Kapitel 26 Das Comeback
Ende 2005 war ich froh, Sacramento Tausende Meilen hinter mir lassen zu können, indem ich ein Flugzeug bestieg und mich auf eine lange geplante Handelsmission nach China begab. Ich führte eine Delegation von fünfundsiebzig kalifornischen Arbeitgebern an: Technologie-Unternehmern, Erdbeerbauern, Bauingenieuren und Kaufleuten. Sechs Tage lang bereisten wir die am schnellsten wachsende Wirtschaftsnation der Welt und machten Werbung für die Stärken unseres Bundesstaates. Für mich war es eine sehr wichtige Reise, nicht nur ein Tapetenwechsel nach der Niederlage an den Wahlurnen. Die Veränderungen in China mit eigenen Augen zu sehen, half mir, die Dinge wieder in die richtige Relation zu bringen. Die Chinesen bauten in so gigantischen Dimensionen. Ich hatte das Gefühl, Augenzeuge bei der Entstehung einer neuen Weltmacht zu sein, und spürte die Herausforderung, aber auch die Möglichkeiten, die sich für Amerika daraus ergaben. Und natürlich war es für einen Marktschreier wie mich auch aufregend, wieder in der Welt draußen zu sein und auf der globalen Bühne etwas verkaufen zu können.
Diese Handelsmission brachte Kalifornien unter anderem einen symbolträchtigen Exporterfolg. Zum ersten Mal konnten wir legal kalifornische Erdbeeren nach Peking ausführen – genau rechtzeitig zu den Olympischen Sommerspielen 2008.
Zurück in Kalifornien musste ich mich zunächst einmal vorrangig mit Personalfragen beschäftigen. Eigentlich war es eine schlechte Zeit für größere personelle Veränderungen, da die nächste Gouverneurswahl in knapp einem Jahr anstand, aber sie waren notwendig. Ich wusste jetzt viel mehr über kalifornische Politik, und ich kannte die maßgeblichen Akteure. Ich brauchte nicht einfach kluge, erfahrene Leute, ich brauchte ein Team mit Zusammenhalt. Nach dem Volksentscheid glaubten laut Meinungsumfragen nur siebenundzwanzig Prozent der Wähler, dass Kalifornien auf dem richtigen Weg sei, und meine eigene Zustimmungsquote lag bei nur achtunddreißig Prozent. Ich brauchte mutige Menschen, die sich davon nicht abschrecken ließen. Vielleicht gefiel ihnen ja sogar die Tatsache, dass ich inzwischen fast genauso unbeliebt war wie das Parlament.
Eine neue Stabschefin hatte ich schon im Auge: Susan P. Kennedy. Die Presse beschrieb sie als eine kleine, toughe, blonde, zigarrenrauchende Lesbe. Sie wäre die unkonventionellste Wahl, die ich hätte treffen können. Sie war nicht nur von Kindesbeinen an Demokratin und hatte sich für das Recht auf Abtreibung eingesetzt, sondern hatte auch als Kabinettssekretärin und stellvertretende Stabschefin für Gray Davis gearbeitet. Diesen Job hatte sie an den Nagel gehängt, weil sie den Stillstand in Sacramento nicht mehr ertrug.
Susan und ich hatten uns kennengelernt, nachdem sie mir zwei Monate vor der Volksabstimmung ein ausführliches Memorandum geschickt hatte. Es begann mit einer präzisen, kristallklaren Analyse der politischen und strategischen Fehler meiner Regierung. Sie war enttäuscht, weil sie fand, dass wir eine historische Chance, etwas zu verändern, ungenutzt ließen. Sie arbeitete zu der Zeit in der Aufsichtsbehörde für die öffentlichen Versorgungsunternehmen und hatte mich damit beeindruckt, dass sie immer versuchte, Regulierungen zu beseitigen, die dem Wachstum der Wirtschaft im Wege standen.
Nach einigen Vorgesprächen bot ich Susan den Job an, doch bevor sie zusagte, kam sie, gleich nachdem ich aus China zurückgekehrt war, zu uns nach Hause, um mit Maria und mir zu reden. In diesem Gespräch ging es um viele Themen, auch darum, wie Susan mit den Republikanern in meinem Stab umgehen werde. »Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, dass es zu keinen Konflikten kommt. Das würde uns nur hemmen und unser Image noch weiter schädigen«, sagte sie. »Aber Sie müssen mir freie Hand für notwendige Veränderungen geben. Und wenn es zu einer Auseinandersetzung kommt, müssen Sie hundertprozentig hinter mir stehen.«
»Ich werde Ihnen den Rücken stärken, wir werden das gemeinsam durchziehen«, versprach ich.
Und schließlich stellte ich ihr die Frage, die man am Ende eines Vorstellungsgespräches immer so stellt: »Haben Sie irgendwelche Fragen an mich?«
»Ja«, kam es wie aus der Pistole geschossen. »Welches Erbe wollen Sie als Gouverneur dem Staat hinterlassen?« Ich schaute sie ein paar Sekunden lang an, bevor ich etwas sagte. Als Gouverneur bekommt man diese Frage häufig gestellt, aber ich hatte das Gefühl, dass diese kleine, quirlige Frau es wirklich wissen wollte.
»Ich will bauen«, sagte ich. »Ich will überall Kräne sehen.« Unsere Bevölkerung würde bald auf über fünfzig Millionen Menschen anwachsen, und wir hatten nicht die notwendigen Straßen, Brücken, Schulen für alle diese Menschen, ganz zu schweigen von der Wasserversorgung, den Kommunikationssystemen, der Eisenbahn oder den entsprechenden Energieprojekten. Ich sprach voller Begeisterung von diesem Thema, Susan ließ sich anstecken, und plötzlich redeten wir beide nur noch von Kränen, Zügen, Autobahnen und Stahl. »Ich habe Sie im Fernsehen gesehen, als Sie in China darüber gesprochen haben«, sagte sie. »Sie haben vorgeschlagen, wir sollten über Anleihen in Höhe von 50 oder 100 Milliarden Dollar reden – keine Peanuts! –, und Ihr Stab versuchte Ihnen das kleinzureden. Also, das ist kompletter Unfug, und Sie hatten völlig recht!«
Da wusste ich, dass wir auf einer Wellenlänge lagen. Sie rollte nicht die Augen wie so viele Menschen, wenn ich über Fragen der Infrastruktur zu reden begann. Sie teilte meine Ansicht, dass die Straßen, Brücken, Wehre und Dämme des Bundesstaates nicht schrittgehalten hatten mit der steigenden Bevölkerungszahl: Kalifornien lebte von den visionären Investitionen, die Gouverneure in den fünfziger und sechziger Jahren getätigt hatten. Sie hatten die Highways und die Wasserversorgung aufgebaut und so zum Aufschwung der Wirtschaft beigetragen. Aber jetzt hatten wir ein System, das für eine Bevölkerung von 18 Millionen Menschen konzipiert war, nicht für die 50 Millionen, die im Jahr 2025 in Kalifornien leben würden. Susan schreckte nicht davor zurück, Arbeit in Projekte zu investieren, die erst viele Jahre nach unserer Amtszeit endgültig verwirklicht werden würden.
Statt das Vorstellungsgespräch zu beenden, zündete ich meine Zigarre wieder an. »Es kann mit Kalifornien nicht so weitergehen«, stimmte Susan mir zu.
»Wir brauchen eine Umgestaltung im großen Stil«, sagte ich.
»Aber in Sacramento denkt niemand so«, gab sie zu bedenken.
Das stimmte. Ich hatte gelernt, dass bei den Politikern immer alles nur in kleinen Schritten vorangehen durfte. In Sacramento galt die Faustregel: »Anleihen von mehr als 10 Milliarden gehen nicht, weil die Wähler mit zweistelligen Zahlen niemals einverstanden sein werden.« Deshalb sprachen die Demokraten davon, dieses Jahr 9,9 Milliarden Dollar zu beantragen. Und dann teilten sie es unter alle Interessengruppen auf und sagten: »2 Milliarden für Schulen, 2 Milliarden für Highways, 2 Milliarden für Gefängnisse …« So reichte das Geld natürlich vorne und hinten nicht!
Susan sagte, es ärgere sie, mit anzusehen, wie meine Mitarbeiter mir in den Rücken fielen, sobald ich über große Pläne sprach. In China hatte mein Sprecher gegenüber Reportern gesagt: »Nein, nein! Der Gouverneur meinte nicht wirklich 50 Milliarden oder 100 Milliarden Dollar. Er hat nur laut gedacht.«
Sie legte da ihren Finger auf etwas, das mich auch schon länger beschäftigte: Sobald ich über meine Vision sprach, hatte ich den Eindruck, dass man mich belächelte. Nicht ernst genommen zu werden, hatte sich zu einem echten Problem entwickelt. Ich sagte zum Beispiel: »Ich will eine Million Solardächer«, und meine Mitarbeiter taten so, als würde ich absichtlich übertreiben, als würde ich 100000 Dächer meinen oder einfach nur »sehr viele«. Aber ich meinte eine Million! Kalifornien ist ein Riesenstaat. Warum sollte man da nicht von einer Million Solardächern sprechen?
Oft brachte ich Ideen ein, nur um dann zu hören, dass das zu viel oder politisch nicht durchsetzbar war. Und bisher hatte ich niemanden, mit dem ich diese großen Ideen ernsthaft durchspielen, sie gedanklich weiterentwickeln konnte. Susan sagt gern, dass sie mich für den größten Motor der Welt hält und dass es ihr Job ist, eine Karosserie zu bauen, die nicht auseinanderfällt, wenn dieser Motor auf Hochtouren läuft. Ich hatte meinen optimalen Partner gefunden.
Schon bevor ich Susan anheuerte, hatte ich genug Telefonate geführt, um zu wissen, dass die Reaktion nicht gerade freundlich ausfallen würde. Diese Personalentscheidung war für viele, vor allem für viele meiner eigenen Parteifreunde, völlig unverständlich. Sie wussten nur, dass Susan eine Demokratin und politische Aktivistin war. Sie wussten nicht, dass sie eine bitter enttäuschte Demokratin war, die endlich Veränderungen sehen wollte. Die typische Reaktion auf meine Entscheidung war: »Das können Sie nicht tun!« Ich antwortete dann immer: »Natürlich kann ich das tun. Ich kann und ich werde es tun.« Ein oder zwei Mal musste ich erklären, dass sie trotz ihres Nachnamens nicht zum Kennedy-Klan gehörte, und Teddy warte wirklich nicht in den Startlöchern, um die Staatsgeschäfte zu übernehmen.
Die Spitzen der Republikanischen Partei in Kalifornien baten mich zu einem privaten Treffen im Hyatt-Hotel gegenüber dem Kapitol. Sie forderten mich auf, meine Wahl noch einmal zu überdenken. Keith Carlson, der Schatzmeister der Partei, sagte, dass die Republikaner nicht mit mir zusammenarbeiten würden, wenn ich nicht jemand anderen aussuchte. »Wir trauen ihr nicht. Wir werden nicht zulassen, dass sie an unseren Strategiebesprechungen teilnimmt.« Das war etwa die Botschaft: »Sie werden am Ende komplett isoliert sein.«
Ich erklärte ihnen, sie müssten Entscheidungen als Parteiführer treffen, ich aber als Gouverneur. Die Auswahl der Mitarbeiter lag in meiner Verantwortung, nicht in ihrer. Und ich sagte, ich sei zuversichtlich, dass die republikanischen Parlamentarier mit Susan zusammenarbeiten würden, weil sie einfach großartig sei.
Inoffiziell trat sie ihren Dienst direkt vor Thanksgiving an. Ihr erster Schachzug war sehr geschickt: Statt zunächst einmal das Personal auszuwechseln, begab sie sich sofort an die Arbeit und stürzte sich auf das Projekt der Modernisierung der Infrastruktur. Sie rief die leitenden Mitarbeiter zusammen und bat sie, alle Informationen über den Ausbau von Autobahnen, Wasserversorgung, Wohnungsbau, Gefängnissen, Schulen, die sie finden konnten, zusammenzustellen. Wie sollte Kalifornien unserer Meinung nach in zwanzig Jahren aussehen? Und wie viel würde das kosten? Einige wandten sich gegen die Idee, fanden sie zu ambitioniert, aber Susan sagte: »Die Einwände verstehe ich. Aber stellen wir unsere Zweifel vorerst einmal zurück und planen einfach.«
Die Antworten kamen und summierten sich auf insgesamt 500 Milliarden Dollar. So viel Geld würden wir von Bund, Staat, Kommunen, Public-Private-Partnerships und privaten Geldgebern brauchen, um das Kalifornien von 2025 aufzubauen. Eine halbe Billion Dollar. Die Zahl war selbst für uns so unvorstellbar, dass wir gar nicht damit arbeiten konnten. Also begrenzte Susan den Zeitraum auf zehn Jahre und bat den Stab, dieselbe Übung noch einmal zu machen. Jetzt kamen 222 Milliarden Dollar heraus, von denen der Staat 68 Milliarden in Kommunalobligationen würde tragen müssen. Auch diese Zahlen waren noch gigantisch. Falls Kalifornien wirklich versuchen würde, sich so viel Geld für den Ausbau der Infrastruktur zu leihen, wäre das die bei weitem höchste Summe, die der Staat je eingesetzt hatte. Doch Susan und das Team entwickelten einen Plan, wie man die Kredite über die ganzen zehn Jahre verteilen konnte, und daraus ergab sich eine erträgliche Schuldenlast. Kaliforniens politische Führung hatte sich der Verantwortung, größere Investitionen zu planen, entzogen, und große Infrastrukturprojekte den Launen einiger Interessengruppen überlassen, die Unterschriften sammelten und Unmengen geliehenes Geld an jene »verkauften«, die bereit waren, die Kampagne für die jeweilige Initiative zu finanzieren. Das hatte zur Folge, dass die Wähler im Laufe der Jahre einen zweistelligen Milliardenbetrag an Kommunalobligationen bewilligt hatten, die größtenteils für Projekte von Interessengruppen ausgegeben wurden, ohne dass etwas Werthaltiges dabei herauskam.
Ich bin ein Geizkragen, wenn es darum geht, das Geld der Steuerzahler auszugeben, aber ich glaube einfach fest daran, dass es sinnvoll ist, in die Zukunft zu investieren. Den Parlamentariern, besonders den Republikanern unter ihnen, musste ich das erst nahebringen. In ihren Augen war Bauen und Geldausgeben einfach dasselbe. Wenn man Geld ausgibt und sich zum Beispiel eine neue Couch kauft, ist es weg. Wenn man dagegen ein Haus baut, bleibt der Wert der Investition erhalten. Eine Couch verliert von dem Moment an, in dem man sie aus dem Möbelgeschäft trägt, an Wert. Deshalb sage ich immer: In ein Haus investiert man, für Möbel gibt man Geld aus.
Tatsächlich ist der Ausbau der Infrastruktur eine von drei Möglichkeiten, einen Dollar auf hundert Jahre hin gut anzulegen. Die erste Möglichkeit besteht darin, öffentliche Bauten zu errichten, die so lange halten. Die zweite ist, den Dollar in die Erfindung von etwas zu stecken, das auch ein Jahrhundert später noch in Gebrauch sein wird. Und die dritte ist, die eigenen Kinder und Enkel so auszubilden, dass sie die Vorteile von Wissen und Ausbildung erkennen und ihren Kindern wiederum beides ermöglichen. Wenn man eine dieser Möglichkeiten nutzt, hat man klug investiert, und wer weiß, vielleicht bleibt man damit den Menschen sogar in guter Erinnerung.
Die Vorstellung von all den Schulen, Straßen, Verkehrssystemen, Brücken, Häfen und Dämmen, die man mit 69 Milliarden Dollar finanzieren konnte, war ein Traum für mich. Ich bat Susan und den Stab, weiterzumachen und einen offiziellen Plan zu entwickeln. Die Kalifornier würden die Idee, für die kommenden Generationen zu bauen, toll finden, und ich wusste, ich konnte ihn gut verkaufen.
Unsere Entscheidung, uns sofort auf ein wichtiges Projekt zu konzentrieren, vertrieb die Ängste bei unseren Mitarbeitern und hob die Stimmung ungemein. Die Leute bekamen neuen Schwung und nahmen die Arbeit wieder auf. Und es zeigte sich, dass nicht so viele Menschen ersetzt werden mussten, wie Susan zunächst angenommen hatte. Der Umbau des Stabs ging langsamer voran, und wir holten nur sechs neue Führungskräfte hinzu. Als Sprecher stellte ich Adam Mendelsohn ein, einen intelligenten, ideenreichen Republikaner, der für Matt Fong, den früheren Finanzminister Kaliforniens, gearbeitet hatte. Für die operative Schlüsselposition als Kabinettssekretär holte ich Dan Dunmoyer, einen konservativen republikanischen Versicherungsexperten mit großer Sacramento-Erfahrung. Und wir holten uns ein paar Helfer ins Team, die schon lange erfolgreich mit Susan gearbeitet hatten, allen voran Daniel Zingale, einen demokratischen Experten für Gesundheitsfürsorge und früheren Berater von Gray Davis. Er war auch Marias Stabschef. Die Chemie stimmte auf Anhieb. Dieses Team wurde zur ersten echten parteiübergreifenden Administration in der kalifornischen Geschichte. Und es hatten alle eine Vision – meine.
In Anbetracht der bevorstehenden Gouverneurswahl brauchte ich auch neue politische Berater. Ich wandte mich an Maria: Talente um sich zu scharen gehört zu ihren großen Stärken. Und obwohl sie mit den aussichtsreichen Kandidaten auf republikanischer Seite nicht so vertraut war, arbeitete sie hinter den Kulissen an der Rekrutierung fähiger Leute, die mit meinen oft unkonventionellen Ansichten zurechtkamen. Wir gewannen Steve Schmidt für uns, der an George W. Bushs zweitem Wahlsieg beteiligt gewesen war, und Matthew Dowd, den früheren Chefstrategen des Bush-Wahlkampfes.
Schmidt sprach mit aller Offenheit meine schlechten Aussichten auf eine Wiederwahl an. Bei einem unserer ersten Treffen, in denen wir darüber mit den leitenden Mitarbeitern und mit Maria redeten, erklärte er mir, dass die Wähler den Umfragen zufolge stinksauer waren. Sie hatten gerade keinen linientreuen Parteisoldaten an die Spitze wählen wollen, und sie waren auch nicht damit einverstanden, dass ich sie hatte zwingen wollen, Entscheidungen für mich zu treffen. Einen Hoffnungsfunken gab es in seiner Analyse aber: Die Leute mochten mich trotzdem. Sein Ratschlag lautete: »Seien Sie demütig. Entschuldigen Sie sich für Ihre Fehler, lassen Sie den Hummer in der Garage, hören Sie auf mit diesen Gags wie der Sache mit der Abrissbirne, schmeißen Sie die Satin-Jackets weg und ziehen Sie einen Geschäftsanzug an.« Als Schmidt fertig war, rauchte ich erst mal ein paar Züge. Ich denke in Bildern, und ich brauchte dreißig Sekunden, um mir diesen Gouverneur vorzustellen. Schließlich erklärte ich ihm: »Ich glaube, die Rolle kann ich perfekt spielen.«
Als ich am 5. Januar 2006 das Podium im Kapitol betrat, um meine Rede zur Lage des Staates zu halten, war ich ein besserer Gouverneur. Ich war nicht der ungehobelte Konservative mit Schaum vor dem Mund, als den man mich beim Volksentscheid dargestellt hatte. Ich war pragmatisch und ernst und wollte Fortschritte erzielen.
Es war sinnvoll, mit einer Entschuldigung anzufangen. »Ich habe lange über das letzte Jahr nachgedacht, über die Fehler, die ich gemacht, und die Lektionen, die ich gelernt habe«, sagte ich. »Ich hatte es zu eilig. Ich habe die Mehrheit der Kalifornier nicht gehört, als sie mir sagten, dass sie den zusätzlichen Urnengang nicht wollten. Ich habe meine Niederlage verarbeitet und meine Lektion gelernt. Und das Volk, das ja immer das letzte Wort hat, hat mir eine klare Botschaft zukommen lassen: Mach dem Krieg ein Ende, dämpf deine Rhetorik, such Gemeinsamkeiten und löse die Probleme mit den anderen zusammen. Ich sage meinen kalifornischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern hiermit: Die Botschaft ist angekommen.«
Ich witzelte über meine Zustimmungsrate, die inzwischen bis auf niedrige 30er-Werte gesunken war, und über die Tatsache, dass die Leute mich jetzt manchmal fragten: »Wünschen Sie sich nicht manchmal, zurück ins Filmgeschäft zu gehen?« Aber ich sagte klipp und klar, dass dieser Job in meinen Augen immer noch der beste sei, den ich je gehabt hatte, und dass ich jetzt glücklich und voller Hoffnung vor ihnen stand – und um einiges klüger.
Ich prahlte mit ein paar Dingen, für die wir alle Anerkennung verdienten, vom Haushaltsausgleich ohne Steuererhöhung bis zum Verbot von süßen Limonaden und Junkfood in den Schulen, von der Reform des Arbeiterunfallgesetzes bis hin zur Förderung der Stammzellenforschung, von der Refinanzierung der Staatsschulden bis hin zur Verabschiedung neuer Gesetze zur Informationsfreiheit und Transparenz in der Politik.
Und dann packte ich die großen Zahlen aus: die 100 Milliarden Dollar an Investitionen, die wir brauchen würden, um Kaliforniens zukünftiges Wachstum zu stützen. Als ersten Schritt präsentierte ich den Zehn-Jahres-Plan, den mein Team ausgearbeitet hatte. Wir hatten ihn »Plan für strategisches Wachstum« genannt. Ich bat das Parlament, den Wählern die Anleihen in Höhe von 68 Milliarden Dollar, die wir brauchen würden, zur Abstimmung vorzulegen.
Die Schlagzeilen am nächsten Tag waren großartig. Ich hatte viele Abgeordnete überrascht, als ich etwas politisch so Integratives und Großes vorschlug. Natürlich gab es Skepsis auf beiden Seiten. Die Demokraten sagten: »Ja, klingt gut, aber meinen Sie das auch wirklich ernst?«, die Republikaner dagegen fragten: »Und wie wollen Sie das bezahlen?« Aber viele Vertreter beider Parteien und der Gewerkschaften kamen zu mir und sagten: »Gut, setzen wir noch einmal neu an«, und da wusste ich, dass ich auf dem richtigen Weg war.
Der Wahltag kam näher, und wir hatten drei Botschaften an die Wähler: Arnold ist ein Staatsdiener, kein Funktionär. Er schreckt nicht davor zurück, große Probleme anzugehen. Es geht Ihnen heute besser als damals unter Gray Davis. Diese drei Botschaften vermittelten wir mit einer einzigen Strategie: Jedesmal, wenn wir etwas durchbekamen, gingen wir an die Öffentlichkeit und verkündeten unseren Sieg.
Hinter den Kulissen betrieben wir daneben massiv Schadensbegrenzung. Wir mussten uns bei den wichtigen Gruppen einschmeicheln, die ich verprellt hatte und die gerade 160 Millionen Dollar ausgegeben hatten, um mich bei der Abstimmung zu schlagen. Susan stellte ein Whiteboard in ihrem Büro auf und listete all die Gruppen auf, die Steve Schmidt dann »die Koalition der Unwilligen« nannte. Dazu zählten natürlich alle Gruppen im öffentlichen Dienst: die Lehrergewerkschaft, die Feuerwehrleute, das Pflegepersonal und die Gefängniswärter, dazu alle wichtigen Indianerstämme und so weiter und so fort. Auf der Liste fanden sich auch Gruppen, die traditionell den Republikanern zuneigten: die Polizeichefs, die Sheriffs, die Industrieverbände, die Verbände der mittelständischen Unternehmen.
Im Grunde hatte keine wichtige politische Interessengruppe in Kalifornien, mit Ausnahme der kalifornischen Handelskammer, vor, mich zu unterstützen. Die meisten arbeiteten vielmehr aktiv gegen mich. Und sie hatten, wie ich schmerzlich hatte feststellen müssen, die Macht, Initiativen zu blockieren und den Wandel zu stoppen. Wir mussten uns unsere Schlachten und unsere Gegner ganz genau aussuchen, wenn wir irgendetwas erreichen wollten.
Also machten wir uns daran, unsere Freunde, einen nach dem anderen, wieder ins Boot zu holen und unsere Gegner zu neutralisieren. Es half enorm, dass Kaliforniens Wirtschaft endlich wieder in Schwung kam, sodass Milliarden Dollar zusätzlicher Steuereinnahmen unerwartet den Staatssäckel füllten. Wir legten einen alten Rechtsstreit mit den Lehrern bei und trafen uns wiederholt mit den Brandmeistern, Polizeichefs und Sheriffs, um die Bedenken hinsichtlich ihrer Pensionen zu zerstreuen. In manchen Fällen dauerte es Monate, die Wogen wieder zu glätten. Die Tarifverträge mit wichtigen Gewerkschaften liefen aus, also nahmen wir uns bei den Verhandlungen Zeit, wohl wissend, dass die Gewerkschaften meine steigenden Zustimmungswerte in den Meinungsumfragen beobachten würden. Wenn sie feststellten, dass meine Chancen auf Wiederwahl stiegen, mussten sie sich darauf einrichten, womöglich noch einmal vier Jahre mit mir auszukommen.
Wie immer bestand die größte Herausforderung darin, die demokratische Mehrheit im Parlament zur Kooperation zu bewegen. Dazu griffen wir die Themen auf, gegen die die Demokraten nichts einwenden konnten: Investitionen in die Infrastruktur, Umweltschutz. Der Ansatz stellte sie vor eine klare Wahl: Sie konnten mich bekämpfen, aber dann würden sie als die Saboteure dastehen, die meinen Versuch verhinderten, den Staat voranzubringen. Oder sie konnten mit mir zusammenarbeiten und bei Themen Fortschritte machen, die ihren Wählern am Herzen lagen. Außerdem dämmerte ihnen auch langsam, dass ein republikanischer Gouverneur, der sich für ihre großen Themen einsetzte, das Beste war, was ihnen passieren konnte: Wenn ich Erfolg hatte, würden auch sie profitieren, wenn ich scheiterte, hätten sie sich nicht die Hände schmutzig gemacht.
Nach monatelangen harten Verhandlungen entschlossen sich die Demokraten zur Kooperation. Im Mai erreichten wir die Zwei-Drittel-Mehrheit, die wir brauchten, um das Anleihenpaket durchzubringen. Mein Vorschlag mit seinen 68 Milliarden war überarbeitet und gekürzt worden und belief sich schließlich auf 42 Milliarden Dollar. Wir verhandelten zwei weitere Jahre, um die Finanzierung der Gefängnisse und der Wasserversorgung zu klären, aber es gelang uns schließlich. Es war das bei weitem ambitionierteste Infrastrukturpaket seiner Art in der kalifornischen Geschichte. Die Presse nannte es »historisch«. Das Paket sollte den Wählern im November zur Abstimmung vorgelegt werden, doch allein schon die Tatsache, dass wir es durchs Parlament bekommen hatten, dass die Kalifornier es geschafft hatten, bei einem wichtigen Thema – das alle Bundesstaaten gleichermaßen betrifft – gemeinsam zu handeln, machte Schlagzeilen.
Ich hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie man den Wählern etwas verkauft, das so langweilig klingt wie »Infrastrukturmaßnahmen«. Wir präsentierten das Thema auf der menschlichen Ebene. Die Leute wollten nicht immer die alte Leier von Infrastruktur und Anleihensummen hören. Stattdessen erinnerte ich sie daran, wie wütend sie zu Recht darüber waren, dass sie so oft im Stau steckten, sodass sie die Fußballspiele ihrer Kinder oder das Abendessen mit der Familie verpassten. Ich erinnerte sie daran, dass sie zu Recht empört waren über die überfüllten und schlecht ausgestatteten Klassenzimmer, in denen ihre Kinder unterrichtet wurden.
Den verheerenden Hurrikan »Katrina« im Jahr 2005 nahm ich zum Anlass, den Leuten vor Augen zu führen, wie unsicher unsere alten Dämme waren. In vorgeschichtlichen Zeiten war die ganze Mitte Kaliforniens ein riesiges Binnenmeer gewesen. Heute hatten wir hier eine Situation ähnlich wie in Holland: Ohne die Dämme und ohne Hochwasserkontrolle könnte das Wasser zurückkommen. Ein schweres Erdbeben konnte das Wassersystem zerstören und das Tal fluten. Damit wäre die Trinkwasserquelle für mehrere zehn Millionen Menschen im Süden des Staates vernichtet.
Überhaupt hatte ich bei der Wasserversorgung große Pläne. Ein Kanal sollte das Wasser aus dem Norden, wo es im Überfluss vorhanden ist, in den Süden bringen, wo der höchste Verbrauch ist. In den frühen sechziger Jahren hatte Gouverneur Pat Brown, Jerrys Vater, das Projekt begonnen. Er wollte das Kanalsystem so großzügig anlegen, dass Wasser nie wieder ein Streitpunkt werden würde. Aber Ronald Reagan hatte den Bau gestoppt, als er 1967 Gouverneur wurde, und noch immer wurde über dieses Thema gestritten.
Um den Wählern dieses Paket zu verkaufen, lud ich die parlamentarische Führung beider Parteien ein, mit mir den Staat zu bereisen. Es war kaum zu fassen: Demokraten und Republikaner handelten wirklich gemeinsam! Dass die demokratischen Parlamentarier mit mir zusammenarbeiteten war umso erstaunlicher, da ich ja demnächst zur Wiederwahl antrat! Meinem demokratischen Gegner Phil Angelides schmeckte dies auch ganz und gar nicht. Aber die Parlamentarier konnten sich in ihrem Erfolg sonnen. Sie sahen, wie positiv die Bevölkerung reagierte. Sie waren es gewohnt, immer nur zu hören: »Deine Werte bei den Meinungsumfragen sind im Keller, niemand mag dich, du verschwendest Geld, du wirtschaftest in die eigene Tasche, du steckst mit den Gewerkschaften unter einer Decke, du steckst mit den Unternehmern unter einer Decke …« Jetzt konnten sie sich als Sieger fühlen. Sie hatten diese Anleihen verabschiedet, und die Menschen sagten: »Wow, das ist wirklich toll, Republikaner und Demokraten ziehen an einem Strang – endlich!«
So löste sich die Blockade-Haltung langsam auf. Das Anleihenpaket sorgte für neuen Schwung und bescherte uns ein sehr produktives Jahr. In diesem Sommer verabschiedeten wir einen 128-Milliarden-Dollar-Haushalt für 2006/2007, der sowohl einen großen Anstieg in der Schulfinanzierung enthielt wie auch eine Schuldenrückzahlung von 2 Milliarden Dollar – und alles ohne die sonst üblichen Verzögerungen und Streitereien. (Es war der erste termingerecht verabschiedete Haushaltsplan seit Jahren.) Nach einigem Hin und Her handelten wir schließlich auch einen lange überfälligen Anstieg des Mindestlohns aus. Meine »Million Solar Roofs«-Initiative, wie sie nun hieß, wurde im September in ein Gesetz gegossen und bot Anreize im Wert von 2,9 Milliarden Dollar für Kalifornier, die ihre Häuser mit Sonnenenergie ausstatten wollten. Dahinter stand die Idee, Innovationen anzustoßen, Arbeitsplätze zu schaffen und innerhalb von zehn Jahren 3000 Megawatt Sonnenenergie jährlich zu produzieren – genug, um sechs Kohlekraftwerke zu ersetzen.
Im Jahr 2006 wagten wir unseren kühnsten Kurswechsel, eine wegweisende Gesetzgebung zu einem der umstrittensten Themen in der amerikanischen Politik: dem Klimawandel. Der »California Global Warming Solutions Act« verpflichtete Kalifornien dazu, die Kohlendioxidemissionen bis 2020 um dreißig Prozent und bis 2050 um achtzig Prozent zu senken. Es war das erste Gesetz in den gesamten Vereinigten Staaten zu diesem Thema, und führende Politiker wie auch Umweltaktivisten sagten voraus, dass es weltweit Nachahmer finden werde. Der britische Premierminister Tony Blair verfolgte die feierliche Unterzeichnung via Satellitenschaltung. Blair, als Angehöriger der Labor-Partei, hatte geholfen, Fabian Núñez und anderen Demokraten den Emissionshandel mit festen Obergrenzen schmackhaft zu machen. Und wir erhielten ein offizielles Lob der japanischen Regierung.
Um in Kalifornien diese hochgesteckten Ziele zu erreichen, mussten wir die Reduzierung der Treibhausgase von allen Seiten her angehen. Das Gesetz wirkte sich nicht nur auf mehrere Dutzend verschiedene Industriezweige aus, sondern auch auf unsere Autos, unsere Häuser, unsere Freeways, unsere Städte und unsere Landwirtschaft. Der San Francisco Chronicle betonte, das Gesetz werde das Netz der öffentlichen Verkehrsmittel fördern, zu einer dichteren Bebauung führen, zur Pflanzung von Millionen neuer Bäume und zu entscheidenden Investitionen im Bereich alternativer Energien.
Unser Klimaschutzgesetz schaffte es nicht nur deshalb in die Nachrichten, weil Kalifornien der zweitgrößte amerikanische Emittent von Treibhausgasen nach Texas war, sondern auch, weil wir einen so radikal anderen Kurs einschlugen als der Kongress und Präsident Bush. Kalifornien und Washington D. C. hatten sich schon über den Klimawandel gestritten, lange bevor ich nach Sacramento kam. Gray Davis hatte ein Gesetz unterzeichnet, das Autohersteller, die ihre Pkws in Kalifornien verkaufen wollten, dazu zwang, die Emissionen bis 2016 um ein Drittel zu senken. Pkws waren für vierzig Prozent der Treibhausgase in unserem Staat verantwortlich. Doch Präsident Bushs Umweltministerium hinderte uns daran, dieses sogenannte »Auspuffgesetz« umzusetzen. Die Autokonzerne bekämpften unser Umweltprogramm so entschieden, dass sie sich sogar zusammenschlossen und Klagen gegen Kalifornien sowie gegen mich persönlich anstrengten. Sie unternahmen alles Menschenmögliche, um unsere Fortschritte zu stoppen, aber letztendlich setzten wir uns durch. Als Präsident Barack Obama sein Amt antrat, übernahm er im Grunde Kaliforniens Standard, und die Koalition der Autobauer stimmte einer Vereinbarung zu, der zufolge sie auch landesweit ab 2020 nur Pkws verkaufen dürfen, deren CO2-Verbrauch unter 161 g/km liegt – eine vierzigprozentige Verbesserung gegenüber dem Standard von 2007.
Ich hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich Präsident Bushs Verzögerungstaktik beim Kampf gegen den Klimawandel nicht guthieß, und wir sprachen auch unter vier Augen darüber. Er war ein Texaner, der sich für einen großen Umweltschützer hielt, wenn er Waldgebiete und Küstenstriche zu Naturschutzgebieten erklärte. Aber er glaubte nicht an die globale Erwärmung, und sein Umweltminister versuchte unsere Anstrengungen, wo es nur ging zu hintertreiben. Politisches Handeln bedeutete für mich, Menschen zu motivieren und sie zu einem Teil der Bewegung zu machen. Viele Umweltschützer, die über die globale Erwärmung reden, wollen nur die Probleme offenlegen. Damit redet man den Menschen Schuldgefühle ein und nimmt ihnen die Hoffnung. Diese Gefühle mag niemand. Außerdem ist es schwer, Mitgefühl mit einem Eisbären auf einer einsamen Eisscholle zu haben, wenn man keine Arbeit hat oder sich Sorgen um seine Krankenversicherung oder um die Ausbildung seiner Kinder macht. Ich bewarb den »California Global Warming Solutions Act« als eine einmalige Chance für die Unternehmen, nicht nur für große und etablierte Firmen, sondern auch Neugründungen. Letztendlich wollten wir eine ganz neue, saubere High-Tech-Industrie aufbauen, die Arbeitsplätze schaffte, topmoderne Technologien entwickelte und zu einem Vorbild für den Rest des Landes und der Welt wurde.
Den Konsens herzustellen war nicht leicht, und unser Klimaschutzgesetz war alles andere als perfekt. Es gab erbitterte Auseinandersetzungen, intern, aber auch mit Parlamentariern und Interessengruppen. Allerdings konnten wir sie beilegen, indem wir uns gegenseitig zuhörten und über das Für und Wider ernsthaft diskutierten. Wir redeten mit führenden Aktivisten und Wissenschaftlern. Wir redeten mit Autokonzernen und Energieriesen und der Versorgungswirtschaft und mit Bauern und Verkehrsunternehmen. Während wir an dem Klimaschutzgesetz arbeiteten, besuchte ich die Chefs von Chevron und Occidental und BP, weil ich ihnen klarmachen wollte, dass das kein Angriff gegen sie war. Es ging vielmehr um ein Problem, an das niemand vor hundert Jahren auch nur im Traum gedacht hatte, als die industrialisierte Welt sich entschloss, voll und ganz auf Öl und Gas zu setzen. Ich wollte, dass gerade sie hinter unserer Idee standen und bei der Gesetzesunterzeichnung dabei waren, und ich wollte, dass sie anfingen, auf das Ziel einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um dreißig Prozent bis zum Jahr 2020 hinzuarbeiten. Ich sagte: »Dazu müssen wir anfangen, in Biokraftstoffe zu investieren, in Solarstrom und andere erneuerbare Energien.«
Ich arbeitete hart, um auch die Mitglieder meiner eigenen Partei davon zu überzeugen. Es ist kein Widerspruch, Republikaner und gleichzeitig Umweltschützer zu sein. Teddy Roosevelt gründete die Nationalparks, Richard Nixon schuf das Umweltministerium und trat für das erste Gesetz zur Luftreinhaltung ein. Ronald Reagan unterschrieb als Gouverneur wie auch als Präsident Umweltschutzgesetze, und der Präsident Bush senior installierte einen wegweisenden Handel mit Emissionsrechten, um den sauren Regen einzudämmen. Wir führten diese Tradition fort.
Wir konzentrierten uns so sehr auf den »California Global Warming Solutions Act« und andere große Veränderungen, dass für den normalen Wahlkampf kaum Zeit blieb. Aber das war egal. Unsere Fortschritte bei wichtigen Themen, die Demokraten wie Republikanern am Herzen lagen, waren wirksamer als jeder Slogan oder jede Wahlkampfanzeige. Das war ein wesentlicher Bestandteil unserer Wiederwahlstrategie.
Ich hatte bereits 2005 ein Komitee zur Vorbereitung der Wiederwahl gebildet, aus einem einfachen Grund heraus hatte: Die Menschen, die meine Vorhaben unterstützten, wollten sicher sein, dass sie ihr Geld oder ihre Zeit nicht an jemanden verschwendeten, der sich womöglich gleich wieder aus dem Staub machte. Sie fragten: »Warum sollte ich mich für Arnold engagieren, wenn er nächstes Jahr weg ist und ein Demokrat ins Amt kommt und mich dann für meine Wahlkampfhilfe bestraft?« Eunice schickte mir 23600 Dollar, die Höchstsumme, die ihr Haushalt unter den geltenden Gesetzen beisteuern durfte. In ihrem Anschreiben hieß es: »Bitte sag Teddy nichts davon. Ich habe ihm nie so viel gegeben, noch nicht einmal, als er sich als Präsidentschaftskandidat bewarb.«
Doch nicht alle in meiner Familie freuten sich über meine Entscheidung. Maria erfuhr davon aus der Zeitung, und sie war sauer. Doch mit ihrem ausgeprägten Sinn für Humor fand sie einen Weg, ihre Botschaft rüberzubringen: Sie schickte mir ein hübsches gerahmtes DIN-A4 großes Foto von sich. Unten am Rand stand: »Warum trittst du noch einmal an, wenn das hier zu Hause auf dich wartet?« Sie hatte die amerikanische Politik aus nächster Nähe beobachtet und war fest davon überzeugt, dass sie Beziehungen zerstören konnte. Und sie dachte: »Er hat Geschmack an der Macht gefunden. Es ist typisch, er hat den Köder geschluckt. Vielleicht bewirbt er sich demnächst für den Senat.« Ich grinste, als ich das Foto bekam, aber ich wollte zu Ende bringen, was ich angefangen hatte. Ursprünglich wollte ich tatsächlich nur für eine Amtszeit kandidieren, ich wollte die Dinge in Ordnung bringen und wieder abtreten. Aber inzwischen war mir klar geworden, dass man das in drei Jahren nicht schaffen konnte.
Glücklicherweise profitierte ich davon, dass ich gegen einen schwachen Gegner antrat. Die Demokraten hatten den Finanzminister Phil Angelides nominiert. Er war ein sehr kluger Mann und ein aufopferungsvoller Staatsdiener, aber er war ein schlechter Kandidat. Er trat mit der einen Idee an, die Steuern zu erhöhen. In der einen Fernsehdebatte, die wir zusammen bestritten, nutzte ich das für eine improvisierte Provokation: »Ich kann förmlich die Freude in Ihren Augen sehen, wenn Sie über Steuern reden. Sie lieben es, Steuern zu erhöhen. Schauen Sie die Leute hier an und sagen Sie einfach: ›Ich liebe es, Steuern zu erhöhen.‹« Da blieb ihm die Sprache weg, ebenso, als ich ihn in derselben Debatte fragte, was ihm im Wahlkampf bisher am meisten Spaß gemacht habe.
Solche unbedachten Äußerungen hatte ich mir eigentlich untersagt, denn man bringt sich leicht in Teufels Küche. Das musste ich auch erneut erfahren, als die Mitschrift einer zweistündigen privaten Unterredung mit meinen Mitarbeitern im Internet landete – unredigiert. Mein Kommunikationsteam hatte mich in Vorbereitung auf eine große Rede zu ein paar Themen wie etwa einer Reform der Einwanderungsbestimmungen drauflos reden lassen. Mein Redenschreiber wollte sicher sein, dass ihm keines meiner brillanten Argumente entging. Auf dieser Aufnahme redete ich auch über meine Freundin Bonnie Garcia und nannte sie »echt heiß«, weil sie »schwarzes und Latina-Blut in sich« habe. Bonnie ist eine Latina, die sehr leidenschaftlich und energisch werden kann. Ich erklärte, diese Leidenschaft sei genetisch bedingt: »Kubaner, Puertoricaner – sie sind alle sehr heißblütig.« Bonnie erinnerte mich an den Sergio Oliva, mit dem ich damals in den siebziger Jahren um den Titel des Mister Olympia gekämpft hatte. Er war ein erbitterter Rivale gewesen und ein heißblütiger, leidenschaftlicher Mensch.
Mein Kommunikationschef Adam war meine schrillen Sprüche schon gewohnt. Dummerweise stellte sein Büro unbeabsichtigt die unredigierte Mitschrift auf den Server, auf dem sich auch unsere öffentlichen Pressemitteilungen befanden. Phil Angelides’ Leute brauchten nicht lange, um sie zu finden und die deftigsten Abschnitte an die Los Angeles Times weiterzureichen.
Als ein Reporter der Zeitung an einem späten Sonntagabend anrief, war für mein Wahlkampfteam erst einmal Schadensbegrenzung angesagt. Sie taten alles, um Bonnie Garcia zu finden, die nicht nur freundlich und hilfsbereit reagierte, sondern sogar noch einen witzigen Spruch parat hatte, mit dem sie meine Entschuldigung annahm. (Sie wurde zitiert mit dem Satz: »Ich würde ihn auch nicht von der Bettkante stoßen.«) Ich rief alle Führungspersönlichkeiten afroamerikanischer oder lateinamerikanischer Herkunft an, die ich kannte, angefangen mit Fabian Núñez und Alice Huffman, der Präsidentin der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP). Beide taten meine Kommentare mit dem Hinweis ab, dass Arnold eben Arnold sei, und waren nicht im geringsten beleidigt. Bonnie erschien am nächsten Tag an meiner Seite bei einer Pressekonferenz. Statt zuzulassen, dass Angelides immer wieder einzelne Abschnitte veröffentlichte, um die negativen Storys am Köcheln zu halten, veröffentlichte Adam einfach die unredigierte Mitschrift der ganzen zwei Stunden. Die Presse tat uns den Gefallen, »Tapegate«, wie es genannt wurde, sehr knapp abzuhandeln, und wir konnten wieder zum Wahlkampf zurückkehren. Meiner Ansicht nach war Angelides zu negativ. Er kritisierte mich, bot aber nie eine klare alternative Vision, wie die Zukunft Kaliforniens seiner Meinung nach aussehen sollte. Und ohne die konnte er bei den Wählern einfach nicht landen. Für mich war es einfach, überzeugend über die Zukunft zu sprechen. Ich musste nur auf das verweisen, was wir geschafft hatten, seit ich das Amt angetreten hatte.
Am 7. November wählten mich die Einwohner Kaliforniens zum zweiten Mal zu ihrem Gouverneur. Es war ein Erdrutschsieg mit siebzehn Prozentpunkten Vorsprung vor meinem Rivalen. Und sie bewilligten auch alle Gesetzesvorlagen zu den Anleihen. Mit diesen 42 Milliarden Dollar konnten wir anfangen, den »Goldenen Staat« des 21. Jahrhunderts aufzubauen.