Kapitel 2
Nola träumte.
Sie lag in einem Bett, und der aufregende Fremde ‘ beugte sich über sie. Wieder trug er ein Hemd, das
am Hals offen stand und sehnige Muskeln sehen ließ; seine Hände waren halb von Rüschen verdeckt. Sein Gesicht konnte sie nicht erkennen, es war verdeckt von dunklem Haar, das nach vorn fiel.
»Geliebte, endlich gehörst du mir!« Seine samtige Stimme füllte den Raum aus und verursachte ein Kribbeln auf ihrer Haut.
Mit großen Augen schaute sie zu ihm auf und wurde sich ihres hauchzarten weißen Nachthemds bewusst, das ihren Körper eher präsentierte als verbarg, obwohl es am Hals mit einer Schleife geschlossen war. Der Fremde öffnete sie, und ein überraschend tiefer Ausschnitt entblößte ihre festen Brüste. Sie wollte den Stoff wieder über sich ziehen, doch er hinderte sie daran.
»Lass mich deine Schönheit sehen!«, raunte er.
Sein Gesicht konnte sie immer noch nicht erkennen, aber sie spürte sein Begehren wie eine Decke über sich gebreitet, seinen Atem auf ihrer Haut, als er sich über sie beugte. Er war warm, und sein Duft raubte ihr jeden Gedanken an Scham über ihre Nacktheit. Er roch nach … nach … sie konnte den Begriff nicht fassen, denn in diesem Moment berührten seine Lippen zart ihren Hals. Seine Zunge huschte über ihren Kehlkopf und verharrte in der Grube darunter, zog dort kleine Kreise. Sie reckte sich ihm entgegen. Von der Halsgrube wanderte sein Mund langsam zu ihrem rechten Ohr.
»Geliebte«, flüsterte er, »für immer.«
Seine Stimme klang lockend, und sie konnte sich ihm nicht entziehen. Wie von selbst hoben sich ihre Arme, sie öffnete seine Hemdknöpfe und umarmte ihn. Damit gab sie ihm das Signal, dass sie mehr erlaubte. Er richtete sie auf und streifte ihr das Nachthemd von den Schultern.
»Du bist wunderschön, Liebste. Porzellanzart, aber du brennst wie ein Vulkan. Ich werde dein Feuer löschen!«
Sie half ihm, sie ganz von ihrem Nachthemd zu befreien. Darunter trug sie nichts, und sein Blick wurde magisch vom dunklen Dreieck ihres Schamhaars angezogen. Das Verlangen leuchtete aus seinen Augen, verlieh ihnen etwas . Wölfisches. Ihr gefiel das, es ließ ihn wilder und noch aufregender wirken.
»Berühr mich!«, flüsterte sie. »Überall.«
Dabei spreizte sie die Beine ein wenig, sodass klar war, wo sie berührt werden wollte. Er ließ ein dunkles Lachen hören, das einen ungewöhnlichen Unterton hatte — ein Knurren. Es jagte einen Schauer über ihren Leib, aber sie war viel zu sehr in Lust versunken, um Furcht zu empfinden.
Seine Hände fuhren ihre Linien entlang, umrundeten die Konturen ihrer Brüste und spielten einen Augenblick mit ihren Nippeln, bevor sie weiter nach unten strichen und ihre Hüften umfassten. Ihr Schoß brannte. Sie war bereit, dass er ihre geheimste Zone der Lust erforschte.
»Ich liebe es zu sehen, wie du dich vor Lust windest und es kaum noch erwarten kannst. Wie jede meiner Berührungen deinen Leib heißer brennen lässt.«
Er legte eine Hand mit gespreizten Fingern auf ihren flachen Bauch. Seine Nägel waren lang und so sorgfältig manikürt wie bei einer Frau. Mit dem Nagel seines Zeigefingers kratzte er sanft über ihren Bauch, und sie bäumte sich auf. »So ein kleiner Schmerz und so viel hemmungslose Lust in dir.«
»Bitte!«
Quälend langsam schob er seine Finger tiefer, vergrub sie in ihrem Schamhaar und dann …
Das morgendliche Klingeln des Weckers riss Nola aus dem Schlaf. Der Traum zerplatzte wie eine Seifenblase. Mechanisch tastete ihre Hand über den Nachttisch und stellte den Wecker ab.
Sie schloss die Augen und wollte den Traum festhalten, doch je mehr sie es versuchte, desto weiter entfernte er sich. Sie war verschwitzt, zwischen den Beinen fühlte sie sich feucht an. Sie fasste dorthin, ihre Finger berührten krauses Schamhaar — in das sich in ihrem Traum seine Hand hineingeschlungen hatte. Sie tastete sich weiter vor, streichelte ihre Schamlippen, suchte ihre Spalte. Feucht. Bereit. Ihr Zeigefinger tauchte hinein, rieb über ihre Klitoris, und sie stellte sich vor, es wäre seine Zunge, die sie dort streichelte. Sie spreizte die Beine weiter, zog das Nachthemd höher. Mit der von ihrem eigenen Saft feuchten Hand griff sie nach einem ihrer Nippel und massierte ihn, bis er hart wurde. Seine feuchte Zunge auf ihrem Busen. Im Taumel ihrer selbst geschaffenen Lust warf sie sich im Bett hin und her, benetzte ihre Lippen, stöhnte und versenkte die Finger wieder in ihrer Spalte, rieb über die Klitoris, spielte mit den Schamlippen.
»Mehr!«, dachte sie dabei. »Nimm mich, schieb dein Ding rein und lass mich spüren, wie viel Mann du bist!« Und er war viel
Mann, lockte, spielte, trieb sie immer weiter in ihre Lust hinein, bis sie Erlösung in einem zuckendem Orgasmus fand.
Hinterher lag Nola wohlig entspannt auf dem Bett, eingehüllt vom Duft ihrer Befriedigung. Doch als ihr Blick auf ihren feuchten Finger fiel, erstarrte sie. Er waren nicht nur feucht vom Saft ihrer Spalte, da war noch etwas anderes — Blut! Das träge Gefühl nach einem Orgasmus war schlagartig verschwunden.
Nola richtete sich auf und sah an sich herab. Wieder hatte sie Kratzer am Bauch, auf den Oberschenkeln, auf den Armen. Der auf dem Bauch war blutverschmiert. Sie sprang aus dem Bett, riss sich das Nachthemd über den Kopf und betrachtete sich im Spiegel am Schlafzimmerschrank. Weniger Kratzer als beim ersten Mal, dafür schienen sie ihr diesmal tiefer zu sein. Es gab sogar einen an ihrem Hals. Vorsichtig strich Nola mit dem Finger darüber, Blut blieb auf der Kuppe zurück. Ihr erster Gedanke war, zum Arzt zu gehen. Aber wollte sie sich noch einmal Deborah Frazers strengen Blicken aussetzen, wenn sie behauptete, es nicht selbst gewesen zu sein und die Nacht ganz allein verbracht zu haben? Nola kontrollierte ihre Fingernägel, aber sie waren sauber. Sie war es nicht selbst gewesen!
Sie ging ins Bad und wusch sich vorsichtig. Dann trug sie eine Wundsalbe auf, die sie ganz hinten im Badezimmerschrank gefunden hatte und deren Haltbarkeitsdatum vor Jahren abgelaufen war. Hoffentlich heilten die Kratzer schnell — der am Hals würde zu sehen sein. Zum Glück hatte sie zwei Tage frei, bevor sie ihren Dienst an der Rezeption des Savoy antreten musste.
Wenige Tage später wachte Nola mitten in der Nacht auf, weil vor dem Haus Blech knirschte und Bremsen quietschten. Gleich darauf schlugen Autotüren, und sie hörte Flüche auf Arabisch. Schnell schaute sie an sich herunter — keine neuen Kratzer. Sie konnte sich allerdings auch nicht an einen Traum von ihrem gut aussehenden Fremden erinnern. Hatte der Traum sich eine andere Schläferin gesucht?
Auf der Straße war inzwischen wieder Ruhe eingekehrt, doch Nola war hellwach. Sie setzte sich auf, zog die Beine an und rief sich das Bild ihres Traummanns vor ihr inneres Auge. Stolz stand er vor ihr, in einer weiten, kargen Landschaft. Er sah aus, als warte er nur darauf, dass sich eine Frau an seine Seite schmiegte.
Der Mann in ihrem Traum war immer derselbe. Bedeutete das, dass es irgendwo jemanden gab, der auf sie wartete und sie so liebte? Irgendwo im Norden? Die Landschaft gehörte nach Irland, Wales oder Schottland. Natürlich, Schottland!
Sie sprang aus dem Bett und huschte ins Wohnzimmer. Im Bücherregal stand ein Bildband über die nördlichste Region des Vereinigten Königreichs, den ihr die Kollegen letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hatten - warum auch immer. Nola hatte sich damals bedankt, und das Buch dann ins Regal gestellt, ohne sich näher damit zu befassen. Jetzt holte sie den Bildband heraus und blätterte ihn durch, betrachtete aufmerksam die Bilder, weil sie hoffte, dass eines davon etwas in ihr zum Schwingen brachte. Doch nichts geschah, weder beim Anblick von Schlössern noch von Herrenhäusern, Schafen, stillgelegten Whiskybrennereien, schmucken Cottages und Ruinen. Es war sinnlos. Sie hatte einfach nur geträumt, und nichts davon würde sie in einem Bildband wiederfinden. Und weil sie nie in Schottland gewesen war, gab es auch nichts, was ihr Unterbewusstsein im Traum verarbeiten musste.
Doch auf einmal hielt sie inne, blätterte eine Seite zurück zum Foto einer Ruine, malerisch in den Highlands gelegen. »Shavick Castle« stand in der Bildunterschrift. Viel mehr als ein Turm und ein weiteres Gebäude ohne Dach waren nicht zu sehen, doch genau dort war sie mit dem Mann in ihrem ersten Traum gewesen. Sie hatte zwar im Schlaf nur ein Bett gesehen, aber sie war sich trotzdem absolut sicher.
Sie suchte im Text nach Informationen über die Ruine. Das Geschlecht der Earls of Shavick, las sie, war im 19. Jahrhundert ausgestorben, seitdem verfiel der Stammsitz, obwohl Unbekannte hin und wieder kleinere Arbeiten durchführen ließen. Konnte der Mann aus ihren Träumen aus einem ausgestorbenen schottischen Grafengeschlecht stammen?
Was tue ich hier eigentlich?
Über sich selbst den Kopf schüttelnd klappte Nola entschlossen das Buch zu und ging wieder ins Bett.
»Wir gehen einen Kaffee trinken. Dieses Hauch-von-Nichts-Nachthemd wird nicht billiger, wenn du es noch eine halbe Stunde länger anstarrst.«
»Was?« Nola erwachte aus ihrer Versunkenheit und bemerkte, dass sie ein zartgelbes und sündhaft teures Nachthemd in der Hand hielt. Schnell hängte sie es auf den Ständer zurück. Sie lachte verlegen, denn sie hatte sich gefragt, ob dieses Nachthemd dem Schotten gefallen würde, anstelle des hochgeschlossenen, in dem sie sich ihm präsentiert hatte. So ein Quatsch! Der Mann existierte nur in ihren Träumen; es war völlig egal, was sie im Bett trug.
Entschlossen wandte sie sich Violet Hill zu, ihrer besten Freundin. »Du glaubst doch nicht etwa, dass ich das kaufen will! Für sowas hab ich keine Verwendung.«
Die Frauen hatten sich zu einem Einkaufsbummel verabredet und trieben sich nun schon seit mehreren Stunden bei Harrod’s herum. Nola hatte nichts gekauft, Violet hingegen war mit Tüten beladen. In einer davon befand sich ein sehr kurzes und sehr grünes Kleid, von dem Nola sich fragte, wann ihre Freundin das anziehen wollte.
Violet zuckte die Schultern. »Kaffeetrinken in der Espressobar, fünfte Etage, Kleine. Mir tun die Füße weh, ich brauche eine Pause.« Sie klang ungeduldig und zog ihre Freundin in Richtung Fahrstühle.
In der Bar fanden sie einen Tisch am Fenster, von dem aus sie einen schönen Blick hinunter auf die Brompton Road hatten. Die Menschen sahen von oben wie ein wimmelnder Ameisenhaufen aus, der ohne Plan und Ziel durcheinanderlief. Ihre Bestellung kam, und Violet machte sich über ein Jogurt-Sahneschnittchen her, während Nola sich mit dem Keks begnügte, der zu ihrem Latte macchiato gereicht wurde.
»Und nun erzähl! Was ist mit dir los?«, fragte Violet, nachdem sie gut die Hälfte ihres Tortenstücks verzehrt hatte.
»Was soll sein?«
»Das will ich von dir wissen. Du läufst herum, als wärst du mit deinen Gedanken woanders. Wenn ich nur an das Nachthemd denke! Dabei siehst du in Hellgelb aus wie einmal durchgekaut und ausgespuckt.«
Nola lachte. »Ich habe da manchmal so Träume. Und dann …«
Sie schob den halblangen Ärmel ihrer Bluse zurück und zeigte Violet einen fast verheilten Kratzer auf ihrem Oberarm. »So was habe ich am ganzen Körper.«
Nachdem sie erst einmal angefangen hatte, ging es von Satz zu Satz leichter, und sie erzählte die ganze Geschichte. Violet war eine gute Zuhörerin, sie sagte nur etwas, wenn die Freundin ins Stocken geriet.
Nachdem Nola geendet hatte, sagte Violet: »Mannomann, das ist ja ein Ding.«
Violet trank einen Schluck Cappuccino und leckte sich anschließend den Milchschaum von der Oberlippe. »Es ist nicht gut für dich, allein zu sein, und ich weiß auch, was da zu tun ist.
Du kommst am Freitag mit mir auf eine Party — keine Widerrede.« Sie erstickte Nolas Protest im Keim. »Es werden hippe Typen da sein. Die Sache ist abgemacht.«
»Ich habe nichts anzuziehen«, brachte Nola hervor.
»Zieh einfach dein coolstes Outfit an, steck dir die Haare hoch, sodass sich nur noch ein paar Locken frech um dein Gesicht ringeln, und nimm deinen brombeerroten Lippenstift. Das wird die Typen umhauen, und du vergisst den Typen aus deinem Traum. Was macht der überhaupt mit dir?«
»Er verführt mich, aber bevor es richtig losgeht, verschwindet er.«
»Die meisten machen sich ja erst danach aus dem Staub, nicht schon vorher.«
Beide lachten.
»Hast du überlegt, ob du ihn kennst? Aus dem Urlaub vielleicht?«
»Sag mal, das wird aber kein Interview?«, fragte Nola skeptisch.
Violet arbeitete als Journalistin bei »Daily 16«, einer Zeitung, die vor keinem Thema zurückschreckte. Im Allgemeinen missbrauchte sie Freundschaften nicht, um im Privaten Anvertrautes zu einem Artikel zu verarbeiten, aber heute leckte sie nachdenklich ihren Kaffeelöffel ab. »Das ist eine superinteressante Story. Wenn ich was darüber schreiben sollte, wird niemand auf den Gedanken kommen, dass von dir die Rede ist, das schwör ich dir!«
»Ganz bestimmt?«
»Nola, habe ich jemals unsere Freundschaft ausgenutzt, um einen Artikel zu schreiben über etwas, was du mir erzählt hast?«
»Ich erinnere mich an einen Valentinstag und an ein rosa Plüschherz.«
»Da sind wir noch zur Schule gegangen«, empörte sich Violet. »Außerdem hast du mir nichts erzählt, sondern ich habe gesehen, wie dein Verehrer dir dieses monströse Ding gegeben hat.«
Auf dem Bett reckte sich Antonia nur mit einem Spitzenkorsett und schwarzen Strümpfen bekleidet, ihr dunkles Haar floss in anmutigen Wellen über das weiße Seidenlaken. Die vollen Lippen hatte sie halb geöffnet.
Derenski kannte keine Frau, die so hemmungslos leidenschaftlich war wie sie. »Ich liebe es, deinen kaum bekleideten Körper zu betrachten.«
Als Antwort winkelte sie ein Bein an und gewährte ihm einen besseren Blick auf ihre Scham. Sie war dort rasiert, nichts blieb verborgen. In seinen Augen erkannte sie die Gier, und sein Körper war wie eine Bogensehne gespannt, obwohl sie sich bereits geliebt hatten.
»Was hat mein großer Bruder wieder für schlimme Gedanken?«, neckte sie ihn.
»Was ist meine kleine Schwester für eine schamlose Wölfin«, antwortete er.
Es war ein jahrhundertealtes Spiel zwischen ihnen, das auf beide nie seine Wirkung verlor. Erneut erwachte ihre Lust, und Maksym nahm ihren vollendeten Körper mit seinen Zähnen in Besitz. Er spürte das Blut durch ihre Adern fließen, roch das Fleisch, das sie tagsüber gegessen hatte — Schaf, frisch geschlachtet, warm und blutig. So wie sie es mochte, wie sie beide es mochten. Besser war nur ein Mensch, wenn sie in Wolfsgestalt über ihn herfielen, ihm das Herz herausrissen.
Der Geruch nach frischem Fleisch und der Gedanke daran, wie seine Seelengefährtin mit ihren Opfern spielte, während er zusah, machte ihn fast wahnsinnig. Es fehlte nur noch ein winziger Hauch, und er würde sich in sie verbeißen.
Antonia bot sich ihm an, rekelte sich auf dem Bett, damit er alle Stellen ihres Körpers gut erreichen konnte. Sie wölbte sich ihm entgegen und drückte seinen Kopf nach unten. Er musste höllisch aufpassen, denn seine Gier nach ihr ergriff immer stärker Besitz von ihm. Er packte ihr rechtes Handgelenk und ließ eine Handschelle darum zuschnappen, die andere schloss er um den Bettpfosten. Mit den Kräften einer Werwölfin könnte Antonia sich leicht befreien, aber es gefiel ihr, sich ihrem Seelenpartner zu unterwerfen. Er drehte ihren Körper herum und platzierte ihn so, dass sich ihm ihre Brust entgegenreckte. Sie ließ es sich gefallen.
Maksym leckte und knabberte ihre Brüste, genoss ihr Stöhnen und wie sie den Leib anspannte. Seine eigene Spannung stieg, je härter er die Zähne in ihre Haut drückte und je mehr diese sich rötete.
»Tu es! Tu es!«, keuchte Antonia. Ihre freie Hand krallte sie in seinen Nacken, drückte seinen Kopf gegen ihre Brust.
Mit einem Knurren befreite er sich. »Du befiehlst mir nichts. Gehorche mir!«
Der erschreckte Ausdruck auf ihrem Gesicht gefiel ihm. Er schlug wieder die Zähne in ihre Nippel und biss so fest zu, dass er ganz kurz davorstand, seine Seelenpartnerin zu verletzen. Das Blut rauschte durch seine Adern, und er arbeitete sich ihren Bauch entlang zu ihrer Scham, biss in ihre Schamlippen. Antonia griff nach seinem Unterleib, und er drehte sich so, dass sie seinen Penis erreichen und massieren konnte. Derenski fühlte, dass er gleich die Kontrolle über sich verlieren würde: Ein Ziehen in seinem Hinterkopf. Seine Zähne wurden länger, die Hände zu Klauen; Fell spross ihm aus der Haut. Die Instinkte eines Wolfes ergriffen von ihm Besitz. Er warf sich knurrend auf Antonia, drang in sie ein und ergoss sich in ihren Schoß, als er sich halb in einen Wolf verwandelt hatte.
Antonia befreite sich von der Handschelle, nachdem er sich wieder in einen Menschen verwandelt hatte.
»Oh, Maksym«, keuchte sie.
Nachdem sich ihr Atem beruhigt hatte, setzte sie sich auf und griff nach der Zigarettenspitze auf ihrem Nachttisch. Sie entzündete die Zigarette und nahm den ersten Zug.
Derenski wedelte den Rauch mit der Hand fort.
»Die Zigarette danach muss sein, mein Lieber.«
»Wir reisen morgen nach England«, verkündete er, entwand Antonia den Glimmstängel und nahm selbst einen Zug.
»Morgen schon? Ich muss noch einkaufen und packen! Es gibt so viel vorzubereiten.« Antonia wollte aufstehen, doch er hielt sie fest.
»Wir ziehen in den Krieg, da brauchst du Waffen, keine Galakleidchen.«
»Was glaubt du, was ich für Waffen mitnehme?« Sie bleckte die Zähne. »Wolltest du nicht erst nächste Woche fliegen?«
»Wir fliegen nicht, sondern fahren mit dem Zug durch den Eurotunnel.« Derenski konnte die Enge eines Flugzeugs und die Nähe so vieler nach Schweiß stinkender Menschen nicht ertragen. Außerdem hielt er eine Zugfahrt für die einzig standesgemäße Art zu reisen - vielleicht abgesehen von Kutschen.
Antonia wäre lieber geflogen, aber sie wusste, es war zwecklos, ihn umstimmen zu wollen. Außerdem war sie in Gedanken dabei zu überlegen, was sie alles mitnehmen musste. Egal, was ihr Seelenpartner sagte: Ohne passende Kleidung für jede Gelegenheit würde sie nicht verreisen.
»Ich habe einen Hinweis in der »Daily 16« gefunden, dem wir nachgehen müssen.«
»Du liest dieses Käseblatt? Was steht da schon drin?«
»Dass ein junges Mädchen morgens mit Kratzern am ganzen Körper aufgewacht ist, deren Ursache sie und ihre Eltern sich nicht erklären könnten. Die Familie hat weder ein Haustier, noch hat das Mädchen die Nacht mit jemandem zusammen verbracht. Ärzte haben festgestellt, dass sie sich die Verletzungen auch nicht selbst beigebracht habe, und die Polizei ist ratlos.« »Und deswegen brechen wir überstürzt nach London auf?« Antonia schüttelte verblüfft den Kopf, vergaß dabei aber nicht, darauf zu achten, dass ihr Haar sich dekorativ ausbreitete.
»Du hast das damals vielleicht nicht mitbekommen, aber genau so was ist schon mal vorgekommen. Im 17. Jahrhundert hat der Werwolf Adamo di Fedelta verzweifelt seine Seelenpartnerin gesucht, und ein Bauernmädchen aus Umbrien ist ständig mit Kratzern am ganzen Körper aufgewacht. Die dummen Menschen haben sie für eine Hexe gehalten — sie stand schon auf dem Scheiterhaufen, als er sie endlich fand.«
»Du glaubst jetzt, dass wieder ein Werwolf …?«
»Er muss ein besonders starker sein, und seine Verzweiflung groß. Da fällt mir nur einer ein.«
»Consett Enderby jedenfalls nicht.« Enderby war der Alphawolf des Londoner Rudels und galt als wenig durchsetzungsstarker Führer. Wahrscheinlich hatte er sich die letzten hundert Jahre nur deshalb an der Spitze des Rudels gehalten, weil Derenski ihn aus für Antonia nicht verständlichen Gründen stützte.
»Ich denke an Rhodry Monroe. Zu seiner Zeit war kein Werwolf stärker als er, er hat keine Seelenpartnerin, und niemand dürfte verzweifelter sein.«
»Ist das möglich?«
Derenski zuckte mit den Schultern, die Muskeln spielten unter seiner Haut. »Niemand war bisher an einem Ort außerhalb der Zeit und ist zurückgekehrt, um zu berichten, was dort möglich ist und was nicht. Wir werden jedenfalls kein Risiko eingehen und die Sache untersuchen. In London geben wir uns als Pawel Tworek und seine Schwester Antonia aus und suchen das Mädchen, von dem in der Zeitung berichtet wird. Wer außer uns Werwölfen kennt schon Pawel Tworek?«
Tworek war ein berüchtigter Werwolfjäger aus dem 15. Jahrhundert, der in der Menschenwelt kaum jemandem bekannt, und unter Werwölfen aber gefürchtet gewesen war, denn zu seiner Zeit hatte niemand mehr Werwölfe vernichtet als er.
»Ich muss dich verlassen, Liebster. Vor der Abreise ist noch viel vorzubereiten.« Antonia erhob sich und warf sich ihren hauchdünnen Morgenmantel aus schwarzer Seide über. Sie schloss ihn nicht, und der dünne Stoff bauschte sich um ihren Leib, als sie zur Tür schritt.
Dort begegnete sie Igor, Derenskis Leibwächter, der eben eintreten wollte. Sie zwinkerte ihm zu, und er verneigte sich vor ihr, sah dabei jedoch an ihr vorbei.