»Verdammt, Kate! Ich hatte geglaubt, du würdest mir vertrauen.«
»Dies ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, so etwas zu besprechen«, erwiderte ich ein wenig gereizt und sah mich in der dunklen Gasse um. Seit einer halben Stunde wurde ich das unangenehme Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Aber wir waren nicht angegriffen worden und hatten auch niemanden bemerkt, der sich in der Dunkelheit verbarg. Allmählich kam ich mir ein wenig paranoid vor.
Und das war mehr als unangenehm. Ich wurde gereizter als mein kleiner Sohn, wenn er ohne seinen Nachmittagsschlaf auskommen muss.
»Kate«, drängte David und klopfte ungeduldig mit seiner Stockspitze auf den Asphalt.
Ich warf ihm einen meiner genervtesten Blicke zu. Er gehörte zu jener Kategorie von Blicken, die ich seit fast fünfzehn Jahren an meiner Tochter Allie erprobte. »Nicht jetzt«, sagte ich. »Wir haben zu tun. Schon vergessen? Dämonen, Höllenwesen… Das übliche Programm.«
David zog etwas spöttisch seine Augenbrauen nach oben. Diesmal reagierte ich mit einem Lächeln. Ich wusste, dass ich diese Auseinandersetzung gewinnen würde. Natürlich hatte er Recht – ich wich diesem Gespräch tatsächlich aus. Aber auch ich hatte Recht. Momentan war das einfach nicht der geeignete Zeitpunkt, eine solche Unterhaltung zu führen.
»Hier ist keiner, Kate«, meinte er störrisch. »Wir haben niemand gesehen und niemand gehört. Dein Bauchgefühl mag ja meist zutreffen, aber das heißt noch lange nicht, dass man sich immer darauf verlassen kann. Hier greift uns keiner mehr an.«
»Bisher hast du meiner Intuition aber vertraut«, entgegnete ich spitz.
»Das tue ich auch weiterhin. Aber du hast selbst gesagt, dass du seit längerem kaum noch Dämonen begegnet bist… Vielleicht irre ich mich ja, aber ich habe das deutliche Gefühl, als ob du mir ausweichen würdest.«
»Verdammt! Ja, es stimmt. Ich weiche dir aus. Wie ich bereits gesagt habe – dies ist einfach nicht der richtige Zeitpunkt für ein solches Gespräch.«
»Und wann ist der richtige Zeitpunkt, Kate?«, fragte David. Seine Stimme klang jetzt ebenfalls ziemlich gereizt und ungeduldig. »Jetzt sind wir zumindest allein. Ich glaube kaum, dass du mich in deine Küche einladen möchtest, um bei einer Tasse Kaffee mit Stuart und den Kindern mit mir zu sprechen. Also – wann können wir endlich miteinander reden?«
»Gedulde dich doch noch einen Moment«, erwiderte ich. Eric verhielt sich nicht fair. Nein, das stimmte so nicht. David verhielt sich nicht fair. Ich durfte mir gar nicht erst angewöhnen, ihn Eric zu nennen. Vor allem da nur einige wenige die Wahrheit über Eric beziehungsweise David kannten.
Die Wahrheit. Mit der Wahrheit ist es eine seltsame Angelegenheit. Vor langer Zeit einmal hatte ich fest daran geglaubt, dass die Sache mit der Wahrheit ganz einfach wäre. Der Himmel ist blau – wahr. Der Mond besteht aus Käse – falsch. Das Böse ist unter uns – wahr. Tote kehren nicht zu ihren Frauen und Kindern im Körper eines anderen zurück… Hm. Schon schwieriger, denn diese Behauptung stellte sich zu meiner großen Überraschung als falsch heraus. Zumindest in meiner Welt.
In diesem Moment befand ich mich nämlich in einer düsteren Gasse hinter einem beliebten Nachtclub von San Diablo und sprach mit meinem früher einmal toten Ehemann, der sich inzwischen im Körper eines Highschool-Chemielehrers namens David Long häuslich eingerichtet hatte… Wahrscheinlich muss ich es gar nicht erwähnen, da es sowieso sonnenklar ist. Aber wie Sie sich vermutlich vorstellen können, ist mein Leben in letzter Zeit ziemlich kompliziert geworden.
Ich heiße Kate Connor und arbeite als Level-Fünf-Dämonenjägerin für die Forza Scura. Nachdem ich vor einigen Monaten einen furchtbaren Kampf ausgestanden hatte, ohne dabei sonderlich in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein, war ich befördert worden. Ehrlich gesagt, verursachte mir die Beförderung ziemliche Kopfschmerzen. Ich wusste, dass ich einige Dinge getan hatte, die vom Vatikan sicherlich nicht so ohne weiteres abgesegnet worden wären. Wie zum Beispiel, dass ich meinen ersten Mann wieder von den Toten auferweckt hatte. Und dieses kleine Detail hielt ich geflissentlich aus meinem Bericht an die Forza heraus.
Sie können mir glauben – die Erweckung von Toten gehört nicht zu den normalen Tätigkeiten eines Dämonenjägers. Aber mir bot sich die Möglichkeit, und ich nutzte sie. Das gebe ich gern zu. Was hätte ich auch anderes tun können, wenn meine Tochter ihren Vater gerade erst wiedergefunden hatte und ihn kurz darauf schon wieder tot vor sich liegen sah? Zugegebenermaßen war auch mir viel daran gelegen, den Mann zu retten, den ich einmal mit allen Fasern meines Körpers und meiner Seele geliebt hatte.
Das Problem bestand nur darin, dass ich nicht wusste, ob ich durch meine Tat nicht für immer unsere Seelen befleckte. Schließlich hatte ich diesen Zauber für etwas sehr Selbstsüchtiges eingesetzt. Von den Komplikationen, die seine Wiederauferstehung für mein Leben mit sich brachte, will ich erst gar nicht anfangen.
»Es tut mir leid«, sagte David. »Ich weiß, dass du in letzter Zeit sehr viel durchmachen musstest. Aber es geht nicht nur um dich, Kate. Glaubst du etwa, dass es für mich alles so einfach ist?«
Natürlich wusste ich, dass es das nicht war. »Manchmal. Vielleicht. Weiß nicht.« Ich blickte ihn aufmerksam an. »Ich weiß nur, dass du derjenige bist, der für mehr als zwei Monate problemlos verschwinden konnte. Der sich in Ruhe Gedanken darüber machen konnte, was mit ihm passiert ist, während ich mein bisheriges Leben weiterführen und mich dabei mit einer Tochter auseinandersetzen musste, die ihren Vater etwa sieben Sekunden lang zurückgewonnen hatte, nur um ihn dann gleich wieder von neuem zu verlieren.«
»Genau deshalb finde ich meinen Vorschlag auch nicht unbegründet. Ein einziges Wochenende, Katie. Ich möchte nur ein einziges Wochenende mit meiner Tochter verbringen.« Er blickte mich flehend an. »Ist das denn so schwer zu verstehen?«
»Nein«, sagte ich. »Natürlich ist das nicht schwer zu verstehen. Aber das Ganze ist ziemlich kompliziert. Verdammt, Eric. Du hast mich hinters Licht geführt. Ich dachte, wir wollten diese Nacht jagen gehen. Und uns nicht über das Sorgerecht für unsere Tochter streiten.« Ich zuckte zusammen. Auf einmal wurde mir bewusst, was ich da soeben gesagt hatte. Ich würde mich bestimmt nie von Eric scheiden lassen. Niemals. Doch was das Praktische betraf, so waren wir im Grunde geschieden. Unsere Ehe war zu einem abrupten Ende gekommen, und auf die Frage, wie wir und unsere Tochter damit umgehen sollten, hatten wir noch keine Antwort gefunden.
»Ich will Stuart nicht verletzen«, sagte ich mit einer wahrscheinlich kälteren Stimme, als ich das vorgehabt hatte. Doch mich quälten Schuldgefühle.
David sah mich einen Moment lang aufmerksam an. Ein Muskel in seiner Wange zuckte. Sein Ausdruck überraschte mich, und ich blickte verwirrt woanders hin. In Erics Gesicht hatte sich sein Zorn nie so offensichtlich widergespiegelt. Also musste diese Miene auf David zurückzuführen sein. Auf einmal wurde mir bewusst, was es bedeuten musste, dass Eric und David einerseits derselbe und andererseits sehr verschieden voneinander waren.
»Wie soll ich ihm das erklären?«, wollte ich wissen. »Welchen plausiblen Grund kann es dafür geben, dass eine Schülerin auf einmal das Wochenende mit ihrem Chemielehrer verbringen will?«
»Vielleicht solltest du es mit der Wahrheit versuchen«, erwiderte David. Wenn er diesen Vorschlag auch nur mit einem Anflug von Ironie vorgebracht hätte, wäre ich möglicherweise darauf eingegangen. Doch er sprach mit einer derart leisen, eindringlichen Stimme, dass mir klarwurde, wie ernst er es meinte. Er begriff, welche Macht dieses Wort besaß – die Wahrheit.
»Ich werde Stuart nichts über dich erzählen«, erklärte ich mit mehr Entschlossenheit, als ich verspürte. »Ich werde ihm von all dem nichts erzählen. Weder von der Forza noch von meiner Vergangenheit. Und auch nicht, dass ich wieder als Dämonenjägerin arbeite. Nichts. Das hat nichts mit seinem Leben zu tun. Es gehört nicht in das Leben, das ich mit ihm führe, und ich will es da auch nicht haben.«
Stuart hatte schließlich keine Frau heiraten wollen, die einen Dämon mit dem Absatz ihres schwarzen Lederpumps auslöschen oder auf einen Höllenhund ein Steakmesser schleudern und ihn mitten in die Stirn treffen konnte. Nein. Stuart hatte vielmehr eine Frau geheiratet, die keine Ahnung hatte, wie sie ihren selbstreinigenden Ofen dazu bringen konnte, sein Programm zu starten.
Ich hielt mein Leben als Dämonenjägerin geheim, weil es genau das war – ein Geheimnis. Niemand außerhalb der Forza sollte etwas davon wissen. Und selbst nachdem ich meine Arbeit wieder aufgenommen hatte, um die rasch wachsende Dämonenbevölkerung von San Diablo zu dezimieren, hatte ich Stuart nichts davon erzählt. Nicht der vatikanischen Vorschriften wegen, meine wahre Identität zu verheimlichen, sondern weil ich nicht wollte, dass mein Mann mich ansah und plötzlich eine völlig andere Frau neben sich entdeckte als diejenige, die er geheiratet hatte.
Noch schlimmer wäre es für mich gewesen, wenn er mich angesehen und gar nicht mehr gewusst hätte, wen er da eigentlich vor sich hatte.
Obgleich ich mir wünschte, eine Ehe zu führen, die ein sicherer Hafen für mich sein konnte, so begriff ich doch immer deutlicher, dass sich die Wahrheit – dieser hässliche Dämon Wahrheit – nicht mehr lange würde verbergen lassen. Ich wusste, dass ich bald auch vor Stuart meine Karten auf den Tisch legen musste. Denn selbst wenn die Wahrheit uns auseinanderbringen mochte, so ließ es sich doch nicht leugnen, dass meine Heimlichtuerei letztlich genau dasselbe bewirken würde.
Diese Tatsache zu begreifen war eines. Doch es war etwas ganz anderes, wenn der andere Mann in meinem Leben versuchte, mich zu einer derartigen Enthüllung zu zwingen.
»Wenn er dich liebt«, sagte David, »wird ihm all das nichts ausmachen.«
»All das«, wiederholte ich. »Zwei harmlos klingende Wörtchen. Glaubst du wirklich, dass ihm meine Dämonenjägerei egal sein wird? Dass es ihm nichts ausmachen wird, wenn ich nachts um zwei durch die Straßen und am Strand entlang patrouilliere, mit einem Messer und einer Flasche Weihwasser bewaffnet? Meinst du das mit all das, David?«
Ich trat empört einen Schritt auf ihn zu. Eine seltsame Mischung aus Wut, Sehnsucht und Trauer regte sich in mir. »Oder gibt es noch etwas? Verbirgt sich hinter all dem mehr? Meinst du damit auch dich und mich?«, fügte ich hinzu, wobei meine Stimme ein wenig hysterisch klang. »Oder dich und Allie?« Ich hob das Kinn und sah ihm in die Augen. In seinem Blick spiegelte sich mein eigener Schmerz wider. »Das sind alles Komplikationen, die Stuart sicher nicht vorhergesehen hat, als er schwor, mich in guten und in schlechten Zeiten zu lieben.«
David zuckte zusammen. Ich wusste, dass ich einen Nerv getroffen hatte. Natürlich hatte auch Eric mir dasselbe geschworen, aber durch den Tod seines Körpers hatte sich dieser Schwur in Nichts aufgelöst. Die Tatsache, dass seine Seele zu uns zurückgekehrt war, bedeutete sowohl große Freude als auch große Qual.
»Dieser Schwur wird ihm sicher viel bedeuten«, meinte David nach einer Weile. Anstatt mich anzusehen, spielte er nun mit seinem Stock. »Wenn du ihn liebst, musst du ihm vertrauen und an ihn glauben.«
Ich presste zwei Finger gegen meinen Nasenrücken, um David nicht ansehen zu müssen. Denn im Grunde sah ich in diesem Moment nur Eric vor mir.
»Du hast mir doch gesagt, dass du ihn liebst«, drängte er und suchte erneut meinen Blick.
»Das tue ich auch«, erwiderte ich. Das tat ich wirklich. Ich liebte meinen Mann von ganzem Herzen.
Das einzige Problem bestand darin, dass es nun zwei Männer gab, die ich liebte. Und zwei Arten von Leben, die ich nicht miteinander zu vereinbaren vermochte.
Ich wandte mich ab und begann die Gasse in Richtung Auto zu laufen. Ich musste dringend einen klaren Kopf bekommen, und wenn das bedeutete, dass ich wie ein Feigling davonrannte, dann konnte ich das auch nicht ändern.
Ich war schließlich nicht hierhergekommen, um Zeit mit meinem kürzlich wieder zum Leben erweckten Mann zu verbringen. Nein, ich hatte vielmehr angenommen, dass ein neu entstandener Dämon auftauchen würde, und hatte geglaubt, dass sich David aus demselben Grund hier befand.
Natürlich war ich nicht so naiv gewesen, zu hoffen, dass ich einem Gespräch über unsere frühere Beziehung und die Konsequenzen seiner Wiederkehr für immer aus dem Weg gehen konnte. Aber ich hatte nicht erwartet, vor David meine Entscheidung rechtfertigen zu müssen, dass ich Stuart nichts von meinem geheimen Leben erzählte, oder mit ihm über die Vor- und Nachteile eines Wochenendes mit seiner Tochter Allie zu diskutieren…
Ich lief auf die Hauptstraße zu. Das Geräusch meiner Schritte wurde durch den dumpfen Bass, der aus einem der nahegelegenen Clubs dröhnte, untermalt. Da vernahm ich weitere Schritte hinter mir. Mein ganzer Körper spannte sich an. Ich war derart auf Angriffe aus der Dunkelheit eingestellt, dass ich diese instinktive Reaktion selbst dann nicht zu unterdrücken vermochte, wenn ich genau wusste, dass es David sein musste, der mir da folgte.
Als ich meinen Schritt verlangsamte, wurde der seine schneller. Ich holte tief Luft, um mich zu wappnen, und wandte mich ihm dann zu. David blieb stehen. Mit einer Hand stützte er sich auf den Stock. Obwohl sein Gesicht nicht im Entferntesten an das des früheren Eric erinnerte, wusste ich doch, dass ich in diesem Moment wieder ganz und gar meinen ersten Mann anblickte. Ich konnte Davids Gesicht, sein Hinken und den Stock getrost vergessen. Diese Augen gehörten Eric, und die Bitte um Entschuldigung, die ich darin erkennen konnte, traf mich mitten ins Herz.
»Es tut mir leid«, sagte er. Ich merkte, wie ich mich allmählich wieder entspannte.
»Die Sache ist nicht einfach. Wir müssen es beide langsam angehen. Verstehst du? Auch du musst Geduld zeigen und etwas flexibler sein.«
Sein Mund zuckte, als ob er ein Lächeln unterdrücken müsste. »Seit wann weißt du, was Geduld ist?«
»Du hast Recht«, erwiderte ich grinsend. Dieser Mann kannte mich leider zu gut. »Ich will damit nur sagen, dass wir uns beide anstrengen müssen.«
»Ich weiß«, antwortete er mit ernster Miene. »Ich kann zwar nicht behaupten, dass mir gefällt, wie unser Leben verlaufen ist. Aber das weißt du ja sowieso.«
»Ja, das weiß ich«, antwortete ich. »Und ich verstehe deine Gefühle. Was jedoch ein Wochenende mit Allie betrifft…« Ich beendete den Satz nicht, sondern zuckte nur hilflos mit den Schultern.
»Wir sprechen ein andermal darüber.«
»Ja. Das wird das Beste sein.« Ich sah ihn an. In seinen Augen zeigten sich noch immer Bedenken. »Eric«, sagte ich leise. »Ich verstehe dich. Ich verstehe dich wirklich. Aber ob es dir gefällt oder nicht – ich bin in puncto Allie jetzt quasi alleinerziehend. Es ist also meine Entscheidung, und ich muss mir erst einmal ganz sicher sein, dass ich die richtige treffe.«
»Das wirst du«, erwiderte er leise. »Das tust du immer, Katie.«
Seine Worte, so unschuldig sie auch gemeint sein mochten, ließen mich an die große Vertrautheit denken, die uns einmal miteinander verbunden hatte. Vor langer Zeit einmal hatte mich Eric Crowe besser als irgendein anderer Mensch auf der Welt gekannt, und sein Glaube an mich war genauso unerschütterlich gewesen wie der meine an ihn.
Ich ging auf seine letzte Bemerkung lieber nicht ein. »Ich glaube kaum, dass Watson heute Nacht noch hier auftauchen wird«, meinte ich stattdessen und wechselte so von meinen persönlichen Dämonen zu jenen, die direkt aus der Hölle kommen. »Falls er hier ist, hat er sich wohl entschlossen, zumindest heute Nacht sein Versteck noch nicht zu verlassen.«
»Glaubst du denn noch immer, dass wir beobachtet werden?«, wollte David wissen.
Ich horchte kurz in die Nacht hinein. »Nein. Ich glaube, wir sind wirklich allein. Falls uns Watson gesehen hat, ist er jetzt jedenfalls verschwunden.«
»Du hast sicher Recht«, entgegnete David. »Sollen wir trotzdem noch eine Runde drehen? Oder es an einem anderen Ort versuchen?«
Ich zögerte. In der Zeitung hatte ich am Morgen vom überraschenden Überleben eines gewissen Sammy Watson gelesen, eines Barkeepers in einem Nachtclub. Sammy war in der Gasse überfallen worden, in der wir gewartet hatten. Ein junges Paar, das zufällig vorbeigekommen war, hatte ihn bewusstlos und blutend auf dem Boden gefunden. Wahrscheinlich dachten sie, dass der Gestank nach altem Fett und fauligen Chicken-Wings ihrem Techtelmechtel eine besonders romantische Note verleihen würde. Statt Romantik fanden sie jedoch den beinahe toten Sammy.
Der Zeitung nach war er in einem höchst kritischen Zustand ins Krankenhaus eingeliefert worden. Eine Krankenschwester hatte dem Reporter erklärt, dass man von seinem baldigen Tod ausgegangen war und es deshalb als Aufgabe des Krankenhauses betrachtet hatte, ihm die restliche Lebenszeit so angenehm wie möglich zu machen. Das Klinikpersonal war nicht wenig überrascht gewesen, als sich Sammy am nächsten Morgen bester Gesundheit erfreute und sogleich bereit war, ein paar Daiquiris und Margaritas zu mixen.
Da er stabil wirkte, wurde er aus dem Krankenhaus entlassen. Der Leser erfuhr auch noch von den Freudentränen der Mutter und der Freundin, die seine wunderbare Genesung kaum fassen konnten.
Ich konnte mir vorstellen, wie sich diese Frauen gefühlt haben mussten. Sie hatten befürchtet, Sammy für immer zu verlieren. Doch dann hatte er überlebt. Diesmal jedoch würden sie ihn tatsächlich verlieren. Das wusste ich. Schließlich war ich diejenige, die ihn ins Jenseits befördern würde.
Nicht ihn. Sammy war bereits tot und hatte die Erde für immer verlassen. Doch sein Körper war zurückgeblieben und wurde nun von einem Dämon bewohnt. Und da Dämonen häufig zu den Orten wiederkehrten, wo sie in eine menschliche Hülle gefahren waren, wollten wir in dieser Nacht die Gasse bewachen.
Um halb drei Uhr morgens jedoch war ich bereit, Sammy erst einmal in Ruhe zu lassen.
»Vielleicht hat dieser Dämon zur Abwechslung einmal Köpfchen«, meinte David nachdenklich. »Möglicherweise begreift er ja, dass er nur überlebt, wenn er der örtlichen Dämonenjägerin aus dem Weg geht. Zumindest, bis er seine volle Stärke erlangt hat.«
»Den örtlichen Dämonenjägern«, verbesserte ich ihn.
David schüttelte den Kopf. »Ich beziehe mein Gehalt nicht von der Forza.«
»Aber…«
Er winkte ab. »Nicht heute. Es ist schon spät, und wir sind beide müde. Wenn wir nicht mehr weiter nach Sammy suchen, würde ich vorschlagen, dass wir abbrechen und endlich schlafen gehen.«
Mich quälten Schuldgefühle, aber auch Angst. »Es ist doch nicht… Du hast ihnen doch nichts von den Lazarus-Knochen erzählt – oder?« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe es dir versprochen, Katie. Und ich halte mein Versprechen.«
Ich nickte beruhigt, wenn auch meine Neugier nicht befriedigt war. »Warum…«
»Kate«, unterbrach er mich entschlossen. »Wir sprechen ein andermal darüber.«
Ich hakte nicht nach. Wie mir vor einiger Zeit klargeworden war, hatte Eric viele Geheimnisse. Früher hätte ich das zwar niemals für möglich gehalten, doch inzwischen wusste ich, dass ich von all den Menschen in seinem Leben vermutlich diejenige gewesen war, vor der er am meisten verheimlicht hatte.
Auf dem Weg nach Hause plagte mich Davids Status als freiberuflicher Dämonenjäger so sehr, dass ich mich gezwungen sah – jawohl, gezwungen –, an einem Drive-Through zu halten und mir dort eine große Portion Pommes und eine Cola light zu genehmigen. Schließlich benötigte ich für meine mentalen Kraftanstrengungen genügend Kalorien.
Zumindest redete ich mir das ein, als ich an meiner Cola nuckelte, während ich durch die leeren Straßen fuhr. Pflichtbewusst hielt ich an allen roten Ampeln, obwohl nirgendwo ein anderer Wagen zu sehen war.
Einer der Gründe, warum sich David bereits zwei Tage nach dieser ganzen Erweckungsangelegenheit verpflichtet gefühlt hatte, nach Italien zu fliegen, war sein Bedürfnis gewesen, der Forza einen genauen Bericht abzuliefern. Er wollte der vatikanischen Behörde darlegen, wie Erics Seele in Davids Körper geraten war – zumindest soweit er das selbst wusste. Solche Dinge geschahen schließlich nicht jeden Tag, und uns war beiden klar, dass sich die Forza eingehend damit auseinandersetzen würde.
Auch die Tatsache, dass ich den Staub der Lazarus-Knochen dazu benutzt hatte, David von den Toten zu erwecken, wäre für die Forza von großem Interesse. Ich hatte eine Grenze überschritten, als ich mich im Bruchteil einer Sekunde dazu entschloss, David wiederzuerwecken, und das mit Hilfe einer Magie, mit der ich eigentlich nichts hätte anfangen dürfen.
Doch ich wusste, dass ich es jederzeit wieder tun würde. Ich war mir dessen absolut sicher. Gleichzeitig jedoch hatte ich an diesem kalten Januarabend meine Seele aufs Spiel gesetzt. Und was noch schlimmer war – ich hatte ebenso Erics Seele aufs Spiel gesetzt… Sie können in mir gern einen Feigling sehen. Aber ich wollte einfach nicht die Enttäuschung in Padre Corlettis Stimme hören, wenn ich ihm erzählte, was ich getan hatte.
Der Gedanke an den Padre ließ mich lächeln. Ich schob mir eine Fritte in den Mund. Padre Corletti leitete die Forza und war stets wie ein Vater zu mir gewesen. Man hatte mich als Kind allein durch die Straßen von Rom wandernd gefunden, ohne dass ich eine Erinnerung an meine Mutter und meinen Vater gehabt hätte. Es war Padre Corletti gewesen, der mir oft die Hand gehalten und mir abends Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen hatte. An meinem vierzehnten Geburtstag schenkte er mir mein erstes Stilett. An meinem sechzehnten gab er mir ein Silberkreuz.
Es war auch Padre Corletti gewesen, der seine Zustimmung gab, als Eric um meine Hand anhielt.
David wusste von all dem natürlich und verstand mein Unbehagen, ohne dass ich etwas hätte erklären müssen. Er hatte vorgeschlagen, unser Erweckungsabenteuer geheim zu halten. Zuerst hatte ich unter Schuldgefühlen gelitten, auch wenn ich in der letzten Zeit eine wahre Expertin auf dem Gebiet der Geheimniskrämerei und der Unterdrückung meines schlechten Gewissens geworden war. Doch wenn David bereit war, das Ganze zu verschweigen, so war ich sicher die Letzte, die etwas dagegen einzuwenden hatte.
Schließlich war Davids Geschichte selbst ohne den Erweckungsaspekt aufregend genug. Es war eine Geschichte, die von den Gelehrten der Forza vermutlich handschriftlich festgehalten und in einer supergeheimen Abteilung der vatikanischen Bibliothek aufbewahrt werden würde. Mit anderen Worten: Es handelte sich um höchst wichtiges theologisches Material. Es war sogar so wichtig, dass ich nicht einmal blass geworden war, als David mir von seiner geplanten Reise erzählte, obwohl ich wusste, wie sehr es Allie treffen würde, dass ihr gerade erst aufgetauchter Vater vorhatte, sofort wieder um die halbe Welt zu reisen.
Was mich betraf, so war ich insgeheim froh gewesen, David für ein oder zwei Wochen nicht sehen zu müssen. Ich wollte ihn nicht für immer verlieren, vor allem nicht, nachdem auch ich ihn gerade erst zurückbekommen hatte. Aber ich brauchte Zeit und Ruhe, um all das, was geschehen war, zu verarbeiten – von der dämonischen Bedrohung, die wir fürs Erste abgewandt hatten, bis hin zu dem mächtigen Zauber, den ich benutzt hatte, um Eric für eine Weile auf dieser Welt zu behalten.
Selbst Allie schien, nachdem sie ihre erste Enttäuschung überwunden hatte, ganz froh, dass ihr Vater verreist war. So fantastisch Erics Wiederkehr theoretisch auch sein mochte, so sehr bedurfte es doch einiger innerer Auseinandersetzungen, um damit klarzukommen. Die neue Lage war für Allie nichts, worüber sie stundenlang mit ihren Freundinnen hätte quatschen können. Es gab auch kein Buch mit einem ähnlichen Thema. Im Grunde konnte sie nichts anderes tun, als abzuwarten und das Ganze innerlich langsam zu verarbeiten. In dieser Hinsicht war mir Davids Abreise also geradezu wie ein Geschenk vorgekommen. Ich fragte mich sogar, ob er das in Wahrheit nicht vielleicht doch gewusst und deshalb seine Abfahrt besonders schnell vorangetrieben hatte.
Allerdings hatte ich nicht erwartet, ihn derart lange nicht wiederzusehen. Ich war von einem ein- oder zweiwöchigen Aufenthalt ausgegangen, der dann beinahe drei Monate dauerte. David musste sogar einige Wochen unbezahlten Urlaub nehmen, um in Rom bleiben zu können. Er behauptete der Schulleitung gegenüber, sich um einen kranken Verwandten in Europa kümmern zu müssen. Am Telefon hatte ich den Eindruck gewonnen, dass David vorhatte, wieder hauptberuflich als Dämonenjäger zu arbeiten und vielleicht sogar seine Stelle als Lehrer an den Nagel zu hängen.
Warum war er also noch immer freiberuflich tätig? Und warum arbeitete er wieder an der Coronado Highschool?
Meine erste Vermutung hing mit meinem schlechten Gewissen und meiner Angst zusammen. Ich stellte mir vor, dass er die Geschichte mit den Lazarus-Knochen doch gestanden hatte und die Forza seine Seele nun als unrein betrachtete, weshalb er nicht mehr als Jäger arbeiten durfte. Doch schon bald tat ich diese Befürchtung als unsinnig ab. Falls die Wiedererweckung durch die Knochen seine Seele tatsächlich befleckt haben sollte, dann wäre auch meine Seele in Gefahr gewesen. Und einer solchen Vorstellung durfte ich nicht nachhängen.
Es war nicht nur ein blindes Ableugnen, das mich dazu trieb, diese Hypothese fallenzulassen. Nein, es war auch Vertrauen. David hatte mir schließlich sein Wort gegeben. Er hatte mir klar und deutlich erklärt, dass er sein Versprechen halten würde. Und daran wollte ich glauben.
Das beantwortete allerdings noch immer nicht meine Frage, warum er nicht wieder als Jäger für die Forza arbeitete. Ich konnte mir einfach keine triftige Erklärung vorstellen. Also überlegte ich hin und her, bis ich schließlich in unsere Einfahrt einbog.
Ich ließ den Minivan vor der Garage stehen, wo ich ihn in letzter Zeit oft parkte. Erstaunlicherweise hatte es Stuart endlich geschafft, unser knarzendes und nervtötend langsames Garagentor zu reparieren (oder vielmehr einen Handwerker zu rufen). Obwohl dieser lang herbeigesehnte Tag endlich gekommen war und das Tor jetzt mit einem zarten Flüstern auf- und zuging, konnte ich meinen Wagen noch immer nicht in der Garage parken. Sie fragen sich sicher, warum? Ganz einfach. Ich war mir so sicher gewesen, dass mein Mann die Reparatur bis nach der Wahl hinausschieben würde, dass ich die halbe Garage – also meinen Teil – mit Krimskrams gefüllt hatte, den ich für einen Flohmarkt sammelte.
So viel zu meinem Vertrauen in Stuart.
Ich trank einen Schluck Cola, schob mir die letzten fünf Pommes frites in den Mund und stieg aus dem Auto. Hastig eilte ich um das Haus herum, da ich nicht vorn hinein wollte. Wenn man aus unserem Schlafzimmer im ersten Stock tritt, hat man nämlich einen ausgezeichneten Blick auf den Eingangsbereich. Ich wollte auf keinen Fall, dass Stuart zufälligerweise gerade in dem Moment aus unserem Zimmer wankte, in dem ich mich in unser Haus zurückschlich.
Es war eine dunkle Nacht. Die Mondsichel war meist von Wolken verhangen. Ich huschte in der Hoffnung, von keinem unter Schlaflosigkeit leidenden Nachbarn gesehen zu werden, von einem Gebüsch zum nächsten.
Allerdings machte ich mir kaum Sorgen um schlaflose Nachbarn. Unser Viertel ist recht gediegen, was bedeutete, dass man hier nach Mitternacht mehr oder weniger die Bürgersteige hochklappte – von einigen wenigen Teenager-Partys einmal abgesehen.
Unser Garten ist von einem Holzzaun umgeben, der an der Seite, wo wir unsere Müll- und Recycling-Tonnen aufbewahren, ein Tor hat. Früher war dieses stets verriegelt gewesen, doch in letzter Zeit kümmerte ich mich nicht mehr sonderlich darum. Oft musste ich sehr schnell von außen in unseren Garten gelangen, so dass sich ein offenes Tor als überaus nützlich erweisen konnte. Außerdem musste ich feststellen, dass ein harmloser Riegel keinen Dämon davon abhielt, hier einzudringen.
Mancher mag diese Haltung als pessimistisch bezeichnen. Ich persönlich nenne das pragmatisch.
Aus Gewohnheit sah ich mich rasch im Garten um und leuchtete mit der Taschenlampe, die ich stets dabei hatte, in alle dunklen Ecken. Ich erwartete nicht, etwas Ungewöhnliches zu entdecken, und das tat ich auch nicht. Mit etwas Glück hatte sich Sammy Watson entschlossen, die Stadt zu verlassen. In diesem Fall würde er zumindest nicht mehr mein Problem sein. Ich konnte ihm vielmehr dafür danken, mir freundlicherweise ein paar freie Stunden zu gönnen.
Als ich vom Kiesweg auf unsere Veranda trat, schaltete ich die Taschenlampe aus und steckte sie wieder ein. Mein Hausschlüssel befand sich in meiner hinteren Jeanstasche. Ich holte ihn heraus. Unsere Verandatür besteht aus rechteckigen Glasscheiben, in denen ich mein Spiegelbild trotz der klebrigen Fingerabdrücke, die mein kleiner Junge dort hinterlassen hatte, gut erkennen konnte. Eine 40-Watt-Glühbirne erhellte die Veranda. Ihr Licht gestattete mir nicht, ins Innere des Hauses zu blicken, aber dafür konnte ich in den Scheiben deutlich unseren Garten erkennen. Unseren Garten sowie etwas Graues, sehr Schnelles.
Ohne nachzudenken, zog ich mein Stilett heraus. Ich sprang von der Veranda auf den Kiesweg und flüchtete in die Dunkelheit. Einen Moment lang wartete ich, bis sich meine Augen an das Dunkel gewöhnt hatten, und sah mich dann aufmerksam um.
Alles schien wie immer zu sein. Doch das beruhigte mich keineswegs. Irgendetwas hatte sich bewegt, und in meinem Beruf bedeutet die Tatsache, dass sich etwas bewegt, was dann blitzschnell verschwindet, meist nichts Gutes.
Obwohl ich bereits zuvor die dunklen Ecken des Gartens in Augenschein genommen hatte, entschloss ich mich, sie mir noch einmal genauer anzusehen. Diesmal schlich ich näher heran. Man könnte eigentlich annehmen, dass mich die Dunkelheit nach den jahrelangen Dämonenjagden nicht mehr erschreckt. Doch das stimmt nicht. Ich fürchte mich wahrscheinlich mehr als ein Fünfjähriger, der seine Mutter anbettelt, doch das Licht im Gang einzuschalten, und sich dann trotz Licht nicht traut, seine Hände oder Füße über der Bettkante herabhängen zu lassen. Denn im Gegensatz zu diesem Fünfjährigen, unter dessen Bett vermutlich nur Staubmäuse und Stofftiere lauern, weiß ich, was sich tatsächlich alles in der Dunkelheit versteckt. Und das ist selten etwas Erfreuliches – das können Sie mir glauben.
Unser Garten lässt sich mehr oder weniger in zwei Bereiche unterteilen – in einen Rasen- und in einen Kiesabschnitt. Auf der linken Seite befindet sich der Rasen. Dort wachsen einige Obstbäume und Pflanzen, und es liegt genügend Spielzeug herum, um die Hälfte der Kinder eines Entwicklungslandes glücklich zu machen. Rechts ist der Kies, auf dem kleine Spielplatzgeräte aus Plastik stehen (für die Timmy schon bald zu groß sein wird). Auch hier finden sich so viele Spielsachen, dass man damit locker die andere Hälfte der Kinder dieses Entwicklungslandes glücklich machen könnte.
Ich suchte als Erstes die Kiesseite ab. Dabei sah ich mich zwischen den Spielgeräten um und warf auch einen Blick unter den Schuppen, der am Ende unseres Gartens steht. Auch dort entdeckte ich nichts Besonderes. Es fanden sich nur die Betonsteine, auf denen der Schuppen ruht, einige Gummibälle und eine Auflaufform, die ich schon vermisst hatte.
Langsam schlich ich um den Schuppen herum. Meine Schuhe machten auf dem Kies ein knirschendes Geräusch. In der hinteren Ecke des Gartens stand Timmys violetter Sandkasten in Dinosaurierform. Seit einiger Zeit war der Dino leer. Mein Sohn interessierte sich inzwischen mehr dafür, den Sand durch den Garten zu schleudern, als in ihm zu spielen. Der Sandkasten war wie immer mit einem passenden Deckel verschlossen. Obwohl ich eigentlich nicht erwartete, einen Dämon in Miniaturformat im Dinosaurier vorzufinden, hob ich den Deckel doch kurz mit meinem Fuß an, um einen Blick hinein zu werfen. Meine Muskeln waren angespannt, das Stilett hatte ich gezückt.
Ich jagte einigen Kellerasseln, einer Action-Figur aus Plastik und einem wirklich widerlichen alten Softtennisball einen ziemlichen Schrecken ein, als sich der Deckel hob. Doch ansonsten geschah nichts.
Die Ecke hinter dem Schuppen ist zu einem wahren Paradies für unsere ungeliebten Besitztümer geworden, mit denen wir nicht mehr viel anzufangen wissen. Hier befinden sich alte Tüten mit Erde, es gibt einige kleine Erdhügel und größere Steine, einen verrosteten Schubkarren und zahlreiche Gartenwerkzeuge, mit denen ich schon immer einmal etwas anfangen wollte, was ich aber bisher noch nie geschafft hatte. Auch hier sah ich mich um, fand aber wieder nichts und schlich dann bis an den Zaun heran. In einer ziemlich großen Lücke zwischen Schuppen und Zaun bewahren wir nämlich unsere Rechen, Schaufeln und einige kaputte Liegestühle auf.
Auch hier nichts. Keine Dämonen in Sicht.
Allmählich kamen mir Zweifel. Hatte ich mir das Ganze nur eingebildet? Ich war in Versuchung, aufzugeben und endlich ins Bett zu gehen. Schließlich hatte ich bereits einen anstrengenden Tag hinter mir, der unter anderem aus Fahrdienst, zwei Stunden Wäsche, weiteren zwei Stunden Autowerkstatt und einer halben Stunde Supermarkt bestanden hatte, wo ich eine Packung mit Windeln für die Nacht umtauschen wollte, die ich aus Versehen in der falschen Größe gekauft hatte. Danach war – noch eine Dreiviertelstunde damit vergangen, meinen Kleinen durch den Park zu jagen. Wie Sie sich vorstellen können, fühlte ich mich am Ende eines solchen Tages hundemüde.
Doch gleichzeitig war ich mir ziemlich sicher, nicht unter Wahnvorstellungen zu leiden. Seit ich mit David die Gasse unter die Lupe genommen hatte, glaubte ich, beobachtet zu werden. Und wenn ich etwas in meinen Jahren als Dämonenjägerin gelernt hatte, dann dass Jäger nur sehr selten paranoid sind. Normalerweise gibt es immer einen Grund, wenn sich die Nackenhaare aufstellen.
Ich richtete meine Taschenlampe auf eine Baumgruppe, die am anderen Ende unseres Gartens steht. Zuerst leuchtete ich den Boden ab und ließ dann den Lichtstrahl nach oben in die Äste wandern. Niente.
Stirnrunzelnd trat ich ein paar Schritte zurück, um den Lichtkegel auf das Dach des Schuppens zu richten. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können. Nada.
»Raus mit dir! Raus mit dir, wo auch immer du dich versteckst!«, rief ich mit leiser Stimme. Ich tat das eher aus Frustration als in der Erwartung, eine Antwort zu erhalten. Als ich auf einmal ein dumpfes Klack vor mir hörte, zuckte ich erschrocken zusammen.
Ich senkte den Lichtstrahl nach unten und beleuchtete unseren ziemlich wackligen Gartentisch, der dort neben dem Schuppen steht. Zwar hatte ich hier bereits nachgesehen und nichts entdeckt, doch jetzt fiel mir auf, dass sich die Blumentöpfe auf dem Tisch ein wenig bewegten.
Ich hielt mein Stilett fest umschlossen und schlich näher. Solange ich mich auf dem Rasen befand, konnte man meine Schritte nicht hören, doch als ich den Kies betrat, knirschte es. Noch immer konnte ich nichts erkennen. Jedenfalls keinen Sammy Watson.
Mit klopfendem Herzen schlich ich die letzten Meter bis zum Tisch. Auf einmal fiel einer der Blumentöpfe um, und ein graues Etwas sprang mich an. Ich riss mein Messer hoch, verstand aber gerade noch im letzten Augenblick, was ich da vor mir hatte. Abrupt hielt ich inne, so dass Kabit, unser großer grauer und offensichtlich ziemlich dummer Kater, nicht tödlich verwundet wurde.
Kabit, der es gerade noch geschafft hatte, nicht eines seiner neun Leben zu verlieren, landete lautlos neben mir auf dem Boden und begann sogleich schnurrend um meine Bein zu streichen.
Ich atmete vor Erleichterung, aber auch Frustration auf.
Dann hob ich Kabit hoch. »Hallo, Dummerchen. Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht hinaus darfst.« Kabit war einige Stunden zuvor an mir vorbeigeprescht, als ich leise nach draußen geschlichen war, um David zu treffen. So verwöhnt und wohlgenährt wie er war, kam er mir nicht gerade wie dazu geschaffen vor, unter freien Himmel zu schlafen.
»Beinahe hätte es Katzendöner gegeben«, flüsterte ich. Der kleine Rabauke antwortete mit einem seltsamen Zischlaut. Er legte seine Ohren flach an, als ob er mir sein Missfallen zeigen wollte. Doch vielleicht hatte diese Reaktion auch etwas mit dem Dämon zu tun, der sich auf einmal hinter mir befand.
Kabit krallte sich für einen Moment an mir fest, ehe er sich aus meinen Armen wand. Blitzschnell drehte ich mich meinem Angreifer zu. Doch es war bereits zu spät. Sammy Watson erwischte mich noch in der Drehung. Ein schneller, harter Schlag entledigte mich sowohl der Katze als auch meines Stiletts. Blitzschnell fuhr eine Stahlklinge an meinen Hals und presste dagegen. Sie wirkte ziemlich überzeugend, und ich hielt es vorerst für das Beste, mich nicht von der Stelle zu rühren.
»Die Stunde des Todes ist gekommen, Jägerin«, flüsterte Watson heiser. Er packte mich an den Haaren und riss meinen Kopf nach hinten, so dass mein Hals der scharfen Klinge seines Messers noch mehr ausgeliefert war. »Du wirst das Gladius Caeli niemals gegen meinen Meister erheben.«
Ich hatte keine Zeit, mir groß darüber Gedanken zu machen, was nun am geschicktesten war. Ich konnte nur noch reagieren. Also riss ich meinen linken Arm hoch und schlug, gerade als der Dämon die Muskeln anspannte, um meinen Hals zu durchtrennen, mit der Faust gegen sein Handgelenk.
Es war ein gewagtes Manöver, aber angesichts meiner prekären Lage blieb mir keine andere Wahl. Zum Glück ging die Rechnung auf – zumindest für den Moment. Die Messerschneide fuhr über meine Haut, ohne sie tiefer zu durchschneiden. Diese Verletzung würde ich bestimmt überleben – wenn es mir gelingen sollte, dem Dämon zu entkommen.
Das war leider einfacher gesagt als getan. Im selben Moment, in dem ich ihn mit der Faust traf, ließ er meine Haare los und packte mich stattdessen an meiner Taille, um mich an sich zu drücken. Sein Griff war gnadenlos. Ich schnappte nach Luft, während ich mein Kinn nach unten presste, damit mein wertvoller Hals zumindest fürs Erste geschützt war.
Offensichtlich war der Dämon nicht wild entschlossen, mich zu köpfen. Ihm war wohl jede Todesart recht, denn jetzt nahm er mich in den Schwitzkasten. Da ich diese Art des Angriffs selbst auch schon öfter praktiziert hatte, wusste ich, was er vorhatte, und ich konnte nicht behaupten, dass es mir gefiel. Er wollte meinen Kopf festhalten, um mir so besser den Hals umdrehen zu können, und schon hätte er sein Ziel erreicht: eine Dämonenjägerin weniger.
Für mich war das allerdings kein allzu erstrebenswertes Ziel, weshalb ich auch alles tat, um mich dagegen zu wehren. Ich schlug und trat heftig um mich. Dabei traf ich den Dämon mit dem Absatz meines Schuhs an seinem empfindlichen Schienbein. Dann schlang ich rasch mein Bein um das seine. Er kam dadurch ins Straucheln, und wir gingen beide zu Boden.
Ich keuchte. Der Sturz raubte mir für einen Moment den Atem. Watson war schnell. Er nutzte die Gelegenheit und warf sich auf mich, sein Messer noch immer in der Hand. Jetzt hockte er über mir und hielt meine Arme mit seinen Beinen fest. Ich vermochte mich kaum mehr zu rühren.
»Das Spiel ist aus, Jägerin.«
Obwohl ich versuchte, mich mit aller Kraft loszueisen, merkte ich doch bald, dass es nutzlos war. Mit meinen Beinen und Füßen vermochte ich nichts zu bewirken, und meine Arme waren sowieso wie gefesselt. Ich merkte, wie mir das Blut in den Ohren rauschte, als er sein Messer hob. Ich war dem Dämon hilflos ausgeliefert und konnte nur noch ein verzweifeltes Stoßgebet zum Himmel schicken.
Die Klinge schimmerte im Mondlicht, als sich die Messerspitze meinem Brustbein näherte. Ich rang nach Luft und drückte instinktiv meinen Rücken tiefer in den Boden, um dadurch wertvolle Millimeter zu gewinnen, ehe die Waffe in mein Herz eindrang.
Ich wollte noch nicht sterben. Doch in diesem Moment sah es ganz so aus, als ob mir keine große Wahl blieb.
Die Zeit schien auf einmal alle Bedeutung zu verlieren. Quälend langsam drehte sich die Welt. Die Klinge berührte mein Sweatshirt und durchschnitt es. Der Schmerz, den ich nun empfand, breitete sich wie ein roter Blutfleck in meinem Körper aus. Seltsamerweise sah ich nicht mein Leben vor mir ablaufen, sondern das meiner Kinder. Heiße Tränen strömten mir über die Wangen, und ich verfluchte Gott und die Welt, weil mir das Leben geraubt werden sollte. Weil das Böse zumindest für diesen Moment zu siegen drohte.
Mein Schluchzen vermischte sich mit einem lauten Aufheulen. In diesem Augenblick geschahen zwei Dinge: Der Druck auf meinen Körper ließ nach, und etwas Großes, Graues klammerte sich an den Kopf des Dämons.
Kabit.
Ich nutzte die Gelegenheit und schnellte hoch. Es gelang mir, eine Hand zu befreien und dem Dämon einen soliden Kinnhaken zu verpassen, während ich gleichzeitig mein Knie hochriss und ihn damit in die Eingeweide traf. Sein Mund klappte zu, und er gab keinen Laut mehr von sich, sondern fiel rücklings auf den Boden.
Meine fantastisch kluge Katze stieß daraufhin ein ohrenbetäubendes Miau aus und sprang davon – allerdings erst, nachdem sie ihre Klauen noch einmal in das Gesicht des Dämons geschlagen hatte. Das gute Tier! Es hatte sich soeben für einen ganzen Monat Thunfisch verdient.
Die Tatsache, dass Kabit faul, dick und alt war – und damit auf keinen Fall zu den typischen Kämpfern und Angreifern unter den Katern gehörte – störte mich in diesem Moment wenig. Ich hatte schon immer fraglos Wunder akzeptiert, und dieses war eindeutig zur richtigen Zeit eingetreten.
Als sich der Dämon über sein schmerzverzerrtes Gesicht wischte, sprang ich auf die Füße. Hastig sah ich mich nach meinem Stilett oder etwas Ähnlichem um, was ich als Waffe benutzen konnte. Ich entdeckte eine von Timmys Plastikschaufeln. Entschlossen stürzte ich mich darauf und brach sie entzwei. Jetzt war ich mit einem roten Plastikstiel bewaffnet, der eine hässliche Spitze aufwies – im Grunde jener Art von Gegenstand, mit dem sich ein Kind jederzeit ein Auge ausstechen konnte. Oder mit dem man einem Dämon den Garaus machen konnte.
Ich überlegte mir für einen Moment, den Plastikstiel zu werfen, doch dann entschied ich mich dagegen. Ich mochte vielleicht wissen, wie mein Stilett oder auch diverse Messer durch die Luft flogen, doch bei einem Plastikspielzeug war das etwas anderes. Die einzige Möglichkeit, wie ich das Monster in die Hölle zurückschicken konnte, war ein gezielter Stich durch sein Auge, und der musste diesmal leider aus nächster Nähe erfolgen.
Der Dämon, der nicht dumm war, hatte sich inzwischen aufgerappelt und rannte auf unser Gartentor zu. Auf dem Weg dorthin wich er den kleinen Lastwagen aus Plastik und den Sandkastenformen meines Sohnes aus, die überall verstreut lagen. Ich hingegen ließ mich durch diese Hindernisse nicht irritieren. Schließlich bin ich eine Topexpertin, wenn es darum geht, Duplosteinen und sonstigen Spielzeugen meines Sohnes auszuweichen, während ich einen dampfenden Braten durch das Haus trage und meinen Kindern gleichzeitig befehle, sich vor dem Essen noch die Hände zu waschen. Es war also ein Leichtes für mich, den Dämon einzuholen.
Ich griff ihn von hinten an und brachte ihn so aus dem Gleichgewicht. Er stolperte über den Dinosaurier-Sandkasten, den ich offen gelassen hatte. Mit einem dumpfen Knall landete er auf dem Boden, und ich warf mich auf ihn. Die Plastikspitze hielt ich drohend über sein Auge. Wenn er sich auch nur ein wenig bewegen würde, wäre alles innerhalb einer Sekunde für ihn vorbei.
»Wer hat dich geschickt?«, fuhr ich ihn an.
Sammy Watson war gerade neu entstanden. Wenn er mich bereits zu diesem Zeitpunkt angriff, musste das bedeuten, dass er von einem in der Hierarchie höherstehenden Dämon dazu angewiesen worden war. »Und was hat es mit diesem Schwert des Himmels auf sich?«, fügte ich noch hinzu, wobei ich meine beschränkten Lateinkenntnisse zu Hilfe nahm, um den von ihm verwendeten Ausdruck zu übersetzen.
»Er kommt wieder, um sich an dir zu rächen«, antwortete Watson, dessen Stimme auf einmal recht hoch klang. »Sein Zorn wird größer sein als zuvor.«
»Wer?«, drängte ich. »Wer kommt wieder?«
Der Dämon lächelte böse. »Er, der sich rächen will. Er, der ins Kardinalfeuer geworfen wurde. Er verlangt nach Vergeltung. Und wenn sich Vergeltung mit Rache mischt, werden du und die Deinen sterben, und die Hölle wird sich die Erde untertan machen.«
Da diese Drohungen nicht gerade nach einem gemütlichen Kaffeestündchen klangen, wollte ich weitere Einzelheiten erfahren.
Sammys Mund verzog sich erneut zu einem charmanten Lächeln, zu dem seine perfekten Zähnen und zwinkernden Augen ausgezeichnet passten. Ich konnte mir gut vorstellen, dass Watson als Barkeeper sehr erfolgreich gewesen war. »Das ist geheim«, erklärte er. »Ein Geheimnis muss man für sich behalten.«
»Ich habe es schon geschafft, härtere Typen als dich dazu zu bringen, ihre Geheimnisse zu verraten«, entgegnete ich kalt. »Das ist das Gute daran, dass ihr in einen menschlichen Körper fahrt, um auf der Erde wandeln zu können. Auf diese Weise lernt ihr auch die Nebeneffekte des Menschseins kennen. Wie zum Beispiel Schmerzen.«
»Möchtest du, dass ich schreie, Jägerin?«, erwiderte er kühl. Seine Antwort mochte lässig klingen, doch in seinen Augen konnte ich deutlich sehen, dass ihn meine Drohung verunsichert hatte. »Vielleicht möchtest du ja, dass deine Familie von mir erfährt.«
»Und vielleicht möchte ich auch nur, dass du so lange still bist, bis ich sage, dass du sprechen darfst«, erwiderte ich. Für einen Moment ließ ich seinen Hals los, um mir den Softtennisball zu schnappen, der im Dinosaurier lag. Diesen schob ich ihm in den Mund. Ich hatte vor, ihm Hände und Füße zu fesseln und ihn dann hinter den Schuppen zu zerren, wo wir weder vom Schlafzimmerfenster noch von der Veranda aus beobachtet werden konnten. Dort würde ich mit dem Dämon alles tun können, was mir einfiel, um ihn zum Sprechen zu bringen, wobei ich vor allem an mein Stilett und das Weihwasser dachte. Ich hatte vor, nichts unversucht zu lassen, um sein Geheimnis zu lüften. Denn ganz offensichtlich braute sich etwas in San Diablo zusammen, und ich benötigte alle Informationen, die ich bekommen konnte.
Langsam verlagerte ich mein Gewicht, ohne den spitzen Plastikstiel von seinem Auge zu entfernen. Mit der freien Hand packte ich ihn an einem seiner Handgelenke und zerrte den Arm auf seinen Rücken.
»Steh auf«, befahl ich und lehnte mich etwas zu einer Seite, um das Stilett aufheben zu können, das ich inzwischen auf dem Boden entdeckt hatte. Ich schob die zwanzig Zentimeter lange Klinge in meinen Gürtel und brachte dann den Dämon dazu, langsam aufzustehen. Als er stand, trat ich hinter ihn und befahl: »Jetzt die andere Hand. Sonst ist es vorbei, ehe es begonnen hat.«
Nervös hielt ich den Atem an, da ich nicht wusste, wie er reagieren würde. Wenn sein Befehl darin bestand, mich zu töten, würde er mir gehorchen, um auf die nächste Gelegenheit zu warten, es wieder zu versuchen. Sollte das aber nicht der Fall sein, würde er meine Anordnung vielleicht einfach ignorieren, da er wusste, dass ihn ein Stich durch sein Auge nur in den Äther zurückschicken würde.
Langsam legte er auch seine andere Hand auf den Rücken, und ich atmete befriedigt auf. Meine Vermutung war also richtig gewesen. Der Kerl sollte mich töten, und das würde so lange seine Absicht bleiben, bis ich ihm den Garaus machte oder er mir.
»Los!«, befahl ich. Ich blieb so nahe wie möglich hinter ihm. Mit der linken Hand hielt ich seine Handgelenke kurz unter seinen Schulterblättern fest. Da ich mit der Rechten noch immer den Plastikstiel unter sein Auge gedrückt hatte, kamen wir nur langsam voran. Aber der Dämon bewegte sich zumindest und tat wie geheißen.
Nach vier kleinen Schritten hielt er auf einmal inne. »Weiter«, insistierte ich, doch er schüttelte den Kopf. »Sofort! Oder ich verpasse dir ein Loch im Auge, in das ganz Kalifornien passt.«
Ich hörte, wie der Dämon mit dem Softtennisball im Mund zu sprechen versuchte. »Verdammt«, knurrte ich. Welche Geheimnisse dieser Mistkerl auch haben mochte – solange er den Ball im Mund hatte, würde ich sie wohl kaum erfahren. Doch in diesem Moment hätte ich ihn nicht von seinem Knebel befreien können, ohne seine Arme loszulassen oder die Plastikspitze von seinem Auge zu entfernen. Weder das eine noch das andere sagte mir sonderlich zu.
Also stieß ich ihn wieder vorwärts. »Halt den Mund und geh weiter«, befahl ich. »Sobald ich dich gefesselt und wir es uns gemütlich gemacht haben, kannst du so viel reden, wie du willst.«
Ich drückte seine Handgelenke nach oben und spürte, wie er zusammenzuckte, als der Schmerz durch seine Arme schoss. Trotzdem ging er nicht weiter, sondern versetzte dem Kiesboden nur einen Tritt, so dass kleine Steinchen durch den Garten flogen. In diesem Moment hörte ich hinter mir einen mir vertrauten leisen Schrei.
Instinktiv drehte ich mich um und erstarrte. Im schwachen Licht des Mondes bot sich mir ein schreckliches Bild. Allie. Allie kämpfte gegen einen Dämon, der sie von hinten festhielt und ihr die Arme nach unten drückte. »Tut mir leid«, keuchte sie mühsam, während sich eine eisige Hand um mein Herz zu legen schien und zudrückte.