BENGT MARTIN
Der Streikbrecher
Ein roher, dichter Nebel legte sich über Fläsket und Limpan draußen am offenen Meer, und die Gesichter der Männer wurden noch tückischer und lebensfeindlicher.
»Jetzt wagt keiner rauszugehn...Der Teufel hol die Suppe.«
»Aber Lill-Magnus wagt es, die Flöße wieder wegzubringen, der Windhund.«
»Blinkt das Licht auf Fläsket?«
»Nee...dunkel ist es, aber Lill-Magnus braucht kein Licht.«
»Quatscht nicht dauernd von Lill-Magnus, man kann’s nicht mehr hören.«
»Nimmst du’n in Schutz, du lumpiger Hund von Fläsket, nimmst du deinen Schwanzstummel von Sohn in Schutz?«
Stor-Magnus hielt das Maul, denn er war gezwungen, noch ein paar Stunden auf Limpan zuzubringen, und als Bewohner von Fläsket war er nicht gern gesehen.
Seit undenklichen Zeiten hatten die Männer auf diesen Inseln keinen Frieden halten können. Wie viele Male hatten die Männer von Limpan nicht die von Fläsket über Bord gehen lassen und wohlgefällig gegluckst, wie leicht es war, den Ballast in die Suppe zu bekommen. In größter Not, in harter See — immer gab es Nörgeleien und Kummer.
In Bergspalten legte man die Beerdigungsplätze an, und bei Hochwasser konnte es passieren, daß die Leichen ins Meer hinaustrieben und auf eine verwunderliche Weise immer auf der falschen Insel landeten. Es war wie eine kleine Rache. Und so hatte man die Mühe mit der Umbettung und neuen Reden:
»Jetzt liegst du still, du Hund.«
Man stampfte den knisternden Sand fest, und zur Sicherheit legte man ein paar Steine darauf.
Die Frauen pflückten die helle, violette Strandaster und schmückten die Gräber.
»Du kannst verdammt sicher sein, daß jetzt Lill-Magnus draußen ist und die Flöße verlegt.«
»Halt’s Maul Vater, wir haben kein Holz für mehr Särge...«
Eine Flasche Geschmuggelter ging wie das Schiffchen durch die Kette, aber glaube nicht, daß Stor-Magnus auch nur dran riechen durfte.
Er hatte Kohldampf und war in einer verdammt schlechten Laune, und er haßte die Männer auf Limpan mehr, als er seine eigene Mutter gehaßt hatte.
»Ob der Nebel leichter wird?«
»Nicht der Nebel, nee.«
So saßen sie da und käuten alte Ungerechtigkeiten wieder und warfen finstere Blicke auf Stor-Magnus. Sie meinten, daß er sehr wohl raus könnte.
»Du bist feig, du Schwein...«
»Seid jetzt still, Kerle, und laßt Magnus zufrieden«, sagte Magda, die Mutter im Haus war und auch denen von Fläsket freundlich gesonnen war. »Daß ihr nie Frieden halten könnt.«
»Übrigens geht Lill-Magnus nie an die Flöße«, sagte Stor-Magnus dickköpfig.
»Was, willst du das sagen? Glaubst wohl, man hat keine Augen? Und wie er das Boot nimmt und das Lasso um die Flöße wirft und sie näher an Fläsket zieht! Glaubst wohl, man hat keine Augen, wa?«
Frans hatte Augen, am ganzen Körper, und das bezweifelte keiner. Und wenn er sehen konnte, auch wenn es nur Fantasie war, so zog er es heran und machte Wirklichkeit draus.
»Wenn ich hier nicht in der Klemme säße, würde ich dir den Stiefel in das Arschloch treten«, sagte Stor-Magnus, aber bereute sofort seine Unbeherrschtheit.
»Mir den Stiefel in den Arsch treten?«
Frans erhob sich in seiner ganzen Länge und schlug die
Faust in die Fischsuppe, daß Brachsen und Schwartenstücke an die Tapete spritzten.
»Paßt auf, die Kescher«, sagte Magda, »was macht ihr mit den Keschern!«
Die Männer am Tisch wollten gerade hoch um Stor-Magnus einen ins Kreuz zu geben, als der Nebel wie eine spröde Gardine zerriß und einen Mond zeigte, so groß und schön, daß sie ihr Vorhaben vergaßen. Frans nahm einen Schluck aus der Flasche um sich Mut für eine letzte, vernichtende Salve zu verschaffen:
»Paß auf, daß du nicht wieder auf die falsche Insel kommst, du Ratte, denn das nächste Mal treten wir dich in die Suppe und lassen dich nicht einmal ein ehrliches Begräbnis bekommen.«
Stor-Magnus nahm das Boot und ruderte, was er nur konnte. Als er auf halbem Weg zwischen den Inseln war, schrie er, daß es zwischen den Schären hallte:
»Das mußt du sagen, wo du noch nicht mal deine Alte bürsten kannst!«
Da ging Frans nach der Büchse und gab vier Schuß ab.
Einer davon traf, und die Männer an Land konnten sehen, daß Frans ein resoluter Schütze war. Er hatte mit einer Kugel in Stor-Magnus’ hellblaue Iris getroffen, das Auge brach, die Ruder fielen ins Wasser, und man hatte noch einen, den man auf Fläsket in die sandigen Bergspalten stopfen konnte.
Bis tief in die Nacht konnten die Männer auf Limpan hören, wie man auf Fläsket Psalm nach Psalm sang. Als man zu >behüteter kann niemand sein< kam, lachten die Männer auf Limpan so, daß ihnen die Knochen im Halse standen.
»Daß ihr nie Frieden halten könnt«, sagte Magda und lief in den Vorraum hinaus, wo sie vor Kummer weinte und sich wütend in den Rocksaum schneuzte.
»Das hier nimmt ein Ende mit Schrecken, das tut es«, flüsterte sie leise vor sich hin.
Und die Möwen schrien, und ihr Lärm mischte sich mit dem der Männer in der guten Stube, die sich noch eine Flasche zu Gemüte führten und zueinander sagten, daß nie ein Außenstehender etwas erfahren sollte. Die auf Fläsket waren viel zu feige, und außerdem hatten sie selbst so viel Dreck verschiedenster Art am Stecken, daß es über den famosen Schuß schon totenstill sein würde.
Aber Magda saß im Vorraum und dachte dieselben Gedanken, mit denen sich auch ihre Mitschwestern trugen, auf Limpan wie auf Fläsket. Nur, daß keinem die Zunge gegeben war, es laut auszusprechen.
Magda auf Kranvred schmiegte sich dicht an ihre Tante im Wandbett und fuhrt fort zu flennen, das einzige, was sie tun konnte.
Dann hakte sie vorsichtig die Garnitur ab und legte sie auf einen tiefen Teller neben dem Topf auf dem Boden.
Der größte Hof auf Fläsket hieß Strate und lag tief landeinwärts auf der Insel, wohl verborgen hinter hohen Pappeln (Pappeln können bis zu fünfzig Meter hoch werden).
In ihm, in all dem Grünen, regierte die hochgewachsene und ofenwarme Lys. In dieser Nacht war sie nicht untätig. Das, was alle Frauen auf den beiden Inseln dachten, faßte sie in Worte. Sie sammelte alles, was Fläsket an weiblichen Wesen hatte, um den großen Tisch im Speisesaal und schenkte süßen Wein aus. Dann erhob sie sich, forderte Schweigen und sprach folgendermaßen:
»Frauen auf Fläsket! Wir haben heute in unserer tiefsten Spalte Stor-Magnus begraben. Ein ordentlicher Kerl, wenn es um Zugnetz und Garn ging, aber ein roher Bursche, was die menschlichen Gefühle betrifft. (Wie wohl sie ihre Worte setzen konnte, die schöne Lys.) Dieser unnütze Kerl (jetzt wurde sie grob) war der neunte in einer Woche, und wenn das so weitergeht, werden wir bald selbst in die Boote gehen dürfen. Wer soll dann unsere Kleinen besorgen? Wer soll ausmisten und melken?«
Niemand konnte darauf antworten. Die Frauen saßen still und fragten sich, was kommen würde.
»Und zuletzt, wer soll am Sonnabend mit einem Steifen in das Wandbett kommen?«
Ein leises Gemurmel war zu hören.
»Da unten«, fuhr sie fort, »tief unten in der Schlucht, werden alle unsere Männer langsam verrotten oder von Aalen aufgefressen werden...Ich kann sehen, wie sie sich in aufgeschwollenen Brustkörben einnisten und ihre messerscharfen Zähne in die Herzen unserer Männer schlagen. Können wir stillschweigend stehen und glotzen, wie sich unsere Kerle ohne jede Ursache umbringen? Frauen auf Fläsket! Wir wollen ab jetzt unsere Schwestern auf Limpan sammeln und uns hier auf Strate eine Wohnung machen, eine Festung, die für unsere Männer uneinnehmbar sein soll bis zu dem Tag, an dem sie schwören, nie mehr Gewalt zu gebrauchen, gleich, welcher Art. Bis dahin: vollständige Enthaltsamkeit. Seid ihr dabei?«
Man konnte unter den Frauen eine starke Bewegung bemerken. Kopf an Kopf flüsterten sie, Wort traf auf Wort, Widerstand wurde vor resoluten Argumenten aufgegeben, und zuletzt konnte Lys sehen, wie sich achtunddreißig Paar Frauenhände wie eine vielversprechende Spargelplantage in die Luft streckten.
»Und Beda auf Snusbäcken?«
Beda hatte sich hinter Fagra Astrid auf Larpe versteckt und saß blutrot und voller Scham da.
»Man weiß ja nicht, wie lange«, sagte sie langsam. »Und man ist ja gewohnt, seine Nummer neunmal am Tage zu bekommen.«
Bei der Zahl staunten die Frauen.
»Ja, seht mal, Arvid ist ein richtiger Bock«, fügte sie beinahe stolz hinzu.
»Bock oder nicht...geht das so weiter, so ist er sehr schnell ein toter Bock. Naaa?«
Man sah, wie Beda einen schweren Kampf führte, und dann kam ihre Hand hoch, rotfleckig von Kuhmilch und Salzwasser.
»Wir sind einig«, schrien die Frauen. »Jetzt müssen wir die Frauen von Limpan auf unsere Seite bekommen!«
»Das muß Lys klären«, sagte Beda. »Wie es nun zugehen mag...«
Nach einigen Tagen und einer Unmenge von heftigen Streitigkeiten, teuflischen Drohungen und groben Schlägen kamen die Frauen von Fläsket zu dem Hof Strate hinter den hohen Pappeln zurück. Ihre Kinder hatten sie zu Hause gelassen, und die Sorge um sie war das einzige, was jetzt ihren Freiheitsdurst und das Gefühl, etwas Großes und Bedeutendes auszurichten, beeinträchtigte.
Gegen Abend konnten sie von den hohen Klippen sehen, wie Boot auf Boot, mit Frauen von Limpan beladen, langsam auf sie zuruderte. Bei Sonnenuntergang standen wütende Männer von Limpan am Strand, drohten mit den Fäusten und fluchten lange Eide wegen eines Treuebruchs, der über ihren Verstand ging.
Nachdem Lys die am schwersten Zerfleischten verbunden hatte, machte sie ein Fest. Sicherheitshalber hatte sie einige Frauen als Wache mit Stöcken und Zwillen aufgestellt.
Lys saß an der Schmalseite des Tisches und hielt Hof. Sie schwenkte die Flasche hoch über dem Kopf und brachte ein Prosit auf den Frieden aus. Alle, auch die abstinentesten, tranken an diesem merkwürdigen Abend ein Glas. Bald vergaßen sie die Welt der Männer und ließen die schöne Lys einfühlend über Frieden, Zärtlichkeit und Liebe sprechen.
Fagra Astrid konnte es nicht sein lassen.
»Verflucht, wie geil man wird«, sagte sie.
»Meine Walderdbeere«, sagte Lys.
Astrid beugte sich zu Lys hinüber und streichelte behutsam ihre Wangen. »Geil, so geil.«
»Wir brauchen wohl nicht direkt zu schmachten«, sagte Lys. »Wir können es ja zusammen schön haben...oder? «
»Wie?« sagte Beda von Snusbäcken.
»Muß man probieren«, sagte Lys geheimnisvoll.
»Arvid pflegt von deinen Brüsten zu flüstern«, sagte Beda.
»Was weiß der Affe von meinen Brüsten?« kniff Lys unruhig den Mund zusammen.
»Sagt, sie wären groß wie Melonen.«
»Wie Melonen!«
Alle wollten sie sehen.
»Man kann wohl nicht einfach dasitzen und sie rausnehmen«, sagte Lys ausnahmsweise hilflos.
»Ach, sei nicht so.«
Lys zögerte, nicht wegen der Brüste, aber sie fand, daß es zu schnell ging, daß die Zeit noch nicht reif wäre. In Winkeln und Ecken saß immer noch eine Menge kritischer Augen, die sie sauer anglotzten. Sie hatte Angst, daß ihre Führerstellung Schaden nehmen könnte, wenn sie mit den Frauen von Fläsket und Limpan zu scharf ranginge.
Kann hinterher düster sein, dachte sie.
Dann kam sie darauf, daß zu einer solchen Ausstellung Musik gebraucht würde.
»Kann Frida von Lusasken nicht auf der Maultrommel spielen?« sagte sie deshalb.
Frida zog eine Schnut, wollte genötigt werden.
»Kann sie so gut«, sagten alle.
»Ich weiß nicht...«
»Raus mit der Trommel, dann tanze ich auch«, sagte Lys.
Nach ein paar Sperenzchen saß Frida mit der Maultrommel da und spielte spröde. Lys sprang auf den Eichentisch und schlug ein paar Wirbel vor dem Bauch. Dann konnte sie beginnen.
Sie lief von einer Tischecke zur anderen wie eine Närrin, schlug die Hände über den Kopf zusammen und trampelte hart mit den Füßen. Sie sah klumpig und ungelenk aus und gar nicht schön. Aber dann schlug Frida leichtere Töne an und spielte zärtlicher und wollüstiger. Und Lys wurde von der großen Inspiration ergriffen und wurde folgsam und bereit zur Liebe.
Jetzt war sie nicht zu halten. Wohin sie auch äugte, saßen Frauen mit blanken Augen, die entzückt auf sie starrten. Wohin sie auch äugte, sah sie Hände, die sich lösten, zärtlichkeitshungrig und formend wurden und in dem ganzen großen Saal auf Strate brannten Lichter in kräftigen Ständern.
Fagra Astrid konnte sich nicht länger beherrschen. Während sie auf Lys sah, fuhren ihre Hände die ganze Zeit über alles, das in ihre Reichweite kam. Sie rieben Bedas Rücken, als wäre er ein Waschbrett, sie schob die Hand an Bedas Hintern, daß sie rot im Gesicht wurde und schwer stöhnte. Beda kannte nicht genug Bewegungen, um zu zeigen, wie herrlich sie das fand.
Auch die anderen Frauen hatten es schwer mit ihrem Widerstand. Man sehnte sich nach schönen Worten für das Ohr und füllte den Schnaps in sich wie die schlimmsten Halunken, um Mut zu bekommen.
Lys wiegte sich ruhig zur Maultrommel und entblößte die Brüste.
»Groß wie Melonen...das ist wirklich wahr«, sagte Beda und saß wie verzaubert.
»Was soll man mit einem Korb, wenn man es auch so schön haben kann«, sagte Frida mitten in ihrer Musik.
»Zieht euch aus, damit man Platz hat für den Finger«, war aus einer Ecke zu hören. Es war Sara von Linberget, die jetzt ohne Scham im Nu ihre Kleider aufknöpfte. Sie stand nackt vor allen und fröhlich und ziemlich voll vom Schnaps. Bald warf sie sich auf den Boden.
Lys war jetzt in einer solchen Ekstase, daß sie sich überhaupt nicht mehr darum kümmerte, was um sie herum vorging. Sie lauschte auf die Geräusche und Bewegungen, und alles war nahe und auch weit weg.
»Los jetzt, Lys«, schrien die Frauen von Limpan. »Los jetzt!«
Lys sprang vom Tisch und stellte sich breitbeinig über Sara. Im Raum konnte sie nur schwach die lüsternen Blicke und auch die Erwartung wahrnehmen. Sie zog ihre Wollschlüpfer aus, riß den Rock herunter und senkte sich langsam auf Sara, die mit offenem Mund dalag, die Zunge halb herausragend.
»Sitzt nicht und glotzt, macht es selbst, ihr«, sagte Lys. »Man kann ja von dem Glotzen ganz geniert werden.«
»Du bist so schön, man muß es sehen.«
Lys war Sara so nahe, daß das Haar ihr die Nase kitzelte.
»Wie fein du riechst, komm, ich will dich küssen.«
Lys spürte eine kleine, sehnsüchtige Zungenspitze, die in sie eindrang, umherirrte und suchte. Zuletzt lag sie fest und Lys bohrte sich immer tiefer herunter.
»Rein mit dir ganz und gar«, riefen die Frauen.
»Wie soll man es machen, wie soll man es machen«, klagte Sara. »Man will ja so gerne, aber man muß wohl in allem maßhalten.«
»Dann steck die Hand rein, ich mach dasselbe«, sagte Lys. »Wir können daliegen und an unseren Knöpfen schnüffeln.«
»Ja«, schrien die Frauen.
Sie steckten ihre Fäuste in sich. Wieder und wieder kam es ihnen, und jetzt gab es niemanden mehr, der nicht seine Faust in der Mitschwester hatte.
»Die abweisende Maus ist jetzt selig«, sagte Sara. »Sie wird seliger, wenn du dich ein bißchen in den Hüften drehst.«
»Feine Schenkel hast du, man könnte glauben, du hast Kugel gespielt.«
»Hab’ ich auch.«
»Was macht Arvid mit dir auf dem Wandbett? Jagt er ihn direkt rein?«
»Neee... er scharwenzelt erst... scharwenzelt und geht rund wie die Katze... dann hat er Durst auf Tran... und dann jagt er den Dorsch in die Pflaume...«
»...Wie dick du um die Handgelenke bist... raus und rein darfst du, aber nicht nach rechts, da habe ich Schmerzen.«
»So?«
»Saug und trink, wenn du Durst hast!«
»Das ist schön...warte, du bekommst eine Nummer zwischen die Melonen.«
»Das läuft mir über die Augen, ich kann nichts sehen.«
»Trockne dich am Läufer ab.«
»Da ist Sand drauf.«
»Nimm das Leibchen hier.«
»Das ist naß wie ein neugeborenes Schwein.«
»Trockne dich am Brottuch hier ab.«
»Das riecht nach Anis und Kümmel.«
»Wie störrisch du bist...hier sollst du einen Schnabel spüren, der küssen kann.«
»In die Lippen gebissen...«
»Die Lichter brennen herunter. Lys, du mußt mit mehr Lichtern kommen, damit man sieht, was man in Händen hat.«
»Wie Kuhmilch so warm ist dein Saft, Frida.«
»Sara will deine Brüste probieren, heb dich herüber.«
»Lys ist nach mehr Lichtern gegangen.«
»Will sie wieder anzünden?«
»Trink und schäm dich jetzt nicht. Kennst du die Suppe?«
»Jetzt macht sie Licht...«
»Au, wie du drückst!«
»Ein Licht, das sie gegossen hat, Lys.«
»Jetzt dürft ihr mich von hinten...nee...nicht das Licht wegnehmen...zieh es an den Hüften lang, dann rein damit...«
»Ganz rein?«
»Wie Arvid. Er hat einen dickeren und weich wie Samt.«
Lys ging in den Stall hinaus. Draußen im Wind kam sie ein bißchen zur Besinnung, aber bloß so viel, daß sie gegen den Nachthimmel die Silhouetten der Frauen sehen konnte, die als Wachen ausgestellt waren.
Zu ihrer Schande muß gesagt werden: Sie waren von den Geräuschen aus dem Hause so erregt, daß sie dort hinter Barrikaden von Schweineeimern standen und kräftig an sich rieben.
Lys sagte nichts, aber für ein paar Augenblicke war sie böse. Dann öffnete sie die Stalltür, die träge knarrte und sofort hörte sie: »Wer da?«
»Bloß ich«, sagte Lys. »Bald kommen neue Männer...ich meine Frauen...ihr könnt ja auch ab und an ein Auge zum Feinde hinüberwerfen und nicht bloß miteinander spielen«, konnte sie sich nicht verkneifen zu sagen.
Sie ging in den Saal zurück.
»Also Arvid bringt es auf neun Mal«, sagte Sara, die mit Beda in einer Ecke lag.
»Jeden Tag. Das Bett ist quatschnaß, so daß man jeden Tag die Laken wechseln muß.«
»Hast du deshalb so oft große Wäsche, Beda?«
»Er hat schöne Hände, dein Arvid. Auch feine Schenkel.«
»Was weißt du davon?«
»Man hat ihn wohl gesehen, wenn er sich die Fischschuppen abwäscht. Es gibt wohl Gucklöcher im Magazin!«
»Stehst du da und glotzt auf Arvid?«
»Auf Arvid und alle die anderen.«
»Wer hat den Dicksten, glaubst du?«
»Das ist wohl schon Arvid.«
»Küß mich, rede von Arvid und küß mich.«
»Aber Arvid ist auch der mordgierigste von allen«, sagte Lys. »Er war es und kein anderer, der Elsas Mann auf Limpan totgeschlagen hat.«
»Red jetzt nicht von solchen Unannehmlichkeiten, wo wir es so schön haben.«
»Deshalb sind wir ja hier.«
Das hatten die Frauen vergessen.
»Aber er ist schön.«
»Halt den Mund und mach es noch mal.«
»Rauf auf den Berg. Reib wieder die Brüste am Bauch, da kann sie rutschen, daß es reicht. Glatt ist sie wie ein Aal...probier.«
»Frida ist eng.«
»Für Kalle braucht sie nicht groß zu sein«, sagte Sara. »Man hat es ja gesehen.«
»Durch das Guckloch?«
»Genau da...einen Kleinen mit wenig Flaum.«
»Kann dafür gut sein.«
»Zeig es noch mal.«
»So...«
»Jetzt bist du sicher ganz drin, was?«
»Du bist richtig...«
»Mach los, aber drück nicht so!«
»Reib an meiner, sag, daß du mich liebst. Sag, daß du alle Tage bei mir liegen willst und nicht bloß jetzt, da wir streiken.«
»Küß mich und laß die Hand zwischen den Beinen!«
Sie schrien wie besessen, ihr Schrei hallte über Inseln und Schären. Auf Limpan gingen die Männer umher mit schmerzenden Leisten, während sie abwuschen, windelten und das Abendessen bereiteten.
»Was machen die auf Fläsket?« sagten sie zueinander. »Was zur Hölle machen die auf Fläsket?«
»Hört sich an, als wenn sie sich prügeln und gegenseitig totschlagen«, sagte Ferdinand auf Brosket.
»Ach, du grinst ja selbst darüber. Die haben’s schön und leben wie die Teufel, woran wir sie nicht hindern können.«
Sie beschlossen, einen Mann zum Spähen hinüberzusenden, und wählten Arvid. Er achtete darauf, daß die Ruder nicht klatschten, und es gelang ihm, sich ungesehen unter die Büsche zu schleichen und kriechend bis an die Festung zu kommen. Dort war Wachwechsel gewesen, und der Zufall hatte gewollt, daß gerade Beda oben auf der Klippe stand und onanierte.
»Wer da?« flüsterte sie, denn insgeheim hoffte sie wohl auf einen der Kerle von Limpan.
»Arvid, aber still, daß keiner was hört.«
»Du kommst wie vom Himmel geschickt.«
»Ist die Verschwörung dabei, sich aufzulösen?«
»Neee...wir sind uns soo einig. Aber auf die Dauer ist das ein bißchen trostlos ohne Männer. Du solltest sehen, was die da drinnen machen.«
»Flüstere mir ins Ohr, was ihr gemacht habt.«
»Bißchen an der Brust saugen und an der Maus kitzeln wohl...«
»Und mehr...nahmen sie dich da«, flüsterte Arvid und griff mitten in das Tal.
»Da und auch woanders«, sagte Beda.
»Aber der Steife hat gefehlt, was?«
»Wenn ihr bloß nicht immer aus der Haut fahren würdet, wollten wir wohl alle den Steifen haben, aber da ihr euch totschlagt, verliert man ja ganz und gar die Lust.«
»Wenn wir uns ändern?«
»Neee...willst du etwa jetzt mit ihm in mich? Wenn nun jemand von den Frauen die Runde geht, und außerdem steht Frida hinter der Ecke.«
»Laß sie mit dabei sein.«
»Du bist verrückt...«
Aber ehe sie wußte, was sie sagen sollte, hatte Arvid die Frida gerufen, und sie kam schnell.
»Man hat sich so gesehnt, daß man hätte sterben können«, sagte sie.
Arvid wälzte seinen zottigen Körper auf Beda, während er mit der freien Faust Frida zwischen die Schenkel faßte, daß sie hemmungslos zu stöhnen anfing.
»Still, die können das hören«, sagte Beda, aber es war zu spät. Die Tür von Strate öffnete sich, und im Licht konnten sie Lys sehen. Sie stand ganz still und starrte bloß auf das Bild vor sich.
»Brecht ihr auf die Art euer Versprechen?« sagte sie ernst. »Bloß für eine Vögelei? Schick sofort Arvid nach Limpan!«
»Aber wir können wohl erst fertigmachen...«, bat Beda erweichend, und Frida stimmte ein.
»Macht schnell, daß die anderen nichts hören und...sozusagen meutern.«
Arvid arbeitete wie im Akkord, und Seufzer des Wohlbehagens füllten das dunkle Viereck vor Strate, wo Lys stand und mit den Lebensgeistern kämpfte. Sie äugte, verfolgte sorgfältig was passierte, während sie sich mit der Hand in das Haar faßte.
Als alle fertig waren, schickte sie Arvid mit der Botschaft nach Hause, daß kein Mann seinen Fuß auf Fläsket setzen dürfte, bevor sie mit dem Finger auf der Bibel geschworen hätten, daß sie nie mehr in die alten Streitigkeiten verfallen würden.
Arvid verdrückte sich beschämt zum Boot, und der Anblick der drei Frauen flimmerte vor seinen Augen.
»Das muß aufhören«, dachte er. »Ich sollte ernstlich mit den Männern sprechen, so kann das nicht weitergehen.«
Er ruderte zurück, und jetzt achtete er nicht auf das Klatschen der Ruder. Er ruderte mit allen Kräften, die noch in ihm waren, und am Strand trafen sich die Männer.
»Na«, sagten sie auffordernd, »haben sie sich ergeben?«
»Überhaupt nicht«, sagte Arvid. »Die treiben es miteinander und wollen uns nie mehr sehen...wenn wir nicht versprechen, uns zu bessern.«
Ferdinand auf Brosket ergriff das Wort:
»Ja, so ist das Ganze hoffnungslos!«
»Dann müssen wir wohl nachgeben«, sagte Arvid ungewöhnlich fröhlich.
Man sammelte sich zur Beratung und entschloß sich schnell. Alle fühlten ein Zucken unter den blauen Hosen, und man wollte zurück zu dem alten, das man gewohnt war. Man zündete am Strand von Limpan ein Friedensfeuer an, damit die Frauen sehen könnten, daß es jetzt anders werden sollte.
Gegen Morgen stiegen alle Männer in die Boote, und mit Gesang ruderte man zum anderen Ufer.
Lys hatte genau verfolgt, was geschah. In ein weißes Laken gekleidet, ritt sie auf dem Rappen herunter, um sie zu treffen. Sie ritt weit auf den Sand hinaus und sagte:
»Habt ihr euch jetzt zur Vernunft entschlossen?«
»Wir ergeben uns«, sagte Arvid, der das Wort führte.
»Bedingungslos?« fragte Lys.
»Ja...eine Bedingung stellen wir alle...«
So leierte er so schnell wie der Flug der Seeschwalbe herunter, daß sie jetzt alle einmütig leben wollten und in Ruhe, aber ohne alle Bindungen.
»Ohne alle Bindungen?« sagte Lys.
»Gewiß. Wir wollen das Schönste da haben, wo wir es am schönsten finden und mit wem wir wollen«, sagte Arvid bestimmt.
»Geht ihr Frauen darauf ein?« fragte Lys andächtig.
Alle riefen ja und standen bereit, um zwischen den Männern zu wählen.
So kam es, daß die Festlandsbevölkerung Fläsket und Limpan von dem Tag an Sodom und Gomorrha nannte, und so heißen die beiden Inseln auch heute noch. Man lebt dort in paradiesischer Freiheit miteinander und, wer will, kann ihre Freuden teilen und sein Dasein versüßen.
Der Touristenstrom fließt, er trägt jetzt stark zur Versorgung der Inseln bei.
Wo die Inseln liegen?
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