Epilog

Überall auf den Satyr-Ländereien erwachte die Natur zu neuem Leben.

Bienen summten zwischen den Rebstöcken, die Trauben fingen an zu reifen. Bald war Herbst, und die Lese würde beginnen.

Im Garten des Kastells erklang helles Lachen. Jane drehte sich um und beobachtete Emma, die Lyon gerade beibrachte, wie man einen Kinderwagen richtig über den Rasen schob. Selbst die Dienstboten grinsten über ihre Albernheiten und ließen sich von der reinen Freude über ihr Glück anstecken.

Die Normalität, die ihre neue Großfamilie an den Tag legte, war etwas, das Jane in vollen Zügen genoss. Wäre jemand zufällig Zeuge dieser idyllischen Szene geworden, hätte er sich nichts weiter dabei gedacht. Ihre Familie unterschied sich an diesem Sommernachmittag durch nichts von Hunderten anderen wohlhabenden italienischen Familien.

Und doch war hier auf den Satyr-Ländereien alles aufs Wunderbarste ungewöhnlich.

Das Leben hier gefiel ihr besser als das außerhalb der Mauern ihres Besitzes. Die Erdenwelt war ihr einst so feindlich vorgekommen und Nicks Heim als der schlimmste Ort von allen. Jetzt wusste sie, dass es der Himmel auf Erden war. Ein Ort, an dem sie akzeptiert wurde. Ihr Zuhause.

Schon bald würde der Satyr-Klan wachsen. Raine war wieder unterwegs und suchte zum inzwischen dritten Mal nach seiner Braut. Seine Brüder hatten ihn gnadenlos damit aufgezogen, dass er sie nicht so schnell aufspürte wie Nick damals Jane. Raine ging vorsichtiger und methodischer vor als seine Brüder, deshalb hatte Jane auch keine Zweifel, dass er irgendwann Erfolg haben würde. Und dann würde sich Lyon auf die Suche machen.

Würden ihre Schwestern ihr ähneln? Nick hatte ihr erklärt, dass jede Fee andere magische Fähigkeiten entwickeln konnte. Ihre war die besondere Begabung mit Pflanzen. Es blieb abzuwarten, welche Fähigkeiten ihre Schwestern haben würden. Sie freute sich darauf, sie in der Familie willkommen zu heißen.

Janes Blick wanderte zu der Blumenuhr, die Emma erst gestern fertiggestellt hatte. Die Passionsblume blühte. Bald würde Nick zurückkommen. Eine Woche war er schon fort, und bei seiner Rückkehr würde er heiß auf sie sein.

Sie strich mit der Hand über ihren flachen Bauch. Nick hatte ihr ein zweites Kind versprochen, und es würde ein Jahr nach Vincent zur Welt kommen. Bis dahin waren es noch viele Monate. Im Moment hielten Emma und Baby Vincent sie genug auf Trab.

Freude breitete sich in ihrem Körper aus, als sie daran dachte, dass ihre Kinder hier aufwachsen würden, sicher, angenommen und geliebt. Und frei von den Fesseln, die die Welt außerhalb der Mauern dieses Anwesens ihnen anlegen würde. Hier würde sie niemand für ihre Fremdheit verdammen. Sie waren unter sich, mussten nur mit ihresgleichen zurechtkommen und würden keinen Außenstehenden verletzen. Hier gab es keine Scheinheiligkeit, keine sinnlosen gesellschaftlichen Zwänge, die ihnen auferlegt wurden. Es gab nur das private, heimliche Wunder ihres Lebens.

Sie hörte das sanfte Geräusch von Schritten, die über den Rasen kamen. Nick trat hinter sie. Sie war nicht überrascht und lehnte sich an den heißen, starken Körper ihres Mannes. Muskulöse Arme umfingen sie, und Nick vergrub sein Kinn in der Mulde ihrer Schulter.

»Ich bin zurück«, brummte er.

»Das ist schön«, antwortete sie.

»Du wusstest, dass ich kommen würde«, neckte er sie.

»Ja«, murmelte sie und lächelte fein.

Heute Nacht war Vollmond. Sie freute sich darauf.