nicht böse. Es war nicht sein Fehler. Ich habe die Dienerschaft bestochen, um bei ihm zu sein.«

»Gibt es denn keinen Menschen unter meinem Dach, dem ich trauen kann?! Nicht einmal meiner eigenen Tochter?!«

»Ich war stets eine gehorsame Tochter, ausgenommen…«

»Du warst eine Schlampe!« explodierte Al-Hazimi in seinem überkochenden Zorn. »Eine Hure, die sich hinter meinem Rücken von jedem hergelaufenen Affen besteigen ließ! Du bist des Namens nicht würdig, den zu trägst! Du hast mich verraten und unseren Namen in den Schmutz gezogen!«

»Deinen stolzen Namen!« gab sie zurück, ohne auch nur einen Schritt zurückzuweichen. »Wir leben in Überfluß, während die Menschen hungern. Du dienst der Weltregierung, die unseren Völkern die Freiheit verwehrt. Du dirigierst einen mächtigen Konzern, der Energie an die Reichen verkauft und die Armen auf der Straße verhungern läßt. Geld ist für dich weit wichtiger als Ehre, und die Macht noch wichtiger als Geld!«

»Wir sind von fürstlichem Geschlecht!« tobte Al-Hazimi. »Es ist unsere Pflicht, die anderen zu beherrschen!«

»Fürsten? Scheichs?« Bahjat lachte. »Ihr seid Stadtscheichs, Geldscheichs. Wenn du die Straße der Beduinen entlangfährst, dann tust du es nur in deinem komfortablen Wohnwagen. Du willst ein Scheich sein? Weißt du, was du wirklich bist? Ein Konzernscheich.«

»Ich bin ein Scheich, der an der Kontrolle der Weltraumkolonie Eiland Eins teilhat, und dort wirst du auch hingehen. Und das gleich morgen, ohne weitere Verzögerung. Und dein jüngster Liebhaber, der mit dem roten Bart, wird nicht in der Lage sein, dir zu folgen, das verspreche ich dir.«

Bahjat schaute ihm fest in die Augen, und ihr Blick drang ihm bis ins Herz.

»Wenn ich nach Eiland Eins gehe«, sagte sie, »versprichst du mir dann, daß ihm kein Leid geschieht?«

»Muß ein Mann schon mit seinen Töchtern verhandeln?« fauchte er.

»Ich werde tun, was du willst, wenn du mir nur versprichst, daß er ungeschoren bleibt.«

Al-Hazimi zögerte. Er lehnte sich in seinem Sessel vor und griff nach der elfenbeinfarbenen Zigarettenspitze, dann legte er sie wieder hin. »Es war die RUV, die versucht hat, ihn umzubringen. Ich bin für ihre Taten nicht verantwortlich.«

»Ich kann mich mit der RUV arrangieren«, sagte Bahjat ruhig.

Er blickte zu ihr auf. »Du?« fragte er ungläubig.

»Natürlich.«

»Was willst du damit sagen?«

Sie schien zu wachsen und stand hoch aufgerichtet vor ihm. »Hast du je von Scheherazade gehört? Nun – ich bin Scheherazade.«

»Du… bist Scheherazade!« Al-Hazimi wandte das Haupt gen Himmel. »Nein… nein, das darf nicht sein! Nicht meine eigene Tochter!«

Sie ging um den Tisch herum und kniete vor ihm nieder. »Es ist wahr, Vater. Doch… wenn du den Architekten laufen läßt, wird Scheherazade von der Bildfläche verschwinden. Und ich werde wieder deine gehorsame Tochter sein.«

Er schaute auf sie hinunter. In seinem Inneren kochte es, und er keuchte: »Aber du… unter diesen RUV-Terroristen… und nicht nur eine von ihnen, sondern ihr Anführer! Wie konntest du nur, und warum?«

Bahjat lächelte düster. »Vielleicht, weil ich dir böse war, daß du mich übersehen und mich auf die Schule geschickt hast.«

»O nein, nein… nein.« Er bettete ihr Elfengesicht in seine Hände. »Aber man hätte dich umbringen können. Du wirst von der europäischen Polizei und von der Polizei des Mittleren Ostens gejagt. Die Weltarmee…«

»Jetzt bin ich in Sicherheit«, sagte sie und neigte das Haupt in seinen Schoß. »Scheherazade gibt es nicht mehr. Sie hat ihr Leben für das Leben des Architekten hingegeben.«

Er strich ihr über das glänzende schwarze Haar. »Du wirst sehen, es ist nur zu seinem Besten. Ich trage dir nichts nach.«

»Ich verstehe, Vater.«

Er sah, daß ihre Augen trocken waren. »Ich werde selbst bald nach Eiland Eins reisen«, sagte er. »Es wird dir dort gefallen. Und in einigen Wochen, höchstens in ein paar Monaten wirst du diesen Architekten vergessen haben.«

»Wahrscheinlich«, erwiderte sie sanft.

Er hob ihr Kinn, beugte sich zu ihr hinunter und küßte sie auf die Stirn. Bahjat hielt seine beiden Hände für einen Augenblick lang mit ihren kleinen Händen fest, dann erhob sie sich und verließ wortlos das Zimmer.

Al-Hazimi blieb für einen Augenblick nachdenklich hinter seinem Schreibtisch sitzen und starrte auf die Tür, die sich zwischen ihnen geschlossen hatte. Dann griff er zum Telefon.

Er tätigte drei Anrufe.

Zunächst rief er seinen Majordomus an und befahl ihm, alles für Bahjats Abreise am nächsten Morgen vorzubereiten.

»Ich will, daß diese Nacht ihr Schlafzimmer bewacht wird. Fenster und Türen. Sie schwebt in großer Gefahr, und wenn sie heute nacht ausreißt, kostet es dich den Kopf. Ich brauche zuverlässige Männer, verstehst du? Nicht die bestechlichen, die den Fremden bewacht haben.«

Der zweite Anruf galt Hamud in seiner Wohnung über der Garage. Als sein mürrisches, dunkles Gesicht auf dem Bildschirm auftauchte, sagte Al-Hazimi: »Das ist ein Befehl. Dem Rotbart darf nichts passieren, solange er sich in der Stadt aufhält. Aber er wird morgen versuchen, den Flugplatz zu erreichen. Laßt ihn durch, sobald die Maschine mit meiner Tochter gestartet ist.«

Hamud hob die schweren Brauen. »Ihre Tochter verläßt Bagdad?«

»Ja. Und sobald sie fort ist, wird auch der Architekt abreisen. Auf andere Weise.«

»Ich verstehe«, sagte Hamud.

Al-Hazimi legte den Hörer auf und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Jetzt noch ein Anruf, dachte er. Meine unzuverlässige Dienerin, das Mädchen Irene, und eine Strafe dazu, die dem Verbrechen gerecht wird, das sie begangen hat.

 

Bahjat konnte keinen Schlaf finden. Sie lag auf ihrem Wasserbett unter einer dünnen seidenen Decke und starrte in die Finsternis. Sie versuchte sich Dennys Gesicht und seine Stimme vorzustellen.

Leb wohl mein Eirisch, dachte sie. Ich werde dich niemals vergessen.

Plötzlich klopfte es an ihr Fenster, und sie setzte sich kerzengerade auf. Dann war das Geräusch wieder da, ein einziges Klopfgeräusch an ihrer Fensterscheibe.

Bahjat legte die Bettdecke wie einen Sarong um sich, trat ans Fenster und öffnete es weit. Sie erblickte eine kleine, geduckte Gestalt, die über den Balkon kletterte.

»Hamud!« flüsterte sie. »Was machst du denn da?«

Er glitt auf sie zu und tauchte in die Schatten des Zimmers. »Ihr Vater hat den Verstand verloren. Seine Wachen haben vor einer Stunde Irene aus dem Haus geschleift. Und er hat befohlen, daß man Sie morgen zum Flughafen bringt…«

»Ja. Ich gehe nach Eiland Eins.«

Aber Hamud fuhr fort: »Und er hat befohlen, daß Ihr Architekt umgelegt wird.«

Bahjat erstarrte, doch nur für einen Augenblick.

»Kannst du mir helfen, daß ich aus dem Haus komme? Sofort?«

»Ja«, sagte Hamud. In der Dunkelheit konnte sie sein triumphierendes Lächeln nicht sehen.

Die Kolonie
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