Heilkräuter für ein gesundes Leben

»Die Erde nämlich zeigte mit nützlichen Kräutern den Umgang (infolge) der geistigen Beschaffenheit des Menschen, indem dieser (die Kräuter) unterschied; aber mit unnützen Kräutern zeigt sie die unnützen und dämonischen Charakterzüge (des Menschen).«

Was Hildegard da im Vorwort ihrer »Physica« über die Heilpflanzen schreibt, lässt sich auf die therapeutisch nutzbaren Kräfte der Natur insgesamt übertragen. Jedes Kräutlein hat besondere Eigenschaften und Kräfte – positive wie negative. Die Einteilung nach Vitamingehalt oder Mineralstoffanteil ist nach Hildegard nicht ausreichend. Vielmehr müsse die ganze Pflanze mit ihren sämtlichen Inhaltsstoffen als gesamt wirkendes Medium gesehen werden.

Eine der wenigen Möglichkeiten zur Behandlung von Krankheiten im Mittelalter war die Kräutermedizin der Klöster. Die Heilmittel bestanden hauptsächlich aus pflanzlichen, mineralischen oder tierischen Stoffen und waren von dem, der sie verabreichte, oft nicht zu trennen. Die Kombination von Heilkraft und Glaube an den Heilsmittler dürfte die Heilwirkung der Salben, Tees, Tinkturen befördert haben.

Weshalb helfen Heilpflanzen?

Hildegard ging davon aus, dass der Mensch die Elemente, aus denen sich sein Körper zusammensetzt, auch in der Natur findet. Ist er krank, kann er seinen Mangel an Kräften mit Hilfe der Natur ausgleichen. Obwohl Hildegard selbst ihre medizinischen Kenntnisse allein auf göttliche Schau zurückführte, darf man wohl annehmen, dass sie die Handbücher der Klostermedizin ebenso kannte wie das Wissen der Kräuterweiblein aus der Volksmedizin und die antiken Medizinschriften. Nicht zuletzt zählt auch ihre eigene langjährige praktische Erfahrung.

In der »Physica« beschäftigt sie sich mit über 200 Pflanzen als Heilmittel auf natürlicher Basis und zugleich als Träger göttlicher Kräfte. Wenn wir uns heute mit den Heilpflanzen nach Hildegard befassen, so unter dem Aspekt der Unbedenklichkeit. Denn was natürlich ist, ist nicht automatisch gut und heilsam oder unschädlich. Man denke nur an Beispiele wie Herbstzeitlose, Maiglöckchen, Schierling und Tollkirsche.

In der nachfolgenden Sammlung der Heilpflanzen von A wie Akelei bis Z wie Zimt finden Sie eine kleine Auswahl der Heilpflanzen, die Hildegard verwendet. Beachten Sie, dass etliche wild vorkommende Pflanzen mittlerweile unter Naturschutz stehen und nicht gepflückt werden dürfen. In solchen Fällen sollten Sie selbst gärtnerisch tätig werden oder sich das getrocknete Kraut in der Apotheke besorgen. Verwenden Sie bei den Heilpflanzen immer nur die jeweils beschriebenen Teile: Wurzel, Rinde, Blüten, Blätter oder Kraut (= die ganze Pflanze ohne Wurzel). Die unterschiedlichen Pflanzenteile haben nämlich auch unterschiedliche Inhaltsstoffe.

Wir haben für Sie die verschiedenen Heilanzeigen aufgelistet, Anwendungsmöglichkeiten, die auch heute noch sinnvoll sind, und die Bemerkungen Hildegards über die jeweilige Pflanze. Die Übersicht zeigt Ihnen verschiedene Formen der Therapieunterstützung mit Hildegard-Heilpfanzen. Die Liste der Heilkräuter und ihrer Anwendung soll Sie aber nicht dazu verleiten, ernsthafte Erkrankungen ohne Arzt heilen zu wollen. Konsultieren Sie immer einen Arzt, einen Heilpraktiker oder einen Apotheker, der mit der Hildegard-Heilkunde vertraut ist. Denn eine Krankheit muss zunächst einmal diagnostiziert werden, erst dann kann man sie therapieren.

Ausschlaggebend für den Behandlungserfolg sind nach Hildegard auch Menge und Dosierung. Sie schreibt dazu:

»Werden sie aber von jemand genommen, so soll er dies mit dem rechten Maß und bei Bedarf vernünftig gebrauchen …, so bringen auch diese Kräuter mehr Schaden als Gesundheit, wenn er sie nicht ordnungsgemäß nimmt.«