10. Kapitel
Sie ritten an einem der alten Kanäle entlang, die zum fernen Euphrat hinführten. Denny waren Pferde nicht fremd, und Bahjat ritt, als wäre sie auf dem Rücken eines Arabers geboren, schnell, ausdauernd und graziös, als wären sie und der Schimmel aus einem Guß.
Sie ritten an Olivenhainen vorbei, an Feldern mit frischer, grüner Saat, atemlos und frei wie der Wind, unter dem funkelnden Himmel, der wie eine umgestülpte Schüssel aus gehämmertem Gold war, und das Wasser im Kanal zu ihrer Seite schimmerte im Sonnenlicht.
Weit über ihnen brummte ein Hubschrauber mit den schwarz-roten Farben des Scheichtums Al-Hazimi. Er flog so hoch, daß er nur wie ein Tupfen im Himmel wirkte, ein kleiner Fleck nur, der von den beiden Reitern überhaupt nicht wahrgenommen wurde. Der Hubschrauberpilot beobachtete sie durch sein elektronen-optisch verstärktes Fernglas, das an seinem Helm befestigt war. Für ihn war die ganze Szene ohne Bedeutung. Da ritt die Tochter des Scheichs wie verrückt durch die Hitze des Tages, den Eirischen Eindringling auf den Fersen, der sich bemühte, mit ihr Schritt zu halten. Sie waren soeben an der Aschengrube vorbeigeritten und hatten gerade die Grenzen der armseligen Bauernhöfe erreicht. Der Kanal war nichts weiter als ein schmutzigbrauner Graben, nützlich aber häßlich.
Denny trieb sein Pferd an, und das Tier reagierte entsprechend. Doch Bahjat war ihm immer noch eine Länge voraus, ihr dichtes schwarzes Haar fiel auf die Schultern. Sie warf einen Blick zurück und lachte.
Dann drehte sie plötzlich vom Kanal ab, ritt an einem der bestellten Felder entlang und auf die Ruinen eines alten Steingebäudes zu, das auf einer kleinen Anhöhe inmitten des Flachlandes stand. Denny folgte ihr.
Bahjat ritt in den kühlen Schatten eines massiven Steingewölbes. Nur dieser Teil des Gebäudes war noch intakt. Die Mauern zu beiden Seiten waren zerbröckelt. Denny zügelte sein schnaufendes Roß und brachte es auf der anderen Seite des Gewölbes zum Stehen.
»Der Gaul möchte weiterlaufen«, rief ihm Bahjat zu. »Er möchte noch nicht rasten.«
»Aber ich«, sagte Denny, schwang das Bein über den quietschenden Sattel und kam graziös zu Boden.
»Sie reiten gut«, sagte Bahjat, ihr Pferde am Zügel führend.
»Nicht so gut wie Sie.«
»Oh, Sindbad und ich sind alte Freunde. Wir reiten schon seit Jahren miteinander.« Das Pferd warf den Kopf zurück, als wollte es bestätigen, was Bahjat sagte.
»Sindbad«, sagte Denny. »Sie mögen die Namen aus Tausendundeiner Nacht.«
»O ja«, erwiderte Bahjat. »Und von allen Namen aus diesem Märchenbuch ist mir Scheherazade der liebste.«
Er lachte sie an. »Da sind Sie nicht die einzige. Einige dieser RUV-Narren nennen sich ebenfalls Scheherazade.«
»Wirklich?« Bahjat wandte sich etwas von ihm ab.
»Das ist wahrscheinlich diejenige, die meinen Tod verfügt hat«, meinte er.
»Aber nein«, gab sie sofort zurück. »Das möchte ich nicht annehmen. Wieso hätte sie so einen Mann umbringen wollen? Sie war wahrscheinlich sehr ungehalten, als sie erfuhr, daß ihre Freunde beschlossen hatten, Sie anzugreifen.«
Denny machte ein saures Gesicht. »Das kann ich mir vorstellen.«
Sie banden ihre Pferde in der Nähe einer spärlichen Weide fest und nahmen die Sättel und das Gepäck ab. Denny sah, daß der Boden sandig und trocken war. Hier konnte kaum etwas wachsen. Doch da stand ein knorriger alter Baum im vollen Laub, der sich durch die alten verwitterten Steine der eingestürzten Mauern gekämpft hatte. Dort trugen sie ihre Satteltaschen hin und setzten sich in den Schatten.
Bahjat packte belegte Brote und Eistee aus, und sie genossen ihr Mahl. Einmal meinte Denny, das Geräusch der Rotoren eines Hubschraubers gehört zu haben, aber sonst hätten sie Hunderte von Meilen draußen in der Wüste sein können, so einsam saßen sie da.
Er schaute auf das Sandwich, an dem er gerade kaute, dann auf Bahjat, und er lachte.
Ihre dunklen Augen waren fragend auf ihn gerichtet.
»Sehen Sie her«, sagte er und hielt seinen Arm hoch. »Ich kann jede Bibliothek dieser Welt anrufen und einen Computer einschalten, der uns ein paar Verse vorliest. Gefällt Ihnen das?«
»Ja«, sagte sie zögernd, ohne zu begreifen.
»So«, sagte er und tippte etwas in seinen Armband-Kommunikator, »ein Gedichtband unter Bäumen…« – er deutete auf den Baum – »ein Laib Brot, ein Krug Wein…«
»Omar Hayyam«, sagte Bahjat. »Er war ein Perser, und er starb in Ungnade. Ein Trunkenbold.«
»Er war ein großer Dichter.«
Bahjat meinte mit neckischem Lächeln: »Wir trinken keinen Wein.«
»Was soll’s? Die wichtige Passage lautet: ›… und du, die in der Wildnis für mich singt…‹«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht singen. Meine Stimme eignet sich nicht dafür.«
»Jedes Wort, das Sie sprechen, Bahjat, ist wie ein Lied. So oft ich Ihr Gesicht sehe, Ihr Lächeln, ist es für mich das höchste Liebeslied, das je ein Mensch gesungen hat.«
Sie schlug die Augen nieder, als würde sie vor Scham erröten, wie es einer wohlerzogenen jungen Dame vom Zweige Mohammeds zustand. Doch er sah, daß sie lächelte. Er breitete die Arme aus und zog sie an sich, und sie kam ihm entgegen, glücklich, und klammerte sich an ihn mit der gleichen Leidenschaft, die in ihm aufstieg.
Ihre Vereinigung war heftig, aber ohne gierige Hast. Denny erkundete jede Biegung, jeden Fleck ihres jungen Leibes: die Biegung ihres Halses, die leichte Festigkeit ihrer Schenkel, die Weichheit ihrer Brüste, die fast unsichtbare Wölbung ihres Rückens, dieses ganze warme bebende Wunder ihrer selbst. Ihre Hände, ihre Fingerspitzen, ihre Zunge fanden jeden Nerv, der unter seiner Haut sprühte und glühte.
Die Sonne warf bereits lange Schatten über die Ruinen, als sich Denny schließlich aufrichtete. Er wandte sich um und blickte auf Bahjat hinunter, die ihm zulächelte.
»Dein Vater scheint mich nicht besonders zu mögen.«
Sie schloß langsam die Augen und sagte: »Er hat dich von Anfang an nicht gemocht.«
»Das Gefühl hatte ich auch.«
»Doch wir waren von Beginn an ein Herz und eine Seele, mein schöner Eirisch. Unser Blut hat sich miteinander vermischt. Das ist es, was mein Vater haßt.«
»Du meinst die Transfusion.«
Sie nickte und hielt die Augen immer noch geschlossen. »Der Arzt meinte, du würdest verbluten. Es blieb keine Zeit übrig. Wir haben die gleiche Blutgruppe. Es war die Vorsehung.«
»Du hast mir das Leben zweimal gerettet.«
»Einmal, zweimal, hundertmal…« Sie lächelte. »Dein Leben ist mein Leben, Liebster. Ich wußte es seit dem Augenblick, als ich dich zum erstenmal sah, als dich Hamud in den Wagen trug.«
»Und als ich zum erstenmal dein Gesicht sah«, sagte Denny, »auf dem das Mondlicht lag… war ich bereits in dich verliebt.«
»Das ist schön.«
»Aber was ist mit deinem Vater? Er weiß nicht einmal, daß ich außer Haus bin.«
»Er ist viel zu beschäftigt, um uns dauernd zu überwachen. Die Wachen sind bestechlich. Einer der Wachmänner ist in Irene, die griechische Dienerin verliebt. Es war leicht, ihn zu überreden, für eine halbe Stunde zu ihr zu gehen, anstatt dich zu bewachen.«
»Aber er will dich wegschicken – nach Eiland Eins.«
»Ich werde nicht gehen«, erwiderte sie schlicht.
»Und warum hält er mich im Haus gefangen? Warum läßt er mich nicht raus?«
»Um dich vor den Killern der RUV zu schützen«, sagte sie. Dann, mit einem aufblühenden Lächeln: »Und um dir den Weg zu seiner Tochter zu versperren, die wahnsinnig in dich verliebt ist.«
Al-Hazimi saß in seinem fahrbaren Büro, einem riesigen Landkreuzer mit Wasserstoffantrieb. Das Innere des Kreuzers hatte wenig Ähnlichkeit mit dem Büro eines Geschäftsmannes. Der Scheich lehnte an einem weichen Kissenberg, in ein orientalisches Gewand gehüllt. Durch die stark getönten Fenster des Kreuzers konnte er mehrere Reihen von Mikrowellenantennen erblicken, dünne Metallstäbe, die in den Himmel stachen und die Mikrowellenenergie auffingen, die von den Sonnenkraftwerk-Satelliten heruntergestrahlt wurde.
Es war eine kosmische Ironie, daß die arabischen Völker, einst so reich an Öl, in der Energieerzeugung immer noch führend waren. Die Länder des Westens hatten erwartet, daß die Macht der Saudis und Haschemiten niedergehen und allmählich verblassen würde, sobald die Ölvorräte unter ihren Wüsten aufgebraucht waren. Die gierigen Industrienationen warteten auf den Zusammenbruch der arabischen Macht und breiteten sich darauf vor, an den Nachfolgern des Propheten Rache zu nehmen.
Doch die Araber, Gott segne ihre Väter, waren klug genug zu erkennen, daß ihre Wüsten geradezu prädestiniert waren, um dort Sonnenkraftwerke zu erbauen. Sie investierten das Kapital, das durch den Verkauf ihres Öls über sie hereingebrochen war, in Eiland Eins und in die Sonnenkraftwerk-Satelliten, die die Weltraumkolonie baute.
Und Allahs leere Wüsten erwiesen sich weitaus nützlicher, als die Gottlosen im Westen sich jemals erträumt hatten. Gab es einen besseren Platz für jene Anlagen, die die Energie von den Satelliten empfingen? Die intensiven Strahlen der Mikrowellenenergie konnten nicht auf Ballungsräume oder auf landwirtschaftlich genutzte Gebiete gerichtet werden. Europa war hoffnungslos übervölkert, und der Raum war knapp geworden. Niemand wollte eine häßliche, vielleicht sogar gefährliche Energieanlage in der Nähe seines Heimes, seiner Stadt, seiner Farm, seiner Zuflucht dulden.
Die Westlichen fürchteten die Mikrowellenstrahlung, so wie sie seinerzeit die Atomkraftwerke gefürchtet hatten, die im vorigen Jahrhundert vielleicht ihre Rettung gewesen wären, als die Energieknappheit eintrat. Doch in Nordafrika, in Arabien und im Iran gab es große leere Räume. Merkwürdigerweise waren es aber die Israelis, die ein Großteil jener hochentwickelten Technologie und Fachleute beisteuerten, die dazu verhalfen, diese leeren Räume in Energiezentren zu verwandeln, von wo aus Europa von Irland bis zum Ural versorgt wurde.
Al-Hazimi lächelte, während er den neuesten Nachrichten lauschte, die über den Kommunikatorschirm flimmerten, der in die Wand des Kreuzers eingebaut war. Die skandinavische Anlage war wieder einmal stillgelegt worden. Die Umweltschützer machten die Energie, die von den Satelliten heruntergestrahlt wurde, dafür verantwortlich, daß die arktische Ökologie aus dem Gleichgewicht geriet und dadurch die Überflutungen verursacht wurden, die das bebaute tiefere Land im Süden zerstört hatten.
Er drückte einen Knopf auf dem Tastenfeld an seiner Seite, und auf dem Bildschirm tauchten plötzlich die Bilder des skandinavischen Fiaskos auf. Er lachte schallend.
»Warum müssen die jede Art von Ökologie als heikel bezeichnen?« fragte er seinen Gast, der dem Scheich gegenüber still auf seinen Kissen saß.
Der Besucher trug die dunkle Uniform und das karierte Tuch eines Al-Hazimi-Chauffeurs. Er nickte nur, sagte aber nichts. Er war in der Lage, eine rhetorische Frage durchaus als solche zu erkennen.
»Jetzt quasseln sie über die ›heikle Ökologie‹ der nördlichen Tundra und der Gletscher. Als wir unsere Kraftwerke hier bauten, ging es um die ›heikle Ökologie‹ der Wüste. Hach!«
Der junge Mann deutete eine leichte Bewegung an.
»Sehen Sie sich das mal an«, rief Al-Hazimi und deutete durch die Fenster auf die Antennen. »Was für eine Ökologie? Die Wüste ist leer. Da ist nichts, was irgendein vernünftiger Mensch brauchen könnte. Wir benutzen diese Antennenanlage schon seit Jahren, und was ist schon groß passiert? Ein paar Schnecken sind umgekommen, und ein paar Adler, die dumm genug waren, den Strahl zu überfliegen.«
»Aber die Strahlung könnte gefährlich werden«, sagte der junge Mann, »wenn man ihr längerer Zeit ausgesetzt ist.«
Al-Hazimi zog die Augenbrauen hoch. »Hast du Angst, Hamud? Ausgerechnet du?«
»Nein.« Ein Kurde kann so tapfer sein wie ein Araber, dachte Hamud.
Al-Hazimi meinte mit einem dünnen Lächeln: »Es gibt nichts, wovor man Angst haben könnte. Selbst wenn die Strahlen gelegentlich etwas über die Grenzen unseres Werkes hinausgehen, ist diese Talmulde sehr gut abgeschirmt. Der Betrieb ist nahezu perfekt abgesichert.«
»Und äußerst bequem«, setzte Hamud hinzu, um dem Scheich klarzumachen, wie er über seinen Luxus dachte.
»Sie sind ein Asket«, sagte Al-Hazimi.
Hamud schüttelte den Kopf. »Ich bin an solche Annehmlichkeiten nicht gewöhnt. Für einen Chauffeur – ist das Leben weniger komfortabel.«
Al-Hazimi sagte lachend: »Sie meinen, der Leiter der RUV hätte nicht ebenfalls seine kleinen Bequemlichkeiten?«
»Revolutionen werden nicht durch Luxus gemacht«, sagte Hamud schroff.
»Ich nehme an, daß ein Revolutionär aus diesem Grunde leiden muß. Das gehört zu seinem Image.«
Hamud erwiderte nichts.
»Und diese Frau… diese Scheherazade… ist sie ebenfalls ein Asket?«
Hamud erwiderte mit steinerner Miene: »Sie ist ein Symbol, nichts weiter. Ich bin der Anführer der RUV in diesem Teil der Welt.«
»Natürlich«, sagte Al-Hazimi.
»Meine Leute in der RUV haben vor Ihnen etwas Angst«, sagte Hamud. »Sie meinen, daß wir in eine Falle tappen, wenn wir Ihr Geld und Ihre Unterstützung annehmen.«
Al-Hazimis Stimme wurde brüchig. »Ihre Leute meinen, daß ein haschemitischer Scheich, ein Nachkomme des Propheten, sein einmal gegebenes Wort brechen würde? Daß er die Gesetze der Gastfreundschaft je mißachtete?«
»Sie sind jung und ungebildet«, meinte Hamud, »und hungrig.«
»Und eingeschüchtert?«
»Ja, sehr oft. Doch sie tun, was ich ihnen sage, trotz ihrer Angst.«
»Dann sind sie recht tapfer.«
Hamud nickte bedeutsam.
»Warum kämpfen sie gegen die Weltregierung?« fragte Al-Hazimi.
»Weil sie nicht von Fremden gegängelt sein wollen. Was mich angeht, so möchte ich ein unabhängiges Kurdistan, frei von jedem fremden Einfluß.«
»Warum haben Sie versucht, den Architekten zu töten, der den Palast des Kalifen erbaut?«
»Natürlich als Zeichen unseres Widerstandes gegen die Weltregierung.«
»Weitere Gründe hatten Sie nicht?«
»Nein.«
»Sind Sie wegen des Palastbaus nicht ungehalten?«
»Das macht uns nichts aus. Aber dadurch, daß wir den Fremden töten, der die Bauarbeiten leitet, wollen wir der Weltregierung sagen, daß wir uns gegen ihre Diktatur auflehnen.«
»Du bist ein Narr!« schrie Al-Hazimi ihn an.
Hamud schluckte die Wut runter, die in ihm aufstieg, und fragte ruhig: »Wieso?«
»Akte politischen Terrors sind sinnlos«, sagte der Scheich barsch. »Man erreicht damit nichts weiter, als daß eine Abordnung der Weltpolizei von Messina aus hier einfliegt.«
»Das hat nur symbolischen Wert.«
»Symbolischen Wert, daß ich nicht lache!« Al Hazimi schien auf ihn losgehen zu wollen. »Wenn ihr schon streiken müßt, dann tut es dort, wo es etwas nützt!«
Hamud maß den Scheich mit einem mürrischen Blick.
»Ich habe den Fremden in meinem Haus aufgenommen und der Weltpolizei erzählt, daß die örtliche Polizei Herr der Lage ist. Sie werden den Architekten in Frieden lassen. Wenn nicht, wird sich trotz meiner Protektion die Weltregierung Ihrer annehmen, und Sie und Ihre Gefolgsleute werden unter Druck gesetzt. Ihre Asche wird in alle Winde zerstreut werden.«
»Aber warum halten Sie den Architekten immer noch fest? Seine Wunde dürfte ziemlich ausgeheilt sein…«
»Meine Tochter hat sich in ihn vergafft, und ich möchte sie beide im Auge behalten.«
Hamud nickte. Aber das wird wenig nützen, wußte er aus Erfahrung. Bahjat ist klug genug, um ihre eigenen Wege zu gehen.
»Ich weiß immer noch nicht«, grübelte Al-Hazimi, »was sie zu jener Abendstunde im Bazar zu suchen hatte.«
»Ich bin nur ihr Fahrer«, sagte Hamud. »Sie befahl mir, in den Bazar zu fahren, und ich gehorchte.« Ihre Reaktion war dieselbe wie deine, setzte er in Gedanken hinzu, als sie hörte, daß wir den Architekten umbringen wollen. Sie war um seine Sicherheit besorgt, noch bevor sie ihn zu Gesicht bekam.
»Ich muß sie nach Eiland Eins bringen«, murmelte der Scheich. »Das ist die einzige Möglichkeit, sie zu retten.«
»Und meine Leute müssen der Weltregierung irgendwie einen Denkzettel verpassen. Eine revolutionäre Bewegung macht entweder Fortschritte – oder sie bricht in sich zusammen.«
»Dann tut es eben woanders, aber nicht in Bagdad.«
»Wir brauchen Transportmittel, Waffen und Sprengstoff.«
Al-Hazimi nickte kurz. »Gut. Ich will sehen, daß ihr das Zeug bekommt. Aber laßt Bagdad in Ruhe.«
Das heißt, wir sollen deine Tochter in Frieden lassen, dachte Hamud. Aber sie wird dich verlassen, o Scheich, und mir folgen. Meinetwegen wird sie auch den Architekten verlassen.
»Geh jetzt!« Al-Hazimi wies zur Tür. »Mein Assistent wird alles arrangieren, was ihr braucht.«
Hamud erhob sich langsam genug, um den Scheich durch sein plötzliches Aufbrechen nicht zu beleidigen. Er verbeugte sich leicht und ging dann zur Tür, die aus dem Abteil hinausführte. Er schwankte leicht, als der Kreuzer eine Kurve nahm, doch das wissende Lächeln spielte immer noch um seine Lippen.
Wir werden die Transportmittel und die Waffen bekommen, die wir brauchen, sagte er zu sich. Und Bahjat wird mit mir kommen.
Sobald Hamud die Tür hinter sich geschlossen hatte, betätigte Al-Hazimi das Tastenfeld.
Das Gesicht seiner neuesten blonden Sekretärin füllte den Bildschirm. »Sir«, sagte sie mit einem merkwürdigen Lächeln im Gesicht, »wir haben eine Meldung von unserem Hubschrauber.«
Er schloß die Augen. »Und die besagt?«
»Ihre Tochter hat das Haus verlassen – mit dem kanadischen Architekten.«
»Ich verstehe.«
Die Sekretärin las den ganzen Bericht des Piloten vor, einschließlich der Angaben, die jene Zeitspanne betrafen, die Bahjat und McCormick außer Sichtweite im Schatten jenes Baumes in der Einsamkeit der Ruinen verbracht hatten. Als Al-Hazimi die Augen wieder öffnete, merkte er, daß seine Sekretärin ein amüsiertes Lächeln zur Schau trug. Es sollte mich freuen, dir die Fresse zu polieren, dachte er.
»Ist das der ganze Bericht?« fragte er.
»Jawohl«, erwiderte sie.
Er nickte. »Schicken Sie den Fahrer Hamud wieder zu mir herein.«
Der Bildschirm erlosch. Umgehend trat Hamud wieder ins Abteil und ließ sich im Schneidersitz vor dem Scheich nieder.
»Ich habe meinen Plan geändert«, sagte Al-Hazimi.
»Ja, bitte?«
»Du wirst den Architekten umbringen. Es muß nach einem Unfall aussehen… vielleicht nach einem Raubüberfall wie letzthin. Sein Tod darf keinerlei politische Bedeutung haben.«
Hamud nickte und unterdrückte ein Lächeln.
»Aber er muß sterben – so schnell wie möglich. Ich will ihn tot sehen!«