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Edvard zog das Boot mit einem Ruck an Land. Ein paar Fischschuppen, von den Heringen übriggeblieben, die er Ende des Frühjahrs aus dem Meer geholt hatte, klebten ihm an der Hand. Er zupfte sie mit nachdenklicher Miene ab.

Edvard wußte, daß Ann in Spanien war, aber das spielte keine Rolle. Sie könnte ebensogut in Uppsala sein, der Abstand wäre doch der gleiche gewesen. Zwei Wochen waren nun vergangen, seit sie sich gesehen hatten. Die erste Freude darüber, wieder mit ihr zusammen zu sein, war seinem altbekannten Wankelmut gewichen.

Viola war ungewöhnlich gereizt gewesen, als er mit dem Boot hinaus wollte. Edvard ahnte, daß sie sich wegen irgend etwas Sorgen machte. Manchmal glaubte sie Vorzeichen zu sehen, bildete sich Dinge ein. Sie hatte behauptet, daß es stürmisch werden könne und er vorsichtig sein müsse. Als er ihr erklärte, daß er nur ein paar hundert Meter hinausrudern wolle, hatte sie sich wieder etwas beruhigt.

Er nahm ihre Angst sonst durchaus nicht auf die leichte Schulter. Ihre etwas diffusen Vorhersagen von Wetterumschwüngen erfüllten sich nicht selten, aber heute hatte sie sich geirrt. Das Meer war spiegelblank, und Edvard blieb noch ein wenig am Ufer.

Ann fischte nach schlimmeren Biestern als er. Sie hatte kurz erzählt, warum sie nach Spanien mußte. War er neidisch auf sie, weil sie verreisen durfte? Oder war er einfach nur eifersüchtig? Er wußte, daß sie bei ihrer Arbeit viele Menschen traf. Sich selber sah er hingegen immer mehr als den isolierten Inselbewohner.

Was für ein Leben konnte er ihr bieten? Sollte er Gräsö verlassen und sich eine neue Existenz aufbauen? Dafür mußte er sicher sein, daß er lange Zeit an dem neuen Ort bleiben könnte, denn er war kein Nomade. Diese Erkenntnis war in den gut zwei Jahren auf der Insel langsam in ihm gereift. Er würde nicht mehr fliehen. Entweder er blieb auf der Insel und richtete sich auf ein Junggesellenleben in den Schären ein, oder aber er gründete mit Ann eine neue Familie und würde vielleicht ein Kind mit ihr haben.

Der Wind wehte etwas heftiger. Hatte Viola etwa doch recht gehabt? Manchmal kam abends Wind auf, der bis zum nächsten Morgen stetig an Stärke zunahm. Davor hatte Viola also Angst gehabt. Sie dachte etwas weiter als er.

Edvard ging unentschlossen am Wasser entlang. Fredrik Stark, sein alter Freund von der Gewerkschaft, wollte ihn am Wochenende besuchen. Edvard wußte nicht recht, was er von seinem Besuch halten sollte. Natürlich war es schön, ein wenig Gesellschaft zu bekommen, aber lieber wäre er mit Lindell auf der Insel gewesen. Er wußte nicht, wie lange sie in Spanien bleiben würde. Sollte er sie anrufen? Seine Sehnsucht, die sich mit völlig unbegründeter Eifersucht vermischte, tat körperlich weh. Anders konnte er es nicht beschreiben.