21
»Ich muss nach Chertsey, ehe es zu spät ist!«
Brianna lief zu den Stallungen und sattelte Venus. Sie sagte niemandem, wohin sie wollte, und bat die Königin nicht um Erlaubnis. Sie hatte nur einen Gedanken, ein Ziel. Ich muss nach Chertsey, ehe es zu spät ist.
Brianna ritt die sieben Meilen in schnellem Galopp. Alle möglichen Zweifel plagten sie. Was, wenn er gar nicht nach Chertsey geflohen war? Und wenn er durch ein Wunder dorthin gelangt war, würde er am Ende längst fort sein, bis sie kam? Sie versuchte, die Zweifel zu unterdrücken, da mit jeder Meile ihr Verlangen, Wolf Mortimer zu sehen, stärker wurde.
Als sie ankam, war es noch immer sehr früh. Sie glitt aus dem Sattel und führte ihr Pferd in den Stall.
»Wolf!« Sie rief laut seinen Namen, überglücklich, ihn zu sehen, wobei sie betete, er möge keine Erscheinung sein. »Ihr seid hier!«
»Ich wartete ... und hoffte, Ihr würdet kommen.« Sein dunkles, meist abweisendes Gesicht wurde durch ein Lächeln erhellt.
Sein Anblick machte sie übermütig. Sie zog mit Absicht ihren Verlobungsring vom Finger und steckte ihn in die Satteltasche. »Er hat es geschafft! Er entkam aus dem Tower!« Sie lief in seine Arme, und er hob sie hoch und schwang sie herum. Beide lachten, und plötzlich erschien ihnen die Welt wie verzaubert und Chertsey Castle als der herrlichste Ort, weil sie hier zusammen waren.
Shadow, die an Wolfs Seite gewesen war, als Brianna den Stall betrat, stieß ein freudiges Heulen aus.
Doch dann wurde Brianna einen Moment ernst und wischte sich ihre Lachtränen ab. »Shadow freut sich, dass Ihr frei seid, und ich freue mich mit ihr.«
»Wir wollen den Tag zusammen verbringen. Lasst uns durch den Wald reiten, damit Shadow jagen kann.«
»Ja, nur wir drei. Nichts täte ich lieber ... nirgends wäre ich lieber.«
»Ihr habt nichts gegessen.«
»Seit Tagen nicht mehr. Und Ihr?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe auf Euch gewartet.« Er nahm ihre Hand. »Kommt.«
Plötzlich erfüllte der Gedanke an ein gemeinsames Frühstück, an gemeinsames Essen, sie mit Entzücken. »Kennt Ihr Mrs. Croft schon, die Frau des Verwalters?«
»Ich lernte beide um drei Uhr morgens kennen. Zu wecken brauchte ich sie nicht, das besorgte wohl Shadow, die umhertappte und wie mondsüchtig heulte. Ihr Instinkt verriet ihr, dass ich kommen würde.«
So wie dein Instinkt dir verriet, dass ich kommen würde. »Hat Euch die Burgwache nicht aufgehalten?«
Er sah sie grinsend an. »Wachposten zu entkommen ist mein bevorzugtes Spiel.«
In ihren Augen blitzte Bewunderung auf. »Ja, darauf verstehen sich die Mortimers.«
»Wir verstehen uns auf alles gut«, versicherte er ihr.
»Aufgeblasener walisischer Teufel!«
»Das wird mir nicht annähernd gerecht.« Seine grauen Augen blitzten belustigt.
»Schön, Euch lachen zu sehen. Meist seid Ihr so abweisend und grimmig, das einem ganz bang wird.«
»Kleine Lügnerin.« Er zog ihre Finger an seine Lippen. »Ihr fürchtet weder Mensch noch Bestie.« Er ließ ein tiefes, kehliges Grollen ertönen und tat, als wollte er sie beißen.
Sie blickte lachend zu ihm auf, entzückt, dass er so verspielt sein konnte.
Als sie die Küche betraten, strahlte Mrs. Croft. »Lady Brianna, Shadows Herrchen sagte mir, dass Ihr zu erwarten seid. Setzt Euch und langt zu, alles ist fertig.«
Sie tischte ihnen Haferporridge mit dicker Sahne und goldenem Sirup auf. Auch eine Platte mit Pökelschinken, verlorenen Eiern und Lammbries kam auf den Tisch, dazu heiße Brötchen und frische Butter. Nachdem sie ihnen einen Krug Ale gebracht hatte, besaß sie so viel Anstand zu verschwinden, damit sie das Essen genießen und die Zweisamkeit auskosten konnten.
Brianna goss Sahne auf ihr Porridge. »Shadows Herrchen? Mr. Croft hat nicht die leiseste Ahnung, wer Ihr seid.«
Er tauchte den Löffel in den Sirup und ließ ihn auf ihren Haferbrei fließen. »Sie hält uns für ein Liebespaar, und glaubt, wir hätten ein Stelldichein.«
Ihre Blicke trafen sich. »Gebt den Löffel mir«, sagte sie atemlos. »Ich will ihn ablecken.«
Er hielt ihr den Löffel an die Lippen und blickte ihr lächelnd in die Augen. »Ablecken.«
Erwartung lag in der Luft. Der Ton seiner tiefen wohlklingenden Stimme war wie eine Melodie, die Brianna nicht losließ. Der Sirupgeschmack war wie Ambrosia auf ihrer Zunge, der Geruch der frischen Brötchen weckte ihren Hunger nach mehr als nur Essen. Plötzlich verspürte sie das Verlangen, Dinge zu berühren, zu spüren, wie sie sich anfühlten. Ihr Blick glitt über die Schatten auf Wolfs Wangen. Wie gern wäre sie mit den Fingerspitzen über seine Kinnstoppeln gefahren. Ihr Blick wanderte zum offenen Kragen seines schwarzen Hemdes, und es gelüstete sie, das grobe Leinen anzufassen, die Hand nach innen gleiten zu lassen, um seine dunkel gebräunte Haut zu streicheln.
Wolf hatte den herzhaften Appetit eines gesunden Mannes, und sie genoss es, ihm beim Essen zuzusehen. Dabei wurde ihr bewusst, dass er nur selten seinen Blick von ihr losriss, und wann immer sie zu essen aufhörte, fütterte er sie mit den Fingern. Was er ihr bot, schmeckte so köstlich, dass sie sich die Lippen und seine Finger ableckte. Er goss Ale in einen Humpen, den sie wie einen Liebesbecher teilten. Brianna lächelte. Die weisen Worte ihrer Mutter kamen ihr wie ein Echo ins Gedächtnis, und sie glaubte, sie jetzt zu verstehen. Das Herz will, was es will.
Schließlich stieß er sich vom Tisch ab und streckte die Hand aus. »Es verspricht ein herrlicher Tag zu werden. Seid Ihr bereit zu einem Ausritt?«
»Mit größtem Vergnügen.« Sie reichte ihm ihre Hand, und sie gingen zurück in den Stall, wo Shadow sie erwartete. Als Wolf sie in den Sattel hob und seine kraftvollen Hände sie umfingen, spürte sie ein Prickeln des Verlangens und erschauerte.
Er sattelte einen Rappen, ein Tier aus Flamstead, wie sie sah. »Er heißt Drago - das keltische Wort für Drache.« Warme Röte färbte ihre Wangen, als ihr der Drache auf seinem Schenkel einfiel.
Er lächelte, wohl wissend, was der Grund für ihr Erröten war. »Drago ist ein Prachtpferd. Ich werde gut auf ihn aufpassen und verspreche, dass ich ihn eines Tages zurückgeben werde.«
»Behaltet ihn, wenn Ihr glaubt, er sei es wert.«
»Ihr gebt mit großzügigem Herzen.«
Sie sah zu, wie er ein langes, kräftiges Bein über die Kruppe des Hengstes schwang und mit einer geschmeidigen Bewegung aufsaß, bei der er den Rücken gerade und den Kopf aufrecht hielt. Sein schwarzes Haar fiel ihm auf die Schultern, sein Antlitz wirkte hoheitsvoller als das eines Königs. Als er in den Steigbügeln stand, wusste sie, dass er ihr ein tolles Rennen liefern würde.
Der Sommertag war himmlisch. Das Grün von Gras und Bäumen war so leuchtend, dass die Augen schmerzten. Shadow sprang vor ihnen einher, als sie über eine Kleewiese sprengten und Wolken von Schmetterlingen aufwirbelten und in der Brise tanzen ließen.
Als sie sich dem Wald näherten, beobachtete Wolf Brianna, und sein Herz tat einen Sprung, als er sah, dass sie unbekümmert und frei dahingaloppierte. Er wusste, dass er sich nicht zuletzt deswegen unwiderstehlich zu ihr hingezogen fühlte. Seine Liebe galt wilden Tieren wie Falken, Rotluchsen und Wölfen, da diese sich nie ganz zähmen ließen. Erwarb man sich ihr Vertrauen, war es eine große Auszeichnung.
Sie ritten so schnell aus dem Wald auf eine Lichtung, dass sie einen Rehbock mit vollem Geweih aufschreckten. Er posierte majestätisch, ehe er davonsprang. Ihre Haare wehten hinter ihnen her, als sie nur um des Jagdfiebers willen hinterhersprengten.
Sie verloren ihn und verlangsamten lachend ihr Tempo. Plötzlich war Wolfs Lächeln wie aus seinem Gesicht gewischt. Rasch sprang er aus dem Sattel, hob eine eiserne Falle hoch, die unter einem Baum versteckt lag, und schlug damit gegen den Baumstamm, bis sie völlig zerstört war.
Wolfs Gesicht war so von Ärger erfüllt, dass Briana einen Moment von Angst erfasst wurde. Dann wurde ihr klar, dass er diese Fallen inbrünstig hassen musste, weil auch er und sein Vater eingekerkert gewesen waren. Zum Glück kehrte seine gute Laune wieder, als er Shadow erblickte, die den Wald nach einer Beute durchstreifte, deren Witterung sie aufgenommen hatte.
Nach Venus' Zaum fassend führte er die Pferde an einen Bach, damit sie trinken konnten. Er streckte Brianna die Arme entgegen, und sie ließ sich spontan und mit einer Ungeduld aus dem Sattel gleiten, die ihr eine wilde Schönheit verlieh. Nun drückte er sie an sein Herz und strich mit den Lippen über die feurigen Strähnen, die sich an ihren Schläfen ringelten. Dann stellte er ihre Füße auf den Boden, und sie gingen Hand in Hand den Bach entlang bis zu einer Stelle, wo das Gewässer sich zu einem Waldweiher weitete.
Wolf streckte sich bäuchlings im hohen Gras am Wasser aus und zog sie neben sich. Sie lagen ausgestreckt da, so nahe, dass sich ihre Körper berührten und blickten ins Wasser, wie gebannt von ihrem Spiegelbild, und sahen einander lächelnd in die Augen.
Wolf drehte sich auf den Rücken und zog sie auf sich. Ihr rotgoldenes Haar fiel auf seine Brust, und er zog sein Hemd aus, um das seidige Gefühl auf seiner Haut zu spüren. Worte waren nicht nötig. Beide hatten den Wunsch, sich ihrer hinderlichen Bekleidung zu entledigen und es auszukosten, nackt zu sein, wie die Natur sie geschaffen hatte. Lachend zogen sie sich aus und sahen hingerissen auf ihre Nacktheit.
Er huldigte ihr mit den Augen, und es entging ihm auch nicht die feinste Einzelheit ihrer Schönheit. Ihr wirres, rotgoldenes Haar umspielte ihre Schultern, zarte Strähnen ringelten sich um ihre üppigen, wohlgeformten Brüste.
Langsam wanderte sein Blick tiefer, über ihre zarten Rippen zu ihrer Taille und ihrem weichen Leib. Sein Blick folgte der Kurve ihrer Hüfte zu ihren langen, schlanken Beinen und schmalen Fesseln, dann wieder hinauf zu den weichen Schenkeln und den feurigen Löckchen auf ihrem Venushügel.
Brianna sah seine herrlich breiten Schultern und das Muskelspiel seiner mächtigen Brust. Unerbittlich wurden ihre Augen von seinem flachen Bauch und dem Drachen angezogen, der seinen Schenkel zierte. Als er einen Muskel anspannte, wurde der Drache größer und seine feurige Zunge züngelte. Dann lag ihr neugieriger Blick auf seiner Männlichkeit, die stolz aufragte. Ihre natürliche Neugierde bewog sie, die Hand auszustrecken und ihn zu berühren, und sein Schwanz bäumte sich dagegen auf. Ihr Blick flog zu seinem, und sie lachte in seine lodernden grauen Augen.
»Einmal träumte ich, ich wäre Shadow und du ein schwarzer Wolf, der mich aus meiner Höhle lockte«, sagte sie.
»Wir liefen zusammen los, immer schneller, in wildem Freudentaumel, unsere Freiheit auskostend, hingerissen, dass wir einander fanden.«
»Aber es war mein Traum, nicht deiner.«
»Es war unser Traum, Brianna ... ich schickte ihn dir, um unsere geheimen Sehnsüchte zu befriedigen. Wir erreichten eine Lichtung mitten im Wald.«
Brianna blickte verwundert um sich. »Das war diese Lichtung.« Sie spürte die Erregung in ihrem Leib. »Hier liebten wir uns.«
»Das taten wir. Doch war dies nur ein Wunschtraum, Brianna. Die Wirklichkeit ist komplizierter.« Er kniete vor ihr nieder und zog sie zu sich herunter. »In diesem Moment wünschen wir uns mehr als alles auf der Welt, einander zu lieben. Ich möchte dich für ein ganzes Leben, doch kann ich dich nicht haben. Ich bin bettelarm und auf der Flucht. Eine Ehe kann ich dir nicht bieten. Du bist Tochter eines Earls, und ich bin nichts.«
»Für mich bist du alles. Mein Vater ist reich - er würde uns eine Burg und Land geben, doch kenne ich deinen übertriebenen Stolz und würde dich nicht beleidigen wollen, indem ich dir dies biete. Es kümmert mich nicht, dass du mich nicht heiraten kannst. Ich liebe dich! Liebe kann man nicht beherrschen. Sie beherrscht uns. Der Herz will, was es will.« Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie es ihr Leben lang bereuen würde, wenn sie diesen Moment nicht beim Schopf packte.
»Diese kurze Zeit ist alles, was wir haben. Ich bin gewillt, sie zu nutzen, wenn du es auch willst, Wolf. Von dir geliebt zu werden macht mich zur glücklichsten Frau der Welt.«
»Deine Liebe ist für mich kostbar.«
»Ich gebe sie mit großem Herzen.«
Er nahm sie in die Arme, und sie legten sich ins hohe Gras. Seine Lippen berührten ihr Gesicht und begannen ihre langsame Verführung. Er küsste ihre Schläfe und ließ seine Lippen über ihre Augenbraue streichen. Als sie ihre Wimpern senkte, küsste er ganz sanft ihr Lid. Seine Zunge glitt über ihre Wange, und schließlich nahmen seine Lippen ihren Mund in Besitz. Er küsste sie eine Stunde lang - sanfte, zärtliche Küsse, kurze, eilige Küsse, und träge, verweilende Küsse, die sie dahinschmelzen ließen.
Sie spürte den Geruch des Mannes, der sie umarmte - Leder, Pferd, Männlichkeit. Sein Atem strich über ihre Haut, und sie wusste, dass sie Wolf Mortimer begehrte, wie sie noch nie etwas begehrt hatte. Sie öffnete ihren Mund seiner suchenden Zunge und gab ihrem Verlangen nach.
Er umfasste ihre nackte Brust mit der Handfläche und strich mit seinem rauen Daumen über ihre Brustspitze.
Sie stöhnte auf, als ein Schauer reinster Lust von ihrer Brust ausgehend durch ihren Leib schoss und sich steigerte, als Wolf fortfuhr, sie zu liebkosen und zu streicheln. Seine Hände strichen an ihrem Körper hinunter, die heiße Berührung seiner Finger auf ihrem nackten Fleisch erregte sie. Sich an ihn klammernd genoss sie seinen Geschmack und Geruch und das Gefühl, ihn zu spüren, als sie ihre weichen Kurven an die harte Länge seines Körpers drückte. Das spröde Haar auf seiner Brust rieb die empfindlichen Spitzen ihrer Brüste, und sie grub ihre Nägel in seine Schultern, entzückt von der köstlichen Rauheit.
Wolf schob sich über sie, setzte sich rittlings auf ihre Hüften und sah ihr in die schönen, sanften braunen Augen. »Mein Liebling, es wird schmerzen.«
»Ich weiß«, sagt sie atemlos. »Aber ich will es.«
Er strich über ihren Leib und umfasste ihren Venushügel. Er sah, dass ihre Augen sich vor Verlangen trübten, als sie ihm ihr heißes Zentrum entgegenwölbte. Er spürte, wie sie feucht wurde, und wusste, dass er nicht länger warten konnte. Nun schob er die Spitze seines Phallus an ihren Spalt und durchstieß mit kräftigem Stoß ihr Hymen. Dann verharrte er in absoluter Reglosigkeit.
Er beobachtete sie genau. Wurde der Schmerz zu groß, würde er sich zurückziehen. Verwundert und entzückt registrierte er, dass sie ihm ihren Körper nach einem Aufschrei entgegenwölbte, wild, süß, voller Vertrauen, von ihm zu erlesenen Wonnen geführt zu werden, die ihr Herz würden stocken lassen. Er spürte, dass Brianna seine Fülle in sich liebte und ihm ihren Körper darbot, während er langsam aus ihrer seidigen Scheide heraus-und wieder hineinglitt.
Beide stöhnten ob der unglaublichen Lust, die sie einander bereiteten. Sie war eng und sengend heiß, und ihre Leidenschaft glich der seinen. Als er ihre Schenkel an seinen streifen spürte, durchschoss Feuer seine Lenden. Sie bewegten sich in einem Rhythmus, der ihn an heiße, sich kräuselnde Seide denken ließ.
Brianna erlebte ein Aufblühen, als öffne eine seltene exotische Blume in ihr ihre Blütenblätter ganz weit, um ihn aufzunehmen. Sich weitend, entfaltend, bäumte sie sich auf, bis plötzlich die Blüte tief in ihr barst. »Wolf! Wolf!«, rief sie aus.
Er zog sich zurück, ehe er sich verströmte. Ihre Erfüllung war Belohnung genug für ihn. Er wollte nicht riskieren, sie zu schwängern. Er nahm sie in die Arme und drückte sie an sein Herz. Eng umschlungen lagen sie da, ihre Herzen schlugen aneinander, vereint, als wären sie ein einziges Wesen. »Ich liebe dich, Brianna.« Mehr als Liebe hatte er nicht zu geben, und er betete, dass Liebe genügen würde.
Seine Lippen ruhten in ihrer warmen Halsgrube, als sie an den Rand des Schlafes trieben, in einem Kokon der Glückseligkeit geborgen, in dem es nur sie gab und der Rest der Welt nicht existierte. Nach einer Stunde küsste Wolf sie wach. Belebt und wie Kinder lachend glitten sie in den Waldweiher und schwammen ein Stück. Nun kam zu der Freude über Mortimers Flucht die wundervolle Erfahrung ihrer Liebe, sodass ihre Lebensgeister überschäumten.
Als die Schatten des Nachmittags länger wurden, zogen sie sich an und Wolf pfiff nach Shadow. Als die Wölfin kam, bestieg er Drago und hob Brianna vor sich in den Sattel. Venus folgte gehorsam, als sie zur Burg zurückkehrten. Wer die beiden zusammen sah, konnte nicht daran zweifeln, dass sie ein Liebespaar waren, das ungeduldig das Nahen der Nacht erwartete, damit sie einander wieder besitzen konnten.
Sie aßen zusammen zu Abend, schenkten den Speisen aber so wenig Beachtung, dass sie sich später nicht mehr erinnern konnten, was sie zu sich genommen hatten. Die Vorfreude, das Bett zu teilen und zum ersten Mal zusammen zu schlafen, löschte alle anderen Gedanken aus.
Brianna wählte das große Herrschaftsschlafgemach, in dem Guy de Beauchamp und Jory sonst schliefen. Es war viel einladender für die Liebe als ihr eigenes kleines Gemach.
»Ich war in so großer Eile, dass ich nichts zum Anziehen mitnahm.« Sie öffnete den Schrank ihrer Mutter und entdeckte eines von Jorys eleganten Kleidern und hübsche Wäsche für sich.
Wolf trat hinter Brianna und schlang seine Arme um sie. »Ach, verdammt. Können wir nicht tun, als hättest du diese Sachen nicht gefunden? Nackt bist du mir lieber.«
»Ich werde so tun als ob ... wenigstens heute, du walisischer Teufel.«
Sofort fing er an, sie auszuziehen. Als sie im Hemd dastand, streifte er es ihr triumphierend über den Kopf und schleuderte es durch den Raum. Nicht untätig, öffnete Brianna sein Hemd und schob es von seinen Schultern, dann zog sie spielerisch seinen Dolch aus dem Gürtel und richtete diesen auf ihn. »Zieh dich aus und zeig mir den Drachen, sonst schneide ich dir die Kehle durch.«
»Wenn du mich lieb bittest, Mädchen, lasse ich dich den Drachen reiten.«
»O ja, bitte.« Sie benetzte erwartungsvoll ihre Lippen.
Sie erhaschten im polierten Spiegel einen Blick auf sich, und der Gegensatz ihrer Körper wirkte wie ein Aphrodisiakum. Es zeigten ihnen, dass sie völlige Gegensätze waren. Sein harter, muskulöser Körper machte ihre weiche Weiblichkeit noch verführerischer. Ihre rotgoldenen Locken hoben sich wie leuchtende Flammen von seinem tiefschwarzen Haar ab, und ihre zarte, helle Haut kontrastierte mit seinem, von der Sonne zu einem tiefen Kupferton gebräunten Teint.
Als Brianna den Drachen auf seinem Schenkel sah, kniete sie nieder und küsste ihn. Dann zeichnete sie die Umrisse mit ihrer Zungenspitze nach. Die federleichten Liebkosungen ihrer Fingerspitzen und die Wirkung ihrer geschmeidigen
Zunge, die über die gebogenen, intimen Teile seines Körpers glitt, ließen ihn vor Verlangen erbeben. »Du hast mich verführt. Nie hätte ich gedacht, etwas könnte so erregend sein wie meine Visionen von dir, doch ich irrte mich.«
Wolf hob sie hoch und trug sie zum Bett. Er hob einen ihrer Füße und küsste den Spann, dann fuhr er fort, ihrem ganzen Körper mit seinem Mund zu huldigen. Heute wollte er mehr als ihren Körper, er wollte in ihr Blut eindringen, in ihr Herz und ihre Seele. Seine Liebesworte waren so feurig, dass er sie völlig in den Bann schlug, seine Liebe so leidenschaftlich, dass sie wusste, sie würde der Macht dieses Mannes nie entkommen können. Und sie wollte ihr nicht entkommen, jetzt nicht, niemals.
Er legte sich zurück und hob sie auf sich. »Reite mich, reite den Drachen, Brianna.«
Heute war an ihr nichts Passives. Sie liebte Wolf mit einer hemmungslosen Leidenschaft, von der sie nicht gewusst hatte, dass sie sie besaß. Sie verspürte das hungrige Verlangen, ihn vor eigenem Hunger stöhnen zu lassen, und ihr Liebesspiel war herrlich ungehemmt.
Obschon mit eiserner Beherrschung ausgestattet, nützte sie ihm in diesem Moment nicht. Auch er fing an, sich zu bewegen. Sie ritt ihn härter und schneller, und er hielt ihre üppigen Brüste mit seinen starken Händen umfasst. Schließlich wölbte sie sich vor Lust, und ihr Schrei reinen Glücks durchbrach die Nacht.
Er zog sich zurück, um sie nicht zu schwängern, und drückte sie an sich. Später lagen sie aneinandergeschmiegt in dem großen Bett und sprachen miteinander. Keiner wollte die verbleibenden kostbaren Stunden mit Schlaf vergeuden.
»Als ich heute die eiserne Falle zertrümmerte, schienst du erschrocken.«
»Die Falle brachte eine Gewalttätigkeit in dir zum Ausbruch, die du sonst verborgen hältst.«
»Ich fand die nur wenige Tage alte Shadow an ihre Mutter geschmiegt, die, angelockt vom Köder, tagelang im Todeskampf in der Falle gelegen und versuchte hatte, ihr Bein durchzubeißen, um sich zu befreien. Ich kam zu spät, um sie zu retten und musste sie aus ihrer Pein erlösen.«
»Shadows Liebe ist dein Lohn.«
»Ich fühle mich zu wilden Tieren hingezogen. Deshalb kann ich dir nicht widerstehen«, neckte er sie.
»Heute war der glücklichste Tag meines Lebens«, murmelte Brianna. »Dein Vater ist jetzt zweifellos schon in Frankreich und in Sicherheit.«
»Seine Arbeit hat eben erst begonnen. Er wird eine Armee für eine Invasion in England aufbieten und das Land von seinem nichtswürdigen König befreien. Das kann Jahre dauern, doch zeigt er nötigenfalls an Unnachgiebigkeit grenzende Geduld.« Er küsste sie zärtlich. »Vor mir liegt ein großes Stück Arbeit. Ich muss alle Barone, die Gegner Edwards und Despencers sind, heimlich vereinen. Wenn mein Vater kommt, müssen wir bereit sein.«
»Wolf, ich werde auf dich warten, egal wie lange.«
Er brachte sie zum Schweigen, indem er seine Finger auf ihre Lippen legte. »Keine ewigen Schwüre. Ich habe dir genug genommen. Ich nahm den heutigen Tag und diese Nacht - ich darf dir nicht mehr nehmen.«
Sie stahlen sich noch einen gemeinsamen Tag. Sie ritten aus, liefen und schwammen, bewegten ihre Körper im gleichen Rhythmus; sie gingen angeln und lachten und plantschten so ausgiebig im Bach, dass es ein wahres Wunder war, als sie etwas fingen. Wolf nahm die Forellen aus und briet sie über einem Feuer, das er selbst machte.
Shadow, die auf die Jagd ging, brachte Wolf einen Hasen. Da dieser schon tot war, zog er ihn ab und briet ihn über dem Feuer.
In jener Nacht wurde Brianna schwer ums Herz, als Wolf sie liebte. Seine Küsse waren so süß, so sanft, so atemberaubend zärtlich, dass sie sich wie im siebenten Himmel fühlte. Seine einzige Absicht war es, ihr Lust zu bereiten. Seine langsamen Liebkosungen und seine geflüsterten Worte weckten in ihr das Gefühl, schön zu sein und zutiefst geliebt zu werden.
Später lagen sie eng umschlungen da, und Brianna wusste, dass er ihr Leben für immer verändert hatte. Sie fühlte sich völlig sicher und behütet in seinen Armen, gewärmt von seinem kraftvollen Körper. Sein schwerer, starker und sicherer Herzschlag wiegte sie in den Schlaf.
Als Brianna im ersten Morgengrauen die Augen öffnete, spürte sie den Verlust sofort. Von Panik erfasst, setzte sie sich auf, wohl wissend, dass er sie schon verlassen hatte. Auf ihrem Kissen lag der Wolfskiesel, den sie ihm so impulsiv an dem Tag gegeben hatte, als er Shadow ihrer Obhut überlassen hatte. Als ihre Finger sich über dem Stein schlössen, flössen ihre Augen über. »Gott behüte sie alle beide.«