Motive und Werte – die Antreiber für Handlungen
Was ist uns wichtig im Leben? Warum tun wir bestimmte Dinge? Was wollen wir damit erreichen? Motive und Werte stellen die – bewussten oder unbewussten – Hintergründe unseres Handelns dar. Sie sind Antreiber, Richtungsgeber, Sinnstifter. Jeder Mensch trägt eine Reihe von Motiven und Werten in sich, deren Ausprägung aber von Person zu Person verschieden ist.
Motive geben unserem Verhalten ein Ziel
Wonach streben wir? Der eine möchte ein großes Auto, der andere eine große Familie. Der eine fühlt sich wohl, wenn er seinen Alltag möglichst selbstbestimmt gestalten kann, der andere braucht klare Vorgaben und Strukturen. Unsere Motive sind sehr unterschiedlich – es gibt aber bestimmte Motive, die auf viele Menschen zutreffen.
Auf der nächsten Seite finden Sie eine Übersicht.
Die 10 häufigsten Motive | |
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1 | Ehrgeiz: Neigung, Ziele zu erreichen und Hindernisse zu überwinden, so schnell und so gut wie möglich. |
2 | Machtstreben: Wunsch, Kontrolle über seine Umgebung sowie über das Verhalten seiner Mitmenschen auszuüben. |
3 | Leistungsstreben: Drang zum Erreichen von Höchstleistungen und Erfolg. Hoher Anspruch an sich selbst. |
4 | Wettbewerbs-/Gewinnstreben: Man will sich mit anderen messen und als Sieger hervorgehen. Es braucht immer wieder den Beweis, der Beste zu sein. |
5 | Statusdenken: Streben nach „social standing“, nach Reichtum, Titeln und öffentlicher Aufmerksamkeit. |
6 | Wunsch nach sozialer Bindung: Streben nach Familienleben und besonders danach, eigene Kinder zu erziehen. |
7 | Kontrollbedürfnis: Wunsch, Dinge im Griff zu haben. Alles soll nach Plan laufen. Fehler dürfen nicht passieren. |
8 | Sicherheitsbedürfnis: Wunsch nach klaren Strukturen und Regeln sowie stabilen Arbeitsbeziehungen. |
9 | Unabhängigkeitsstreben: Streben nach Freiheit, Selbstgenügsamkeit und Autarkie. |
10 | Bedürfnis nach Anerkennung: Streben nach sozialer Akzeptanz, Zugehörigkeit und positivem Selbstwert. |
Beispiel: Andere Menschen – andere Motive
Rudi Richter fühlt sich wohl, wenn er möglichst ungestört fachliche wie qualitative Höchstleistungen bringen kann. Er schätzt einen geregelten Tagesablauf ohne große Überraschungen und braucht klare Strukturen. Zahlen und Fakten ergänzen sein Bedürfnis nach fundierten Aussagen und sicheren Entscheidungen. Rudi Richter will keine Fehler machen. Auch ein sicherer Arbeitsplatz bedeutet ihm viel (Sicherheits- und Kontrollbedürfnis).
Anneliese Heim ist die gute Seele der Abteilung. Ihr ist es wichtig, für ein angenehmes Betriebsklima zu sorgen, freundlich und hilfsbereit zu sein. Sie kümmert sich auch liebevoll um die Pflanzen und hält Kontakt zur Nachbarabteilung. Sie hat eine Engelsgeduld und schätzt es, für ihre Bemühungen ein persönliches Dankeschön zu bekommen (Bedürfnis nach Anerkennung, sozialer Bindung).
Stefan Schnell absolvierte sein Studium mit Bestnoten. In seiner 8-jährigen beruflichen Laufbahn hat er inzwischen eine mittlere Führungsposition erreicht. Er denkt strategisch, behält immer den Überblick und lässt andere die Kleinarbeit machen (Ehrgeiz, Macht- und Leistungsstreben, Statusdenken).
Helga Fröhlich liebt es, als Außendienstmitarbeiterin unterwegs zu sein. Sie gestaltet ihren Tag, wie sie es für richtig hält und geht gern unkonventionelle Wege. Dass sie stets gute Ergebnisse bringen und im Vergleich mit anderen immer besser abschneiden will, ist für sie selbstverständlich (Wettbewerbs- und Unabhängigkeitsstreben).
Vor allem im beruflichen Kontext ist es unerlässlich, auf die verschiedenen Motive der Mitarbeiter und Kollegen zu achten. Motive steuern, welche Aufgaben uns Spaß machen, welche Rollen wir übernehmen wollen und worin wir erfolgreich sind. So wird ein leistungs- und erfolgsgetriebener Mensch mit starkem Durchsetzungs- und Entscheidungswillen in die Führungsetagen drängen, während ein qualitätsund sicherheitsbewusster Mensch ohne Statusanspruch lieber als IT-Spezialist Probleme löst.
Wichtig
Menschen werden von unterschiedlichen Motiven angetrieben. Unterstellen Sie anderen deshalb nicht Ihre Motive, sondern akzeptieren Sie, dass andere Menschen von anderen Aspekten gesteuert werden. Für ein besseres Verständnis ist es hilfreich herauszufinden, welche das sind.
Übung: Erstellen Sie Motivationsprofile
Priorisieren Sie für sich selbst die oben genannten Lebensmotive. Was ist Ihnen besonders wichtig? Überlegen Sie auch, welche Motive für Ihre Familienmitglieder oder Kollegen an erster Stelle stehen. Worin liegen hier die Unterschiede zwischen Ihnen und den anderen und wie äußern sich diese im Alltag und in der gemeinsamen Kommunikation?
Es wird für Sie auf Ihrem Weg zur besseren Menschenkenntnis hilfreich sein, Ihre eigenen Motive zu kennen, um Unterschiede zu anderen Menschen festzustellen. Ein Beispiel: Die Übung zeigt Ihnen etwa, dass Ihnen Leistung, Unabhängigkeit und Status wichtig sind und dass Sie diese Motive in eine Führungsposition gebracht haben. Relativ leicht können Sie dann ableiten, dass Ihr Mitarbeiter, der gewissenhaft und formal ist sowie regelmäßig um 17:00 Uhr das Büro verlässt, eher gesteuert wird von dem Bedürfnis nach Sicherheit und einem harmonischen Familienleben. Sie werden ihn folglich kaum von Sonderprojekten, regelmäßigen Überstunden oder einer verantwortungsvollen Leitungsrolle überzeugen können. Übrigens: Ob ein Mensch am Arbeitsplatz motiviert ist oder nicht, hängt natürlich auch von einigen „äußeren“ Faktoren ab, z. B. der Fehlerkultur im Betrieb, dem Verhältnis zum Vorgesetzten, den Entwicklungsmöglichkeiten oder der Zusammenarbeit im Team.
Motive können sich ändern
Menschen werden nur dann zufrieden sein und Höchstleistungen bringen, wenn sie ihre persönlichen Motive leben dürfen. Motive sind jedoch nur bedingt stabil. Jeder trägt eine individuelle Zusammensetzung von Motiven in sich, die sich über die Jahre auch ändern können. Wer Menschen führt, sollte das Motivationsprofil seiner Mitarbeiter also von Zeit zu Zeit überprüfen, um beste Einsatzmöglichkeiten zu schaffen.
Beispiel: Wie sich Motive ändern
Frau Greiner steht nun 12 Jahre im Berufsleben und feierte gerade ihren 35. Geburtstag. Sie hat viel erreicht und fühlt sich ausgepowert, will jetzt eine Familie gründen. Sie plant, nach der Geburt ihres Kindes nur noch zwei Tage die Woche zu arbeiten. Sie will für ihr Kind eine gute Mutter sein.
Werte geben unserem Verhalten Sinn
Auch Werte lenken unsere Entscheidungen. So zählen für viele Menschen Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Treue zu unverzichtbaren Verhaltensweisen im zwischenmenschlichen Bereich. Andere wiederum schätzen ihre Freiheit und Autonomie und möchten sich daher von niemandem einengen lassen. Wie bei den Motiven tragen wir alle eine ganz individuelle Zusammensetzung von Werten in uns. Wer sich als Mitarbeiter in einem Kollegen- oder Unternehmensumfeld bewegt, mit dessen Wertesystem er sich nicht identifizieren kann, wird sich im täglichen Miteinander schwer tun. Konflikte, Widerstände, Minderleistung, Krankheit oder auch Kündigung sind mögliche Folgen dieser Unzufriedenheit.
Beispiel: Wenn Wertvorstellungen auseinander gehen
Corinna arbeitet in einem Pflegeheim. Ihr ist es ungemein wichtig, hilfebedürftige Menschen zu unterstützen und ihnen ihren Lebensabend so angenehm wie möglich zu gestalten. Sie opfert sehr viel von ihrer Freizeit, um mit den alten Menschen z. B. im Heim spazieren zu gehen. Die Heimleitung achtet jedoch in erster Linie auf Aufwand und Nutzen. Kosten müssen gesenkt, intensive Betreuung eingeschränkt werden. Corinna wird angehalten, Patienten im Bett zu fixieren und gemeinsame Aktivitäten zu unterlassen.
Persönliche Wertvorstellungen und die des Arbeitgebers müssen harmonieren, sonst befindet sich der Mitarbeiter permanent in einem Zwiespalt. Auch unter Kollegen können Unterschiede in den Wertvorstellungen das Miteinander erheblich beeinträchtigen. Muss ein Mensch, der sehr auf Zuverlässigkeit und Ordnung bedacht ist, mit einer Person zusammenarbeiten, die vor allem Wert auf Spaß und Spontaneität legt, sind die Konflikte vorprogrammiert. Zu sehr driften dann die Werte und Verhaltensweisen auseinander. Hier hilft es, einen Rahmen festzulegen, in dem sich alle bewegen müssen, innerhalb dessen aber auch Freiraum für den einzelnen herrscht. Erfragen Sie daher die Werte Ihrer Kollegen und Mitarbeiter und entwickeln Sie gemeinsam Umgangsregeln, mit denen sich alle einverstanden erklären können.
Übersicht: Motive und Werte sind unterschiedlich | |
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extravertiert, sachorientiert |
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extravertiert, menschenorientiert |
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introvertiert, menschenorientiert |
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introvertiert, sachorientiert |
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