Mobbing wurde vor ungefähr 35 Jahren zum ersten Mal als eigenständiges Phänomen erforscht (Olweus, 1978). Die Forschung fand lange Zeit «nur» in Skandinavien statt; überhaupt erschienen bis 2000 – im Vergleich zu anderen Themen – wenig wissenschaftliche Arbeiten zu Mobbing. Dies änderte sich plötzlich: In den letzten zehn Jahren erlebte man eine rasante Zunahme an wissenschaftlichen Studien. Cook, Williams, Guerra, Kim und Sadek (2010) zählten 600 Artikel im letzten Jahrzehnt. Diese Entwicklung brachte neues Wissen zur Verbreitung von Mobbing in den unterschiedlichsten Ländern auf der ganzen Welt und dazu einige wichtige Differenzierungen. Der Nachteil dieser Entwicklung ist allerdings, dass gewisse Forschergruppen angefangen haben, den Begriff breiter zu definieren als es bis 2000 der Fall war oder Mobbing auf sehr unterschiedliche Art und Weise zu messen, weshalb die Ergebnisse nicht immer gut vergleichbar sind. Eine ähnliche Entwicklung fand auf der Laienebene statt. Während das Wort «Mobbing» vor 20 Jahren noch gar nicht bekannt war, jedenfalls nicht im Zusammenhang mit Schulsituationen, hat es in den letzten 15 Jahren einen festen Platz im deutschen Vokabular gefunden. Auch hier ist ein negativer Aspekt zu verzeichnen – in der Entwicklung lässt sich eine Verschiebung zu einem ungenauen und inflationären Gebrauch feststellen: Während früher viele Kinder gemobbt wurden, ohne dass man dies je so bezeichnet hat, werden heute auch Konflikte oder aggressive Auseinandersetzungen zu oft und zu schnell als Mobbing bezeichnet. Durch den vermehrten und ungenauen Gebrauch des Begriffs ist eine gewisse Verwirrung darüber entstanden, was Mobbing tatsächlich ist – und was nicht.
Ich plädiere in diesem Buch für einen sorgfältigen Umgang mit dem Begriff Mobbing und gleichzeitig für einen wachsamen Blick für Mobbing-Situationen, die noch viel zu häufig nicht als solche erkannt werden.
Das Buch ist so gestaltet, dass es sich für den Einsatz in der Praxis eignet. Besonders der zweite Teil dient als konkrete Unterlage für die Arbeit gegen Mobbing. Lehrpersonen, andere Fachpersonen und Eltern sollten nach der Lektüre des Buchs imstande sein, Mobbing-Prävention in ihren Alltag zu integrieren.
Im Buch «Quälgeister und ihre Opfer» forderte ich die Leser auf, Mut zu zeigen: «Es braucht Mut zu erkennen, dass Wegschauen auch Gewalt ist. Es braucht noch mehr Mut, sich zu entscheiden, hinzuschauen und zu handeln. Unsere Gesellschaft braucht mutige Kinder, die morgen mutige Erwachsene sein werden; dazu müssen die Erwachsenen von heute den Mut aufbringen, den Kindern diesen Weg zu weisen und sie auf ihm zu begleiten.» Diese Aufforderung will ich in diesem Buch wieder aufnehmen. Ich werde den Lesern zeigen, dass eine Früherkennung und -bekämpfung den Mobbing-Prozess effektiv durchbrechen können.
Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Lehrpersonen und Schulleitungen bedanken, die mir und meinen Mitarbeitern im Laufe der letzten 20 Jahre Zugang zu ihren Klassen gewährt haben. Ich bedanke mich bei den Eltern, die uns erlaubten, ihre Kinder zu befragen und auch selber die Geduld hatten, alle unsere Fragen zu beantworten. Mein Dank geht außerdem an alle Kinder und Jugendlichen, die unsere Fragen beantwortet haben und mit großem Ernst an unseren Tests teilnahmen. Ein weiterer Dank geht an die Lehrpersonen, die uns im Laufe von Weiterbildungen Einsicht in ihren Schulalltag, ihre Überlegungen und Lösungsvorschläge gestatteten. Alle Fallbeispiele sind authentische Mobbing-Fälle; einzig die Namen wurden geändert.
Mein Dank geht auch an Christine Haller und Dietlinde Bohlen, die mich sowohl redaktionell als auch mit konstruktiven Kommentaren unterstützt haben. Marianne Kauer hat mir erlaubt, die Zeichnungen zu verwenden, die sie in verschiedenen Zusammenhängen für unsere Arbeit in der Mobbing-Prävention erstellt hat. Dafür möchte ich mich auch ganz besonders bedanken. Ich bedanke mich weiter bei allen, die im Team der Alsaker-Gruppe für Prävention mitgearbeitet haben und heute noch Impulsveranstaltungen, Elternabende und Weiterbildungen gestalten. Ganz besonders möchte ich Stefan Valkanover nennen, der das Programm Be-Prox mit mir entwickelt hat. Schließlich möchte ich August Flammer danken, der mich 1992 ermunterte, Mobbing in der Schweiz zu thematisieren und mich in allen meinen Forschungsvorhaben und praxisbezogenen Unternehmungen unterstützt hat. August Flammer hat eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Kandersteg-Deklaration gegen Mobbing gespielt und hält diese seit 2007 am Leben.