ACHT

Ich hatte Hausarrest. Zum ersten Mal in meinem Leben. Nie hatte ich meine Mutter so außer Fassung erlebt und niemals zuvor hatte sie mich geschlagen. Janne hasste Gewalt, sie hielt nichts von Strafen. Allerdings hatte sie auch selten Grund, sich über mich zu ärgern.

Ich war das Pendant zu ihr. Ich nahm keine Drogen, betrank mich nicht sinnlos auf irgendwelchen Partys, und wenn es abends mal später wurde (was selten vorkam), dann rief ich zu Hause an. Wenn ich Sorgen hatte, mit denen ich nicht alleine fertig wurde (was ebenfalls selten vorkam), war sie für mich da. Bis auf gestern.

Okay, es war wirklich verdammt spät gewesen. Ich war ohne ein Wort von der Party verschwunden, mitten in der Nacht, mitten am gottverlassenen Elbufer. Die anderen hatten offenbar ebenfalls versucht, mich zu erreichen. Meine Anrufliste war voll, Suse, Sebastian, Janne, sie alle hatten es mehrmals probiert. Wahrscheinlich war ich in einem Funkloch gewesen und sie waren vermutlich halb wahnsinnig vor Sorge geworden. Erst vor ein paar Tagen hatte wieder irgendein Serientäter für Schlagzeilen gesorgt und letzte Woche war in einem Waldstück bei Elmshorn die Leiche eines Mädchens gefunden worden. Mir hätte sonst was passiert sein können – ja, das war mir alles klar und es tat mir leid! Aber musste Janne mich deshalb abführen wie eine Verbrecherin? Im Auto fragte sie mich noch einmal, was zum Teufel ich so lange getrieben hätte, und wäre ihr Tonfall nicht so unglaublich scharf gewesen, hätte ich ihr vielleicht die Wahrheit erzählt. Stattdessen wiederholte ich die Geschichte von meinem Spaziergang, woraufhin sie ihre Lippen aufeinanderpresste und die Finger um das Lenkrad krallte. Zu Hause verhängte sie dann die Ausgangssperre.

Bis Ende Oktober hatte ich gleich nach der Schule nach Hause zu kommen, ohne Umwege. Keine Partys, keine Shopping-Ausflüge mit Suse, selbst das Schwimmen war gestrichen. Wenn ich nicht so fassungslos gewesen wäre, hätte ich ihr vielleicht ins Gesicht gelacht. Es war verrückt: Meine offene, verständnisvolle Psychologenmutter verhielt sich plötzlich wie all die Eltern, über die wir uns sonst gemeinsam aufregten. Das Schlimmste daran war, dass ich diesmal wirklich ein Problem hatte, das mir langsam, aber sicher über den Kopf wuchs. Aber Janne war die Letzte, der ich mich jetzt anvertraut hätte. Abgesehen davon: Wenn Suse schon hysterisch wurde, würde meine Mutter Lucian erst recht für einen Psychopathen halten.

Mit Suse und Sebastian hatte ich telefoniert und ihnen dasselbe erzählt wie Janne. Natürlich glaubten sie mir kein Wort. Suse löcherte mich mit Fragen und fand Jannes Reaktion ebenso übertrieben wie ich, während Sebastian kühl und verhalten blieb.

Den Sonntag verschanzte ich mich in meinem Zimmer und verbrachte die Zeit damit, im Internet nach aktuellen Vermisstenanzeigen zu suchen. Im Westerwald war ein kleines Mädchen nicht von der Schule zurück nach Hause gekommen. Eine junge Frau suchte ihren Verlobten, ein Jugendlicher, fünfzehn, rothaarig, kräftig, war von zu Hause ausgerissen. Und das war nur der Anfang. Das Netz wimmelte nur so von Foreneinträgen besorgter Familienangehöriger. In allen möglichen Ländern wurden Menschen vermisst, manche Nachrichten waren neu, andere uralt. Aber ich fand keine, die auch nur annähernd zu Lucian passte. Nach ein paar Stunden gab ich entmutigt auf und legte mich auf mein Bett. An Schlaf war nicht zu denken, Hunger hatte ich auch keinen, stattdessen kreisten meine Gedanken immer wieder um ihn.

Lucian.

Noch nie hatte ich mich gleichzeitig so erschöpft und so unruhig gefühlt.

Um mich abzulenken, vertiefte ich mich in das Buch meines Urgroßvaters. Merkwürdigerweise war es genau das Richtige. Zuerst überflog ich die Kritiken im Anhang. Sein Ton war intelligent, witzig und amüsant, und wenn er seine Spitzen ansetzte, tat er das nie direkt, sondern ziemlich subtil. Er schaffte es, seine Leser zum Lachen zu bringen, und ich konnte mir gut vorstellen, warum er es als Journalist so weit gebracht hatte.

Vermutlich hatten das nur diejenigen, deren Werke mein Urgroßvater unbarmherzig niedermetzelte, anders gesehen.

Sein eigenes Leben beschrieb er allerdings genauso schonungslos. William Alec Reed war ein Einzelkind gewesen, sein Vater leitete als Chirurg ein Sanatorium. Als mein Urgroßvater drei Jahre alt war, starb seine Mutter unter den Händen seines Vaters bei einer missglückten Operation. Mein Urgroßvater kommentierte das mit den Worten, dass die Männer in seiner Familie noch nie mit handwerklichem Geschick gesegnet gewesen seien und dass sich das tapfere Schneiderlein, wie er seinen Vater titulierte, fortan vor allem in der Kunst des Trinkens übte.

Er selbst, schrieb mein Urgroßvater, habe davon allerdings nur profitieren können. Wie sonst wäre er an all die entzückenden Kindermädchen gekommen – allen voran die bildschöne Französin, an die er in der Nacht seines vierzehnten Geburtstags seine Unschuld verlor? Sie hieß Lucille und neben ihrem gewaltigen Busen hob er vor allem ihren klangvollen Akzent hervor. Die Lektüre danach nannte er die Geschichten, aus denen Lucille ihm vorlas – und ihm damit die Welt der Bücher eröffnete.

Bücher und Frauen blieben das Thema seines Lebens.

Als Junge mochte mein Urgroßvater die Werke von Charles Dickens und Lewis Caroll. Später kamen Edgar Allan Poe, Jules Vernes und H. G. Wells dazu, mit dem er eng befreundet war.

In diesen Jahren hatte sich mein Urgroßvater bereits einen Namen als Literaturkritiker gemacht und er schrieb unter anderem für eine Zeitung in Los Angeles und die New York Times. Sein Leben schien zu der Zeit vorwiegend daraus bestanden zu haben, auf diversen Partys mit berühmten Schriftstellern und anderen Größen aus dem Kulturgeschehen Spaß zu haben.

Er verbrachte einige Jahre in Europa, hatte noch mehr Spaß, traf noch mehr Berühmtheiten und in London, wo er seine Stelle bei der Times antrat, begegnete er dann der Frau seines Lebens.

So schrieb er es wortwörtlich.

Insgesamt streifte er sie mit nur wenigen Zeilen, aber diese Sätze waren auffallend ernst. Zum ersten Mal, hieß es in seinem Buch, sollte ich erleben, was es heißt, aus Liebe sterben zu wollen.

Die junge Engländerin schien ihm allen Anlass dafür gegeben zu haben, als sie ihn in der Nacht vor ihrer Hochzeit wegen eines anderen Mannes verließ. Mein Urgroßvater nahm sich nicht das Leben, aber seine zynische Einstellung zum Thema Leben und Liebe fand er offenbar bestätigt – was ihn nicht daran hinderte, zahlreiche Geliebte und fast ebenso viele Ehefrauen zu haben.

So viel zum Thema Liebeskummer, dachte ich und blätterte mich zum hinteren Teil des Buches durch. Dort fand ich dann ein Bild von Dad. Von welcher Ehefrau meines Urgroßvaters er nun genau abstammte, bekam ich nicht mehr auf die Reihe, aber das Bild fesselte mich sofort.

Es zeigte meinen Dad, wie er als kleiner Junge neben meinem Urgroßvater an einem Anleger saß und angelte. Schulter an Schulter hockten sie da, wie verschmolzen mit der Natur um sich herum.

Am Schluss des Buches erwähnte er Dad dann noch und auch hier hatte ich das Gefühl, dass mein Urgroßvater in kurzen Zeilen etwas über sich preisgab, das er auf all den anderen Seiten hinter seinem Zynismus versteckte.

In meinem Enkel Alec fand ich etwas wieder, das ich selbst verloren hatte. Das tiefe Urvertrauen, geliebt zu werden für das, was man ist.

Ich wusste, was er meinte. Meine Eltern hatten mir dieses Gefühl gegeben, genauso wie Spatz, und es war wie eine Rüstung gegen alles, was mich verletzen konnte, schimmernd und undurchlässig.

All die Partys, die berühmten Freunde, der Erfolg – sie schienen nicht verhindert zu haben, dass mein Urgroßvater im Grunde genommen ein ziemlich einsamer Mensch gewesen war, zumindest in meinen Augen.

Ich ließ das Buch sinken. Draußen begann es zu regnen, ein lautloser Schleier von hauchdünnen Bindfäden fiel vom Himmel. Das Wetter war umgeschlagen. Ich sah aus dem Fenster und dachte an Lucian. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich gar nicht aufgehört hatte, an ihn zu denken, selbst in den letzten Stunden des Lesens hatte er sich in einen Winkel meines Gehirns eingenistet.

Ich blickte zum Hafen hinüber, auf die Elbe, die so grau war wie der Himmel. Wasser und Luft verschmolzen, es schien, als hätte ihnen jemand sämtliche Farbe entzogen.

Wo war er jetzt? Was machte er gerade? Und wo würde er die heutige Nacht verbringen? Meine Gedanken wanderten zurück zu unserer Begegnung am Feuer. Es war verrückt gewesen, unheimlich. So etwas passierte nicht. Aber es war mir passiert, und ganz egal, was ich darüber dachte – es hatte sich richtig angefühlt.

Ich schloss die Augen, um ihn besser sehen zu können, sein ovales Gesicht, das dunkle Haar, die tiefen Schatten unter seinen Augen.

Ich mag dich. Wenn du in meiner Nähe bist, fühle ich mich gut.

Und wenn ich nicht bei ihm war? Wer hatte ihm in seiner Vergangenheit ein gutes Gefühl gegeben? Welche Menschen waren ihm nah gewesen, welche Menschen hatten ihn vielleicht verletzt?

Und vor allem, warum konnte er sich nicht daran erinnern?

Ein Artikel aus der Zeitung fiel mir ein, ich hatte ihn vor ein paar Jahren gelesen. Es ging um einen Mann, der ohne Erinnerungen an einem Strand aufgewacht war. Er war nackt gewesen und sprach kein Wort, aber in der Psychiatrie fing er plötzlich an, virtuos Klavier zu spielen. Janne hatte damals vermutet, dass der Mann einen schweren Schock erlitten hatte und dass sich sein Körper nun schützte, indem er alle Erinnerungen verbannte. Wie es mit dem Mann weitergegangen war und was wirklich hinter seiner Geschichte steckte, wusste ich nicht.

Und Lucian? Hatte auch er einen Schock erlitten?

Immerhin war er ähnlich wie der Mann aus England irgendwo am Hafen aufgewacht. Nackt.

Nackt bedeutete nicht nur ohne Kleidung, sondern auch ohne einen Namen, ein Alter, ein eigenes Leben.

Wie hieß Lucian wirklich? Wie alt war er? Was für ein Leben hatte er vergessen? Und die wichtigste Frage: Was hatte ich damit zu tun? Warum wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich darin eine Rolle spielte, auch wenn ich mir beim besten Willen nicht erklären konnte, welche?

Ich dachte an das Bilderbuch von Max und den wilden Kerlen, aus dem Lucian so wortgetreu zitiert hatte. Hatte er das Buch wirklich in einem Buchladen entdeckt? Oder spielte er mir, aus welchem Grund auch immer, etwas vor?

Plötzlich ärgerte ich mich furchtbar, dass ich ihm nicht meine Handynummer gegeben hatte. Bis zu diesem Maskenball waren es noch Wochen – und es stand in den Sternen, ob ich überhaupt dort hin kommen würde. Andererseits kannte Lucian meine Adresse. Er wusste, wo ich wohnte, wo ich mich aufhielt. Wenn er mich wirklich sehen wollte, konnte er mich finden.

Es ist nicht gut, wenn man uns zusammen sieht.

Das hatte er gesagt, als die Rufe lauter geworden waren. Ich hatte es einfach so akzeptiert, aber jetzt wurde mir erst richtig bewusst, was das hieß.

Wovor schreckte er zurück? Wenn er wirklich seine Erinnerungen verloren hatte, dann gab es schließlich nichts, was er verheimlichen konnte.

Plötzlich erschien mir alles grundfalsch. So verhielt sich doch niemand, der seine Erinnerungen verloren hatte! So verhielt sich nur jemand, der sich aus irgendeinem Grund schuldig fühlte.

Ich dachte an Suse, die vermutet hatte, dass Lucian ein Stalker war.

Stalker gingen weit, verdammt weit, davon hatte ich gelesen und ich hatte die Vorstellung immer ziemlich gruselig gefunden. Vielleicht hatte er irgendwie etwas über mein Leben herausbekommen –und sich seine eigene Geschichte einfach nur ausgedacht? Aber konnte ich mich in einem Menschen so täuschen?

Ich fuhr zusammen, als ich draußen im Flur plötzlich Schritte hörte, erst leiser, dann wurden sie lauter, kamen näher, bis sie dicht vor meiner Tür verharrten. Einen Moment lang war alles still, dann sah ich, wie meine Klinke langsam nach unten gedrückt wurde. Ich zog die Bettdecke über meine Brust und drehte mich zur Wand.

»Rebecca?«

Es war Janne. Ich roch ihr Parfüm und spürte ihre Gegenwart im Zimmer. Vermutlich stand sie an der Tür und blickte zu mir hinüber.

Alles in mir krampfte sich zusammen, so sehr bemühte ich mich, keine Regung zu zeigen.

Hau ab, dachte ich grimmig. Verzieh dich. Lass mich bloß allein.

Die Wut saß tief, tiefer, als ich es je für möglich gehalten hätte. Meine Mutter hatte mich vor meinen Freunden ins Gesicht geschlagen. Sie hatte mir Hausarrest gegeben. Und das Allerschlimmste: Sie hatte mir misstraut.

Wie konnte sie mich ausgerechnet in dem Moment verraten, in dem ich sie eigentlich brauchte? Irgendwie fühlte ich, dass sie sich gerade dasselbe fragte – und ich genoss ihr schlechtes Gewissen. Es geschah ihr nur recht.

Janne ging, ohne etwas zu sagen.

Als ich mich am Abend noch einmal in die Küche schlich, hörte ich meine Mutter hinter ihrer Schlafzimmertür weinen. Spatz redete leise auf sie ein, ich verstand ihre Worte nicht, aber ich blieb vor der Tür stehen, bis Jannes Schluchzen verstummt war.

Nachts träumte ich.

Ich schwamm in einem See, es war dunkel. Das Wasser war angenehm kühl, ich konnte es auf meiner Haut fühlen, es prickelte, während meine Arme nach vorn schnellten, weiter und immer weiter. Das schwarze Wasser schäumte vor meinen Augen, schillernde Tropfen stoben wie Silberperlen in die Luft und ich fühlte mich schwerelos, ich schwamm ohne Anstrengung, es war wie ein Gleiten, losgelöst von meinen eigenen Bewegungen. Ich war allein, aber gleichzeitig war jemand bei mir, den ich nicht sehen konnte, jemand, der an meiner Seite durch den See glitt. Über meinem Kopf rauschte der Wind und dann fing es an zu regnen. Die ersten Tropfen fielen zögernd und schwerfällig, bis schließlich das ganze Wasser in Bewegung war. Ich fühlte Wasser überall, es hüllte mich ein mit immer lauteren Trommelschlägen und immer noch hatte ich dieses wunderbare Gefühl, dass jemand an meiner Seite war, bis ich von dem Geräusch des Regens wach wurde.

Langsam, wie durch Wasser, wurde mir bewusst, dass ich in meinem Bett lag. Der Regen kam von draußen und ich war allein.

Ich fühlte es in einer seltsamen, beängstigenden Deutlichkeit, die mich erschreckte. Ich schlug die Decke zurück und schlich durch das stille Haus.

Auf dem Dachboden schimmerte noch Licht. Ich stieg die Wendeltreppe hinauf und öffnete vorsichtig die Tür.

Spatz saß auf dem Tagesbett des Dachbodens und lächelte, als sie mich sah. »Fertig«, sagte sie und hielt mir das schimmernde Etwas vor die Nase, das sie gerade vollendet hatte. »Mein erster Sponglia beatificae. Was sagst du?«

Vorsichtig nahm ich das zarte Schwammkörperchen in die Hand. Es glänzte goldfarben und war von zahlreichen Häkellöchern durchsetzt. Wie Poren sahen sie aus, durchlässig für Luft oder Wasser. Es kam mir vor, als ob der kleine Schwamm, der sich in meine Handfläche schmiegte, tatsächlich ein atmendes Lebewesen sei.

»Er ist wunderschön«, murmelte ich.

»Ich hab mir eine Geschichte dazu ausgedacht«, sagte Spatz. »Willst du sie hören?« Ohne meine Antwort abzuwarten, zog sie ein zerknittertes Papier aus ihrer Rocktasche, faltete es auf und las mir die geschriebenen Zeilen vor.

»Schon lange ist bekannt, dass die Unterwasserwelt großes Potenzial birgt. Insbesondere die Gattung der Schwämme ist hier von symbolhafter Bedeutung. Schwämme sind Meister der toxischen Abwehr und ihr genetischer Code weist große Ähnlichkeit zu dem des Menschen auf. Von sechzigtausend vermuteten Schwammarten sind Meeresbiologen bislang etwa fünftausend bekannt. Erst kürzlich wurde ein Fund ecceptionel gemacht: der Sponglia beatificae, der gemeine Glücksschwamm.«

Ich musste lachen. Spatz’ Stimme flatterte wie ein Schmetterling, der gerade auf Nektar gestoßen war.

»Im Unterschied zu seinen Artgenossen«, las sie weiter, »besitzt der Sponglia beatificae Sensoren, die ihn glücksverdächtige Momente und Orte aufspüren lassen. In magischer Geschwindigkeit und auf noch völlig ungeklärte Weise dockt er genau dort an und fördert die Wachheit der beteiligten Personen für die jeweilige Glückssituation. Seine chemische Abwehr hat sich außerdem auf angstvolle und destruktive Gedanken spezialisiert, sodass diese in der unmittelbaren Nähe des Glücksschwamms keine Überlebenschance haben.«

Spatz ließ den Zettel sinken. Sie sah aus, als ob der Glücksschwamm sie als erstes Wirtstier erkoren hätte.

»Es ist erst ein Entwurf, ich muss noch daran arbeiten«, sagte sie. »Was denkst du?«

»Ich denke, das könnte eine ziemliche Marktlücke sein«, sagte ich lächelnd. »Kann man mit den Schwämmen auch Töpfe sauber machen? Dann hätten sie neben ihrem ideellen noch einen praktischen Nutzen. So was mögen die Deutschen.«

Spatz schnitt eine Grimasse. »Okay, so viel zur Eliminierung von destruktiven Gedanken.« Sie beugte sich zärtlich über das Gebilde. »Schätzchen, das üben wir noch ein bisschen«, sagte sie zu dem Schwamm.

Ich kicherte. »Wie ich dich kenne, wirst du es ihm in null Komma nichts beigebracht haben.«

Spatz streckte sich und gähnte. »Vielleicht klappt es diesmal mit der Ausstellung«, sagte sie hoffnungsvoll. »Im Theater habe ich gehört, dass ein Künstleratelier in St. Georg noch einen Untermieter sucht. Ich versuch mich gleich morgen darum zu kümmern.«

»Das wäre wirklich klasse.« Ich strich mit den Fingerspitzen noch einmal über die goldene Oberfläche des Schwämmchens, ehe ich es zurück in ihre Hände rollen ließ. Spatz war seit Jahren auf der Suche nach einem günstigen Atelier, in dem sie ihre Werke unterbringen und ausstellen konnte. »Ich wünsch dir Glück«, sagte ich.

Im Vogelbauer war John Boy auf die Schaukel gehüpft. Zwitschernd schaute er aus seinen schwarzen Augen auf uns herab. Ich musste an meinen Hausarrest denken.

Spatz warf mir einen ihrer Blicke zu.

»Bist du okay, Knastschwester?«, fügte sie hinzu.

Ich rollte mit den Augen. »Klar. Vielleicht lasse ich mir aus der Apotheke ein paar Schrumpfpillen schicken, dann setz ich mich zu John Boy und Jim Bob hinter Gitter. Ob die beiden wissen, dass sie Flügel haben? Und wozu sie da sind?«

Jetzt kicherte Spatz, dann wurde sie plötzlich ernst. Sie sah mich an, die Stirn gerunzelt, die goldbraunen Augen unruhig. Schließlich strich sie mir über die Wange. »Nimm es deiner Mam nicht übel, Rebecca. Sie macht gerade etwas durch.«

Ich auch, dachte ich. Aber deshalb schlage ich nicht um mich oder verhänge übertriebene Strafen.

Ich legte meine Hand auf Spatz’ Schulter. »Nacht, Spatz«, sagte ich.

»Nacht, Rebecca. Schlaf gut.«

Die Ereignisse der nächsten Wochen waren nicht nennenswert – und genau das machte mich wahnsinnig. Wenn ich etwas zu tun gehabt hätte, wenn ich meinen normalen Alltag gehabt hätte – vielleicht hätte ich mich eher ablenken können. Aber so war ich ständig auf mich geworfen. Ich hatte Hausarrest, aber gleichzeitig waren meine Gedanken mit eingesperrt, sie liefen Amok in meinem Kopf und brachten mich um den Schlaf und um das bisschen Fassung, das ich noch hatte.

Spatz war überglücklich, weil sie bei ihrer Suche nach dem Atelierplatz endlich fündig zu werden schien. Sie erzählte mir von der Künstlergemeinschaft in Sankt Georg, die in einer alten Maschinenfabrik lag und sich »Die Koppel« nannte. Künstler aus allen Teilen Deutschlands arbeiteten dort in ihren Ateliers und einer von ihnen war tatsächlich an einer Untermieterin interessiert. Er wollte Spatz treffen, noch ganz unverbindlich, aber es war zumindest ein erster Schritt.

Auch bei Suse schien das Glück angedockt zu haben. Dass ich ausgerechnet an ihrem Geburtstag verschwunden war, ohne Bescheid zu sagen, hatte sie mir verziehen. So wie man Suse nicht lange böse sein konnte, brachte auch sie es nicht fertig, einem irgendetwas nachzutragen. Und ich rechnete es ihr hoch an, dass sie keine weiteren Versuche machte nachzubohren, was genau passiert war. Suse vertraute mir – im Gegensatz zu Janne.

Dimo hatte inzwischen einen Proberaum gefunden, zu einer wie Suse sagte »galaktisch niedrigen Miete«. Diese Neuentwicklung hielt Dimo zum Glück so in Atem, dass sich seine Treffen mit Suse fast ausschließlich um die Band drehten. Nur einmal war er ihrem BH gefährlich nah gekommen, und zwar der rechten, ungepolsterten Seite.

»Seine Fingerspitzen waren schon dran«, sagte sie und rollte mit den Augen. »Er war wild entschlossen, aber dann hat sein Handy geklingelt und der Besitzer des Proberaums verkündete, dass wir den Vertrag unterschreiben könnten. Scheiße, Becky. Meinst du, ich soll vorher mit ihm sprechen? Aber was soll ich sagen? Was würdest du an meiner Stelle tun?«

Mich mit denselben Fragen herumquälen, dachte ich. Die erwachsene Antwort darauf war vermutlich, dass sich Suse einen Freund suchen sollte, dem so etwas egal war. Aber würde es ihr damit wirklich besser gehen? Irgendwie bezweifelte ich das.

Hilflos erwiderte ich: »Ich würde es abwarten, Suse. Wenn der Moment da ist, wirst du schon wissen, was du machst!«

Suse seufzte und ich hoffte, der Moment würde noch eine Weile auf sich warten lassen.

Die einzige Rettung in dieser Zeit war die Schule. Ich hätte nie geglaubt, dass ich das mal sagen würde, aber ich sehnte mich nach dem Unterricht. Zu meiner Erleichterung bombardierte uns unser Spanischlehrer mit Grammatik und Vokabeln – und im Unterschied zum Englischen musste ich diese Sprache regelrecht in mich hineinpauken. In Bio schrieben wir eine Arbeit über die Wirkung von Drogen auf das Nervensystem. Aaron hatte sich zur Vorbereitung in der großen Pause einen fetten Joint reingezogen und starrte wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf sein leeres Blatt. Sheila kaute nervös auf ihrem Kugelschreiber herum und beobachtete Sebastian, der den Kopf über sein Heft gesenkt hatte und wie wild die Seiten füllte.

Wir bekamen tonnenweise Hausaufgaben in Mathe auf und Tyger gab uns eine seiner Spezialaufgaben, die diesmal nichts mit Ambrose Lovell zu tun hatte.

»Sucht euch den ersten Satz eines Romans oder einer Kurzgeschichte aus, den ihr bemerkenswert findet«, sagte er. »Wenn es ein deutscher Satz ist, übersetzt ihn ins Englische. Schreibt einen Aufsatz darüber, wie ihr diesen Satz empfindet. Ob er euch anspricht, etwas verheißt, euch in die Geschichte hineinzieht und wenn ja, warum.« Er blieb einen Moment vor meinem Platz stehen und musterte mich wieder auf diese seltsame Weise, die mir langsam unbehaglich wurde.

»Stimmt was nicht?«, fragte ich genervt, aber er zuckte nur mit den Schultern und ging weiter.

Ich verbrachte den Nachmittag vorwiegend damit, in den Bücherregalen von Janne und Spatz zu stöbern. Ich selbst besaß nicht viele Bücher. Lesen machte mich meist hibbelig, nach wenigen Seiten fühlte ich ein dringendes Verlangen, mich zu bewegen – und normalerweise hielt mich keine Ausgangssperre davon ab. Ich blätterte in den Romanen von Barbara Vine, Jannes Lieblingsautorin, nahm ein paar Dostojewskis heraus und blieb schließlich an Daphne du Mauriers Rebecca, hängen. Es war ein altes Buch, die Seiten waren schon ganz vergilbt. Der erste Satz lautete: Gestern Nacht träumte ich, ich sei wieder in Manderley.

Ich zuckte zusammen und stellte das Buch zurück ins Regal. Schließlich nahm ich Kafkas Prozess in die Hand. Sein Roman begann mit den Worten: Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hatte, wurde er eines Morgens verhaftet.

Na, dachte ich grimmig, das passt doch. Ich nahm das Buch mit in mein Zimmer, verschob den Aufsatz jedoch auf später. Ich erledigte meine Mathehausaufgaben, telefonierte mit Sebastian, der genauso wie Suse den Abend an der Elbe mit keinem Wort mehr erwähnte, aber zu meiner Erleichterung nicht mehr ganz so kühl war, und mailte mit Dad.

Valerie lernte gerade schreiben und übte fleißig, indem sie ihre Hausaufgaben sprichwörtlich auf dem Esstisch erledigte. Mit einem wasserfesten Edding hatte Valerie die Tischplatte aus antikem Rosenholz mit Wörtern wie Cat, Fat und Hat vollgekritzelt.

Was gibt’s Neues bei dir?, wollte Dad wissen.

Meinen Hausarrest und das, was dazu geführt hatte, behielt ich für mich. Stattdessen fragte ich nach meinem Urgroßvater. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich Dad noch groß erinnerte, aber es interessierte mich.

Schon am nächsten Tag kam die Antwort: Ach ja, die Biografie von Grandfather William Al – dann war die also bei euch? Kann nicht glauben, dass Janne sie auf dem Flohmarkt verkaufen wollte! Brav, dass du heroisch unsere Familiengeschichte rettest.

Ich grinste und las weiter.

Ich war noch ziemlich klein, als er starb, sechs oder sieben. Deine Großmutter sagte immer, dass er an nichts und niemandem ein gutes Haar ließ, aber mich muss er offensichtlich gemocht haben. Verrückt, dass er ausgerechnet das Bild am Lake Nacimiento in sein Buch gepackt hat. Meine Besuche dort sind die einzigen Erinnerungen, die ich noch an ihn habe. Dass er mir das Haus vererbt hat, hab ich dir erzählt, oder? Jedenfalls hat er dort seine letzten Lebensjahre verbracht, und zwar allein. An dem Anleger vor dem See hat er mir das Angeln beigebracht. Einmal hatte ich eine riesige Forelle am Haken. Ich hab geschrien wie verrückt, und als sie neben mir auf dem Holzsteg zappelte, hat mir dein Urgroßvater einen Stock in die Hand gedrückt. Er meinte, ich soll dem Fisch auf den Kopf schlagen, damit würde ich ihn betäuben. Ich kann dir sagen, das war ziemlich heftig! Und erst der Anfang. Dein Urgroßvater hat mir sein Messer gegeben. Er hat gemeint, ich soll zustechen. Zwischen den Brustflossen, Richtung Kopf, dort würde ich sein Herz treffen, erst dann wäre der Fisch richtig tot. Ich hab’s getan. Aber als mich der Fisch aus seinen toten Augen angestarrt hat, fing ich an zu flennen. Dein Urgroßvater wollte wissen, ob mir der Fisch leidgetan hat, aber das war es nicht.

Ich hab geweint, weil ich dieses Gefühl beim Zustechen hatte. Es war wie ein Rausch. Ich hab mich furchtbar geschämt und das hab ich deinem Urgroßvater auch gesagt. Und dann hat er mir diesen Blick zugeworfen, ich glaube, deswegen erinnere ich mich noch so genau daran. Er erklärte mir, es gäbe viele Arten zu töten und diese sei ehrlich. Der Rausch, den ich dabei empfunden hätte, wäre normal. Dafür müsste ich mich nicht schämen.

Wenn ich jetzt darüber nachdenke, kommt es mir so grausam vor. Aber damals war ich mit seiner Erklärung zufrieden.

Ich las die E-Mail mehrere Male. Dass Dad sein Ferienhaus am Lake Nacimiento von meinem Urgroßvater geerbt hatte, hatte ich nicht gewusst – oder zumindest erinnerte ich mich nicht daran. Aber viel mehr beschäftigte mich jetzt die Frage, was mein Urgroßvater gemeint hatte, als er sagte, es gäbe viele Arten zu töten.

Ich musste an die Kritiken am Anhang seines Buchs denken, an seinen Ruf als Literaturkritiker – der Mann mit der tödlichen Feder –und an den Selbstmord von Tygers Lieblingsautor, dessen Werk mein Urgroßvater vernichtet hatte.

Ich überlegte kurz, ob ich Dad davon schreiben sollte, aber stattdessen fragte ich nach dem Wahlkampf. Dad erzählte ausführlich davon, dass er sich zum ersten Mal politisch engagierte. Er glaubte fest daran, dass sich Obama gegen McCain durchsetzen würde, aber der richtige Kampf stünde ihm erst danach bevor. Die Wirtschaftskrise war jetzt nicht mehr wegzulügen.

Die Mail endete wie immer mit den Worten: Wish you were here, little wolf, und ausgerechnet heute wollte er im PS wissen: Wie geht es denn der großen Wölfin?

Ich seufzte. Tja, wie sollte es ihr schon gehen? Sie kochte. Sobald Janne von der Arbeit kam, verwandelte sie unsere Küche in ein Drei-Sterne-Restaurant mit Gourmetgerichten aus aller Welt. Jeden Tag kam ein neues Festessen auf den Tisch; schwarze Spaghetti mit Kokosmilch und Shrimps, Rehragout an Rotwein-Kirschsauce, Seezunge mit Steinpilz-Béchamelkartoffeln, Loup de Mer mit Tomaten-Aprikosen-Salsa, gefüllte Hähnchenbrust in Marsalasauce auf Gorgonzola-Spinat. Beim Essen war das Schweigen so laut, dass ich kaum einen Bissen herunterbekam. Im Gegensatz zu Suse konnte ich ziemlich nachtragend sein, wenn ich mich ungerecht behandelt fühlte. Aber das hier war noch mal eine völlig andere Nummer. Streitereien zwischen Janne und mir hatten normalerweise etwas von einem Sommergewitter, ein kurzer, heftiger Ausbruch, danach war die Luft wieder rein. Das hier – dieses nebulöse, drückende Nichts – war Neuland für uns beide, oder besser gesagt: für uns drei.

Janne und ich hielten beim Essen die Köpfe gesenkt, und nachdem uns Spatz ungefähr hundert ihrer vielsagenden Blicke zugeworfen hatte, knallte sie die Gabel auf den Tisch und sagte, sie habe es satt, und zwar gründlich.

Ja, das hatte ich auch. Aber ich hatte keine Lust, den ersten Schritt zu tun. Janne war im Unrecht und ganz egal, welche Laus ihr über die Leber gelaufen war, ich fühlte mich nicht dafür verantwortlich.

Unsere letzte Ladys Night war ausgefallen, aber auch das war mir egal. Das Einzige, was mich mit jedem Tag mehr beschäftigte, war die Frage, wie ich am kommenden Freitag zu dem Maskenball gelangen sollte.

Seit unserer Begegnung am Strand hatte sich Lucian nicht mehr blicken lassen. Immer stärker beschlich mich das Gefühl, dass er mich überhaupt nicht wiedersehen wollte. Und die Chancen, dass er Halloween in diesem Club aufkreuzen würde, standen ebenso gering wie meine, das Haus zu verlassen. Der 31. Oktober war der letzte Tag meiner Ausgangssperre. Ich hatte den Tag mit einem kleinen roten Kreuz in meinem Kalender markiert, und je näher er rückte, desto nervöser wurde ich. Jeden Morgen starrte ich auf den Kalender, und wenn ich das tat, wurde mein Kopfkäfig enger und enger.

»Vielleicht lässt Janne dich ja gehen«, meinte Sebastian, als er mich am Wochenende in meiner Einzelhaft besuchte. In den letzten Telefonaten hatten wir uns Stück für Stück wieder angenähert.

Wir saßen auf meinem Bett, aßen Tacos mit geschmolzenem Käse und spielten unser altes Spiel Disco for two. Es bestand daraus, dass wir abwechselnd Songs aus meiner oder Sebastians – mitgebrachter –CD- Sammlung auswählten und auflegten, wobei wir versuchten, uns thematisch nach dem Vorgängersong zu richten und dabei oft wie wild durch die unterschiedlichen Genres sprangen. Am Ende brannten wir einen Mix aus den Songs, den wir mit dem jeweiligen Datum versahen und ihn Becks und Bastis Best of Times nannten. Mittlerweile hatte unsere Special Edition bereits zehn CDs hervorgebracht. Gerade hatte Sebastian stöhnend meinen Song Thriller von Michael Jackson ertragen. Jetzt schob er die Sawdust-CD von The Killers ein.

Draußen fiel der Regen wie an allen Tagen zuvor. Die Elbe hatte Hochwasser, gestern hatte es sogar eine Warnung im Radio gegeben.

Natürlich hatte ich Sebastian nicht erzählt, warum ich unbedingt zu dem Maskenball wollte.

»Vergiss es«, brummte ich als Antwort auf seine Vermutung, dass Janne mich gehen lassen würde. »Ich hab sie gestern gefragt.«

Es hatte mich jede Menge Überwindung gekostet und Jannes Antwort hatte sich wie eine weitere Ohrfeige angefühlt. Nein. Keine Diskussion.

»Könnten wir jetzt bitte das Thema wechseln?«

»Klar«, sagte Sebastian. »Kein Problem. Ich will da eh nicht hin, glaub nicht, dass du groß was verpasst.«

Wir schwiegen, schoben uns Taco Chips in den Mund, kauten im Takt zu Read My Mind und plötzlich sagte Sebastian: »Im Sommer 1963 verliebte ich mich und mein Vater ertrank.«

Ich hielt mit Kauen inne und sah ihn erstaunt an.

»Salzwasser von Charles Simmons«, klärte Sebastian mich auf. »Es ist der erste Satz seines Romans und darin ist bereits der gesamte Inhalt enthalten. Das ist genial. Du weißt, worum es geht, und trotzdem brennst du vor Neugier weiterzulesen. Alle Fakten sind auf dem Tisch, du glaubst sie sofort, du ahnst, dass es um eine erste Liebe geht, und ich meine die richtige Liebe, groß und verhängnisvoll. Und du weißt, dass jemand sterben wird – nein, nicht irgendjemand, sondern der Vater des Erzählers. Einer liebt, einer stirbt. Beides hängt zusammen. Du spürst, dass derjenige, der die Geschichte erzählt, an ihrem Ende steht und dort ein anderer ist, als er am Anfang war. Im Grunde weißt du schon alles, aber du siehst es noch nicht. Als ob der Autor mit seinem ersten Satz eine Tür öffnet und dich in einen großen Raum schiebt, in dem alles dunkel ist. Du ahnst, wo die Möbel stehen. Hier ein Tisch, dort ein Bett. Du siehst ihre Schatten, aber nicht ihre Farben, ihre Konturen. Deine Gedanken wandern, aber sie kennen die Richtung noch nicht. Das ist großartig. Das würde ich auch gerne können.«

Ich sah Sebastian an. »Schreiben?«

»Ja.«

»Hast du es versucht?«

Sebastian schob sich eine Ladung Tacos in den Mund. Der Song lief immer noch.

Can you read my mind
The good old days, the honest man
The restless heart, the Promised Land . . .

»Themawechsel«, sagte Sebastian.

Ich schob Tacos nach. »Okay. Worüber willst du sprechen?«

Sebastian grinste mich an. »Über den Käse an deinem Mundwinkel. Oder darüber, wie wir ihn am besten entfernen.«

»Wo denn?« Ich runzelte die Stirn und ließ meine Mundwinkel tanzen. »Rechts oder links?«

Sebastian nahm mein Kinn in seine Hand und drehte mein Gesicht ganz leicht nach links, gerade so weit, dass sich unsere Blicke noch trafen.

I got a green light
I got a little fight
I’m gonna turn this thing around
Can you read my mind . . .

Sebastian lächelte, aber in seinen Augen flackerte es. Ängste und Wünsche mischten sich in seinem Blick. Dann beugte er sich vor, bis sein Mund dicht an meinem war. Er roch nach Tacos und nach sich selbst, diesem so vertrauten Sebastian-Duft, an dem ich ihn unter Tausenden erkennen würde.

Meine Hand lag auf seiner Brust, ich fühlte, wie sein Herz klopfte, laut und schnell. Ich hielt Sebastian mit meinen Fingerspitzen auf Abstand.

Can you read my mind . . ..

»Mach es nicht kaputt«, flüsterte ich. »Bitte, mach es nicht kaputt. Gib mir noch ein bisschen Zeit.«

Sebastian presste die Lippen aufeinander. Ich spürte seine Enttäuschung, als wäre sie greifbar, und ich spürte meine eigene Traurigkeit, die tiefer ging, als mir lieb war.

Sebastians Mund öffnete sich, aber ehe er etwas sagen konnte, ging die Tür auf.

»Dein Handy hat – ups . . . Entschuldigung!«

Janne stand im Zimmer. Sie starrte auf mich und Sebastian, wir fuhren auseinander und ich wollte gerade trotzig bemerken, dass mein Hausarrest nicht bedeutete, dass ich keinen Besuch empfangen durfte, als ich feststellte, dass Janne über das ganze Gesicht strahlte. Sie sah total erleichtert aus.

Ich drückte auf die Stopptaste, sodass die Musik jäh abbrach.

»Tut mir leid«, sagte Janne hastig. »Wie blöd von mir, einfach reinzuplatzen. Hallo Sebastian. Dein Handy hat geklingelt, Rebecca. Es ist Sebastians Vater. Willst du ihn sprechen?«

Ich riss ihr das Telefon aus der Hand. Ich konnte nicht fassen, dass Janne einfach an mein Handy ging und dann auch noch so tat, als ob nichts dabei wäre.

Sebastians Vater hatte einen Job für mich. Eine Hamburger Schauspielerin war gestorben, sie würde am Donnerstag auf dem Ohlsdorfer Friedhof beerdigt werden. Die anschließende Trauerfeier, die sein Cateringservice ausrichten sollte, würde in der Villa der Verstorbenen stattfinden, aber aufgrund des Parkplatzmangels hatte Sebastians Vater einen Eskortservice angeboten. Ich sollte die Gäste nach der Beerdigung zum Bus bringen und bei der Trauerfeier als Kellnerin mitarbeiten.

Eigentlich wollte ich absagen, aber Janne, die gerade im Flur verschwand, gab mir hastig zu verstehen, dass es okay wäre – wenn ich danach unverzüglich zurück nach Hause käme.

Mit dem Handy in der Hand lief ich zu meinem Schreibtisch, um mir die Zeiten zu notieren, dann verabschiedete ich mich.

Ich drehte mich zu Sebastian um. Er saß noch immer auf meinem Bett, die Füße hochgelegt, und starrte aus dem Fenster.

»Na, was wollte mein Vater?«, fragte er, ohne mich anzusehen.

Ich schluckte. »Ich soll auf einer Beerdigung kellnern.« Für einen Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte.

Jetzt erst schaute er mich an. »Kommst du bitte mal?«, fragte er ernst.

Zögernd setzte ich mich zu ihm aufs Bett.

Sebastian erhob sich, stellte sich vor das Bett und sah auf mich herab.

Oh fuck. Ich hatte es so was von verbockt. Wie zum Teufel sollte ich ihm begreiflich machen, was mit mir los war? Es war nicht wie damals, als ich das Gefühl gehabt hatte, dass zwischen uns etwas fehlte. Zwischen uns war alles gut, viel besser als je zuvor – wie sollte ich Sebastian erklären, dass ich ihn diesmal wegen eines Typen zurückstieß, der psychische Probleme hatte, sich nach unserer letzten Begegnung nicht mehr hatte blicken lassen und es wahrscheinlich auch nicht mehr tun würde?

»Hör mir jetzt gut zu, Becks«, sagte Sebastian.

Okay, ich brauchte es gar nicht erst versuchen. Das war’s, Becks.

Ich krampfte meine Finger zusammen.

Sebastians Miene wurde noch eine Spur düsterer. Er schob die Augenbrauen zusammen. Und dann raunte er mit tiefer, dunkler Stimme:

»The foulest stench is in the air

the funk of foorty thousand years

and grizzy ghouls from every tomb

are closing in to seal your doom . . .«

Sebastians Körper versteifte sich. Mit aufgerissenen Augen und ausgestreckten Armen stakste er auf mich zu. Und während ich haltlos zu kichern begann, wackelte er mit den Hüften, fiel vor meinem Bett in die Knie, griff nach einem imaginären Mikrofon und schmetterte:

»Cause girl, this is thriller, thriller night . . .«

Dann pustete er sich das helle Haar aus der Stirn und grinste mich an. »Have fun bei der Beerdigung, Babe. Aber im Gegensatz zu dir bin ich noch nicht zum Grübelgrufti mutiert. Und bis ich mich vor Gram, dass du mein Flehen erhörst, auf Friedhöfen herumtreibe, müssen leider noch ein paar Jahrtausende vergehen.«

Er gab mir einen Stups auf die Nase. »Okay?«

»Okay«, sagte ich und hätte vor Erleichterung fast geheult.

Am Donnerstag nach der Schule nahm ich den Bus bis zum Bahnhof Altona, stieg in die S1 nach Ohlsdorf und lief über die Fuhlsbütteler Allee bis zum Haupteingang des Friedhofes. Ich war zum ersten Mal hier, und als ich die riesige Parkanlage hinter den schwarzen Eisentoren erblickte, war ich ziemlich überwältigt.

Sebastians Vater hatte mir am Tag zuvor eine Infobroschüre gemailt, in der ich gelesen hatte, dass der Friedhof mit seinen vierhun dert Hektar der größte Parkfriedhof der Welt war. Aber mir war nicht klar gewesen, was das bedeutete.

Es gab Rosenhaine, verträumte Teiche und von Laubbäumen gesäumte Pfade, die zu Grabstätten aller Art führten. Bürgermeister, Senatoren, Dichter und Musiker hatten auf diesem Friedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden. In der Broschüre hatte ich von Begräbnisstätten für Kinder gelesen, einem Schmetterlingsgarten und einem Ruhewald, um dessen Stämme herum sich Urnengräber gruppierten. Der Friedhof hatte sogar einen eigenen Busverkehr.

Es regnete schon wieder in Strömen, aber die Bäume trotzten dem grauen Himmel mit feurigen Herbsttönen und ich beschloss, den Weg zu der Grabstätte zu laufen. Wunderschöne Engelstatuen säumten den Weg. Wie Menschen mit Flügeln sahen sie aus und ich wusste selbst nicht, warum ich plötzlich an Sebastian dachte und daran, wie viel Überwindung es ihn gekostet haben musste, diesen Moment in meinem Zimmer mit einem Scherz abzutun.

Während ich mir in schlaflosen Nächten den Kopf darüber zerbrochen hatte, wie ich mich Halloween aus dem Haus schleichen konnte, ob Lucian zum Maskenball kommen würde, was ich sagen, tun oder fragen würde, falls er auftauchte und wie ich damit fertig werden würde, wenn genau das nicht passierte . . . war Sebastian derjenige, der da war. Warum konnte ich mich damit nicht zufriedengeben?

Wenn ich bei dir bin, geht es mir gut.

Von irgendwoher ertönte eine Glocke und ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich ziemlich spät dran war. Mit der Broschüre in der Hand hastete ich zu dem historischen Wasserturm, der den Eingang zum Garten der Frauen markierte. Der Turm war klein und weiß mit hübschen Giebeln und winzigen Fenstern. Für einen Moment fühlte ich mich an den Leuchtturm am Falkensteiner Ufer erinnert.

Ich gelangte in eine wunderschöne Anlage mit riesigen Rhododendronbüschen und hellen Grabsteinen, auf denen bunte Blumen blühten. Die Frauen, die hier begraben wurden, hatten laut der Broschüre Hamburgs Geschichte mitgeprägt. Von Sebastians Vater wusste ich, dass die verstorbene Schauspielerin mehrere Jahrzehnte zum Ensemble des Hamburger Schauspielhauses gezählt hatte. Ich selbst hatte noch nie von ihr gehört, aber die zahlreichen Trauergäste, die sich um das offene Grab versammelt hatten, machten ziemlich deutlich, dass sie eine große Fangemeinde besessen hatte. Der Sarg war schon in die Erde gelassen worden. Berge von Blumen und bunten Kränzen säumten die Grabstelle. Kinder liefen umher, zwei Mädchen spielten Fangen, während die Erwachsenen in ihren dunklen Kleidern sich einreihten, um Abschied zu nehmen. Ein paar Leute weinten und links neben dem Grab stand ein alter Herr mit schlohweißem Haar. Ich weiß nicht, wieso, aber ich hatte sofort das Gefühl, dass er der Witwer war. Sein Gesicht war ganz ruhig, er wirkte gefasst, gelassen, aber in seinen Augen lag eine tiefe Traurigkeit.

Ich wollte mich gerade nach dem Fahrer umblicken, mit dem ich im Anschluss die Gäste zu ihrem Bus geleiten sollte, als ich einen grauhaarigen Mann in einem altmodischen Anzug entdeckte. Er stand etwas abseits einer Eiche und sah hinauf in den Himmel, an dem sich gerade die Wolken lichteten.

Es war Tyger. Ich zuckte zusammen. Was machte mein Englischlehrer hier? Hatte er die Schauspielerin gekannt? Ein Sonnenstrahl brach hervor und plötzlich erglühte alles in einem hellen goldenen Schein. Die Farben strahlten mit einem Mal so scharf und klar, und ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich es schön oder schrecklich finden sollte.

In diesem Moment richtete Tyger seinen Blick auf mich. Er lächelte. Dann hob er die Hände und begann zu klatschen. Ja, er applaudierte. Für einen Augenblick war die Menge der Trauernden wie erstarrt. Doch dann folgten die ersten seinem Beispiel, noch zögernd, dann fielen andere ein. Nach einer Weile applaudierten alle, in einem ruhigen, ehrfürchtigen Rhythmus. Mir schossen die Tränen in die Augen. Sie war Schauspielerin, dachte ich. Diese Frau, deren Namen ich nicht einmal kannte, hatte viele Jahre lang auf der Bühne gestanden. Das hier waren ihr letzter Vorhang und ihr letzter Applaus.

Ich war nicht die Einzige, die weinte. Auch dem alten Herrn mit dem schlohweißen Haar rollten jetzt die Tränen über die Wangen. Seine Hände waren gefaltet.

Als der Applaus verstummte und ich wieder zu der Eiche hinüberblickte, war Tyger verschwunden.

Als ich mich am frühen Abend auf den Heimweg machte, war ich in Gedanken noch immer bei der Trauerfeier, sodass ich die Laute, die mir aus unserer Wohnung entgegenkamen, erst gar nicht deuten konnte. Ich lief ins Wohnzimmer und dort, am Boden vor der Wendeltreppe, lag Janne. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt. Sie wimmerte. Spatz kniete vor ihr. Mit einem Satz war ich bei den beiden.

»Ich bin gestürzt«, keuchte Janne. »Ich kann nicht . . . ich glaube . . . Scheiße!«

»Ruf einen Krankenwagen, Rebecca«, sagte Spatz.

Eine halbe Stunde später saßen wir im Behandlungszimmer des Hafenkrankenhauses. Meine Mutter hatte sich den linken Knöchel gebrochen und der Arzt wollte sie über Nacht dabehalten, um am nächsten Morgen zu operieren. Janne wehrte sich mit allen Kräften, aber die Entscheidung stand fest. Mit zwei bis drei Tagen Krankenhaus würde sie rechnen müssen.

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Auch wenn ich sofort ein schlechtes Gewissen hatte, fuhr mir durch den Kopf, dass es jetzt Janne war, die unter Arrest stand.

Spatz und ich blieben bis kurz nach zehn bei ihr. Janne hatte eine Spritze gegen die Schmerzen bekommen. Sie lag in einem Doppelzimmer, aber das Bett am Fenster war leer. Es fühlte sich seltsam an, hier zu sitzen, wie nach einem erzwungenen Waffenstillstand. Janne sah furchtbar angespannt aus, ihre Hände nestelten unruhig an der Bettdecke herum. Bei jedem kleinsten Geräusch fuhr sie zusammen.

Ich wusste, was in ihr vorging. Für meine kontrollwütige Mutter, die ständig in Bewegung war, musste dieser Ort ein leibhaftiger Albtraum sein. Auch wenn hier penible Ordnung herrschte – es war nicht die ihre.

Spatz gab ihr Bestes, die Atmosphäre aufzulockern. Sie hatte aus dem Blumenladen unten bei der Aufnahme Jannes Lieblingsblumen besorgt, einen riesigen Strauß Magnolien.

Und sie redete, als ob Jannes Leben davon abhinge.

Zuerst erzählte sie von dem Treffen mit dem Künstler, das heute stattgefunden hatte. »Er glaubt, in Sachen Küchenschwämme gibt es tatsächlich noch Bedarf, und freut sich schon darauf, Putzfeen auf der Suche nach dem Glück in unserem Atelier begrüßen zu dürfen«, sagte sie mit einem Seitenblick auf mich und gab ihr schepperndes Lachen zum Besten, in das Janne und ich bemüht einfielen.

Nachdem sie die alte Maschinenfabrik, in der die Ateliers lagen, in allen Einzelheiten beschrieben hatte, kam die Beerdigung an der Reihe. Spatz hatte die Schauspielerin sehr bewundert. Sie hatte sie mehrfach in verschiedenen Rollen gesehen und sie wusste, dass sie auch eigene Theaterstücke geschrieben hatte. Auch das erzählte sie in aller Ausführlichkeit, bis sie endlich mit einem tiefen Seufzer aufgab. Spatz waren schlicht die Worte ausgegangen.

Nach einem quälenden Schweigen fragte Janne mich, ob in der Schule alles okay wäre.

Ich sagte: »Ja.«

Sie fragte, wie es Suse ginge.

Ich sagte: »Gut.«

Ich fragte, ob sie Schmerzen hätte.

Sie sagte: »Kaum.«

Ich fragte, ob sie noch etwas bräuchte.

Sie sagte: »Danke. Nein.«

Endlich erhob sich Spatz von ihrem Stuhl. »Es wird langsam Zeit«, sagte sie, was Janne und ich wie aus einem Mund bejahten.

Als wir draußen waren, holten Spatz und ich tief Luft, als wäre in Jannes Zimmer nur sehr wenig davon vorhanden gewesen.

Als ich am nächsten Tag meinen Kalender umschlug, leuchtete mir das kleine rote Kreuz entgegen. Es war der 31. Oktober und ich war so nervös, dass mir schwindelig wurde. Spatz holte mich von der Schule ab, und als wir zu Janne ins Krankenhaus kamen, war meine Mutter bereits aus der Narkose erwacht. Ihr linker Fuß war eingegipst und ihr Gesicht war spitz und blass.

»Hey«, sagte sie. »Wölfchen. Spatz. Wie schön, euch zu sehen.«

Ich setzte mich neben sie, nahm ihre Hand und warf einen Blick auf die Frau, die jetzt in dem anderen Bett am Fenster lag. Sie hatte einen Laptop auf dem Schoß und ein Handy am Ohr, von dem aus sie der Person am anderen Ende unablässig Anweisungen gab. Es ging um Immobilien, Topfpflanzen, Steuerunterlagen und einen Termin zur Botoxauffrischung.

Ich grinste und Janne rollte mit den Augen. »Die Tante macht mich fertig«, brummte sie leise.

Spatz hatte sich an Jannes Kopfende gesetzt. Sie strich meiner Mutter das Haar aus dem Gesicht und küsste sie auf die Stirn.

»Wie war die Operation?«, fragte ich. »Hast du Schmerzen?«

»Nicht dass ich wüsste«, sagte Janne. »Die haben mir was gegeben. Hunger hab ich.«

Ich lachte angespannt. »Kannst ja mal fragen, ob sie dich in die Küche lassen. Dann freuen sich die anderen Patienten.«

Janne seufzte. »Das wird noch dauern. Ich muss den Fuß hochlegen. Für die nächsten Wochen werdet ihr mich wohl bekochen müssen. Ich bin froh, wenn ich in die Praxis kann. Und wie sieht es bei euch aus? Macht ihr was Schönes heute Abend?«

Sie warf Spatz einen langen, eindringlichen Blick zu. Ich wusste, was sie damit sagen wollte, und biss die Zähne zusammen.

»Ich habe heute Nachmittag einen Termin bei meinem zukünftigen Vermieter in der Koppel«, sagte Spatz. »Wir wollen sehen, wie wir das Atelier aufteilen, und das kann dauern. Deine Tochter wird sich wohl allein beschäftigen müssen.«

Wir blieben noch eine gute Stunde, dann kam die Krankenschwester mit dem Essen. Brot und Aufschnitt, einem Joghurt, Orangensaft. Janne verzog das Gesicht. Die Frau neben ihr war über ihrem Laptop eingeschlafen.

Als ich Janne zum Abschied flüchtig küsste, hielt sie meine Hand fest. »Ich kann mich auf dich verlassen«, sagte sie. Es klang wie eine Drohung. Ich nickte.

Um kurz nach sieben machte sich Spatz fürs Theater fertig. An unserer Tür klingelte es alle paar Minuten Sturm. Kleine Hexen, Vampire und Teufel fragten nach Süßem oder Saurem und ich war froh, dass Janne noch vor ihrem Unfall für Vorrat gesorgt hatte. Bevor Spatz aus dem Haus ging, steckte sie ihren Kopf in mein Zimmer.

»Wenn ich nach Hause komme«, sagte sie, »werde ich sehr müde sein. Ich werde gleich ins Bett gehen. Wir sehen uns dann morgen zum Frühstück. In alter Frische. Richtig?«

Ich hätte Spatz küssen können. »Richtig«, sagte ich.

Lucian
titlepage.xhtml
01_cover.html
02_halftitle.html
03_seriespage.html
04_titlepage.html
05_copyrightpage.html
06_furalexl.html
07_part1.html
08_chapter1.html
09_chapter2.html
10_chapter3.html
11_chapter4.html
12_chapter5.html
13_chapter6.html
14_chapter7.html
15_chapter8.html
16_chapter9.html
17_chapter10.html
18_chapter11.html
19_chapter12.html
20_chapter13.html
21_chapter14.html
22_chapter15.html
23_chapter16.html
24_chapter17.html
25_chapter18.html
26_chapter19.html
27_part2.html
28_chapter1_split_000.html
28_chapter1_split_001.html
28_chapter1_split_002.html
28_chapter1_split_003.html
28_chapter1_split_004.html
28_chapter1_split_005.html
28_chapter1_split_006.html
28_chapter1_split_007.html
28_chapter1_split_008.html
28_chapter1_split_009.html
28_chapter1_split_010.html
28_chapter1_split_011.html
28_chapter1_split_012.html
28_chapter1_split_013.html
28_chapter1_split_014.html
28_chapter1_split_015.html
28_chapter1_split_016.html
28_chapter1_split_017.html
28_chapter1_split_018.html
28_chapter1_split_019.html
28_chapter1_split_020.html
28_chapter1_split_021.html
28_chapter1_split_022.html
28_chapter1_split_023.html
28_chapter1_split_024.html
28_chapter1_split_025.html
28_chapter1_split_026.html
28_chapter1_split_027.html
29_part3.html
30_chapter1.html
31_chapter2.html
32_chapter3.html
33_chapter4.html
34_chapter5.html
35_chapter6.html
36_chapter7.html
37_chapter8.html
38_chapter9.html
39_chapter10.html
40_chapter11.html
41_chapter12.html
42_chapter13.html
43_chapter14.html
44_chapter15.html
45_chapter16.html
46_chapter17.html
47_chapter18.html
48_chapter19.html
49_chapter20.html
50_chapter21.html
51_chapter22.html
52_chapter23.html
53_chapter24.html
54_chapter25.html