Opfer Nr. 13
Sylwia R., ermordet am 26.06.1991 in Kotczyglowy
Wieder einmal hat Leszek Pekalski Krach mit seinem Onkel Bogdan und wieder einmal wirft ihn dieser aus dem Haus. So beschließt er, in den nächsten Tagen im Wald zu übernachten.
Bald hat er den Waldrand erreicht und sucht nach einer geeigneten Schlafstätte für die Nacht.
»Tagsüber sammelte ich Blaubeeren und nachts lag ich neben einer Futterstelle im Gebüsch und sah den äsenden Rehen zu«, gibt er später zu Protokoll. So verbringt er einige Zeit im Wald nahe dem Dörfchen Kolczyglowy.
Eines Morgens hat er Hunger und verläßt den Wald. Für sein letztes Geld kauft er sich in einem kleinen Laden im Dorf ein Brot und eine Flasche Limonade. Die rotblonde Verkäuferin an der Wursttheke gefällt ihm sofort und so bleibt er im Laden und verspeist dort sein gekauftes Brot. Er beginnt, über sein Leben und seine unglückliche Jugend zu erzählen und merkt, wie das Mädchen ihn bedauert. Herzzerreißend berichtet er, was ihm alles in seinem Leben widerfahren ist, wie Hunger und Durst ihn täglich plagen, weil er doch so wenig Geld hat.
Als Sylwia diesen offensichtlich armen Mann betrachtet, der in Lumpen vor ihr steht, wächst ihr Mitleid. Sie schenkt ihm Gramm Leberwurst, die er sofort mit dem gekauften Brot ißt.
»Ich schlafe am Waldrand, gleich da drüben«, sagt er und deutet in die Richtung, wo er sich seinen Schlafplatz eingerichtet hat.
»Genau neben dem Heureiter. Es wäre ganz lieb von Ihnen, wenn Sie mir heute Abend noch ein Brot, das übriggeblieben ist, schenken würden.« Spontan verspricht sie ihm, vorbei-zukommen.
»Ich gehe sowieso in dieser Richtung am Waldrand vorbei.
Das liegt genau auf meinem Nachhauseweg.«
Sylwia hat Feierabend und geht wie vereinbart, jedoch in Begleitung ihrer Freundin Janina, zum Waldrand. Sie hat eine Semmel mit viel Wurst belegt, um sie dem obdachlosen Wanderer zu geben. Dieser freut sich sehr über das mitgebrachte Abendessen, spricht aber nur wenig mit den Mädchen.
Sylwia sieht den aufgerichteten Heuhaufen, Leszeks Schlafstätte und er tut ihr noch mehr leid. Bevor die beiden Mädchen ihren Nachhauseweg antreten, verspricht Sylwia, daß sie am nächsten Abend wieder vorbeikommen wird, um ihm etwas zum Essen zu bringen.
»Das ist aber ganz lieb von Ihnen, vielen, vielen Dank. Bis Morgen.«
Mit diesen Worten verabschiedet Leszek die beiden Mädchen. Die beiden sind längst gegangen, da findet er direkt bei der Futterstelle einen abgebrochenen eisernen Gehstockgriff. Er hebt ihn auf und steckt ihn in die Tasche. Am nächsten Tag wartet er ungeduldig im Straßengraben bei einer Bushaltestelle auf das junge Mädchen. Viel zu langsam vergeht ihm der Tag und er träumt nur von diesem Wiedersehen. Ein Onkel Sylwias kommt des Weges, als die beiden Frauen auf dem Heimweg sind. Er will Sylwia mit dem Traktor zu ihren Eltern fahren, doch sie lehnt ab, denn sie will ihr Versprechen einhalten. Hoffentlich wird sie nicht wieder mit ihrer Freundin kommen, denkt Leszek. Später berichtet er, daß er den ganzen Tag aufgeregt war, immer wieder sein Glied anfaßte.
Und er hat Glück, Sylwia kommt allein und er freut sich noch mehr, als er sie mit einer großen Einkaufstüte kommen sieht. Er sucht einen Platz, wo sie ganz ungestört sein können.
Sie setzen sich.
Sylwia packt eine riesige Brotschnitte mit viel Wurst aus. Er ißt und erzählt. Sie hört ihm zu. Sie lächelt, weil es ihm so schmeckt, doch Leszek versteht das Lächeln anders, er glaubt, daß er ihr gefalle. Nach dem Essen sagt er, daß sie sehr schön sei und daß sie ihm sehr gefallen würde. Er wird nervös und fuchtelt bei jedem Wort mit den Händen. Auf einmal aber spricht er kein Wort mehr und Sylwia schaut sehr verdutzt, als Leszek sie schließlich fragt: »Willst du mich heiraten? Ja?«
Leszek kann die Antwort kaum abwarten, er starrt förmlich auf ihren Mund. Welche Antwort wird sie ihm geben? Sein Herz schlägt bis zum Hals. Doch Sylwia sagt gar nichts. Sie muß nur lachen, ja, sie biegt sich vor Lachen. »Ich. Dich heiraten?« und sie schlägt mit ihren Händen auf ihre Schenkel und lacht und lacht.
Es ist das letzte Lachen in ihrem jungen Leben. Leszek steht auf und blickt Sylwia mit eiskalten Augen an. Unbändige Wut kommt in ihm auf, er hat den eisernen Gehstockgriff aus der Tasche geholt und blickt auf das Mädchen, das noch immer vor ihm sitzt und ihn jetzt verängstigt ansieht. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schlägt er unvermittelt mit dem Eisenteil auf das wehrlose Mädchen ein, fast ausschließlich auf ihren Kopf.
Er findet kein Ende, die Schläge werden immer heftiger, je mehr Blut spritzt. Sylwia liegt jammernd am Boden, merkt nicht mehr, wie er das Eisenteil wegwirft, sie an ihrem Halstuch packt, es aufknotet und ihr so fest er nur kann um den Hals schlingt. Mit hochrotem Kopf zieht er die Schlinge immer enger.
Das Leid hat sich in ihr Gesicht geschrieben, als sie für immer diese Welt verläßt. Leszek atmet schwer durch und läßt von seinem Opfer ab. Er setzt sich neben die Leiche und betrachtet das tote Mädchen von oben bis unten. Nach einer Zeit packt er das Mädchen an den Beinen und zieht es weiter in den Wald, zwischen die Bäume. Dabei ist ihr Kleid nach oben gerutscht und er sieht den halbnackten Unterleib. Er reißt ihr die Kleider vom Leib, doch er vergewaltigt sie nicht. Er kniet sich über sie und beginnt über ihrem Körper zu onanieren. Als er fertig ist, nimmt er die Kleidungsstücke und die Tüte mit den restlichen Broten und geht zu seinem Nachtplatz. Den Körper des Mädchens hat er mit Ästen zugedeckt.
Er holt die Brote aus der Tragetasche und ißt. Währenddessen greift eine Hand nach der Unterwäsche des Mädchens.
Dies erregt ihn so, daß er aufsteht und wieder zur Leiche geht.
So geht es die ganze Nacht. Auch den ganzen nächsten Tag sucht er immer wieder die Leiche auf, bis zum Abend.
Die Sonne geht langsam unter, als Leszek Stimmen hört.
Zwei Menschen kommen direkt auf ihn zu. Es sind Sylwias Mutter und ihr Vater, sie suchen schon den ganzen Tag nach ihrem einzigen Kind. Leszek versteckt sich und beobachtet ungefähr 30 Meter von dem Ort entfernt, wo das Mädchen liegt, was weiter passiert. Wieder hat er seinen Eisengriff in der geballten Hand. Der Vater Sylwias kommt direkt auf Leszek zu. doch er kann ihn nicht sehen, zu gut hat Leszek sich versteckt. Er geht an ihm vorbei, geradewegs zu der Stelle, wo sein über alles geliebtes Mädchen liegt. Er sieht sie liegen, nackt, in ihrem eigenen Blut, die Stirn eingeschlagen. Er ist geschockt, sagt aber kein Wort, zieht seine Jacke aus und deckt sein Kind zu. Er beugt sich zu ihr hinunter, nimmt sie in seine Arme und drückt sie. Er küßt ihren blutigen Mund und schmiegt seinen Kopf an ihren. Trauer, grenzenlose Trauer überkommt ihn. Er legt sein Kind zurück ins Gras, deckt sie zu und ruft seine Frau. Die erkennt an der Stimme ihres Mannes, daß er Sylwia gefunden hat und etwas Furchtbares passiert sein muß. Sie rennt schnell zu ihrem Mann, dem Tränen über die Wangen laufen. Stumm sieht er nur sein Mädchen an. Sylwias Mutter schreit beim Anblick ihrer blutverschmierten Tochter hysterisch: »Mein Kind, mein Kind, wer hat das getan?«
Sie glaubt offensichtlich, daß Sylwia noch lebt, daß sie nur bewußtlos und Rettung möglich ist – möglich sein muß. Sie rennt davon und holt einen Krankenwagen und die Polizei. Als sie mit zwei Polizisten zurückkommt, kniet ihr Mann neben seiner Tochter, hält ihren Kopf noch immer in seinen Armen und weint. Ihn stören die Leute nicht, die an die Stelle eilen, er will nur sein Kind in den Armen halten. Er merkt nicht einmal das Blut an seinen Händen.
Leszek Pekalski steht zu diesem Zeitpunkt 30 Meter entfernt und beobachtet das Geschehen ungerührt. Er ist enttäuscht, daß man ihm die Leiche weggenommen hat. Nach einigen Tagen bezahlt er mit den Ohrringen und einem Fingerring des Opfers seine Schulden in einem anderen Geschäft. Später, als er auch ihr Geld verbraucht hat, verkauft er ihre Uhr.
Im Herbst 1992 zeigt er sich schon wieder in dem Geschäft, in dem Sylwia gearbeitet hat. Er spricht mit ihrer Freundin über den Mord und sagt ihr, daß die Polizei unnötig Zeit und Geld verliere, weil sie den Mörder sowieso nicht finden wird.
Sylwias Tod stoppt den roboterhaften Killer auf seinen Reisen durch Polen. Durch ihren Tod und eine unglaubliche Verkettung von Zufällen kommt man diesem Ungeheuer auf die Spur: Leszek Pekalski, die Bestie von Osieki. Eine Woche nach der Tat kommt der Vater zurück an die Stelle, an der sein Mädchen starb, und stellt ein Gedenkkreuz mit folgender Inschrift auf: WARUM! WARUM HAST DU GETÖTET?
ICH WAR DOCH ERST 17.
Leszeks Kommentar, als er später auf den Mord angesprochen wird: »Ich wollte sie nur streicheln.«
Man fragte ihn: »Hat dir Sylwia leid getan?«
»Ein bißchen, so halb.«