13. KAPITEL

In den nächsten Stunden hielten die Zentauren nur an, um zu trinken. Mein Stärkeanfall hatte sich auch schon wieder verflüchtigt, und ich musste kämpfen, um aufrecht zu sitzen. Gott sei Dank konnte ich ab und zu sehen, wie die untergehende Sonne vom Fluss reflektiert wurde, der sehr nah zu unserer Rechten dahinfloss. Das sollte eigentlich bedeuten, dass der Tempel nicht mehr weit war.

Mit einem Mal hob ClanFintan einen Arm zur Begrüßung von irgendetwas am Straßenrand.

„Was ist das?“ Meine Stimme klang rau.

„Eine weitere Wache“, erwiderte er.

„Oh, es hat schon vorher welche gegeben?“

„Ja, natürlich, in den letzten Stunden sind wir immer wieder an ihnen vorbeigekommen.“

Er schnaubte kurz, und ich sagte nichts mehr. Wenn mein Gedächtnis mich nicht komplett trog, war Epona die Göttin der römischen Legionen und die der Kelten gewesen und als Kriegsgottheit verehrt worden. Ich fragte mich, ob Rhiannon in den Künsten der Kriegsführung unterrichtet worden war.

Das könnte ihr in meiner Klasse helfen. Vielleicht.

Ich spürte, wie ClanFintans kräftige Muskeln sich anspannten, als er den kleinen Anstieg begann und wir uns scharf nach links wandten. Und da war er, der Tempel. ClanFintan blieb abrupt stehen, und er, Dougal und Connor bemühten sich, ihren schweren Atem zu beruhigen. Mein Blick nahm den Tempel und die ihn umgebenden Ländereien auf wie ein durstiges Pferd Wasser. Jetzt, da ich ihn das erste Mal im Tageslicht vor mir liegen sah, wurde mir klar, wie beeindruckend der Tempel wirklich war.

Er thronte auf dem Kamm einer kleinen Erhöhung, wie mir schon bei meinem nächtlichen Ausflug mit Epi aufgefallen war. Anders als bei der MacCallan-Burg war drum herum auf der Länge von einem Fußballfeld alles entfernt worden, was einem Feind als Deckung dienen könnte. Die wunderschöne Marmormauer, die den Tempel umgab, schimmerte im Tageslicht noch cremiger und sah beeindruckend aus. Der Fluss umarmte die südöstliche Seite der Tempelanlage, und das sich um die freie Fläche erhebende Land war mit Weinstöcken bepflanzt, die schwer an ihrer roten Last trugen. Zwischen den Feldern verstreut lagen hübsche Gehöfte, die mich an verschlafene kleine englische Dörfer erinnerten. Zu den meisten gehörten gepflegte Ställe und umzäunte Weiden. Ich konnte jedoch keine Tiere entdecken. Es schienen alles Bauernhöfe der oberen Mittelklasse zu sein.

Einen großen Unterschied gab es zwischen der Szene, die ich jetzt betrachtete, und der, als ich mich davongeschlichen hatte. Es waren Menschen hinzugekommen – und Zentauren. Sie hatten ihre Zelte rund um den Tempel aufgeschlagen. Planen flatterten sanft in der Brise. Sie schienen ihr Leben sehr effizient weiterzuführen – hielten Tiere und Kinder zusammen, redeten, kochten. Es war, als wäre ich mitten auf einen mittelalterlichen Marktplatz gestolpert.

Dann hörten wir einen Ruf aus nächster Nähe, der von anderen aufgenommen wurde. Alle Gesichter wandten sich in unsere Richtung, und aus den Rufen wurden Freudenschreie, wobei die Menschen und Zentauren ihre Arme hoben und uns strahlend zuwinkten.

„Sollen wir?“

ClanFintan sah seine beiden Kameraden an, dann schauten alle drei zu mir. Es dauerte einen Moment, bis ich merkte, dass sie auf meine Erlaubnis warteten.

„Oh! Ja, klar, lasst uns gehen.“

ClanFintan fiel in Trab, den man nur als keck bezeichnen konnte, und ließ damit jede Erinnerung daran, dass er noch vor wenigen Minuten eine Pause gebraucht hatte, um seinen Atem zu beruhigen, verblassen. Ich lächelte. Männer – sie konnten schon süß sein. Auch wenn ihre Hintern wie die von Pferden aussahen, benahmen sie sich doch eintausendprozentig wie Kerle.

Zu spät erinnerte ich mich daran, dass ich meine Haare noch nicht wieder gebändigt hatte, doch dann dachte ich, dass der sturmgepeitschte Look auch nicht verkehrt war (als hätte ich eine Wahl gehabt). Als wir uns der Menge näherten, die zu unserer Begrüßung eilte, rief ich mir in Erinnerung, dass ich daran gewöhnt war (und es normalerweise genoss), im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Ich meine, ich gebe zu, dass ich früher während Schulversammlungen so einige lächerliche Dinge getan habe, also sollte die Darstellung einer göttlichen Inkarnation relativ unpeinlich sein. Ich entschloss mich, das zu tun, was ich auch vor einer Gruppe Teenager zu tun pflegte: Ich nahm die Schultern zurück, hielt den Kopf erhoben und lächelte der Menge zu, als wäre ich wirklich cool (oder irre – die Kinder sind sich meist nicht sicher).

„Epona!“

„Hoch lebe die Auserwählte der Epona!“

„Willkommen daheim, göttliche Inkarnation!“

„Eponas Geliebte, segne uns!“

Ich schaffte es sogar zu winken. Zum Glück hatte ich einige Reportagen über Europas Königshäuser gesehen.

Als wir im Inneren der Tempelmauern ankamen, fiel mir noch etwas auf, das ich in der Nacht während meiner überstürzten Flucht nicht bemerkt hatte. Der Tempel musste um eine Heilquelle herum erbaut worden sein. Im Tageslicht konnte ich jetzt kleine Geysire erkennen, die heißes Wasser aus Spalten im Boden in die Luft sprühten; ich hatte sie vorher für künstliche Fontänen gehalten. Mit Begeisterung und Ehrfurcht betrachtete ich das Monument eines darin eintauchenden Pferdes, das aus dem natürlichen Stein gehauen worden war; ich konnte mir nicht einmal vorstellen, wie viel Vorstellungskraft und handwerkliches Geschick in seine Erschaffung eingegangen waren. Es schien, als würde es zusammen mit heißen Fontänen aus dem Fels herausbrechen. Mit Genuss erinnerte ich mich an das Bad, zu dem Alanna mich geführt hatte. Irgendwie musste es den Architekten und Erbauern des Tempels gelungen sein, sich die Heilquelle nutzbar zu machen. Ziemlich clever von ihnen – und sie hatten noch nicht einmal Fernsehen, in Japan hergestellte Teile oder Internet, um sich Hilfe und Tipps zu besorgen. Das muss man sich mal vorstellen.

Wo wir gerade von Alanna sprechen – war ich froh, sie zu sehen! Sie stand im Schatten des Eingangs, trug ein sehr schmeichelhaftes, löwenzahngelbes Flatterding und hatte die Hände sittsam vor dem Bauch gefaltet. Meine Ungeduld, endlich abzusteigen, musste irgendwie telepathisch durch meine Oberschenkel übertragen worden sein (und ich fragte mich, welche Gefühle er auf diesem Weg noch so mitbekommen hatte), denn ClanFintan drehte seinen Oberkörper herum und half mir, den Platz auf seinem Rücken zu verlassen. Ich nickte in die Menge und lächelte meinen Bewunderern zu, während ich so schnell wie möglich zu Alanna eilte. Ich spürte, dass ClanFintan und die Jungs sich umgedreht hatten und nun der Menge gegenüberstanden, um sie davon abzuhalten, mir aus lauter Bewunderung den Weg abzuschneiden. Er versicherte den Menschen, dass es mir gut ging, ich nur ein wenig erschöpft war, aber gleich am Morgen wieder herauskommen würde, um sie zu segnen … bla … bla …

Ihre gar nicht Suzanna-hafte Zurückhaltung vergessend, schlang ich meine Arme um Alanna und umarmte sie fest. „Ich bin so froh, dich zu sehen.“

„Und ich bin froh, Sie wohlauf zu finden, Mylady.“

Sie klang unterwürfig, und ich konnte die Anspannung in ihrem Körper fühlen. Ich löste meine Arme von ihr, und sie verbeugte sich tief, dann geleitete sie mich durch den Eingang. Anstatt jedoch den wunderschön angelegten Innenhof zu betreten, der vor uns lag (und der ebenfalls mit jubelndem Volk gefüllt war), drehte sie sich abrupt nach links und öffnete eine kleine, unauffällige Tür. Dahinter standen zwei der leicht bekleideten Wachen, an die ich mich so gut erinnerte.

Bevor ich Alanna weiter folgte, hielt ich an und schaute mich nach ClanFintan um.

Er folgte uns und lächelte mich an. „Mach dich ein bisschen frisch und ruh dich aus. Ich werde mir von meinen Kriegern Bericht erstatten und mich darüber unterrichten lassen, was in der Zwischenzeit passiert ist. Später komme ich dann zu dir.“ Er machte eine effektvolle kleine Pause. „In deine Gemächer.“ Seine Stimme war tief und rau geworden. Ich glaube, ich errötete. „Wenn es das ist, was Sie wünschen, Mylady“, fügte er hinzu.

Jetzt errötete ich garantiert. Unsere Blicke trafen sich, und plötzlich hatte ich Schwierigkeiten zu atmen. Ich vergaß, wie müde ich war und wie unangenehm ich inzwischen riechen musste. Alles, woran ich denken konnte, war seine warme, glatte Brust und daran, wie seine Lippen sich auf meinen anfühlten.

„Mylady?“ Alannas Stimme brach den Bann.

„Oh ja, ich komme“, erwiderte ich. Dann schaute ich noch einmal ClanFintan an. „Ja, das ist genau das, was ich wünsche.“ Sein sexy Lächeln schoss wie ein Blitz durch meinen Körper, und ich konnte nicht anders, als ihn anzugrinsen. Dann eilte ich Alanna nach, bevor ich noch etwas Dummes tun konnte, wie zum Beispiel meinen Ehemann in aller Öffentlichkeit zu beißen.

Die Wachen schlossen die geheime Tür, und ich folgte Alanna einen Korridor entlang, der mir vage bekannt vorkam.

„Nur noch um die nächste Ecke, Mylady.“

Wir bogen um diese Ecke, und ich erblickte die Tür zu meinen Gemächern. Neben ihr standen zwei weitere leckere Wachen. Ich lächelte sie an, als sie salutierten, und sagte in meiner besten Mae-West-Imitation: „Danke, Jungs“, bevor sie die Tür hinter mir schlossen.

„Oh mein Gott, ich kann es kaum erwarten, dir alles zu erzählen!“, sprudelte es aus mir heraus, während Alanna in einer Truhe meine Garderobe durchwühlte und hier ein winziges Fähnchen und dort ein durchsichtiges Nichts hervorzog.

„Ja, Mylady.“

„Es war … schrecklich“, ich atmete tief ein. „Und wundervoll.“ Ich grinste sie an und war momentan irritiert, dass sie mein Grinsen nicht erwiderte. „Egal, ich habe meinen/ihren Dad gefunden – puh, das war grausam. All diese toten Männer. So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen. Wir haben sie verbrannt. Ich hoffe, Dad hätte das so gewollt.“

„Ich bin sicher, dass seine Seele es versteht, Mylady.“

Für eine Sekunde, als sie innehielt, um mir in die Augen zu sehen, schwang in ihrer Stimme die bekannte Zärtlichkeit mit.

„Glaubst du wirklich?“ Der Augenblick war vorbei, und sie wandte sich wieder meiner Garderobe zu.

„Suchst du mir frische Sachen heraus, damit ich ein Bad nehmen kann?“ Meine Stimme klang beinahe so ungeduldig, wie ich mich fühlte.

„Ja, Mylady. Bitte folgen Sie mir in die Baderäume.“ Sie drehte sich um und rauschte zur Tür hinaus.

Baderäume! Mit Toilettenpapier! Ich schäme mich nicht zuzugeben, dass ich mich auf das Erlebnis freute. Schnell lief ich ihr nach.

Das Badezimmer zu betreten war, wie ein kleines Stück Himmel zu betreten. Es war so schön, wie ich es in Erinnerung hatte – alles golden und dunstig im Kerzenschein (ich ignorierte einfach, dass die Kerzenhalter Totenschädel waren). Als ich eintrat, sprangen einige kaum bedeckte Nymphchen auf und verbeugten sich, wobei sie leise Willkommensgrüße murmelten.

„Danke. Es ist schön, wieder zu Hause zu sein.“ Und das meinte ich auch so. Sie lächelten ein wenig scheu, aber herzlich. Ich suchte mir die etwas größere Nymphe aus, deren Schönheit ihres biegsamen Körpers mich mit einem Mal an ein Kind namens Staci erinnerte, die eine meiner absoluten Lieblingsschülerinnen gewesen war. In meiner Stimme klang die Zuneigung durch, die ich für ihr Spiegelbild in meiner alten Welt empfunden hatte, als ich sie bat: „Bitte gebt der Küche Bescheid, dass ClanFintan das Abendessen heute mit mir zusammen in meinen Räumen einnehmen wird. Und sag ihnen auch, dass ich sehr hungrig bin.“

„Natürlich, Mylady.“

Die Staci-Nymphe eilte aus dem Raum.

„Würde der Rest von euch uns bitte entschuldigen? Ich wäre gern mit Alanna allein.“

Graziös knicksend verließen auch die anderen Dienerinnen den Raum.

„Es wird so guttun, mich zu entspannen!“ Ich beobachtete, wie Alanna alles für mein Bad vorbereitete. „Während du hier beschäftigt bist, gehe ich mal …“ Ich nickte in Richtung der Toiletten.

„Sicher, Mylady.“

Nach einem Erlebnis, das ich nur als befriedigend beschreiben kann, kehrte ich zurück und fing an, mir die schmutzigen Sachen auszuziehen.

„Bäh, die sind wirklich nicht mehr schön.“ Ich setzte mich auf den Boden und streifte meine dreckigen Stiefel ab. „Hey, gibt es ein Badeöl, das so riecht wie die Sandseife in den Wäldern?“ Alanna schaute mich fragend an. „Du weißt schon, ein bisschen nach Mandel und Vanille und, na ja, Seife?“

„Ja, Mylady, ich weiß.“ Sie drehte sich um und inspizierte die kunstvoll verzierten Fläschchen, die neben dem Ganzkörperspiegel standen, roch an dieser und jener, stellte sie wieder hin, bis sie diejenige gefunden hatte, die meinen Wünschen entsprach. Sie ging mit der Flasche zum Becken und ließ den Inhalt in das warme Wasser laufen. Sanfter Duft verbreitete sich im Raum.

„Das ist es.“ Ich schnupperte anerkennend, dann riss ich meine Hose herunter und bemühte mich, möglichst elegant aus dem String zu steigen. Mit einem tiefen Seufzer der Freude ließ ich mich ins duftende Wasser gleiten. „Ahhhh – dafür gibt es keine Worte.“

„Ja, Mylady.“

Obwohl ich vor Verzückung darüber, in sauberem, warmem Wasser zu liegen, kaum geradeaus gucken konnte, drang Alannas Zurückhaltung doch zu mir durch. Ich öffnete die Augen und beobachtete sie durch den Dunstschleier, der im Raum hing. Sie war stark damit beschäftigt, Pinsel und Make-up-Fläschchen neu zu arrangieren.

„Alanna.“

Ohne ihre Arbeit zu unterbrechen, antwortete sie mit der kühlen Stimme einer Fremden: „Ja, Mylady.“

„Hör auf, mit dem Kram da herumzuspielen, und komm zu mir. Rede mit mir.“ Es hatte nicht wie ein Befehl klingen sollen, aber sie wandte sich steif um und trat an den Rand des Pools.“

„Was wünschen Sie, das ich sage, Mylady?“

„Ich will wissen, warum du dich benimmst, als wäre ich eine Fremde. Oder schlimmer noch, als wäre ich wirklich Rhiannon.“ Meine Frustration ließ mich mürrisch klingen.

„Wie Sie wissen, bin ich Ihre Dienerin, Mylady. Ich benehme mich nur, wie es meinem Platz in Ihrem Hause angemessen ist.“ Sie hatte die Augen niedergeschlagen.

„Schwachsinn.“

Sie schaute mich erstaunt an, dann senkte sie den Blick schnell wieder. Ich betrachtete ihr Gesicht. Sie sah blass und angespannt aus. Was zum Teufel war mit ihr los?

„Ich dachte, wir hätten diesen ganzen Sklavenblödsinn geklärt, bevor ich gegangen bin.“

„Wie Sie wünschen, Mylady.“

„Hör auf mit diesem ‚Wie Sie wünschen‘ und ‘Ja, Mylady’. Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich dich nicht als meine Sklavin sehen kann? Du bist meine Freundin.“

Endlich hob sie ihren Kopf, sodass unsere Blicke sich trafen. Ich konnte sehen, dass Tränen in ihren Augen schwammen.

„Suzanna ist Ihre Freundin, nicht ich.“

„Aber du bist Suzanna sehr ähnlich; und ich kann einfach nicht anders, ich möchte, dass du meine Freundin bist.“

Sie atmete tief ein. „Wären Sie auch mitten in der Nacht davongeschlichen und hätten sich in Gefahr begeben, ohne Ihrer Suzanna zu sagen, dass Sie gehen? Oder ohne sie um ihre Unterstützung und ihre Gebete zu bitten?“

Oh. Jetzt verstand ich.

„Nein, das wäre ich nicht“, erwiderte ich ruhig.

„Sie sehen also, Mylady, egal, was Ihre Worte sagen, Ihre Taten zeigen, dass wir keine wirklichen Freunde sind.“

„Oh Alanna, du hast so recht!“ Ich konnte nicht fassen, was ich da angerichtet hatte.

„Es ist besser, wenn wir einfach Sklavin und Herrin bleiben.“ Sie klang resigniert.

„Nein! Das habe ich nicht gemeint.“ Ich räusperte mich und suchte nach den richtigen Worten. „Ich meinte, du hast absolut recht, sauer auf mich zu sein.“

„Sau…“ Nun sah sie wirklich verwirrt aus.

„Oh, ich vergesse das immer. Sauer zu sein heißt, verärgert zu sein. Du hast alles Recht der Welt, böse auf mich zu sein. Was ich getan habe, war dumm.“

„Mylady! Ich könnte niemals böse auf Sie …“

Ich unterbrach sie. „Das solltest du aber. Und du bist es auch. Und du hast allen Grund, es zu sein.“ Sie schüttelte ihren Kopf, aber ich sprach einfach weiter. „Du hast recht – ich hätte es Suz erzählt. Und ich hätte es dir erzählen sollen. Was ich getan habe, war nicht richtig. Bitte, verzeih mir und gib mir noch eine Chance, deine Freundin zu werden.“

Sie schaute mich an, als wäre mir gerade ein drittes Auge gewachsen oder so, aber die Tränen drohten nicht länger, unter den Lidern hervor und über ihre Wangen zu rollen.

„Ich … ich …“ Sie rang mit sich.

„Es tut mir leid, dass ich deine Gefühle verletzt und dir Anlass gegeben habe, mir zu misstrauen.“

„Ich vergebe Ihnen.“

Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich, als sie die Worte sprach, und ein kleines Lächeln hob ihre Mundwinkel an.

„Gut! Wenn ich das nächste Mal etwas Verrücktes tue, weihe ich dich vorher ein. Dann können wir uns zusammen Sorgen machen.“

„Das würde mir gefallen.“

„Mir auch.“ Ich seufzte und ließ mich wieder ins Wasser gleiten, froh, dass wir das geklärt hatten. „Könntest du mir etwas reichen, mit dem ich mich waschen kann?“

„Sicher, Myla…“

Ich musste sie unterbrechen. „Alanna, ich kann diesen Mylady-Kram nicht ausstehen. Kannst du mich nicht irgendwie anders nennen?“

Mit einer weiteren kunstvoll verzierten Flasche in der einen und einem dicken, cremefarbenen Schwamm in der anderen Hand trat sie wieder an den Beckenrand. (Ich meine einen echten Schwamm, wie sie ihn in den teuren Spas verwenden.) Sie stellte die Flasche auf den kleinen Vorsprung, der sich um das gesamte Becken zog, kniete sich hin, nahm sich meinen Arm und fing an, mich zu waschen.

„Nimm’s nicht persönlich, liebe Freundin, aber mir wäre es lieber, wenn du dich einfach hinsetzen und dich mit mir unterhalten würdest und ich mich selber wasche.“

Sie schaute mich etwas verdutzt an, übergab mir dann aber den Schwamm und meinen Arm. „Wenn es das ist, was Sie wünschen, Mylady.“

„Ja, das wünsche ich mir.“ Es war einfach zu seltsam, von seiner Freundin gewaschen zu werden. „Also“, ich seifte mich ein und genoss das seidige Gefühl des warmen Heilwassers auf meiner Haut. „Was könntest du statt Mylady noch sagen?“

„Ich nehme an, ich könnte Sie Rhiannon nennen.“ Sie klang nicht sehr überzeugt.

„Rhiannon.“ Das gefiel mir nicht. „Das gefällt mir nicht.“

„Es heißt die Königliche.“

„Das passt“, murmelte ich vor mich hin, während ich die Sohlen meiner Füße schrubbte. „Ich wünschte, du könntest mich Shannon nennen, aber das wäre vermutlich keine gute Idee.“

„Nein.“ Sie sah besorgt aus.

„Ich weiß! Meine Freunde nennen mich auch nicht oft Shannon; meistens kürzen sie es zu Sha ab. Was wäre, wenn wir Rhiannon auch abkürzten, vielleicht zu Rhe oder Rhea?“ Puh, meine Füße sahen ja ekelhaft aus.

„Rhea?“, fragte sie zweifelnd.

„Ja. Das würde mir gefallen.“

„Nun ja, ich kann es versuchen.“