32
Eine schwere Geburt
Einige Tage später war ich abends wieder auf der
Anhöhe hinter dem Haus und grub Lerchenspornknollen aus. Ich hörte
Schritte im Gras und dachte, es wäre Jenny oder Mrs. Crook, die
mich zum Abendessen rufen wollten. Statt dessen kam Jamie herauf;
seine Haare waren naß, weil er sich schon gewaschen hatte, aber er
trug immer noch sein Arbeitshemd. Er stellte sich hinter mich,
legte die Arme um mich und ließ das Kinn auf meine Schulter sinken.
Gemeinsam schauten wir zu, wie die Sonne hinter den Kiefern
unterging. Die Landschaft um uns herum verlor langsam ihren Glanz,
aber wir rührten uns nicht. Tiefe Zufriedenheit erfüllte uns. Als
es schließlich dunkel wurde, hörte ich Jenny vom Haus aus
rufen.
»Wir sollten hineingehen«, sagte ich und regte mich
widerwillig.
»Mmm.« Jamie blieb stehen und zog mich noch enger
an sich. Sein Blick ruhte immer noch auf der Landschaft, als wollte
er sich jeden Stein und jeden Grashalm einprägen.
Ich drehte mich zu ihm und umarmte ihn.
»Was ist?« fragte ich ruhig. »Müssen wir bald
abreisen?« Bei der Aussicht, Lallybroch verlassen zu müssen, wurde
mir das Herz schwer, aber ich wußte, daß es gefährlich war, länger
hierzubleiben; jederzeit konnten die Rotröcke auftauchen, und wir
durften nicht damit rechnen, daß es ein zweites Mal so glimpflich
abgehen würde.
»Aye. Morgen, oder spätestens übermorgen. In
Knockchoilum, zwanzig Meilen von hier, sind Engländer.«
Er drückte mich an seine Brust. Ich spürte immer
noch die Sonne auf seiner Haut und atmete den Geruch von Schweiß
und Haferstroh ein. Er hatte bei den letzten Erntearbeiten
geholfen. Der Geruch erinnerte mich an das Abendessen vor einer
Woche, wo sich herausstellte, daß Jenny mich endgültig als
Familienmitglied akzeptiert hatte.
Ernten war Schwerstarbeit, und Ian und Jamie hatten
oft Mühe, beim Abendessen die Augen aufzuhalten. An jenem Abend war
ich hinausgegangen, die Nachspeise zu holen, und als ich zurückkam,
waren beide am Tisch fest eingeschlafen. Ian saß zurückgelehnt auf
seinem Stuhl, das Kinn war ihm auf die Brust gesunken, und er
atmete schwer. Jamie hatte die Wange auf die verschränkten Arme
gelegt und schnarchte friedlich zwischen Tellern und
Pfeffermühle.
Jenny nahm mir den Pudding aus der Hand und tat uns
auf. Sie schüttelte den Kopf angesichts der schlafenden
Männer.
»Sie haben so heftig gegähnt, daß ich nur noch
aufhören mußte zu reden, und zwei Minuten später waren beide weg.«
Sie strich Ian zärtlich eine Strähne aus der Stirn.
»Deswegen werden hier im Juli so wenig Babys
geboren«, erläuterte sie mit einem schelmischen Grinsen. »Im
November schaffen es die Männer nicht, lang genug wach zu bleiben,
um eins auf den Weg zu bringen.« Das war durchaus wahr, und ich
lachte. Jamie bewegte sich, und ich legte ihm beruhigend die Hand
auf den Nacken. Sofort breitete sich ein sanftes Lächeln auf seinem
Gesicht aus. Dann schlief er lautlos weiter.
Jenny, die ihn beobachtet hatte, sagte: »Das ist
komisch. Das hat er als kleines Kind gemacht.«
»Hat was gemacht?«
Sie nickte. »Im Schlaf lächeln. Das hat er immer
getan, wenn jemand an seiner Wiege oder später an seinem Bettchen
stand und ihn streichelte. Manchmal haben Mutter und ich ihm
abwechselnd den Kopf gestreichelt, um zu sehen, ob wir ihn zum
Lächeln bringen konnten.«
Ich probierte es gleich noch einmal und streichelte
ihn sanft. Tatsächlich wurde ich sofort mit einem süßen Lächeln
belohnt, das ein Weilchen um seine Lippen spielte, bis sein Gesicht
wieder den strengen Ausdruck annahm, den es normalerweise im Schlaf
hatte.
»Warum er das wohl tut?« fragte ich und betrachtete
ihn fasziniert. Jenny zuckte mit den Achseln und grinste mich
an.
»Sieht so aus, als wäre er glücklich.«
Anders als geplant, reisten wir am nächsten Tag
doch nicht ab. Mitten in der Nacht weckten mich Stimmen. Als ich
mich umdrehte, sah ich Ian mit einer Kerze in der Hand am Bett
stehen.
»Das Baby kommt«, sagte Jamie, als er merkte, daß
ich wach war. Er setzte sich gähnend auf. »Ist es nicht ein bißchen
früh, Ian?«
»Kann man nie wissen, Klein Jamie kam zu spät.
Besser zu früh als zu spät.« Ian lächelte nervös.
»Sassenach, kannst du ein Kind entbinden? Oder soll
ich die Hebamme holen?« Ich antwortete ohne zu zögern.
»Hol die Hebamme.« Ich hatte während der Ausbildung
nur drei Geburten gesehen, und die hatten alle in einem sterilen
Operationssaal stattgefunden; die Patientinnen waren betäubt und
mit Tüchern bedeckt, so daß man nur den geschwollenen Damm sehen
konnte und plötzlich den Kopf.
Nachdem Jamie aufgebrochen war, um Mrs. Martins,
die Hebamme, zu holen, ging ich mit Ian hinauf.
Jenny saß in einem Sessel am Fenster und lehnte
sich bequem zurück. Sie hatte ein altes Nachthemd angezogen, hatte
das Bettzeug weggeräumt und eine alte Decke über die Matratze
gebreitet. Nun saß sie da und wartete. Sie lächelte, als würde sie
auf etwas lauschen, was nur sie hören konnte. Ian ging nervös im
Zimmer herum und macht sich hier und dort zu schaffen. Schließlich
schickte sie ihn zu Mrs. Crook.
»Sage ihr doch bitte, sie solle alles für Mrs.
Martins vorbereiten. Sie weiß schon, was zu tun ist.« Sie keuchte
und legte sich beide Hände auf den hochgewölbten Bauch. Ich sah
fasziniert, wie sich ihr Bauch plötzlich rund und fest nach oben
bewegte. Sie biß sich auf die Lippen und entspannte sich dann
wieder.
Ian legte zögernd eine Hand auf ihre Schulter, sie
bedeckte sie mit ihrer eigenen und schaute lächelnd zu ihm
auf.
»Und sag ihr, sie soll dir was zu essen geben. Du
und Jamie, ihr werdet es brauchen. Es heißt, das zweite Kind käme
schneller als das erste; vielleicht kann ich schon einen Bissen
essen, wenn du mit dem Frühstück fertig bist.«
Er drückte ihre Schulter, küßte sie und murmelte
ihr etwas ins Ohr, bevor er ging. In der Tür zögerte er noch
einmal, aber sie schickte ihn entschieden weg.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Jamie
endlich mit der Hebamme zurückkam. Die Wehen wurden immer stärker,
und ich immer nervöser. Ja, es stimmte, das zweite Kind kam in der
Regel schneller. Was, wenn dieses hier nicht auf Mrs. Martins
warten wollte?
Anfangs plauderte Jenny noch mit mir. Wenn eine
Wehe kam, beugte sie sich nach vorn und hielt sich stöhnend den
Bauch. Aber
bald hatte sie kein Bedürfnis mehr zu reden und legte sich
zwischen den Wehen still zurück. Als die Wehen immer schlimmer
wurden, stand sie mühsam auf und bat mich, mit ihr
herumzugehen.
Ich faßte sie fest unter dem Arm und stützte sie.
Wir machten mehrere Runden durchs Zimmer, hielten an, wenn eine
Wehe kam, und gingen weiter, wenn sie nachließ. Kurz bevor die
Hebamme kam, hatte sich Jenny aufs Bett gelegt.
Mrs. Martins sah vertrauenerweckend aus; sie war
groß und dünn, hatte breite Schultern und muskulöse Unterarme und
machte einen freundlichen und kompetenten Eindruck. Zwischen ihren
eisengrauen Augenbrauen standen zwei senkrechte Falten, die sich
noch vertieften, wenn sie sich konzentrierte.
Mrs. Crook hatte einen Stapel frischgebügelter
Laken gebracht, und Mrs. Martins nahm eins davon und legte es
zusammengefaltet unter Jenny. Ich war überrascht, einen dunklen
Blutfleck zwischen ihren Schenkeln zu sehen, als sie den
Unterkörper leicht anhob.
Mrs. Martins bemerkte meinen sorgenvollen Blick,
nickte mir aber beruhigend zu.
»Ist alles in Ordnung. Nur wenn das Blut hellrot
ist und sehr viel auf einmal kommt, stimmt etwas nicht.«
Wir setzten uns alle hin und warteten. Mrs. Martins
redete Jenny ruhig zu, massierte ihr das Kreuz und drückte fest,
wenn Wehen kamen.
Jennys Haare waren inzwischen schweißnaß und ihr
Gesicht rot vor Anstrengung. Ein Kind zur Welt zu bringen, war
verdammt harte Arbeit.
Während der nächsten zwei Stunden ging es kaum
vorwärts, außer daß die Schmerzen immer schlimmer wurden. Jenny
konnte kaum mehr auf Fragen antworten; nach jeder Wehe lag sie
keuchend da, und ihre Gesichtsfarbe wechselte innerhalb von
Sekunden von Rot zu Weiß.
Wieder preßte sie die Lippen zusammen, und als die
Wehe nachließ, winkte sie mich zu sich heran.
»Wenn das Kind lebt«, sagte sie nach Luft ringend,
»und es ein Mädchen ist… dann soll sie Margaret heißen. Sag es Ian…
Margaret Ellen.«
»Ja, natürlich«, sagte ich beruhigend. »Aber du
wirst es ihm selber sagen können. Es wird nicht mehr lange
dauern.«
Sie schüttelte nur heftig den Kopf und biß die
Zähne zusammen. Mrs. Martins nahm mich beiseite.
»Keine Angst, Mädchen», sagte sie ganz sachlich.
»An diesem Punkt glauben sie immer, daß sie sterben würden.«
»Oh«, antwortete ich etwas erleichtert.
»Allerdings«, fügte sie leise hinzu, »geschieht das
auch manchmal.«
Selbst Mrs. Martins schien sich jetzt allmählich
Sorgen zu machen. Jenny war restlos erschöpft; sobald eine Wehe
vorbei war, sank sie in sich zusammen und döste sogar manchmal ein.
Wenn die erbarmungslose Faust wieder zupackte, wachte sie auf und
krümmte sich stöhnend zusammen, als wollte sie das ungeborene Kind
schützen.
»Könnte das Baby… falsch liegen?« fragte ich leise,
weil es mir etwas unangenehm war, einer erfahrenen Hebamme eine
solche Frage zu stellen. Aber Mrs. Martins schien nicht beleidigt;
nur die Falten zwischen ihren Augenbrauen vertieften sich, als sie
die erschöpfte Frau betrachtete.
Nach der nächsten Wehe schlug Mrs. Martins das
Leintuch und das Nachthemd zurück und machte sich an die Arbeit.
Mit ihren schnellen, geschickten Fingern drückte sie hier und da in
die enorme Bauchwölbung. Das schien die Wehen erst recht zu
beschleunigen, so daß sie ihre Untersuchung immer wieder
unterbrechen mußte.
Schließlich trat sie einen Schritt zurück und
dachte nach. Jenny bohrte die Fersen in die Matratze, und plötzlich
riß eines der strapazierten Leintücher.
Dies schien für Mrs. Martins das Signal zu sein.
Sie gab mir einen Wink.
»Nehmen Sie sie unter den Schultern und ziehen Sie
sie ein bißchen zurück, Mädel«, wies sie mich an, von Jennys
Schreien offenbar wenig beeindruckt. Bei der nächsten Entspannung
griff sie entschlossen ein. Sie packte das Kind von außen durch den
kurzfristig erschlafften Leib und versuchte es zu drehen. Jenny
schrie und riß an meinen Armen, als die nächste Wehe
einsetzte.
Mrs. Martins versuchte es wieder und wieder. Jenny
war weit über den Punkt der Erschöpfung hinaus, und ihr Körper
kämpfte mit Kräften, die ihm sonst nicht zur Verfügung standen, um
das Kind auf die Welt zu zwingen.
Und dann endlich klappte es. In einer merkwürdig
fließenden
Bewegung drehte sich das Kind unter den Händen von Mrs. Martins;
Jennys Bauch nahm plötzlich eine andere Form an, und nun schien es
endlich vorwärts zu gehen.
»Und jetzt pressen!« Jenny tat es, und Mrs. Martins
kniete sich neben das Bett. Offenbar gab es Zeichen des
Fortschritts, denn sie stand hastig auf und holte ein Fläschchen
Öl. Sie goß etwas auf ihre Fingerspitzen und rieb Jenny zwischen
den Beinen sanft damit ein.
Bei der nächsten Wehe legte Mrs. Martins ihre Hände
auf Jennys Bauch und drückte mit aller Kraft nach unten. Jenny
schrie auf, aber die Hebamme drückte weiter, bis die Wehe
abflaute.
»Pressen Sie beim nächsten Mal mit«, sagte sie zu
mir. »Es ist fast da.«
Ich legte meine Hände auf die Hände von Mrs.
Martins, und auf ihr Signal hin preßten wir alle drei gleichzeitig.
Jenny stieß ein tiefes Ächzen des Triumphes aus, und das
schleimige, blutige Köpfchen wurde zwischen ihren Schenkeln
sichtbar. Sie preßte noch einmal, und Margaret Ellen Murray schoß
wie ein geölter Blitz in die Welt.
Nachdem ich Jennys lächelndes Gesicht mit einem
feuchten Lappen gereinigt hatte, richtete ich mich auf und schaute
aus dem Fenster. Es war kurz vor Sonnenuntergang.
Das breite, entzückte Grinsen, mit dem Jenny die
Ankunft ihrer Tochter quittiert hatte, war einem seligen Lächeln
tiefer Befriedigung gewichen. Mit zitternder Hand berührte sie mich
am Ärmel.
»Geh und sag es Ian. Er wird sich Sorgen
machen.«
Danach sah es mir allerdings nicht aus. Der
Anblick, der sich mir im Arbeitszimmer bot, deutete eher darauf
hin, daß die beiden ein etwas verfrühtes Saufgelage veranstaltet
hatten. Auf der Anrichte standen eine Karaffe und zahlreiche
Flaschen, und eine Wolke Alkoholdunst hing über dem Zimmer.
Der stolze Vater schien völlig hinüber - sein Kopf
lag reglos auf dem Schreibtisch. Jamie war zwar bei Bewußtsein,
hatte aber glasige Augen und blinzelte wie eine Eule.
Empört stampfte ich zum Tisch, ohne Jamie zu
beachten, und schüttelte Ian grob an der Schulter. Jamie richtete
sich auf und rief: »Warte, Sassenach, warte…«
Ian war doch nicht ganz weg getreten. Er hob mühsam
den Kopf und warf mir einen trostlosen, bittenden Blick zu.
Plötzlich wurde mir klar, daß er damit rechnete,
ich würde ihm jetzt mitteilen, daß Jenny tot sei.
Ich lockerte meinen Griff und tätschelte ihn statt
dessen beruhigend.
»Es geht ihr gut«, sagte ich leise. »Du hast eine
Tochter.«
Er legte den Kopf auf die Arme zurück, und seine
Schultern zuckten, während Jamie ihm über den Rücken strich. Ich
überließ es den beiden, sich wieder in Ordnung zu bringen.
Wenig später versammelten wir uns alle bei Jenny zu
einem festlichen Abendessen. Klein Margaret, gewaschen und in eine
Decke gehüllt, wurde ihrem Vater in den Arm gelegt, der seinen
Sprößling mit einem Ausdruck seliger Verzückung betrachtete.
»Hallo, kleine Maggie«, flüsterte er ihr zu und
berührte das winzige Näschen mit einer Fingerspitze.
Seine neue Tochter machte sich nicht allzuviel aus
der Vorstellung, schloß konzentriert die Augen, versteifte sich und
pinkelte ihrem Vater aufs Hemd.
Während des allgemeinen Gelächters gelang es Klein
Jamie, sich Mrs. Crook zu entwinden und sich auf Jennys Bett zu
werfen. Sie stöhnte etwas, streckte aber den Arm aus und zog ihn an
sich.
»Meine Mama!« erklärte er und kuschelte sich
an Jennys Seite.
»Wer sonst?« gab sie vernünftig zurück. Sie drückte
ihn an sich und küßte ihn auf den Kopf. »Komm, mein Junge, leg den
Kopf hin, ist ja schon lange Schlafenszeit.« Von ihrer Nähe
getröstet, steckte er sich den Daumen in den Mund und schlief
ein.
Nun durfte Jamie das Baby halten. Er stellte sich
dabei erstaunlich geschickt an. Das flaumige Köpfchen ruhte in
seiner Hand wie ein Tennisball. Er schien Jenny das Kind nur ungern
zurückzugeben, die es an die Brust drückte und ihm Koseworte
zuraunte.
Irgendwann waren wir wieder allein in unserem
Zimmer. Nach der warmen Familienszene, die wir gerade erlebt
hatten, erschien es uns jetzt kalt und leer. Erst jetzt fiel mir
auf, daß ich todmüde war. Es waren beinahe vierundzwanzig Stunden
vergangen, seit Ian mich geweckt hatte.
Jamie schloß die Türe leise hinter sich. Ohne etwas
zu sagen, trat er hinter mich und knöpfte mein Kleid auf. Seine
Arme umfaßten mich, und ich lehnte mich dankbar an seine Brust.
Dann beugte er den Kopf, um mich zu küssen, und ich drehte mich um
und legte ihm die Arme um den Hals. Ich war nicht nur sehr müde,
sondern auch in einer sehr zärtlichen Stimmung und, wie ich mir
eingestehen mußte, ziemlich traurig.
»Vielleicht ist es ganz gut«, sagte Jamie langsam,
als spräche er zu sich selbst.
»Was ist ganz gut?«
»Daß du unfruchtbar bist.« Er konnte mein Gesicht
nicht sehen, das ich an seiner Brust vergraben hatte, aber er muß
wohl gefühlt haben, wie ich mich versteifte.
»Ich weiß es schon lange. Geillis Duncan hat es mir
erzählt, kurz nachdem wir geheiratet haben.« Er strich mir
liebevoll über den Rücken. »Am Anfang habe ich es ein wenig
bedauert, aber dann habe ich gedacht, daß es bei dem Leben, das wir
führen müssen, ganz gut ist; es wäre alles sehr schwierig, wenn du
ein Kind bekommen würdest. Und jetzt« - ein Schauer lief ihm durch
den Körper -, »jetzt bin ich sogar froh darüber; ich möchte nicht,
daß du so leiden mußt.«
»Mir würde es nichts ausmachen«, sagte ich nach
einer Weile und dachte an den flaumigen Kopf und die winzigen
Fingerchen.
»Aber mir.« Er küßte mich auf den Kopf. »Ich habe
Ians Gesicht gesehen; jedesmal, wenn Jenny schrie, war ihm, als
würde es sein eigenes Fleisch zerreißen.« Ich strich über die
Narben an seinem Rücken. »Ich kann Schmerzen aushalten«, sagte er
leise, »aber ich könnte es nicht ertragen, dich leiden zu sehen.
Dafür müßte ich stärker sein, als ich bin.«