17
17Talaith öffnete noch einmal den Mund, um die Frage ihrer Tochter zu beantworten, und wieder schnitt ihr das Mädchen das Wort ab.
»Denn ich glaube, dass uns die Götter zusammengebracht haben. Ich wusste, du würdest mich finden. Ich habe es immer gewusst. Ich wusste allerdings nicht, dass du so hübsch bist. Ich wünschte, ich wäre so hübsch wie du. Bin ich aber nicht. Damit musste ich mich abfinden. Es war nicht leicht. Natürlich war nichts in den letzten neun Jahren leicht, aber es war interessant. Wir waren überall, wirklich. In den Bergen von Brandgaine und den Minen von Maledisant. Wir waren ständig unterwegs, weißt du. Immer auf dem Sprung. Sind nie irgendwo geblieben, immer nur ein paar Wochen. Außer meinen Beschützern hatte ich keine Freunde. Obwohl ich denke, dass ich sie eher als Onkel sehe und weniger als Freunde. Ich glaube, ich brauche Freunde. Jetzt, wo wir uns wiedergefunden haben, kann ich vielleicht wirklich Freunde haben.«
Talaith wurde nur vom Zuhören müde. All diese Jahre hatte man ihr vorgeworfen, zu redselig zu sein, zu viel zu plappern. Aber das … das war unglaublich.
Wenn sie es richtig verstanden hatte, war der Name ihrer Tochter Iseabail. Und sie hatte vor, ihn beizubehalten und hoffte, dass das in Ordnung war. Natürlich hatte nicht Talaith ihr diesen Namen gegeben, aber sie war ihn inzwischen gewöhnt und wollte ihn nicht aufgeben. Ihre Beschützer – so nannte sie sie – nannten sie Izzy die Gefährliche. Anscheinend war sie, als sie zu ihrer jetzigen Größe herangewachsen war, des Öfteren ungeschickt und tollpatschig gewesen. Und es hatte einen Zwischenfall mit einem Pferd gegeben, bei dessen Erzählung sie plötzlich abbrach.
Talaith wusste immer noch nicht, wie es dazu gekommen war, dass diese Männer ihre Tochter beschützten, denn Izzy hatte nie lange genug Luft geholt, dass sie hätte fragen können. Sie blickte zu Morfyd und Annwyl, die sie zurück zu Annwyls Elitegarde führten, und sah, dass diese sich gerade umdrehten und sich kaputtlachten. Blöde Kühe.
»Wie hast du überhaupt so zu kämpfen gelernt?«
»Na ja …«
»Weißt du, ich will auch so kämpfen lernen. Achaius hat mir ein bisschen was beigebracht – nicht wahr, Achaius? –, aber meistens sagen sie mir, ich soll weglaufen und mich verstecken, wenn Gefahr droht. Aber ich bin jetzt sechzehn Winter alt, und wegzulaufen und mich zu verstecken, scheint mir inzwischen furchtbar unangebracht, meinst du nicht auch?«
»Ähm …«
»Es ist, wie ich Achaius gesagt habe: Er kann mich nicht ewig beschützen. Habe ich das nicht gesagt, Achaius? Und was passiert, wenn – die Götter mögen es verhüten – er und die anderen so schwer verletzt werden, dass sie mich nicht mehr beschützen können? Was mache ich dann?«
Talaith brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass Izzy tatsächlich auf eine Antwort wartete. »Oh, also das ist ein gutes Argument. Die Welt ist grausam, und du musst lernen …«
»… zu überleben. Genau. Genau das habe ich ihnen auch gesagt. Aber glaubst du, sie hören mir zu? Natürlich nicht. Ich bin nur ›die, die man beschützen muss‹. Als wäre das der Name, mit dem ich geboren wurde.
Egal, ich bin einfach froh, dass ich dich endlich kennenlerne, wie er es versprochen hat.« Talaith wollte fragen: »Wie wer versprochen hat?«, aber sie bekam keine Gelegenheit dazu, denn ihre Tochter plapperte einfach weiter. »Es hätte mir das Herz gebrochen, wenn ich dich nie kennengelernt hätte. Schließlich bist du meine Mutter, und wir sollten niemals getrennt sein. Zumindest empfinde ich das so, und auch wenn ich zugeben muss, dass ich mich mehr als einmal geirrt habe, kommt das selten vor. Und hier bin ich absolut sicher, dass ich recht habe. Weißt du, es geht doch nur darum …«
So ging es immer weiter – und Talaith war so glücklich wie nie zuvor.
»Erklär mir doch noch mal, warum wir in einem Puff sind.«
Gwenvael seufzte in sein Bier hinein. »Weil man, mein dickköpfiger Bruder, wenn man Informationen über männliche Menschen haben möchte, am besten an den Ort geht, wo alle männlichen Menschen irgendwann hinkommen.«
Briec warf einen Blick zu Éibhear hinüber, aber der kleine Bruder war zu sehr damit beschäftigt, sämtliche Frauen im Raum zu beobachten, um es zu merken.
»Bist du sicher, dass du nicht nur darauf aus bist …«
»Gwenvael!«
Briec lehnte sich zurück, als sich eine rundliche, extrem großbrüstige Frau in Gwenvaels wartende Arme warf.
»Du warst ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr hier!«
Gwenvael zog die Frau auf seinen Schoß und liebkoste ihre Brüste, die beinahe das Mieder sprengten.
»Tut mir leid, meine Süße. Ich hatte in letzter Zeit so viel zu tun. Ging nicht anders.«
»Na ja, jetzt bist du ja hier. Und du hast Freunde mitgebracht, wie ich sehe.«
»Familie, um genau zu sein. Das sind meine Brüder, Briec und Éibhear. Dies, meine Brüder, ist die schöne Antha.«
»Meine Herren.« Sie neigte leicht den Kopf, ließ dabei aber nicht von Gwenvaels Hals ab. »Also, alter Freund, findest du heute Abend an jemandem Gefallen?«
Gwenvael zog die Frau dicht an sich und flüsterte ihr ins Ohr: »An all jenen, die die Leute von Lord Hamishs Hof unterhalten haben.«
Ihre Augen, die vorher warm und freundlich geblickt hatten, wurden innerhalb von Sekunden kalkulierend. »Ah. Das wären viele, aber er und seine Männer haben ihre Lieblinge. Natürlich sind sie sehr gefragt. Ihre Zeit ist nicht billig.«
»Gut, dass ich so viel Gold besitze.«
Strahlend glitt die Frau von seinem Schoß. »Dann bereite ich sie für dich vor, Herr.« Sie warf einen Blick zu Briec und Éibhear hinüber. »Und für deine Brüder auch?«
Éibhear beugte sich eifrig vor, doch Briec schubste ihn zurück. »Nein. Nur Essen und Wein.«
»Wie ihr wünscht.« Sie drehte sich um und stolzierte davon.
»Warum muss ich hier unten mit dir warten?« Éibhear klang, als würde er lieber Baumrinde kauen.
»Auf dieser Reise geht es nicht darum, Weiber ins Bett zu bekommen, kleiner Bruder.« Briec wandte sich an Gwenvael. »Besorg, was wir brauchen, und dann gehen wir.«
Seit mehr als einer Woche musste er nun mit seinen zwei jüngeren Brüdern auskommen. Seit mehr als einer Woche hatte er sich pausenlos Streitereien, Beschwerden, Debatten und Gequengel angehört. Mehr als ein einzelner Drache ertragen konnte. Natürlich hatten sie auch viele Informationen bekommen, genug für Fearghus’ Ansprüche, da war er sich sicher. Doch Briec wollte in seine Höhle zurück. Er wollte noch eine ganze Weile weiterschmollen, und seine idiotischen Brüder ließen ihn keine Sekunde in Frieden. Je schneller er die Informationen weitergab und diese verräterischen Menschen ihrem unbedeutenden kleinen Leben überließ, desto besser würde es ihm gehen.
»Ich will Fearghus geben, was wir haben und mich dann wieder auf den Weg machen«, fuhr er fort. »Ich habe euch beide langsam satt.«
»Natürlich, Bruder.« Gwenvael ging davon, grinsend wie immer.
Wütend und extrem frustriert, verschränkte Éibhear die Arme vor der Brust. »Er wird Stunden fort sein! Ist dir das klar?«
»Hör auf zu quengeln, Kleiner. Du wirst noch mehr als genug Zeit in deinem Leben haben, um Weiber zu suchen, die dich am Ende unglücklich machen.«
Talaith starrte ins Lagerfeuer und seufzte leise. Sie wollte schon seit Ewigkeiten schlafen, konnte es aber nicht. Nicht, wenn ihre Tochter sich an sie lehnte. Nicht, wenn ihre Tochter so nah bei ihr war.
»Kannst du nicht schlafen, Schwester?«, flüsterte Morfyd, als sie sich neben ihr niederließ.
Talaith sah hinab auf die schlafende Izzy, deren Kopf bequem in ihrem Schoß ruhte. »Könntest du’s?«
Die Hexe grinste. »Gutes Argument.«
Morfyd riss ein Stück Brot in zwei Hälften und reichte Talaith eine davon, die sie dankbar annahm, da sie vorher nichts hatte essen können. Sie war zu aufgeregt gewesen wegen Izzy.
»Sag mir, Morfyd«, flüsterte Talaith mit einem Bissen Brot im Mund, »woher wusstest du, dass ich kommen würde?«
Morfyd verschluckte sich fast an ihrem Brot, und Talaith wusste, dass sie recht gehabt hatte. Annwyl hatte auf sie gewartet. Deshalb hatte sie ihre Armee zurück nach Garbhán geschickt, während sie, Morfyd und ihre Elitegarde geblieben waren. Auf sie gewartet hatten.
»Das dachte ich mir, Schwester. Als du heute Morgen ins Zelt kamst, sagtest du zu Annwyl: ›Ich habe dir doch gesagt, dass sie es ist.‹ Woher wusstest du es?«
Morfyd schluckte ihren Bissen Brot und dachte lange über ihre Antwort nach. Talaith wusste, dass die Hexe ihr nicht viel erzählen würde. Aber wenig war besser als gar nichts.
»Ich habe mich und meine Magie mächtigen Göttern verschrieben. Sie warnen mich vor Gefahren.« Sie hätte sich nicht vager ausdrücken können, wenn sie gesagt hätte: »Ich kenne da ein paar Leute.«
»Welche Götter?«
Die Hexe lächelte und legte den Finger an die Lippen. »Ich wage zu schweigen«, flüsterte sie, und Talaith musste ebenfalls lächeln. Während der finsteren Tage unter der Regentschaft von Lorcan dem Schlächter, bevor Annwyl ihn getötet hatte, hatten Hexen nach diesem Prinzip gelebt. Das allein hielt sie am Leben.
»Vielleicht wirst du es zu gegebener Zeit erfahren«, stellte Morfyd mit leiser Stimme fest. »So, wie du deine Tochter gefunden hast.«
Gefunden? Talaith hatte gar nichts gefunden. Jemand oder etwas hatte ihr Izzy über den Weg geschickt, das war so sicher wie Talaiths Haar lockig war und Izzy zu viel redete. Freilich hatte sie bekommen, was sie gewollt hatte, ohne die Königin von Garbhán töten zu müssen oder sich in den Freitod zu stürzen, aber das bedeutete ebenfalls, dass jemand dies so wollte. Jemand anderer als Arzhela.
Ihr war klar, dass sie an diesem Abend keine Antworten mehr von Morfyd bekommen würde, also ließ sie das Thema fallen. Im Moment zumindest war sie in Sicherheit. Aber was noch wichtiger war: Ihre Tochter war in Sicherheit. Nichts hätte sie glücklicher machen können.
Auch wenn es noch eines gab, was das Ganze perfekt gemacht hätte. Aber sie hatte ihn für immer verloren.
Sie schob die schmerzlichen Gedanken an Briec beiseite und streichelte sanft Izzys kurzes, gewelltes Haar mit ihren Fingern. Und zu ihrem Entzücken gluckste Izzy im Schlaf.
Sie würde eine furchtbar schlechte Nolwenn-Hexe abgeben. Sie ist viel zu fröhlich.
Talaith lächelte; sie wusste, dass das ihre Mutter unglaublich ärgern würde. Der Gedanke gefiel ihr zu gut. Damit machte sie sich wieder über ihr Brot her und genoss die verhaltene, aber vernünftige Unterhaltung mit ihrer ersten weiblichen Freundin und gleichzeitig das Gefühl, dass ihre schöne Tochter sicher an sie geschmiegt neben ihr lag.
Arzhela schrie, und die Priesterinnen, die die Neuigkeiten des Orakels überbracht hatten, fielen zu Boden und Blut strömte aus ihren Augen, Ohren und Mündern.
Sie hatte sie nicht töten wollen, aber Arzhelas Raserei kannte jetzt keine Grenzen mehr.
Dieser Bastard hatte das blöde Kind direkt zu Talaith geführt. Jetzt waren sie alle eine große, glückliche Familie unter dem Schutz dieser Drachenhexe. Und deren Macht wurde nur noch von der ihrer bösartigen Mutter übertroffen. Arzhela würde den Schutz der Drachenhexe nicht ohne jahrelange Arbeit durchbrechen können – und so viel Zeit hatte sie nicht mehr.
Seit Jahrhunderten hatten ihre Orakel die Geburt einer blutgetränkten Königin angekündigt, die alles verändern würde. Diese Königin war Annwyl. Aber da sie auf Schritt und Tritt von Drachen umgeben war, war Arzhelas einzige Hoffnung, einen Menschen nahe genug an sie heranzubringen, damit er ihr die narbenübersäte Kehle durchschneiden konnte.
Arzhela hatte Talaith sorgfältig ausgewählt. Eine menschliche Hexe von beträchtlicher Macht, die aber noch zu jung war, um sie zu nutzen. Während andere Nolwenn-Hexen sich niemals Arzhelas Willen gebeugt hätten, machte Talaiths Unerfahrenheit sie zu einem guten Ziel.
Die ständigen Streite mit ihrer Mutter und die Liebesaffäre mit dem Soldaten machten es beinahe zu einfach. Talaith hatte ihre Tochter allein zur Welt gebracht. Bis ihre Priesterinnen kamen, war das Mädchen fast verblutet gewesen. Dennoch wehrte sie sich heftig, als sie ihr Kind einforderten.
Dieses Kind erwies sich als Arzhelas einziges Druckmittel gegenüber Talaith. Die einzige Art, wie sie diese unbezähmbare Menschenfrau bändigen konnte.
Als das Kind aus Hamishs Obhut verschwand, war sie sicher, dass sie ihre Kontrolle über Talaith verlieren würde, doch das Kind tauchte nie wieder auf. Sie verschwand mit den Männern, die sie mitgenommen hatten; und weder Arzhela noch die anderen Götter konnten das kleine Biest aufstöbern. Irgendwann hatte sie die Suche nach ihr aufgegeben und sich weiter auf Talaith konzentriert.
Zu der Zeit hatte sie geglaubt, das Kind sei vielleicht tot. Arzhela wusste es nicht, aber es war ihr auch egal. Sie wusste nur, dass Talaith nicht wusste, dass das Mädchen weg war. Das bedeutete, dass Arzhela sie immer noch unter ihrer Kontrolle hatte.
Als Annwyl den Thron ihres Bruders übernahm und sich mit dem schwarzen Drachen verbündete, war Arzhela klar gewesen, dass ihre Zeit knapp wurde. Mit Hamishs Hilfe hatte sie das Dorf, in dem Talaith lebte, von alle Informationen abgeschnitten. So hörte Talaith weiterhin nur von Annwyls Übeltaten. Das war notwendig, da ihre Ausbilder es nicht geschafft hatten, ihr dieses Ehrgefühl auszutreiben. Arzhela wusste, dass es ihr unmöglich wäre, eine Frau zu töten, die sie für unschuldig hielt.
Trotzdem hatte sie auf eine Gelegenheit warten müssen, damit Talaith sich Annwyl der Blutrünstigen nähern konnte. Die Hexe hätte den Kampf niemals überlebt. Entweder hätte Annwyl, eine mächtige Kriegerin, sie als letzte Tat getötet, oder Annwyls ihr blind ergebene Elitegarde hätte Talaith als Vergeltung vernichtet. Es war nicht wichtig. Genauso wenig wie das, was mit Talaiths Tochter passierte. Alles, was zählte, war, dass Annwyl vor dem nächsten Vollmond sterben musste.
Und alles war perfekt gelaufen. Es geschah, wie Arzhela es geplant hatte.
Dann war dieser Bastard von silbernem Drachen aufgetaucht und hatte all ihre Pläne zunichte gemacht.
Jetzt hatte Talaith ihre Tochter zurück sowie den Schutz der Drachenhexe und der Blutkönigin.
Doch Arzhela hatte noch andere Optionen. Einen weiteren Plan, den Hamish bereits verfolgte. Es war nicht das, was sie gewollt hatte. Es war chaotischer. Aber sie hatte keine Wahl mehr.
Und sie gab Talaith und ihrer kleinen Nachwuchshexe die Schuld für all das.
Das Schankmädchen knallte noch eine Pint Bier vor Briec auf den Tisch. Sie hatte alles vor ihn hingeknallt, seit er ihr gesagt hatte, sie solle ihn in Ruhe lassen. Sie war nicht erfreut, aber das war ihm egal. Sie nervte ihn. Alles nervte ihn.
Gwenvael war schon ziemlich lange weg, was Briec mehr als genug Zeit gab, zu grübeln und wegen Talaith unglücklich zu sein.
Éibhear saß neben ihm und war ebenfalls unglücklich, aber aus vollkommen anderen Gründen.
»Komm schon, Briec …«
»Wenn du mich noch ein Mal bittest, dir eine Frau zu besorgen, reiße ich dir alle Schuppen einzeln aus!«
Sein kleiner Bruder ließ sich auf seinem Stuhl nach hinten fallen, setzte sich aber sofort wieder gerade hin. »Gwenvael.«
Briec blickte auf und war schockiert zu sehen, dass Gwenvael ernst und vollständig bekleidet in den Schankraum zurückkam. Er ließ Goldstücke auf den Tisch fallen und machte seinen Brüdern ein Zeichen.
Sie warfen sich Blicke zu, bevor sie ihm nach draußen folgten.
»Was ist los?«, fragte Éibhear, als sie die Stadt verließen.
»Unser paranoider großer Bruder könnte recht haben«, bemerkte Gwenvael mit angespanntem Gesichtsausdruck. »Wir müssen in Hamishs Land.«
»Wir sind nicht weiter als einen Tagesflug von dort entfernt. Wenn überhaupt.« Briec erinnerte sich gut an das letzte Mal, als er in der Nähe von Hamishs Ländereien gewesen war – als er Talaith gefunden hatte. Die heimtückische, verräterische Talaith.
»Gut. Ich fürchte, wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Es gab ein paar Dinge, die Briec über seine Sippe wusste: Fearghus war meistens schlecht gelaunt, außer er war allein. Die Menschen hatten Glück, dass Morfyd etwas an ihnen lag, denn mit ihrer Macht konnte sie mühelos ein ganzes Königreich zerstören. Keita schlief nie allein, wenn sie es irgendwie vermeiden konnte. Éibhear würde immer der Netteste von ihnen sein. Und Gwenvael der Schöne fürchtete nichts mehr als dass eine zornige Frau – oder der zornige Vater einer Frau – ihm im Schlaf sein bestes Stück abschnitt … bis jetzt.
Plötzlich bewegte sich sein Bruder, der niemals etwas ernst nahm, mit einer Entschlossenheit, die Briec nie zuvor an ihm gesehen hatte, es sei denn, es ging um einen feuchten Schoß.
»Willst du uns nicht erzählen, was passiert ist, Bruder?«
»Aye. Wenn wir unterwegs sind.« Er warf Briec einen Blick zu. »Wenn wir dort fertig sind, Briec, machen wir uns auf den Weg nach Garbhán.«
»Du kannst nach Garbhán fliegen. Ich fliege nach Hause.«
»Das ist deine Entscheidung, Briec. Aber wenn es stimmt, was ich herausgefunden habe, wird Fearghus seine ganze Familie brauchen.«
Der Drache, der normalerweise nie jemanden brauchte, sollte plötzlich seine ganze Familie brauchen?
Das war viel schlimmer als Briec befürchtet hatte.