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The Sons of Mary seldom bother,

for they have inherited that good part;

But the sons of Martha favour their Mother

of the careful soul and the troubled heart.

And because she lost her temper once,

and because she was rude to the Lord her Guest,

Her Sons must wait upon Mary’s Sons,

world without end, reprieve, or rest.

It is their care in all the ages

to take the buffet and cushion the shock.

It is their care that the gear engages;

it is their care that the switches lock.

It is their care that the wheels run truly;

it is their care to embark and entrain,

Tally, transport, and deliver duly

the Sons of Mary by land and main.

The Sons of Martha, Rudyard Kipling

»Verdammte Scheiße.« Faith hatte sich in voller Montur unter eine Dekontaminationsdusche gestellt, danach hatte sie eine richtige Dusche genommen und nun war sie im Aufenthaltsraum der Señorita förmlich zusammengebrochen, genau wie der Rest des Räumungsteams. »Ich hatte schon langsam vergessen, wie sich ein richtiger Kampf anfühlt.«

Die Nacht senkte sich über den Hafen von Santa Cruz de Tenerife und die letzten Sonnenstrahlen ließen in der Ferne auf dem schneebedeckten Teide-Vulkan ein strahlendes Lachsrosa aufblitzen. Kreischende Meeresvögel umkreisten die Boote, die im Mittelwasserbett vor Anker gegangen waren, und zankten sich um Fleischbrocken, einst lebendige Menschen, die sich inzwischen in von Haien zerfetzte Überreste verwandelt hatten.

Auf den Kreuzfahrtschiffen hatte es Infizierte gegeben. Auf allen dreien. Eine Menge Infizierte. Sie hatten Vorräte an den Anlegeplätzen ausgelegt und die Infizierten hatten sie – und sich gegenseitig – gefressen. Das Wasser hätte ein Problem darstellen können. Aber Zombies soffen einfach alles und die meisten von ihnen überlebten diese Angewohnheit sogar. Auf den Docks gab es Regenwasserpfützen. Kein vernünftiger Mensch hätte daraus getrunken, aber Zombies waren nun mal nicht vernünftig.

»Ihr Jungs habt ziemlich viel von unserem Trinkwasser verbraucht«, tadelte Sophia. »Wir werden eine neue Quelle auftun müssen.«

»Lass dir was aus dem Begleitschiff schicken«, meinte Faith und gähnte. »Wir werden oft duschen müssen.«

»Ich werde eure Unterstützung brauchen, um Container zu beschaffen.«

»Darum kümmern wir uns morgen. Heute sind nicht viele aus der Stadt durchgebrochen. Allerdings müssen wir den Kai auch weiterhin abriegeln. Ich rede mit dem Kapitän des Begleitschiffs. Wir müssen ...« Sie brach mitten im Satz ab und hielt sich den dröhnenden Schädel. »Ich hab doch geahnt, dass sich da was zusammenbraut.«

»Ich habe was zu essen bestellt«, sagte Paula. »Vielleicht musst du nur deinen Blutzuckerspiegel erhöhen.«

»Sobald ich mir den Magen vollgeschlagen habe, brech ich zusammen. War mir klar, dass da was im Busch ist ...«

»Kontaktieren Sie den Captain des Begleitschiffs, Ma’am«, riet Januscheitis.

»Oh«, gab Faith zurück. »Wir müssen alle Container organisieren, die unten auf den Anlegestellen aufgestellt sind. Diese Kais sind so lang, da kann kaum ein Infizierter aus der Stadt durchbrechen. Also ...« Sie brach erneut ab.

»Auf der anderen Seite gibt es einen Handelshafen«, merkte Sophia an. »Von dort solltest du etwas besorgen können.«

»Richtig, den hab ich gesehen. Das Schiff ... Wir sollten außenbords nach Verladehäfen Ausschau halten. Falls wir es schaffen, sie zu öffnen, können wir direkt in den Hafen verladen, statt den Umweg über den Kai nehmen zu müssen. Ich würde allerdings gern die Verladehäfen auf der Kaiseite verrammeln. Das löst unser Problem mit den durchbrechenden Infizierten ... Ergibt mein Gefasel irgendeinen Sinn?«

»Eine ganze Menge sogar, Ma’am«, bekräftigte Januscheitis. »Wir kümmern uns um die Ausrüstung.«

»Ausrüstung«, überlegte Faith. »Ich wusste, dass ich was vergessen hatte ...«

»Dafür gibt es NCOs«, sagte Derek.

»Für die Überlebenden müssen wir die Boadicea hier raufholen ...«, äußerte Faith.

»Das muss allerdings jemand Höherrangiges entscheiden, Ma’am«, erinnerte Januscheitis.

»Echt?«

»Das liegt in der Befugnis von Lieutenant Chen oder der Squadron. Allerdings können wir da sicher auf Unterstützung zählen.«

»Ah ... okay«, murmelte Faith.

»Denken Sie darüber nach, wie wir die Infizierten ausschalten, damit wir morgen ein paar Container herschaffen können, Ma’am. Ich werd dafür sorgen, dass die gesamte Ausrüstung und alle Männer bereit sind, eine fette Party steigen zu lassen. Sie müssen sich darüber bis morgen wirklich keine Gedanken machen, da wir noch nicht mal genau wissen, was uns erwartet. Vielleicht wird es ein Kinderspiel, vielleicht auch fast ein Ding der Unmöglichkeit. Wir werden so oder so damit fertig. Bis dahin ruhen Sie sich erst mal aus und zerbrechen sich nicht den Kopf darüber.«

»Hm.« Faith verdrehte die Augen. »Sind Sie sicher?«

»An dieser Stelle müsste man eigentlich einen Einsatzbericht schreiben. Ich werde den Entwurf aufsetzen und Sie können ihn morgen bei Tagesanbruch lesen und nach Belieben korrigieren.«

»Nein. Ich schreibe ihn heute Nacht selbst. Sie kümmern sich um die Ausrüstung. Ich teile Sie für die Überprüfung ein.«

»Ich dachte, du wärst mit deinen Kräften am Ende?« Sophia sah sie eindringlich an, während Paula das Essen auftischte.

»Erst der Auftrag, dann die Untergebenen, ganz am Ende komme ich.« Faith nahm die Gabel in die Hand. »Ich schaufle mir ein wenig Nahrung in den Bauch und dann geht’s mit frischem Schwung an die Arbeit ...«

»Ohnmächtig, als hätte sie drei Tage durchgesoffen«, flüsterte Januscheitis.

»Ich hab schon befürchtet, sie würde auf ihrem Teller einschlafen«, murmelte Derek genauso leise. »Sollen wir sie in ihre Koje tragen?«

»Nein«, beschloss Januscheitis. »Seid einfach ganz, ganz leise.«

»Uff.« Faith setzte sich auf und wischte sich den Speichel vom Kinn. »Ich hasse es, wenn mir der Sabber aus dem Maul läuft. Wie lange war ich weg?«

»Nicht lange«, antwortete Januscheitis. Er hatte ihre AK zerlegt und ölte sie sorgfältig. Wenn man Waffen in der salzhaltigen Atmosphäre des Meeres verwendete, musste man sie ordentlich schmieren. »Höchstens 20 Minuten.«

»Sekundenschlaf.« Faith war zufrieden. »Okay, Paula, du musst nicht länger versuchen, den Abwasch leise zu erledigen.«

»Ich bin’s, Patrick«, rief der wahre Schuldige aus der Kombüse. »Tut mir leid. Hab mit einem Topf gescheppert.«

»Prima, ein wenig Eistee, und aus mir wird eine Berichtsmaschine«, brabbelte Faith und kämpfte sich auf die Beine. »Wo ist der Eistee ...?«

»Okay, das muss ich überarbeiten ...« Januscheitis zog Faith vom Schreibtisch weg, an dem sie auf der Tastatur des Computers eingenickt war. »›Es war einfach mördergeil‹ wird bei der Begutachtung nicht durchgehen.«

»Warum denn nicht?«, empörte sich Faith.

»Wir müssen uns mal über angemessene Sprache für das Abfassen von Berichten unterhalten, Ma’am«, seufzte Januscheitis und zog den Lieutenant auf die Beine. »Morgen. Und jetzt ab in die Koje, Skipper ...«

»Okay.« Faith sah auf ihr Notepad. Ein zehn Stunden langes ›Nickerchen‹, Frühstück, ein Gläschen Apfelsaft und sie war bereit für ein wenig Rock ’n’ Roll. »Tagesziele: Bereich um die Container von Infizierten räumen, damit ein Versorgungsschiff sie abholen kann. Uferstraße mit Containern blockieren. Räumung der Super-Max-Kreuzfahrtschiffe beginnen. Kleid aussuchen für den Marine-Corps-Ball ... Oh, einen Augenblick, das ist ein persönliches Ziel ...«

»Hat jemand einen Plan?«, fragte Lieutenant Chen. »Denn ich halte das für einen Reinfall.«

Der Handelshafen von Santa Cruz de Tenerife war früher ein hektischer Umschlagplatz für jedwede Art von Fracht gewesen. Im Grunde genommen hatte die Insel einfach alles importieren müssen, außer den Nahrungsmitteln, und auch davon hatte man jede Menge verschifft. Der Handelshafen war darauf ausgelegt. Es gab einen langen Damm, der unter anderem zum Festmachen der Schiffe genutzt wurde, die auf die Löschung ihrer Fracht warteten oder auf denen kleinere Reparaturen durchgeführt wurden, eine Auftankstelle, eine von zweien auf der Insel, sowie einen Hauptumschlagspunkt für die Ladung mit zwei gewaltigen Frachtkränen. Diese sogenannten AT-ATs wiesen eine gewisse Ähnlichkeit mit den Imperialen Läufern oder Allterrain-Angriffstransportern aus Star Wars auf. Daneben hatten zwei Frachter geankert, halb entladen.

Natürlich streunten überall die längst zum Alltag gehörenden Infizierten herum. Und zwar ziemlich viele.

»Ich weiß nicht genau, wie so ein Teil funktioniert.« Faith kratzte sich am Kinn. »Doch auf dem Frachter steht ein Kran. Nehmen wir den?«

»Wenn wir ihn zum Laufen kriegen.« Captain Jesse Walker fuhr sich mit der Hand über die Glatze. Dem Master Mariner, einem ehemaligen Frachtkapitän, gefiel der Auftrag offensichtlich gar nicht. »Da sind überall Zombies.«

»Die sind im Frachtbereich«, wiegelte Faith ab. »Wir gehen an Bord und räumen. Es gibt eine Gangway für das Personal, aber die ist recht schmal. Wir halten die Stellung, während Ihre Crew die Frachtcontainer auf Ihr Schiff umlädt. Dann ziehen wir uns zurück und gehen an Bord der Señorita. Ihre Crew kommt zur Señorita, um ebenfalls an Bord zu gehen. Sie fahren allerdings erst ran, wenn alles zum Umladen bereit ist. Falls die Sache zu heiß wird, hauen wir ab, gehen zurück an Bord der Señorita und legen uns eine bessere Taktik zurecht.«

»Das ... könnte klappen«, sagte Lieutenant Chen. »Ich würde mir einen Notfallplan wünschen, der sich von dem unterscheidet, den Sie normalerweise in der Hinterhand haben, Lieutenant.«

»Mit ein paar Claymores hätten wir leichtes Spiel, Lieutenant.« Januscheitis rieb sich das Kinn. »Ich weiß nicht, ob das als Notfallplan durchgeht, aber wir könnten eins der MGs mitschleppen. Das stellen wir auf der Boarding-Gangway auf und haben so mehr Feuerkraft. Zusammen mit der Saiga des LT und unseren Barbie-Knarren können wir jede Gangway behaupten.«

»Und beim Rückzug?«, gab Chen zu bedenken. »Ich mache mir größere Sorgen, wie Sie da heil wieder rauskommen.«

»Darum hätte ich gern ein paar Claymores, Lieutenant«, erklärte Januscheitis.

»Hmm, ich hab eine bessere Idee.« Faith sah die beiden an. »Können Sie eine der Gangways von der Seite des Schiffs losmachen?«

»Ohne Kran wird das nicht einfach«, überlegte Walker. »Aber es ist machbar.«

»Ohne die Gangway kommen die Zombies nicht an Bord«, sagte Faith. »Wie bekommen wir das hin?«

»Nicht besonders kompliziert. Aber ... unter solchen Bedingungen schwierig.«

»Haben wir jemanden, der mitten in einem Feuergefecht freiwillig an Bord geht, um die Gangway loszuschweißen?«, wollte Januscheitis wissen.

»Hey, Greg!«

»Die Idee ist so was von hirnrissig.« Greg Dougherty bekam den Mund nicht mehr zu.

Der groß gewachsene, schlaksige Matrose und Wartungstechniker wirkte, als wäre er früher mal fett gewesen. Er hatte sich offenbar einen blauen Arbeitsoverall aus der Altkleidersammlung geholt und auf den Bergungsschiffen geplünderte Kleidung geschnappt, die man gewaschen und der Größe nach auf Stapel geworfen hatte. Trotzdem passten ihm die Klamotten nicht richtig. Außerdem waren sie voller Flecken, und die stammten definitiv nicht von Schmieröl. Die Marines hatten ihm eine 1911 ›geliehen‹ und empfohlen, er solle sie nur dann ziehen, wenn es absolut notwendig war. Da stand er nun auf der Señorita, hielt seine Werkzeugtasche in der Hand und schickte sich an, die knifflige Aufgabe zu erfüllen.

»Wir fahren längsseits ran.« Sophia hatte ihre Heckler & Koch im Holster stecken. Die AK lehnte neben ihrem Sitz auf der Flybridge. Nur für den Fall. »Paula und Patrick sollen die Enterhaken befestigen. Dann greifen Sie sich Ihre Sturmleiter und was sonst noch dazugehört, gehen an Bord und wir stehen Gewehr bei Fuß, falls Sie Unterstützung benötigen.«

»Ich brauche ein Seil, damit ich die Leiter anbringen kann.« Doughertys Finger krallten sich fester um den Griff seiner Werkzeugtasche. »Außerdem bin ich ein klasse Enterhakenwerfer.«

»Beim Hochgehen werden Sie mit einer Notleine gesichert.«

»Wenn Sie ins Meer plumpsen, sollten Sie sich daran ins Boot ziehen, ehe Sie von den Haien geschnappt werden«, riet ihm Januscheitis nüchtern.

»Sie gehen als Letzter hoch. Nehmen Sie einfach das hier.«

»Das wird ein Spaß«, erklärte Dougherty lakonisch.

»Patrick, Paula, alles klar?«, brüllte Sophia.

»Aye, wir gieren danach, unsere Enterhaken auf diesen Schatz zu schleudern, Cap’n!«, knurrte Patrick. Sie hatten bereits große Ballon-Fender, sogenannte Wasserbälle, über die Seite der Jacht gehängt, damit sie nicht gegen den Frachter krachte.

»Und wir fahren längsseits ran.« Sophia lenkte die Jacht neben den Frachter und ließ sie die letzten Meter vom Wind herantreiben.

Paula stand mit dem Enterhaken vorn und Patrick hinten. Beide warfen sie gekonnt über die Schutzwand des Frachters und zogen die Jacht mit Unterstützung einiger Junior Marines näher heran.

»Wo bleibt unser Begrüßungskomitee?«, ärgerte sich Faith. Die Flybridge der Bella Señorita befand sich beinahe auf einer Ebene mit dem Deck des kleinen Frachters. »Normalerweise haben wir in dieser Phase längst Kundschaft.«

Paula schleuderte erneut den Enterhaken, um die Sturmleiter anzubringen, dann zogen Kirby und Pagliaro am freien Ende des doppelt gespannten Seils. Die Leiter sauste nach oben zur Reling des Schiffs, die ›Gummifüße‹ rasteten quasi geräuschlos am Kontaktpunkt ein. Nach einem kurzen Ruck hing die Leiter stabil an Ort und Stelle.

Pagliaro hakte seine Sicherheitsleine ein und stieg als Erster hinauf. Er trug leichte Kampfkleidung im Zombieapokalypse-Stil, normale Angriffsausrüstung und dazu eine Gasmaske und eine Kapuze. Sie hofften, dass dies kein Auftrag war, bei dem man volle Zombiemontur benötigte. Auf den Rücken hatte er sich zwei Kisten mit Nato-Munition geschnallt, 7,62x51-Millimeter-Patronen für das M240.

»Los jetzt«, trieb ihn Faith an. »Du hältst hier die Stellung, Schwesterherz.«

»Wird gemacht. Halt dich vom Gedränge fern, Faith.«

Faith und Januscheitis folgten Kirby nach oben und nahmen Verteidigungsstellung ein, während Derek und Bearson das M240 über die Reling wuchteten. Keiner von ihnen wusste, ob es zum Einsatz kommen würde, aber wenn es hart auf hart ging, war das Teil Gold wert.

Das Deck des Schiffes war zur Hälfte mit Frachtcontainern zugestellt. Dazwischen befanden sich enge Durchgänge.

»Wir bleiben hier, während ihr räumt«, beschloss Januscheitis. »Macht so wenig Lärm wie möglich.«

»Geht klar.« Derek sah zu seinem Partner. »Auf geht’s, Bear.«

»Kirby, du kommst mit mir«, sagte Pagliaro.

»Das gefällt mir nicht.« Faith zog einen Schmollmund. »Ich sollte räumen.«

»Wir sind als Reserve und zum Erteilen von Befehlen hier, Lieutenant«, erinnerte Januscheitis.

»Ich weiß, was ich zu tun habe, Staff Sergeant. Das heißt aber nicht, dass ich davon begeistert bin.«

Von weiter vorn ertönte ein charakteristischer 5,56er-Feuerstoß.

»Einer tot«, funkte Derek. »Bisher wenig Präsenz.«

»Hoffentlich lockt sie das jetzt auf die Gangway.« Januscheitis runzelte die Stirn.

Sie hatten zwei mögliche Vorgehensweisen diskutiert. ›Gangway finden, Verteidigungsstellung einnehmen, dann räumen‹, lautete die erste Variante. Die Alternative sah vor, erst zu räumen und danach die Gangway zu suchen. Letzteres hatte den Vorteil, dass sie sich zum Boot zurückziehen konnten, wenn zu viele Infizierte an Bord waren. Wenn die Gegner erst überall an Deck herumliefen, riskierten sie, dass ihnen der Rückweg abgeschnitten wurde und sie umzingelt waren. Daher hatten sie sich für den ihrer Meinung nach vernünftigen Plan entschieden.

Es erklangen mehrere Kaliber-45-Schüsse von achtern, offenbar von der anderen Seite.

»Wir räumen zur Brücke rauf«, gab Pagliaro über Funk durch. »Aber das hat ein paar Infizierte aufgeschreckt. Ich ... Ja, die Jungs laufen über die Gangway.«

»Damit wäre der Plan im Eimer.« Faith schnappte sich zwei Kisten Munition. »Gangway behaupten«, sprach sie in ihr Funkgerät. »Wir sind unterwegs. Sie nehmen das Maschinengewehr, Staff Sergeant, oder wollen Sie hier nur faul rumstehen?«

»Aye, aye, Ma’am«, antwortete Januscheitis, als von hinten ein weiterer Feuerstoß ertönte.

»Beeilt euch besser, die fangen sonst ohne uns mit der Party an.«

Faith ließ eine Munitionskiste fallen und feuerte aus der Hüfte. Sie traf einen Infizierten, der aus den Schatten aufgetaucht war. Die wenigen Infizierten, die sich an Deck in Schlupfwinkeln eingenistet hatten, bewegten sich auf das anhaltende Feuergefecht achtern zu.

»Das lass ich mal hier liegen.« Faith umklammerte die Nebenwaffe in ihrer Hand.

»Einverstanden.« Das MG hing an einem Trageriemen über Januscheitis’ Schulter und er hatte seine 1911 gezogen. Er hielt es für weniger empfehlenswert, das Maschinengewehr auf beengtem Raum zwischen Stahlcontainern einzusetzen.

Sie folgten einer Reihe von Treppenfluchten in den hinteren Teil des Schiffes und stießen auf das kampfbereite Team.

»Hallo, wir sind die freundliche Verstärkung.« Januscheitis beugte sich seitlich über die Absperrung und prüfte die Lage.

Aus dem gesamten Containerdepot strömten die Infizierten zur Quelle der Schussgeräusche und zu der Vogelschar, die sich auf dem frischen Aas niedergelassen hatte. Krähen und Raben mochten vielleicht schlau genug sein, sich von einem Feuergefecht fernzuhalten, aber Möwen ließen sich dadurch nicht vom Fressen abhalten.

Die Infizierten schafften es aufgrund ihrer schieren Zahl, sich die Gangway hochzuarbeiten.

»Ach Mann, das passiert doch jetzt nicht wirklich.« Januscheitis hakte das MG vom Trageriemen und stellte es auf dem Schanzkleid ab. Er feuerte eine Salve in die Meute der Infizierten, die sich über die Gangway an sie heranschieben wollten. Ein halbes Dutzend ging zu Boden.

Faith lehnte sich weit vor und checkte beide Richtungen. Sie zuckte zusammen.

»Division, Division, Ground Team, over.«

»Division, over.«

»Ich hätte eher darauf kommen sollen. Die Infizierten kommen aus dem Depot. Außerdem trotten sie aus Richtung Bug und Heck zu uns rüber. Könnt ihr vorn und hinten Kanonenboote platzieren, die sich darum kümmern? Over.«

»Roger. Sie werden gleich verlegt.«

»Pause, Pause, Forward Team. Status?«

»Wir finden nicht gerade viele Kunden, over.«

»Kommt mal zur Einstiegsstelle. Bringt technisches Personal mit. Schafft es hierher und sammelt die ganze Munition ein, die unterwegs rumliegt, over.«

»Kommen zur Einstiegsstelle, aye. Bringen technisches Personal mit, aye. Bewegen uns mit dem technischen Personal zur Gangway und sammeln die ganze Munition ein, die unterwegs rumliegt, aye.«

»Command, out. Pag, Munition.«

»Roger, Ma’am.« Der Lance Corporal griff nach der Schachtel und zog den Munitionsgurt heraus, um das Maschinengewehr zu laden.

»Kirby, zurück zur Einstiegsstelle. Hol Nachschub. Pass auf, das Gebiet ist vielleicht noch nicht vollständig geräumt.«

»Aye, aye, Skipper.« Kirby flitzte davon.

Faith ging nach achtern und beugte sich über die Reling, um die Infizierten niederzustrecken, die es trotz der Salven auf die Gangway schafften.

»Pag, während du dich um die Munition kümmerst, halt uns den Rücken frei«, schrie Faith. »Aber schieß den Techniker nicht über den Haufen.«

»Darf ich Derek abknallen, Ma’am?«, fragte Pagliaro.

»Nö.«

»Den Rücken freihalten, aye. Keine Verbündeten abknallen, aye.«

»Uns bleibt keine Zeit, den Anker auszuwerfen und uns einzupendeln.« Chens Stimme kam über das Kommunikationssystem. »Ihr müsst beim Schießen improvisieren.«

»Kein Problem, Sir.« Gunner’s Mate Second Class McGarity drückte auf den Abzugsflügel des modifizierten BMG. Die großkalibrigen Kugeln fegten die Infizierten weg, die auf dem Frachter zu ihnen kamen. Die Plattform war wesentlich ruhiger als ein fahrender Abrams-Kampfpanzer, auf dem er gewöhnlich und auch am liebsten stand. Die Zielfindung auf dem Boot, das auf den Wellen schaukelte, war für ihn keine große Sache. Er feuerte noch einige Male, dann griff er mit einer Hand nach oben und aktivierte das Mikrofon. »Sir, könnten Sie etwas näher ranfahren? Ganz dicht an den Stützpfeiler?«

»Die erwischen Sie doch von hier aus, Gunner’s Mate.«

»Aber wenn der Abstand geringer ist, erwische ich auch noch die, die sich vom Depot her nähern, Sir. Der Winkel ist fast ideal. Sie werden vielleicht springen und an Bord schwimmen wollen, aber wir haben Gewehre. Und dann sind da noch die Haie.«

»Stimmt.« Chen schaltete das Boot in den Rückwärtsgang und das Heck näherte sich dem Stützpfeiler. »Zielen Sie nicht auf die Kräne. Erstens könnten wir die irgendwann noch gebrauchen. Zweitens bleiben die Kugeln zwar in den Containern stecken, aber von den Kränen könnten sie abprallen.«

»Roger, Sir«, bestätigte McGarity. »Oder wäre hier ein ›aye, aye‹ angebracht?«

»Hier wäre ein ›aye, aye‹ angebracht.«

»Aye, aye, Sir.«

»Ach wie süß.« Pagliaro beobachtete, wie die Kaliber-50-Kugeln der Browning Machine Gun die näher kommenden Infizierten zerfetzten. Wenn die massiven Anti-Material-Patronen auf ihr Ziel trafen, explodierten die meisten Infizierten durch den Gewebeschock. Die meisten Geschosse setzten im Anschluss ihren Flug fort und schlugen in die Infizierten hinter ihnen ein.

»Bis auf die Querschläger«, sagte Januscheitis. Eine Leuchtspurpatrone, die bereits zwei der Erkrankten durchschlagen hatte, traf auf eine der verstärkten Ecken eines Containers, prallte ab, knallte seitlich gegen den Rumpf des Schiffes und schwirrte anschließend orientierungslos in die Ferne. »Aber Sie haben recht, direkter Beschuss mit Ma-Deuce-Feuerunterstützung ist stets ein willkommener Anblick. Wenn wir doch nur ein paar Panzer hätten. Die wären krass.«

»Verbündete«, rief Peg, als so ziemlich alle gleichzeitig eintrafen.

»Oh, das macht noch viel mehr Spaß, als ich dachte«, freute sich Dougherty.

»Wir sind unterwegs auf einige Infizierte gestoßen«, meldete Derek und stellte zwei Munitionskisten auf dem Deck ab.

»Wir haben hier alles unter Kontrolle«, sagte Faith. »Kirby, hol Munition vom Boot. Derek, Bear, vergewissert euch, dass alle anderen Seiten geräumt sind. Seht auch oben nach und schließt sämtliche Luken. Wir kümmern uns um die Bereiche unter Deck, wenn es so weit ist. Tech, kriegen Sie die Gangway gelockert?«

Die Crew-Gangway verfügte über eine solide Ausgangsplattform, die über eine eingerastete hintere ›Tür‹ im Schanzkleid mit dem Deck des Schiffs verbunden war. Die Plattform erstreckte sich etwa 1,20 Meter weit über das Schiff hinaus. Daran war eine geneigte Rampe befestigt, die zu einer weiteren ähnlichen Plattform führte, die auf dem Stützpfeiler auflag.

»Kann sein.« Dougherty klang zögerlich. »Wenn ich dabei nicht erschossen werde.«

Zaghaft stieg er auf die ausgefahrene Plattform und spähte nach unten. Er beugte sich über die Reling und kotzte.

»Passen Sie auf, wo Ihr Kopf bleibt«, warnte ihn Januscheitis. Der Techniker hatte seinen Schädel beinahe in die Flugbahn von einer seiner Kugeln gehalten.

»Tut mir leid.« Dougherty wischte sich den Mund ab. »Das ist wirklich nicht gerade mein üblicher Einsatzbereich. Herrgott.«

»Bekommen Sie die Gangway los?«, brüllte Faith.

»Keine Ahnung. Ich wollte die Scharniere an der Rampe lösen. Das wäre so schon schwer genug gewesen, aber mit dem zusätzlichen Gewicht der ... Leichen ... Ich hab noch eine andere Idee, aber die ist ziemlich bescheuert.«

»Und zwar?«

»Ich schlag die Sicherungsbolzen raus.« Er deutete mit dem Finger darauf.

Die Schiffsplattform war stabil mit dem Dampfer verbunden, während sie auf der Stützpfeilerseite beweglich gelagert war, um Strömungsänderungen und das Schaukeln des Schiffes auszugleichen. Bei den Befestigungen handelte es sich um an Deck eingerastete Schnappriegel.

»Die Plattform ist ausbalanciert. Da liegt gewöhnlich nicht viel Gewicht drauf«, erklärte Dougherty. »Aber jetzt ... Zum Teufel, wenn noch einige Infizierte darauf verrecken, brechen sie wahrscheinlich von ganz allein ab. Die sind darauf ausgelegt, höchstens 20 Personen gleichzeitig zu tragen. Wenn wir die Sicherungsbolzen mit dem ganzen Gewicht rausschlagen, weiß ich wirklich nicht, was passiert. Könnte fallen, könnte an Ort und Stelle bleiben, könnte eine Weile an Ort und Stelle bleiben und dann fallen. Ich kann’s nicht mit Gewissheit sagen.«

»Schlagen Sie die Sicherungsbolzen raus«, beschloss Faith. »Wenn es sein muss, hebeln wir sie mit einem Halligan über die Seite.«

»Ich brauche einen Hammer.«

»Kirby.« Januscheitis sprach in sein Funkgerät. »Organisieren Sie einen Hammer und ein Halligan von der Señorita.«

»Ähm ... Soll ich zuerst die Munition ranschaffen oder sie absetzen und das Halligan holen? Over.«

»Wo sind Sie?«

»Gleich um die Ecke, Staff Sergeant!« Sie hörten ihn schon schreien.

»Bringen Sie die Munition erst her«, rief ihm Januscheitis entgegen.

»Entschuldigen Sie, Staff Sergeant ...« Kirby stürmte zur Feuerstellung. Überall an seinem Körper hingen Gurte, an denen Munitionskisten baumelten.

»Stellen Sie einfach die Munition ab und kümmern Sie sich um Halligan-Tool und Hammer.«

»Señorita, Ground Lead, over«, sagte Faith und versuchte, nicht zu grinsen. Obwohl Kirby eigentlich Koch bei der Marine war, kam er mit dem Töten von Zombies ziemlich gut zurecht. Doch er war nicht gerade das strahlendste Licht im Hafen.

»Ground Lead. Wir haben das Halligan und den Hammer vorbereitet. Ich nehme an, Sie meinen einen Vorschlaghammer, over.«

»Wollen Sie einen Vorschlaghammer?«, schrie Faith zu Dougherty hinüber.

»Logisch. Stimmt.«

»Roger, Vorschlaghammer, over.«

»Wir warten.«

»Schwing die Hufe, Kirby!«, befahl Staff Sergeant Januscheitis.

»Aye, aye, Staff Sergeant!«

»Ich schätze, wir könnten diese Position ewig halten«, sagte Faith. »Aber wir verpulvern Munition.«

»Wir haben hier auf dem Boot nur eine begrenzte Menge, Ma’am«, rief ihr Januscheitis in Erinnerung. »Außerdem muss ich bald die Läufe austauschen. ›Ewig‹ wäre deshalb etwas übertrieben.«

»Hochheben!« Januscheitis stemmte sich gegen die geneigte Plattform. Die schwere Holzkonstruktion glitt endlich über die Seite des Schiffes und fiel krachend ins Wasser. Die Leichen der Infizierten und die wenigen, die noch am Leben waren, platschten ins Meer, in dem es vor Haien nur so wimmelte.

Das Räumungsteam ignorierte die Schreie.

»Vielen Dank für Ihre Hilfe, Mr. Dougherty«, bedankte sich Faith artig. »Jetzt müssen wir den Rest Ihres Teams an Bord schaffen, damit sie hoffentlich den Kran flottmachen können.«

»Würde mir ganz schön stinken, wenn das alles für die Katz war«, kommentierte Kirby.

»Haben wir nach Ihrer Meinung gefragt, Marine?«, tadelte Januscheitis.

»Nein, Staff Sergeant. Mein Verhalten ist unentschuldbar, Staff Sergeant.«

»Eskortieren Sie einfach Mr. Dougherty ...«

Um den Kran auf Vordermann zu bringen, hatten sie unter Deck steigen müssen, wo sich die Infizierten ebenfalls eingenistet hatten. Jetzt allerdings funktionierte er einwandfrei.

»Ich dachte schon, wir müssten die Hauptmotoren anschmeißen.« Faith beobachtete, wie der erste der Container über die Reling gehievt wurde. Das Versorgungsschiff war für den Ladevorgang am größeren Frachter festgemacht worden.

»Die Hauptmotoren nutzt man ausschließlich für die Antriebskraft«, klärte Dougherty sie auf. »So ziemlich der ganze Rest läuft über Sekundärsysteme. Die gute Nachricht lautet, dass der Hauptgenerator und die Hydraulik nicht beschädigt waren. Wäre das der Fall gewesen ... Ich hätte sie wahrscheinlich reparieren können, aber es wär mir gewaltig auf den Sack gegangen.«

»Wie sehr würde es Ihnen auf den Sack gehen, sie auf den Hafendamm zu verfrachten?«, fragte Januscheitis.

»Einer davon wäre nicht mal so schlimm«, sagte Dougherty. »Der auf der Wasserseite klappt problemlos. Aber der im Inneren? Den müssen wir direkt aufs Dock heben. Könnte etwas holprig werden. Wir können nicht vollständig rüberschwenken.«

»Nun ... Wir schwingen unsere Hintern auf das Versorgungsschiff und stellen sicher, dass Sie nicht geentert werden«, beschloss Faith. »Und diesmal bringen wir Gesellschaft mit. Division, Ground Team Leader, over ...«