zehntes kapitel

 

Zwei Wochen später stieg Lunzie am Raumhafen von Tau Ceti aus dem Frachter Nova Mirage und ging mit großen Augen durch die Korridore zum Empfangsbereich. Selbst für einen Kolonialplaneten hatte sich hier in fünfundsiebzig Jahren enorm viel verändert. Die gerillten Plastikhangare waren durch Dutzende genormter Steinbauten ersetzt worden, die auf Lunzie, hätte sie es nicht besser gewußt, den Eindruck gemacht hätten, als wuchsen sie direkt aus dem Boden.

Als sie ins Freie trat, durchfuhr sie ein gelinder Schock. Die ungepflasterten Straßen waren verbreitert und mit einer porösen, wasserableitenden Polyesterschicht überzogen worden. Die meisten Gebäude, an die sie sich erinnerte, waren verschwunden und durch doppelt so große Bauten ersetzt worden. Sie hatte die Kolonie von Tau Ceti in ihrem Anfangsstadium erlebt. Inzwischen war sie ganz aufgeblüht. Lunzie war ein wenig traurig darüber, daß man einer so makellosen Landschaft Gewalt angetan hatte, aber sie mußte zugeben, daß man die Erweiterungen mit Geschmack und Farbgefühl vorgenommen hatte, so daß sie die Umgebung eher ergänzten, als von ihr abzulenken. Tau Ceti war immer noch ein gesunder, angenehmer Planet, der nichts von der düsteren Nebligkeit Alpha Centauris hatte. Die kühle Luft, die Lunzie atmete, roch nach zwei Wochen Schiffsluft und einer Woche Smog davor frisch und natürlich. Die Sonne schien ihr warm ins Gesicht.

Lunzie schätzte die Ironie, die darin bestand, daß sie dieselben Kleidersäcke über der Schulter trug, die sie vor vielen Jahrzehnten getragen hatte, als sie Fiona auf Tau Ceti zurückließ. Sie waren seitdem erstaunlich wenig verschlissen. Nun, das lag alles hinter ihr. Sie fing ihr Leben wieder von vorn an. Mit einem Honorargutschein in der Hand suchte sie das Büro der Nova Mirage, um ihr Gehalt zu kassieren und nach dem Weg zu fragen.

Es war eine unruhige, aber dafür schnelle und gefahrlose Reise gewesen. Die Nova Mirage, ein überlichtschneller Frachter mittleren Fassungsvermögens, transportierte Rohrteile und Industriechemikalien nach Tau Ceti. Unterwegs hatten Teile der Mannschaft über Husten geklagt und Symptome gezeigt, die Lunzie als eine Form der Staublunge diagnostizierte. Bei einer Untersuchung kam heraus, daß einer der riesigen Tonnen im Frachtraum, der pulverisierte Kohlenstoffkristalle enthielt, undicht geworden war. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, hätte sie nicht unmittelbar neben einem offenen Einlaßventil des Belüftungssystems gestanden. So hatten sich die Staubteilchen übers ganze Schiff verteilt. Aber abgesehen davon, daß man dabei fünfzig Kilo Fracht verloren hatte, gab es keinen Grund zur Beunruhigung. Es war nur ein Unfall. Hinweise auf Sabotage gab es nicht. Die Patienten, die dem Staub eine Woche lang ausgesetzt gewesen waren, trugen keine bleibenden Schäden davon, so unangenehm die Symptome auch ausfielen.

Lunzie hatte die Alarmanlage während ihrer Schlafschichten an der Tür ihres Behandlungszimmers befestigt. Während der ganzen Reise hatte sie nicht einen Pieps von sich gegeben. Das Hologramm und die mit ihm eingewickelten Memokuben waren unberührt auf dem Boden ihres Kleidersacks liegen geblieben. Kein Mannschaftsmitglied hatte Grund zur Annahme, daß ihre freundliche Schiffsärztin ein Geheimnis verbarg. Und jetzt war sie unterwegs, die Nachricht an ihren Empfänger zu überbringen.

»Ich würde gern Commander Coromell sprechen«, sagte Lunzie im Oberkommando der Flotte. »Mein Name ist Lunzie.«

»Admiral Coromell ist in einer Sitzung, Lunzie. Wenn Sie warten möchten?« sagte der Empfangschef höflich und zeigte auf eine gepolsterte Bank an der Wand des spärlich möblierten, weißgestrichenen Raums. »Sie müssen unterwegs gewesen sein, Bürgerin. Er ist kürzlich befördert worden. Er ist jetzt nicht mehr Leutnant Commander.«

»In seiner Familie scheint es viele Admirale zu geben«, bemerkte Lunzie. »Ich werde darauf achten, ihn richtig anzusprechen, Fähnrich. Vielen Dank.«

Wenig später erschien ein uniformierter Adjutant, der sie ins Büro des frischgebackenen Admirals Coromell begleitete.

»Da ist sie ja«, tönte eine wohlbekannte Stimme, als sie das Zimmer betrat. »Ich wußte doch, daß es keine zwei Lunzies geben kann. Ein ungewöhnlicher Name. Und eine ungewöhnliche Frau, die ihn trägt.« Der pensionierte Admiral Coromell stand auf und faßte ihre Hand. »Wie geht’s Ihnen, Doktor? Ich freue mich, Sie wiederzusehen, obwohl ich nicht gedacht hätte, daß es so bald sein würde.«

Lunzie begrüßte ihn ebenso herzlich. »Ich bin froh, daß Sie in so guter Verfassung sind, Sir. Ich hatte leider nicht die Gelegenheit, Sie noch einmal gründlich zu untersuchen, bevor ich erfuhr, daß Sie abgereist waren.«

Der Alte lächelte. »Nun ja. Aber Sie haben doch sicher nicht den weiten Weg zurückgelegt, um mein Herz abzuhören, oder? Ich habe noch nie eine gewissenhaftere Ärztin erlebt.« Er sah besser aus als zu dem Zeitpunkt, als Lunzie ihn das letzte Mal gesehen hatte und er sich gerade vom Kälteschlaf erholte, aber sie hätte ihn trotzdem gern mit einem Scanner untersucht. Ihr gefiel seine Hauttönung nicht. Die Falten in seinem Gesicht waren noch tiefer geworden, und etwas um seine Augen machte ihr Sorgen. Er war über hundert Jahre alt, was keinen Anlaß zur Sorge bot, wenn Menschen ein durchschnittliches Lebensalter von hundertzwanzig Jahren erreichten. Dennoch hatte er in letzter Zeit zusätzliche Belastungen durchstehen müssen, die sicher Einfluß auf seine Konstitution gehabt hatten. Er hatte eine gute Veranlagung, und das würde ihm sicher das Leben verlängern.

»Ich glaube, sie ist meinetwegen hier, Vater.«

Der Mann hinter dem Schreibtisch stand auf und kam hervor, um ihr die Hand zu schütteln. Sein Haar war dicht und kraus wie das seines Vaters, aber es war honigbraun statt weiß. Unter blaßbraunen Brauen drangen seine Augen, vom selben eindringlichen Blau wie die Augen des alten Coromell, mit Blicken in sie, als könne er ihre Gedanken lesen. Lunzie fühlte sich etwas überfordert von der Intensität dieses Blicks.

Er war so groß, daß sie den Kopf in den Nacken legen mußte, um mit ihm in Blickkontakt zu bleiben.

»Sie machen es einem offensichtlich leicht, Ihnen treu zu bleiben, Lunzie«, sagte der Admiralssohn mit einer sanfteren Variante der volltönenden Stimme seines Vaters. Er war ein attraktiver Mann und strahlte eine starke Persönlichkeit aus, die Lunzie als maßgeschneidert für einen verantwortungsvollen Posten im Nachrichtendienst empfand. »Ihr Freund Teodor Janos war entschlossen, die ganze Galaxis umzukrempeln, um Sie zu finden. Er kennt sich mit computergestützten Nachforschungen offenbar gut aus. Ohne ihn hätte ich nicht die Hälfte der Beweise gehabt, die nötig waren, um die Flotte zur Entsendung eines Schiffs zu überreden, obwohl mein Vater unter den Vermißten war. Es freut mich, Sie endlich kennenzulernen. Wie geht es Ihnen?«

»Sehr gut, Admiral«, erwiderte Lunzie verlegen. »Äh … entschuldigen Sie. Ich glaube, ich komme ein wenig durcheinander, weil Sie beide denselben Namen und denselben Rang haben.«

Der Alte strahlte sie beide an. »Ist er nicht ein feiner Kerl? Als ich fortging, war er noch ein Halbwüchsiger, der sich gerade seine Kapitänsstreifen verdient hatte. Vor zwei Tagen bin ich zurückgekommen, und man ernannte ihn zum Admiral. Ich könnte nicht stolzer auf ihn sein.«

Der junge Admiral lächelte auf sie herunter. »Soweit es mich betrifft, gibt es nur einen Admiral Coromell.« Dabei deutete er auf seinen Vater. »Zwischen uns, Lunzie, wird mein Name ausreichen.«

Lunzie war erschrocken über sich selbst, als sie sein Lächeln erwiderte. Hatte sie sich nicht gerade erst geschworen, niemanden mehr so nah an sich heranzulassen? Lag die schmerzhafte Trennung von Tee nicht gerade erst hinter ihr? Natürlich war Coromell ein gutaussehender Mann, und sie konnte sich weder seinem Charme noch seiner Intelligenz verschließen. Wie konnte sie nur so von ihm schwärmen? Sie hatte den Mann doch eben erst kennengelernt. Sie mußte sich mit Gewalt zusammenreißen und wieder auf ihre Mission besinnen.

»Ich habe eine Nachricht für Sie … äh … Coromell. Von Captain Aelock von der Ban Sidhe.«

»Tatsächlich? Ich habe eben erst über einen gesicherte FTL-Kanal mit ihm gesprochen. Er erwähnte nichts von einer Nachricht.«

Lunzie erklärte die näheren Umstände, erzählte von dem gewaltsam beendeten Abendessen, von dem Mord an Aelocks Kontaktmann und dem versuchten Mord an ihr und Aelock. »Er hat mir diesen Memokubus mitgegeben«, sagte sie schließlich und hielt ihm den Keramikblock hin, »und mich gebeten, Ihnen zu sagen: ›Es ist Ambrosia.‹«

»Gütiger Himmel«, sagte Coromell fassungslos und nahm den Kubus an sich. »Wie haben Sie’s nur ohne Zwischenfall bis hierher geschafft?«

Der alte Admiral lachte herzlich. »Ich wette, genauso wie sie mit mir gereist ist«, sagte er verschmitzt. »Als anonyme Ärztin auf einem nicht klassifizierten Schiff. Habe ich recht? Sie brauchen nicht so überrascht zu schauen, meine Liebe. Ich war selbst einmal Chef des Nachrichtendienstes. Es ist ein naheliegendes Täuschungsmanöver.«

Coromell schüttelte erstaunt den Kopf. »Ich könnte Sie in einer Festanstellung gebrauchen, Lunzie.«

»Es war nicht meine Idee. Aelock hat es vorgeschlagen«, protestierte Lunzie.

»Mag sein, aber er hat es nicht durchgeführt. Sie schon. Und niemand hat den Verdacht geschöpft, daß sie eine Botin sind, die im Rucksack streng geheime Informationen mit sich führt – das hier!« Coromell schüttelte den Kubus. Er fuhr herum und betätigte einen Schalter an dem Pult auf seinem Schreibtisch. »Fähnrich, bitte verständigen Sie die kryptographische Abteilung, daß sich jemand bereithalten soll.«

»Jawohl, Sir«, drang die Stimme des Empfangschefs aus einem verborgenen Lautsprecher.

»Wir werden uns gleich darum kümmern. Danke, Lunzie.« Coromell schob sie und seinen Vater hinaus. »Es tut mir leid, aber ich muß darauf achten, daß diese Nachricht an so wenige Ohren wie möglich dringt.«

»Wenn’s sein muß«, sagte der Admiral und war ebenso überrascht wie Lunzie, als er plötzlich mit ihr im Korridor stand. »Darf ich Sie zum Essen einladen, meine Liebe? Was meinen Sie? Wir könnten uns über alte Zeiten unterhalten. Ich habe mir gestern etwas höchst Bemerkenswertes angeschaut, etwas, das ich seit vielen Jahren nicht gesehen hatte: einen Carmen Miranda-Film. In 2d.«

 

* * *

 

Lunzie verbrachte einige angenehme Tage auf Tau Ceti, besuchte Orte, die sie aus der Zeit kannte, als sie auf diesem Planeten gelebt hatte. Es war immer noch schön hier. Unterm Strich war es ein Jammer, daß sie hier vor vierundsiebzig Jahren keine Arbeit gefunden hatte. Das Wetter war angenehm sonnig, abgesehen von einem kurzen Regenschauer am frühen Nachmittag. Dem hemisphärischen Kalender zufolge war es Anfang Frühling. Das medizinische Zentrum, in dem sie gearbeitet hatte, war um eine Schwesternschule und eine gute Klinik erweitert worden. Es arbeitete niemand mehr dort, den sie kannte. Es war schmeichelhaft, daß ihr der Verwalter, als er ihre Unterlagen durchsah, einen Posten in der neuropsychologischen Abteilung anbot.

»Seit Tau Ceti ein Verwaltungszentrum der FES geworden ist, haben wir eine starke Zunahme der raumfahrtbedingten Traumata beobachtet«, erklärte er. »Fast ein Drittel des Flottenpersonals ist aus dem einen oder anderen Grund einmal im Kälteschlaf gelandet. Mit Ihrer Lebensgeschichte und Ihrer Ausbildung wären Sie als Expertin für Kälteschlaffälle prädestiniert. Es wäre uns eine Ehre, wenn wir Sie als Mitarbeiterin begrüßen dürften.«

Es war so verlockend, daß Lunzie ihm versprach, es sich zu überlegen.

Sie bewarb sich außerdem bei den auf Tau Ceti ansässigen Frachtkonzernen um eine neue Stelle als Schiffsärztin. Zu ihrer Verärgerung nahmen einige Anstoß an der Notiz in ihren Bewerbungsunterlagen, daß sie zwei Raumunfälle überlebt hatte, und setzten sie gleich wieder vor die Tür. Andere waren freundlicher und weniger abergläubisch. Sie versprachen, sich bei ihr zu melden, sobald sie Bedarf an ihren Diensten hatten. Drei Firmen mit Schiffen, die binnen eines Monats starten würden, waren interessiert, sie sofort einzustellen.

Sie verbrachte einige Zeit mit dem alten Admiral Coromell und plauderte über alte Zeiten. Sie stellte fest, daß es ihr sehr nahe ging, sich in einer vertrauten Umgebung aufzuhalten, wo niemand sich an die Ereignisse erinnerte, die ihr noch präsent waren. Für sie waren weniger als vier Jahre vergangen, seit sie Fiona zurückgelassen hatte. Der Admiral war der einzige andere Mensch, der sich an Ereignisse aus dieser Zeit erinnerte und ihr Gefühl der Isolation nachempfinden konnte.

Zwei Wochen später besuchte sie der junge Coromell in dem Gästehaus, in dem sie ein Zimmer gemietet hatte.

»Entschuldigen Sie, daß ich Sie und Vater neulich aus dem Büro geworfen habe«, sagte er mit einem entwaffnenden Lächeln. »Diese Information verlangte sofortige Aufmerksamkeit. Ich habe seitdem ausschließlich an dieser Sache gearbeitet.«

»Ich war nicht verletzt deswegen«, versicherte Lunzie ihm. »Ich war einfach nur total erleichtert, daß ich Ihnen die Nachricht überbracht hatte. Aelock hatte mir immer wieder eingeschärft, wie wichtig sie war. Auf verschiedene Arten.« Vor ihrem geistigen Auge blitzte für einen Moment das grimmige Gesicht des Attentäters auf.

Coromell lächelte jetzt etwas entspannter. »Lunzie, Sie sind ein so verständnisvoller Mensch! Mit einer dringenden Nachricht durch die ganze Galaxis zu reisen und von dem Empfänger dann auf eine so schroffe Weise abgefertigt zu werden! Darf ich die Sache jetzt wieder gutmachen, nachdem die ganze Aufregung vorüber ist, und Sie etwas herumführen? Aber vielleicht wäre es angebrachter, wenn Sie mich herumführen. Ich weiß, Sie waren kurz nach der Gründung der Kolonie schon einmal hier.«

»Das würde ich sehr gern. Wann?«

»Vielleicht heute noch? Nach den vielen Nächten, die ich in die Sache gesteckt habe, wird niemand etwas dagegen haben, wenn ich mir einen Nachmittag frei nehme. Deswegen bin ich vorbeigekommen.« Er hielt die Tür auf, und Sonnenlicht fiel herein. »Es ist, selbst für Tau Cetis Verhältnisse, ein zu schöner Tag, um ihn hinter geschlossenen Türen zu verbringen.«

Sie verbrachten den Tag in einem Naturschutzgebiet, das Lunzie immer gern besucht hatte. Die importierten Bäume, zu ihrer Zeit noch Schößlinge, waren inzwischen zu Riesen herangewachsen, die kühle Schatten über den Spazierweg am Flußufer warfen. Lunzie folgte ihren Erinnerungen, als sie Coromell an ihre und Fionas Lieblingsplätze führte. Der kurze Mittagsschauer hatte den Boden durchtränkt, und ein berauschender Geruch nach Humus hing in der Luft. Aus den Baumkronen konnten sie das Gezwitscher von Vögeln hören, die das schöne Wetter feierten. Lunzie und Coromell duckten sich unter den schweren Ästen hindurch und stiegen das Gefälle zu einem Felsüberhang hoch. Zu irgendeinem Zeitpunkt in der geologischen Geschichte des Planeten waren hier Gesteinsschichten aufeinander getroffen und hatten eine von ihnen zur Oberfläche emporgeschoben, so daß jetzt eine Felstafel über den Fluß hinausragte.

»Hier kann man gut sitzen, nachdenken und die Vögel füttern, falls man zufällig ein paar Brotkrumen dabei hat«, sagte Lunzie und ließ sich halb auf die große, sonnengewärmte Felstafel zurücksinken, um ins Wasser zu schauen, wo kleine Schatten einander durch die Strömung jagten. »Oder die Fischartigen.«

Coromell klopfte auf seine Taschen. »Tut mir leid. Keine Brotkrumen dabei. Vielleicht das nächste Mal.«

»Auch gut. Sonst werden wir noch von Bedürftigen bestürmt.«

Er lachte, setzte sich neben sie und sah zu, wie das getüpfelte Wasser über die Felsen tanzte. »Das habe ich gebraucht. Es war in letzter Zeit sehr hektisch, und ich kann so wenig Zeit in einer Planetenatmosphäre verbringen. Seit seiner Ankunft hat mein Vater mit niemandem außer Ihnen gesprochen. Er hat erst spät geheiratet und will nicht, daß ich denselben Fehler mache. Er ist einsam«, fügte Coromell nachdenklich hinzu. »Er hat sich Mühe gegeben, uns zu verkuppeln.«

»Ich hätte nichts dagegen«, sagte Lunzie, drehte den Kopf und lächelte ihn an. Coromell war ein attraktiver Mann. Er mußte über fünfundvierzig sein, hatte aber eine jugendliche Haut und legte außerhalb seiner Dienststelle mehr Enthusiasmus an den Tag, als Lunzie von sorgengeplagten oder karrieregeilen Admiralen gewohnt war.

»Also, ich auch nicht. Ich würde Sie nicht anlügen«, erwiderte er vorsichtig. »Aber ich muß Sie warnen. Ich kann keine enge Bindung eingehen. Ich bin ein Karrieremensch. Die Flotte ist mein Leben, und ich liebe sie. Alles andere würde an zweiter Stelle rangieren.«

Lunzie zuckte die Achseln, zupfte Moosstückchen vom Fels und ließ sie ins Wasser fallen, um die Wellen zu beobachten. »Und ich bin unstet, wahrscheinlich von Natur aus und durch meine Erfahrungen. Wenn ich keine Tochter gehabt hätte, dann hätte ich wahrscheinlich nie versucht, mir den 02-Obolus zu verdienen, um mich einer Kolonie anzuschließen. Ich reise gern an neue Orte, lerne neue Dinge und neue Menschen kennen. Es wäre sicher das Beste für mich, keine lebenslangen Bindungen einzugehen. Es wäre sicher nicht gut für Ihren Ruf, wenn Sie sich mit einer zeitversetzten Ärztin treffen würden, die als Jonas verdächtigt wird.«

Coromell gab einen angewiderten Laut von sich. »Das schert mich einen Dreck. Vater hat mir erzählt, wie auf der Ban Sidhe hinter Ihrem Rücken getuschelt wurde. Man sollte diese Idioten dafür anzeigen, daß sie Ihnen mit ihrem dummen, abergläubischen Geschwätz die Reise schwer gemacht haben.«

Lunzie legte ihm eine Hand auf den Arm. »Nein, lassen Sie das. Wenn sie gemeinsame Ängste und Erfahrungen als Krücke brauchen, um eine Krisensituation zu bewältigen, dann sollten sie das tun. Sie werden darüber hinauswachsen.« Sie lächelte beruhigend, und er ließ sich zurückplumpsen und beschirmte mit einer Hand die Augen.

»Wie Sie wünschen. Aber wir können trotzdem Freude aneinander haben, solange wir zusammen sind, oder?«

»Aber natürlich.«

»Da bin ich froh. Ich kann Sie wohl nicht dazu überreden, für uns zu arbeiten?« fragte Coromell in halb scherzhaftem Ton. »Es würde Ihre Reputation erheblich verbessern, wenn Sie für den Nachrichtendienst der Flotte arbeiten würden. Sie kämen viel herum, würden neue Leute kennenlernen und neue Dinge sehen, während Sie Informationen für uns sammeln.«

»Was? Ist das eine Bedingung, damit ich Sie wiedersehen darf?« fragte Lunzie in gespielter Empörung. »Muß ich in die Flotte eintreten?« Sie hob eine Augenbraue.

»Nein. Aber wenn das die einzige Möglichkeit ist, um Sie zu einer Zusage zu überreden, werde ich vielleicht die Vorschriften ändern lassen«, lachte er spöttisch. »Bleiben Sie doch noch ein wenig auf Tau Ceti. Ich bin hier stationiert und muß die Sache vom Schreibtisch aus erledigen. Ich hoffe, ich kann Sie überreden, es sich noch einmal zu überlegen. Sie wären eine echte Bereicherung für die Flotte. Bitte bleiben Sie noch etwas.«

Lunzie zögerte und überlegte. »Ich würde mich nicht wohl dabei fühlen, wenn ich den ganzen Tag herumsäße und darauf wartete, daß Sie von der Arbeit kommen. Ich käme mir nutzlos vor.«

Coromell räusperte sich. »Haben Sie sich nicht im medizinischen Zentrum um einen Job beworben? Sie könnten dort arbeiten, bis Sie beschlossen haben, wie es weitergehen soll. Ahm … das Zentrum hat mich angerufen und gefragt, ob Sie zur Verfügung stehen. Man nimmt offenbar an, daß Sie schon zur Flotte gehören. Sie haben noch andere erstaunliche Talente. Sie haben meinem Vater zugehört, der so gern Zeit mit Ihnen verbringt. In seinem Alter gibt es nur wenige Menschen, mit denen er sich unterhalten kann.« Coromell machte ein hoffnungsvolles Gesicht, ein Ausdruck, der überhaupt nicht zu seiner Uniform und seinem Rang paßte.

Ihr letzter Widerstand verflog. Sie konnte den alten Admiral Coromell nur zu gut verstehen. »Also gut. Von den Angeboten, die mir am Raumhafen gemacht wurden, hat mir keines zugesagt. Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich bleibe. Ich fühle mich einfach wohl.«

»Ich mag Sie, Doktor Lunzie.«

»Ich mag Sie auch, Admiral Coromell.« Sie drückte seine Hand, und sie saßen eine Zeitlang schweigend beieinander und genossen einfach das leise Plätschern des Bachs und das Vogelzwitschern in der Wärme des Nachmittags.

Von da an verbrachten sie soviel Zeit wie möglich miteinander. Coromell verbrachte einen entspannenden Nachmittag am liebsten, indem er einen Spaziergang machte, einige Stunden lang Musik hörte oder im 3d ein Klassikkonzert anschaute. Sie hörten zusammen Musik, lasen gemeinsam und unterhielten sich über ihre Lieblingsschriftsteller und -komponisten. Lunzie war gern mit ihm zusammen. Er war immer wieder sehr angespannt, wenn sie sich trafen, wurde aber schnell locker, wenn er den Tag hinter sich gelassen hatte. Ihre Beziehung war eine ganz andere als zwischen ihr und Tee. Coromell erwartete von ihr, daß sie ihre Meinung sagte, und hielt an seiner eigenen fest, selbst wenn sie davon abwich. Er war ungemein höflich, wie es von einem Offizier und Gentleman erwartet wurde, aber er konnte sehr störrisch sein. Selbst wenn sie in eine offene Meinungsverschiedenheit gerieten, fand Lunzie es erfrischend, daß er sich im Gegensatz zu Tee ihren Vorlieben nicht selbstlos beugte. Coromell vertraute ihr seine ehrlichen Ansichten an und erwartete dasselbe von ihr.

Coromell arbeitete unregelmäßig. Wenn Piraten gesichtet wurden, wurde er mit Berichten überschüttet, die bis ins letzte Detail analysiert werden mußten. Er hatte noch andere Pflichten, die man bisher noch keinem untergeordneten Offizier überantwortet hatte und die ihn manchmal vier oder fünf Schichten am Stück an den Schreibtisch fesselten. Lunzie, die noch keinen dauerhaften Posten annehmen wollte, hatte soviel Zeit für sich, daß nicht einmal ihre Übungen in mentaler Disziplin sie ganz ausfüllen konnten.

Coromell wußte, daß sie den Adeptenstatus in mentaler Disziplin hinter sich gelassen hatte. Auf sein Drängen hin und mit persönlicher Empfehlung des Gruppenmeisters schloß sie sich einem Fortgeschrittenenkurs an, der in einer Sporthalle tief im FES-Komplex stattfand.

Es nahmen zwei bis drei weitere Schüler an den Meditationssitzungen teil, aber es wurden nie Namen genannt, deshalb hatte sie keine Ahnung, wer sie waren. Ihre Vermutung, daß es sich um hochrangige Staffeloffiziere in der Flotte oder um altgediente Diplomaten handelte, wurde nie bestätigt oder entkräftet. Der Meister führte sie in faszinierende Methoden der geistigen Sammlung ein, die auf früheren, sogar einem Anfänger vertrauten Techniken aufbauten. Wer mit Hilfe mentaler Disziplin die Aufnahmefähigkeit seiner Sinne steigerte und der Entwicklung des Trancezustands einer Person folgte, konnte detaillierte posthypnotische Suggestionen hinterlassen. Die verkürzte Form der Tranceherbeiführung war erstaunlich in ihrer Einfachheit.

»Das wäre eine enorme Hilfe bei chirurgischen Eingriffen vor Ort«, bemerkte Lunzie am Ende einer Privatsitzung. »Ich könnte einen Patienten dazu bringen, daß er die schlechten Bedingungen ignoriert und ganz ruhig bleibt.«

»Ihr Patient würde Ihnen immer noch vertrauen müssen. Ein starker Wille kann jeden Suggestionsversuch vereiteln, wie Sie sicher wissen. Dasselbe gilt für Panik«, warnte sie der Meister und sah ihr in die Augen. »Betrachten Sie diese Technik nicht als eine Waffe, eher als ein Werkzeug. Der Rat der Adepten wäre nicht erfreut darüber. Sie sind keine Anfängerin mehr.«

Lunzie machte den Mund auf, um zu entgegnen, daß sie dergleichen nie tun würde, schloß ihn aber gleich wieder. Der Meister wußte sicher von Fällen, daß Studenten diese Technik dazu verwendet hatten, um einen Feind unter Kontrolle zu bringen, vielleicht um den Preis seines Lebens. Dann lächelte sie. Vielleicht funktionierte diese Technik zu gut, und sie mußte lernen, sie richtig und nur in ganz bestimmten Fällen anzuwenden.

Eine der erfreulichsten Änderungen, die während ihres zweiten Kälteschlafs eingetreten war, betraf den Kaffee, der eine Renaissance erlebt hatte. An einem schönen Nachmittag, als Lunzie nach den Übungsstunden vom Raumhafen nach Hause kam, programmierte sie das Synthesegerät für eine Kanne Kaffee. Die Mischung, die der Synthesizer herstellte, enthielt kein Koffein, schmeckte aber kräftig aromatisch und ziemlich genau so, wie Lunzie echten Kaffee in Erinnerung hatte. In den Lebensmittelgeschäften wurden gelegentlich echte Kaffeesorten angeboten, ein teures Vergnügen, daß sie sich angesichts ihres Guthabens aber bequem leisten konnte. Sie fragte sich, ob Satia Somileaux auf der Descartes-Plattform je welchen probieren würde.

Das Lämpchen an ihrem Komgerät blinkte. Mit einer heißen Tasse in den Händen ging Lunzie hinüber und drückte den Empfangsknopf. Auf dem Bildschirm erschien Coromells Gesicht.

»Entschuldige, Lunzie, wenn ich so kurzfristig anfrage, aber hast du ein Abendkleid für offizielle Anlässe? Es wird von mir erwartet, daß ich heute abend um 20.00 Uhr auf einem Delegiertenball erscheine, und wenn du dabei wärst, würde ich mich nicht so schrecklichen langweilen. Ich bin bis 17.00 Uhr im Büro und erwarte deine Antwort.« Das Bild verschwand mit einem Blinken.

»Verflucht, es ist schon 16.30!«

Indem sie ihren Kaffee hinunterstürzte, lief Lunzie zu ihren Koffern und durchwühlte sie nach ihren besten Sachen. Das Kleid ließ sich leicht zusammenfalten und nahm nicht viel Platz ein, deshalb war es schwer zu finden. Ja, sie hatte es noch. Es war sauber und in gutem Zustand und mußte nur etwas glattgestrichen werden. Sie teilte Coromell Büro sofort mit, daß sie Zeit hatte und kommen würde, und stellte den Kleiderauffrischer auf »Glätten«. Sie warf die schweißnasse Arbeitskleidung in eine Ecke und sprang unter den Ultraschallreiniger.

»Viel zurückhaltender, als ich es in Erinnerung habe.« Mit einem anerkennenden Nicken betrachtete sie ihr Spiegelbild und drehte sich noch einmal um die eigene Achse. Sie strich die Seiten des dünnen Stoffs glatt, der in der Abendsonne schimmerte, die durch ihr Fenster hereinschien, und bewunderte die straffen Rundungen ihres Körpers. »Bei all der Mühe, die ich mir mache, um für ihn gut auszusehen, würde man nicht glauben, daß ich mich für diesen Mann interessiere.«

Lunzie legte ihre Lieblingshalskette um, eine einfache Kupfer- und Goldkette, die zur Farbe ihres Kleides paßte und ihr Glanzlichter aufs Haar und in die Augen warf.

Coromell holte sie um 19.45 ab. Er sah in seiner dunkelblauen Ausgehuniform korrekt und etwas unbehaglich aus. Er begrüßte Lunzie mit bewundernden Blicken und schenkte ihr einen kleinen Strauß weißer Kamelien. »Blumen von der Erde. Einer unserer Botaniker züchtet sie als Hobby. Wie hübsch du aussiehst. Dieses schimmernde blaue Kleid ist ein Knüller. Ich habe noch nie etwas in diesem Stil gesehen«, sagte er, als er sie zu seinem chauffierten Bodenwagen führte. »Ist das die neueste Mode?«

Lunzie lachte. »Ich verrate dir ein Geheimnis: es ist ein zehn Jahre altes Kleid vom anderen Ende der Galaxis. Irgendwo ist es bestimmt der letzte Schrei.«

Die Party hatte noch nicht angefangen, als sie in der Ryxi-Botschaft eintrafen, einer Reihe identischer dreistöckiger Gebäude, die etwas abseits der diplomatischen Vertretungen der wichtigsten Rassen in der FES standen. Lunzie amüsierte sich über die Ähnlichkeit zwischen den Botschaften und den Ledigenunterkünften in der Flottenbasis. Einige der reizbaren, zwei Meter großen Flugwesen standen in der Tür und begrüßten ihre Gäste, flankiert von einer Schar Ryxi, die die überkreuzten Schärpen der Ehrenwache trugen.

»Sie sind immer groß darin, ihr Ehrgefühl zu demonstrieren, diese Ryxi«, sagte Coromell nebenher, während er mit Lunzie darauf wartete, eingelassen zu werden. »Aber wenn sie sich aufregen, vergessen sie alles, und dann würde ich mich mit einem dieser Vögel nicht anlegen.«

Ein storchenartigen Ryxi trat vor, um sich ruckartig vor Coromell zu verbeugen. »Ist mir ein Verrrgnüügen, Admiral«, flötete er. Die Ryxi sprachen normalerweise sehr schnell. Sie erwarteten, daß andere sie verstanden, aber gelegentlich, so wie an diesem festlichen Abend, waren sie so freundlich“ verständlich langsam zu sprechen.

Coromell verbeugte sich. »Freut mich, Sie zu sehen, Botschafter Chrrr. Darf ich Ihnen meine Begleiterin Dr. Lunzie vorstellen?«

Chrrr verbeugte sich wie ein Glasbarometer. »Willkommen im Schwärm, Doktorrr. Bitte betrrrachten Sie mich nicht als den Gesandten von Rrryxi.«

»Das ist sehr freundlich«, erwiderte Lunzie und widerstand der Versuchung, wie ein Schotte des r rollen zu lassen.

Wegen ihrer steifen Beine zogen es die Ryxi vor, zu stehen, wenn Sitzen nicht unbedingt erforderlich war. Aus Rücksicht auf Menschen, Seti, Weber und etwa einem Dutzend anderer Rassen, die an diesem Abend vertreten waren, war ihre große Halle mit zahlreichen Sitzgelegenheiten für Kameraden ausgestattet worden, die unterlegenen Spezies angehörten.

»So schätzen Sie uns ein«, brummte Coromell, als er mit Lunzie die Halle betrat. »So wie jede andere Spezies, die nicht fliegen kann.«

»Und wie stufen sie die Thek ein?«

»Sie ignorieren sie, wann immer es möglich ist«, lachte Coromell. »Die Ryxi meinen, es sei eine Zeitverschwendung, ihnen zuzuhören.«

Ein älterer Seti, der persönliche Gesandte der Seti von Fomalhaut, hielt Hof in einem U-förmigen, lehnenlosen Stuhl, der Platz für seinen Reptilienschwanz bot. Er machte ein freundliches Gesicht, als sie ihm vorgestellt wurden.

»So so, Sie haben also in Astris Alexandria Ihren Abschluß gemacht«, zischte er. »Ich auch. Jahrgang 2784.«

»Ah, dann waren Sie vier Jahre hinter mir«, sagte Lunzie. »Erinnern Sie sich an Kanzler Grystone?«

»Allerdings. Für einen Menschen eine gute Führungspersönlichkeit. Es ist nur seltsam, Doktor, daß Sie nicht so alt zu sein scheinen, wie es Ihre Kenntnisse nahelegen«, bemerkte der Seti höflich. Seti waren sehr private Individuen. Lunzie hatte von einem Seti noch nie etwas gehört, das einer persönlichen Frage näherkam als diese Bemerkung.

»Oh, danke, verehrter Gesandter. Nett, daß es Ihnen aufgefallen ist«, sagte Lunzie und verbeugte sich, als Coromell sie zum nächsten weiterzog, dem sie vorgestellt werden sollte.

»Ich bin überrascht, daß hier keine Thek sind«, bemerkte Lunzie, während sie weitere Bekannte Coromells mit einem Nicken begrüßte.

Er räusperte sich. »Die Thek sind im Moment unter den Mitgliedern der FES nicht sonderlich beliebt. Auch wenn gewöhnliche Ryxi sich selten darum scheren, was andere denken, ist das diplomatische Korps sehr aufmerksam, was die öffentliche Stimmung angeht.«

»Macht sie das so ungewöhnlich?« fragte Lunzie.

»Du hast keine Ahnung«, sagte Coromell trocken.

»Hallo, Admiral. Freut mich, Sie zu sehen. Und wer ist Ihre charmante Begleitung?«

Lunzie wandte sich mit einem höflichen Lächeln dem Sprecher zu und schreckte sofort zurück. Eine dunkelhaarige Schwerweltlerfrau mit hervorspringenden Augenwülsten starrte finster auf sie herab. Aber sie hatte nicht gesprochen. Vor der riesigen Frau saß in einem eleganten, gepolsterten Armstuhl ein annähernd menschlicher Mann mit großen Augen, die wie schwarze Steine funkelten. Er war offenbar daran gewöhnt, daß die massige Frau wie eine Beschützerin hinter ihm stand. Lunzie erholte sich von dem Schreck und begrüßte den Mann im Stuhl mit einem Nicken.

»Ienois, das ist Lunzie«, sagte Coromell. »Lunzie, Ienois ist Oberhaupt der wohlbekannten Kaufmannsfamilie Parchandri, die für den Handel auf Tau Ceti eine große Rolle spielt.«

»Meine Bescheidenheit nimmt großen Schaden durch solche freundlichen Komplimente von unserem verehrten Admiral.« Der kleine Mann neigte höflich den Kopf. »Aber ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen.«

»Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite«, erwiderte Lunzie so gelassen, wie sie konnte. Es wäre nicht ratsam gewesen, sich ihre Abneigung und ihre Überraschung anmerken zu lassen. Sie kannte den Ruf der Parchandris. Ienois hatte etwas an sich, das ihn ihr auf der Stelle unsympathisch machte. Ganz zu schweigen von der Auswahl seiner Begleiter.

Ienois deutete auf die Schwerweltlerfrau, die hinter ihm stand. »Meine diplomatische Adjutantin Quinada.« Sie verbeugte sich und richtete sich wieder auf, ohne den Blick von Lunzie abzulassen. »Wir hatten noch nicht das Vergnügen miteinander, Lunzie. Leben Sie auf Tau Ceti?«

»Nein. Ich bin gerade von Alpha Centauri eingetroffen«, antwortete sie höflich. Coromell hatte ihr versichert, daß es keinen Grund gab, ihre Herkunft mit Rücksicht auf den guten Geschmack zu verschweigen.

»Alpha Centauri? Wie interessant«, tönte der Parchandri.

»Die Familie meiner Tochter lebt in Shaygo«, erklärte Lunzie. »Ich kannte sie noch nicht, und sie haben mich zu einem Familientreffen eingeladen.«

»Ach ja! Die Familie! Sie ist einfach unersetzlich. In unserem Geschäft trauen wir zuerst der Familie und erst weit dahinter anderen Personen. Glücklicherweise haben wir eine sehr große Familie. Alpha Centauri ist eine staunenswert große Welt mit vielen Annehmlichkeiten und Wundern. Es muß Ihnen schwergefallen sein, es zu verlassen.«

»Nicht sehr«, erwiderte Lunzie trocken. »Die Atmosphäre ist so verschmutzt, daß man sie kaum atmen kann.«

»Daß man sie kaum atmen kann? Wie bitte?« Der Parchandri brach in ein unerwartetes Lachen aus. »Das ist wirklich gut. Aber Lunzie.« Von einem Moment zum anderen wurde er wieder ernst. »Die Luft auf einem Planeten ist doch wohl atembarer als auf einem Schiff?«

Lunzie erinnerte sich plötzlich an die Warnung des Ingenieurs Perkin vor den Besitzern der Destiny Cruise Lines. Sie gehörten einer Parchandri-Kaufmannsfamilie namens Paraden. Lunzie wußte nicht, ob Ienois ein Paraden war, zog es aber vor, ihn nicht zu provozieren oder seine Neugier zu wecken. Was wäre, wenn er einer der Verteidiger in der Verhandlung gegen die Destiny Cruise Lines war? Möglicherweise war Coromell auf das Wohlwollen dieses Mannes angewiesen.

»Auf dem Wege nach Alpha Centauri ist Lunzies Schiff havariert«, sagte Coromell. Lunzie war völlig überrascht, daß er diese Bemerkung auf eine so beiläufige Weise anbrachte, als wollte er nur Konversation machen.

»Ich verstehe. Wie schrecklich.« Die großen Augen des Parchandri glänzten, als fände er die Sache überhaupt nicht schrecklich, sondern als werde Lunzie dadurch auf eine verdrehte Weise viel interessanter für ihn. Das war eine unheimliche Perversion. »Waren Sie lang in diesem Zustand?« bedrängte sie der Parchandri. »Oder waren die Techniker in der Lage, Ihr Schiff zu reparieren? Es ist ein erschreckender Gedanke, im Tiefenraum dem Wohlwollen der Maschinen ausgeliefert zu sein. Sie scheinen diese mißliche Lage ohne bleibenden Schaden überstanden zu haben. Eine bemerkenswerte Widerstandskraft. Erzählen Sie einem bescheidenen Bewunderer alles davon!« Seine Augen funkelten vor freudiger Erwartung.

Lunzie zuckte die Achseln und war nicht im mindesten bereit, diesen seltsamen Mann zufriedenzustellen. Coromell hätte sie nicht in Verlegenheit gebracht, wenn dieser Mann ein Paraden und ein möglicher Verteidiger in der Verhandlung gegen die Destiny Cruise Lines wäre.

»Es gibt wirklich nicht viel zu erzählen. Wir wurden von einem militärischen Schiff, das zufälligerweise an dem Wrack vorbeikam, ins Schlepptau genommen.«

»Was für ein bemerkenswertes Schicksal.« Ienois’ Augen funkelten. Seine … seine Aufpasserin – ganz gleich, ob er sie als seine diplomatische Adjutantin bezeichnete, sie war seine Leibwächterin, daran hatte Lunzie keine Zweifel – wandte ihren starren Blick nicht für einen Sekundenbruchteil von Lunzie ab. »Gestrandet im Weltraum, gelandet auf Alpha Centauri, und jetzt sind Sie hier. Wie tapfer Sie doch sind.«

»Überhaupt nicht«, sagte Lunzie und wünschte, sie könnte diesem abstoßenden Mann und seiner finsteren Adjutantin den Rücken kehren, aber Coromells Hand an ihrem Ellbogen hielt sie unauffällig zurück. Seltsamerweise war ihm nicht aufgefallen, daß sie keine Einzelheiten über ihr Schiff verraten hatte. Wußte Ienois schon Bescheid? »Lange Reisen sind heutzutage etwas Alltägliches. Schiffe und Gerüchte durchqueren die Galaxis mit gleicher Geschwindigkeit.«

Ienois ignorierte ihre Frechheit. »Admiral«, sagte er und wandte sich Coromell zu. »Haben Sie schon die Erfrischungen probiert? Ich glaube, die Ryxi haben eigens für uns terranischen Wein besorgt. Aus Franzreich, hat man mir gesagt.«

»Frankreich«, verbesserte Coromell ihn mit einer Verbeugung. »Eine Provinz in der nördlichen Hemisphäre der Erde.«

»Ja, genau. Das ist eine der Welten, die ich bisher noch nicht besucht habe. Die Ryxi bewirten ihre Gäste wirklich ausgezeichnet. Rohe Nüsse und Samen sind nicht ganz nach meinem Geschmack, aber es gibt süße Cremespeisen, die selbst Personen mit einem anspruchsvolleren Geschmack als meine Wenigkeit entzücken würden. Und dann der Käse! Das reinste Ambrosia.« Der Parchandri küßte ihr die Hand.

Trotz Aufbietung aller Willenskraft zuckte Lunzie unwillkürlich zusammen. Ambrosia. Es konnte nur ein Zufall sein, daß Parchandri dieses Wort benutzt hatte. Nachdem sie es fast drei Monate lang gehegt und mit sich herumgetragen hatte wie ein ungeborenes Kind, hatte Lunzie ein offenes Ohr dafür, wo es fiel. Sie bemerkte, daß beide Männer sie prüfend ansahen. Coromell hatte nicht reagiert. Er kannte die Bedeutung des Worts, aber was war mit dem Kaufmann? Ienois beobachtete sie neugierig.

»Ist Ihnen die Temperatur unangenehm, Doktor?« fragte Ienois in einem mitfühlenden Ton. »Meiner Meinung nach halten die Ryxi den Saal zu warm, und ich bin von meiner Heimatwelt, wo ich in einer Bergregion gelebt habe, nicht daran gewöhnt. Dort ist es sehr viel kühler als hier.« Er gab seiner riesigen Leibwächterin ein Zeichen. Sie flüsterten kurz miteinander, dann verließ Quinada den Saal. Ienois zuckte die Achseln. »Ich brauche eine leichtere Jacke, sonst ersticke ich, bevor ich meine Gastgeber begrüßt habe.«

Ienois lenkte das Gespräch auf ein Thema von allgemeinem Interesse, an dem er charmant festhielt, aber Lunzie hatte keinen Zweifel, daß er sie genau beobachtete. Der kleine Kaufmann strahlte etwas Geheimnisvolles aus, das nichts mit angenehmen Überraschungen zu tun hatte. Sie fand ihn ebenso bösartig wie pervertiert, und am liebsten wäre sie mit Coromell wieder gegangen. Ienois’ Aufmerksamkeit war Lunzie unangenehm, und sie versuchte, ihm nicht in die Augen zu sehen.

Schließlich schien Coromell Lunzies Zeichen zu bemerken, daß sie weitergehen wollte. »Verzeihen Sie mir, Ienois. Der Weber-Gesandte von Parok ist hier. Ich muß mit ihm sprechen. Würden Sie mich bitte entschuldigen?«

Ienois streckte beiden eine feuchte Hand entgegen. Trotz ihrer Abneigung schlug Lunzie kräftig ein und wurde mit einer Anflug von Belustigung belohnt. »Dürfen wir damit rechnen, Sie auf unserer kleinen Party in fünf Tagen zu sehen?« fragte der Kaufmann. »Die Parchandris wollen die Flamme unserer Wertschätzung in den Herzen unserer geschätzten Freunde und Kunden neu anfachen. Wollen Sie unser Leben mit ihrer Anwesenheit bereichern?«

»Ja, natürlich«, sagte Coromell freundlich. »Danke für die Einladung.«

Der Parchandri war inzwischen aufgestanden und verbeugte sich ausgiebig. »Ich danke Ihnen. Sie ehren meine Wenigkeit.« Er machte noch eine tiefe Verbeugung und setzte sich wieder.

»Müssen wir wirklich eine Party der skrupellosen Parchandri besuchen?« fragte Lunzie mit gedämpfter Stimme, als sie weitergingen.

Coromell wirkte überrascht. »Wir müssen freundschaftliche Beziehungen unterhalten. Warum nicht?«

»Der Kerl macht den Eindruck, als würde er für zehn Anteile seine Mutter an Progressive Galactic verkaufen.«

»Das kann schon sein. Aber komm trotzdem mit. Solche Parties können ohne Begleitung ziemlich langweilig sein.«

»Er hat etwas an sich, das mich sehr nervös macht. Er sagte ›Ambrosia‹. Ist dir aufgefallen, daß er darauf geachtet hat, wie ich reagiere? Es kann ihm nicht entgangen sein.«

»Er benutzte das Wort in einem passenden Zusammenhang, Lunzie. Du bist nur sehr hellhörig. Kein Wunder, nach allem, was du durchgemacht hast. Ienois ist zu träge, um sich mit etwas so Aufwendigem wie unsauberen Geschäften zu befassen.« Coromell hakte sich bei Lunzie unter und führte sie zum nächsten Botschafter.

 

* * *

 

»Sie hat gelogen«, murmelte Quinada ihrem Vorgesetzten zu, als sie sich hinunterbeugte und ihm die leichtere Jacke hinhielt. »Ich habe mich in der Zentrale erkundigt. Nach unseren Berichten von Alpha Centauri wurden in dem fraglichen Zeitraum keine havarierten Schiffe abgeschleppt. Dafür wurden eine Anzahl Personen in Zivilkleidung dabei beobachtet, wie sie den Militärkreuzer Ban Sidhe verließen. Eine davon entspricht ihrer Beschreibung. Das heißt, sie war zur entsprechenden Zeit auf Alpha, aber ihre Geschichte stimmt nicht.«

»Das reicht nicht«, sagte Ienois locker und beobachtete Lunzie und Coromell, die sich mit dem Botschafter der Weber und einem anderen angesehenen Kaufmann unterhielten. »Mit so schwachen Indizien kann ich nichts anfangen. Ich brauche mehr.«

»Es gibt mehr. Das Mann im Restaurant, mit dem sich der getötete Spion unterhalten hat, wurde den Berichten zufolge von eine Frau begleitet, deren Beschreibung auch der Dame in Blau entspricht, die unser Admiral mitgebracht hat.«

»Aha. Dann gibt es keinen Zweifel mehr.« Ienois lächelte weiter jeden an, der in seine Richtung schaute, aber seine Augen blieben halb geschlossen. »Es könnte sein, daß unsere Freunde … daß sie jetzt andere Pläne haben.« Er preßte die Lippen aufeinander. »Bringt sie um. Aber nicht hier. Es ist nicht nötig, aus einer so banalen Angelegenheit wie dem Tod eines Spions eine diplomatische Affäre zu machen. Aber sorgt dafür, daß sie uns keine Schwierigkeiten mehr bereitet.«

»Wie Sie wünschen.« Quinada zog sich zurück.

Eine Liveband in einer Ecke spielte Tanzmusik. Lunzie lauschte sehnsüchtig den lebhaften Rhythmen, während Coromell sich endlose Geschichten mit einem anderen Offizier und dem Repräsentanten einer Kolonie erzählte, die gerade geschützten Status erreicht hatte. Coromell drehte sich um und wollte ihr eine Frage stellen. Dabei stellte er fest, daß die Tanzfläche ihre Aufmerksamkeit fesselte. Er sah ihr in die Augen und machte eine förmliche Verbeugung.

»Darf ich um diesen Tanz bitten?« fragte er, entschuldigte sich bei seinen Freunden und führte sie mit schwungvollen Schritten unter die herumwirbelnden Paare. Er war ein hervorragender Tänzer. Lunzie fiel es leicht, sich von ihm führen zu lassen und ihren Körper nach der Musik zu bewegen.

»Verzeih mir, daß ich dich so gelangweilt habe«, entschuldigte sich Coromell, als sie seitlich zwischen zwei Paaren hindurch tänzelten. »Diese Parties werden aus dem Stegreif organisiert. Es ist ein Glücksfall, wenn ich Freunde treffe, mit denen ich plaudern kann.«

»Oh, du hast mich nicht gelangweilt«, versicherte Lunzie ihm. »Ich hoffe, ich habe keinen gelangweilten Eindruck gemacht. Das wäre unverzeihlich.«

»Wir werden nicht mehr lang bleiben«, versprach Coromell. »Ich bin selbst müde. Die Tradition verlangt, daß die Gastgeber ihre Gäste mit vielen Trinksprüchen ehren und daß die Gäste sich entsprechend revanchieren. Es müßte bald soweit sein.«

Die Tanzmusik verstummte, und der ältere Ryxi ging mit einem Becher in der Flügelklaue nach vorn. Er prostete seinen Gästen zu. Auf dieses Zeichen hin eilten Lunzie und die anderen zum Büffet. Coromell goß ihnen beiden ein Glas französischen Wein ein.

Als alle bereit waren, hob der Botschafter seine piepsige Tenorstimme. »Auf unsere verehrten Gäste! Auf ein langes Leben! Auf unsere Freunde in der Förderation Empfindungsfähiger Spezies! Auf ein langes Leben! Auf meinen alten Freund, den Sprecher der Weber!«

Coromell seufzte und lehnte sich Lunzie entgegen. »Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Deine Geduld und Nachsicht sind gefragt.«

Lunzie unterdrückte ein Kichern und hob dem Ryxi ihr Glas entgegen.

 

* * *

 

»Ich kann nicht bei zwei diplomatischen Anlässen hintereinander dasselbe Kleid tragen«, sagte Lunzie am nächsten Tag beim Essen zu Coromell. »Ich geh mir ein neues kaufen.«

Nach ihrer Ankunft auf Tau Ceti hatte Lunzie sich eine gedankliche Notiz gemacht, daß sie das neue Einkaufszentrum besuchen wollte, das an den Raumhafen grenzte. Ursprünglich war das Gelände für die Reparatur großer Fahrzeuge und die Konstruktion von Unterkunftsmodulen genutzt worden, halb verborgen hinter einem Hügel aus aufgehäuftem Schutt, von dem die Kinder aus der Nachbarschaft gern hinuntergerutscht waren.

Der Hügel war immer noch vorhanden, inzwischen allerdings ein Stück abgetragen und nach den strengsten Standards des Gartenbaus bepflanzt. Dahinter lag eine wunderschön konstruierte Arkade aus dunkelrotem Backstein und dem weichen, grauen Stein, wie er auf Tau Ceti vorkam. Trotz der konservativen Erscheinung hallte das hohe Atrium vom Lachen der Kinder wider, die jenen, mit denen Fiona gespielt hatte, fünf Generationen später gefolgt waren. Lunzie hörte angeregte Gespräche durch die Korridore hallen, in denen sie spazieren ging.

Die meisten Geschäfte waren für Sauerstoffatmer eingerichtet, obwohl es im Erdgeschoß auch einige Läden mit Luftschleusen statt Türen für Kunden gab, deren Atmosphäre von der Norm abwich. Lunzie machte einen Schaufensterbummel durch ein Geschoß, stieg die Rampe ins nächste hinauf und überlegte sich schon, welche Größe ihr Kleid und andere Kleidungsstücke haben sollten. Die Auswahl war enorm, vielleicht zu eindrucksvoll. Sie bezweifelte, ob es hier auch nur drei Läden gab, die etwas Passendes für sie hatten. Ein Teil der neuesten Mode war extrem. Lunzie trat zurück, um sich die Schaufenster anzusehen.

In den Lexan-Scheiben erblickte sie flüchtig etwas sehr Großes, das von links auf sie zukam. Lunzie blickte auf. Eine Gruppe humanoider Schwerweltler stampfte den Spazierweg herunter und schob sich an ihr vorbei.

Sie erkannte den düsteren Mann an der Spitze als den Vertreter von Diplo wieder, auf den Coromell sie auf der Ryxi-Party aufmerksam gemacht hatte. Sie beanspruchten, weil sie nebeneinander gingen, auf der Rampe soviel Platz für sich, daß Lunzie sich in Finzers Modegeschäft zurückzog, bis sie vorbei waren.

»Was kann ich für Sie tun, Bürgerin?« Ein Mann mit elegant gekräuselten Ohren, der Lunzie kaum bis zur Schulter reichte, kam auf sie zu und verbeugte sich lächelnd. »Ich bin Finzer, der Inhaber dieses schönen Geschäfts.«

Lunzie blickte ins Atrium hinaus. Die Gruppe war verschwunden, abgesehen von einer Frau, die stehengeblieben war, um sich ein Schaufenster auf der anderen Seite des Korridors anzusehen. Sie gehört nicht zu Diplos Gefolge. Es war Parchandris Leibwächterin Quinada. Die Schwerweltlerin drehte sich um und fixierte Lunzie mit einem stupiden, dumpfen Ausdruck. Lunzie lächelte sie an und hoffte, daß eine höfliche Reaktion am unverfänglichsten war. Quinada starrte sie einen Moment lang ausdruckslos an, bevor sie weiterging. Verwirrt wandte sich Lunzie wieder dem Ladenbesitzer zu, der immer noch an ihrer Seite wartete.

»Ich suche nach Abendgarderobe«, erklärte sie Finzer. »Haben Sie etwas Klassisches in der Größe zehn?«

Finzer brachte ihr eine klassisch geschnittene, rosarote Kombination mit einem Leibchen, das ihren Brustkorb umschloß und einem langen Abendrock, der ihr um die Füße wirbelte.

 

* * *

 

Zwei Abende später raffte sie die Falten des Kleides auf den Schoß hoch, als sie mit Coromell zu Parchandris Residenz fuhr.

»Ich bilde es mir nicht ein, Coromell«, sagte Lunzie bestimmt. »Quinada war überall, wo ich in den letzten zwei Tagen gewesen bin. Jedesmal, wenn ich mich umdrehte, war sie da. Sie verfolgt mich.«

»Ein Zufall«, sagte Coromell leichthin. »Der Bereich, in dem sich die Diplomaten von Tau Ceti bewegen, ist sehr klein. Du hattest in dieser Woche einfach ähnliche Dinge zu erledigen wie Quinada, das ist alles.«

»Das ist nicht alles. Sie starrt mich auf eine Weise an, die ich nur als hungrig beschreiben kann. Ich traue diesem perversen Halunken, für den sie arbeitet, nicht weiter, als ich ihn werfen könnte. Hast du nicht gesehen, wie seine Augen glitzerten, als ich meinen Unfall erwähnte? Er hat einen merkwürdigen Geschmack, wenn es um Unterhaltung geht.«

»Du interpretierst zuviel in einen Zufall hinein«, sagte Coromell vorsichtig. »Hier auf Tau Ceti drohen dir bestimmt keine Perversitäten. Eine Entführung wäre eine ernsthafte Verletzung der diplomatischen Immunität, die sich ein Mann von Ienois Rang und Position in seiner Familie nicht leisten kann. Was seine Adjutantin angeht, hast du selbst gesagt, daß du eine tief sitzende Angst vor Schwerweltlern hast.«

»Ich leide nicht unter Verfolgungswahn«, sagte Lunzie todernst. »Lassen wir mal meine tiefsitzende Angst außen vor. Als ich den Verdacht hatte, daß Quinada mich verfolgt, habe ich versucht, sie abzuschütteln. Sag mir, warum sie in fünf verschiedenen Lebensmittelgeschäften gewesen ist, ohne etwas zu kaufen! Oder in drei verschiedenen Schönheitssalons! Und nicht nur das. Sie wartete sogar vor dem FES-Komplex, als ich meine Übungsstunden beendet hatte.«

Coromell wurde nachdenklich. »Du bist wirklich davon überzeugt, ja?«

»Allerdings. Und ich glaube, es hat wahrscheinlich etwas mit Ambrosia zu tun, auch wenn du mir in dieser Hinsicht keine Aufklärung verschaffen willst.«

Coromell lächelte über die Anspielung, sagte aber nichts, was sie unter diesen Umständen weiter verärgert hätte. Ambrosia mußte der Deckname für eine Geheimsache auf höchster Ebene sein, und sie war nur der Umschlag gewesen, der die Nachricht enthielt und nicht wissen durfte, was sie besagte. Störrisch fuhr sie fort: »Ich halte Ienois Bemerkung nicht für so beiläufig wie du, trotz seines unangreifbaren diplomatischen Status. Auf jeden Fall finde ich es unheimlich, von seiner Adjutantin verfolgt zu werden.«

»Auf persönlicher Ebene kann ich nicht viel tun, um das zu unterbinden, Lunzie. Wenn du allerdings«, er neigte sich ihr entgegen und hatte dabei ein durchtriebenes Funkeln in den Augen, »in den Nachrichtendienst der Flotte eintrittst, könnte ich dir Leute stellen, die dich beschützen.«

Lunzie warf einen langen, forschenden Blick in sein schönes Gesicht, um den abwegigen Gedanken zu verdrängen, der ihr im Kopf herumspukte. »Zu welchen Mitteln würdest du greifen, Coromell, um mich in den Nachrichtendienst der Flotte zu holen?«

»Ich will dich im Nachrichtendienst haben – du wärst eine große Bereicherung, und offen gestanden würde ich dich gern in meiner Nähe haben –, aber nicht um jeden Preis. Ich kann mich nicht über die Vorschriften hinwegsetzen – was ich ohnehin nicht will –, und ich kann dir keine besonderen Zugeständnisse machen, die du ohnehin nicht annehmen würdest. Das Wichtigste ist, Lunzie, daß du mitarbeiten willst. Selbst wenn ich dich dazu erpressen könnte, wärst du keine Rekrutin, wie wir sie uns wünschen. Ich weiß, daß du als Agentin zehnmal besser wärst als jemand wie Quinada … wenn du dich freiwillig dafür entscheiden würdest.«

Lunzie zögerte, dann nickte sie. »Also gut. Ich bin dabei.«

Coromell lächelte und drückte ihren Arm. »Gut. Ich muß mir deine Referenzen morgen früh ansehen. Es wird ein Gespräch folgen, aber ich habe die meisten Einzelheiten deines Lebenslaufs schon gespeichert. Ich hoffe, du wirst es nicht bereuen. Ich glaube es jedenfalls nicht.«

»Ich fühle mich jetzt schon sicherer«, sagte Lunzie ehrlich.

»Genau im richtigen Moment. Wir sind da.«

Die Parchandri-Villa lag in einem Vorort der Hauptsiedlung von Tau Ceti. Ienois und eine Anzahl von Parchandris warteten auf der Treppe, um ihre Gäste im verblassenden Sonnenlicht zu begrüßen. Aus Töpfen zu beiden Seiten der breiten Türen stiegen schwer duftende, bunte Rauchkringel in die Luft. Jeweils zwei Diener nahmen sich eines eintreffenden Fahrzeugs an. Einer öffnete die Tür, während der andere die Insassen begrüßte und den Gastgebern die Namen nannte. Lunzie konnte einen flüchtigen Blick auf glühende, dunkle Augen in kalkweißen Gesichtern werfen und schluckte. Das unerwartete Erscheinen von Vertretern derselben Rasse, der die Attentäter in dem Restaurant auf Alpha Centauri angehört hatten, war – gelinde gesagt – beunruhigend. In den glühenden Augen regte sich allerdings kein Wiedererkennen. Aber warum auch? Lunzie wurde allmählich mißtrauisch gegen diese vielen Zufälle.

Ienois begrüßte Lunzie und Coromell herzlich und stellte ihm seine Familie vor. Jeder trug ein Gewand von so maßvoller Eleganz, daß Lunzie unwillkürlich den Wert ihrer Kleidung schätzte. Wenn sie richtig lag, trug jeder Parchandri mehr Geld am Leib, als die Kleidung der übrigen Diplomaten zusammengenommen wert war. Weil es ein angenehm warmer Abend war, wurden in der Säulenhalle von livrierten Dienern Drinks gereicht.

»Admiral Coromell! Und Lunzie! Wie ich mich freue, Sssie wiederzusssehen«, sagte der Botschafter der Seti, entschuldigte sich bei dem Empfangskomitee und stieg schwerfällig die Eingangstreppe hinauf. »Admiral, ich hatte gehofft, Sie schon vor ein paar Tagen zu sssehen, aber ich habe die Gelegenheit verpassst.«

Lunzie merkte, wenn man ihr die Gelegenheit zu einem Rückzug gab, und entschuldigte sich. »Ich schau mich mal nach der Damenlounge um«, sagte sie zu Coromell und stellte ihr Glas auf das Tablett eines Dieners.

Lunzie fragte eine der Parchandri-Damen nach dem Weg und begab sich ins Gebäude. Ienois hatte ihr nicht mehr als einen desinteressierten ›Guten Abend‹ gewünscht, was sie beruhigte. Vielleicht waren ihre Befürchtungen nur auf ihre gesteigerte Aufmerksamkeit seit dem verhängnisvollen Abend mit Aelock zurückzuführen. Sie war froh, daß Ienois sie nicht weiter beachtete. Seit der Party bei den Ryxi waren ihr Gerüchte zu Ohren gekommen, die ihren Eindruck von seinen abartigen Neigungen bestätigten, aber die Wirklichkeit war noch viel schlimmer, als sie es sich vorgestellt hatte. Selbst wenn nur die Hälfte von dem stimmte, was man sich erzählte, war er ein Meister ausgesuchter Perversitäten.

Lunzie fand sich unversehens in der Großen Halle wieder, einem Saal mit hoher Decke und in einem eleganten, altmodischen Stil. Die Damenlounge für Humanoide befand sich am Ende eines mit rosarotem Marmor ausgelegten Korridors, unmittelbar rechts neben einer doppelt gewundenen Treppe mit goldplattierten Säulen, die sich in die drei Obergeschosse emporwand. In diesem Geschoß führten noch einige andere, durchweg abgedunkelte Korridore von der Halle weg.

»Wie schön! Die hier wissen ganz offensichtlich, wie man lebt«, murmelte Lunzie. Ihre Stimme hallte durch den großen, leeren Raum. Das Licht war gedämpft, aber am anderen Ende des Korridors war es immer noch hell genug, daß Lunzie eine andere Frau erkennen konnte, die aus einer Schwingtür kam. »Ah, da ist es ja.«

Lunzie richtete im Spiegel ihr Make-up, strich ihr Kleid glatt und ließ sich dann auf ein Sofa unter den Wandleuchten sinken, die aus der Ecke den Raum beleuchteten. Im Moment benutze niemand sonst die Einrichtung, also war sie ganz allein. Sie konnte nur eine gewisse Zeit in der Damentoilette verbringen. Es war schade, daß sie keinen der anderen Diplomaten kannte. Sie hoffte, daß Coromell seine Unterredung mit dem Seti schnell beendete.

Wie auch immer, sie konnte sich nicht den ganzen Abend in der Lounge verstecken. Sie würde sich zeigen müssen. Mit einem Seufzen stieß sie die Tür auf, um zur Party zurückzukehren. Auf einmal stand sie vor Quinada, die ihr den Weg in den Flur versperrte. Erschrocken trat Lunzie zur Seite, um sie vorbei zu lassen, sich an ihr vorbeizuschieben und zu Coromell zurückzukehren. Doch die Schwerweltlerin füllte den ganzen Türrahmen aus und kam auf sie zu. Lunzie wich einige Schritte zurück und trat nach links, um hinauszuschlüpfen, sobald die Tür frei war. Quinada packte sie aber mit einer mächtigen Hand am Oberarm und schob sie gegen ihren Willen in die Lounge zurück.

»Da habe ich Sie endlich«, sagte sie und drängte das Leichtgewicht in eine Ecke. »Ich habe auf Sie gewartet.«

»Tatsächlich?« fragte Lunzie in einem überraschten, aber freundlichen Ton. Sie riß sich zusammen und suchte nach einer Möglichkeit, an der massigen Schwerweltlerin vorbeizukommen. »Warum?«

Quinadas dicke Augenwülste verfinsterten ihren Blick. »Mein Chef will Sie loswerden. Ich muß seine Befehle befolgen. Ich will’s eigentlich nicht, aber ich bin seine Dienerin.«

Lunzie zitterte. Ihre Ahnungen hatten sie also nicht getrogen. Ienois verdächtigte sie. Aber warum sollte er ihren Tod befehlen, nur weil sie ein Wort erkannt hatte? Die Schwerweltlerin drückte sie mit dem Rücken an die Wand und sah sie selbstgefällig an. Quinada brauchte nur zuzudrücken, und es wäre mit Lunzie vorbei.

Lunzie meisterte ihre Furcht und sah der massigen Frau in die Augen. »Sie wollen mich also umbringen?« fragte sie einfach und hoffte, daß es nicht so klang, als ob sie bettelte. Damit würde sie möglicherweise sadistische Wesenszüge bei der Frau wecken. Quinada hatte sicher Spaß daran, ihr weh zu tun. Und Lunzie brauchte noch etwas Zeit, um ihre mentale Disziplin zu aktivieren. Sie hatte bereits einen taktischen Fehler gemacht, indem sie sich in eine ungünstige Lage manövriert hatte. Quinada und ihr Herr mußten auf eine Gelegenheit wie diese gewartet haben. Quinada hatte sie aus dem FES-Komplex kommen sehen. Wußte sie vielleicht, daß Lunzie eine Adeptin war?

»Nein, ich will Sie nicht umbringen«, säuselte Quinada mit etwas hellerer Stimme, in der Untertöne mitschwangen, die Lunzie noch mehr beunruhigten. »Nicht wenn ich muß. Wenn Sie nicht meine Feindin wären, müßte ich Sie überhaupt nicht umbringen.«

»Ich bin nicht ihre Feindin«, versuchte Lunzie sie zu beruhigen.

»Nein? Sie haben mich angelächelt.«

»Ich habe versucht, freundlich zu sein«, sagte Lunzie, der es überhaupt nicht gefiel, wie entschlossen und abschätzig Quinada sie anstarrte.

»Ich war mir nicht sicher. In dieser Stadt lächeln alle Diplomaten, um sich bei den Leichtgewichten einzuschmeicheln. Ihr Lächeln ist falsch.«

»Also, ich bin keine Diplomatin. Wenn ich lächele, dann ist es ehrlich gemeint. Ich werde nicht bezahlt, um Diplomatie zu betreiben.« Lunzie schätzte in aller Eile ihre Chancen ein, sich aus diesen beengten Umständen zu befreien. Wenn sie die mentale Disziplin anwandte, aber die Schwerweltlerin nicht tötete, wäre ihr Geheimnis gelüftet. Der nächste Angriff auf ihr Leben würde nicht mehr von Angesicht zu Angesicht erfolgen. Aber wenn sie die mentale Disziplin anwandte, um zu töten, würde die Wahrheit ans Licht kommen, wenn die Obduktion ergab, daß eine zarte Frauenhand die tödliche Schläge ausgeteilt hatte. Und dann würde sie sich einem Adeptentribunal stellen müssen.

»Gut«, sagte Quinada, kniff die Augen zusammen, um sie unter dicken Augenwülsten anzufunkeln, und beugte sich näher. Lunzie konnte die Wärme ihrer Haut fast auf ihrer eigenen spüren. »Das freut mich. Ich möchte, daß Sie freundlich zu mir sind. Mein Chef mag Sie nicht, aber wenn wir Freunde sind, kann ich Sie nicht als Feindin betrachten, nicht? Das ist wirklich ein schönes Kleid.« Quinada streichelte den Stoff, der Lunzies Schulter bedeckte, mit dem Rücken eines dicken Fingers. »Ich habe Sie gesehen, als Sie es gekauft haben. Es steht Ihnen gut und hebt Ihre Farbe hervor. Wir brauchen nicht auf dieser langweiligen Party zu bleiben. Kommen Sie mit mir. Vielleicht können wir unsere Wärme teilen.«

Lunzie war einerseits erschrocken, hätte andererseits aber am liebsten laut losgelacht. Die Schwerweltlerin wollte ihr Leben verschonen, wenn sie ihr dafür zu Willen war! Lunzie hätte die Situation brüllend komisch gefunden, wäre das Angebot nicht todernst gemeint gewesen. Wenn sie es schaffte, hier lebend herauszukommen, würde sie später darüber lachen können.

»Kommen Sie mit. Wir werden Freundinnen sein, und ich vergesse meine Anweisungen«, schnurrte Quinada. Ihr Blick war begehrlich geworden. Lunzie versuchte, nicht vor Ekel zu würgen.

Lunzie konnte ihren Abscheu vor Quinadas Berührung verbergen, fürchtete aber, daß die Schwerweltlerin, selbst wenn Lunzie auf das Angebot einginge, sie hinterher töten würde. Ienois war ein Mann, dessen Befehle niemand mißachtete. Wie sollte Quinada Lunzies Tod vortäuschen? Sie mußte hier weg und Coromell warnen. Lunzie überlegte sich ganz genau, was sie als nächstes sagte, und versprach gerade genug, um den Eindruck zu erwecken, daß sie auf das Angebot einging.

»Nicht jetzt. Der Admiral wartet auf mich. Ich erfinde eine Entschuldigung, und wir treffen uns später.« Lunzie zwang sich, Quinadas Arm sanft zu streicheln, obwohl sich ihre Hand dabei schleimig anfühlte. »Es ist wichtig, den äußeren Anschein zu wahren. Das wissen Sie doch.«

»Ein heimliches Treffen.« Quinada lächelte und verzog die Lippen. »Sehr gut. Das macht es noch aufregender. Wann?«

»Nach den Trinksprüchen«, versprach Lunzie. »Man würde mich vermissen, wenn ich nicht da wäre und Ihrem Herrn zuprostete. Aber danach können wir uns treffen, wo Sie wollen.«

»Das stimmt«, sagte Quinada und trat zurück. »So ist es Sitte. Ihr Verschwinden würde auffallen.«

Lunzie nickte aufmunternd und ging einen Schritt auf die Tür zu. Bevor sie den zweiten gemacht hatte, packte Quinada sie am nackten Arm und schlug ihr derb auf die Wange. Lunzies Kopf flog in den Nacken, und sie starrte mit großen Augen die Schwerweltlerin an, die stahlharte Fingerspitzen in ihr Fleisch bohrte und sie dann wieder losließ. Lunzie stolperte gegen die Wand und mußte sich abstützen.

»Wo treffen wir uns? Sie haben mir noch nicht gesagt, wo wir uns treffen. Wenn Sie mich belügen, werde ich Sie umbringen.« Quinadas Stimme klang zärtlich, durchfuhr Lunzie aber wie ein frostiger Schauer.

»Aber wir treffen uns doch hier«, sagte sie, als sei es eine Selbstverständlichkeit. »Hier ist es am sichersten. Sobald die Trinksprüche vorüber sind, komme ich wieder hierher und warte auf Sie. Dieser eingebildete Admiral wird glauben, daß ich mich für ihn hübsch machen will. Also, Quinada. Ich muß jetzt gehen. Ich bin schon zu lang weg.«

Ob Quinada ihr gefolgt wäre oder nicht, war eine müßige Frage, weil gerade fünf Menschenfrauen plaudernd durch den Korridor auf die Damentoilette zugingen und ihr eine Deckung boten.

Als Lunzie Coromell und den Botschafter fand, sprach der Seti gerade Coromell seinen Dank aus. Er verbeugte sich vor Lunzie, bevor er sich abwandte. Lunzie reagierte auf angemessene Weise, obwohl sie den Admiral schon zur Seite hinter die Räucherwerktöpfe zog.

»Ich muß mit dir reden«, flüsterte sie und sah sich um, ob Quinada ihr gefolgt war. Zu ihrer Erleichterung war die Schwerweltlerin nirgendwo zu sehen.

»Wo bist du gewesen?« fragte er und schnalzte besorgt mit der Zunge. »Was ist passiert? Du hast einen blauen Fleck am Arm. Und im Gesicht eine Schramme.«

»Das war die liebe Quinada, Parchandris Adjutantin«, sagte Lunzie. Der Ekel färbte ihre Stimme mit einem bitteren Sarkasmus. »Sie ist mir in die Damentoilette gefolgt und dort auf mich losgegangen.« Der Schock in Coromells Gesicht, den er rasch unter Kontrolle brachte, erfüllte sie mit einer gewissen Befriedigung. »Sie hat den Befehl, mich umzubringen! Sie hat es nur deshalb nicht getan, weil ich ihr eine Gefälligkeit versprochen habe, die ich ihr auf keinen Fall erweisen will. Ich gehöre jetzt zur Flotte, Coromell. Beschütze mich. Bring mich hier raus! Sofort!«