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Martin Beck saß an der steinernen Balustrade vor dem Hotel im Schatten und nahm ein spätes Frühstück ein. Es war sein dritter Tag in Budapest, und er versprach mindestens so warm und schön zu werden wie die vorangegangenen. Die Frühstückszeit neigte sich dem Ende zu; er und ein älteres Paar, das schweigend ein paar Tische entfernt saß, waren die einzigen Gäste. Auf der Straße und am Kai waren ziemlich viele Leute unterwegs, meist Mütter mit Kindern und niedrigen, stromlinienförmigen Kinderwagen, die wie kleine weiße Panzer aussahen.

Den großen Dunkelhaarigen mit dem Holzstöckchen sah er nirgends, was aber nicht heißen musste, dass er nicht mehr überwacht wurde. Die Polizei verfügte mit Sicherheit über genügend Personal für Ablösungen.

Ein Kellner kam und räumte seinen Tisch ab.

»Frühstück nicht gut?«

Er blickte betrübt auf den unangetasteten Salamiteller. Martin Beck versicherte, das Frühstück sei sehr gut gewesen. Als der Kellner verschwunden war, holte er eine Ansichtskarte hervor, die er am Hotelkiosk gekauft hatte. Darauf war ein Raddampfer zu sehen, der die Donau aufwärtsfuhr, und im Hintergrund eine der Brücken. Die Verkäuferin hatte ihm die Karte frankiert, und er überlegte eine Weile, an wen er sie schicken sollte. Schließlich adressierte er sie an Gunnar Ahlberg, Polizeipräsidium, Motala, schrieb einen Gruß und steckte sie wieder in die Tasche.

Er hatte Ahlberg im Sommer vor zwei Jahren kennengelernt, als man im Götakanal eine tote Frau gefunden hatte. Sie waren während der halbjährigen Ermittlung gute Freunde geworden und seitdem in lockerem Kontakt geblieben. Damals waren ihm die Ermittlungen und die Suche nach dem Mörder zu einer persönlichen Angelegenheit geworden. Es war nicht nur der Polizist in ihm, der dafür gesorgt hatte, dass er monatelang an nichts anderes mehr denken konnte als an diesen Fall.

Jetzt saß er hier in Budapest mit einem Auftrag, für den er nur mit größter Mühe Interesse aufbringen konnte. Martin Beck kam sich lächerlich nutzlos vor, wie er so dasaß. Er hatte noch einige Stunden Zeit bis zu seiner Verabredung mit Szluka, und das einzig Konstruktive, was ihm zu tun einfiel, war, die Karte an Ahlberg einzuwerfen. Es ärgerte ihn, dass er, bevor Szluka ihn danach gefragt hatte, nicht selbst auf den Gedanken gekommen war, zu überprüfen, ob Matsson seine Rückreise schon gebucht hatte. Er holte den Stadtplan hervor und fand an einem Platz in der Nähe des Hotels eine Filiale der Fluggesellschaft. Dann stand er auf, durchquerte das Restaurant und das Foyer, warf die Karte in den roten Briefkasten vor dem Hoteleingang und machte sich auf den Weg in die Innenstadt. Der Platz, an dem sich Geschäfte und Reisebüros befanden, war groß und sehr belebt. An den Tischchen eines Straßencafes saßen bereits viele Leute und tranken Kaffee. Vor dem Cafe entdeckte er eine Treppe, die unter die Erde führte. »Földalatti« stand auf einem Schild, und er nahm an, dass es Toilette bedeutete. Ihm war warm, und er fühlte sich verschwitzt, deshalb beschloss er, hinunterzugehen und sich frischzumachen, bevor er die Fluggesellschaft aufsuchte. Er überquerte die Straße und folgte ein paar Herren mit Aktentaschen in den Untergrund. Er gelangte in einen der kleinsten U-Bahnhöfe, die er je gesehen hatte. Auf dem Bahnsteig stand ein mit Glasscheiben versehener, grün und weiß gestrichener kleiner Kiosk aus Holz, dessen Dach von dekorativen gusseisernen Säulen getragen wurde.

Die Bahn, die bereits wartete, sah eher wie ein Liliputzug in einem Vergnügungspark aus als ein echtes Beförderungsmittel. Er erinnerte sich, dass dies die Zweitälteste U-Bahn Europas war.

Er bezahlte und erhielt an dem Kiosk einen Fahrschein. Dann stieg er in einen kleinen lackierten Holzwaggon, möglicherweise sogar denselben, in dem Kaiser Franz Joseph gefahren war, als er die Bahn 1896 einweihte.

Es dauerte noch eine Weile, bis die Türen zugingen, und als der Zug abfuhr, war der Wagen voll besetzt.

Auf dem Platz in der Mitte des Waggons standen drei Männer und eine Frau. Sie waren taubstumm und führten ein lebhaftes Gespräch in Gebärdensprache. Als die Bahn zum dritten Mal hielt, stiegen sie aus, nach wie vor eifrig gestikulierend. Bevor der Platz sich erneut füllte, sah Martin Beck flüchtig einen halb von ihm abgewandten Mann am anderen Ende des Wagens. Der Mann war dunkelhaarig und braun gebrannt, und Martin Beck erkannte ihn sofort. Statt des grauen Anzugs trug er nun ein grünes Hemd mit offenem Kragen. Vermutlich war von dem Stöckchen, an dem er bisher geschnitzt hatte, nichts mehr übrig.

Plötzlich tauchte die Bahn aus dem Tunnel ans Tageslicht auf und verlangsamte die Fahrt. Sie fuhr in einen grünen Park mit einem großen, in der Sonne funkelnden Teich. Dann hielt sie, und der Wagen leerte sich. Hier war offensichtlich Endstation.

Martin Beck stieg als Letzter aus dem Wagen und hielt nach dem Dunkelhaarigen Ausschau. Der Mann war nirgends zu sehen.

Ein breiter Weg führte in den Park, der kühl und einladend aussah, doch Martin Beck verzichtete auf weitere Ausflüge. Er studierte den Fahrplan auf dem Bahnsteig und kam zu dem Ergebnis, dass es zwischen dem Platz, wo er eingestiegen war, und diesem Park nur diese U-Bahn-Linie gab und dass der Zug in einer Viertelstunde zurückfahren würde. Es war halb zwölf, als er das Büro der Malev betrat. Die fünf jungen Frauen hinter dem Schalter waren mit Kunden beschäftigt. Martin Beck setzte sich an das Fenster zur Straße und wartete.

Er hatte den Mann mit dem dunklen, gewellten Haar auf der Rückfahrt nirgends entdecken können, vermutete aber, dass er sich weiterhin in seiner Nähe befand. Er fragte sich, ob man ihn auch beschatten würde, wenn er sich mit Szluka traf. Am Schalter wurde einer der Besucherstühle frei, und Martin Beck ging hin und setzte sich. Die junge Frau hinter dem Schalter hatte ihr dunkles Haar zu einer kunstvollen Lockenfrisur hochgesteckt. Sie wirkte resolut und rauchte eine Zigarette mit knallrotem Filtermundstück.

Martin Beck trug sein Anliegen vor. Hatte ein schwedischer Journalist namens Alf Matsson nach dem 23. Juli irgendeinen Flug gebucht, nach Stockholm oder woandershin? Die junge Frau bot ihm eine Zigarette an und begann, in ihren Unterlagen zu blättern. Nach einer Weile griff sie zum Telefonhörer, sprach mit jemandem, schüttelte den Kopf, ging weg und unterhielt sich mit einer ihrer Kolleginnen. Bis alle fünf ihre Listen durchgeblättert hatten, war es nach zwölf, und die junge Frau mit der Lockenfrisur teilte ihm mit, dass kein Alf Matsson einen Flug ab Budapest gebucht habe. Martin Beck beschloss, das Mittagessen ausfallen zu lassen, und ging auf sein Zimmer.

Er öffnete das Fenster und schaute hinunter zu den Mittagsgästen auf der Terrasse. Es war kein großer Mann in grünem Hemd zu sehen.

An einem der Tische saßen sechs Männer in den Dreißigern und tranken Bier. Ihm schoss ein Gedanke durch den Kopf, und er ging zum Telefon und bestellte ein Gespräch nach Stockholm. Dann legte er sich aufs Bett und wartete. Nach einer Viertelstunde klingelte das Telefon, und er hörte Kollbergs Stimme: »Hallo! Wie geht's, wie steht's?«

»Schlecht.«

»Hast du die Puppe gefunden? Diese Bökk?«

»Ja, aber das war nichts. Sie wusste nicht mal, wer er ist. Ein blonder Muskelprotz stand dabei und fummelte an ihr rum.«

»Dann hat Matsson bestimmt nur geprahlt. Nach dem, was seine sogenannten Kumpels sagen, soll er ja ein gewaltiger Angeber sein.«

»Hast du viel zu tun?«

»Nicht die Bohne. Ich kann weiter herumschnüffeln, wenn du willst.«

»Du könntest mir einen Gefallen tun. Finde heraus, wie diese Typen im Tennstopet heißen und was für Leute das sind.«

»Okay. Noch was?«

»Sei vorsichtig! Vergiss nicht, dass sie wahrscheinlich alle Journalisten sind. Bis später. Ich gehe jetzt mit Szluka baden.«

»Komischer Name für eine Puppe! Du, Martin, hast du überprüft, ob er die Rückreise schon gebucht hat?«

»Bis dann«, sagte Martin Beck und legte auf.

Er kramte seine Badehose aus der Tasche, rollte sie in eines der Hotelhandtücher ein und ging zum Schiffsanleger hinunter. Das Schiff hieß Obuda und gehörte zu der ungemütlichen Sorte mit überbautem Deck. Aber er war spät dran, und das Schiff hatte den Vorteil, dass es schneller war als die kohlebefeuerten Dampfer.

Auf der Margareteninsel ging er unterhalb eines großen Hotels an Land.

Dann folgte er der Straße ins Innere der Insel. Er ging eilig unter großen, Schatten spendenden Bäumen an einem saftigen grünen Rasen entlang und an einem Tennisplatz vorbei, und schon war er am Ziel.

Szluka wartete mit einer Aktentasche in der Hand vor dem Eingang. Er war genauso gekleidet wie am Tag zuvor. »Tut mir leid, dass Sie warten mussten«, sagte Martin Beck. »Ich bin auch eben erst gekommen«, erwiderte Szluka. Sie bezahlten und gingen in den Umkleidebereich. Ein alter kahlköpfiger Mann in weißem Unterhemd begrüßte Szluka und schloss zwei Schränke auf. Szluka holte eine schwarze Badehose aus seiner Aktentasche, zog sich rasch aus und hängte seine Sachen ordentlich auf einen Bügel. Obwohl Martin Beck viel weniger auszuziehen hatte, stiegen sie zur gleichen Zeit in ihre Badehosen.

Szluka nahm seine Aktentasche und verließ den Umkleidebereich als Erster. Martin Beck folgte ihm mit dem aufgerollten Handtuch in der Hand.

Das Bad war voller braungebrannter Menschen. Direkt vor dem Umkleidebereich war ein rundes Becken, aus dem hohe Fontänen in die Luft aufstiegen. Kinder sprangen kreischend unter die Kaskaden und wieder heraus. Neben dem Fontänenbecken befand sich auf der einen Seite ein kleineres Bassin, an dessen Schmalseite Treppen ins Wasser führten. Auf der anderen Seite war ein großes Becken mit klarem grünem Wasser, das zur Mitte hin dunkler wurde. Dieses Becken war voller schwimmender und planschender Menschen jeden Alters. Der Bereich zwischen den Becken und den Rasenflächen war mit Steinplatten gepflastert.

Martin Beck folgte Szluka, der am Rand des großen Beckens entlangging.

Vor ihnen war in einiger Entfernung eine halbkreisförmige Arkade zu sehen. Szluka steuerte offensichtlich darauf zu.

Eine Lautsprecherstimme gab irgendetwas bekannt, und die Menschentraube rannte zu dem kleinen Becken mit der Treppe. Martin Beck wurde fast umgerannt und folgte dem Beispiel Szlukas, der zur Seite trat, bis der Ansturm vorüber war. Fragend blickte er Szluka an, der sagte: »Wellenbad.«

Martin Beck sah, wie sich das kleine Becken rasch mit Menschen füllte, die schließlich dicht gedrängt wie die Heringe standen. Ein paar gewaltige Pumpen ließen das Wasser nun gegen die hohen Beckenränder schwappen, und begeistert johlend schaukelte der Menschenschwarm auf den hohen Wellen.

»Möchten Sie vielleicht auch dort mitschaukeln?«, fragte Szluka.

Martin Beck sah ihn an. Der andere war völlig ernst. »Nein danke«, antwortete Martin Beck.

»Ich bade immer gern in der Schwefelquelle«, sagte Szluka. »Das ist sehr entspannend.«

Die Quelle ergoss sich von einem Steinhügel in der Mitte eines ovalen, kniehoch mit Wasser gefüllten Bassins, dessen hinterer Teil im Schatten der Arkade lag. Es war wie ein Labyrinth angelegt: Mauern ragten ein paar Handbreit aus dem Boden auf und bildeten die Rückenlehnen von muldenförmigen Sesseln, in denen einem das Wasser bis zum Kinn reichte.

Szluka stieg in das Becken und watete durch die Reihen der Sitzbadenden. Er hatte immer noch seine Aktentasche in der Hand.

Martin Beck fragte sich, ob er vielleicht so daran gewöhnt war, sie bei sich zu tragen, dass er vergessen hatte, sie abzulegen, sagte aber nichts, sondern stieg ebenfalls ins Becken und hielt sich dicht hinter Szluka.

Das Wasser war sehr warm, und die Dämpfe rochen nach Schwefel.

Szluka watete in den Säulengang, legte seine Aktentasche auf dem Rand der Mauer ab und ließ sich im Wasser nieder. Martin Beck setzte sich neben ihn. Er saß sehr bequem in dem geräumigen Steinsessel, der einige Handbreit unter der Wasseroberfläche breite Armlehnen hatte. Szluka lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. Martin Beck schwieg und betrachtete die Badenden. Schräg gegenüber saß ein kleiner, ziemlich bleicher magerer Mann, der eine fette Blondine auf den Knien schaukelte. Sie sahen beide ernst und geistesabwesend einem kleinen Mädchen zu, das mit einem Gummireifen um den Bauch vor ihnen herumplanschte.

Ein blasser sommersprossiger Junge in einer weißen Badehose watete langsam vorüber. Er hatte die große Zehe eines kräftigen jungen Mannes gepackt und zog ihn hinter sich her. Der Gezogene lag auf dem Rücken, hatte die Hände auf dem Bauch gefaltet und starrte in den Himmel.

Am Beckenrand stand ein großer braungebrannter Mann mit gewelltem dunklem Haar. Seine Badehose war hellblau, hatte weite, flatternde Beine und sah eher wie eine Unterhose aus. Martin Beck ahnte, dass es auch eine war. Er hätte ihm vielleicht signalisieren sollen, dass er beabsichtigte, baden zu gehen, dann hätte der Mann noch schnell seine Badehose holen können.

Plötzlich sagte Szluka, ohne die Augen zu öffnen: »Der Schlüssel lag auf der Treppe des Polizeipräsidiums. Ein Polizist hat ihn dort gefunden.«

Martin Beck sah Szluka, der völlig entspannt neben ihm lag, erstaunt an.

Die Haare auf Szlukas sonnengebräunter Brust wogten wie weißes Seegras sanft in dem grün schimmernden Wasser.

»Wie ist er dorthin gekommen?«

Szluka drehte den Kopf und sah ihn unter halbgeschlossenen Lidern an.

»Sie werden es mir natürlich nicht glauben, aber Tatsache ist, dass ich es nicht weiß.«

Aus dem Wellenbecken ertönte unisono ein langer Ausruf der Enttäuschung. Der Spaß war für dieses Mal zu Ende, und das große Schwimmbecken füllte sich wieder mit Leuten. »Gestern wollten Sie nicht sagen, woher Sie den Schlüssel hatten. Warum erzählen Sie es mir jetzt?«, fragte Martin Beck. »Weil Sie das meiste falsch aufzufassen scheinen, und da dies eine Information ist, die Sie sich auch anderweitig beschaffen könnten, hielt ich es für besser, es Ihnen selbst zu sagen.«

Nach einer Weile fragte Martin Beck: »Warum lassen Sie mich beschatten?«

»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte Szluka. »Was gab es zum Mittagessen?«

»Fischsuppe und Karpfen«, antwortete Szluka.

»Und Apfelstrudel?«

»Nein, Walderdbeeren mit Schlagsahne und Puderzucker. Wunderbar.«

Martin Beck schaute sich um. Der Mann in der Unterhose war weg.

»Wann hat man den Schlüssel gefunden?«, fragte er.

»Am Tag bevor er im Hotel abgegeben wurde. Am Nachmittag des 23. Juli.«

»Das heißt also am selben Tag, an dem Alf Matsson verschwunden ist.«

Szluka setzte sich auf und sah Martin Beck an. Dann drehte er sich um, öffnete seine Aktentasche, holte ein Handtuch heraus und trocknete sich die Hände ab. Er zog eine Akte aus der Tasche und blätterte darin.

»Um ehrlich zu sein, haben wir ein paar Nachforschungen angestellt«, sagte er. »Obwohl uns kein offizielles Ermittlungsansuchen vorliegt.«

Er entnahm der Akte ein Blatt und fuhr fort:

»Sie scheinen diese Angelegenheit ernster zu nehmen, als es die Umstände nahelegen. Ist er eine wichtige Person, dieser Alf Matsson?«

»Insofern, als er auf unerklärliche Weise verschwunden ist - ja. Unseres Erachtens genügt das, um eine Aufklärung dessen, was ihm passiert ist, für wichtig zu halten.«

»Was spricht denn dafür, dass ihm etwas passiert ist?«

»Nichts. Nur die Tatsache, dass er verschwunden ist.« Szluka schaute auf sein Papier.

»Laut Pass- und Zollkontrolle ist nach dem 22. Juli kein schwedischer Staatsbürger namens Alf Matsson aus Ungarn ausgereist. Im Übrigen hat er seinen Pass im Hotel abgegeben, und ohne den kann er das Land kaum verlassen haben. Keine Person, auf die Matssons Beschreibung passt, wurde in der betreffenden Zeit in ein Krankenhaus oder Leichenschauhaus eingeliefert. Ohne seinen Pass kann Matsson auch in keinem anderen inländischen Hotel abgestiegen sein. Alles deutet folglich daraufhin, dass Ihr Landsmann es aus irgendeinem Grund vorzieht, noch eine Weile in Ungarn zu bleiben.«

Szluka schaute aufsein Papier. Dann legte er das Blatt wieder in die Aktentasche zurück und schloss sie.

»Der Mann ist schließlich schon mal hier gewesen. Er hat vielleicht Freunde gefunden, bei denen er wohnt«, fuhr er fort und setzte sich bequem zurecht.

»Es gibt trotzdem keinen plausiblen Grund, warum er sein Hotel verlassen und sich seitdem nirgends mehr gemeldet hat«, meinte Martin Beck nach einer Weile.

Szluka stand auf und griff nach seiner Aktentasche.

»Wie gesagt, solange er eine gültige Aufenthaltserlaubnis besitzt, kann ich in dieser Sache weiter nichts unternehmen«, erklärte er.

Martin Beck erhob sich ebenfalls.

»Bleiben Sie ruhig sitzen«, sagte Szluka. »Ich muss leider gehen. Aber wir werden uns sicherlich nochmal begegnen. Auf Wiedersehen.«

Sie gaben sich die Hand, und Martin Beck schaute Szluka nach, wie er mit seiner Aktentasche davonwatete. Man sah ihm nicht an, dass er zum Frühstück immer vier Scheiben Speck aß. Als Szluka fort war, ging Martin Beck zu dem großen Becken. Das warme Wasser und die Schwefeldämpfe hatten ihn schläfrig gemacht, deshalb schwamm er eine Weile in dem klaren, erfrischenden Wasser, bevor er sich am Beckenrand in die Sonne stellte und sich von ihr trocknen ließ. Dabei beobachtete er zwei todernste Männer, die im seichten Teil des Beckens standen und sich einen roten Ball zuspielten. Dann ging er sich anziehen. Er war ratlos und verwirrt. Das Treffen mit Szluka hatte ihn nicht klüger gemacht.