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Als ich unseren Privatgarten in den oberen Bereichen der Anlage von Esser Rarioch betrat, befand sich Delia gerade im Schwimmbecken. Außerhalb der hohen Mauer war die weite Bucht zu sehen, davor ein kleiner Teil der Stadt Valkanium und die weißschimmernden Segel von ankommenden oder auslaufenden Schiffen.

Jedesmal, wenn ich Delia zu Gesicht bekomme, meine Delia aus den Blauen Bergen, meine Delia aus Delphond, spüre ich einen leisen Stich im Herzen, und ein Klumpen steigt mir in die Kehle. So manchen Vorwurf macht man mir zu Recht – und sollte man mich beschuldigen, den Namen Delia öfter zu erwähnen als irgendeinen anderen, so verteidige ich mein Recht darauf – nein, ich verteidige nicht, sondern verachte jeden, der nicht die Schönheit und die Zauberkraft und die Liebe hinter diesem Namen versteht – meine Delia!

Delia erblickte mich, winkte mir zu, tauchte und schwamm unter Wasser zur Marmorkante des Beckens. Ich wartete auf sie und bückte mich, um sie herauszuheben, doch sie griff geschickt zu und raubte mir das Gleichgewicht. Klatschend landete ich im Wasser.

Prustend versuchte ich sie zu fangen, doch sie entwischte mir wie ein Aal; eine Zeitlang jagten wir durchs Becken, und ich war aller Sorgen um die hohe Politik ledig.

Endlich verließen wir das Wasser und legten uns ins Gras, um uns von der Sonne trocknen zu lassen. Ihr Licht fiel auf die Pracht des Gartens und auf die schönste Blume darin – Sie wissen schon, wen ich meine.

Die Szene brachte mir qualvoll zu Bewußtsein, was ich entbehren mußte, sollte es den Herren der Sterne gefallen, mich wieder in ihre Dienste zu rufen. Ich wollte mit Delia sprechen. Doch wie erklärte man seiner Frau, daß man gar nicht auf der Welt geboren war, die sie ihre Heimat nannte? Wie sollte man ihr klarmachen, daß man von einem Lichtpünktchen am Himmel stammte, vierhundert Lichtjahre entfernt, von einer Welt, die nur eine Sonne besaß? Und nur einen Mond? Und daß auf dieser Welt Menschen lebten, Apim, Homo sapiens, und keine von den anderen intelligenten Rassen, die auf Kregen eine so wunderbare und auch schreckliche Vielfalt bildeten. Konnte sie mir das alles glauben?

»Vielleicht muß ich wieder fort«, sagte ich. Übergangslos.

Sie wandte sich um. »Ernsthaft?«

»Ja.«

»Ach, Dray! Kannst du es mir sagen? Vor langer Zeit habe ich den Entschluß gefaßt, dir niemals Fragen zu stellen. Ich weiß noch, wie seltsam unsere ersten Begegnungen verliefen, die Zeit, die ich im Opal-Palast von Zenicce verbrachte, und dein Aufenthalt bei den Klansleuten. Dray! Ich habe Angst vor der Wahrheit – trotzdem muß ich es wissen ...«

»Mein Liebling, eines Tages erzähle ich es dir, das ist ein Versprechen.«

»Und wie du Strom von Valka wurdest, wofür eigentlich keine Zeit war, denn wir waren durch die unwirtlichen Gebiete von Turismond marschiert, mit Seg und Thelda und ...«

»Psst. Ich werde dir nicht weh tun – bis auf die Trennung.«

»Das ist wie ein Tod.«

»Ich weiß.«

Banale Worte, gewiß – doch gar nicht banal, wenn dahinter ein sorgendes Herz steht.

Später besprachen wir die einfachen Probleme des Familienlebens – Segnik und Velia mußten ermahnt werden. Lela wollte Freunde in Quivir besuchen, wo der Strom von Zamra ein Fest gab. Mit Drak hatte ich andere Pläne, die sich Delia schweigend anhörte. Sie wußte, daß meine Vorschläge nicht nur vernünftig waren, sondern Drak in dieser schrecklich herrlichen Welt die besten Chancen eröffneten. Schließlich diskutierten wir neue Wasserspiele, die im Garten errichtet werden sollten, und ich schlug vor, eine windgetriebene Pumpe zu installieren, die das Wasser noch höher auf den Hügel schaffte; auf diese Weise wurde das Küchenpersonal entlastet.

Delia lehnte sich zurück und rieb sich den gebräunten Bauch. »Ich bin hungrig!«

»Ja, und nach dem Essen habe ich eine Besprechung mit meinen Ratsherren ...«

»Hinterher? Warum hast du sie nicht eingeladen?«

»Ich wollte mit dir und den Zwillingen allein sein.«

»Oh.«

Umschlungen verließen wir den duftenden Garten und betraten das Gebäude. Nach einer ausgiebigen Mahlzeit begann die Sitzung. Es gab viel zu diskutieren, doch ich möchte Sie nicht mit den Einzelheiten der veranlaßten Maßnahmen langweilen, obwohl sie mich wirklich sehr interessierten – und noch immer interessieren bei Zair! Doch im wesentlichen handelte es sich um Dinge, die in vielen Regierungen an vielen Orten besprochen werden. Zamra machte uns noch immer Ärger in der Frage der Sklaverei, die ich abgeschafft sehen wollte. Außerdem ging es um die Umbenennung der Insel Can Thirda, der wir kürzlich Frieden geschenkt hatten und die mir dafür vom Herrscher Vallias überantwortet worden war. Allerdings konnten wir uns nicht sofort auf einen neuen Namen einigen.

Wir waren noch mitten in der Diskussion, als ein Bote zerzaust und mit wildem Blick ins Zimmer stürzte. Er drängte sich an den Wächtern vorbei, die so vernünftig waren, ihn nicht aufzuhalten.

»Mein Prinz!« rief er. Blut befleckte sein Gesicht, verschorft und wieder gesprungen, frisches Blut wallte in den Rissen empor. »Leemfreunde! Sie haben Fossheim dem Erdboden gleichgemacht! Das Dorf ist niedergebrannt!« Er taumelte und wäre gestürzt, hätte ein Wächter ihn nicht gestützt.

Delia brachte ihm einen Kelch mit Wein. Er schluckte schmerzerfüllt. »Prinzessin ...«

»Was ist mit Fossana?« fragte ich. Meine Stimme klang härter als beabsichtigt; der Mann fuhr hoch und starrte mich entsetzt an.

»Die Insel ...« Er schluckte und begann von vorn. »Wir haben gekämpft. Wir waren zu zehnt, zehn und ein Deldar – Vorposten – wir kämpften – Deldar Nath das Messer – sie waren wie die Teufel! Fischköpfige! Vernichtet!«

Tom Tomor ti Vulheim, ein alter Kampfgefährte und jetzt Elten von Avanar, lief bereits zur Tür. Noch im Saal brüllte er die ersten Befehle. Er war General meiner valkanischen Armeen. Ich konnte mich darauf verlassen, daß er die nötigen Maßnahmen gegen die Fischköpfigen ergriff, die widerlichen Diffs, die von der anderen Kontinentgruppe Kregens aus um den Globus herumsegelten, um bei uns zu vergewaltigen, zu plündern und zu brandschatzen.

Was dieser Überfall bedeutete, wurde uns sofort klar. Valka lag nördlich des Äquators – die Leemfreunde kamen im allgemeinen aus dem Süden und griffen den Kontinent Havilfar und die umliegenden Inseln an. Sie waren bis zum Norden Havilfars vorgedrungen und im Westen bis zu den Hoboling-Inseln. Daß sie nun so weit in den Norden vorstießen, konnte nur bedeuten, daß sich ihre Aktivitäten verstärkten. Der Grund dafür blieb im dunkeln. Zunächst ging es darum, den Ansturm abzuwehren und zu verhindern, daß sie auf der hübschen kleinen Insel Fossana einen Brückenkopf bildeten.

»Wir müssen sofort handeln«, sagte ich und blickte in das blutige Gesicht des Swod. »Deine Reise hierher, uns die Meldung zu bringen, war eine vorzügliche Leistung. Wie heißt du?«

»Barlanga, mein Prinz. Ich nahm unser Patrouillenflugboot. Ich floh ...!« Er stockte, brachte die Worte dann aber doch über die Lippen. »Meine Kameraden waren alle tot. Ich war der letzte. Ich hätte ...«

»Nein, Barlanga. Du hast richtig gehandelt. Jetzt wissen wir Bescheid und können den teuflischen Shanks mit der richtigen Kampfstärke entgegentreten.«

Wenige Burs später stiegen die Flugboote auf, vollgestopft mit Kämpfern, die nur einen Gedanken kannten: die verhaßten Leemfreunde ins Meer zurückzujagen.

»Bei Vox, das war zu langsam!« knurrte Vangar ti Valkanium, mein Fliegerkommandeur, umklammerte die Reling des Oberdecks und starrte über den Kopf des Steuermannes an den Kontrollen. Auf dem Vorderdeck drängten sich unsere Männer schwer bewaffnet und gerüstet, begierig, sich auf die Shanks zu stürzen. Das Flugboot war vor langer Zeit erobert worden und hatte bis jetzt weniger oft versagt als andere. Die Flugboote, die ich aus Hamal mitgebracht hatte, Modelle, die für die Hamaler selbst bestimmt gewesen waren, bildeten bei uns eine Eliteeinheit und waren unter dem Kommando Tom Tomors vorausgeflogen.

Die Verzögerung stimmte mich unruhig. Trotzdem sagte ich: »Wir müssen uns einen Überblick verschaffen, ehe wir angreifen, Vangar. Die Attacke auf Fossana könnte auch eine List sein. Die Fischköpfigen sind ein gerissenes Pack.«

»Du hast recht, Majister. Ich meinte nur, daß es lange gedauert hat, bis wir uns formiert hatten und gestartet waren.«

»Wir haben ganz gut abgeschnitten, Vangar, das weißt du sehr wohl. Gib dich zufrieden.«

Die Luft peitschte an uns vorbei, ließ die Banner und Wimpel flattern, wehte die hellen Federbüsche auf so manchem Helm in ordentlich gestreckter Linie zurück. Hoch oben wehte mein Symbol an einem Goldmast, das gelbe Kreuz auf rotem Grund, meine Kriegsflagge, wohlbekannt unter Soldaten. Der Himmel vor uns war klar und blau, das Meer unter uns ruhig.

Der Abschied von Delia war sehr knapp ausgefallen. Auf ihr Verlangen trug ich Brust- und Rückenpanzer. Ein kurzes rotes Cape bauschte sich im Flugwind hinter mir. Das traditionelle rote Lendentuch lag sicher unter einem breiten Gürtel aus Lestenleder mit matter Silberspange. Sie wissen, daß ich etwas gegen Gurte habe, die über Brust und Schulter führen; aus diesem Grund trage ich meine Waffen meistens an der Hüfte, selbst wenn dazu mehrere Gürtel erforderlich sind. An diesem Tag trug ich Rapier und Main-Gauche bester vallianischer Herkunft bei mir. Eine weitere Klinge, von Naghan der Mücke und mir nach dem Muster eines Krozair-Langschwerts geschmiedet, hing hinten an der Hüfte in einer Scheide. Außerdem hatte ich einen vorzüglichen Thraxter angelegt, den ich während der Schlacht von Jholaix erbeutet hatte. Auf meinem Kopf saß eine einfache Stahlkappe mit einem Rand aus kurzgeschnittenem Lingpelz und einem ziemlich buschig ausgefallenen roten Federschweif.

Turkos muskulöse Gestalt stand in der Nähe, versehen mit dem riesigen Schild, der mich im Kampf schützen sollte. Wo Turko der Schildträger auftauchte, das hatte sich inzwischen herumgesprochen, da war auch Dray Prescot, Prinz Majister von Vallia, nicht weit.

Während des Fluges hatte ich Zeit für den Gedanken, daß Valkas eigene Flotte aus Segel-Flugbooten nicht wie wir gegen den Wind vorankommen konnte. Ich hatte den Booten die Verteidigung der Insel aufgetragen. Der Tag war unausweichlich, da ich nach Hamal auf Havilfar zurückkehren mußte, um das Geheimnis der Silberkästen zu entschleiern; sie allein gaben einem Flugboot die Kraft, sich zu erheben und durch die Luft zu segeln.

Unsere Flotte näherte sich der Gruppe der Nairnairsh-Inseln benannt nach den Nairnair-Vögeln, die jeden Felsvorsprung zu einer krächzenden und flatternden Kolonie aus weißem und braunem Gefieder machten. Tief unten entdeckte ich einige Segelschiffe, Fischer und Kurzstreckensegler, und hielt Ausschau nach den großen flügelähnlichen Segeln der Shanks – es war kein solches Schiff in Sicht.

»Nicht mehr weit, mein Prinz.«

Balass der Falke stand in seiner Rüstung neben mir, sein grimmiges Gesicht war mir in diesem Augenblick ein großer Trost.

In jenen Tagen empfand ich keine Bewunderung für den Mut der Shanks, die in ihren hervorragenden Schiffen um die Welt segelten und die schönen Städte unserer Kontinentgruppe heimsuchten. Die fischköpfigen Leemfreunde waren hervorragende Seeleute. Als alter Seemann wußte ich außerdem, daß sie nach der langen Reise über das Meer einen sicheren Stützpunkt brauchten, in dem sie ihre Schiffe überholen und versorgen, in dem sie nach der Reise wieder zu Atem kommen konnten. Fossana war dafür geradezu ideal. Wir durften es nicht zulassen, daß sie sich so dicht vor Valka häuslich einrichteten.

In diesem Augenblick erklang eine Stimme hinter mir – ein Echo meiner Gedanken. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken.

»Wir müssen sie vertreiben, Vater, wir werden es schaffen!«

Überrascht drehte ich mich um.

Der junge Drak – mein Sohn – stand in einer rotgoldenen Rüstung vor mir und blickte mich mit trotzigem Gesichtsausdruck an. Er wußte, was er getan hatte. Angst vor den schrecklichen Shanks hatte er nicht, doch meiner Reaktion blickte er etwas unbehaglich entgegen.

Und neben ihm – Delia! Sie lächelte mich an.

Mein Herz machte einen Sprung. Sie trug ein rotes Lendentuch, einen Brust- und Rückenpanzer und einen Helm, der dem meinen ähnlich war. An der schlanken Hüfte hingen Rapier und Main-Gauche. Sie verstand gut damit umzugehen, mit dem Jiktar und dem Hikdar.

»Delia«, sagte ich, »du hättest es ihm verbieten müssen!«

»Er ist wie du, Dray. Ein wilder Leem. Und soll er nicht seinen Platz im Leben einnehmen?«

»Aye.«

Und hinter Delia weitere Freunde aus Valka: Oby, ein junger Mann, der mir in der Arena geholfen hatte und der sich jetzt für Voller und die Rätsel der Flugnavigation interessierte. Naghan die Mücke, bis an die Zähne bewaffnet. Hinter ihm blickte Fifi hervor, ein entzückendes kleines Fristlemädchen, begleitet von Melow dem Schmiegsamen, einem Menschenjäger mit ihrem Sohn Kardo, der selten von Draks Seite wich.

Ich schüttelte stumm den Kopf. Oh, ich war durchaus gewillt, dieser Truppe, die mich überrascht hatte, die Meinung zu sagen, aber erst, wenn wir wieder zu Hause waren. Was fiel ihnen ein, sich leichtfertig in Gefahr zu begeben? Wußten sie denn nicht, wie gefährlich die Shanks waren? Hielten sie es für unmöglich, getötet zu werden?

Ehe ich etwas sagen konnte, meldete sich ein Ausguck von vorn, und ich fuhr herum. Eine Wolke hing am Himmel vor dem Bug, eine Wolke, die mit unglaublicher Geschwindigkeit gewachsen sein mußte, denn vor wenigen Murs war der Himmel noch klar gewesen.

Ein dunkelbrauner Schatten huschte über das schimmernde Meer unter uns, und nach wenigen Augenblicken drangen wir in die Wolke ein. Feuchte Dämpfe umgaben uns – ein unangenehmes Gefühl. Die Sichtweite schrumpfte auf wenige Meter – ich konnte kaum noch die Reling des Flugboots erkennen.

Rufe, Schreie! Wie hatte sich die Wolke so schnell bilden können?

Durch den Voller ging ein Ruck. Dieses Gefühl kannte ich! Das Flugboot sackte ab, legte sich schief. Es ging in den Sturzflug über.

»Diese opazverfluchten Hamaler!« schrie Vangar, den es erzürnte, daß er als Kommandant der Flugboote schon wieder einen Absturz bewältigen mußte.

»Ruhig!« brüllte ich.

Im eintretenden Schweigen hörten wir das Tosen des Windes. Plötzlich klarte es auf. Wir stürzten aus der Wolke heraus. Ich hob den Blick. Die übrige Flotte hielt geraden Kurs auf Fossana. So lag es nun an Tom Tomor, die gestellte Aufgabe zu erfüllen. Ich blickte hinab. Eine Insel war von weißen Brandungswellen umgeben. Männer, die wie ich gebaut waren, Apim; außerdem unheimliche Gestalten mit grotesken Fischköpfen, schuppig und in Rüstungen steckend, liefen dort unten durcheinander. Dreizacke blitzten im Licht der Sonnen, Waffen trieften vom Blut meiner Artgenossen.

»Shanks!«

Der Voller prallte im Sand auf. Vor uns erhob sich die Holzpalisade eines Dorfes – dort winkte uns Schutz. Wir sprangen aus dem abgestürzten Voller und hasteten auf die Wehranlage zu. Köpfe erschienen über der Brustwehr.

Eine Salve Pfeile erhob sich in die Luft, und ich stieß einen Fluch aus – aber dann erkannte ich, daß die Pfeile auf ein Ziel seitlich von uns gerichtet waren, auf eine Gruppe von Fischköpfigen, die uns den Weg verlegen wollte.

»Lauft!« rief ich.

Im Eiltempo hielten wir auf das Tor im Palisadenzaun zu. Die Torflügel wurden aufgerissen. Wir warfen uns durch die Öffnung, und die Dorfbewohner knallten die schweren Lenkholzbalken mit dumpfem Geräusch wieder zu. Der Häuptling eilte händeringend herbei. Diese Menschen waren einfache Fischer, die ihren Lebensunterhalt bestritten, indem sie ihre Netze nach Fischen auswarfen – hier sahen sie sich nun menschengroßen Fischköpfigen gegenüber, die mit Dreizacken, Schwertern und Bogen auf sie losgingen.

Der Mann kannte mich.

»Majister! Majister!« rief er. »Diese Ungeheuer ...«

»Auf die Palisaden! Köpfe unten behalten!« Ich schüttelte ihn an der Schulter. »Es kommt alles in Ordnung, Koter.«

»Ja, Majister, ja. Aber die Fischköpfigen ...«

Wir konnten das Dorf halten, bis meine Flugboote zurückkehrten. Wir mußten es halten! Etwas anderes kam gar nicht in Frage.

Die Leemfreunde massierten sich zu einer großen Armee, stürmten brüllend herbei, warfen Speere und Dreizacke, schossen ihre Pfeile ab. Meine Männer antworteten mit der nüchternen Schießkunst, die Seg Segutorio ihnen beigebracht hatte. Es handelte sich um valkanische Bogenschützen, die allerdings die großen lohischen Langbogen benutzten; damit waren die Kurzbögen der Shanks ohne weiteres zu übertreffen. Vorräte an Pfeilen waren aus dem Flugboot geholt worden, ausreichend für die drei Pastangs aus je sechzig Männern, die sich hier einer unbekannten Zahl von Gegnern stellen mußten.

Ich sprang auf den Laufsteg, der innen um den Palisadenzaun führte. Das Dorf war bewehrt, weil Inseln dieser Art oft zum Ziel von Piratenüberfällen aus Pandahem wurden – oder aus anderen Meeresgegenden. Der Voller lag beschädigt am Strand, dort taten sich bereits die Shanks um. Zwischen den Bäumen erschienen weitere Fischköpfige. Die Teufel mußten ihre Schiffe auf den Strand gezogen haben und über Land marschiert sein. Vor unserer Landung waren mir keine Shankschiffe aufgefallen.

Nach einem Rundgang kehrte ich über das Haupttor zurück, das zum Strand führte. Im kleinen geschützten Hafen lagen einige Fischerboote, ausschließlich Ruderboote. Der Zustand der Palisade war zufriedenstellend. Aus dem Wald schlängelte sich ein Bach, der uns mit Wasser versorgen würde, wenn die Fischköpfigen den Wasserlauf nicht umleiteten.

»Jiktar«, sagte ich energisch zu Orlon Llodar, dem Befehlshaber des Regiments, das zur Hälfte mit unserem Voller gestrandet war. »Jetzt haben wir Gelegenheit, zu beweisen, daß das Zweite Regiment der valkanischen Bogenschützen besser schießt als das Erste.«

Ehe Llodar etwas sagen konnte, schnaubte Drak, der hinter mir stand, energisch durch die Nase. »Das möchte ich sehen!« rief er. Er war Hyr-Jiktar des Ersten Regiments und konnte eine solche Bemerkung natürlich nicht auf sich sitzen lassen.

Orlon Llodar knallte eine Hand gegen den Brustschild seiner Rüstung. »Gewiß, mein Prinz. Bei allem Respekt vor Prinz Drak werden wir heute die besten Schützen des Ersten Regiments übertreffen!«

»Wir müssen nach allen Seiten gleichmäßig verteidigen. Ein Trupp Schwertkämpfer soll sich bereithalten, auf der gefährdeten Seite einzuspringen. Und achtet auf die opazverfluchten Dreizacke. Sie sind verdammt gefährlich!«

Mit Entschlossenheit und Umsicht konnten wir die Leemfreunde zurückwerfen. Entschlossen war ich schon, doch hatte ich an alles gedacht? Wenn sie nun mit Feuer angriffen ... Ich rief nach dem Häuptling und veranlaßte ihn, Brandwehrgruppen zusammenzustellen, bewaffnet mit Eimern und anderen Gefäßen. Wir befanden uns in dem Dorf Panashti auf der Insel Unter-Kairfowen.

»Ich wünschte, mein Regiment wäre in voller Stärke hier«, klagte Jiktar Llodar. Die andere Hälfte seiner Truppe war in einem anderen Flugboot untergekommen und jetzt bestimmt auf dem Weg zu unserem ursprünglichen Ziel.

»Um so mehr Ruhm für jene, die hier sind!«

Das war billig, weiß Zair!

Das Tor wirkte solide gezimmert; es verfügte über zwei eckige Türme und einen Quergang über der Toröffnung. Hier ließ ich meine Standarte errichten. Gleich darauf erklangen Trompetenstöße zum Zeichen, daß alles bereit war.

Der blaue Schimmer schlich sich unbemerkt heran. Er dämpfte den hellen Trompetenschall und hüllte mich in seine widerlichen Tentakel. Überall wogte das blendende Blau. Die Welt entglitt mir. Ich stürzte, die Umgebung wurde zu einem riesigen Skorpion, der geschickt war von den Herren der Sterne, um mich in die Ferne zu tragen.