Kapitel neun
Sara erwartete Falcon in dem großen, schönen Zimmer tief unter der Erde. Überall brannten Kerzen, deren flackernde Flammen Schatten auf die Wände warfen. Sie war allein und saß auf der Kante des breiten Bettes. Die anderen Frauen waren zu ihren Seelengefährten gerufen worden. Erfreut sprang sie auf, als Falcon eintrat. Sie trug nur ein seidenes Herrenhemd, dessen Zipfel ihr fast bis zu den Knien reichten. Ein einzelner Knopf hielt das Hemd über ihren üppigen Brüsten zusammen. Sie war das schönste Geschöpf, das Falcon in all den Jahrhunderten seiner Existenz gesehen hatte. Er schloss leise die Tür und lehnte sich dagegen, um Saras Anblick in sich aufzunehmen. Sie lebte – und sie war real.
Sara blickte zu ihm auf, ihr Herz in den Augen. »Es ist, als wäre es ewig her.«
Ihre Stimme war leise, aber sie überschwemmte Falcon mit der Wucht eines Tsunamis, brachte seinen Puls zum Rasen und sein Herz zum Schmelzen. Sie war da und empfing ihn mit ihrem unvergleichlichen freudigen Lächeln. Das Beste jedoch war, dass es keinem anderen galt als ihm.
Falcon streckte die Hand nach ihr aus, weil er sie berühren und sich überzeugen musste, dass sie lebte und es ihr gut ging, dass die Heilerin ein Wunder an ihr bewirkt hatte. »Ich will nie wieder solch panische Angst empfinden. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie hilflos ich mich fühlte, als ich in der Erde eingeschlossen war und dir nicht beistehen konnte.«
Sara ging ohne Zögern zu ihm hinüber, berührte mit zitternden Fingerspitzen sein Gesicht und strich jede der geliebten Linien nach – die sinnlichen Lippen, die schwarzen Augenbrauen und die dunklen Schatten um sein Kinn. »Aber du bist mir doch zu Hilfe gekommen. Du hast die anderen zu mir geschickt, und du warst die ganze Zeit in meinem Bewusstsein. Ich war nicht allein. Und vor allem wusste ich, dass du die Kinder retten würdest.« Die grenzenlose Liebe in ihrer Stimme raubte ihm den Atem und das Herz.
Er konnte gar nicht anders, als den Kopf zu senken und ihre verführerischen Lippen in Besitz zu nehmen. Sie waren weich wie Seide und verhießen ihm die Erfüllung eines wundervollen Traumes. Falcon ließ sich Zeit, um sie zu küssen. Er genoss es, wie sie sich an ihn schmiegte, und das sichere Bewusstsein, wie sehr sie schon ein Teil von ihm geworden war. Bist du ebenso bereit wie ich? Willst du Karpatianerin werden und für immer an meiner Seite sein? Weil er noch nicht wagte, es laut zu sagen, flüsterte er es ihr im Geiste zu, während sein Herz vor Anspannung fast stehen blieb und er mit angehaltenem Atem auf ihre Antwort wartete, ihre alles entscheidende Antwort.
Du bist mein Leben, meine Welt. Ich glaube nicht, dass ich es ertragen könnte, ohne dich zu sein, antwortete sie in der Art und Weise seines Volkes, um ihn zu beruhigen.
»Bist du sicher, dass du das willst, Sara? Dass ich es bin, den du an deiner Seite haben möchtest? Denn eins muss ich dir sagen – es wird nicht leicht sein. Die Umwandlung ist schmerzhaft.« Falcon schloss sie noch fester in die Arme, doch er musste ehrlich zu ihr sein.
»Ohne dich zu sein ist schmerzhafter«, erwiderte sie leise und schlang ihm die Arme um den Nacken. Ihre weichen Brüste drückten sich an seine Brust, als sie sich verlangend an ihn schmiegte. »Ich will es, Falcon, ja. Ich habe keine Bedenken, keine Zweifel. Ich mag nervös sein, doch ich habe keine Angst. Ich will mein Leben mit dir verbringen.« Ihr Mund fand seinen, und sie bedeckte ihn mit kleinen Küssen und knabberte spielerisch an seiner Unterlippe. Ihr Körper war heiß und ruhelos, von einer fast schon schmerzhaften Sehnsucht nach seinem erfüllt. Ihr Kuss war Feuer und Leidenschaft, heiß und voller sinnlicher Versprechungen, als sie sich vorbehaltlos in seine Obhut gab.
Falcon glaubte, vor Wonne zu zerfließen. Ihre bloße Gegenwart brachte sein Blut zum Sieden und löste eine fast schmerzhafte Erregung in ihm aus. Sie bewegte ihn, wie nichts und niemand es je zuvor vermocht hatten. Niemand hatte je den Schutzschild um sein Herz durchdrungen, das so viele Jahre kalt und tot gewesen war. Aber jetzt war es lebendig wie noch nie zuvor in seinem Leben und schien ihm bis zum Hals zu klopfen angesichts der Liebe in Saras Augen, der zärtlichen Berührung ihrer Fingerspitzen, der Anschmiegsamkeit ihres Körpers und des rückhaltlosen Vertrauens, das sie ihm schenkte, obwohl ihr ganzes Leben von Misstrauen bestimmt gewesen war.
Falcons Kuss war so fordernd, heiß und hart, wie es sein Körper war. Seine Hände legten sich in einer zärtlichen Liebkosung um Saras Taille und glitten höher, um ihre festen Brüste zu umfassen. Doch sein Mund war feurig, wild und hemmungslos, auch wenn seine Hände von liebevoller Sanftheit waren. Er löste den einzigen Knopf an Saras Hemd, und ihm stockte der Atem, als er zurücktrat, um ihre verführerischen Brüste zu betrachten. »Du bist so schön, Sara. Alles an dir. Ich liebe dich über alles, und ich hoffe nur, dass du das weißt. Aber da du meine Gedanken lesen kannst, musst du wissen, dass du mein Leben bist.« Seine Fingerspitzen glitten durch die Mulde zwischen ihren Brüsten zu ihrem Nabel, und wieder durchzuckte ein fast schmerzhaftes Ziehen seine Lenden. Diesmal ließ er es jedoch geschehen und versuchte nicht, seine wachsende Erregung zu unterdrücken.
Sara beobachtete, wie seine Augen und sein Körper sich veränderten, und lächelte, weil die Wildheit, die sie in ihm spürte, ihr keine Angst mehr machte. Ganz im Gegenteil sogar. Sie wollte, dass er wild nach ihr war, wollte animalisches Begehren in ihm entfesseln. Mit ungeduldigen Fingern knöpfte sie sein Hemd auf und streifte es ihm über die Schultern, drückte die Lippen auf seine ausgeprägten Muskeln und ließ die Zunge um seine Brustwarze kreisen. Sara blickte lächelnd zu ihm auf, als sie mit einer Hand über die Wölbung in seiner Hose strich, den Bund öffnete und ihn aus dem plötzlich viel zu engen Kleidungsstück befreite. Ihre Hand schloss sich um sein heißes, hartes Glied, und einen Moment lang hielt sie ihn einfach nur und genoss die Freiheit, seinen Körper so intim erforschen zu können. Dann schob sie ihre Daumen unter den Hosenbund, um sie ihm langsam abzustreifen. »Ich finde dich auch sehr schön, Falcon«, gestand sie ihm. »Und ich weiß, dass ich dich liebe.«
Er legte seinen Arm um ihre Taille, zog sie an sich und ergriff ganz plötzlich vollkommen enthemmt und fordernd Besitz von ihrem Mund, denn seine animalische Seite gewann die Oberhand. Sara erwiderte seine Küsse hungrig und mit gleicher Leidenschaft. Seine Finger waren überall, und auch ihre glitten in fiebriger Erwartung über seinen Körper. Er legte seine flache Hand auf ihren Bauch, weil er ein Kind, sein Kind, dort in ihr heranwachsen spüren wollte und weil er alles auf einmal haben wollte – sie, ein Baby, eine Familie, alles, was er nie besessen hatte. Alles, wovon er geglaubt hatte, es nie erlangen zu können. Seine Finger glitten tiefer, zu dem weichen Haar zwischen ihren Schenkeln, und legten sich um ihre intimste Stelle. Dabei küsste er sie noch eindringlicher und härter. »Ich weiß, dass ich mich bremsen sollte«, murmelte er zwischen zwei Küssen.
»Das brauchst du nicht«, antwortete Sara, die von der gleichen hemmungslosen Begierde beherrscht war. Sie brauchte ihn, begehrte ihn und brannte darauf, mit ihm eins zu werden und ihre beiden Hälften zu einem Ganzen zu verschmelzen.
Das flackernde Licht der Kerzen warf tanzende Schatten auf die Wände und ein warmes Leuchten auf Saras Gesicht. Falcon hob den Kopf, als er langsam mit zwei Fingern in sie eindrang, weil er die aufflackernde Lust in ihren Augen sehen wollte. Und Sara hielt auch nichts vor ihm zurück, sondern ließ ihn ihre Gedanken, Wünsche und leidenschaftlichen Gefühle sehen. Sie stöhnte leise auf, und er konnte spüren, wie sich alles in ihr zusammenzog. Mit langsamen, aufreizenden Bewegungen drängte sie sich seiner Hand entgegen, legte weit den Kopf zurück, um ihre Kehle zu entblößen, und betörte ihn mit dem goldenen Glanz ihrer Brüste in dem sanften Kerzenschein.
Er drang noch tiefer in sie ein und spürte die exquisite Feuchtigkeit, die ihn begrüßte. Ganz langsam senkte er den Kopf, knabberte spielerisch an ihrem Hals und ließ die Zunge über ihren schnellen Puls gleiten. Auch er verbarg nichts vor ihr; er ließ seinen Geist mit ihrem verschmelzen, um die vollkommene Ekstase des Moments mit ihr zu teilen, die heftige Reaktion seines Körpers und die fiebrige Erwartung, die sein ganzes Sein beherrschte. Seine Finger ergriffen noch vollständiger Besitz von ihr, als er die Zähne in ihren zarten Hals senkte. Durch ihre geistige Verbindung verspürte auch er den scharfen, heißen Schmerz, der sie durchzuckte, genauso wie das ungeheure Lustgefühl, das den Schmerz sofort verdrängte. Sie war bezaubernd, heiß und sinnlich und genauso wild und rasend vor Erregung wie er selbst. Falcon achtete darauf, seinen Appetit zu bremsen, und nahm nur gerade genug Blut für einen echten Austausch. Wie immer schloss er mit der Zunge die kleine Wunde an ihrem Hals, bevor er Sara mit nur einem Arm um ihre Taille aufhob und zum Bett hinübertrug. Seine Finger hörten nicht auf, sie zu liebkosen und zu erregen, sein Mund wich nicht von ihrem, und eine Flut lustvoller Gefühle überschwemmte sie beide, die sich mit rasender Geschwindigkeit in ihnen verbreiteten.
Sara, die geglaubt hatte, sie würde es als abstoßend empfinden, wenn er ihr Blut nahm, musste nun feststellen, dass es etwas sehr Erotisches und Traumähnliches war, fast so, als hätte Falcon ihr den Verstand vernebelt und sie voll und ganz in seine dunkle Leidenschaft verstrickt. Durch ihre enge geistige Verbindung wusste sie jedoch, dass er sie mit keinem Zauber belegt hatte. Die Tatsache, dass sie seine intensiven Lustgefühle teilte, wenn er ihr Blut nahm, machte ihr Mut.
»Das genügt nicht, Falcon. Ich will mehr. Ich will dich in mir spüren und mit dir verschmelzen.« Ihre Worte waren kaum mehr als ein atemloses Flehen an seinen Lippen, ihre Hände glitten in fieberhafter Ungeduld über seinen Körper und strichen jeden seiner harten Muskeln nach, während ihre Hüfte sich ihm verlangend entgegenbog.
Er küsste ihren Hals und ihre Brüste, strich mit der Zunge über ihre Brustspitzen, an ihren Rippen entlang und um ihren Bauchnabel. Mit einem erstickten Laut fuhr sie vom Bett hoch, um mit beiden Händen nach seinem langen Haar zu greifen, als er ihre empfindlichste Stelle mit dem Mund liebkoste. Über alle Maßen erregt vom erotischen Spiel seiner Zunge, näherte sich Sara immer mehr dem Höhepunkt. Falcon konnte sie in andere Welten versetzen, an Orte voller Schönheit, Emotion und sinnlicher Verzückung.
Und dann hob er den Kopf und richtete sich auf die Ellbogen auf, ein dunkelhaariger, gut aussehender Mann mit langem, wildem Haar und faszinierend schwarzen Augen. Für die Dauer eines Herzschlags verharrte er so, und dann, mit einem kraftvollen Stoß, der ihr den Atem raubte, war er in ihr und verschmolz mit ihr, wie sie es sich ersehnt hatte. Dann begann er, sich zu bewegen, und jeder Stoß führte ihn tiefer und erfüllte sie mit berauschender Hitze und einem alles verzehrenden Feuer. Sara begegnete seinen Bewegungen mit der gleichen leidenschaftlichen Intensität und bog sich ihm entgegen, um ihn noch tiefer in sich aufzunehmen; dabei trieb ihr Körper langsam, aber unaufhaltsam dem Höhepunkt der Lust entgegen.
Sara rang nach Atem, als Falcon noch tiefer in sie hineinglitt und seine Hitze und pulsierende Härte jede Faser ihres Körpers mit einem wilden Lustgefühl durchfluteten. Dann verschmolz er mit ihrem Bewusstsein und nahm sie noch viel intensiver in Besitz. Sie spürte seine ekstatischen Empfindungen, und er war überall – in ihrem Geist, ihrem Körper, ihrem Herz und ihrer Seele, als sie sich in einem zeitlosen Tanz der Freude und Liebe dem Höhepunkt ihrer Gefühle näherten. Zusammen stiegen sie zu den Gipfeln der Ekstase auf, wo sie vor Lust und Wonne in tausend Stücke zu zerspringen glaubten. Erst allmählich ließ das rauschhafte Beben ihrer Verzückung nach, und sie kehrten mit wild klopfenden Herzen langsam wieder in die Realität zurück.
Falcon hielt sie fest umfangen, barg sein Gesicht an ihrem Nacken und flüsterte ihr liebevolle und ermutigende Worte zu, bevor er sich widerstrebend von ihr löste.
Dann lagen sie auf dem Bett … und warteten. Saras Herz raste, und ihr Atem kam zu schnell und flach, aber sie versuchte tapfer, sich einzureden, alles wäre vollkommen normal. Dabei war ihre ganze Welt im Begriff, für immer und unwiderruflich verändert zu werden.
Falcon hielt Sara in seinen starken Armen, um sie zu beruhigen und weil er die Nähe ebenso sehr brauchte wie sie selbst. »Weißt du, warum ich das Tagebuch geschrieben habe?« Er küsste ihre Schläfe und atmete ihren Duft ein. »Vor tausend Jahren, als ich nichts empfinden und nichts sehen konnte außer grauen Bildern, stiegen die Worte eines Tages in mir auf. Worte und Emotionen, die sich in meine Seele einbrannten. Ich hatte das Gefühl, sie schriftlich festhalten zu müssen, damit die Intensität meiner Gefühle für meine Seelengefährtin mir immer in Erinnerung bleiben würde. Meiner Gefühle für dich, Sara, denn selbst damals schon verspürte ich deine Gegenwart in meiner Seele. Ein winziges Flackern, dem ich den Weg erhellen musste.« Er küsste sie mit exquisiter Zärtlichkeit. »Ich schätze, dass das nicht viel Sinn ergibt. Aber ich spürte dich in mir und musste dir sagen, wie viel du mir bedeutetest.«
»Diese Worte retteten mir das Leben, Falcon. Ich hätte nicht überlebt ohne dein Tagebuch.« Sie schmiegte sich vertrauensvoll an ihn. Sie würde auch das hier überleben. Sie war stark.
»Es schaudert mich bei dem Gedanken, wie viel Probleme die Kinder diesem armen Fremden bereiten werden, der dazu abkommandiert wurde, auf sie aufzupassen«, scherzte Falcon, weil er Sara lächeln sehen wollte.
Sie knabberte spielerisch an seinem Hals. »Wie lange wird es dauern, bis wir den Kindern ein richtiges Zuhause geben können? Unser Zuhause, meine ich?«
»Ich denke, das lässt sich sehr schnell arrangieren«, versicherte ihr Falcon und fuhr mit den Fingern durch ihr dichtes Haar, dessen seidiges Gefühl er liebte. »Das Wundervolle an unseren Leuten ist, dass sie jederzeit bereit sind zu teilen, was sie haben. Ich habe ein Vermögen in Juwelen und Gold, das ich Mikhail übergeben wollte, um unserem Volk in jeder nur möglichen Weise zu helfen, doch wir können ihn um ein Haus bitten.«
»Um ein großes. Für sieben Kinder brauchen wir viel Platz.«
»Und viel Personal. Wir werden jemand Vertrauenswürdigen finden müssen, um tagsüber auf die Kinder aufzupassen«, gab Falcon zu bedenken. »Raven und Shea werden uns sicher eine geeignete Person empfehlen können. Diese Kinder werden ganz besondere Bedürfnisse haben. Wir werden ihnen helfen müssen …«
Sara wandte sich ihm zu und runzelte die Stirn. »Sie mit psychischem Zwang manipulieren, meinst du.«
Ungerührt von ihrem gereizten Tonfall, zuckte er mit den breiten Schultern. »Das ist unsere Lebensweise in dieser Welt. Wir müssen die, die uns mit Nahrung versorgen, abschirmen, weil sie sonst in ständiger Furcht leben würden. Beamte, die uns diese Kinder nicht übergeben wollen, werden ›überredet‹ werden müssen. Und auch die Kinder werden wir vor Ängsten bewahren und ihnen ermöglichen müssen, sich an ihre Umgebung zu gewöhnen und aufgeschlossen für einen neuen Lebensstil zu sein. Suggestion ist ein nützliches Talent, Sara, auf das wir angewiesen sind, um unsere Spezies vor Entdeckung zu bewahren.«
»Die Kinder wollen bei mir leben. Das haben wir schon oft besprochen. Ich hätte sie sofort mit zu mir nach Hause genommen, doch ich wusste, dass irgendwann der Vampir erscheinen würde. Deshalb versuchte ich, eine sichere Zufluchtsstätte für sie einzurichten, ein Haus, wo ich sie sehen konnte, ohne sie in Gefahr zu bringen. Aber die Behörden legten mir ein Hindernis nach dem anderen in den Weg, hauptsächlich, um noch mehr Geld zu verlangen. Die Kinder wussten jedoch, dass ich es versuchte. Sie glaubten an mich, und sie werden keine Angst vor einem neuen Leben haben.«
»Du wirst tagsüber nicht bei ihnen sein, Sara. Wir müssen erreichen, dass sie den Menschen vertrauen, auf deren Hilfe wir uns verlassen müssen, um sie in jenen Stunden zu behüten.«
In dem Moment durchzuckte Sara ein brennender Schmerz. Sie presste eine Faust auf ihren Bauch und richtete einen fragenden Blick auf Falcon. Seine Augen waren düster, und er legte schnell eine Hand auf ihre.
Dann beugte er sich über sie, um sie voller Kummer und Bedauern zu küssen. »Ich würde dir diesen Schmerz ersparen, wenn ich könnte«, flüsterte er an ihrer Wange, und sie konnte spüren, wie sein Körper neben ihrem zitterte.
Sara nahm seine Hand und verschränkte die Finger mit den seinen. Ein beängstigendes Feuer brannte in ihrem Inneren. »Schon gut, Falcon. Wir wussten, dass es so sein würde«, versuchte sie, ihn zu beruhigen, obwohl jeder ihrer Muskeln sich verkrampfte und ihr Körper von einer Schmerzwelle nach der anderen erschüttert wurde. »Ich kann es schaffen. Ich will es schaffen.« Sie ließ keinen anderen Gedanken zu. Keine Angst. Dafür war kein Platz in ihrem Kopf, nur für ihren unerschütterlichen Glauben an Falcon und sie beide und für ihre Entschlossenheit. Ein Krampf ließ sie hochfahren und schleuderte sie dann wieder auf das Bett zurück. Sara versuchte, von Falcon wegzukriechen, um ihm den quälenden Anblick zu ersparen.
Aber er hielt sie zurück und tauchte tief in ihr Bewusstsein ein. Wir sind zusammen, piccola. Wir überstehen es gemeinsam. Er konnte den zerreißenden Schmerz in ihrem Körper spüren, und Falcon atmete tief und gleichmäßig, entschlossen, für sie beide Atem zu holen und ihr den Schmerz zu erleichtern, so gut er konnte. Am liebsten hätte er ihr ihn ganz abgenommen, doch selbst mit seiner enormen Kraft und all seinen Fähigkeiten konnte er das furchtbare Brennen nicht lindern, das mit der Umwandlung ihrer Organe einherging. Falcon konnte nur einen Teil der grauenhaften Schmerzen auf sich nehmen und ihr Leiden teilen. Er hielt sie, als ihr Körper sich durch heftiges Erbrechen von Giftstoffen befreite. Nicht ein einziges Mal bemerkte er, dass sie ihm die Schuld an ihren Qualen gab oder auch nur für einen Moment in ihrer Entscheidung schwankend wurde, ihm zu folgen.
Für Falcon verging die Zeit so langsam, dass sie ihm wie eine Ewigkeit erschien, doch er zwang sich, ruhig zu bleiben und die Dinge so geduldig hinzunehmen wie Sara. Er war fest entschlossen, alles zu sein, was sie jetzt brauchte, auch wenn er nichts anderes tun konnte, als daran zu glauben, dass alles gut ausgehen würde. In den vielen Jahrhunderten seiner Existenz hatte er genug Umgang mit Menschen gehabt, um Momente außergewöhnlicher Tapferkeit bei ihnen zu erleben, doch Saras unbeugsamer Mut erstaunte ihn. Er ließ sie seine Bewunderung für sie spüren und seinen Glauben an ihre Fähigkeit, die Krämpfe, die sie schüttelten, zu überwinden. Sara nahm jeden Moment, wie er kam, und versuchte, Falcon zu beruhigen, wenn eine Schmerzwelle abebbte und sie ermattet und erschöpft in die Kissen zurückfiel.
Einmal lächelte sie sogar und flüsterte ihm etwas zu, das er jedoch trotz seines phänomenalen Gehörs nicht hören konnte. Ein Kind zu gebären wird nach alldem hier ein Kinderspiel sein. Ein trockener Humor lag in den leisen Worten, die sie in Falcons Bewusstsein wiederholte. Er wandte den Kopf ab, damit sie nicht die Tränen sah, die ihm bei diesem Beweis ihrer tiefen Verbundenheit mit ihm in die Augen traten.
Sowie er merkte, dass es ungefährlich war, sie in die Erde zu bringen, versetzte er sie in einen tiefen Schlaf und öffnete das Erdreich, dessen heilkräftige Substanzen ihr bei der Verwandlung helfen würden. Die Erde aus den Karpaten war weitaus vitalisierender und nahrhafter als jede andere, aber Karpatianer konnten auch anderes Erdreich benutzen. Falcon hatte jahrhundertelang damit vorliebnehmen müssen und hatte schon vergessen, wie ungeheuer gut die schwarze Erde seiner Heimat war. Nachdem er Sara in einen tiefen Schlaf versetzt hatte, säuberte er sorgfältig das Schlafzimmer und entfernte alle Spuren von Krankheit und die Beweise für Saras Verwandlung. Er nahm sich Zeit und verließ sich darauf, dass die beiden anderen Karpatianer das Anwesen vor weiteren Angriffen des Vampirs bewachten und beschützten. Es war viel zu lange her, seit er das letzte Mal daheim war und das tröstliche Gefühl erlebt hatte, bei seinem eigenen Volk zu sein, und den Luxus, sich auf andere verlassen zu können.
Kurz darauf nahm Falcon die Nahrung, die ihm von Jacques angeboten wurde, und war wieder dankbar für das machtvolle Blut, mit dem ihn ein weiterer alter Krieger von namhaftem Geschlecht versorgte. Etwa eine Stunde lang ruhte er sich dann in der verjüngenden Erde aus und hielt Sara die ganze Zeit über in den Armen.
Als er sicher war, dass sie völlig wiederhergestellt war, brachte er sie an die Oberfläche und legte sie behutsam auf das Bett. Ihr nackter Körper war sauber und frisch wie die Laken, zwischen denen sie lag, und die brennenden Kerzen verbreiteten einen wohltuenden und heilsamen Duft. Trotzdem klopfte sein Herz wie wild, und er bekam einen trockenen Mund, als er sich über seine Seelengefährtin beugte. Sara. Mein Leben. Mein Herz und meine Seele. Wach auf und komm zu mir! Er senkte den Kopf noch tiefer, um ihren ersten Atemzug als Karpatianerin – und seiner anderen Hälfte – aufzufangen.
Sara erwachte in einer anderen Welt. Die lebhaften Einzelheiten, die Gerüche und Geräusche waren fast zu viel für sie. Sie klammerte sich an Falcon und schmiegte sich vertrauensvoll an seinen starken Körper. Beide konnten das laute, aufgeregte Pochen ihres Herzens hören.
Er küsste sie zärtlich auf den Kopf und fuhr mit dem Kinn über die seidenen Strähnen ihres Haares. »Psst, mein Liebling, es ist geschafft. Atme mit mir, und lass dein Herz dem Rhythmus des meinen folgen.«
Sara konnte alles hören. Alles. Die Insekten. Das Gemurmel von Stimmen in der Nacht. Den leisen Flug einer Eule. Das Rascheln von Nagetieren im nahen Gesträuch. Und all das, obwohl sie tief unter der Erde war, in einem Zimmer, das aus dicken Mauern und Felswänden bestand. Wenn sie all diese Dinge hören konnte, mussten es auch alle Angehörigen seiner Spezies können.
Falcon lächelte und ließ seine makellos weißen Zähne aufblitzen. »So ist es, Sara«, stimmte er ihr zu, als er ihre Gedanken las. »Wir lernen schon in sehr jungen Jahren, Diskretion zu üben. Wir schalten aus, was uns nichts angeht; das wird uns zur zweiten Natur. Wir beide jedoch sind viel zu lange allein gewesen, und nun sind wir wieder ein Teil von etwas. Es wird einige Zeit dauern, bis wir uns daran gewöhnen, aber jetzt, mit dir an meiner Seite, ist das Leben wieder eine interessante Reise.«
An seiner Schulter lachte Sara leise. »Schon bevor ich die Umwandlung durchmachte, konnte ich in dir lesen wie in einem Buch. Hör auf, dir Sorgen um mich zu machen, Falcon. Ich bin stark, und ich hatte schon vor fünfzehn Jahren beschlossen, dass du mein Leben warst. Mein Ein und Alles. Du warst bei mir in meinen Träumen, mein dunkler Geliebter, mein Freund und Vertrauter. Du warst bei mir in meinen dunkelsten Stunden, wenn alles trostlos und hoffnungslos war und ich niemanden hatte. Fünfzehn Jahre lang warst du jeden Tag und jede Nacht in meinem Herzen und in meinem Geist. Ich kenne dich. Ich lebte nur durch deine Worte, Falcon. Ich hätte niemals überlebt ohne dein Tagebuch. Das ist die reine Wahrheit, Falcon. Du kennst mich in- und auswendig und weißt, dass ich die Wahrheit sage. Ich fürchte mich nicht vor einem Leben mit dir. Ich will es, Falcon. Ich will für immer bei dir sein.«
Beschämt von ihrer immensen Großzügigkeit und ihrem wundervollen Geschenk an ihn, antwortete er auf die einzige Weise, die er kannte, küsste sie mit exquisiter Zärtlichkeit und versuchte, ihr mit seinem Körper die tiefen Emotionen zu übermitteln, die sich mit Worten nicht beschreiben ließen. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich dich gefunden habe«, flüsterte er.
Ihre Arme legten sich um seinen Nacken, ihre vollen Brüste pressten sich an seine Brust, und sie spreizte einladend die Beine, weil sie auf innigste Art mit ihm vereint sein wollte. Sie brauchte die Sicherheit und Geborgenheit seines starken Körpers. »Und ich kann immer noch nicht glauben, dass du real bist, und nicht nur der schöne Geliebte aus meinen Träumen, den ich mir aus einer Vision zusammenfantasiert hatte.«
Falcon wusste, was sie brauchte, weil auch er die Bestätigung nötig hatte. Sara. Seine Sara, die sich davor fürchtete, vor ihm verwundbar zu erscheinen, und sich niemals scheute, ihm zu zeigen, was sie wollte. Sein Mund fand ihren und holte den Himmel zu ihnen herab. Saras Körper war warm und einladend, Falcons Zufluchtsort, seine Insel des Friedens, ein Ort der Intimität und der Ekstase. Die Welt verblasste um sie herum, bis es nur noch das Kerzenlicht und die seidenen Laken gab. Nur noch ihre Körper und ihre gegenseitige zärtliche Erforschung. Nur noch unbeschreibliche Lust und Ekstase, als sie sich all ihren erotischen Fantasien hingaben.
Sehr viel später lag Falcon quer über dem Bett, den Kopf auf Saras Schoß gebettet, und genoss die kühle Luft auf seiner Haut und die sanften Finger seiner Seelengefährtin in seinem langen Haar. »Ich kann mich nicht bewegen.«
Sie lachte leise. »Das brauchst du auch nicht. Von mir aus kannst du gern bleiben, wo du bist.« Ihr stockte der Atem, als Falcon spielerisch seinen warmen Atem zwischen ihre Schenkel blies. Sie war so sensibilisiert durch ihr anhaltendes Liebesspiel, dass sich wieder alles in ihr zusammenzog und sie das Gefühl hatte, als würden ihre sinnlichen Empfindungen nie wieder verstummen.
»Ah, das würde ich sehr gern, meine Liebste, aber ich muss mich auf die Jagd nach unserem Feind machen. Er ist mit Sicherheit schon in der Nähe und sehr erpicht darauf, seine Aufgabe zu beenden und diese Berge zu verlassen. Er kann es sich nicht leisten, hier sehr lange zu verweilen.« Falcon seufzte. »Es sind zu viele Jäger in dieser Gegend, deshalb wird er so schnell wie möglich von hier verschwinden wollen. Solange er jedoch am Leben ist, werden die Kinder und du nie sicher sein.« Er wandte ein wenig den Kopf, um mit der Zunge die Innenseite ihres Schenkels zu liebkosen. Sein Haar glitt dabei so verführerisch über ihre Haut, dass Sara wieder ein wundervolles Pulsieren tief in ihrem Inneren verspürte.
»Hör auf, mich abzulenken«, sagte sie. Er hatte einen Arm um sie gelegt, sodass seine Hand ihren Po umfasste und ihn spielerisch, aber beharrlich streichelte und knetete. Er machte es ihr fast unmöglich, klar zu denken.
»Und die ganze Zeit habe ich gedacht, du würdest mich ablenken«, sagte er mit unüberhörbarer Belustigung in der Stimme und strich mit einem Finger über die heiße Feuchte zwischen ihren Schenkeln. »Du bist unglaublich verführerisch, Sara. Warst du in meinem Bewusstsein, während wir uns liebten? Hast du gespürt, wie eng du mich umschlossen hast? Wie du dich für mich anfühlst, wenn ich von deiner Hitze umgeben bin? Von deinem Feuer?«, raunte er, drang mit zwei Fingern langsam in sie ein und begann, sie in einem sinnlichen Rhythmus zu bewegen. »Wie deine Muskeln sich um mich zusammenziehen?« Falcon holte tief Luft und ließ sie langsam wieder entweichen. »Ja. Genau das meinte ich. Es gibt nichts Aufregenderes auf dieser Welt. Ich liebe alles an deinem Körper. Deine Schönheit.« Er zog die Finger zurück und brachte sie an seinen Mund. »Deinen Geschmack …«
Ein Prickeln durchlief Sara, als sie sah, wie er seine Finger in den Mund nahm und bewegte, als wäre sie es, die er streichelte. Und er lächelte, weil ihm nur zu gut bewusst war, was er bei ihr bewirkte. Ein leises Lachen entrang sich ihr, das glücklich, unbeschwert und fröhlich klang. »Wenn wir uns noch einmal lieben, werde ich in tausend Stücke zerspringen, und du wirst nicht mehr in der Verfassung sein, Vampire zu jagen. Falls du das also wirklich willst, dann hör auf, mich anzufassen, und benimm dich, du verrückter Mann.«
Er küsste die Innenseite ihres Schenkels. »Und ich dachte, ich benähme mich ganz gut.«
Sie griff nach einer Hand voll seines langen Haars. »Was ich denke, ist, dass du mich als Köder brauchen wirst, um den Vampir zu dir zu locken.«
Falcon richtete sich auf, und ein wachsamer Ausdruck erschien in seinen schwarzen Augen. »Du bleibst hier, wo ich dich in Sicherheit weiß.«
»Ich bin nicht der Typ, der kneift, wenn es gefährlich wird, Falcon. Ich dachte, das wüsstest du inzwischen. Ich erwarte eine echte Partnerschaft und bin nicht bereit, mich mit weniger zufriedenzugeben«, erklärte sie entschieden.
Einen langen Moment sah Falcon ihr prüfend ins Gesicht, dann streckte er eine Hand aus, um sanft über die Wölbung ihrer Brust zu streichen, und löste ein wohliges Erschauern in Sara aus. »Ich würde auch nicht weniger wollen als eine echte Partnerschaft, Sara«, antwortete er ehrlich. »Aber du verstehst noch nicht ganz, was geschehen würde, wenn dir etwas zustieße.«
Der pure Schalk funkelte in Saras Augen, als sie lachend sagte: »Und ich glaube, du verstehst noch nicht ganz, was geschehen würde, wenn dir etwas zustieße.«
»Ich bin ein Jäger, Sara, also verlass dich bitte auf mein Urteilsvermögen.«
»Selbstverständlich verlasse ich mich darauf, doch im Moment ist es nicht gerade objektiv, nicht wahr? Es macht keinen Sinn, die einzige Person, derentwegen der Vampir sich zeigen würde, nicht als Köder zu benutzen. Du weißt, dass er nicht aufhören wird, mich zu suchen, nachdem er mich fünfzehn Jahre lang gejagt hat. Bitte, Falcon …« Sie legte eine Hand an seine Brust und beugte sich vor, um ihn aufs Kinn zu küssen. »Er wird sich zeigen, wenn er glaubt, er hätte eine echte Chance, an mich heranzukommen. Wenn du mich nicht als Lockvogel benutzt, werden auch alle anderen weiter in Gefahr sein. Unsere Kinder sind verängstigt und befinden sich in der Obhut eines ihnen völlig Fremden. Diese Leute waren gut zu uns; wir wollen sie und die benachbarten Dorfbewohner doch nicht in Schwierigkeiten bringen.« Sie fuhr sich mit der Hand durch ihr Haar. »Ich weiß, dass ich ihn herlocken kann, und muss es versuchen. Ich will nicht für noch mehr Morde verantwortlich sein. Jedes Mal, wenn er mir zu einer Stadt folgt und ich in der Zeitung etwas über einen Serienmörder lese, habe ich das Gefühl, als hätte ich ihn dorthin gelockt. Lass mich dir helfen, Falcon. Mach nicht so ein stures, finsteres Gesicht. Ich weiß, dass du verstehst, warum ich es tun muss.«
Falcons harte Züge entspannten sich allmählich, und seine schön geschnittenen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Zärtlich nahm er Saras Gesicht zwischen seine großen Hände und senkte den Kopf über ihren Mund. »Du bist ein Genie, Sara.« Er küsste sie so langsam und so gründlich, als hätte er alle Zeit der Welt. »Genau so werden wir vorgehen. Wir werden dich als Köder benutzen und einen Meistervampir einfangen.«
Sara zog eine Augenbraue hoch, weil sie dem plötzlichen Grinsen in seinem Gesicht nicht traute.