5. KAPITEL
»Wir sind zu Hause.«
Evelinde öffnete die Augen und schaute zu ihrem Gemahl auf. Dann setzte sie sich in seinem Schoß ein wenig aufrechter hin und folgte seinem Blick zu der düsteren Burganlage, die vor ihnen in der Dunkelheit aufragte. Sofort stieg Beklemmung in ihr auf.
Donnachaidh Castle, so beschied Evelinde, als Cullen sein Pferd den Hügel hinauf auf das Burgtor zu lenkte, war wahrlich eine finstere, trostlose Festung, derzeit in den dunklen Mantel der Nacht gehüllt. Evelinde lehnte sich gegen Cullens Brust und rieb sich das Gesicht, um die Müdigkeit zu vertreiben. Während der dreitägigen Reise war sie immer wieder eingeschlafen. Nicht wegen Mildredes Elixier, sondern weil der Ritt lang und ereignislos und scheinbar endlos gewesen war. Zum ersten Mal aufgewacht war sie am Morgen, nachdem sie d’Aumesbery verlassen hatten. Sie war aus dem Schlaf hochgefahren und hatte festgestellt, dass die Wirkung des Elixiers so gut wie abgeklungen war. Dies stellte Evelinde nicht ohne Erleichterung fest, denn was sie geweckt hatte, war der starke Drang, einem natürlichen Bedürfnis nachzukommen. Wäre es nicht beschämend gewesen, wenn sie noch immer keine Kraft in ihren Gliedern gehabt hätte?
Cullen hatte nur eben lange genug gehalten, damit Evelinde sich erleichtern konnte, und sie dann eilig wieder zu seinem Pferd geführt. Er hatte sie in den Sattel gehoben, war hinter ihr aufgestiegen, und schon waren sie wieder auf dem Weg gewesen. Kurz darauf hatte Cullen einen Apfel, etwas Käse und Brot aus einem Beutel geholt, der am Sattel hing, und Evelinde angeboten. Da ging ihr auf, dass sie nur anhalten würden, wenn jemand austreten musste.
Sie waren den ganzen Tag lang geritten, und zwar so schnell, dass kein Gespräch möglich war, sofern man es nicht riskieren wollte, sich die Zunge abzubeißen. Sie hatten nicht einmal gehalten, um die Nacht über zu rasten; sie waren lediglich langsamer geworden, um die Pferde zu schonen.
Evelinde hätte gerne gefragt, warum sie es so eilig hatten. Zudem hätte sie gerne erfahren, wo der Rest der Männer war. Als sie d’Aumesbery verlassen hatten, war es ihr nicht aufgefallen, aber sobald sie in der Lage gewesen war, den Kopf zu heben und sich umzusehen, hatte sie festgestellt, dass ihre Gruppe lediglich aus ihr selbst, Cullen und einem Krieger namens Fergus bestand. Die übrigen vier Männer waren nicht bei ihnen. Aber Evelinde hatte befürchtet, dass die erste Frage, die ihr entschlüpfen würde, unweigerlich die wäre, wie Cullen sie einfach ohne ihre Magd, ihre Stute und ihre Habseligkeiten von d’Aumesbery hatte wegbringen können – und da sie nicht wollte, dass ihre Ehe mit einem Streit begann, hatte sie den Mund gar nicht erst aufgemacht, sondern war so schweigsam wie ihr Gemahl geblieben.
Evelinde sah sich neugierig um, als sie in den Burghof ihres neuen Zuhauses einritten. Aufgrund der späten Stunde war alles weitgehend ruhig und kaum etwas zu sehen, da alles in Dunkelheit getaucht war. Evelinde konnte lediglich Schemen und Schatten ausmachen.
Sie gab den Versuch auf, ihre neue Heimstatt bei diesen Lichtverhältnissen in Augenschein zu nehmen, lehnte sich stattdessen mit einem leisen Seufzer gegen ihren Gemahl und wartete ungeduldig darauf, endlich absteigen zu können. Nie hatte Evelinde einen sehnlicheren Wunsch verspürt als den, schnellstmöglich aus dem Sattel zu kommen. Sie hatte d’Aumesbery zuvor noch nie verlassen und daher nicht gewusst, wie unbequem, ermüdend und schlichtweg öde so eine lange Reise sein konnte, und sie hoffte inständig, dass sie nie wieder in ihrem Leben würde reisen müssen.
Am Fuße der Treppe, die zum Wohnturm hinaufführte, hielt Cullen sein Pferd. Er glitt aus dem Sattel und ergriff Evelinde, um sie hinunterzuheben, bevor sie ihm von allein folgen konnte. Als ihre Füße den Boden berührten, umfasste Evelinde unsicher Cullens Hände, bis ihre Beine sie wieder trugen. Bei den wenigen Gelegenheiten, da sie ihre Beine während der Reise hatte strecken können, waren diese zunächst immer schwach gewesen, hatten geschmerzt und gedroht, unter ihr einzuknicken. Doch stets hatte die Schwäche rasch nachgelassen, und so war es auch dieses Mal.
Bislang hatte Cullen ihr immer Zeit gelassen, sich so weit zu erholen, dass sie selbst gehen konnte, aber dieses Mal hob er sie einfach hoch und trug sie die Stufen hinauf zum Wohnturm.
Evelinde blickte über die Schulter zurück und sah, dass Fergus Cullens Pferd zum Stall führte. Sie nahm an, dass der Stallmeister von Donnachaidh sich bereits schlafen gelegt hatte.
In der großen Halle, die sie betraten, war es dunkel und still, allerdings alles andere als leer. Im spärlichen Licht des Herdfeuers erkannte Evelinde, dass jeder Fußbreit des Bodens mit schlafenden Menschen bedeckt zu sein schien. Männer und Frauen, Alte und Junge lagen dicht an dicht in den Binsen und ließen nur zwei schmale Pfade, die vom Portal einmal zur Treppe und einmal zu einer kleineren Tür führten, hinter der Evelinde die Küche vermutete.
Sie klammerte sich unsicher an Cullens Schultern fest, als dieser sie zur Treppe trug, in die Dunkelheit hinaufstieg und das schwache Leuchten des ersterbenden Feuers hinter sich ließ. Ihr Gemahl brauchte jedoch offenbar kein Licht. Seine Schritte waren sicher, als er sie durch eine weitere Halle im nächsten Stockwerk trug. Evelinde blinzelte in die Dunkelheit, die sie umfing.
»Öffnet die Tür.«
Evelinde griff blind in die Dunkelheit und spürte eine Holzfläche, bei der es sich, wie sie annahm, um die Tür handelte. Sie fand den Riegel, drückte die Tür vorsichtig auf, und Cullen trug sie hindurch. Er setzte sie auf etwas Weichem ab, das sie für ein Bett hielt, und entfernte sich dann von ihr. Sie wusste nicht genau, wohin er verschwunden war, bis sie hörte, wie sich die Tür mit einem leisen Geräusch schloss.
Evelinde hörte durch das Dunkel, wie er zurückkehrte und durch die Kammer zur anderen Bettseite ging. Etwas fiel leise zu Boden, dann war ein metallisches Klirren zu hören, als der Laird Schwert und Gürtel ablegte. Sie fühlte einen leichten Luftzug, gefolgt von einem Rascheln, woraus Evelinde schloss, dass er seinen Plaid in die Binsenstreu auf dem Boden hatte fallen lassen. Dann spürte sie, wie das Bett eingedrückt wurde, als Cullen auf der anderen Seite hineinstieg.
»Schlaft.«
Auf den leisen Befehl folgte Stille. Evelinde saß einfach da, wo er sie abgesetzt hatte. Während der Reise hatte sie viel Zeit damit verbracht, sich den Kopf über ihre Ankunft in ihrem neuen Zuhause zu zerbrechen. Sie hatte sich besorgt gefragt, was die Menschen, mit denen sie von nun an leben würde, von ihr halten mochten und ob diese sie akzeptieren würden. Die Aussicht, dass sie nach drei Tagen und Nächten im Sattel alles andere als makellos aussehen würde, hatte sie verstimmt, weil sie glaubte, dass der erste Eindruck wichtig sei. Auch beunruhigte sie die Frage, was ihr Gemahl wohl von ihr erwartete, denn sie fürchtete, dass er die Ehe gleich in der ersten Nacht ihrer Ankunft würde besiegeln wollen.
Scheinbar waren all ihre Sorgen vergebens gewesen. Die Menschen auf der Burg hatten allesamt geschlafen, als sie angekommen waren, und Evelindes Gemahl machte keinerlei Anstalten, sich seiner frisch angetrauten Braut zu nähern. Stattdessen schnarchte er bereits an ihrer Seite.
Evelinde schüttelte mit einem leisen Seufzer den Kopf und ließ sich, vollständig bekleidet, wie sie war, auf das Bett zurücksinken, auf dem Cullen sie abgesetzt hatte. Sie hätte sich wirklich denken können, dass ihm nach ihrer Ankunft auf der Burg an nichts anderem als schlafen gelegen sein würde. Obwohl sie im Sattel durchgeschüttelt worden war, hatte Evelinde in den vergangenen drei Tagen recht viel geschlafen, Cullen und Fergus dagegen gar nicht. Nachts waren die Männer zwar ein wenig langsamer geritten, aber beide waren zwei Nächte und drei Tage lang wach geblieben. Eigentlich wunderte es Evelinde, dass ihr Gemahl überhaupt noch die Kraft besessen hatte, sie die Treppe hinauf bis in die Kammer zu tragen, die sein Schlafgemach sein musste.
Sie nahm an, dass sie wohl noch einen ganzen weiteren Tag damit würde zubringen können, sich Gedanken über den bevorstehenden Vollzug der Ehe zu machen. Den Menschen dieser Burg, die ihr von nun an unterstehen würden, würde sie sich allerdings schon unmittelbar nach dem Aufwachen gegenübersehen, dachte Evelinde. Dann schloss sie die Augen und ließ sich, das leise Schnarchen ihres Gemahls im Ohr, in den Schlaf gleiten.
»Was tust du da, Mogg! Schwatz nicht so viel – du wirst noch den verflixten Zuber fallen lassen, wenn du nicht aufpasst, wo du hintrittst. Hör also auf, das Mädchen anzustarren, und gib Acht!«
Dieser Ausruf ließ Evelinde die Augen aufschlagen. Abrupt setzte sie sich auf und starrte verwirrt auf die Frauenschar, die zwischen dem Fußende des Betts und dem Kamin an der gegenüberliegenden Wand durcheinanderlief. Zunächst wusste sie nicht, wo sie war. Dies ist nicht mein Gemach auf d’Aumesbery, war das Einzige, das durch ihren armen, schlaftrunkenen Kopf schoss. Sie verlagerte ihr Gewicht und stöhnte, als ein jäher Schmerz in ihren Hüften aufflammte. Da erst kehrten die Erinnerungen an die Ereignisse der vergangenen Tage zurück.
Sie war auf Donnachaidh Castle, rief Evelinde sich ins Gedächtnis, vermutlich im Gemach ihres Gemahls. Und nun auch ihres, wie sie annahm. Neugierig sah sie sich um. Der Raum war doppelt so groß wie ihre Kammer auf d’Aumesbery. Auch das Bett, in dem sie lag, war zweimal so groß wie das, in dem sie bislang geschlafen hatte. An beiden Seiten des Betts befand sich je ein einfach gefertigter Holztisch. Auf dem Tisch auf der anderen Bettseite stand eine Kerze, die nicht brannte, und auf dem Tisch auf Evelindes Seite ein Becher, dessen Inhalt wie Met aussah.
Sie warf einen neugierigen Blick darauf und wandte ihre Aufmerksamkeit dann der übrigen Kammer zu. Zwischen dem Fußende des Betts und der gegenüberliegenden Wand gab es viel Raum, an dem sich ein paar Stühle und vielleicht ein kleiner Tisch gut gemacht hätten – ein Ort, wo Herr und Herrin, Cullen und sie, es sich abends gemütlich machen konnten. Derzeit stand dort allerdings nichts außer einem Badezuber, und mehrere Dienerinnen hasteten umher und gossen eimerweise heißes Wasser in den Bottich.
»Sie ist wach«, verkündete eine der Frauen und bedachte Evelinde mit einem breiten Lächeln.
Evelinde lächelte unweigerlich zurück und blickte dann zu der gedrungenen kleinen Frau hinüber, die sich zu ihr umgewandt hatte, sich aus der Gruppe löste und an Evelindes Seite eilte.
»Oh, Ihr seid wach«, begrüßte die Frau sie lächelnd, griff nach dem Becher mit dem, wie Evelinde annahm, Met und reichte ihr diesen. »Ich habe Euch Honigmet mitgebracht, und wir richten Euch gerade ein Bad. Cullen sagte, Ihr würdet bestimmt baden wollen.«
Evelinde starrte die Frau einen Moment lang verständnislos an. Sie sprach mit einem stark rollenden schottischen Akzent, und Evelinde brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, was sie gesagt hatte. Zwar sprach auch ihr Gemahl mit einer starken schottischen Einfärbung, doch da er überhaupt nur wenig redete, hatte Evelinde keine Schwierigkeiten, ihn zu verstehen. Diese Frau jedoch hatte so schnell gesprochen, dass es ein Weilchen dauerte, bis Evelindes Verstand die Bedeutung des Gesagten erfasste. Als sie schließlich glaubte, alles begriffen zu haben, nahm Evelinde den ihr dargebotenen Trank entgegen. »Danke«, murmelte sie und suchte unsicher nach einer passenden Anrede für die Unbekannte.
»Ich bin Elizabeth Duncan, aber Ihr könnt mich Biddy nennen. Das tut jeder«, antwortete die Frau auf die unausgesprochene Frage. Sie verschränkte die Hände vor dem Rock und strahlte Evelinde erwartungsvoll an. »Mairghread macht den feinsten Honigmet von ganz Schottland. Ich bin sicher, Ihr werdet zu demselben Schluss kommen.«
Nachdem Evelinde die Worte erfasst hatte, hob sie den Becher an die Lippen. Dann ließ sie ihren Blick zu den umhereilenden Frauen am Fußende des Betts wandern. Scheinbar hatten diese den Zuber befüllt, und nun starrten sie Evelinde mit unverhohlener Neugier an, wobei sie wie ein Wurf scheuer Welpen vorsichtig näher drängten.
Evelinde setzte den Becher ab und lächelte ihnen zu, selbst ein wenig verschüchtert. »Es stimmt, Biddy. Das ist in der Tat ein hervorragender Met«, sagte sie dann.
Biddy strahlte sie freudig an. Als eine der Dienerinnen gegen einen leeren Eimer stieß und dieser in den Binsen umkippte, blickte sie zu der Schar hinüber. »Nun, worauf wartet ihr? Wenn ihr fertig seid, dann fort mit euch. Ihr habt noch genug zu tun«, wies Biddy die Mägde an, jedoch in einem Ton, der ihren Worten jede Härte nahm. Sie klang eher ungeduldig als verärgert und sah den Mädchen nach, bis diese durch die Tür verschwunden waren, ehe sie sich erneut Evelinde zuwandte. »Sie sind allesamt gute Seelen, aber man muss sie mit fester Hand führen, sonst bleibt alles liegen.«
Evelinde nickte nur, noch immer etwas schüchtern.
»Ich werde Euch nun in Ruhe baden lassen, und ich … Oh!« Biddy war bereits auf dem Weg zur Tür, während sie sprach, stockte dann aber, blickte zu Evelinde zurück und verzog die Lippen. »Jetzt habe ich sie alle fortgeschickt, und dabei braucht Ihr doch Hilfe beim Auskleiden.« Sie zögerte, ließ ihren Blick zur Tür und zurück wandern, schnalzte ärgerlich mit der Zunge und kehrte zum Bett zurück. »Ich schätze, das werde ich dann wohl tun müssen.«
»Oh nein, es ist schon in Ordnung …«, setzte Evelinde an, brach aber abrupt ab, als sie die Beine über die Bettkante schwang und schon diese kleine Bewegung eine Welle des Schmerzes von der Hüfte bis hinab zum Knie schickte. Sie seufzte, schaffte es aber zu lächeln und nickte. »Aye, ich wäre für Hilfe dankbar, wenn es keine Umstände macht.«
»Ganz und gar nicht«, versicherte ihr die Frau mit besorgtem Blick. »Es ist eine lange Reise gewesen, und Cullen sagte, dass er ohne Pause geritten sei. Sicherlich bekommt Ihr dies nun zu spüren. Braucht Ihr Hilfe beim Aufstehen?«
»Nein, ich denke, das kann ich …« Evelinde verstummte, als sie auf die Füße kam. Der Schmerz, der sie dabei durchzuckte, ließ sie scharf die Luft einziehen, doch ihre Beine hielten ohne zu zittern stand – zum ersten Mal seit, wie es Evelinde vorkam, unzähligen Tagen. Sie sagte sich, dass dies ein gutes Zeichen sei. Plötzlich erfüllt von der Hoffnung, dass ihre Blessuren rasch heilen würden, da sie nun nicht mehr stundenlang auf dem Pferderücken ausharren musste, atmete Evelinde langsam auf. Dankbar lächelte sie Biddy zu, als diese sich daranmachte, ihr beim Entkleiden zu helfen.
»Großer Gott im Himmel, Mädchen!«, flüsterte Biddy, als Gewand und Unterkleid abgestreift waren. Sie umrundete Evelinde langsam und begutachtete die Prellungen. Diese leuchteten unschön in Purpurrot, Blau und Schwarz. Evelinde hoffte, dies bedeute, dass sie abheilten, doch derzeit sahen sie einfach nur hässlich aus.
»Wie habt Ihr Euch das bloß eingehandelt?«, fragte die Frau kopfschüttelnd.
»Cullen war es nicht«, sagte Evelinde sofort, weil bislang jeder ebendies geglaubt hatte. »Ich bin im Fluss gestürzt.«
»Natürlich war es nicht Cullen«, sagte Biddy und lachte auf, als erschiene ihr allein schon die Vorstellung lächerlich. Dann wurde sie wieder ernst. »Schenkt den Geschichten über ihn keine Beachtung, mein Mädchen«, sagte sie. »Er ist kein Teufel, sondern ein guter Mann, wie sein Vater es war. Er hat ein weiches Herz und würde niemals eine Frau schlagen.«
Die Anspannung wich aus Evelinde, und sie seufzte leise. Obwohl sie keine Angst vor dem Schotten empfunden hatte, der nun ihr Gemahl war, und auch ihr Gefühl ihr bereits gesagt hatte, dass er ein ehrbarer Mann war, tat es gut, dies von jemand anderem bestätigt zu bekommen.
»Ich habe eine besondere Salbe. Nachdem Ihr gebadet habt, werde ich sie holen und die Blutergüsse damit einreiben. Dann seid Ihr im Handumdrehen wiederhergestellt«, beteuerte Biddy, während sie Evelinde auf den Badezuber zuschob.
Auch dieser war größer als der Bottich auf d’Aumesbery, bemerkte Evelinde, als sie sich entspannt im Wasser ausstreckte.
»Wo ist mein Gemahl?«, fragte Evelinde, während Biddy zum Bett zurückkehrte und Gewand und Unterkleid aufhob.
»Er ist mit den Männern draußen und kümmert sich um ein paar Dinge«, erwiderte Biddy. »Er arbeitet hart, unser Cullen. Ein guter Mann und ein guter Laird. Der Clan kann sich glücklich schätzen, ihn zu haben.« Abrupt verhärteten sich ihre Züge. »Schade nur, dass vielen der Verstand fehlt, das zu begreifen«, fügte sie an.
Evelinde hob bei diesen Worten fragend die Brauen. »Sind die Menschen hier nicht zufrieden mit ihm?«
»Oh.« Biddy winkte ungehalten ab und fuhr dann fort, das Kleid zusammenzufalten. »Es ist nur so, dass die Hälfte dieser Menschen diese dummen Gerüchte über seinen Vater, seinen Onkel und seine erste Gattin glauben und der Meinung sind, Cullen solle die Führung an jemand anderen abgeben. Dabei vergessen sie, dass wir in Frieden und Wohlstand leben, seid Cullen der Laird ist.«
Evelinde schwieg einen Augenblick. »Ich habe diese Gerüchte gehört«, gab sie dann zu.
»Aye. Ganz Schottland und der größte Teil Englands haben sie gehört«, entgegnete Biddy und schüttelte einmal mehr den Kopf, während sie den Raum durchquerte und zum Badezuber trat. »Alles Unfug. Cullen war nicht einmal hier, als sein Vater, der alte Laird, starb. Damals war er ausgeritten, um unsere Nachbarn, die Comyns, zu besuchen. Er ist bereits morgens aufgebrochen, sein Vater starb am Nachmittag am Fuße der Klippen, und irgendwer setzte das Gerücht in die Welt, dass Cullen dort gesehen worden sei. Als er zurück nach Hause kam, hatte sich dieses Gerücht bereits fest eingenistet, und so änderte es wenig, dass er Zeugen hatte, die bekunden konnten, dass er nicht hier gewesen ist – das Gerücht war da, und nichts konnte es unterbinden. Legt Euren Kopf zurück, damit ich Eure Haare nass machen und einseifen kann.«
Evelinde lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. »Der Tod seines Vaters war also ein Unfall?«, fragte sie.
Biddy schnaubte, während sie Evelinde Wasser über den Kopf goss. »Natürlich war es ein Unfall, obgleich die Hälfte der Menschen hier nicht davon zu überzeugen ist. Ich denke, selbst Cullen glaubt nicht, dass es ein Unfall war.«
Evelinde schwieg und überdachte die Angelegenheit, während Biddy sich mit einer herrlich duftenden Seife daranmachte, ihr Haar zu waschen. »Wer war dieser Zeuge, der ausgesagt hat, dass Cullen dort war?«, fragte sie dann.
»Ich habe Euch doch gesagt, dass er eben nicht dort war«, erwiderte Biddy.
»Aye«, lenkte Evelinde ein. »Offenbar hat sich dieser Zeuge getäuscht. Aber wer war es?«
Biddy stockte und runzelte die Stirn, ehe sie nach einem Eimer mit sauberem Wasser griff und ihn hob, um Evelindes Haar auszuspülen. »Die Wahrheit ist, ich weiß es nicht«, räumte sie dann ein. »Man sagte mir nur, dass ›jemand‹ Cullen dort gesehen habe.«
Evelinde hielt die Augen geschlossen, während ihr ein zweiter Eimer Wasser über den Kopf gegossen wurde. »Und dieser Onkel?«, fragte sie dann.
Biddy schüttelte den Kopf. »Ein Unfall. Er ist mit den anderen Männern zur Jagd geritten und starb durch einen Pfeil in seiner Brust.«
»Das klingt nicht gerade nach einem Unfall«, wandte Evelinde trocken ein.
»Es ist nicht das erste Mal, dass so etwas geschieht, und wird auch nicht das letzte Mal sein«, versicherte ihr Biddy.
Evelinde nickte. »Und Cullens erste Gemahlin?«, fragte sie dann leise.
Biddy schwieg lange, ehe sie schließlich seufzte. »Ich fürchte, dies war kein Unfall … und ich fürchte auch, dass sie selbst für ihren Tod verantwortlich war.«
Bei diesen Worten schlug Evelinde überrascht die Augen auf. »Wie das?«
Wieder schwieg Biddy eine Weile, während sie fortfuhr, Evelindes Haar auszuspülen. »Es hat Maggie betrübt, dass Cullens Name durch den Tod seines Vaters in Verruf geraten ist«, antwortete sie schließlich. »Sie hat ihn sehr geliebt.«
Evelinde spürte, wie sich ihr Körper unwillkürlich verspannte. Sie wollte fragen, ob auch Cullen Maggie sehr geliebt habe, beschränkte sich dann aber darauf, zu erkunden: »Hat er mit Maggie viel geredet? Mir gegenüber scheint er seine Gedanken stets für sich zu behalten, und ich fürchte, dass er nicht …«
»Cullen redet nie viel«, unterbrach Biddy sie, um sie zu beruhigen. »Er neigt dazu, seine Meinung für sich zu behalten. Als sein Vater noch lebte, war er gesprächiger, und als er und Tralin noch Kinder waren, konnte man die beiden kaum zum Schweigen bringen, aber seit dieser Sache …« Biddy zuckte mit den Schultern.
Evelinde seufzte angesichts dieser Neuigkeiten und wünschte, sie könne das Rätsel um all diese Todesfälle in der Vergangenheit lösen. Vielleicht würde Cullen sich dann öffnen und ein wenig mehr reden.
»Auch Maggie fand dieses Schweigen recht bedrückend und fürchtete, dass sie Cullen gleichgültig sei«, sagte Biddy mitfühlend.
»Und, war sie das?« Dieses Mal war die Frage heraus, bevor Evelinde sich bremsen konnte. »Hat Cullen Maggie geliebt?«
»Ich denke, er hat sie mit der Zeit ins Herz geschlossen«, entgegnete Biddy vorsichtig und seufzte dann. »Es gibt verschiedene Arten von Liebe, mein Mädchen. Meistens behandelte unser Cullen Maggie mit der unbekümmerten Zuneigung eines älteren Bruders. In Wahrheit, so glaube ich, hat Maggie den Mörder seines Vaters in der Hoffnung zu finden versucht, seine Liebe zu erlangen. Und ich befürchte, dass sie dadurch ihr Leben verlor.«
»Ich bin nicht sicher, ob ich dies verstehe«, wandte Evelinde behutsam ein.
»Das dumme Ding ist von den Klippen gestürzt. Niemand weiß, wie es passiert ist. Vielleicht ist sie nur gestolpert, oder aber …« Biddy brach ab und setzte dann fort: »Ich frage mich oft, ob sie nicht kurz davor stand, die Sache aufzuklären – und ob sie vielleicht nicht etwa stolperte, sondern eher gestoßen wurde. Versteht Ihr?«
Evelinde nickte, nur um gleich darauf den Kopf zu schütteln, weil etwas sie verwirrte. »Aber wenn Cullens Vater und sein Onkel doch gar nicht umgebracht worden sind, warum sollte dann irgendwer Maggie dafür töten wollen? Nur weil sie deren Tod auf den Grund zu gehen versuchte?«
Diese Folgerung schien die Frau zu verunsichern. »Aye, das ist wahr.«
Evelinde betrachtete Biddys besorgtes Gesicht und kam zu dem Schluss, dass sie nicht annähernd so überzeugt davon war, dass es kein Mord gewesen war, wie sie andere gerne glauben machen wollte. Evelinde schloss die Augen, als Biddy ihr einen weiteren Eimer Wasser übers Haar goss. »Wie kam das Gerücht auf, dass Cullen Maggie umgebracht habe?«, fragte sie dann.
Biddy brummte missmutig. »Wie entsteht ein Gerücht schon? Irgendjemand hat es in die Welt gesetzt, und obgleich es Unfug war, verbreitete es sich wie ein Lauffeuer. Es hieß, er habe sie umgebracht, weil sie ihm kein Kind geschenkt habe. Allerdings trug Maggie ein Kind unterm Herzen, als sie von den Klippen stürzte.«
»Wirklich?« Evelinde keuchte und starrte Biddy erschrocken an. »Ist das sicher?«
»Aye«, erwiderte die Magd. »Sie hat drei Monate hintereinander nicht geblutet, auch wenn man ihr noch nichts ansah.«
»Wusste Cullen es?«, fragte Evelinde.
»Er dürfte es schwerlich übersehen haben, schließlich haben die beiden das Bett miteinander geteilt«, entgegnete Biddy trocken.
»Natürlich«, murmelte Evelinde. Röte stieg ihr in die Wangen. Sie hatte nicht bedacht, was es bedeutete, verheiratet zu sein. Von nun an würde sie mit diesem Mann Gemach und Bett teilen. Er würde alles über sie wissen, würde jeden Makel ihres Körpers kennen und es sofort erfahren, wenn sie blutete. Als ihr dies aufging, kaute sie betreten auf ihrer Unterlippe, wischte die Angelegenheit dann aber mit einem Seufzen beiseite. Das ließ sich nun einmal nicht ändern, es war der natürliche Lauf der Dinge. Dennoch war es ihr peinlich, sich vorzustellen, dass Cullen sie bald besser kennen würde als ihre eigene Magd.
»So, Euer Haar ist fertig«, sagte Biddy. »Nun nehme ich Euer Gewand und Unterkleid zum Reinigen mit nach unten und bringe Euch die Salbe. Es wird etwas dauern, sie zu mischen, also bleibt einfach noch ein wenig im Wasser liegen, falls Ihr mögt, und trocknet Euch dann ab. Aber kleidet Euch nicht an. Legt Euch einfach aufs Bett, und dann bin ich auch schon zurück, um Euch mit der Salbe einzureiben.«
»Danke, Biddy«, murmelte Evelinde hinter der Frau her, als diese aus der Kammer rauschte. Ein Weilchen blieb sie noch im Zuber liegen und überdachte alles, was sie erfahren hatte, aber ihre Gedanken brachen jäh ab, als ihr aufging, dass sie keine frischen Kleider zum Anziehen hatte.
Mit einem ungehaltenen Laut stand Evelinde vorsichtig auf und trocknete sich ab. Dann schlang sie sich das Leinentuch um den Leib und ließ sich auf der Bettkante nieder, um ihre Lage zu überdenken. Bestürzt stellte sie fest, dass alles, was sie auf der Welt besaß, das inzwischen zerknitterte und schmutzstarrende Kleid war, das sie auf dem Weg hierher getragen hatte. Es verwunderte sie, dass ein Mann, der in anderen Angelegenheiten so sorgsam und bedacht war, in dieser Hinsicht derart begriffsstutzig war. Kopfschüttelnd ließ sie sich zurücksinken und schloss die Augen, zuckte aber zusammen, als ihre Hüfte das Laken berührte.
Evelinde richtete sich wieder auf, streifte das Leinentuch ab und breitete es auf dem Bett aus, um dieses vor der Salbe zu schützen. Dann legte sie sich wieder hin, dieses Mal auf den Bauch. Sie verschränkte die Arme, um sie als Kissen zu benutzen, und bettete ihre Wange darauf. Während sie noch darüber nachsann, wie sie mit der Tatsache umgehen sollte, dass sie nur ein einziges Kleid besaß, fielen ihr die Augen zu. Vielleicht würde Biddy Rat wissen, dachte sie hoffnungsvoll. Sie würde sie fragen, sobald sie mit der Salbe zurückkehrte.
Bis jetzt schien die Frau sehr herzlich zu sein, und Evelinde war froh, sie an der Seite zu haben, aber dennoch vermisste sie Mildrede. Sie seufzte. Während sie so wartete, glitt sie langsam in den Schlaf.
Sie erwachte, als ihr jemand etwas Warmes auf den Rücken strich. Evelinde lächelte verschlafen, während Biddy die Salbe mit kräftigen Händen auf den Bluterguss über ihren Rippen an der Seite ihres Körpers rieb und dann wieder ihren Rücken bearbeitete. Die Berührung der Frau war so wohltuend wie die Salbe, und die Art und Weise, wie sie Evelindes geschundenes Fleisch massierte, ließ auch die letzten Verhärtungen in ihren Gliedern schwinden.
»Das ist wunderbar, Biddy, danke«, murmelte Evelinde.
Das Brummen, das sie als Antwort erhielt, ließ sie jäh die Augen aufschlagen und herumfahren.
»Mylord!«, stieß sie aus.
»Frau«, erwiderte er ruhig.
»Ich dachte, Ihr wäret Biddy.« Etwas anderes fiel ihr nicht ein. In ihrem Kopf war nur Platz für den Gedanken, dass dieser Mann neben dem Bett kniete und sie, Evelinde, ihm Rücken und Gesäß unverhüllt darbot.
Der Laird hielt sich nicht damit auf, seiner Gemahlin mitzuteilen, dass sie sich eben geirrt habe, sondern legte ihr stattdessen eine Hand auf das Schulterblatt, drückte sie sanft zurück aufs Laken und setzte seine hingebungsvolle Behandlung fort.
Evelinde biss sich auf die Lippe und versteifte sich unter seinen Händen, wobei sie sogar die Backen ihres Hinterteils zusammenkniff.
Cullen fuhr noch eine Weile schweigend fort, die Salbe einzureiben, hielt dann aber inne. »Entspannt Euch«, brummte er.
Evelinde versuchte es. Das aber erwies sich als unmöglich, solange seine Hände über ihre Haut glitten und sie zu spüren meinte, wie er ihre Blöße förmlich mit den Augen verschlang.
Wieder knetete ihr Gemahl schweigend weiter, während Evelinde verzweifelt versuchte, sich zu entspannen – und damit scheiterte. Dann plötzlich ließ Cullen von ihr, umfasste ihre Taille und drehte sie auf den Rücken.
Erschrocken keuchte Evelinde auf, die Augen weit aufgerissen, aber da verschloss ihr Gemahl ihr schon den Mund mit dem seinen. Sofort lag Evelinde still, wobei sie ihn weder zurückstieß noch willkommen hieß. Alles ging so schnell, dass sie einfach zu überrascht war, doch dann öffnete Cullen mit der Zunge ihre Lippen, und leise seufzend spürte sie, wie ihr Körper sich wie von selbst unter ihm löste. Während sein Mund seinen Zauber wirkte, schlang Evelinde ihm die Arme um den Nacken.
Er konnte in der Tat hervorragend küssen, dachte Evelinde verträumt und schlug dann blinzelnd und enttäuscht die Augen auf, als er sich ihr entzog. Dann hatte er sie auch schon wieder auf den Bauch gedreht, so als wäre sie ein Kind, und machte sich erneut daran, ihr die Salbe auf den Rücken zu streichen. Erst da ging Evelinde auf, dass er sie nur geküsst hatte, damit sie sich entspannte.
Und es hatte gewirkt, erkannte Evelinde. Ein Kuss hatte genügt, um sie in seinen Armen zu Wachs werden zu lassen. Nun, da er sie nicht mehr küsste und ihr Verstand wieder arbeitete, wurde ihr allerdings erneut bewusst, dass sie hüllenlos vor ihm lag, ihr blankes Gesäß direkt unter seiner Nase. Dieser Gedanke hatte eine recht verheerende Wirkung auf ihre Gelöstheit, und während sie sich noch fragte, ob ihr Hinterteil wohl ebenso rosig vor Scham war, wie ihr Gesicht sich derzeit anfühlte, spürte sie, wie ihr Körper sich erneut versteifte.
Cullen zog seine Hände zurück. Sie spähte über die Schulter und sah, wie er eine Handvoll Paste aus einer Schale nahm, die auf dem Tisch neben dem Bett stand. Er verrieb die Salbe zwischen seinen Händen, um sie zu wärmen, und wandte sich erneut Evelinde zu, um ihr das Mittel auf den Rücken zu streichen.
Zu ihrer Überraschung rieb er die Salbe nun nicht länger nur auf die wunden Stellen, sondern verteilte sie auf ihrem gesamten Rücken und entlang der Wirbelsäule, um schließlich auch Evelindes Schultern einzureiben. Dann ließ er seine Hände erneut hinabwandern. Gerade begann sie sich unter seinen behutsamen Berührungen zu lösen, da strich er über die Rundungen ihres Hinterteils.
Sie zuckte zusammen, als er ihr über die Hüften fuhr und die Salbe auf die schmerzenden Stellen dort rieb. Sie wand sich gar, um sich ihm instinktiv zu entziehen. Cullen sagte nichts dazu, sondern fuhr einfach fort, ihr sanft die Salbe auf die Haut zu reiben, bis Evelinde sich wieder entspannte, als die Schmerzen allmählich nachließen und schließlich verschwanden. Dann begann er, sich ihrem unteren Rücken und den Kurven ihres Hinterteils zu widmen.
Evelinde musste sich erneut auf die Lippe beißen und ihre Schenkel zusammenpressen, damit die Wirkung von Cullens Berührung sie nicht überwältigte. Sie war höchst erleichtert, als er seine Hände weiter an ihren Beinen hinabgleiten ließ und die Salbe auf der Rückseite ihrer Oberschenkel und schließlich in ihren Kniekehlen verteilte. Als er seine Finger jedoch an den Innenseiten ihrer Schenkel entlang wieder nach oben wandern ließ, spannte sich ruckartig jeder Muskel ihres Körpers an.
»Dreht Euch um«, wies Cullen sie an.
Evelinde spähte zu ihm hinüber. Cullen war damit beschäftigt, eine weitere Handvoll Paste aus der Schale zu greifen. Sie zog kurz in Erwägung, der Anweisung nicht nachzukommen, dann aber sagte sie sich, dass er ihr Gemahl war und sicherlich ohnehin schon alles gesehen hatte, was es zu sehen gab. Schließlich hatte er an ihrem Hochzeitstag mitgeholfen, sie anzukleiden.
Wie eine Kuh in der Tat, dachte Evelinde verstimmt, als sie sich an diese Bemerkung bezüglich ihres Aussehens erinnerte. Sie atmete tief durch und drehte sich auf den Rücken, wobei sie allerdings nicht anders konnte, als sich mit den Händen zu bedecken.
Als Cullen sich mit der Salbe zu ihr umwandte, sah er davon ab, etwas zu ihren züchtigen Bemühungen zu sagen. Stattdessen machte er sich daran, ihr die Paste auf Hals und Schultern zu streichen. Evelinde betrachtete sein Gesicht, während er sie streichelte, aber wie gewohnt gab er nichts preis. Anders jedoch seine Augen, und als ihr Blick dem seinen begegnete, bemerkte Evelinde fasziniert das verhaltene Feuer, das dort zu lodern begonnen hatte.
Sie wehrte sich nicht, als Cullen ihren Arm ergriff, mit dem sie ihre Brüste bedeckt hielt, und ihn mit Salbe einzureiben begann. Er fing bei den Fingern an und bestrich dann Hand, Handgelenk und Ellenbogen, wobei er ihren Arm so durch seine Finger gleiten ließ, dass er sich zwischen ihren Körpern befand. Nachdem er ihren Oberarm erreicht hatte, merkte Evelinde, dass ihre von der Salbe schlüpfrige Hand den Teil von Cullens Plaid gestreift hatte, der über seiner Tunika quer über die Brust geschlungen war.
»Etwas von der Salbe ist auf Euren Plaid geraten«, sagte sie schuldbewusst.
Cullen sah missbilligend an sich herab. Er ließ Evelinde los und rieb an dem Fleck mit dem Ergebnis, dass dieser noch größer wurde. Der Laird blickte finster drein und nestelte an der Brosche, die den Plaid hielt. Dann hielt er inne und besah sich seine mit Salbe verschmierten Hände. Er hob den Kopf. »Macht Ihr es«, wies er sie an.
Evelinde zögerte, streckte dann aber ihre noch saubere Hand aus und löste flink die Nadel der Brosche. Der Plaid glitt herab und legte sich um Cullens Hüften, aber Evelinde wusste, dass er diese nur lose umfloss und jeden Augenblick zu Boden fallen mochte.
»Das Hemd ebenfalls.«
Sie sah ihn unsicher an. Seine Miene war unnahbar und abwartend. Evelinde setzte sich auf und wischte dabei die verschmierte Hand am Leinentuch ab. Dann griff sie nach dem Saum des weiten Hemds und zog es über Cullens Brust nach oben. Ihre Augen weiteten sich, als Zoll um Zoll seine Haut zum Vorschein kam.
Im Gegensatz zu ihrer war seine Brust makellos und ohne jede Spur einer Prellung. Aber Cullen war bei seinem Sturz ja auch auf dem Rücken gelandet, dachte sie bei sich, als er seine Arme hob und sich vorbeugte, damit sie ihm das Hemd abstreifen konnte. Danach lehnte sie sich zurück und betrachtete den plötzlich halb nackten Mann vor sich.
Gütiger Gott im Himmel, wie schön er war! Bar seines Hemdes traten die Muskeln an Schultern und Brust deutlich hervor, als Cullen die Arme wieder senkte. Evelinde empfand den befremdlichen Drang, ihm mit den Händen über die Brust zu streichen, und überlegte kurz, ob sie nach der Salbe greifen sollte, um dies zu rechtfertigen.
»Legt Euch hin.«
Evelinde ließ sich wie angewiesen zurücksinken, konnte ihre Augen jedoch nicht von der stattlichen Männerbrust abwenden, die vor ihr aufragte. Cullen musste zweimal so breit sein wie sie.
Ihr Gatte lenkte sie von ihren Betrachtungen ab, indem er sich wieder ans Werk machte. Seine Hände waren noch immer schlüpfrig von der Salbe, als er sich daranmachte, Evelindes Seite zu streicheln, an der sich die größte Prellung befand. Bei der ersten Berührung zuckte Evelinde zusammen, doch die Paste linderte die Schmerzen in der empfindlichen Stelle rasch. So bemerkte sie es kaum, als Cullen seine Hände in immer größer werdenden Kreisen über den Bluterguss fahren ließ … bis seine Finger schließlich ihre Brust streiften.
Evelinde biss sich auf die Lippe, den Blick fest auf Cullens Gesicht geheftet, während dieser einfach weitermachte. Zunächst dachte sie, die Berührung sei unbeabsichtigt gewesen, doch dann fuhr er mit den Fingern erneut an ihrer Rundung entlang, dieses Mal ein wenig höher.
Beim dritten Mal sah Cullen plötzlich auf, schaute seiner Gemahlin in die Augen und hielt ihren Blick fest, während er seine Finger noch ein wenig höher gleiten ließ, nun so hoch, dass sie der rosa Knospe auf der Kuppe gefährlich nahe kamen, was Evelinde den Atem stocken ließ. Dann entzog Cullen seine Hände und wandte sich ab, um mehr Salbe aus der Schüssel zu holen. Wieder wärmte er sie zunächst, indem er die Hände aneinanderrieb. Evelinde sah ihm dabei interessiert zu, wobei ihr Blick zwischen seinen Händen und seinem Gesicht hin- und herglitt. Sie betrachtete gerade sein Antlitz, als Cullen offenbar beschloss, dass die Salbe nun warm genug sei, plötzlich ihren Arm beiseiteschob und ihre Brüste mit den Händen umfasste.
Evelinde keuchte auf und fuhr zusammen, als ihr Gemahl begann, ihr wohlgerundetes Fleisch zu kneten. Sie schloss die Augen, während Cullens Finger sie betörten und ihr Empfindungen entlockten, die ihr schier den Atem raubten und sie aufkeuchen ließen. Es war erregend und erschreckend zugleich. Cullen hatte sie schon zuvor berührt, aber da hatte Evelinde sich nicht derart verletzlich und … wie nun … nackt gefühlt. Es machte die Sache nicht besser, dass Cullen sie die ganze Zeit über mit verschleiertem, hungrigem Blick anstarrte.
Evelinde wollte ihn bitten, aufzuhören. Zugleich wollte sie ihn anflehen, auf jeden Fall weiterzumachen. Und sie wollte, dass er sie küsste, doch ihr Gatte berührte sie allein mit den Händen, wobei er abwechselnd rieb, knetete, neckte und streichelte, bis Evelinde glaubte, es keinen Augenblick länger auszuhalten. Sie setzte gerade zu einem Protest an, wollte ihn bitten, sie doch zumindest auch zu küssen, während er sie berührte, da ließen seine Hände von ihr ab und griffen wieder nach der Salbenschale.
Evelinde biss sich auf die Zunge, um nur kein Wort entschlüpfen zu lassen, und ergriff mit beiden Händen das Laken, um sich selbst daran zu hindern, Cullen, der die Salbe zwischen seinen Händen wärmte, zu sich herabzuziehen. Als er sich ihr dieses Mal zuwandte, ließ er ihren Oberkörper außer Acht und widmete sich ihren Unterschenkeln. Er massierte und streichelte ihre Füße, ihre Knöchel, ihre Waden, ihre Knie …
Evelinde folgte mit dem Blick Cullens Händen, als dieser ein weiteres Mal in die Schüssel mit der Paste griff. Ihr Atem kam nun unregelmäßig und stoßweise. Dies lag teils an Cullens Tun und teils an der Erregung angesichts dessen, was sie noch erwartete. Er drehte sich ihr wieder zu und ließ seine Hände unmittelbar über ihren Knien ihre Beine entlangfahren. Evelinde war wie erstarrt, ihr ganzer Körper wartete. Als Cullen mit den Fingern über ihre Oberschenkel strich, immer höher, immer näher an ihrem Schoß, keuchte Evelinde auf und krallte sich in das Laken, auf dem sie lag.
Sie wusste nicht, ob es an der Salbe oder an Cullens knetenden Händen lag, aber die Schmerzen waren vollständig verschwunden, und die einzige Empfindung, die sie noch erfüllte, war lustvolle Vorfreude.
»Entspannt Euch«, ertönte Cullens angenehm raue Stimme einmal mehr, und Evelinde stieß sacht den Atem aus, während er seine Hände an ihren Beinen hinabgleiten ließ und dabei auch die letzten Verspannungen in ihren Gliedern durch Streicheln und Kneten zum Verschwinden brachte. Als er seine Finger dieses Mal wieder nach oben wandern ließ, versteifte sich Evelinde nicht, sondern wand sich nur leicht und öffnete unter seinen Liebkosungen die Schenkel.
Was nun folgte, ließ Evelinde genüsslich die Augen schließen. Durch halb geöffnete Lider betrachtete sie sein Gesicht, seine andächtige, zärtliche Miene, und wieder wünschte sie, er würde sie küssen. Evelinde mochte seine Küsse. Sie mochte es, ihn zu schmecken, wenn er in ihren Mund eindrang, und sie mochte die Art und Weise, wie seine Zunge die ihre umspielte. Diese Gedanken trieben davon wie Spinnweben, als Evelinde erneut aufkeuchte und in das Laken griff, da Cullen nun mit den Händen über ihre Oberschenkel fuhr und seine Finger sanft den Hügel zwischen ihren Beinen streifte.
Mit einem Mal war sich Evelinde bewusst, dass ihr Gemahl, während er sie streichelte, ihre Schenkel weiter gespreizt hatte und sie ihm damit ihre Weiblichkeit offen darbot. Scham stieg in ihr auf, jedoch nicht so überwältigend, stellte Evelinde fest, dass sie die Beine geschlossen oder Cullen daran gehindert hätte, sie weiter zu liebkosen. Dann strich er mit den Fingern erneut über die empfindsame Wölbung zwischen ihren Schenkeln, und Evelinde zog ruckartig die Schenkel zusammen, wodurch sie nicht nur das Streicheln unterband, sondern auch noch Cullens Hand festhielt.
Es war unwillkürlich geschehen. Evelinde hätte es nicht verhindern können, selbst wenn sie es versucht hätte. Sie biss sich auf die Zunge, schlug die Augen auf und begegnete Cullens Blick. Sie maßen sich einen Moment lang, ohne dass einer von beiden sich rührte, und dann schob er, ohne den Blick abzuwenden, ihre Schenkel sanft mit beiden Händen auseinander und kniete sich zwischen sie, sodass Evelinde sie nicht wieder schließen konnte. Dabei verrutschte sein Plaid so weit, dass sich Evelinde beinahe die schwellende Männlichkeit entblößte, die unter dem Tuch sichtbar aufragte.
Evelinde sah ihren Gemahl schweigend an. Sie spürte, wie sich ihre Brust hob und senkte, ihr Atem ging flach und schnell. Erneut fühlte sie seine Finger auf ihrer Haut. Wieder wollte sie die Schenkel zusammenpressen, wurde jedoch von Cullens Körper daran gehindert. So schloss sie stattdessen die Augen, ballte die Hände zu Fäusten und stöhnte leise, wobei sie ihre Lenden unwillkürlich seinen Fingern entgegenwölbte, die er über ihr Fleisch tanzen ließ.
Das Feuer, dass Cullen am Ufer des Flusses in d’Aumesbery in ihr entzündet hatte, war ein bloßer Funken gewesen verglichen mit der heißen Lohe, die jetzt in ihr aufflammte. Evelinde verzehrte sich nach etwas, das sie nicht benennen konnte und von dem sie am Fluss gerade einmal hatte kosten dürfen. Ihre Hüften wanden sich wie von selbst, so drängend, dass selbst Cullens Griff es nicht verhindern konnte. Und dann entzog er ihr mit einem Mal die Finger, die diesen Zauber wirkten.
Die Leere, die sie hinterließen, fühlte sich an wie ein Schlag, und Evelinde öffnete jäh die Augen. Ihr Blick begegnete dem Cullens, und sie sah, wie er seine Lippen zu einem Lächeln verzog, bevor er sich plötzlich vorbeugte, mit seinem Kopf zwischen ihre Schenkel tauchte und seinen Mund das tun ließ, was zuvor seine Hände getan hatten. Evelinde schrie entsetzt auf und wollte sich schon aufrichten, um seinen Kopf zu greifen und wegzuziehen, da strich er mit der Zunge über das heiße, empfindliche Fleisch zwischen ihren Beinen, und sie erstarrte mit angehaltenem Atem. Ein zweiter Zungenstreich ließ sie scharf ausatmen, und Evelinde sank wieder zurück aufs Bett und übergab ihrem Körper die Herrschaft über ihren ohnehin betäubten Verstand.
Sie zog die Knie an, stemmte die Fersen ins Laken und wölbte Cullen die Hüften entgegen, während sich ein lang gezogenes, helles Stöhnen ihrer Kehle entrang. Dieses wandelte sich rasch zu einem lauteren »Oh, oh, oh …« und schließlich zu »Oh Gott, oh Gott, oohhh …«
Plötzlich spürte Evelinde, wie etwas in sie eindrang; erregt warf sie den Kopf hin und her. Sein Finger, schoss es ihr durch den Kopf, und mit einem Mal entlud sich die Spannung, die sich in ihr angestaut hatte, und riss sie auf einer Woge der Leidenschaft mit sich fort, sodass sie zu keinem verständlichen Laut mehr fähig war. Ganz von dieser Empfindung vereinnahmt, merkte sie nicht, wie Cullen sich aufrichtete, den Plaid fortzerrte und auf den Boden warf und sich zwischen ihren Schenkeln bettete.
Im nächsten Moment spürte sie vage, wie etwas sanft in sie hineinstieß, und dann ließ Cullen sich ganz in sie hineingleiten, tiefer und tiefer, bis Evelinde zu bersten glaubte. Ihr Gemahl hielt inne. Verwirrt öffnete Evelinde die Augen und sah, dass seine Lider geschlossen waren und seine Miene beinahe schmerzverzerrt wirkte. Cullen schlug die Augen wieder auf und betrachtete schweigend Evelindes Gesicht, während er sich halb aus ihr zurückzog.
Evelinde spürte, wie sich ihr Körper um Cullen herum anspannte und so gegen seinen Rückzug rebellierte, doch da glitt er schon wieder in sie hinein, und Evelinde schloss erneut die Augen und gab sich den Empfindungen hin, die erneut in ihr erwachten.
Sie fühlte, wie Cullen unter ihr Gesäß griff und ihre Lenden hob, und sie stöhnte, als er wieder in sie hineindrängte und an ihren empfindlichsten Punkt tief in ihrem Innern rührte. Ihr lustvolles Aufstöhnen schien etwas in Cullen zu entfesseln. Seine Hüften stießen schneller und schneller vor, seine pralle Männlichkeit drang wieder und wieder in sie ein und stachelte die Leidenschaft zwischen ihnen an, bis sie beide schließlich erlöst aufschrien.