18

Irene Toller saß allein in dem Seancezimmer und dachte über ihre Rache nach, vor ihr auf dem Tisch stand ein großes Glas Gin. Ich war ein Dummkopf, dachte sie, aber die Zeiten sind vorbei. Endlich waren die Schleier von ihren Augen gefallen.

»Ich trinke auf dich, Elizabeth Delmont, wo immer du auch sein magst.« Irene hob das Glas in einem spöttischen Toast und nahm einen großen Schluck. Der feurige Alkohol brannte in ihrem Hals.

Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Du hinterhältige Hure, du hast mir einen großen Gefallen damit getan, mir die Wahrheit zu zeigen. Weißt du, wenn ich wirklich die Fähigkeit besäße, Phantome herbeizurufen, dann würde ich deinen Geist aus der Hölle heraufbeschwören, nur um mich anständig bei dir zu bedanken.«

Sie nahm noch einen Schluck von dem Gin und bemerkte vage, dass es im Haus langsam kalt wurde. Nachdem Bess gegangen war, war das Feuer heruntergebrannt.

»Leider werde ich dir nicht mehr sagen können, wie sehr ich es zu schätzen weiß, was du für mich getan hast, Mrs. Delmont, denn wenn es um eine Seance geht, bin ich genauso eine Betrügerin, wie du es gewesen bist«, murmelte sie vor sich hin. »Aber alle, die auf diesem Gebiet arbeiten, sind Scharlatane und Betrüger, nicht wahr? Das ist das große Geheimnis, das uns in diesem Beruf verbindet.«

Sie schwieg und versank in Erinnerungen an die Vergangenheit. Sie hatte vor beinahe zehn Jahren mit ihrem Beruf begonnen. Damals war sie noch jung und hübsch, beides nützliche Attribute als weibliches Medium, aber dennoch war auch damals schon die Konkurrenz heftig gewesen. Um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen war sie gezwungen gewesen, die alten und nützlichen Taktiken anzuwenden, private Seancen für Gentlemen abzuhalten, die versuchten, mit den Geistern lang verstorbener Geliebter in Verbindung zu treten.

In einer Nacht nach der anderen hatte sie in abgedunkelten Räumen so getan, als wäre sie besessen von den Phantomen, deren frühere Existenzen sie zu Legenden gemacht hatten. Für Geld hatte sie es ihren männlichen Kunden erlaubt, ihren Körper zu benutzen, um ihre Phantasien leidenschaftlicher Begegnungen mit den lustvollen Königinnen und berühmten Geliebten der Antike auszuleben.

Das war nicht ungewöhnlich bei denjenigen, die am unteren Rand des Berufes existierten. Und sie konnte auch nicht leugnen, dass der große Vorzug darin lag, dass das Medium eine Aura der Unschuld behielt. Immerhin hatte sie ja keinen Sex mit einem Kunden, sie war schließlich nur das Medium, das der Geist für seinen Zweck benutzte.

Diesen Teil ihrer Arbeit hatte sie gehasst, aber sie hatte damals keine andere Wahl gehabt, rief sie sich jetzt ins Gedächtnis.

Schließlich hatte sie die Planchette bei ihrer Arbeit eingeführt, einige Klopfzeichen und die Erscheinungen. Diese Techniken hatten ihr einen anderen, weniger fordernden Kundenkreis eingebracht.

Und dann war vor ein paar Monaten er in ihr Leben getreten, und sie war wieder in ihre alte Rolle zurückgefallen. Am Anfang hatte sie sich eingeredet, dass ihre Beziehung aus ihrer Sicht lediglich geschäftlicher Natur war. Doch sie hatte einen entsetzlichen Fehler begangen. Sie hatte sich verliebt.

Wie hatte sie nur so dumm sein können. Es war beinahe so, als wäre sie verzaubert gewesen, überlegte sie. Aber der Zauber war schließlich gebrochen worden, durch das Vergießen von Blut, der ältesten Magie von allen. Und dabei glaubte sie nicht einmal an diesen ganzen Unsinn, rief sie sich ins Gedächtnis, und ein Schauer rann durch ihren Körper.

Aber sie glaubte an die Rache, und schon bald würde sich ihre Rache erfüllen.

Irgendwo im Haus knarrte eine Diele. Das unheimliche Geräusch war laut in der Stille und riss sie aus ihren Gedanken. Sie holte tief Luft und bemühte sich, ruhig zu bleiben. Das Geräusch war nicht mehr als das Arbeiten des Holzes im Haus, das sie schon so oft gehört hatte, wenn sie in der Nacht allein war.

Sie zwang ihre Konzentration wieder zurück auf die ursprünglichen Dinge. Die Seance heute Abend war ganz besonders gut verlaufen, überlegte sie. Es war sehr erfreulich gewesen, Mrs. Fordyce dabei zu haben. Die Schriftstellerin war ganz sicher einer der wichtigsten Menschen, den sie je bei einer Seance hatte begrüßen dürfen. Es stimmte zwar, Caroline Fordyce gehörte nicht zur gehobenen Gesellschaft, aber sie wurde immer bekannter, und es bestand kein Zweifel daran, dass sehr viele Menschen der gehobenen Gesellschaft ihre Romane lasen.

Irene bedauerte nur, dass die Inspiration sie dazu veranlasst hatte, den toten Ehemann der Schriftstellerin heraufzubeschwören. Es bestand immer ein Risiko, wenn man den Geist eines verstorbenen Ehepartners einschaltete, überlegte sie. Ein Medium musste vorsichtig mit diesen Dingen umgehen, ganz besonders wenn es nichts wusste von der Beziehung ihres Kunden und des Verstorbenen. Sie erinnerte sich nur zu gut an den Abend, an dem sie den Geist eines toten Ehemannes herbeigerufen hatte, nur um dann festzustellen, dass die Witwe ihn abgründig gehasst hatte und wahrscheinlich sogar dabei nachgeholfen hatte, ihn auf die andere Seite zu befördern.

So zu tun, als hätte sie Kontakt mit Jeremy Fordyce aufgenommen, schien ihr harmlos, bis sie aufgeblickt und die nackte Wut im eisigen Blick von Mr. Grove entdeckt hatte. In diesem beunruhigenden Augenblick hatte sie einen Anflug von Furcht verspürt, die durch ihren Körper fuhr. Bei der Erinnerung daran rann erneut ein Schauer durch ihren Körper. Sie hatte sofort begriffen, dass sie sich schrecklich geirrt hatte.

Einige entsetzliche Sekunden lang hatte sie befürchtet, dass Mr. Grove ein Licht anzünden und all ihre Tricks enthüllen würde, einschließlich der falschen Wachshände, die sie auf den Tisch gelegt hatte, damit ihre eigenen Hände die verschiedenen Gerätschaften bedienen konnten, die sie eingebaut hatte.

Irene nahm sich vor, den verstorbenen Ehemann nicht mehr zu erwähnen, wenn Mr. Grove bei einer Sitzung dabei war.

Ganz sicher jedoch wollte sie die Verbindung mit Mrs. Fordyce fördern. Die Schriftstellerin würde neue Türen für sie öffnen, überlegte Irene zufrieden. Es war Tatsache, dass die gesellschaftlichen Regeln sehr streng waren, wenn es darum ging, mit der anderen Seite in Verbindung zu treten, genau wie im wirklichen Leben auch. Die Menschen der gehobenen Gesellschaft waren genauso fasziniert vom Spiritualismus wie alle anderen auch, aber sie zogen es vor, Medien aufzusuchen, die aus ihren eigenen Reihen zu kommen schienen. Sicher, manchmal machten sie sich einen Spaß daraus, an der Seance eines Mediums teilzunehmen, das gesellschaftlich unter ihnen stand, aber sie würden niemals auch nur einen Augenblick lang daran denken, eine Irene Toller in ihren kostbar möblierten Salon einzuladen.

Selbst wenn sie es schaffte, sich bis in diese Höhen emporzuarbeiten, wäre sie in den Augen der Elite doch nicht mehr als eine Unterhalterin. Nie würden sie Irene im gleichen Licht sehen wie Julian Eisworth.

Sie schnaufte leise und nahm noch einen Schluck von ihrem Gin. Wenn doch diese reichen, arroganten Typen aus der Gesellschaft, die Eisworth umschwärmten, nur die Wahrheit über ihn wüssten. Sie verzog das Gesicht. Was könnte sie ihnen über diesen Mann alles erzählen.

Wieder ächzte es irgendwo in dem kalten Haus. Unsicher blickte sie zu dem verborgenen Schrank, in dem sie den schlimmen Beweis ihres Verbrechens versteckt hatte.

Es hatte sich noch keine Gelegenheit ergeben, ihn verschwinden zu lassen, doch gleich morgen früh würde sie das erledigen. Sie würde das blutbefleckte Kleid in einen Sack stecken, ein paar Steine hinzutun, um ihn zu beschweren und ihn dann in den Fluss werfen.

Die Sache mit dem Kleid tat ihr Leid. Es war ein so hübsches Kleid gewesen. Er hatte es für sie gekauft. Sie hatte nicht erwartet, dass so viel Blut fließen würde.

Ein Luftzug kam aus dem dunklen Flur. Irenes Finger schlössen sich fester um das Glas. Es war beinahe so, als hätte der Geist der verstorbenen Frau gerade ihren Namen gerufen.

Höre sofort mit diesem Unsinn auf.

»Du warst ein genauso großer Dummkopf wie ich, Elizabeth Delmont«, flüsterte sie in die Dunkelheit. »Wir beide hätten von Anfang an begreifen müssen, dass keiner von uns es mit ihrem Geist aufnehmen konnte.«

Sie nahm noch einen Schluck Gin, um ihre Nerven zu beruhigen. Er würde schon bald hier sein. Sie musste sich auf den zweiten Teil ihrer Rache konzentrieren.

Man hörte leises, gedämpftes Klopfen von der Eingangstür. Irene sprang auf, ihr Puls raste, trotz des Gins.

Endlich war er hier. Die Zeit war gekommen, um auch noch den Rest ihrer Rache zu erfüllen.

Es herrschte eine so eigenartige Stimmung im Haus heute Abend. Ganz plötzlich wünschte sie, sie hätte Bess nach der Seance nicht weggeschickt. Aber was sie vorhatte, konnte sie auf keinen Fall vor einem Zeugen tun.

Wieder klopfte es an der Tür, und Irene musste an das Klopfen der Geister bei einer Seance denken.

Aus einem unerklärlichen Grund musste sie sich zwingen, durch den Flur zur Eingangstür zu gehen. Was war nur los mit ihr? Warum hatte sie plötzlich solche Angst? Es bestand überhaupt kein Grund dafür. Sie hatte einen Plan; einen Plan, der nicht nur ihre Rache erfüllen, sondern der ihr auch weit mehr Geld bringen würde, als alle Investitionen es konnten.

Sie blieb im Flur stehen, atmete tief durch und öffnete dann die Tür.

»Ich habe deine Nachricht bekommen«, sagte er.

»Komm rein.«

Er trat über die Schwelle. »Du hast es mir sehr schwer gemacht, Irene.«

»Hast du wirklich geglaubt, ich würde zulassen, dass du mich benutzt und mich dann betrügst, als sei ich nicht mehr als nur eine billige Hure?«

»Eigentlich bist du noch schlimmer als eine billige Hure. Du bist eine betrügerische Hure. Aber wir wollen uns nicht über Kleinigkeiten streiten. Sage mir, was du von mir willst.«

Sie lächelte, trotz ihres Zorns. »Folge mir, und dann werde ich dir ganz genau sagen, was du tun sollst, es sei denn, du möchtest, dass ich deine Geheimnisse der Presse enthülle.«

»Das klingt ganz nach einer Erpressung.«

»Sieh es lieber als einen geschäftlichen Vorschlag.«

Sie führte ihn durch den Flur in das Seancezimmer. Als sie das Zimmer betrat, war er nur wenige Schritte hinter ihr.

»Irgendetwas sagt mir, dass diese Unterhaltung sehr unangenehm werden wird«, meinte er. »Hast du etwas dagegen, wenn ich einen Schluck Gin trinke?«

»Du wirst gar nichts mehr trinken, was mir gehört«, antwortete sie und wandte sich halb um, um ihn über die Schulter hinweg böse anzusehen.

Zu spät erkannte sie, dass er den schweren Kerzenständer aus Messing in der Hand hielt, der auf dem Tisch im Flur gestanden hatte. Und das war auch der Augenblick, in dem sie begriff, dass sie an diesem Abend bereits ihren zweiten Fehler gemacht hatte.

Sie öffnete den Mund, um zu schreien, instinktiv wirbelte sie herum, um wegzulaufen. Doch in dem kleinen Zimmer war kein Platz zum Fliehen.

Er schlug so schnell zu und mit einer solchen Kraft, dass sie nur noch leise aufstöhnen konnte.

Unter dem ersten Schlag sank sie bereits zusammen, doch er schlug wieder und wieder zu, bis der Teppich voller Blut war. Bis er ganz sicher sein konnte, dass sie tot war.

Als er fertig war, atmete er schwer. Schweißtropfen standen auf seiner Stirn. Er blickte auf sein Opfer hinunter.

»Betrügerische Hure.«

Er ließ sich Zeit, um die Szene im Seancezimmer zu schaffen, die er haben wollte. Als er endlich zufrieden war, zog er seine Taschenuhr heraus und sah nach der Zeit. Viertel nach zwölf.

Sorgfältig stellte er die Uhr zurück und legte sie dann neben die Leiche auf den Boden. Mit dem Absatz seines Schuhs trat er dann mit aller Macht auf das Glas und zerbrach die Uhr.

Die Zeiger der Uhr blieben für immer auf Mitternacht stehen.

Er wollte sie nicht nur haben, gestand sich Adam einige Zeit später. Er verzehrte sich nach ihr.

Wieder einmal saß er in der Kutsche und beobachtete Caroline im Halbdunkel. Gemeinsam hatten sie es geschafft, ihr wieder in die Unterröcke und das Kleid zu helfen und ihr Haar zu richten. Sie sah jetzt wieder ganz ordentlich aus. Doch nichts konnte den Funken des neu entdeckten Wissens dämpfen, der ihre Augen blitzten ließ.

Er kannte eine so ruhelose, beunruhigende Leidenschaft gar nicht. Selbst jetzt noch, nachdem er sie zwei Mal geliebt und sich vollkommen verausgabt hatte, konnte er an nichts anderes mehr denken als daran, wie und wann er ein weiteres Treffen mit Caroline einrichten konnte. Seine scheinbar endlose Sehnsucht nach ihr sollte ihm eigentlich Sorgen bereiten, überlegte er. Doch aus irgendeinem Grund heraus brachte er nicht einmal die Energie auf, sich darüber aufzuregen.

Auf der Fahrt zurück in die Corley Lane hatte Caroline nur sehr wenig gesprochen. Sie schien ganz in Gedanken versunken. Er fragte sich, ob sie wohl an die Freuden der Leidenschaft dachte oder ob sie ihre Erfahrungen als Grundlage für das nächste Kapitel des The Mysterious Gentleman nutzen würde.

Diese Möglichkeit war äußerst beunruhigend, fand er. Wenn er wirklich seine Nerven strapazieren wollte mit Bedenken über das, was an diesem Abend geschehen war, so war der Gedanke, dass Caroline ihre Erfahrungen in ihren Roman einbringen könnte, dazu sehr angetan.

Als die Kutsche schließlich anhielt, wurde Caroline mit einem Ruck aus ihren Träumen gerissen, sie sah aus dem Fenster.

»Gütiger Himmel, ich bin zu Hause, und wir haben nicht einmal darüber gesprochen, was wir als nächsten Schritt in unseren Nachforschungen unternehmen sollen«, meinte sie.

Er öffnete die Tür der Kutsche und ließ die Treppe auf die Straße hinunter. »Offensichtlich hatten wir andere, dringende Dinge zu tun.«

Sie lachte leicht und fröhlich auf, und er dachte unvermittelt an das sanfte Rieseln eines Frühlingsregens.

»Oh ja, ich verstehe, was du meinst.« Sie stieg hinter ihm aus der Kutsche und wurde gleich wieder ernst. »Ich hoffe, du wirst nicht versuchen, heute Nacht noch Mrs. Tollers Haus zu durchsuchen.«

»Nein.« Er griff nach ihrem Arm und führte sie zum Haus. »Ich habe die Absicht zu warten, bis sie und ihre Haushälterin morgen Nachmittag zum Wintersett House gehen, zu einer weiteren Vorstellung über Schreiben von Geisterhand.«

»Du kennst ihre Termine?«, fragte sie überrascht.

»Ich habe mich heute Nachmittag danach erkundigt.«

»Ah ja, deine berühmten Erkundigungen. Nun, ich bin auf jeden Fall erleichtert zu hören, dass du nicht die Absicht hast, noch heute Nacht in ihr Haus zu schleichen.«

Vor der Treppe zur Haustür blieb er stehen. »Ich würde gern mit dir über die Dinge sprechen, die heute auf der Seance passiert sind. Eine Sache hat dabei meine besondere Aufmerksamkeit geweckt, abgesehen von der Erwähnung von Mr. Fordyce. Darf ich dich morgen besuchen?«

»Ja, natürlich.« Sie griff in die Tasche und suchte nach ihrem Schlüssel. »Was war das denn, was dich aufmerksam gemacht hat?«

…..

»Die Möglichkeit zu einer Investition, zu denen einer der Geister den beiden Ladys geraten hat.«

»Ich erinnere mich. Aber ich glaube nicht, dass das so viel zu bedeuten hat. Ich habe dir doch gesagt, es ist normal, dass Medien vorhersagen, dass einige der Teilnehmer an der Seance überraschend zu Geld kommen.«

»Aber dies kam mir vor wie eine ungewöhnlich genaue Vorhersage.« Er nahm ihr den Schlüssel aus der Hand und schob ihn ins Schloss. »Es gab ganz genaue Einzelheiten, wie zum Beispiel, dass ein Mann auf die beiden zukommen und sich als Freund einer toten Bekannten vorstellen würde.«

»Ja, das stimmt.«

»Als wir zum ersten Mal miteinander gesprochen haben, hast du erwähnt, dass eine der Teilnehmerinnen an Elizabeth Delmonts letzter Seance auch einen Rat bezüglich einer Investition bekommen hat.«

»Ja, das ist richtig«, stimmte sie ihm zu. »Und jetzt, wo du darüber sprichst, fällt mir ein, dass er ganz ähnlich klang. Einer der Geister, die Elizabeth Delmont anrief, hat Mr. McDaniel gesagt, dass er schon bald von einem Gentleman angesprochen werden würde, der ihm den Namen des Geistes nennen und ihm Informationen über eine lukrative Investition geben würde. Aber was hat das denn mit dem Mord und dem vermissten Tagebuch zu tun?«

»Vielleicht gar nichts.« Er öffnete die Tür. »Aber ich muss sagen, ich finde es sehr interessant, dass Toller und auch Delmont den Teilnehmern an ihren Seancen ähnliche Botschaften ausgerichtet haben.«

Sie trat in den dunklen Flur und wandte sich noch einmal zu ihm um. »Glaubst du denn, es hat eine Verbindung zwischen den beiden Frauen gegeben?«

»Das wäre schon möglich.« »Aber Irene Toller und Elizabeth Delmont waren Konkurrentinnen.«

»Geld bringt die eigenartigsten Verbündeten zusammen. Da brauchst du nur einige der Ehepaare aus der gehobenen Gesellschaft zu fragen.«

»Das ist eine sehr zynische Bemerkung, Adam.«

»Ich habe schon vor langer Zeit herausgefunden, dass man sehr viele Fragen über einen Menschen beantworten kann, sei er nun hochgestellt oder nicht, wenn man zuerst einmal nach der Quelle seines Einkommens forscht.«

»Eine verlockende Beobachtung. Das erinnert mich wieder daran, dass du gesagt hast, du hättest Pläne für das Gebäude in der Stone Street. Was willst du denn damit anfangen?«

Er zögerte zuerst, doch dann entschied er, dass es keinen Grund gab, ihr seine Absichten zu verschweigen. »Ich bin dabei, Vorbereitungen zu treffen, um es in ein Haus für Straßenkinder umzubauen. Es wird ein Ort sein, wo sie in Sicherheit sind und auch genug zu essen bekommen. Man wird ihnen dort Lesen und Schreiben beibringen, damit sie ihren Weg in der Welt finden.«

Sie lächelte ihn sanft und geheimnisvoll an. »Natürlich. Ich hätte es mir denken können.«

Er runzelte die Stirn, weil ihre Antwort ihn überraschte. »Wie zum Teufel hättest du möglicherweise …«

»Ach, lass nur. Es ist nicht wichtig. Gute Nacht, Adam.«

»Gute Nacht, Caroline.«

»Ich kann es kaum erwarten, morgen früh mein nächstes Kapitel zu schreiben«, meinte sie. »Ich fließe ganz plötzlich über von neuen Ideen für meine Geschichte.«

Leise schloss sich die Tür vor seiner Nase.

Einen Augenblick lang blieb er verwirrt stehen. In einem solchen Augenblick würden einige Frauen sich Sorgen um ihren Ruf machen oder darüber, ob sie vielleicht schwanger geworden waren. Caroline allerdings schien sich nur mit der Handlung ihres Romans zu beschäftigen.

Er fragte sich, ob das wohl ein Grund war, sich Sorgen zu machen.