5.
Mein Honorar beträgt 500.000 Credits sowohl für Han Solo als auch für seinen Sohn. Wenn Sie das Solo-Weibsvolk und die Skywalkers ebenfalls wollen, geht das extra. Ich kann mich an die Solo-Kinder erinnern, aber ich glaube nicht, dass sie mich wiedererkennen werden.
Ailyn Habuur alias Ailyn Vel, Kopfgeldjägerin, zu einem Mittelsmann von Thrackan Sal-Solo
KOMMUNALER RAUMHAFEN, NIEDER-CORONET, CORELLIA
Han Solo hatte den fein abgestimmten Sinn eines Schmugglers, wenn es darum ging, Ärger aus dem Weg zu gehen. Nach Jahren der Ehrbarkeit war er jedoch ein bisschen aus der Übung, aber es zu vermeiden, in Friedenszeiten in einer Stadt entdeckt zu werden, erforderte mit Sicherheit weniger Geschick. Im Schutz der Dunkelheit bahnte er sich seinen Weg zum Millennium Falken, um nach dem Hyperantrieb zu sehen. Man musste immer noch Arbeit reinstecken.
Die Entfernung von dem gemieteten Apartment zu dem kommunalen Landestreifen betrug zwei Kilometer. Der Falke ruhte inmitten einer bunt zusammengewürfelten Ansammlung von Vehikeln. Dadurch wurde das Schiff, das ansonsten leicht wiederzuerkennen gewesen wäre, lediglich zu einer weiteren zerbeulten, zerschrammten Kiste unter unzähligen Frachtern, modifizierten Kampfjägern, Speedern, Taxis, Landefahrzeugen und einer Reihe massiv umgebauter, schäbiger und unidentifizierbarer Schiffe. Corellianer waren vielseitig, wenn es um die Wahl ihres Transportmittels ging, weshalb ein weiteres altmodisches Schiff in zweifelhaftem Wartungszustand nicht allzu viel Aufmerksamkeit erregte. Tatsächlich war der Falke nicht einmal das einzige Schiff seiner Klasse, das auf dem Vorfeld abgestellt war. Soweit Han sehen konnte, waren da noch mindestens drei andere.
Er schlenderte um die Steuerbordseite herum, drückte die Sicherheitsfernbedienung in seiner Tasche und senkte die Rampe ab, um an Bord zu gehen. Sobald er im Cockpit war, schaltete er das Schiff in den Leerlauf, und die Reihen von Statuslichtern und Anzeigen erwachten flackernd zum Leben. Das hier war Zuhause. Das war es, solange er sich erinnern konnte. Genau hier hatte er einige der wichtigsten Augenblicke seines Lebens verbracht; hier hatte er herausgefunden, wer er wirklich war. Permabeton und Mörtel bedeuteten ihm nichts. Der Falke war mehr als ein Zuhause; er gehörte zur Familie, und alle, die er jemals geliebt hatte, waren früher oder später durch diese Gänge gegangen.
Liebevoll tätschelte er die Instrumententafelverkleidung. »Hi, Baby«, sagte er. »Wie geht's dir? Dann bringen wir dich mal auf Vordermann.«
Der Hyperantrieb war nach wie vor aus dem Lot. Die Spulen und Einspritzventile brauchten noch ein bisschen mehr Zuwendung, um sicherzustellen, dass sie den Antrieb mit genau der richtigen Menge Energie speisten. Einige der Reparaturen waren einfacher mechanischer Kram, wie die richtige Durastahlstärke für die Bolzen der Verkleidung und die Spindeln zu finden, die die Schildfelder generierten. Wie fortschrittlich das Antriebssystem auch immer sein mochte, wenn von Energie erzeugte Kräfte auf den guten, altmodischen Durastahl und die Zusatzteile einwirkten, die das Triebwerk und die Außenhülle zusammenhielten, konnte dies das Ende bedeuten. Kleine Vibrationen wurden größer, zerrissen zum Schluss ganze Schiffe.
Han überprüfte das automatisierte System, das Schallwellen durch die Hülle schickte, um in der Verschalung und im Flugwerk nach überlastungsbedingten Mikrorissen zu suchen. Da war was: Materialermüdung rings um das Antriebsgehäuse. Er musste Halter und Bolzen austauschen, bevor er es riskieren konnte, den Falken auf volle Geschwindigkeit zu bringen. Er schnappte sich einige Werkzeuge und ließ sich Kopf voran in die Antriebszugangsluke hinunter, um sich die Sache selbst anzusehen. In gewisser Weise war es tröstlich, sich die Hände schmutzig zu machen und nach Problemen an Metallklötzen zu suchen, die aus der Welt geschafft werden konnten.
In Ordnung, und wie schaffe ich Thrackan aus der Welt?
Theoretisch war das einfach. Rausfinden, wo er sich zu einem bestimmten Zeitpunkt aufhielt und wie man zu ihm gelangte, einen Schuss abgeben und fliehen.
Aber in der Realität war das nicht ganz so simpel. Das war der Grund, warum Männer wie Fett mit derlei Dingen ein Vermögen verdienten.
Und wenn ich Thrackan aus der Welt schaffe, wird dann nicht sogleich einer seiner Gefolgsleute zur Stelle sein, um seinen Platz einzunehmen? Werden wir ständig auf der Flucht sein?
Nein, es war nur Thrackan. Es war etwas Persönliches, wie es das immer gewesen war, und niemand sonst konnte einen so vollkommen und grundlegend hassen wie die eigene Sippschaft. Han überprüfte den Drehmoment der Gehäusebolzen mit dem Hydroschlüssel und achtete auf die erleuchtete Anzeige am Handgriff. Die Bolzen hatten ein wenig
Spiel. Nicht genug, als dass Fleisch und Blut es hätten entdecken können, aber messbar für sensibles Gerät. Würde er sich jetzt sofort mit dem Falken aus dem Staub machen müssen, würde er die Flucht wesentlich langsamer angehen müssen, wenn er nicht wollte, dass sich das Flugwerk selbstständig in seine Einzelteile zerlegte.
»Ach, Baby, ich habe dich vernachlässigt.«
Er setzte den Schraubenschlüssel an, um die Bolzen einen nach dem anderen zu entfernen, ließ sie in seine Hand fallen und bestrich sie mithilfe eines Pinsels mit einer weichen Metalllegierung, bevor er sie wieder hineinschraubte. Das würde das Schraubenspiel einschränken, bis er die richtigen Ersatzteile fand. »Ich verspreche dir, dass ich nicht zulassen werde, dass du noch mal in so einen Zustand gerätst.«
»Rührend«, sagte eine Stimme über ihm, und instinktiv krümmte er sich zu einer Kugel zusammen, die Knie dicht an seine Brust gezogen, während eine Salve Blasterfeuer eine Handbreit von der Stelle entfernt, wo er eben noch gelegen hatte, aufs Deck traf.
Er rollte sich unter das Gehäuse und griff nach seinem Miniblaster. Eine weitere Salve zischte gegen das Schott neben ihm, und er roch angesengte Farbe und Ozon. Jetzt befand er sich direkt unter dem Gehäuse, zu weit darunter, als dass der Angreifer, wer auch immer das war, einen sauberen Schuss auf ihn abgeben konnte, sofern er nicht nach unten kam und sich flach auf das Deck legte und auf Bodenhöhe feuerte.
Nun, es war nicht Fett, das war mal sicher. Wäre er es gewesen, wäre Flan inzwischen tot gewesen.
Han rollte sich auf seinen Bauch herum, einen Ellbogen auf den Boden des Abteils gestützt, um auf der glatten Oberfläche vorwärtszurobben, mit seinem Blaster in der anderen Hand. Es war schwer, aus diesem Winkel etwas zu sehen, aber er entdeckte Bewegungen und wusste, dass er Stiefel vor sich hatte.
»Komm raus, Solo«, sagte die Stimme. Es war ein Mann, vermutlich jung. Er gab sich nicht zu erkennen, also gehörte er nicht zu CorSic. Ein Windhund. Hat es auf ein bisschen Ruhm abgesehen, auf eine Belohnung. »Dachtest wohl, niemand würde dein Schiff entdecken, was?«
Han staute den Atem und behielt das Wechselspiel des Lichts im Auge, das ihm verriet, dass jemand vor dem Antriebsgehäuse vor- und zurückschlich. Er war unter einem Haufen Metall gefangen, und es gab nur einen Weg hier raus, und der führte in Richtung seines Angreifers. Klasse. Er konnte es schaffen. Das Ganze machte ihn bloß wütend - wütend darauf, dass er die Alarmanlage nicht wieder aktiviert hatte, und noch wütender darauf, dass jemand in seinem Schiff war. Das war die ultimative Kränkung.
Flach unter dem Gehäuse liegend, hatte er einen Blickwinkel von 150 Grad.
Er stellte den Blaster mit seinem Daumen auf Dauerfeuer ein und stützte seinen Unterarm auf dem Deck ab. Auf seinem Handrücken war Blut: Er musste sich an irgendetwas Scharfem geschnitten haben. Er hatte nicht das Geringste gespürt.
Was, wenn dieser Kerl eine Bande hatte, die ihm Rückendeckung gab? »Komm und hol mich, Jungchen!«
Wieder bewegten sich Stiefel. »Du sitzt in der Falle!«
Han gab eine Salve ab, zog sie von links nach rechts, um sicherzugehen, dass er irgendetwas traf. Es gab einen lauten spitzen Schrei von überraschtem Schmerz. »Und deine Tage als Tänzer sind vorbei.«
Jemand polterte mit einem schmerzerfüllten Grunzen aufs
Deck, und Blasterfeuer traf irgendetwas, denn Han sah den Blitz und roch die Verbrennung. Er hatte den Gegner nicht getötet, und das bedeutete, dass er noch immer unter dem Antriebsgehäuse festgenagelt war. Er schätzte ab, wie schnell er darunter hervorkommen konnte, und ihm wurde gerade klar, dass es nicht sonderlich schnell gehen würde, als er ein verdutztes »Aaargh!« und ein markantes und höchst willkommenes Geräusch vernahm.
Vzzzmmmm.
Ein Lichtschwert schnitt einen Bogen durch die Luft, einmal, zweimal, dreimal. Dann folgte Stille. Erwartete atemlos.
»Du kannst jetzt rauskommen, alter Mann.« Das war Leias Stimme. Han bemerkte die leichte Schärfe darin. »Ich habe den Schlamassel für dich in Ordnung gebracht.«
»Danke.«
»Hast du je eine bothanische Brunnenspinne gesehen?« Leia spähte durch die Öffnung, auf allen vieren. »Die kämpfen wie du. Aus ihren Höhlen heraus schießen sie ein Sperrfeuer ätzender Seidenfäden auf Raubtiere ab. Irgendwie hat mich das gerade daran erinnert. Das - und die dürren Beine.«
Han wand sich unter dem Antriebsgehäuse hervor, und zum ersten Mal wurde ihm bewusst, wie viele Blutergüsse und Kratzer er morgen früh haben würde. Es war eine Sache, zu glauben, dass man so fit und so schnell war wie früher, eine andere, dass Verletzungen mit sechzig tatsächlich nicht mehr ganz so rasch abheilten wie mit zwanzig.
»Ihr haltet Euch wohl für komisch, Prinzessin!«
»Keine Ursache. Ich dachte, ich behalte dich besser im Auge.«
»Weil du Gefahr gespürt hast?«
»Zum einen das, und zum anderen weiß ich, wie du die ganze Welt ausschließt, wenn du über dieses Schiff nachdenkst.«
»Ja, Liebe macht blind.«
Han zog sich nach draußen, schnitt sich an irgendetwas die Kopfhaut und fluchte. Als er sich aufrichtete, stand Leia über den toten Attentäter. Er trug Zivilkleidung und sah wie ungefähr dreißig aus. Wenn das stimmte, würde er keine einunddreißig mehr werden, so viel war sicher.
Leia hielt den Griff des Lichtschwerts in einer Hand, sichtlich nervös. Sie warf ihr Haar zurück, als würde es einiges brauchen, sich an das Novum zu gewöhnen, schulterlanges Haar anstelle eines geflochtenen Zopfes zu tragen, der ihr fast bis zur Hüfte reichte.
»Steht dir«, sagte Han.
»Fühlt sich seltsam an. Als wäre mein ganzer Kopf leichter.«
»Es heißt sowieso, dass richtig langes Haar reife Frauen älter macht.«
»Suchst du Ärger, Nerfhirte?«
»Haben wir noch nicht genug?«
»Ich glaube, wir sollten lieber sofort verschwinden.«
»Was ist mit der Leiche?«
»Schmeiß sie aus der Luftschleuse, wenn wir hier weg sind.«
»Wann hat ein nettes Mädchen wie du gelernt, solche Sachen zu machen?«
»Du hast es mir beigebracht.«
»Gut zu wissen, dass auch ich meinen Nutzen habe.« Han befestigte die Abdeckplatte des Antriebsgehäuses, und sie machten sich auf den Weg ins Cockpit. Es war wieder wie in alten Zeiten, aber wie in jenen alten Zeiten, die er nicht noch einmal durchleben wollte. »Wohin?«, sagte Leia.
»Coruscant«, sagte Han. »Wir brauchen Ersatzteile.«
»Und dort ist niemand hinter uns her. Zumindest niemand, der uns zu töten versucht.«
»Luke kann mir stattdessen die Leviten lesen.«
»Wenigstens werden die Droiden und die Noghri froh sein, dass wir wieder da sind.«
Han schaltete das Triebwerk des Falken ein und hoffte auf das Beste. »Ich hatte vor, nach der Reparatur des Antriebs sofort zurückzukommen.«
»Das ist wirklich gerissen«, sagte Leia. Sie verfiel automatisch in die Rolle der Copilotin. Es war beinahe wie damals mit Chewie - beinahe, denn Chewbacca hatte eine Lücke hinterlassen, die nicht einmal Leia auszufüllen vermochte. »Ist das so eine Macho-Sache? Es gibt einen Zeitpunkt, an dem ein Mann aufhören muss wegzulaufen und all dieser Mumpitz?«
»Ich werde bereit für Thrackan sein, wenn die Zeit kommt.«
Leia sagte nichts. Der Falke hob sich, und Han setzte Kurs auf Coruscant.
Der Falke schlüpfte durch die Schifffahrtslinien zum Sprungpunkt, ohne dass mehr als eine routinemäßige Transponderabfrage erfolgte.
»Ich hätte den Kerl fragen sollen, wie er uns gefunden hat«, sagte Han.
Leia hob nicht einmal eine Augenbraue. »Das nächste Mal, wenn ich jemanden davon abhalte, dich zu töten, werde ich dir einen Moment Zeit für deine Fragen lassen.«
Han brachte den Falken dicht an die Maximalgeschwindigkeit. Die drei Stunden, die es dauerte, um die 20.000 Lichtjahre nach Coruscant zurückzulegen, verbrachten sie damit, Anzeigen und Instrumente abzulesen und zu hoffen, dass das Triebwerk nicht auseinanderflog. Bis sie den Luftraum von Coruscant erreichten, hatte der Falke ein uncharakteristisches Vibrieren entwickelt, das dafür sorgte, dass sich der Rahmen des Schiffs anfühlte, als würden sie alle paar Sekunden mit unnatürlicher Regelmäßigkeit über den Ozean schlingern.
Leia beugte sich in ihrem Sitz nach vorn und überprüfte mit sichtlicher Unruhe die Triebwerkstemperaturen und -pro-file. »Bist du sicher, dass du den Falken in einem Stück runterbringen kannst?«
Han zuckte mit den Schultern, in dem Wissen, dass sie das nicht im Mindesten hinters Licht führen würde. »Nein. Aber vertrau mir.«
Er machte das Signalfeuer von Galactic City bei 750.000 Kilometern aus. Er setzte Kurs auf eine der öffentlichen Andockbuchten, die ein gutes Stück vom Zentrum der Stadt entfernt lagen - und von ungewollter Aufmerksamkeit. Was würden sie tun, wenn sie wüssten, wer er war? Nichts. Dies war eine zivilisierte Welt, wo man ihm vielleicht einige unbehagliche Fragen hinsichtlich seiner Sympathien für Corellia stellen würde, falls irgendwer wusste, dass er zusammen mit Wedge diese Mission geflogen war. Doch das taten sie nicht, und so konnte er in der Öffentlichkeit unbekümmert als Solo, Captain H. auftreten, wann immer es ihm gefiel.
Dennoch war Han so vorsichtig, den Falken weiterhin als Frachtraumer von Tatooine auszugeben. Früher hätte eine visuelle Überprüfung oder eine Thermalsignatur den Falken als Kampfschiff verraten, aber er war alt, und jede Menge verschrobener Händler flogen mittlerweile ehemalige modifizierte Flottenkriegsschiffe, denn die hatten hübsche große Frachträume, und die Defensivbewaffnung war in
einigen Teilen der galaktischen Geschäftswelt unumgänglich.
Die Computerkonsole kommunizierte lautlos mit der Luftraumüberwachung von Galactic City, tauschte Nachrichten aus, die zu Streifen erhellter Texte und Symbole verschwammen. Schließlich zeigte der Bildschirm eine beruhigende Mitteilung, die für menschliche Augen bestimmt war: FREIGABE ZUM ANDOCKEN AN LIEGEPLATZ BW 9284 ZEITFENSTER 1245 BIS 1545.
»Okay, bereitmachen zum Andocken«, sagte Han.
»Das sagst du sonst nie.«
»Ich habe bislang ja auch noch nie angenommen, dass das Triebwerk womöglich ohne den Rest des Schiffs landet.«
Leia beäugte die Konsole mit einem leichten Stirnrunzeln; weiße und grüne Lichter von den Instrumenten reflektierten auf ihrem Gesicht. Han stellte fest, dass er bei ihr nach Anzeichen von Bestürzung suchte, als würde ihre Zuversicht allein für eine sichere Landung ausreichen. Der Falke zitterte jetzt merklich: Nichts Spektakuläres, sondern eine regelmäßige, kaum wahrnehmbare Bewegung, wie ein alle fünf Sekunden aussetzender Herzschlag, mit dem leisen Gemurmel sich bewegender Teile, das nur ein Pilot hörte, der das Schiff so gut kannte wie seinen eigenen Körper. Und Han kannte den Falken so gut.
Genau wie Leia. Sie warf ihm einen Blick zu und zwinkerte. »Alles wird gutgehen.«
»Auf Sublichtgeschwindigkeit runtergehen.«
»Sublichtgeschwindigkeit«, sagte Leia, den Ruderbefehl bestätigend.
Der Falke murrte wieder. Han stellte fest, dass sich seine Knöchel weiß unter der Haut seiner rechten Hand abzeichneten, während er den Steuerknüppel umklammerte.
Je fester er ihn hielt, desto mehr wurde die Vibration zu etwas verstärkt, wegen dem man sich Sorgen machen musste.
»Aktiviere Manövrierantrieb.« Das Triebwerk zündete mit seinem eigenen charakteristischen Brummen und seinem eigenen Widerhall. Komm schon, Baby. Bloß eine gewöhnliche Landung. Davon hast du schon eine Million auf dem Buckel. Bleib in einem Stück. »Entfernung 500.000 Kilometer.« »Korrigiere Anflugwinkel.« »Mach 24 Grad.« »Korrigiere um vierundzwanzig.« »Ruhig halten.«
Die Navigationsanzeige zeigte ein akkurates Gitter aus Linien und Zahlen mit dem Symbol, das den Falken repräsentierte, auf den Kurs ausgerichtet, der einen sicheren Anflug auf das Start- und Landefeld von Galactic City darstellte. Ein rhythmisches Zittern mischte sich unter die vertrauten Schichten von Geräuschen und Vibrationen, die Han so gut kannte, dass er nicht einmal darüber nachdenken musste, ob sie normal waren.
»Sag es nicht«, sagte Leia scharf. »Was soll ich nicht sagen?« »Dass du ein schlechtes Gefühl hierbei hast.« »Ist mir nie in den Sinn gekommen«, log Han. »Mir schon.« Leia schaute nicht einmal von der Steuerkonsole auf. »Denn ich habe auch eins.«
PLATZ DES INNERSTEN, CORUSCANT
Lumiya kam. Sie hatte auf Jacens Aufforderungen reagiert: Sie war auf dem Weg nach Coruscant, ohne Widerwillen oder Angst.
Und er konnte sie fühlen. Er stellte fest, dass er sie - und ihre Gefühle - so gut verfolgen konnte, als könne er sie sehen.
Ben saß neben ihm, ungewöhnlich still, die Hände im Schoß. Er trug einen sehr kurzen Zopf in seinem roten Haar. Kaum lang genug, um geflochten zu werden, war er mit einem Stück braunen Garns unbeholfen zusammengebunden.
»Frisurdebakel?«, fragte Jacen, als er den Zopf sah. Er entdeckte an Ben jeden Tag mehr, das er mochte und bewunderte. Der Junge wuchs schubweise, und zwar sowohl emotional als auch physisch, und die letzten paar Wochen schienen fast einen Mann aus ihm gemacht zu haben. Doch Jacen wollte, dass er sich seinen Sinn für Humor bewahrte. In den kommenden Jahren würde er ihn brauchen.
»Ich. äh, dachte, ich sollte es mir wachsen lassen.« Bens Schamröte konnte es beinahe mit seinem Haar aufnehmen. »Sieht das blöd aus?«
»Nicht im Geringsten. Aber technisch gesehen bist du kein Schüler, also musst du den Zopf nicht tragen, wenn du es nicht möchtest.«
»Ich möchte es.«
»Fein. Gut.«
»Auf wen warten wir?«
Ich hasse es, ihn zu täuschen. Aber es muss sein. »Auf eine Frau, die einige Nachforschungen für uns anstellen wird. Militärische Gefahrenauswertungen.« Er ging noch einen riskanten Schritt weiter - aber Lumiyas alter Name war alltäglich; es war unwahrscheinlich, dass er irgendwelche Aufmerksamkeit erregte, und er kam ihm einfach so über die Lippen: »Ihr Name ist Shira. Du wirst sie vermutlich von Zeit zu Zeit in der Nähe sehen.«
»Aber wir können Analysen vom Sicherheits- und
Geheimdienstausschuss erhalten.«
»Ich würde aber gern noch eine unabhängige Meinung hören. Man kann nie zu viele Informationen haben.« Jacen gab Ben einen spielerischen Knuff. Das half ihm dabei, den Schock zu verbergen, der immer wieder in ihm aufstieg, nachdem er gesehen hatte, was für eine Gräueltat sein Großvater verübt hatte. »Wo wir gerade davon sprechen: Du hast mir deine Gefahreneinschätzung noch nicht gegeben.«
Bens Augen weiteten sich; er wollte nichts Falsches sagen. »Wovon, Jacen?«
»Ich warte darauf, zu hören, welchen Eindruck die Örtlichkeiten auf dich gemacht haben, die du aufgesucht hast.«
»Der Tatort des Bombenanschlags hat nicht viel gebracht -nicht, dass das CSK mich sonderlich nah rangelassen hätte -, aber das corellianische Heiligtum war. nun, unheimlich.«
»Warum?«
»Ich habe mit einigen Corellianern gesprochen, die dort aufgeräumt haben. Sie schienen Coruscant wirklich zu hassen. Ich verstehe das nicht.«
»Coruscant hatte schon früher Streitigkeiten mit Corellia.«
»Aber sie hassen uns und leben hier.«
»Dies ist ein weltenoffener Planet. Viele der Welten, gegen die wir am Ende vielleicht kämpfen, haben hier Gemeinden.«
»Aber, Jacen, wenn sie davon sprechen, hier gegen uns zu kämpfen.«
»Tun sie das?«
»Nun, da war so ein Kerl, ein bisschen älter als ich. Vermutlich bloß. ein Maulheld.«
Jacen nickte, beeindruckt von Bens kühler Sachlichkeit. »Es ist immer erschreckend, was alles einen Krieg auslösen kann. Häufig ist es etwas relativ Unbedeutendes, und dennoch stürzt
es alles ins Chaos.«
»Das ist der wahre Feind«, sagte Ben. »Das Chaos.«
Jacen erschauerte beinahe. Das war eine weitere von diesen scharfsinnigen, über sein Alter hinausgehenden Bemerkungen, zu denen Ben zunehmend neigte. Außerdem entsprach es fast dem Denken der Sith. Ben würde einen guten Schüler abgeben. Sein Pflichtbewusstsein wurde immer ausgeprägter.
»Das ist jedenfalls meine Meinung«, sagte Jacen. »Der Galaxis geht es am besten, wenn Ordnung herrscht.«
Jacen behielt die Bürger im Auge, die den Platz überquerten. Er wusste, dass Lumiya nicht so dumm sein würde, hier mit ihrem exotischen dreieckigen Kopfputz aufzutauchen und eine Lichtpeitsche zu schwingen. Er konnte spüren, wie sie sich näherte, und es war beinahe ein Spiel, sie allein mittels seines Sehvermögens zu entdecken.
Er hatte ihr nicht gesagt, dass er Ben bei sich haben würde. Er wollte sehen, wie sie auf ihn reagierte, und auch, wie Ben auf sie reagierte. Ben konnte sich noch immer nicht daran erinnern, was draußen bei Bimmiel passiert war, auch wenn er inzwischen aufgehört hatte, deswegen Fragen zu stellen.
Ungefähr hundert Meter entfernt erhaschte Jacen einen Blick auf eine Frau in mittleren Jahren, in einem adretten roten Geschäftskostüm - schlichte Jacke und Hose -, das so dunkel war, dass es an Schwarz grenzte. Sie hatte einen dazu passenden Schal um ihren Kopf geschlungen, der fast ihr gesamtes Gesicht bedeckte. Ihre Augen wurden vom hauchdünnen Material irgendeines durchscheinenden Seidenstoffs verdunkelt. Auf trockenen, staubigen Planeten war das eine praktische, alltägliche Kleidung, und in der Hauptstadt schien sie ebenfalls ihren Zweck zu erfüllen.
Er wusste, dass es Lumiya war. Er verstärkte seine Präsenz in der Macht, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, und sie änderte leicht die Richtung, als hätte sie ihn genauso entdeckt, wie jeder andere es hätte tun können.
Je näher sie kam, desto stärker wurde sein Eindruck von einer Sith, die bewusste Anstrengungen unternahm, ihre Gegenwart in der Macht zu verbergen, und damit beinahe Erfolg hatte.
»Ist sie das?«, fragte Ben.
Lumiya hatte Jacen gesehen und ging geradewegs auf ihn zu. Sie musste Ben ebenfalls gesehen haben, aber sie reagierte nicht auf ihn. Sie blieb direkt vor Jacen stehen und hielt mit beiden Händen ein schwarzes Folio-Etui vor sich, fast wie einen Schild. Sie trug eine weiche, formlose schwarze Tasche unter einer Schulter. Er glaubte zu wissen, was sich darin befand.
»Meister Solo«, sagte sie.
Netter Auftritt. Und sogar ihre Stimme war anders. »Ich bin kein Meister, aber vielen Dank, Shira.« Er wandte sich bedächtig zu Ben um. »Das ist mein Schüler, Ben Skywalker. Auf inoffizielle Weise, natürlich.«
»Ich bin mir sicher, dass ich Sie schon einmal gesehen habe«, sagte Ben. Er klang verwirrt, aber in seinen Gefühlen zeigten sich keine Hinweise darauf, dass er sie als Brisha wiedererkannte, als jene Frau, gegen die er bei Bimmiel eine ausgeprägte Abneigung empfunden hatte. »Schön, Sie kennenzulernen, Ma'am.«
»Vielleicht hast du mich in der Universität gesehen«, sagte Lumiya.
»Ich bin erst dreizehn«, sagte Ben.
»Wirklich? Oh, dann vermutlich nicht.« Sie hielt Jacen ihr Etui hin, mit einem Mal eine sehr überzeugende Akademikerin. »Ich habe die gegenwärtigen militärischen Kapazitäten von
Corellia und der Planeten bemessen, die Corellia aller Wahrscheinlichkeit nach unterstützten werden. Möchtet Ihr, dass ich die Berichte mit Euch durchgehe?«
Gute Schauspielerin. Lumiyas Fähigkeit, Illusionen zu erzeugen, entfaltete auch in der physikalischen Welt ihre Wirkung.
»Ich dachte, wir könnten vielleicht zum Jedi-Tempel gehen«, sagte Jacen. Für eine Sith war das Versuchung und Bedrohung in einem. »Es gibt dort ruhige Plätze, wo wir uns unterhalten können. Ben, willst du auch mitkommen?«
Jacen nahm an, dass er darauf bestehen würde, denn er war verzweifelt bemüht zu lernen, selbst wenn das bedeutete, Versammlungen abzusitzen, die selbst Erwachsene langweilten. Doch Ben fragte stattdessen: »Ist es in Ordnung, wenn ich die Flotteneinsatzzentrale aufsuche? Admiralin Niathal hat gesagt, dass ich das könnte.«
Das hatte Jacen nicht erwartet. »Natürlich.«
Ben verabschiedete sich von ihnen mit einer höflichen Verbeugung und ging quer über den Platz davon, jeder Zentimeter ein junger Mann.
»Lukes Sohn wächst schnell heran«, sagte Lumiya und hob ihren Schleier, um ihre Augen zu enthüllen.
»Keine Sorge, er hat dich nicht erkannt.«
»Warum habt Ihr mich hierhergeholt?«
»Ich wollte über das sprechen, was wir in deinem Heim zu ergründen begonnen haben.«
»Ihr habt viel darüber nachgedacht, das habe ich gefühlt.«
»0 ja, in der Tat.« Jacen erhob sich und bedeutete ihr, ihm zu folgen. »Ich habe an wenig anderes gedacht.«
»Seid Ihr zu dem Schluss gelangt, mich Euch dabei helfen zu lassen, Euer Schicksal zu erfüllen?«
»Ja.«
Sie musterte sein Gesicht und drehte beim Gehen ein bisschen den Kopf. Er konnte lediglich ihre Augen sehen -strahlend, grün, irgendwie permanent wütend -, aber er nahm ihren Versuch, seinen Verstand zu berühren, nur zu deutlich wahr.
»Ich stehe Euch zu Diensten«, sagte sie leise. »Du warst noch nie im Jedi-Tempel, oder?«
»Nein. Das wird interessant.«
»Ich hoffe, du kannst deine dunkle Energie unterdrücken.«
»Ist es das, was du testest, Jacen?«
»Ich muss wissen, wie sicher es ist, dich in meiner Nähe zu haben«, sagte er. »Es gibt keine bessere Methode zu sehen, ob man dich entdecken wird, als auszuprobieren, ob du unbemerkt den Jedi-Tempel durchqueren kannst.«
Er glaubte, dass sie lächelte. Da waren gewisse Bewegungen der feinen, sonderbar faltenfreien Haut rings um ihre Augen, und das verunsicherte ihn. »Ich habe es geschafft, die Rebellion zu infiltrieren.«
»Damals warst du keine Sith.«
»Ich habe mich jahrzehntelang versteckt.« Sie legte den Schleier wieder an. »Und ich kann mich auf unbestimmte Zeit versteckt halten - überall.«
Jacen rief ein Lufttaxi herbei und stieg zusammen mit Lumiya ein. Eigentlich ein banaler und alltäglicher Akt, wäre Lumiya nicht eine Sith-Meisterin gewesen. Einen Moment lang sah Jacen beinahe die komische Seite daran. Er konnte sich fast vorstellen, wie der Taxipilot - ein Weequay - seinen anderen Fahrgast erzählte: »Ja, neulich hatte ich eine von diesen Siths in meinem Taxi.«
Aber der Pilot würde es nie erfahren.
Auf dem Weg zum Tempel sprachen sie überhaupt nicht.
Was, wenn sie mich benutzt? Wer wird mich in den Wegen der Sith unterweisen, wenn ich gezwungen bin, sie...
Jacen ertappte sich bei dem Gedanken, dass er sie möglicherweise unschädlich machen musste, wenn sie von Rachegedanken gegen die Jedi im Allgemeinen oder gegen einen bestimmten Jedi angetrieben wurde. Er wusste genau, was in diesem Fall unschädlich machen bedeutete, und einmal mehr war er überrascht über die Leichtigkeit, mit der er einen kleinen Schritt weiter in die Richtung tat, Dinge zu tun, die als böse zu betrachten man ihn erzogen hatte.
»Pilot, setzen Sie uns bitte hier ab.«
Lumiya ging neben ihm die Promenade entlang, die zum Tempel führte, und es fühlte sich an, als hätte sie sich selbst vollkommen eingehüllt. Er konnte ihr Unbehagen spüren, aber jede Spur von Dunkelheit war zu nichts weiter als zu den schwelenden Gefühlen reduziert, die sich in jedem gewöhnlichen, ungeschulten menschlichen Wesen fanden. Sie trat durch die großen Türen des eindrucksvollen Eingangs und reagierte so, wie es jede andere normale Person ohne Machtsensibilität getan hätte: Sie blieb abrupt stehen und sah sich um. Hätte sie keinen kompletten Schleier über ihrem Gesicht gehabt, hätte sie ebenso gut mit offenem Mund gaffen können.
»Eine ziemliche Zurschaustellung materieller Pracht, nicht wahr?«, sagte er.
»Eine Machtdemonstration«, erwiderte Lumiya, wunderbar doppeldeutig.
Schauen wir mal, wie viel Versuchung du standhalten kannst.
Er führte sie durch die wenigen Bereiche, die auch Nicht-
Jedi zugänglich waren, und niemand hielt ihn auf. Immerhin war er Jacen Solo, und er hatte das Recht, einen weltlichen Gast hierher einzuladen.
Er brachte sie in den Raum der Tausend Fontänen. Falls irgendetwas sie dazu zwangen konnte, ihre wahren Absichten zu enthüllen - und wenn auch nur als Schimmer eines Anflugs von Rachsucht -, war es die Nähe zu einem Ort der Meditation, und dann würde er es entdecken.
Anschließend wartete noch eine weitere Prüfung, doch auf die musste er ein bisschen vorsichtiger hinarbeiten: Er wollte Lumiya bis auf Schlagreichweite an Luke Skywalker heranbringen.
Es gab nichts Besseres, um die wahren Gefühle von jemandem zu entschlüsseln, als diesen Jemand mit einer alten Liebe zusammenzubringen, die gleichzeitig ein alter Freund war.
Sie gingen in das gewaltige Gewächshaus voller exotischer Pflanzen, die aus allen Teilen der Galaxis zusammengetragen worden waren. Lumiya strahlte weiterhin Neugierde und ein wenig Überraschung aus. Im Moment meditierten hier nur wenige Jedi, und Jacen fand eine bequeme Bank zwischen zwei Assaribäumen, deren Zweige sich ungeachtet des Fehlens von Wind sanft wiegten. Wasser strömte über einen großen Granitfelsen und ergoss sich in einen Bach, der unter einem Dickicht aus Bhansgrekbüschen verschwand.
»Ich würde es vorziehen, wenn du auf Coruscant bliebest«, sagte Jacen.
»Wenn es das ist, was Ihr wollt.«
»Ich werde ein sicheres Versteck für dich arrangieren.« Dies war nicht der Ort, um eine Unterhaltung dieser Art zu vertiefen. »Und ich möchte darüber sprechen, was meine
weitere Unterweisung womöglich beinhaltet.«
»Eile wird dabei von einiger Bedeutung sein«, sagte Lumiya.
Oh, ich weiß, wie schnell sich die Dinge entwickeln. »Warum?«
»Ich fühle, was Ihr fühlen könnt - dass wir an der Schwelle eines weiteren Krieges stehen, und es gibt Kriege, von denen sich die Bevölkerung vielleicht nie wieder erholt.«
»Ich glaube nicht, dass es in unserer aufgezeichneten Geschichte jemals eine Zeit gab, in der nicht irgendwo ein Krieg tobte.«
»Dann ist das bloß ein Grund mehr, die Zukunft zu ändern.«
Jacen zeigte ihr so viel vom Rest des Tempels, wie er mit einem Besucher betreten durfte, und kein Jedi reagierte auf sie. Sie verriet sich nicht durch eine einzige Emotion, die auf irgendwelche Absichten hindeutete, die über die hinausgingen, die zu haben sie vorgab: dass sie ihm dabei helfen wollte, sein Schicksal als oberster Sith-Lord zu erfüllen.
Er warf einen Blick auf seinen Chronometer. Ihm kam eine verwegene Idee, und er gewöhnte sich allmählich daran, sie als Ratschläge der Macht zu sehen und darauf zu hören. Das planmäßige Treffen des Hohen Rates würde in Kürze zu Ende sein.
All seine Studien Hunderter verschiedener Methoden, sich die Macht nutzbar zu machen, waren jetzt an einem Punkt angelangt, an dem sie endgültig Früchte tragen würden. Die einzigen Lücken in seinem Wissen über die Macht waren jene über die Wege der Sith.
Sith-Techniken sind lediglich eine weitere Waffe.
Und sie waren grundsätzlich weder gut noch böse. Sie existierten einfach, wie ein Blaster, und man konnte einen Blaster genauso einfach dazu benutzen zu morden wie um sich zu verteidigen. Es hing ganz davon ab, wer ihn in Händen hielt und wer in der Schusslinie stand.
So viel wusste er.
»In Ordnung. Wie kann ich die Zukunft zum Besseren wenden?«
»Die nächsten paar Wochen werden darüber entscheiden, was Ihr noch lernen müsst«, sagte Lumiya.
»Hast du diesen Bombenanschlag eingefädelt?« Lumiya lachte, ein kleines, entrüstetes Schnauben des Unglaubens.
»Ich muss nicht für Chaos sorgen, Jacen«, sagte sie leise. »Die Leute sind nur zu bereit, das selbst zu tun. Nein, damit hatte ich nichts zu tun.«
Er überprüfte wieder sein Chrono. Ja, er musste es jetzt tun. Es wurde Zeit für die letzte Prüfung ihrer Aufrichtigkeit.
»Machen wir einen Spaziergang«, sagte er.
Er führte sie durch die Korridore zur Haupteingangshalle, von der die Gänge zur Kammer des Hohen Rates abgingen. Lumiya sollte in der Lage sein, Lukes Gegenwart zu registrieren, aber es war unerlässlich, dass Luke ihre nicht wahrnahm. Jacen konzentrierte sich darauf, eine Macht-Illusion um sie herum zu erzeugen, nicht, um sie wie jemand anderen erscheinen zu lassen, sondern einfach, um ihre Ausstrahlung als eine Sith auszulöschen, für den Fall, dass ihre eigene Tarnung nicht stark genug war, um Luke zu täuschen.
Du bist verrückt, sagte er sich. Was, wenn du dich irrst? Was, wenn Luke sie fühlen kann? Wer wird dir dabei helfen, das vollständige Wissen der Sith zu erlangen, wenn Lumiya getötet oder eingesperrt wird?
Jacen hatte sich dies als Prüfung von Lumiyas Absichten ausgedacht, und diesen Zweck würde es auch erfüllen. Er musste sich daran gewöhnen. Er musste auf seine Reaktionen vertrauen, durfte sie nicht als zweifelhafte Impulse ansehen, sondern als Entscheidungen.
Ruhig. Hab Vertrauen zu dir selbst.
Jacen tarnte Lumiya mit einer Macht-Illusion und projizierte seine eigene unbekümmerte Ruhe nach außen, als Luke näher kam. Es war ein aufreibendes Unterfangen, nichts Großartiges, wenn man es mit gewöhnlichen Leuten zu tun hatte.
Aber etwas, das all seine Kraft erforderte, denn es galt, einen Jedi-Meister von Lukes Format zu täuschen.
Luke marschierte mit großen Schritten auf sie zu und schaute ein paar Mal über seine Schulter zurück, als würde ihm jemand folgen. Er grüßte Jacen steif und schenkte Lumiya nicht mehr als höfliche Aufmerksamkeit, als wäre er in Gedanken mehr bei dem, was sich weiter den Korridor hinunter abgespielt hatte.
Jacen strengte sich an, die Macht-Illusion aufrechtzuerhalten, wie eine Hitzekugel in seiner Brust, die er im Gleichgewicht halten musste, um sie daran zu hindern, dass sie seinen Brustkorb berührte. Genau so fühlte es sich an. Und Lumiya. Lumiya, die irgendwie als Miniatur in dieser Hitzekugel steckte, verspürte keinerlei Rachsucht oder versuchte, ihre Absichten zu verschleiern; stattdessen sorgte sie sich aufrichtig darüber, entdeckt zu werden, bevor ihr Werk vollbracht war.
Luke wirkte verwirrt.
Mit einem Mal wurde Jacen klar, dass es nicht irgendetwas im Büro am anderen Ende des Korridors war, das Luke ablenkte: Er konnte spüren, dass etwas nicht in Ordnung war, aber er war sich nicht sicher, was das war.
Er spürte Lumiya, aber sehr schwach. Jacen wusste es.
»Guten Morgen, Onkel.«
»Hallo, Jacen.« Luke sah Lumiya kurz an, aber dann konzentrierte er sich wieder auf Jacen. »Morgen, Ma'am. Wo ist Ben?«
»Admiralin Niathal führt ihn in der Flotteneinsatzzentrale herum.« Jacen wusste, dass Luke in Eile war, um sich mit Omas zu treffen, so wie er es nach jedem Treffen des Rates tat. »Hast du Zeit für einen Kaff?«
Luke schüttelte den Kopf, wie Jacen es erwartet hatte. »Tut mir leid. Vielleicht später.« Er gab sich Mühe, sein Unbehagen in Bezug auf Jacen vor der Fremden zu verbergen. Er nickte Lumiya höflich zu und warf dann wieder einen flüchtigen Blick hinter sich. »Ma'am.«
Sie sahen zu, wie er davonging. Dann stieß Lumiya den Atem aus.
»Das hättet Ihr nicht tun müssen.«
Jacen hielt die Macht-Tarnung aufrecht. »Ich glaube, doch.«
»Meine Differenzen mit Luke Skywalker gehören längst der Vergangenheit an, Jacen.«
»Wirklich?«
»Ja. Wollte ich zu ihm gelangen, brauchte ich Euch nicht dafür. Bitte versteht, was hier auf dem Spiel steht. Das hier geht über unseren eigenen kleinen persönlichen Groll hinaus.« Sie nahm ihr Folio-Etui auf. »Ich sollte jetzt gehen.«
Er fühlte ein Aufwallen echter Verärgerung in ihr. Er glaubte ihr. Die Dinge entwickelten sich so, wie sie es taten, weil dies sein Schicksal war. Von Stunde zu Stunde war er mehr bereit, das zu akzeptieren.
»Ich begleite dich hinaus«, sagte er.
Sie nahmen den Haupteingang und blieben auf halbem Wege die Promenade hinunter stehen, um zum Tempel zurückzuschauen. »Also, was für ein Gefühl ist es, im Lager
deines Feindes herumspaziert zu sein?«
»Ich betrachte die Jedi augenblicklich nicht als den Feind«, sagte Lumiya. »Das wäre viel zu grob vereinfacht.«
»Als was dann?«
»Es sind Leute, die nur das halbe Bild sehen und trotzdem glauben, dass sie alle Fakten kennen. Das macht ihre Entscheidungen fehlerhaft.«
»Es ist hart, den Rest dieses Bildes sehen zu wollen.«
»Ihr tut es bereits.«
Er verfolgte, wie Lumiya in Richtung des Taxistands davonging, bis er sie nur noch spüren konnte. Er war so darin vertieft, die kleinen Wellen zu erkunden, die sie in der Macht hinterlassen hatte, und sie nach Hinweisen abzusuchen, dass er vor dem erschrak, was dann seinen Verstand berührte, fast, als hätte ihm jemand auf die Schulter geklopft.
Er fühlte seine Mutter. Sie steckte in Schwierigkeiten.
Seine Zukunft als Sith-Lord ließ sich sehr leicht für einen Moment beiseiteschieben, während er sich darauf konzentrierte, sie zu finden.
CORELLIANISCHES VIERTEL, GALACTIC CITY, CORUSCANT
Ich hätte Jacen sagen sollen, wo ich hingehe.
Ben hatte Jacen nicht direkt angelogen: Er hatte das Flottenkommandozentrum tatsächlich aufgesucht, und Admiralin Niathal hatte ihn auch in den Einsatzräumen herumgeführt. Es hatte bloß nicht so lange gedauert, wie er erwartet hatte. Er war noch immer unglaublich neugierig auf die Corellianer, die auf Coruscant lebten und die jetzt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit das waren, was Niathal als den Feind im Innern bezeichnete.
Ben hatte Schwierigkeiten, sich darüber klar zu werden, wer auf einem Planeten mit tausend Spezies wirklich Coruscanti war. Aber sie lagen im Krieg mit anderen Menschen. Wer waren die? Wer waren wir? Wie konnte Coruscant sowohl eine eigenständige Welt als auch der Inbegriff der Galaxis sein - der ganzen Galaxis?
Vielleicht war dies das Problem.
Ben befand sich in einem der corellianischen Viertel nahe dem Zentrum von Galactic City, wo er auf den Laufstegen zwischen Läden und Wohnhäusern und Unternehmen umherwanderte. Er suchte nach einer Werkstatt namens Saiys, die Barits Familie gehörte. Es sah wie in jedem anderen Viertel aus: Die Namen der Geschäfte klangen nicht anders als jene im Rest von Coruscant. Die Leute sahen aus wie er. Je mehr nichtmenschliche Rassen er sah, desto mehr faszinierte Ben die Leichtigkeit, mit der Lebewesen gegen Angehörige ihrer eigenen Art kämpfen konnten. Es war, als würden die kleinen Unterschiede mehr zählen als die wirklich großen - als müsste man etwas erst kennen, bevor man es richtig hassen konnte.
Kein Wunder, dass Jacen der Galaxis ein bisschen Ordnung bringen wollte.
Jedi waren nicht wirklich unsichtbar, aber ein braunes Gewand zu tragen, verschaffte einem aus irgendeinem Grund eine gewisse Neutralität, wie Jacen es nannte. Ben schlenderte auf den Laufstegen dahin, nahm die Einzelheiten in sich auf, und obgleich einige Leute ihn mit vager Neugierde anschauten, behelligte ihn niemand.
Vielleicht sehen sie nur ein Kind und keinen Jedi.
Ben ging gerade an der Fassade eines kleinen Lebensmittelgeschäfts vorbei, als er das unverkennbare Brummen eines großen Gefährts hinter sich hörte. Er schaute zurück, um ein Einsatzschiff der Sicherheitskräfte von Coruscant zu erblicken, von der Art, wie die Polizei sie für Patrouillen benutzte. Es bewegte sich mit offenen Seitenluken langsam die Skylane entlang. Vielleicht suchten die Beamten nach jemandem. Doch dann vernahm er eine dröhnende Stimme, die aus der Lautsprecheranlage des Schiffs drang.
».benutzen Sie auf keinen Fall Ihren Wasseranschluss.« Das Schiff war jetzt fast auf einer Höhe mit ihm, und die körperlose Stimme füllte die schmale Skylane, hallte von den Wänden der Gebäude wider. »Ich wiederhole: In der städtischen Wasserversorgung wurden Verunreinigungen entdeckt, und als Vorsichtsmaßnahme wurde alles Wasser abgestellt. Benutzen Sie nicht Ihren Wasseranschluss, da das Wasser, das noch in den Leitungen steht, möglicherweise verunreinigt ist. Informieren Sie sich bitte bei Ihrem Nachrichtensender über die weitere Entwicklung.«
Das Schiff glitt vorbei, wiederholte seine Notfalldurchsage, und Ben sah vier blau uniformierte CSK-Beamte in der Mannschaftsbucht stehen, von denen einer einen Stimmenverstärker mit einer Hand umklammerte.
»Verunreinigt mit was?«, fragte sich Ben laut. Leute waren aus ihren Häusern und Geschäften gekommen, standen auf dem Bürgersteig und blickten dem Einsatzschiff hinterher. Eine Frau kam mit einem Holonachrichtenempfänger aus einem Tapcafe und stellte ihn auf einen der Tische draußen, und die Gäste drängten sich darum herum. Ben blieb stehen, um sich die Nachrichten anzusehen.
Der Nachrichtenkanal brachte einen Live-Bericht von einer der Pumpstationen des Wasserversorgungsunternehmens. Probleme mit öffentlichen Diensten waren in Coruscant selten, und doch hatte Ben den Eindruck, dass wegen eines
Routineproblems eine Menge Aufhebens gemacht wurde. Dann hörte er, wie der Reporter das Wort Sabotage benutzte.
»Was hat er gesagt?«, fragte Ben und versuchte, zwischen den Gästen hindurchzuspähen, um besser sehen zu können.
»Jemand hat giftige Chemikalien in die Wasserversorgung gekippt«, sagte die Tapcafe-Frau. »Sie mussten zehn Pumpstationen abschalten, und das bedeutet, dass die halbe Innenstadt von Galactic City kein Wasser mehr hat.« Sie schlug mit einem Reinigungstuch auf den Tisch, sichtlich wütend. »Was wiederum bedeutet, dass ich das Cafe schließen muss, bis sie das in den Griff gekriegt haben.«
»Wenn es Sabotage ist, wisst ihr, wem sie dafür die Schuld geben werden?«, sagte ein Mann, der einen kleinen Jungen an der Hand hielt. »Uns.«
»Könnte jeder gewesen sein.«
»Ein verärgerter Angestellter des Wasserwerks«, murmelte die Tapcafe-Frau.
»Möglicherweise hat das Wasserversorgungsunternehmen Mist gebaut und in der Aufbereitungsanlage die falsche Chemikalie benutzt«, sagte ein anderer Gast.
»Und dennoch waren wir es, weil die Regierung das behaupten wird.«
Die Debatte wurde hitziger. Ben unterbrach sie. »Wer sind wir?«, fragte er. Die Verallgemeinerung begann ihm Sorgen zu bereiten. »Warum sollte irgendjemand, der hier lebt, seine eigenen Wasservorräte vergiften wollen?«
Die Gruppe wandte sich einen Moment lang von dem Holoschirm ab, als hätten sie Ben gerade erst bemerkt, und die Tapcafe-Frau warf ihm einen verständnisvollen Blick zu. »Im Krieg machen Leute dumme Sachen«, sagte sie. »Haben sie dir das auf der Akademie nicht beigebracht?«
»Aber es herrscht kein Krieg«, widersprach Ben, ohne einzugestehen, dass er nie auf irgendeiner Akademie gewesen war. Er wusste, was ein Krieg war. Einen Krieg musste man erklären. Daran mussten Politiker beteiligt sein. »Noch nicht.«
»Nun, jetzt gibt es einen.« Der Mann hob seinen Sohn auf den Arm und schickte sich an davonzugehen. »Ob wir nun einen wollen oder nicht.«
Ben lehnte sich über das Sicherheitsgeländer des Laufstegs, um zu sehen, was auf den Ebenen über und unter ihm vor sich ging. Die Leute hatten genau das Gleiche getan wie die Gäste des Tapcafes: Sie hatten sich draußen vor ihren Läden und Wohnhäusern versammelt, unterhielten sich und stritten. Er konnte ihre Stimmen hören. Der Verkehr kroch nur so dahin. In der Ferne dröhnte die Lautsprecheranlage der Polizei.
»Jacen?« Ben sprach leise in sein Komlink, aber Jacen antwortete nicht. Ben hinterließ ihm eine Nachricht: »Jacen, ich bin im corellianischen Viertel und.« Er suchte nach den richtigen Worten. Es gab keinen Grund, Jacen zu beunruhigen. »Und mache mich auf den Weg nach Hause.«
Ben überkam ein Gefühl von akuter Gefahr. Wut und Gewalt bauten sich auf, genau wie der zunehmende Luftdruck vor einem Unwetter; er konnte spüren, wie das Gefühl gegen seine Schläfen presste, seine Stirnhöhlen schmerzen ließ, ihm auf einer instinktiven Ebene riet zu verschwinden, wegzulaufen, sich zu verstecken. Er hoffte, dass er eines Tages lernen würde, diese Empfindung besser zu lesen, denn in diesem Moment war sie unkontrolliert und animalisch. Er rannte in die Richtung zurück, aus der er gekommen war, zweihundert Meter zur nächstgelegenen Taxiplattform.
Ein Lufttaxi ruhte auf seinen Repulsoren, schwebte lautlos über einem dunklen Abgrund aus Schatten. Der Pilot, ein schmalgesichtiger Mensch mit rasiertem Schädel, schaute von seinem Holozin auf und öffnete die Einstiegsluke.
»Senatsdistrikt, bitte«, sagte Ben.
»Wohin genau?«
»Rotunda-Zone.«
»Nee, ich halte mich vom Zentrum fern.« Der Pilot sah Ben an, als wäre er gerade erst von Tatooine hier angekommen. »Wegen dieser Wasservergiftung ist ein Aufstand im Gang. Solltest du nicht eigentlich ganz woanders sein, Kumpel?«
Ben fragte sich das allmählich auch. »Wie nah können Sie mich denn an die Zone ranbringen?«
Der Pilot saugte gedankenverloren an seinen Zähnen. »Bis zur Kreuzung der Skylanes vier-sieben-zwei und dreiundzwanzig. Zwei Blocks davon entfernt. Ist das in Ordnung?«
»Okay.«
Ben setzte sich auf den Rücksitz des Taxis, mit einer Hand auf dem Griff seines Lichtschwerts, und rutschte unruhig herum. Er hatte keine Angst gehabt, als er die CenterpointStation infiltriert hatte; das war auf gedankenlose Art und Weise aufregend gewesen, selbst wenn das Risiko, getötet zu werden, ziemlich hoch gewesen war. Es war ihm unmöglich erschienen, dass ihm irgendetwas hätte zustoßen können. Doch jetzt befand er sich inmitten von Menschen, die zu Gewaltausbrüchen bereit schienen, und obwohl er zu Hause in Galactic City war, war er verängstigt. Das Ganze hatte etwas. Animalisches an sich, etwas Wildes und Unberechenbares.
Das Taxi wurde langsamer und nahm Kurs auf eine Landeplattform. Weiter vorn bei der Kreuzung der beiden Skylanes konnte Ben Polizeispeeder sehen, die den Verkehr regelten. Ein CSK-Einsatzschiff glitt über seinen Kopf hinweg, als er auf den Laufsteg hinaustrat, und sein Instinkt riet ihm, dem Verlauf des Stegs zu folgen.
Also, was wirst du tun, wenn du dort hingelangst?
Das war eine gute Frage, aber anstatt sie rational zu beantworten, ging Ben einfach dorthin, wo seine Macht-Sinne ihm sagten, dass er dort gebraucht wurde. Jacen ermutigte ihn stets, auf seine Gefühle zu vertrauen, und dieser Zeitpunkt war dafür so gut wie jeder andere. Er eilte den Laufsteg in die entgegengesetzte Richtung hinunter als die übrigen Passanten, die das Vernünftigste taten und sich von den Unruhen entfernten.
Als er die Ecke umrundete, fand er sich hinter einer Meute wieder, die sich vor der corellianischen Botschaft versammelt hatte. Das Gebäude wurde belagert, und Wurfgeschosse krachten gegen die Permaglasfassade des Gebäudes und häuften sich auf dem marmornen Vorplatz. Die Botschaft lag an einem Platz, nicht an einer breiten Skylane mit einem Tausend-Meter-Abgrund darunter, was sie zu einem leichten, kaum zu verfehlenden Ziel für jeden machte, der Wurfgeschosse schleuderte. Das CSK-Einsatzschiff schwebte über ihren Köpfen. Ben konnte sehen, wie Beamte ihre Gewehre anlegten und sie dann wieder senkten.
Bislang schien niemand am Boden eine Waffe gezogen zu haben. Doch die Menge brüllte Beschimpfungen.
»Ihr Mistkerle! Ihr habt das Wasser vergiftet!«
»Die hätten euren ganzen Planeten pulverisieren sollen, nicht bloß diese stinkende Centerpoint-Station!«
Die Menge brüllte und drängte vorwärts, ehe sie wieder zurückfiel und Ben beinahe zu Boden riss. Er war verantwortlich für das, was geschah. Mit dem Überfall auf Centerpoint hatte er das hier losgetreten. Das ungute Ziehen in seiner Magengrube ließ ihn abrupt verharren. Er hatte noch nie Leute gesehen, die sich so aufführten, und das war alles seine Schuld. Er musste irgendetwas unternehmen.
Eine weitere Salve Permabeton zerplatzte auf dem Marmorvorplatz der Botschaft, und CSK-Offiziere schoben sich mit Schlagstöcken in die Menge. Doch je mehr sie versuchten, die Meute auseinanderzutreiben, desto entschlossener schienen die Leute nach vorn zu drängen. Der Aufstand entwickelte ein Eigenleben. Ben fühlte eine gemeinschaftliche, reflexartige Wut, und sie ängstigte ihn mehr als alles andere, das er je erlebt hatte. Für einen Sekundenbruchteil verlor er sich selbst beinahe ebenfalls darin; sein Körper war dicht davor, seinen Verstand auszuhebeln.
Vor der Botschaft hielten ein Dutzend Leute - Ben nahm an, dass es Corellianer waren - dem Hagel aus Permabeton stand und hoben die Brocken auf, um sie über die Köpfe der CSK-Reihe hinweg zurückzuschaudern. Einer der Männer hatte eine blutverschmierte, klaffende Wunde auf der Stirn, doch er schien sie nicht zu registrieren. Ein CSK-Captain rückte mit einer Gruppe von Beamten vor, und dann prasselte von oben ein Hagel Schüsse wie von abgefeuerten Projektilwaffen nieder, und die Luft füllte sich mit beißendem Qualm.
Es brannte in Bens Augen und in seinem Mund. Das CSK musste vom Einsatzschiff, das über ihren Köpfen schwebte, Gasgeschosse abgefeuert haben. Die Menge hätte sich zerstreuen sollen, stattdessen jedoch schienen die Leute dichter zusammenzurücken, und Ben war zwischen ihnen gefangen. Er stürzte. Auf ihm wurde herumgetrampelt. Beine füllten sein Blickfeld, und gerade als er sich instinktiv zusammenkrümmte, um seinen Kopf zu schützen, streckte sich ihm ein behandschuhter blauer Arm entgegen und packte ihn
an der Vorderseite seines Gewands, um ihn freizuziehen.
»Dummer Junge.«
Es war ein CSK-Offizier. Der Mann hatte ihn gerettet. Ben kämpfte sich mit tränenden Augen auf die Knie. »Mach schon, verschwinde von hier!«
Mit einem Mal schnellte Bens Aufmerksamkeit von seiner eigenen Zwangslage zu einem Punkt hinter dem Beamten. Er konzentrierte sich auf ein Gesicht, das er kannte, auf einen Jungen mit kurzem blondem Haar - Barit Saiy -, und Ben starrte auf einen Blaster, der nicht auf ihn, aber auf den Rücken des Offiziers gerichtet war. Er dachte nicht nach. Noch auf den Knien, zog er einfach mit seiner freien Hand sein Lichtschwert und sah, wie die hellblaue Klinge mit einem Strom weißer Energie kollidierte, die Salve abwehrte. Das Ganze dauerte eine Sekunde, und als er erneut blinzelte, um seine tränenden Augen zu klären, sah er Barit in dem Gewühl verschwinden.
Der Polizeibeamte blickte sein Lichtschwert einen Moment lang an, eine Hand auf seinem eigenen Blaster.
»Es war ein Stein«, log Ben. »Jemand hat etwas nach Ihnen geworfen.«
Der Beamte zog ihn auf die Füße. Auch sein Gesicht war von gasbedingten Tränen überströmt. Er hatte seine Atemschutzmaske nicht rechtzeitig aufsetzen können. »Du bist schnell, Junge. Bringen wir dich zum Tempel zurück, was meinst du?«
»Ich werde meinen Meister kontaktieren. Er wird mich abholen.« Jacen war kein Meister, doch in diesem Moment war diese Kleinigkeit des Jedi-Lebens nicht von Bedeutung. Ben wollte von hier verschwinden und Barit folgen. »Vielen Dank, Officer.«
»Ich danke dir, Jedi.« Der Beamte wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab und hustete gequält.
Wie wenig er auch von Politik verstehen mochte, Ben war sicher, dass ein Corellianer, der einen CSK-Offizier erschoss, eine üble Situation in eine katastrophale Situation verwandelte. Er spürte, dass Barit eine Rolle bei etwas Entsetzlichem spielen würde.
Er fuhr sich mit dem Ärmel seines Gewandes über das Gesicht und die laufende Nase und aktivierte erneut sein Komlink. »Jacen? Kannst du mich hören?« Es folgte lediglich das übliche leise Pfeifgeräusch eines Anrufs, der nicht entgegengenommen wurde, und dann das Klicken des Nachrichtenrekorders. »Jacen, etwas Schreckliches wird passieren.«