18.


Die Galaktische Allianz ist heute Morgen in Aufruhr, denn weitere Planeten haben ihre Senatsvertreter aus Protest gegen die Kämpfe an der corellianischen Blockade abberufen. Der Allianzbotschafter von Atzerri bezeichnet die Zerstörung eines atzerrianischen Frachtraumers als »Akt des Krieges«. Staatschef Cal Omas ließ unlängst gegenüber HNE verlauten, dass die Exklusionszone so lange in Kraft bleiben würde, bis Corellia die Waffen niederlegt, und dass das Atzerri-Schiff nach wiederholten Warnungen das Feuer eröffnet habe.

Corellias Präsident Thrackan Sal-Solo hat dazu bislang keine Stellungnahme abgegeben.

HNE-Morgennachrichten


LUMIYAS APARTMENT, GEHEIMER UNTERSCHLUPF, GALACTIC CITY


Jacen rieb sich die Augen und versuchte, den Traum loszuwerden, den er auf dem Rückflug von Corellia gehabt hatte und der in seinem Verstand noch immer höchst lebendig war.

Er hoffte, dass es ein Traum war und keine Vision. Während der Turbolift in den dreihundertsten Stock des Apartmentturms emporkletterte, versuchte er, das Bild aus seinem Denken zu verbannen, und es gelang ihm nicht. In dem Traum starrte er auf seine Hände, von denen eine das Lichtschwert umklammerte, und schluchzte.

Von so was träumt man, wenn man seine eigene Schwester vors Militärgericht bringt. Werd damit fertig.

Nein, er war nicht stolz darauf, was er Jaina angetan hatte, aber es hatte getan werden müssen. Er ließ den Kummer über sich hinwegspülen, dann öffnete er die Türen zu Lumiyas Apartment mit einem kurzen Stoß Macht-Energie. Dahinter befand sich eine überraschend gemütliche Zimmerflucht, übersät mit Gegenständen, die er von ihrem Asteroidenhabitat her wiederzuerkennen glaubte. Sie war nach Hause zurückgekehrt, um ein paar Dinge zu holen. Irgendwie hatte er sie nicht für jemanden gehalten, der materielle Habseligkeiten brauchte.

»Ihr seid sehr aufgewühlt«, sagte sie, aus einem anderen Raum auftauchend. Ihr Erscheinen überraschte ihn. »Euer Großvater fand mich, als ich in meinem Raumjäger trieb, nachdem Luke Skywalker darauf gefeuert hatte und mich zum Sterben zurückließ. Vader hat mich gerettet. Deshalb ist mein Leben untrennbar mit dem Eurer Familie verbunden. Wusstet Ihr das?«

»Du hältst das für Schicksal.«

»Für Unvermeidlichkeit. Weshalb Ihr auch aufhören solltet, Euch wegen Eurer Schwester schuldig zu fühlen.«

»Ich habe Albträume deswegen. Das hatte ich nicht erwartet.«

»Wollt Ihr, dass sie aufhören?«

»Nein. Ich muss mich damit abfinden.«

»Achtet darauf, die feine Grenze zwischen Träumen und Visionen nicht zu übersehen. Womöglich verraten sie Euch, was Ihr wissen müsst - was ich Euch nicht sagen kann.«

»Und das wäre?«

»Wie Ihr von dem, was Ihr jetzt seid, zu dem werdet, was Ihr werden müsst. Ich kann Euch in den Techniken unterweisen, aber nutzen müsst Ihr sie selbst.«

Jacen setzte sich, sorgsam darauf bedacht, keins der Artefakte zu berühren, für den Fall, dass eins davon einen Verwendungszweck hatte, den er noch nicht kannte. »Das ist es, was ich nicht verstehe. Ich habe mehr als fünf Jahre damit verbracht, meine Macht-Fähigkeiten zu perfektionieren, die Techniken aller möglichen Rassen zu lernen - nicht bloß die Wege der Jedi. Was kann da noch mehr sein? Wo hört ein Jedi-Adept auf, und wo fängt ein Sith an? Weißt du, ich habe nie wirklich geglaubt, dass es zwischen Gut und Böse bloß eine Linie gibt. Manchmal kann ich diese beiden Begriffe nicht einmal genau bestimmen.«

»Das ist Akzeptanz«, sagte Lumiya. »Die Bereitschaft, sich in das zu fügen, was die Macht von einem verlangt. Aufzuhören, sich dem Schicksal zu widersetzen, indem man Ableugnen zur Selbstdisziplin rationalisiert und starken Gefühlen entsagt.«

»Das klingt, als sollte ich einfach das machen, was mir als Erstes in den Sinn kommt.«

»Ihr wisst bereits, dass Ihr das tun solltet.«

»Wie unterscheide ich mich dann von meinem Großvater? Ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass ich genau das Gleiche mache wie er.«

»Er hatte seine Ausbildung zu spät begonnen und war noch immer unerfahren, als er von einem Mann ausgenutzt wurde, der nach Macht strebte. Ihr seid ein erwachsener Mann mit einem lebenslangen Training, und niemand benutzt Euch. Ihr werdet nicht dieselben Fehler machen.«

»So einfach kann es nicht sein.«

»Es wird nicht einfach sein. Es wird schmerzvoll sein.«

»Schmerzhafter, als sich gegen seine eigene Schwester zu stellen?«

»0 ja.«

»Das ist mein Schicksal?«

»Das ist der Preis, den Ihr dafür zahlt, der Galaxis Ordnung zu bringen. Das ist Euer Opfer. Seht Ihr jetzt, warum schwache Männer wie Palpatine nur auf Macht aus waren und weshalb sie besiegt wurden?« Lumiyas hypnotische Stimme war beinahe körperlos. Jacen betrachtete ih ren Mund und hatte nicht den Eindruck, dass ein anderes Lebewesen zu ihm sprach. Es war ein Orakel, eine unvoreingenommene Offenbarung. »Als Jacen Solo könnt Ihr nichts bewirken.«

Er hatte gelogen. Es gab bereits Schlimmeres, als Jaina zu suspendieren. Da war der Ausdruck auf dem Gesicht von Ben Skywalker, als er Ailyn Habuurs Leiche gesehen hatte. Er war zu weit gegangen, als er in den Verstand der Frau eindrang; sie war den physischen Strapazen nicht gewachsen gewesen. Diesen Fehler würde er nicht noch einmal machen. Aber Bens Vertrauen zu ihm hatte einen ziemlichen Dämpfer abbekommen. Der Junge verstand immer noch nicht, dass es zu einem endlosen Kreislauf von Krieg und Chaos führte, wenn man die Dinge so machte, wie sein Vater sie für richtig hielt. Luke würde die Notwendigkeit nicht anerkennen, extreme Maßnahmen zu ergreifen. Luke wollte sich Selbstgefühlen.

Das war ein Hindernis.

»Was empfindest du, wenn du Luke Skywalker jetzt siehst?«, fragte er.

»Ich empfinde gar nichts«, sagte Lumiya. »Ich erinnere mich bloß.«

»Was sollte ich als Nächstes tun?«

»Das kann ich Euch nicht sagen. Kümmert Euch um das, was Euch am meisten belastet.«

»Mein Schüler, Ben. Er wankt.«

»Sucht nicht seine Billigung.«

»Das tue ich nicht.«

»Gebt ein Beispiel und hofft darauf, dass er ihm folgen wird. Bringt ihn in eine Situation, in der er die Wahrheit selbst erkennen muss.«

Genau wie sie es auf Bimmiel getan hatte, lag sie auch jetzt schmerzhaft richtig. Ben musste das lernen, was sein Vater nie gelernt hatte - dass es notwendige Übel gab.

Und es gab keinen besseren Platz, um das zu lernen, als bei der Garde der Galaktischen Allianz.


NOTFALLZENTRALENKOMPLEX UNTER DEM KEBEN-PARK, CORONET, CORELLIA


Für zwei alte Knacker, fand Han, hielten er und Fett ziemlich gut mit dem Mädchen mit. Dann wurde ihm bewusst, dass der unterirdische Tunnel allmählich abwärtsführte.

Der Korridor, der von Sal-Solos Präsidentenbüro aus zum Bunker mit der Notfallzentrale führte, erstreckte sich einen Kilometer weit unter den Keben-Park. Alles, was sie tun mussten, war weiterzulaufen. Han hatte keine Ahnung, was danach geschehen würde, aber dies war nicht das erste Mal, dass er einfach losrannte und auf seinen Instinkt vertraute.

Abgesehen davon war Boba Fett bei ihm. Dieser Mann konnte allem entkommen.

»Wo endet der Tunnel?«, keuchte Han.

»Er führt in den Bunkerkomplex. Von da aus gibt es dann zwei Ausgänge an die Oberfläche.«

»Zwei?«

»Zwei Ausgänge sind immer besser als einer.«

Ein ganzes Stück weiter hinten - aber nicht weit genug weg - hallte das Geräusch trommelnder Stiefel wider. Sie befanden sich in einem schwach erhellten Tunnel mit einem harten gekachelten Fußboden und großen schablonenbeschrifteten Schildern, die alle paar Meter mit so hilfreichen Botschaften aufwarteten wie TRAGEN SIE IHRE ATEMSCHUTZMASKE? UND SICHERN SIE ALLE TÜREN - IHR LEBEN HÄNGT VIELLEICHT DAVON AB.

»Weiter vorn erwartet uns doch keine Gesellschaft, oder?«

»Nicht, solange wir nicht wirklich Pech haben.« Fett stapfte hinter Mirta her. »Sie schicken bloß in zivilen Notfällen Personal in diese Dinger.«

»Wie bei einem Krieg?«

»Ja, das wäre so ein Notfall.«

Mirta hielt ihren Handblaster auf Schulterhöhe, während sie sprintete, und stellte damit die Vorzüge unmodern flacher Stiefel und zweckmäßiger Kleidung unter Beweis. »Wenn die uns in die Quere kommen, haben die einen echten Notfall am Hals.«

Die Türen vor ihnen öffneten sich automatisch, und an der Decke erwachten flackernd helle Lampen zum Leben. Wenn hier alles eingeschaltet wurde, sobald Personal eintraf, mussten sie allein sein, ansonsten wären die Lichter bereits an gewesen.

Abgesehen von den Wachen, die sie verfolgten, natürlich. Es mussten Wachen sein. Fett blieb stehen, als sie eine Halle betraten, von der sechs Türen abgingen. Drei waren mit VERKEHRSKONTROLLE, WASSER & ENERGIE und ZENTRALER NOTFALLGENERATOR gekennzeichnet. Die anderen drei wiesen überhaupt keine Markierungen auf.

»Welche?«, sagte Han.

Mirta trat hinter sie, und ihr Blaster beschrieb einen Bogen, während Fett erstarrte. Han wurde klar, dass er sich auf

irgendeine Anzeige im HUD seines Helms konzentrierte.

»In der Hauptnotfallzentrale gibt es zwei Ausgänge, aber wenn wir hier festgesetzt werden, führen von den anderen Räumen aus Luken in zugängliche Schächte.« Er deutete auf seinen Raketenrucksack. »Ich halte nichts von Schächten.«

»Hauptnotfallzentrale«, entschied Han.

Die rennenden Schritte hinter ihnen waren jetzt viel, viel lauter. Eine Salve Blasterfeuer fetzte zehn Meter von ihnen entfernt den Putz von der Wand. Fett wirbelte herum und streckte seinen linken Arm aus, um eine lange Feuerlanze in den Tunnel hinter ihnen zu blasen, deren Hitzewellen Milliarden winziger grauer Ascheflocken zu ihnen zurückblies. Der Flammenwerfer machte ihre Verfolger langsamer, aber hielt sie nicht auf.

»Bewegt euch!«, sagte Fett.

Die Tür zur Notfallzentrale öffnete sich nicht automatisch. Mirta hämmerte ein paar Mal mit ihrem Handballen auf den quadratischen roten Schalter an der Seite, und die Türen teilten sich. Sie waren bereits halb in dem Raum, bevor Han erkannte, dass er voller in Reihen hintereinander angeordneter Schreibtische mit Komlinks auf jedem davon war. Die Wände waren komplett mit Holokarten und Anzeigetafeln bedeckt. Hier war im Katastrophen- oder Angriffsfall die Kommandozentrale.

Ein verblüffter Mann in einem weißen Hemd schaute von einem Datenpad auf und starrte sie an.

»Ihr seid früh dran«, sagte er. »Schichtablösung ist doch erst. o Mann!«

Blaues Blasterfeuer zuckte von der Tür heran, und Han, Fett und Mirta schossen gleichzeitig, um zwei Sicherheitskräfte zurückzudrängen. Der Mann duckte sich, die Hände über den

Kopf geschlagen, während Blasterbolzen hin und her jagten, bis Fett die Steuerungstafel der Tür zerschoss, sodass sich die beiden Hälften krachend schlossen.

»Arbeitsschutzbegehung«, sagte Han, als sich der verängstigte Mann flach gegen die Wand drückte. »Weiter so!«

Sie stürmten durch eine von zwei Türen, die mit NOTAUSGANG markiert waren, und befanden sich wieder in einem gelb erleuchteten Korridor. Han fiel auf, dass der Gang aufwärtsführte, während seine angespannten Muskeln nach einer Pause schrien. Hinter ihnen ertönte das Geräusch von Blasterschüssen, die durch die Türen krachten, und dann war da wieder das Hämmern dieser Stiefel. Die Wachen gaben nicht so leicht auf.

»Hier unten wird dir dein Raketenrucksack nicht von allzu großem Nutzen sein, Kumpel«, keuchte Han.

Fett verlangsamte seine Schritte nicht. Er erreichte das Ende des Tunnels und wirbelte herum, wobei er Han beinahe gegen die Wand stieß. Dann beugte er sich in einem Winkel von neunzig Grad zum Boden nach vorn und tippte auf die Steuerungseinheit an seinem linken Unterarm.

»Meinst du?«, sagte er atemlos. »Halt dich hinter mir, Solo.«

Heiße Luft und ein blendender Blitz gelben Lichts rissen Han fast zu Boden, als die kleine Rakete aus Fetts Rucksack über die Rückseite seines Helms hinwegzischte und den Korridor hinabschoss, eine Rauchspur hinter sich herziehend. Die Explosion machte ihn für einige Sekunden taub. Fett packte ihn an den Schultern und stieß ihn vorwärts.

»Hast du eine Ahnung, wie viele diese MM-Neuner kosten?«, grollte Fett.

Han klingelten die Ohren. »Gibt's keine Sicherheitsbestimmungen für dieses Ding?« Er konnte das Dröhnen und Krachen herabfallender Trümmer hören. Sie rannten.

Ein Lichtfleck weiter vorn, der heller war als das gelbe Glühen des Tunnels, ließ Han ganz automatisch weiterlaufen. Flieh. Flieh einfach. Über alles andere kannst du dir später Gedanken machen. Er hatte erwartet, dass Mirta mittlerweile schon halb durch den Park wäre, doch sie stand neben den Ausgangstüren und bestrich sie mit Blasterfeuer, bis sie aufsprangen.

Kühle Abendluft strömte in den miefigen Gang. Der Tunnel endete im Hang eines künstlich angelegten Hügels auf der hinteren Seite des Parks.

»Alles sauber«, sagte sie. »Los, lauft.«

Mirta kam ihm nicht vor wie jemand, den es scherte, ob er lebte oder starb. Aber genau wie Fett hatte sie ihre Gründe dafür, warum sie wollte, dass er in einem Stück blieb. Fett hätte sie beide hier zurücklassen und mit seinem Raketenrucksack entkommen können, aber er ließ Han nicht aus den Augen.

»Ruf deine Frau an«, sagte Fett. »Sorg dafür, dass sie uns einsammelt. Zu dieser nachtschlafenden Zeit können wir nicht durch ganz Coronet laufen. Zu verdächtig.«

In der Nähe der Straße drängten sie sich im Schutz dichter Büsche zusammen, und eine Sekunde lang war Han, als sähe er von außen auf drei mandalorianische Attentäter, in voller Rüstung, die sich in einem hübschen, normalen Park vor corellianischen Sicherheitskräften versteckten, während einen Kilometer entfernt ein Regierungsputsch stattfand. Er aktivierte sein Komlink.

Was mache ich hier eigentlich?

»Hallo, Liebling«, sagte Han. »Kannst du uns abholen?« Leias Stimme war - wie üblich - ganz schicksalsergebene Ruhe. »Wer ist uns?«

»Zwei mandalorianische Kumpels, die mir über den Weg gelaufen sind.«

»Das ist nett. Vom Apartment aus kann ich eine Menge Polizeiaktivität sehen.«

»Ah, das muss wegen Cousin Thrackan sein.« »Wie geht's ihm?«

»Er ist tot«, sagte Han zwischen Übelkeit und lebenslanger Erleichterung hin und her gerissen. »Sehr, sehr tot.«


GGA-HAUPTQUARTIER, GALACTIC CITY, CORUSCANT


»Was ist aus Barit Saiy geworden?«, fragte Ben.

Shevu sah im Haftverzeichnis nach und schüttelte den Kopf. »Nicht hier. Es gibt auch keinen Eintrag über eine Überführung in CSK-Gewahrsam.«

»Aber jeder Gefangene sollte an- und abgemeldet werden, richtig?«

»Richtig.« Shevu blickte auf sein Datenpad, die Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst. »Ich mag es nicht, wenn Gefangene verschwinden.« Er schaffte es, Ben ein Lächeln zu schenken. »Vielleicht wurde er zurück in seine Heimat geschickt, und niemand hat ihn ausgetragen. Vor der Blockade haben wir in aller Eile eine Menge Corellianer zurückgeschickt.« »Ja.«

»Es ist schwer, wenn man persönlich involviert ist«, sagte Shevu leise. »Am besten hält man Abstand und macht alles

nach Vorschrift.«

»Jacen tut das nicht.«

»Colonel Solo ist mein vorgesetzter Offizier.« Das war keine Antwort, die auf den ersten Blick irgendeinen Sinn ergab, doch Ben lernte schnell: Shevu wollte damit sagen, dass er seine Meinung über Jacens Verhalten für sich behalten würde, was auch immer er davon hielt. Er war wütend wegen Ailyn Habuur. Auch Ben war betrübt darüber. Jacen war all das, was er selbst sein wollte, und dann brachte er auf einmal eine Gefangene um - aus Leichtsinn, nicht im Zorn, aber tot war sie dennoch -, und Ben war sich nicht sicher, dass er Jacen wirklich so gut kannte, wie er geglaubt hatte. Will ich so sein?

»Ich verstehe«, sagte Ben und machte sich auf den Weg in die jetzt leere Sporthalle, um mit einer Trainingssonde seine Lichtschwertfähigkeiten zu verbessern.

Die kleine Kugel tanzte umher und drehte sich in der Luft, während er mal senkrecht und mal waagerecht zuschlug, wobei die blaue Klinge bei jedem Hieb eine schwache Lichtspur hinter sich herzog. Wenn er sich ganz auf die Bewegungen einließ und aufhörte, sich bewusst zu konzentrieren, stellte er stets fest, dass er ein perfektes Manöver auf das andere folgen ließ. Es fühlte sich nicht an wie eine Serie von Aktionen; es fühlte sich an wie eine einzige, sein erster und letzter Schlag, einmal ausgeführt und wieder und immer wieder wiederholt. Während er die dahinschießende silberne Kugel verfolgte, kam ein Punkt, an dem sein Verstand vollkommen leer war. Nicht bloß klar - leer.

Und in diesen Augenblicken sah er Dinge.

Es war, als hätte sein bewusstes Denken sein unermüdliches Geplapper aufgegeben und eine Tür weit offen gelassen. Dann bestand sein Verstand nicht länger aus reinem weißen Licht, sondern aus detaillierten Bildern mit Schichten voller Informationen, die er intuitiv verstehen, aber nicht deuten konnte.

Er erstarrte mitten in der Bewegung. Der Trainingssonde tat es ihm gleich und verharrte ebenfalls reglos mitten in der Luft.

Jacen zitierte ihn herbei.

Die ferne Präsenz anderer Jedi war etwas, mit dem er aufgewachsen war, auf die Art und Weise, wie andere Kinder ihre Eltern nach sich rufen hören. Aber das hier war anders. Er wurde herbeizitiert, nicht gerufen. Es war ein Befehl. Er fühlte es.

Er brachte die Sonde zurück und lief los, um Jacen zu suchen. Mittlerweile war es ihm ein Leichtes, ihn ausfindig zu machen, als hätte Jacen eine überwältigende Präsenz in der Macht, wie ein Wegweiser, wenn er es wollte. Manchmal allerdings verschwand er vollkommen. Ben wollte wirklich lernen, das auch zu können.

Jacen saß in einem der Verwaltungsbüros und betrachtete mit über Mund und Nase verschränkten Händen eine Holokarte an der Wand, als würde er über etwas nachdenken, das ihn verärgerte.

»Jacen?«

»Ah, Ben. Ich hatte nicht erwartet, dass du so schnell kommst. Ich hoffe, ich habe dich nicht bei irgendetwas unterbrochen.«

Als hätte ich irgendeine Wahl gehabt. Aber Jacen behandelte ihn immer wie einen Erwachsenen. »Bloß Lichtschwerttraining.«

»Ich schaue mir gerade die Gebiete an, die wir jetzt durchkämmen müssen. Laut CSK findet in den unteren Ebenen eine Schlacht zwischen Atzerri und Coruscanti statt, und die

Bombenräumteams sind gerade dabei, zehn weitere verdächtige Pakete zu untersuchen. Wir schaffen ein Problem aus der Welt, und schon tauchen drei weitere auf.«

»Was willst du, dass ich tue?«

Jacen wies mit einer Hand auf einen Stuhl und bedeutete Ben, sich zu setzen. »Es ist an der Zeit, dass ich dir mehr Verantwortung übertrage. Wir entwickeln uns nur dann weiter, wenn wir die Möglichkeit dazu bekommen.«

Ben versuchte sich vorzustellen, welche zusätzliche Verantwortung man ihm noch anvertrauen könnte. Er hatte bereits an Antiterroreinsätzen teilgenommen und Waffensysteme sabotiert, die imstande waren, ganze Planeten zu vernichten. Wenn man dreizehn war, war das nur schwer zu überbieten.

»Du kannst Waffen und Sprengstoff aufspüren. Darin bist du wirklich gut.« Jacen wies mit seinem Daumen in Richtung der Holokarte an der Wand. »Nur zu. Schau, ob du irgendetwas spüren kannst, wenn du auf die Karte siehst.«

Ben sprang von seinem Stuhl auf und musterte die Karte. Wie die meisten Holokarten von Galactic City hatte auch diese mehrere Ebenen, die er wegnehmen oder in die er tief eintauchen konnte, indem er einfach nur das erhellte Rasterfeld mit dem Finger berührte. Er ließ seine Hand über die Oberfläche gleiten, um sich auf die Macht zu konzentrieren - und fand nichts.

Vielleicht war es nicht auf diesem Bereich der Karte. Er drückte mit dem Finger gegen den äußeren linken Rand der Anzeige, und die Karte verschob sich nach Westen, vom Senatsgebäude weg und in Richtung der Geschäftsviertel. Er hatte das Gefühl, von einem Quadranten ein paar Kilometer südwestlich des Senats angezogen zu werden, aber er spürte

nichts Spezielles.

»Irgendwo hier.«

»Gut.« Jacen stand direkt hinter ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. Normalerweise war das beruhigend, aber in diesem Moment überkam Ben eine plötzliche Erinnerung an Ailyn Habuur. »Mach weiter.«

»Irgendetwas ward geschehen.« Ben hatte das Gefühl, auf die Probe gestellt zu werden. »Fühlst du es?«

»Ja, das tue ich. Und die Ferals des Weltenhirns melden Aktivitäten in diesem Bereich.«

»Was ist es dann?«

»Ich will, dass du selbst dahinterkommst, als Teil deiner Ausbildung. Ich werde hier sein, um dir zu helfen, falls es nötig ist, aber ich glaube, es ist an der Zeit, dass du lernst, Entscheidungen zu treffen. Ich vertraue auf dich.«

Einige Sekunden lang war Ben wahnsinnig begeistert wegen des Vertrauens, das Jacen in ihn setzte. Dann war da wieder die Angst zu versagen und die Erinnerung an Ailyn Habuur.

»Vertraust du mir, Ben?«, fragte Jacen plötzlich. »Na-natürlich tue ich das.«

»Sag mir die Wahrheit.«

Jacen konnte alles spüren. Manchmal schien er beinahe über telepathische Kräfte zu verfügen. Ben wusste, dass es keinen Sinn hatte, ihn zu belügen, und das wollte er auch gar nicht. Er wollte Antworten.

»In Ordnung. Ich begreife nicht, wie du diese Frau so schlimm verletzen konntest«, sagte er. »Du bist kein schlechter Mensch. Du magst Gewalt nicht. Das macht mir Angst, weil ich nicht glaube, dass ich so was jemals tun könnte, und das bedeutet, dass wir verschieden sind, und ich wollte immer genau so sein wie du, und jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher.«

Jacen sah nicht aus, als wäre er verärgert oder beleidigt. Es war schwer zu sagen, wie er das Eingeständnis aufgenommen hatte.

»Das kann ich verstehen«, sagte er leise. »Und wir müssen alle für uns selbst rausfinden, wie weit wir gehen können und was zu tun wir bereit sind. Das weiß man erst, wenn man gezwungen ist, es zu tun.«

Ben war sich nicht sicher, ob er das verstand, aber er wusste, dass er das hier durchziehen musste. So anders als das, was er in den letzten paar Wochen gemacht hatte, konnte es nicht sein. Er wusste, wozu er in der Lage war - und was er nicht tun würde. Dessen war er sich gewiss.

Neue schwarze GGA-Angriffsschiffe - CSK-Schiffe mit neuer Lackierung - warteten bei der Landeplattform auf sie. Captain Shevu lehnte sich aus dem Truppenabteil des Führungsschiffs und hielt sich mit einem Arm an den Streben über seinem Kopf fest.

»Quadrant H-90 ist noch nicht gesichert«, erklärte er Jacen. »Sie haben die Skylane-Kreuzungen mit Speedern verbarrikadiert.«

Jacen sprang hoch durch die Öffnung und zog Ben an Bord. »Sind sie immer noch in Position?«

»Das CSK will ein bisschen Rückendeckung, bevor sie losschlagen. Es scheinen eine Menge Coruscanti darin verwickelt zu sein.«

Jacen runzelte die Stirn. »Sind Sie sicher?«

»Sicher. Nicht jeder Steuerzahler hier scheint mit dem Vorgehen der Allianz einverstanden zu sein.«

Ben dachte darüber nach, während sie in die Luft stiegen und nach links abdrehten, um sich auf den Weg nach H-90 zu machen. Soweit er wusste, war es ein ganz gewöhnliches Viertel: Geschäfte, Bars, Apartments und ein Marktplatz mit kosmopolitischer Bevölkerung. Er hatte angenommen, dass ein Nicht-Coruscanti-Bereich die Quelle der zunehmenden Unruhe und Gefahr war, die er wahrgenommen hatte, als er sich auf die Holokarte konzentriert hatte. Ihm wäre nie in den Sinn gekommen, dass sich die Leute, die er zu beschützen glaubte, weigern würden, sich beschützen zu lassen.

Jeder Tag brachte neue Offenbarungen über die verwirrende Erwachsenenwelt mit sich. Über den Lärm der Triebwerke hinweg, der den Bauch des Schiffs füllte, führten Jacen und Shevu eine gebrüllte Unterhaltung. Coruscant lag wie eine Karte unter ihnen ausgebreitet, leicht verhüllt von einem Dunstschleier.

»Es fing an, als das CSK jemanden verhaftet hat, der Anti-Regierungsparolen an die Wände der lokalen Amtsgebäude von Galactic City geschmiert hatte. Jetzt ist da unten ein kompletter Aufruhreindämmungstrupp im Einsatz.«

»Noch mehr Zwischenfälle?«

Shevu machte eine Pause und legte seine Hand auf sein Ohr, um sich auf den Ohrstöpsel seines Komlinks zu konzentrieren. »Zwanzig Festnahmen wegen Störung der öffentlichen Ordnung. Keine ernsten Verluste. Ziemlich ruhig.«

»Das Schlimmste kommt noch, oder, Ben?«, fragte Jacen.

Ben nickte. Der Wind peitschte die Beine seiner Uniform. »Ja.«

Shevu sah ihn mit diesem intensiven Blick an, der besagte, dass er harte Fakten Macht-Impressionen vorzog. »Ich glaube, das ist etwas, worauf man sich jeden Tag verlassen kann.«

Das Angriffsschiff sank tiefer und glitt über eine Skylane hinweg, die an jeder Kreuzung mit Speedern aller Größen vollgestopft war. CSK-Schiffe hatten sich in sicherer Entfernung dahinter formiert. Der Brennpunkt der Aktivitäten war ein Apartmentblock, wo eine lautstarke Demonstration stattfand. Irgendwer hatte FRIEDEN JETZT und HÖRT AUF, CORELLIA ZU TÖTEN auf die Markisen gesprüht, die Teile der Bürgersteige überdachten, sodass die Botschaften von der Luft aus zu sehen waren.

Die Menge auf den Gehsteigen sah aus wie ein kompletter Querschnitt durch alle galaktischen Rassen, und als das GGA-Schiff tiefer ging, um das Geschehen näher in Augenschein zu nehmen, begrüßte man sie mit Spott und obszönen Gesten. Für eine Friedensdemonstration war das Ganze ziemlich aggressiv. Ben hielt die Augen nach Blastem offen. Die Menge schien sich auf diesem Grat zwischen Sich abregen und Explodieren zu bewegen, den zu sehen er sich mittlerweile gewöhnt hatte. Das Schiff glitt höher und schwebte über der CSK-Reihe, bis ein Speederbike emporstieg, um sich zu ihnen zu gesellen. Der Sergeant, der mit gespreizten Beinen darauf saß, klappte sein Visier hoch, als er auf einer Höhe mit dem Mannschaftsbereich des Schiffs war.

»Jemand hat uns einen Tipp gegeben, dass die irgendwo da unten womöglich Waffen horten. Wir versuchen gerade zu entscheiden, ob wir reingehen und das Gebiet durchsuchen und damit einen ausgewachsenen bewaffneten Aufstand riskieren oder ob wir abwarten, bis sie sich langweilen und wieder nach Hause gehen.«

Jacen, Ben und Shevu begutachteten die Szene aus sicherer Höhe. »Wollt ihr, dass wir reingehen?«, fragte Jacen. »Wir müssen uns keine Gedanken wegen irgendwelcher Beziehungen zur Gemeinde machen, wie ihr es tut.«

»Ja, davon habe ich gehört«, sagte der Sergeant argwöhnisch. Unter ihnen erhob sich ein Sprechchor: Das -Imperium - ist - zurück! Das - Imperium - ist - zurück! »Ihr habt doch nicht vor, in weißen Rüstungen auszurücken, oder? Das würde die richtig in Rage bringen.«

»Sehr witzig«, sagte Shevu. Er senkte seinen Helm und ließ ihn einrasten, um hinter dem schimmernden schwarzen Visier schlagartig anonym zu werden. »In Ordnung, ihr wollt also, dass wir ein paar von denen aus dem Verkehr ziehen?«

Sobald Ben dem Gebiet körperlich nahe war, konnte er wesentlich konkretere Unruhen in der Macht spüren, kleine Strudel bedrohlicher Dunkelheit. Jetzt fühlte er noch etwas anderes. »Es sind große Waffen.«

»Wir hatten irgendwie gehofft, dass es kleine sind, aber.«

Ben konnte ein wachsendes Unbehagen spüren, das sich beinahe so anfühlte, als würde es tief in seinen Ohren jucken, so tief drin, dass es fast die Rückseite seiner Kehle berührte. Er war nah dran. Er reckte den Hals und lehnte sich aus der offenen Mannschaftsbucht so weit nach draußen, wie er konnte, während er an der Sicherungsleine hing.

»Ich weiß, wo sie sind«, sagte er. Er sah zu Jacen hinüber, um sich sein Gefühl bestätigen zu lassen. Jacen schaute ihn einfach nur an und wartete. »Was glaubst du?«

»Was glaubst du?«, fragte Jacen. »Sag's uns.«

»Es fühlt sich. wirklich gefährlich an.«

»Dann triff eine Entscheidung. Gehen wir rein oder nicht?«

Ben schwankte. »Wenn ich mich irre, zetteln wir womöglich einen richtigen Aufstand an, und vielleicht werden Leute getötet.«

Shevu aktivierte seinen Blaster. Das leise Heulen schnitt durch die polternden Stimmen und das Pochen der

Repulsoren. »Bereit, wenn Sie es sind, Sir.«

»Du musst eine Entscheidung treffen, Ben«, sagte Jacen. »Du musst dich jetzt anhand der Informationen, die du hast, entscheiden, was deiner Meinung nach das Richtige ist, und dann zu deinem Entschluss stehen.«

Ben zögerte. Er war sich auf einmal nicht sicher, ob Jacen ihn aufhalten würde, wenn er dachte, dass er falsch lag. Er musste seinen Zug machen.

»Dann riegelt die da ab«, sagte Ben und deutete nach unten auf einen Haufen Wohnungen über einem verwahrlosten Restaurant. »Bringen Sie uns rein.«

Obwohl Ben sicher war - beinahe sicher -, dass er mit Blasterfeuer oder Raketen zurechtkam, die man auf ihn abschießen würde, war er eingeschüchtert. Die Menge unten wurde größer. Einige drehten sich um und rannten davon, als sich die Angriffsschiffe näherten, während andere auf die Schiffe zustürmten. Bei zehn Metern sprang Ben und setzte die Macht ein, um zu verhindern, dass er auf den Bürgersteig klatschte. Leute liefen auseinander. Er hörte, wie Jacen hinter ihm aufsetzte, doch er schaute nicht hinter sich, während er auf die Tür des Restaurants zurannte. GGA-Truppler in schwarzen Kampfanzügen eilten an ihm vorbei und sicherten die Tür, und Ben zog sein Lichtschwert, einfach, weil er jetzt aus reinem Instinkt heraus handelte.

Niemand hielt sich in dem Restaurant auf. Die Tische waren leer, und er rannte zwischen ihnen hindurch auf eine Tür an der Rückseite zu. Hinter sich hörte er Rufe, Schreie und Blasterfeuer: Offenbar lag er mit seiner Vermutung richtig. Er blieb an der Hintertür stehen, nicht sicher, ob er sie gewaltsam öffnen sollte oder nicht, und sah, dass Shevu hinter ihm war, nicht Jacen, um ihm mit dem Blaster im Anschlag den Rücken

zu decken.

Ich kann jetzt nicht aufhören.

Ben öffnete die Tür mit einem Machtstoß und trat hindurch, das aktivierte Lichtschwert in beiden Händen haltend. Er fand sich in der Küche wieder, einem Wirrwarr aus Durastahlregalen, Öfen und Spülen, flankiert von Geschirrschränken und Lagerräumen. Er konzentrierte sich, versuchte zu fühlen, wo vielleicht Leute oder Waffen versteckt waren, und ging instinktiv auf eine Klapptür mit einem Handrad daneben zu. Er spürte keine Person, aber er registrierte etwas undefinierbar Gefährliches.

»Du musst daran denken, einen Ohrstöpsel zu tragen«, flüsterte Shevu in sein Mikro und deutete auf das Handrad, um ihm durch ein Vorstoßen seines Fingers zu verstehen zu geben: Geh rüber auf diese Seite. Dann machte er eine kreisförmige Geste. Dreh das Handrad.

Ben hielt sein Lichtschwert in der rechten Hand und betätigte das Rad langsam mit seiner Linken. Die Tür zischte, als eine Versiegelung geöffnet wurde, und ein Nebel eisiger Luft strömte in die warme Küche hinaus. Shevu hielt zwei Finger hoch, dann einen, dann riss er die Faust nach unten.

Zwei, eins - los!

Ben zog die Tür auf, und Shevu zielte hinein. Es war pechschwarz, und der Zielstrahler des Blasters durchdrang die Dunkelheit einer Kühlkammer, um im Nebel zu leuchten. Ben tastete nach dem Lichtschalter. Frostbedeckte Kisten säumten die Regale, und unidentifizierbare Fleischstücke baumelten an Haken. Niemand versteckte sich da drin.

Ben gab Shevu Deckung, während er die Kühlkammer durchsuchte. Der Captain tauchte mit einem langen Metallzylinder in einer Hand wieder auf. Sein Helm war bereits

mit Eis bedeckt.

»Weißt du, was das ist?«, fragte er.

Ben musterte den Gegenstand. Es war ein Rohr. »Ein Granatwerfer?«

»Fast. Ein Schulterwerfer für kleine Raketen, jedenfalls ein Teil von einem. Da drin sind ungefähr ein Dutzend davon.«

»Die stehen vermutlich nicht auf der Speisekarte.«

»Mit ziemlicher Sicherheit nicht.«

»Okay, gehen wir ein Stockwerk höher«, sagte Ben. »Das haben deine Macht-Sinne dir geflüstert, oder?«

»Ja.«

»In Ordnung. Soll mir recht ein.«

Der Turbolift war winzig, und sie mussten sich hineinzwängen. Ben hasste Aufzüge. Der Moment, in dem sich die Türen öffneten, war am schlimmsten: Seine Macht-Sinne würden ihm zwar verraten, ob draußen ein Empfangskomitee wartete, aber er hatte trotzdem ein ungutes Gefühl in der Magengrube, als sich die Türhälften teilten und er zum ersten Mal in den Flur dahinter blickte.

Diesmal war er sich sicher, dass Leute in der Nähe waren. Er deutete nach links. Shevu lief den Korridor hinunter und richtete seinen Blaster auf die erste Tür, dann bedeutete er Ben mit einer Geste, sich daneben zu stellen, während er das Tastenfeld, mit dem man die Tür verriegeln konnte, mit einem Blasterschuss zerstörte. Ben schickte eine Energiewoge über die Schwelle, um mit einer Schockwelle alle im Innern von den Füßen zu holen.

Wie eine Betäubungsgranate verschaffte einem das einige kostbare Sekunden, um einen Feind zu überwältigen, aber es machte sie nicht vorübergehend taub oder blind. Die beiden Männer drinnen - und Ben entdeckte sie erst, als er ein gutes

Stück in dem Raum war - rappelten sich vom Boden auf, und er machte mit seinem Lichtschwert einen Satz nach vorn. Seine Reflexe übernahmen die Kontrolle. Ein Blasterschuss jagte an ihm vorbei, wahrscheinlich aus Shevus Waffe, und als er sah, wie einer der Männer seinen Arm hob, ließ er das Schwert in einem Bogen niedersausen. Er hatte das Gefühl, als würde das Scharmützel ewig dauern, aber irgendwie wusste er, dass es bloß Sekunden waren. Ein weiterer Blitz weißen Lichts flammte auf, und er wehrte ihn ab, ohne nachzudenken. Dann breitete sich Stille aus.

Die Luft in dem Raum roch nach verbranntem Stoff und kratzte in seiner Kehle. Er spürte seinen Puls in seinen Schläfen hämmern.

»Tja, die sind so tot, wie man nur sein kann.« Shevu hielt seinen Blaster noch immer auf die beiden Männer gerichtet, während er auf sie herabblickte. »Warum hast du meinen Schuss abgeblockt?«

»Habe ich das?«

»Hast du.«

»Aber Sie haben einen erschossen.«

»Nein, einer von denen hat auf mich gefeuert.«

Ben schaute auf seine Hände, als wären es nicht seine eigenen. Er hielt das Lichtschwert wie gewöhnlich beidhändig, und seine Finger zitterten. Er hatte beide Männer umgebracht. Sie mussten beide ungefähr in Jacens Alter sein, und ihm gefiel nicht, was er sah.

»Bist du okay?«

»Waren beide bewaffnet?«

»Ein bisschen spät, um sich darüber Gedanken zu machen.« Shevu hockte sich hin, legte seinen Blaster neben sich und begann die Leichen zu durchsuchen. Ben hörte dröhnende

Stiefel, und zwei GGA-Truppler traten hinter ihm ein. »Nun, einer war's definitiv. Bei dem anderen kann ich keine Waffe finden.«

Möge die Macht mir vergeben. Ich habe sie umgebracht. Ich habe einen Mann getötet, der nicht bewaffnet war. Ich habe nicht mal darüber nachgedacht.

Ben lehnte sich gegen die Wand und rutschte ein Stück daran hinunter, weil seine Beine unter ihm nachgaben. Um ihn herum rannten weitere GGA-Truppler, überprüften die Räume. Er hörte, wie Schränke aus den Angeln gerissen wurden, und Rufe wie: »Hier drin alles sauber!«

Sein Kopf sank in seine Hände. Er wollte hinsehen, aber er konnte nicht. Jemand ergriff seinen Arm.

»Ben, steh auf.« Es war Jacen.

»Es tut mir leid. «

»Ben, reiß dich zusammen. Du hast Arbeit zu erledigen.« Jacen zog ihn sanft, aber bestimmt in die Höhe. »Komm schon. Hör zu. Du hättest die Leichen selbst durchsuchen sollen, anstatt das Shevu zu überlassen.«

»Er war nicht bewaffnet.«

»Hör auf damit. Sein Kumpan war bewaffnet, und hier wimmelt es nur so von Raketenwerfern und anderen Waffen.«

Jacen führte Ben zu den beiden Männern auf dem Boden hinüber und hielt ihn von hinten an beiden Schultern fest, um ihn dazu zu bringen, dass er sie anschaute. Ben schaltete ab. Er spürte, wie sich eine Taubheit in seinem Verstand ausbreitete, und alles, was er sah, waren Umrisse. Er sah keine Leute. Er wusste, dass sich das später ändern würde, aber just in diesem Moment hatte sich irgendetwas eingeschaltet, um ihn vor dem zu schützen, was er sah.

»Du hast eine Entscheidung getroffen, Ben.« Jacens Stimme war leise. Aus dem Augenwinkel konnte Ben sehen, wie Shevu sie beobachtete, oder zumindest sah er in ihre Richtung, den Kopf gedreht, als würde er sich auf sie konzentrieren. »Meistens treffen wir die richtigen, aber manchmal tun wir's nicht. Du hast heute fast alles richtig gemacht. Vielleicht hast du sogar alles richtig gemacht, aber möglicherweise brauchen wir Tage, um herauszufinden, ob dieser Mann eine Bedrohung war oder nicht. So oder so - du kannst es dir nicht leisten, dass dir das zu nahe geht.«

Er drehte Ben in Richtung der Tür, und einer der GGA-Truppler nahm seinen Arm und führte ihn in den Gang hinaus. Der Lärm draußen sickerte in sein Bewusstsein; er fühlte, wie die Macht von einem Aufstand, der gerade stattfand, aufgewühlt wurde. Er hatte das losgetreten. Das war alles sein Werk.

Er schnappte einen Gesprächsfetzen auf.

»Er ist ein Kind.« Shevus Stimme. »Er ist ein Junge.«

»Er ist ein Jedi, und er muss lernen«, sagte Jacen. »Im selben Alter, in dem Sie gelernt haben zu addieren, hat er bereits mit Waffen trainiert.«

Ben nahm einen Atemzug und überließ sich wieder blindem Reflex. Als er auf den Bürgersteig hinaustrat, setzten CSK-Beamte Gasgranaten gegen Teile der Menge ein, die sich nicht zerstreuen wollten. Das rhythmische Dröhnen von Angriffsschifftriebwerken ließ seine Backenzähne vibrieren. Ein CSK-Offizier packte ihn und schob ihn in einen der Mannschaftstransporter der Polizei, und er saß mit dem Rücken gegen das Schott da, stumm und wie betäubt, bis ein vertrautes Gesicht in der Luke auftauchte.

»Hey, Ben«, sagte Korporal Lekauf, der das Visier seines Helms geöffnet hatte. »Bist du okay?«

»Irgendwie.«

»Es ist nie leicht junge.«

»Was ist nie leicht?«

»Jemanden zu töten. Wenn du jemanden zum Reden brauchst, bin ich für dich da - jederzeit.«

Ben wusste, dass er aus diesem Transporter steigen und sich wieder in die Schlacht stürzen sollte, aber eine kleinlaute, ängstliche Stimme in seinem Innern sagte ihm, dass er bloß ein Kind war und dass es nicht fair war und dass er zu seiner Mom wollte. Er brachte die Stimme zum Verstummen. Mandalorianische Jungen in seinem Alter waren bereits Krieger. Sie hätten auf Ben gespuckt, weil er so ein Baby war. Er zog sich auf die Füße und kletterte aus dem Mannschaftstransporter, um wieder den Gehweg hinunterzustolpern, als würde er durch tiefen Schnee stapfen.

Irgendwann - und vermutlich war es nur Sekunden später -ergriff Jacen seinen Arm und reichte ihn an Shevu weiter. Sie rückten ab. Das schwarze Angriffsschiff sank auf eine Höhe mit dem Laufsteg herab, und Shevu hievte Ben an Bord. Auf dem Rückflug zur Basis saß Ben eingeklemmt zwischen Shevu und Jacen da und dachte, dass er einfach zusammenbrechen würde, wenn sie sich bewegten.

»Es wird niemals leichter«, flüsterte Jacen. »Der Tag, an dem es leichter wird, ist der Tag, an dem du mit dieser Sache aufhören musst.«

Irgendwie fand Ben die Stimme wieder, doch sie klang nicht wie seine eigene. Die Worte hallten in seinem Kopf wider. »Wirst du mir beibringen, wie ich meine Präsenz in der Macht verschleiere, Jacen?«

»Warum?«

Sein Instinkt sagte ihm, dass es ihn eines Tages beschützen würde. Doch er hatte noch einen anderen Grund. »Damit Dad mich nicht finden kann, wenn ich es nicht will.«

»Du kannst dich nicht jedes Mal vor deinem Vater verstecken, wenn du etwas tust, womit er nicht einverstanden ist.«

»Ich weiß, aber ich will einfach. manchmal für mich allein sein. Richtig für mich allein.«

Jacen studierte sein Gesicht, als würde er nach irgendetwas suchen. »Du hast dich heute gut geschlagen, Ben. Du musst dich nicht verstecken.«

Die letzten paar Wochen waren eine fortwährende Reihe von Klippenrändern gewesen, an denen er hinuntergestiegen war - zumindest hatte es sich so für ihn so angefühlt -, und irgendwie war er nicht abgestürzt. Aber sie hatten ihn jedes Mal verändert, diese Klippen, und er hatte das Gefühl, als wäre er nie wieder in der Lage, auf den Rand zurückzukehren. Und heute - was heute geschehen war, hatte ihn wirklich verändert. Er wusste es. Er wollte sein altes Selbst zurückhaben, aber der Ben, der er einst gewesen war, war für immer fort.

Er wollte weinen. Aber er war jetzt ein Soldat, und er musste mit dem leben, was er getan hatte.

Dad muss das hier auch durchgemacht haben. Und Mom.

Er fragte sich, ob er jemals imstande sein würde, mit ihnen darüber zu reden. Er bezweifelte es.