3
Der Mann im Wald
Die Männer waren ein gutes Stück entfernt. Zwei
oder drei, in Kilts gekleidet, rannten wie die Hasen über eine
kleine Lichtung. Von fern hörte ich knatternde Geräusche, die ich
ziemlich benommen als Gewehrschüsse erkannte.
Ich war sicher, daß ich immer noch phantasierte,
als gleich darauf fünf, sechs Männer auftauchten, die rote
Waffenröcke und Kniehosen trugen und Musketen schwangen. Ich
blinzelte. Ich hielt mir die Hand vor das Gesicht und hob zwei
Finger. Ich sah ganz richtig zwei Finger. Nichts verschwamm mir vor
den Augen. Ich schnupperte neugierig. Es roch nach blühenden Bäumen
und Klee. Mein Geruchssinn war in Ordnung.
Ich befühlte meinen Kopf. Kein Schmerz. Also kaum
eine Gehirnerschütterung. Puls ein bißchen beschleunigt, aber
regelmäßig.
Das ferne Geschrei veränderte sich abrupt.
Hufschlag dröhnte, und mehrere Pferde kamen in meine Richtung
galoppiert, auf ihnen Schotten im Kilt, die gälische Worte
brüllten. Ich wich ihnen mit einer Behendigkeit aus, die zu
beweisen schien, daß ich, in welch seelischer Verfassung ich auch
sein mochte, körperlich unversehrt war.
Und dann dämmerte es mir plötzlich, als einer der
Rotröcke, den ein fliehender Schotte über den Haufen gerannt hatte,
theatralisch die Faust ballte und den Pferden hinterherdrohte.
Natürlich. Ein Film! Ich schüttelte den Kopf über meine
Begriffsstutzigkeit. Die Leute drehten einen historischen Schinken,
Bonnie Prince Charlie im Wald und auf der Heide, etwas in der Art,
kein Zweifel.
Nun denn. Ob ihr Streifen künstlerisch wertvoll war
oder nicht, die Filmcrew würde es mir nicht danken, wenn ich eine
anachronistische Note ins Spiel brachte. Ich kehrte in den Wald
zurück, wollte einen weiten Bogen um die Lichtung schlagen und bei
der
Straße herauskommen, wo ich das Auto geparkt hatte. Nur ging es
schwieriger voran, als ich dachte. Der Wald war jung und voll
dichtem Unterholz, in dem sich meine Kleider immer wieder
verfingen. Ich mußte behutsam laufen und meine Röcke ständig von
Dornenzweigen lösen.
Wäre er eine Schlange gewesen, ich wäre auf ihn
getreten. Er stand so reglos zwischen den Bäumen, als gehörte er
dazu, und ich sah ihn nicht, bis eine Hand vorschoß und mich am Arm
packte.
Die andere hielt mir den Mund zu, während ich,
panisch um mich schlagend, in den Eichenhain geschleift wurde. Der
Mann schien nicht viel größer zu sein als ich, aber er hatte eine
bemerkenswerte Kraft in den Armen. Ich roch einen schwach blumigen
Duft, der mich an Lavendelwasser erinnerte, daneben noch etwas
Würzigeres, vermischt mit dem scharfen Gestank von Männerschweiß.
Während die Zweige, die wir auf unserem Weg beiseite drückten,
zurückschnellten, erkannte ich etwas Vertrautes an der Hand und dem
Unterarm, der um meine Taille geschlungen war.
Ich schüttelte den Kopf, bis ich meinen Mund
freibekam.
»Frank!« rief ich. »Was soll das denn, um Himmels
willen!« Ich war hin- und hergerissen zwischen Erleichterung, ihn
hier zu finden, und Verärgerung über diesen groben Unfug. Ich war
von meinem Erlebnis im Steinkreis noch ziemlich mitgenommen und
nicht in der richtigen Stimmung für solche Späße.
Der Mann ließ mich los, doch als ich mich zu ihm
umdrehte, spürte ich bereits, daß etwas nicht in Ordnung war. Es
lag nicht nur an dem mir fremden Rasierwasser, es war subtiler. Ich
stand stocksteif da und merkte, wie sich mir die Nackenhaare
sträubten.
»Sie sind ja gar nicht Frank«, flüsterte ich.
»Nein«, sagte der Mann, während er mich überaus
interessiert betrachtete. »Obwohl ich einen Cousin dieses Namens
habe. Ich möchte aber bezweifeln, daß Sie mich mit ihm verwechselt
haben, Madam. Wir ähneln einander kaum.«
Wie immer der Cousin des Mannes aussehen mochte, er
selbst hätte Franks Bruder sein können. Der gleiche geschmeidige,
feinknochige Körperbau; die gleichen zart gemeißelten Gesichtszüge;
die ziemlich geraden Brauen und großen, haselnußbraunen Augen; die
gleichen dunklen, über der Stirn leicht gewellten Haare.
Doch die Haare dieses Mannes waren lang, aus dem
Gesicht gekämmt und hinten mit einem Lederriemchen
zusammengebunden.
Und die Haut wies das tiefe, fast ledrige Braun auf, das sich nach
Monaten, nein, Jahren in Wind und Wetter einstellt, nicht den
zarten Goldton, den Franks Haut während unseres Urlaubs in
Schottland angenommen hatte.
»Und wer sind Sie?« fragte ich voller Unbehagen.
Frank hatte zwar viele Verwandte, aber ich glaubte, daß ich den
britischen Zweig der Familie kannte. Unter ihnen gab es niemanden,
der so aussah wie dieser Mann. Und Frank hätte einen nahen
Verwandten, der im schottischen Hochland wohnte, doch sicher
erwähnt. Und ihn nicht nur erwähnt, sondern darauf bestanden, ihn
zu besuchen, bewaffnet mit Stammbäumen und Notizbüchern, begierig,
auch noch das kleinste Detail der Familiengeschichte über den
berühmten Black Jack Randall aufzustöbern.
Der Fremde zog die Augenbrauen hoch.
»Wer ich bin? Dasselbe könnte ich Sie fragen,
Madam, und dies mit weitaus größerer Berechtigung.« Er musterte
mich langsam von Kopf bis Fuß. Sein Blick wanderte mit dreister
Anerkennung über das dünne, mit Päonien bedruckte Kleid, das ich
trug, und verweilte merkwürdig amüsiert auf meinen Beinen. Ich
verstand diesen Blick nicht, aber er machte mich äußerst nervös,
und ich trat ein, zwei Schritte zurück, bis ich abrupt von einem
Baum aufgehalten wurde.
Schließlich wandte der Mann den Blick ab und drehte
sich zur Seite. Es war, als hätte er mir eine Fessel abgenommen,
und ich atmete erleichtert aus.
Der Mann hatte sich weggedreht, um seinen Rock vom
untersten Ast einer jungen Eiche zu nehmen. Er entfernte einige
Blätter und zog ihn an.
Ich mußte nach Luft geschnappt haben, denn er
blickte auf. Der Rock war scharlachrot, hatte lange Schöße, kein
Revers und war mit einem Schnürverschluß versehen. Die Aufschläge
waren gut fünfzehn Zentimeter breit und braungelb gefüttert, und an
einer Epaulette blinkte eine goldene Tresse. Es war ein
Dragonerrock, ein Offiziersrock. Dann dämmerte es mir - natürlich,
das war ein Schauspieler von der Truppe, die ich auf der anderen
Seite des Waldes gesehen hatte. Obwohl mir der Säbel, den er sich
jetzt umband, sehr viel realistischer schien als alle Requisiten,
die mir je zu Augen gekommen waren.
Ich drückte mich gegen die Rinde des Baumes hinter
mir und fand sie beruhigend fest. Ich verschränkte zum Schutz meine
Arme.
»Wer sind Sie, verdammt noch mal?« fragte ich
erneut. Diesmal war es ein Krächzen, das selbst in meinen Ohren
erschrocken klang.
Der Mann ignorierte meine Frage, als hätte er mich
nicht gehört. Er ließ sich reichlich Zeit, seinen Rock zu schnüren.
Erst als er damit fertig war, wandte er mir seine Aufmerksamkeit
zu. Er verbeugte sich ironisch, die Hand auf dem Herzen.
»Madam, ich bin Jonathan Randall, Hauptmann des
Achten Dragonerregiments Seiner Majestät, und Ihnen stets zu
Diensten.«
Ich rannte los. Keuchend brach ich durch die grüne
Wand aus Eichen und Erlen, achtete nicht auf Dornen und Nesseln,
Steine, abgebrochene Zweige und alles, was mir im Weg lag. Ich
hörte einen Ruf, doch ich war viel zu aufgelöst, um zu ergründen,
aus welcher Richtung er kam.
Ich floh blindlings. Zweige zerschrammten mir
Gesicht und Arme, und ich knickte mehrmals um, als ich in Löcher
trat und über Steine stolperte. Ich dachte nicht nach, ich wollte
nur noch weg von diesem Mann.
Dann traf mich etwas Schweres im Rücken, und ich
stürzte und landete mit einem dumpfen Aufprall, der mir den Atem
raubte, auf dem Boden. Grobe Hände drehten mich um, und über mir
kniete Hauptmann Jonathan Randall. Er atmete schwer und hatte bei
der Verfolgungsjagd seinen Säbel verloren. Er war zerzaust und
beschmutzt und gründlich verärgert.
»Was, zum Teufel, haben Sie sich dabei gedacht, so
einfach wegzulaufen?« fragte er herrisch. Eine dunkle Locke hing
ihm in die Stirn, wodurch er Frank beunruhigenderweise noch
ähnlicher sah.
Er beugte sich herab und packte mich bei den Armen.
Immer noch nach Atem ringend, versuchte ich ihn abzuschütteln, aber
es gelang mir nur, ihn über mich zu ziehen.
Er verlor das Gleichgewicht und fiel der Länge nach
auf mich. Doch sein Ärger schien überraschenderweise zu
verfliegen.
»Oh, aus der Richtung weht also der Wind?«
sagte er leise lachend. »Nun, ich wäre dir nur zu gerne gefällig,
Liebchen, bloß fügt es sich leider so, daß du eine recht ungünstige
Zeit gewählt hast.« Mit seinem Gewicht drückte er meine Hüften zu
Boden, und ein spitzer Stein bohrte sich schmerzhaft in mein Kreuz.
Ich wand mich. Der Mann preßte seinen Unterleib gegen meinen, und
seine Hände drückten meine Schultern nach unten. Ich öffnete
entrüstet den Mund.
»Was fällt Ihnen…«, begann ich, doch er senkte den
Kopf und küßte mich, meinen Protest erstickend. Seine Zunge drang
in meinen Mund ein, erkundete mich mit frecher Vertraulichkeit,
wanderte umher, stieß, zog sich zurück und unternahm einen neuen
Ausfall. Dann ließ er so plötzlich von mir ab, wie er begonnen
hatte.
Er tätschelte mir die Wange. »Sauber, Liebchen,
sauber. Später vielleicht, wenn ich die Muße habe, mich dir richtig
zu widmen.«
Inzwischen konnte ich wieder atmen, und ich nutzte
die Gelegenheit, Randall ins Ohr zu schreien. Er zuckte zusammen,
als hätte ich einen weißglühenden Draht durch sein Trommelfell
gebohrt. Dann hob ich das Knie und stieß es in seine ungeschützte
Flanke, was ihn, alle viere von sich gestreckt, ins Laub
beförderte.
Ich rappelte mich unbeholfen auf. Er rollte sich
flink vom Boden ab und kam neben mir zu stehen. Ich blickte wild in
die Runde, suchte einen Ausweg, aber wir waren am Fuße eines jener
hohen Granitfelsen, die in den Highlands so oft abrupt aus der Erde
ragen. Randall hatte mich an einem Punkt festgenagelt, wo das
Gestein eine Art Gelaß bildete. Mit ausgebreiteten Armen stand er
in der Lücke und versperrte mir den Weg zum Hang. Auf seinem
hübschen, dunklen Gesicht lag ein Ausdruck, der von Zorn und
Neugier sprach.
»Mit wem warst du zusammen?« herrschte er mich an.
»Mit diesem Frank? Ich habe keinen Mann jenes Namens in meiner
Kompanie. Oder ist das einer, der irgendwo in der Nähe wohnt?« Er
lächelte spöttisch. »Du riechst nicht nach Dung, also hast du wohl
bei keinem Kätner gelegen. Überdies siehst du teurer aus, als es
sich die hiesigen Bauern leisten können.«
Ich ballte die Fäuste und knirschte mit den Zähnen.
Was immer dieser Scherzbold im Sinn hatte, ich würde es nicht
dulden.
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon Sie
sprechen, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich jetzt
vorbeiließen!« sagte ich in meinem schärfsten
Stationsschwesternton. Dies wirkte im allgemeinen recht gut bei
widerborstigen Pflegern und jungen Medizinalassistenten, Hauptmann
Randall aber schien es lediglich zu amüsieren. Ich unterdrückte die
Angst, die unter meinen Rippen flatterte wie ein aufgescheuchter
Vogel.
Randall schüttelte den Kopf und musterte mich
erneut.
»Jetzt noch nicht, Liebchen«, sagte er im leichten
Plauderton. »Ich frage mich nur, warum eine Hure, die im Hemd
unterwegs
ist, Schuhe trägt? Und recht feine obendrein«, fügte er mit einem
Blick auf meine schlichten braunen Halbschuhe hinzu.
»Eine was?!« rief ich.
Er ignorierte das, trat plötzlich vor und faßte
mein Kinn. Ich packte sein Handgelenk und zerrte daran.
»Lassen Sie mich los!« Er hatte Finger wie Stahl.
Ohne meine Anstrengungen zu beachten, drehte er mein Gesicht im
verblassenden Licht des Spätnachmittags hin und her.
»Wahrhaftig, die Haut einer Dame!« murmelte er. Er
beugte sich vor und schnupperte. »Und ein französisches Duftwasser
in den Haaren.« Er ließ mich los, und ich rieb mir empört das Kinn,
als wollte ich die Berührung ungeschehen machen.
»Den Rest könntest du mit dem Geld deines Gönners
zuwege gebracht haben«, sagte er sinnend, »aber du sprichst auch
wie eine Dame.«
»Vielen herzlichen Dank!« fauchte ich. »Und jetzt
gehen Sie mir aus dem Weg. Mein Mann wartet auf mich; wenn ich
nicht in zehn Minuten zurück bin, wird er mich suchen.«
»Oh, dein Mann?« Der höhnisch-bewundernde Ausdruck
verflüchtigte sich etwas, verschwand aber nicht ganz. »Und wie
lautet, bitte sehr, der Name deines Mannes? Wo ist er? Und warum
erlaubt er seiner Frau, allein und en déshabillé durch
menschenleere Wälder zu streifen?«
Ich hatte den Teil meines Gehirns ignoriert, der
sich schier zermarterte bei dem Versuch, Sinn in die letzten
Stunden zu bringen. Doch nun konnte er sich lange genug
durchsetzen, um mir zu sagen, daß es wohl nur zu weiteren
Verwicklungen führen würde, wenn ich diesem Fremden Franks Namen
nannte. Und so verschmähte ich es, ihm zu antworten, und wollte
mich an ihm vorbeischieben. Mit einem Arm versperrte er mir den
Weg, mit der anderen griff er nach mir.
Von oben kam plötzlich ein Rauschen, gefolgt von
einem verschwommenen Schatten. Ich hörte einen dumpfen Aufprall.
Hauptmann Randall lag mir zu Füßen unter einem wogenden Haufen, der
wie ein Bündel alter Decken aussah. Eine braune, felsähnliche Faust
hob sich aus dem Gewirr, sauste mit großer Wucht hernieder und traf
auf etwas Knochiges, wie man aus dem Knacken schließen konnte. Die
zappelnden Beine des Hauptmanns, die mit glänzend polierten
Stiefeln angetan waren, erschlafften plötzlich.
Und ich starrte in scharfe, schwarze Augen. Die
sehnige Hand, die den unwillkommenen Aufmerksamkeiten des
Hauptmanns ein Ende bereitet hatte, hing wie eine Klette an meinem
Unterarm.
»Und wer, verdammt noch mal, sind Sie?«
fragte ich erstaunt. Mein Retter, wenn ich ihn denn so bezeichnen
wollte, war ein paar Zentimeter kleiner als ich und von schlankem
Wuchs, doch die bloßen Arme, die aus dem zerlumpten Hemd schauten,
waren äußerst muskulös. Seine ganze Gestalt erweckte den Eindruck,
als wäre sie so unverwüstlich wie Sprungfedern. Eine Schönheit war
er freilich nicht; er hatte Pockennarben, eine niedrige Stirn und
ein allzu kleines Kinn.
»Dorthin.« Er riß an meinem Arm, und ich, ganz
betäubt von den sich überstürzenden Ereignissen, folgte ihm
gehorsam.
Mein neuer Gefährte bahnte sich rasch einen Weg
durch das dürftige Erlengehölz, machte abrupt einen Bogen um einen
großen Findling, und plötzlich waren wir auf einem Pfad. Er war mit
Stechginster und Heide überwuchert und verlief im Zickzack, so daß
man nie mehr als drei Meter von ihm sehen konnte, aber es war
dennoch unverkennbar ein Pfad, der steil nach oben führte, einem
Bergkamm entgegen.
Erst als wir auf der anderen Seite behutsam abwärts
stiegen, war ich wieder genug bei Atem und Verstand, um zu fragen,
wohin es ging. Da mir mein Gefährte keine Antwort gab, wiederholte
ich, lauter diesmal: »Wohin gehen wir, um alles in der Welt?«
Zu meiner erheblichen Verwunderung fuhr er mit
verzerrtem Gesicht zu mir herum und stieß mich vom Pfad. Als ich
den Mund öffnete, um zu protestieren, hielt er ihn mir zu, drückte
mich auf die Erde und warf sich auf mich.
Nicht schon wieder! dachte ich und versuchte
verzweifelt, den Mann abzuschütteln. Dann hörte ich, was er gehört
hatte, und lag still. Stimmen riefen hin und wider, begleitet von
Geplatsche und Getrampel. Englische Stimmen, kein Zweifel. Ich
kämpfte erbittert, um freizukommen. Ich schlug meine Zähne in die
Hand des Mannes und hatte noch Zeit festzustellen, daß er
Salzhering mit den Fingern gegessen hatte; dann traf mich etwas am
Hinterkopf, und mir wurde schwarz vor Augen.
Die gemauerte Kate ragte plötzlich aus dem
Abendnebel auf. Die Fensterläden waren fest verriegelt, und man sah
nicht mehr als
einen dünnen Streifen Licht. Da ich keine Ahnung hatte, wie lange
ich ohnmächtig gewesen war, wußte ich auch nicht, wie weit dieser
Ort vom Craigh na Dun und von Inverness entfernt war. Wir saßen zu
Pferd, ich vor meinem Häscher, und meine Hände waren an den
Sattelknauf gebunden. Da es keine Straße gab, kamen wir nur langsam
vorwärts.
Ich nahm an, daß ich nur kurz weggetreten war;
außer einer kleinen Beule hatte der Schlag auf den Schädel keine
nachteiligen Wirkungen gezeitigt. Mein Häscher, ein wortkarger
Bursche, hatte auf all meine Fragen, Forderungen und beißenden
Kommentare mit einem schottischen Allzwecklaut geantwortet, der
sich phonetisch am besten mit »Mmmpf« wiedergeben läßt. Hätte ich
Zweifel an seiner Nationalität gehabt, dieser Laut hätte genügt,
sie zu zerstreuen.
Meine Augen hatten sich, während das Pferd durchs
steinige Gelände stolperte, allmählich an das Zwielicht gewöhnt,
und so war es ein Schock, plötzlich in einen Raum zu treten, der
von gleißender Helligkeit erfüllt schien. Der Schein trügte jedoch
- der Raum wurde tatsächlich nur von einem Kaminfeuer, mehreren
Kerzen und einer gefährlich altmodischen Öllampe erleuchtet.
»Was hast du da, Murtagh?«
Der Mann mit dem Frettchengesicht faßte meinen Arm
und drängte mich in den Feuerschein.
»Ein englisches Frauenzimmer; wenn man danach geht,
wie sie redet, Dougal.« Es waren mehrere Männer im Raum, und alle
starrten mich an, einige neugierig, andere unverkennbar lüstern.
Mein Kleid war im Laufe des Nachmittags an einigen Stellen
aufgerissen, und ich überprüfte hastig den Schaden. Als ich an mir
hinabschaute, sah ich durch einen Riß ganz deutlich die Rundung
einer Brust, und ich war mir sicher, daß die Männer es auch sahen.
Wenn ich versuchte, die zerfransten Ecken zusammenzuraffen, würde
ich nur noch mehr Aufmerksamkeit darauf lenken; und so schnitt ich
einem der Männer aufs Geratewohl eine Grimasse und hoffte, dadurch
entweder ihn oder mich auf andere Gedanken zu bringen.
»Ob Engländerin oder nicht, hübsch ist sie«, sagte
der Mann, der am Feuer saß, einer von der dicken, schmierigen
Sorte. Er hielt ein großes Stück Brot in der Hand und legte es
nicht weg, als er sich erhob und zu mir herüberkam. Er drückte mein
Kinn hoch
und wischte mir die Haare aus dem Gesicht. Ein paar Brotkrumen
fielen in meinen Ausschnitt. Die anderen Männer drängten sich um
mich, eine formlose Masse aus Plaids und Bärten, die streng nach
Schweiß und Alkohol roch. Erst jetzt fiel mir auf, daß sie alle
Kilts trugen - merkwürdig selbst für diesen Teil der Highlands.
Handelte es sich hier um das Jahrestreffen eines Clans oder um eine
Wiedersehensfeier alter Kameraden?
»Komm her, Mädel.« Ein hochgewachsener Mann mit
dunklem Bart, der an dem Tisch beim Fenster saß, winkte mich
herbei. Seinem herrschaftlichen Gebaren nach zu schließen, schien
er der Anführer dieser Horde zu sein. Die anderen machten
widerwillig den Weg frei, als Murtagh mich vorwärtszog.
Der dunkle Mann betrachtete mich gründlich und mit
ausdrucksloser Miene. Er sah gut und nicht unfreundlich aus. Doch
zwischen seinen Brauen waren Falten der Anspannung eingegraben, und
er wirkte wie jemand, dem man besser nicht in die Quere kam.
»Wie heißen Sie, Mädel?« Die Stimme war ziemlich
hell für einen Mann seiner Größe, nicht der tiefe Baß, den ich
angesichts seiner breiten Brust erwartet hätte.
»Claire«, sagte ich und entschied mich dafür,
meinen Mädchennamen zu gebrauchen. »Claire Beauchamp.« Wenn die
Burschen auf Lösegeld aus waren, wollte ich ihnen nicht behilflich
sein, indem ich einen Namen nannte, der sie zu Frank führen konnte.
Auch wollte ich nicht, daß diese rauhen Gesellen erfuhren, wer ich
war, bevor ich wußte, wer sie waren. »Und was berechtigt Sie Ihrer
Meinung nach -« Der dunkle Mann ignorierte mich und begründete
damit eine Gewohnheit, deren ich sehr bald müde werden
sollte.
»Beauchamp?« Die buschigen Brauen hoben sich, und
ein verwundertes Raunen ging durch die ganze Versammlung. »Das ist
ein französischer Name, nicht wahr?« Tatsächlich hatte er den Namen
in korrektem Französisch ausgesprochen, obwohl ich die übliche
englische Aussprache - »Beecham« - verwendet hatte.
»Ja, das ist richtig«, sagte ich etwas
erstaunt.
Dougal drehte sich zu Murtagh um, der aus einer
ledernen Feldflasche trank. »Wo hast du das Mädel gefunden?« fragte
er.
Der kleine Mann mit dem Frettchengesicht zuckte die
Achseln. »Am Craigh na Dun. Sie hat sich mit einem
Dragonerhauptmann
gezankt, den ich zufällig kenne«, fügte er hinzu und zog
vielsagend die Augenbrauen hoch. »Sie konnten sich nicht einigen,
ob die Dame eine Hure ist oder nicht.«
Dougal betrachtete mich wieder gründlich, schien
jedes Detail meines Baumwollkleides und meiner Halbschuhe
wahrzunehmen.
»Aha. Und welchen Standpunkt hat die Dame bei
diesem Disput vertreten?« fragte er, wobei er das Wort »Dame« zu
meinem Mißfallen sarkastisch betonte. Mir fiel auf, daß sein
schottischer Akzent zwar ausgeprägt, aber nicht so breit wie der
von Murtagh war.
Murtagh amüsierte sich offenbar; zumindest wies
einer der Winkel seines schmallippigen Mundes nach oben. »Sie hat
gesagt, sie wäre keine. Der Hauptmann war sich selber nicht so ganz
im klaren, aber geneigt, es darauf ankommen zu lassen…«
»Das könnten wir auch.« Der dicke Mann mit dem
schwarzen Bart ging grinsend auf mich zu, die Hände bereits an
seinem Gürtel. Ich trat hastig zurück.
»Das reicht, Rupert.« Dougal betrachtete mich immer
noch finster, aber seine Stimme klang autoritär, und Rupert ließ
von seinen Annäherungsversuchen ab und verzog enttäuscht das
Gesicht.
»Ich halte nichts davon, Frauen zu schänden; und
wir haben ohnehin keine Zeit dafür.« Ich vernahm diese
Grundsatzerklärung mit einer gewissen Zufriedenheit, auch wenn ihr
moralischer Unterbau etwas fragwürdig schien. Angesichts der
unverhohlen lüsternen Miene einiger der Männer war ich jedoch immer
noch nervös. Zwar hatte ich keine Ahnung, wer sie waren und was sie
wollten, aber sie schienen mir verdammt gefährlich. Ich
unterdrückte eine Reihe mehr oder weniger unkluger Bemerkungen, die
mir auf der Zunge lagen.
»Was sagst du nun, Murtagh?« fragte Dougal meinen
Häscher. »Rupert scheint ihr nicht zu gefallen.«
»Das ist kein Beweis«, widersprach ein
kurzwüchsiger Mann mit schütteren Haaren. »Er hat ihr kein Silber
geboten. Man kann nicht erwarten, daß eine Frau jemand wie Rupert
ohne gutes Geld auf sich nimmt - im voraus natürlich«, fügte er zur
großen Erheiterung seiner Kumpane hinzu. Dougal machte dem Krawall
mit knapper Gebärde ein Ende und wies mit dem Kopf nach der Tür.
Der Mann mit den schütteren Haaren verschwand, immer noch grinsend,
im Dunkeln.
Murtagh, der nicht in das Gelächter eingestimmt
hatte, musterte
mich finster. Er schüttelte den Kopf, daß die strähnigen Fransen
über seiner Stirn nur so flogen.
»Nein«, sagte er schließlich. »Ich weiß nicht, was
sie ist, aber ich wette mein bestes Hemd, daß sie keine Hure ist.«
Ich hoffte, sein bestes Hemd wäre nicht das, was er am Leib trug,
denn das sah schwerlich so aus, als lohnte es eine Wette.
»Wenn du’s sagst, Murtagh, du kennst dich ja aus«,
spöttelte Rupert, wurde jedoch von Dougal zum Schweigen
gebracht.
»Wir klären das später«, sagte er barsch. »Wir
müssen heute noch ein gutes Stück Wegs hinter uns bringen, und
zuerst müssen wir etwas für Jamie tun; er kann so nicht
reiten.«
Ich wich in den Schatten zurück und hoffte, nicht
aufzufallen. Murtagh hatte meine Hände von den Fesseln befreit,
bevor er mich in die Kate führte. Vielleicht konnte ich mich
davonstehlen, während die Männer anderweitig beschäftigt waren. Sie
hatten sich jetzt einem jungen Mann zugewandt, der zusammengekauert
auf einem Hocker in der Ecke saß. Er hatte, als ich befragt wurde,
kaum aufgeblickt, sondern den Kopf gesenkt, mit der linken Hand
seine rechte Schulter umklammert und sich, wohl vor Schmerz, hin
und her gewiegt.
Dougal schob die Hand des jungen Mannes behutsam
fort. Ein anderer zog dessen Plaid beiseite; darunter kam ein
dreckverschmiertes, blutbeflecktes Leinenhemd zum Vorschein. Ein
kleiner Bursche mit buschigem Schnurrbart trat mit einem Messer
hinter den Jungen, faßte den Kragen des Hemdes und schlitzte Brust
und Ärmel auf, so daß es von der Schulter herabsank.
Ich keuchte, wie mehrere Männer auch. Die Schulter
war verletzt; eine tiefe, schartige Schramme verlief oben, und Blut
rann in stetigem Strom über die Brust des jungen Mannes. Noch
schockierender wirkte das Schultergelenk. Hier erhob sich ein
furchtbarer Höcker, und der Arm hing in unmöglichem Winkel
herunter.
»Mmmpf«, knurrte Dougal. »Ausgerenkt. Armer Kerl.«
Der junge Mann blickte zum ersten Mal auf. Er hatte ein markantes,
freundliches Gesicht, so schmerzverzerrt und stoppelig es im Moment
auch war.
»Als mich die Musketenkugel aus dem Sattel gehoben
hat, bin ich mit ausgestreckter Hand gefallen«, sagte er. »Bin mit
meinem ganzen Gewicht drauf gelandet, und da hat’s gekracht, und
der Arm war draußen.«
»Ja, da hat es in der Tat gekracht.« Der Bursche
mit dem Schnurrbart, ein Schotte und, dem Akzent nach zu urteilen,
gebildet, betastete die Schulter, woraufhin der Junge gepeinigt das
Gesicht verzog. »Die Wunde macht keine Schwierigkeit. Ein glatter
Durchschuß, und sie ist sauber - blutet auch genug.« Der Mann nahm
ein schmutziges Tuch und tupfte das Blut damit ab. »Ich weiß nur
nicht, was wir mit dem ausgekugelten Arm machen sollen. Wir
brauchen einen Wundarzt, um ihn wieder einzurenken. So kannst du
nicht reiten, oder, Jamie?«
Musketenkugel? dachte ich verständnislos.
Wundarzt?
Der junge Mann schüttelte den Kopf. Sein Gesicht
war kalkweiß. »Tut schon furchtbar weh, wenn ich stillsitze. Nein,
reiten kann ich wirklich nicht.« Er schloß die Augen und grub die
Zähne in die Unterlippe.
Murtagh meldete sich ungeduldig zu Wort.
»Zurücklassen können wir ihn nicht, hab ich recht? Die Rotröcke
sind keine Meister, wenn es darum geht, im Dunkeln nach Spuren zu
suchen, aber sie werden die Kate früher oder später finden. Und
Jamie kann sich mit diesem Riesenloch in der Schulter kaum als
unschuldiger Kätner ausgeben.«
»Keine Bange«, sagte Dougal knapp. »Ich habe nicht
vor, ihn zurückzulassen.«
Der Mann mit dem Schnurrbart seufzte. »Dann hilft
alles nichts - wir müssen versuchen, den Arm wieder einzurenken.
Murtagh und Rupert, ihr haltet ihn fest, und ich probiere
es.«
Mitfühlend beobachtete ich, wie er den Arm des
jungen Mannes beim Handgelenk und beim Ellenbogen faßte und ihn
aufwärts zu schieben begann. Der Winkel war völlig falsch; es mußte
ihm rasende Schmerzen bereiten. Schweiß strömte dem jungen Mann
übers Gesicht, aber außer einem leisen Stöhnen gab er keinen Laut
von sich. Plötzlich sank er vornüber, und nur der eiserne Griff,
mit dem die Männer ihn hielten, verhinderte, daß er zu Boden
fiel.
Einer nahm den Stöpsel aus einer ledernen
Feldflasche und drückte sie ihm an die Lippen. Der Dunst des
hochprozentigen Alkohols zog bis zu mir herüber. Der junge Mann
hustete und würgte, schluckte aber trotzdem; die bernsteingelbe
Flüssigkeit tropfte auf die Überreste seines Hemdes.
»Bereit für einen zweiten Versuch, Junge?« fragte
der Mann mit den schütteren Haaren. »Vielleicht sollte Rupert es
jetzt probieren«,
schlug er vor und wandte sich dem dicken Grobian mit dem schwarzen
Bart zu.
Rupert rieb sich geschäftig die Hände, dann packte
er den Arm des jungen Mannes, offenbar in der Absicht, ihn mit
Brachialgewalt einzurenken; es war klar, daß dabei Knochen
splittern würden wie morsches Holz.
»Lassen Sie das!« Vergessen war jeder Gedanke an
Flucht, verdrängt von der Empörung der Heilkundigen; ich trat vor,
ohne die verdutzten Blicke der Männer ringsum zu beachten.
»Was soll das heißen?« blaffte der Bursche mit den
schütteren Haaren, deutlich verärgert über meine Einmischung.
»Das soll heißen, daß Sie ihm den Arm brechen, wenn
Sie es so machen«, blaffte ich zurück. »Gehen Sie bitte beiseite.«
Ich stieß Rupert fort und griff nach dem Arm des Patienten. Er
schien so überrascht wie die anderen, leistete jedoch keinen
Widerstand.
»Sie müssen den Oberarmknochen in den richtigen
Winkel bringen, sonst gleitet er nicht ins Schultergelenk zurück«,
sagte ich keuchend, während ich das Handgelenk hinauf und den
Ellbogen einwärts zog. Der junge Mann war kräftig gebaut; sein Arm
war bleischwer.
»Jetzt kommt das Schlimmste«, warnte ich ihn. Ich
schloß meine Hand um den Ellbogen, bereit, ihn nach oben zu
schieben.
Die Mundwinkel des jungen Mannes zuckten; beinahe
hätte er gelächelt. »Viel ärger als jetzt kann’s nicht weh tun. Nur
zu.« Inzwischen lief auch mir der Schweiß übers Gesicht. Einen Arm
wieder einzurenken, ist selbst unter günstigsten Umständen harte
Arbeit. Und bei diesem großen und breiten Mann, dessen Arm schon
seit Stunden ausgekugelt war, kostete es mich alle Kraft, die ich
hatte.
Plötzlich gab die Schulter ein leises Knirschen von
sich, und der Arm war wieder eingerenkt. Der Patient blickte
verdattert drein. Ungläubig hob er die Hand, um seine Schulter zu
betasten.
»Es tut nicht mehr weh!« Ein Grinsen des Entzückens
und der Erleichterung breitete sich über sein Gesicht, und die
Männer spendeten Applaus.
»Das kommt noch.« Ich schwitzte vor Anstrengung,
war jedoch mit dem Ergebnis zufrieden. »Das Gelenk wird noch eine
Weile sehr empfindlich sein. Sie dürfen es zwei, drei Tage
überhaupt nicht belasten; und wenn Sie es wieder tun, dann sehr
vorsichtig. Hören
Sie sofort damit auf, wenn Sie Schmerzen bekommen, und machen Sie
jeden Tag warme Umschläge.«
Der Patient lauschte respektvoll meinem Rat; die
anderen Männer dagegen musterten mich mit Blicken, die erstaunt bis
argwöhnisch waren.
»Ich bin Schwester«, erklärte ich, weil ich
irgendwie das Gefühl hatte, mich rechtfertigen zu müssen.
Dougal und Rupert beäugten mich verständnislos.
Dann sahen sie einander an. Schließlich blickte mir Dougal wieder
ins Gesicht und zog die Augenbrauen hoch.
»Wie dem auch sei«, sagte er. »Ob Bet- oder
Bettschwester, Sie scheinen einiges Geschick im Heilen zu haben.
Ist es Ihnen möglich, die Wunde des Jungen so zu versorgen, daß er
zu Pferd sitzen kann?«
»Ich kann die Wunde verbinden, ja«, erwiderte ich
schroff. »Vorausgesetzt, Sie haben Verbandsmaterial. Aber was soll
das mit der Bet- oder Bettschwester? Und wie kommen Sie auf die
Idee, ich könnte Ihnen helfen wollen?«
Man ignorierte mich wieder einmal; Dougal drehte
sich einfach um und sprach in einer Sprache, die ich für Gälisch
hielt, zu einer Frau, die in der Ecke kauerte. Da ständig Männer um
mich herumstanden, hatte ich sie vorher nicht bemerkt. Sie war,
fand ich, seltsam angezogen, trug einen zerlumpten Rock und eine
Bluse mit langen Ärmeln, halb bedeckt von einer Art Leibchen.
Alles, einschließlich ihres Gesichts, wirkte ein wenig schmuddelig.
Doch als ich in die Runde blickte, stellte ich fest, daß es in der
Kate nicht nur keinen Strom, sondern auch kein fließendes Wasser
gab; das könnte den Dreck entschuldigen.
Die Frau sprang hastig auf, machte einen Knicks,
trippelte an Rupert und Murtagh vorbei, wühlte in einer bemalten
Truhe beim Feuer herum und förderte schließlich einen Stapel
verlotterter Stofffetzen zutage.
Ich berührte die Sachen mit spitzen Fingern. »Nein,
das geht nicht«, sagte ich. »Die Wunde muß erst desinfiziert und
dann mit sauberem Stoff verbunden werden, wenn es hier schon keinen
sterilen Mull gibt.«
Ringsum hoben sich Brauen. »Desinfiziert?« fragte
der Mann mit den schütteren Haaren. Er sprach es sehr sorgfältig
aus.
»Allerdings«, antwortete ich mit fester Stimme; ich
hielt ihn
trotz seiner gebildeten Sprache für etwas einfältig. »Jeder
Schmutz muß aus der Wunde entfernt werden. Und sie muß mit einer
Lösung behandelt werden - das tötet Keime ab und fördert den
Heilungsprozeß.«
»Mit was für einer Lösung?«
»Zum Beispiel mit Jod.« Da die Gesichter, die ich
vor mir hatte, immer noch verständnislos dreinblickten, versuchte
ich es noch einmal. »Ein anderes Antiseptikum geht auch.
Karbolverdünnung meinetwegen«, schlug ich vor. »Oder sogar
Alkohol.« Erleichterte Blicke. Endlich hatte ich ein Wort gefunden,
das die Männer zu kennen schienen. Ich seufzte vor Ungeduld. Ich
wußte, daß das Hochland primitiv war, aber das hier war fast
unglaublich.
»Hören Sie«, sagte ich so ruhig, wie ich nur
konnte. »Warum bringen Sie ihn nicht einfach in die Stadt? Es kann
nicht weit sein, und ich bin sicher, daß es da einen Arzt gibt, der
sich um ihn kümmert.«
Die Frau gaffte mich an. »Welche Stadt?«
Dougal ignorierte mich erneut und ging leise zur
Tür. Die Männer verstummten, als er in der Nacht verschwand.
Kurz darauf war er wieder da. Er brachte den Mann
mit den schütteren Haaren und dem kalten, durchdringenden Duft von
Kiefern mit. Als er die fragenden Blicke seiner Leute sah,
schüttelte er den Kopf.
»Nein, nichts in der Nähe. Wir brechen sofort auf.
Noch droht keine Gefahr.«
Er schaute mich an, hielt einen Moment inne und
dachte nach. Dann nickte er mir zu - er hatte seine Entscheidung
getroffen.
»Sie kommt mit«, sagte er. Er durchwühlte den
Haufen auf dem Tisch und zog einen zerfledderten Fetzen aus dem
Stapel; es sah aus wie ein Halstuch, das schon bessere Tage erlebt
hatte.
Der Mann mit dem Schnurrbart wollte mich offenbar
nicht dabeihaben.
»Warum bleibt sie nicht einfach hier?«
Dougal warf ihm einen ungehaltenen Blick zu,
überließ die Erklärung jedoch Murtagh. »Wo immer die Rotröcke jetzt
sein mögen, bei Tagesanbruch werden sie hier sein, und bis dahin
ist es nicht mehr weit. Wenn die Frau für die Engländer spioniert,
können wir es nicht wagen, sie dazulassen; dann verrät sie ihnen,
in welche Richtung wir geritten sind. Und wenn sie nicht auf gutem
Fuß mit ihnen steht…« - Murtagh betrachtete mich zweifelnd -,
»dann können wir sie gewiß nicht allein und im Hemd zurücklassen.«
Seine Miene hellte sich etwas auf, als er den Stoff meines Rockes
befingerte. »Außerdem ist sie vielleicht einiges an Lösegeld wert.
So wenig sie am Leibe hat - es ist feines Tuch.«
»Und sie kann uns unterwegs nützlich sein«, fügte
Dougal hinzu. »Sie scheint sich aufs Heilen zu verstehen. Aber
dafür haben wir jetzt nicht viel Zeit. Ich fürchte, du mußt
aufbrechen, ohne ›desinfiziert‹ worden zu sein, Jamie«, sagte er
und klopfte dem jungen Mann auf die gesunde Schulter. »Kannst du
einhändig reiten?«
»Aye.«
»Gut so. Hier«, sagte Dougal und warf mir den
schmierigen Fetzen zu. »Verbinden Sie seine Wunde. Schnell. Wir
müssen uns auf den Weg machen. Ihr zwei holt die Pferde«, befahl er
dem Mann mit dem Frettchengesicht und dem dicken Rupert.
Ich drehte den Fetzen angewidert um.
»Den kann ich nicht nehmen«, sagte ich. »Er starrt
vor Dreck.«
Ich sah nicht, wie er sich bewegte, aber plötzlich
hatte Dougal meine Schulter gepackt, und seine dunklen Augen waren
nur ein paar Zentimeter von meinen entfernt. »An die Arbeit«,
knurrte er.
Er gab mich mit einem leichten Stoß frei, schritt
zur Tür und verschwand hinter seinen beiden Kumpanen. Mehr als nur
ein bißchen mitgenommen, ging ich daran, die Schußwunde so gut wie
möglich zu verbinden. Das schmierige Halstuch konnte ich nicht
verwenden; das verbot mir meine medizinische Ausbildung. Ich
verdrängte meine Verwirrung und mein Entsetzen, indem ich mich
bemühte, etwas Geeigneteres zu finden, und nach einer raschen und
vergeblichen Suche im Stoffhaufen begnügte ich mich schließlich mit
einigen Streifen Kunstseide, die ich vom Saum meines Unterrocks
abriß. Es war zwar nicht steril, aber das bei weitem sauberste
Material, das mir zur Verfügung stand.
Das Leinenhemd meines Patienten war alt und
abgetragen, aber immer noch erstaunlich fest. Mit einiger Mühe riß
ich den Ärmel ganz auf und improvisierte daraus eine Schlinge. Ich
trat zurück, um das Resultat zu betrachten, und stieß mit Dougal
zusammen, der leise eingetreten war, um mir zuzusehen.
Er warf einen anerkennenden Blick auf mein Werk.
»Gute Arbeit, Mädel. Konmt, wir sind fertig.«
Dougal gab der Frau eine Münze und drängte mich aus
der
Kate, gefolgt von Jamie, der immer noch ein wenig blaß war. Nun,
da er sich von dem niedrigen Hocker erhoben hatte, erwies sich mein
Patient als ziemlich hochgewachsen; er überragte Dougal, der selbst
nicht klein war, um einige Zentimeter.
Rupert und Murtagh standen draußen mit sechs
Pferden und murmelten ihnen gälische Koseworte zu. Die Nacht war
mondlos, aber die metallenen Teile der Geschirre blinkten wie
Silber. Ich schaute auf und hielt vor Staunen fast den Atem an; der
Himmel war so wunderbar mit Sternen übersät, wie ich es noch nie
gesehen hatte. Als ich auf die umliegenden Wälder blickte, erkannte
ich den Grund dafür. Da keine Stadt in der Nähe lag, die den Himmel
mit Licht verschleierte, waren die Sterne die unumschränkten
Regenten der Nacht.
Und dann blieb ich stehen, und mir wurde kalt.
Keine Lichter. »Welche Stadt?« hatte die Frau in der Kate gefragt.
Aus den Kriegsjahren war ich Verdunkelung und Luftangriffe gewohnt,
und so hatte es mich zunächst nicht beunruhigt, daß keinerlei
Lichter zu sehen waren. Doch nun hatten wir Frieden, und die
Lichter von Inverness hätten kilometerweit strahlen müssen.
Die Männer waren fast formlose Gestalten im
Dunkeln. Ich spielte mit dem Gedanken, zwischen den Bäumen zu
verschwinden, aber Dougal, der dies offenbar ahnte, packte mich am
Ellbogen und zog mich zu den Pferden.
»Steig auf, Jamie!« rief er. »Das Mädel reitet mit
dir.« Er drückte meinen Ellbogen. »Sie halten die Zügel, wenn Jamie
nicht zurechtkommt, und sehen Sie zu, daß Sie immer in unserer Nähe
bleiben. Wenn Sie etwas anderes versuchen, schneide ich Ihnen die
Kehle durch. Verstanden?«
Ich nickte; ich hatte einen so trockenen Mund, daß
ich nicht antworten konnte. Dougals Stimme hatte nicht allzu
bedrohlich geklungen, doch ich glaubte ihm aufs Wort. Ich war um so
weniger geneigt, etwas »zu versuchen«, als ich keine Ahnung hatte,
was. Ich wußte nicht, wo ich mich befand, wer die Männer waren,
warum und wohin wir so eilig aufbrachen, aber ich hatte keine
andere Wahl, als mitzukommen. Ich machte mir Sorgen wegen Frank -
er mußte mich schon seit einiger Zeit suchen -, doch dies schien
nicht der richtige Zeitpunkt, ihn zu erwähnen.
Dougal hatte wohl geahnt, daß ich nickte, denn er
ließ meinen Arm los und bückte sich plötzlich. Ich starrte töricht
auf ihn herab,
bis er zischte: »Den Fuß, Mädel! Geben Sie mir Ihren Fuß! Nein,
den linken«, fügte er fast angewidert hinzu. Rasch nahm ich
meinen rechten Fuß aus seiner Hand und stieg mit dem linken auf.
Dougal hob mich vor Jamie in den Sattel, und Jamie hielt mich mit
seinem gesunden Arm fest und zog mich an sich.
Trotz der Mißlichkeit meiner Lage war ich dankbar
für die Wärme des jungen Schotten. Er roch nach Holzrauch, Blut und
ungewaschenem Mann, aber die Nachtkälte drang unangenehm durch mein
dünnes Kleid, und ich lehnte mich zufrieden gegen ihn.
Die Geschirre klirrten leise, und wir ritten in die
sternhelle Nacht hinein. Die Männer redeten nicht miteinander; es
herrschte nur eine allgemeine Vorsicht und Wachsamkeit. Als wir auf
der Straße waren, begannen die Pferde zu traben, und ich wurde so
ungemütlich durchgeschüttelt, daß ich gar nicht sprechen wollte,
selbst wenn jemand bereit gewesen wäre, mir zu lauschen.
Mein Gefährte hatte, wie es schien, wenig
Schwierigkeiten, obwohl er seine Rechte nicht gebrauchen konnte.
Ich spürte seine Schenkel hinter mir; gelegentlich bewegten sie
sich, um das Pferd zu lenken. Ich klammerte mich am Sattel fest;
ich hatte zwar schon zu Pferd gesessen, konnte aber längst nicht so
gut reiten wie Jamie.
Nach einer Weile kamen wir zu einer Kreuzung, wo
wir einen Moment haltmachten, während sich Dougal und der Mann mit
den schütteren Haaren flüsternd berieten. Jamie ließ die Zügel
seines Pferdes locker, und es wanderte an den Straßenrand, um Gras
zu rupfen. Der junge Mann begann unterdessen, sich hinter mir hin
und her zu winden.
»Vorsichtig!« sagte ich. »Bewegen Sie sich nicht so
heftig, sonst löst sich Ihr Verband! Was soll das denn?«
»Ich will mein Plaid über dich decken«, sagte er.
»Du zitterst. Aber mit einer Hand kann ich’s nicht. Öffnest du mal
den Verschluß meiner Brosche?«
Nach einigem unbeholfenen Gezerre bekamen wir das
Plaid locker. Jamie warf es mit verblüffender Geschicklichkeit aus
und ließ es wie einen Schal um seine Schultern sinken. Dann legte
er die Enden über meine Schultern und steckte sie unterm Sattel
fest, so daß wir beide warm eingepackt waren.
»Na also«, sagte er. »Wir wollen nicht, daß du uns
erfrierst, bevor wir da sind.«
»Danke«, sagte ich. »Aber wohin reiten wir?«
Ich konnte Jamies Gesicht nicht erkennen. Wie auch
immer, er legte eine kleine Pause ein, bevor er antwortete.
Schließich lachte er. »Um dir die Wahrheit zu
sagen, Mädel, ich weiß es selber nicht. Aber wenn wir da sind,
werden wir’s wissen, oder?«
Irgend etwas schien mir vertraut an der Gegend,
durch die wir kamen. Kannte ich nicht dieses große Felsgebilde, das
vor uns aufragte und die Form eines Hahnenschweifs hatte?
»Der Cocknammon Rock!« rief ich.
»Aye«, bestätigte mein Gefährte
unbeeindruckt.
»Haben den die Engländer nicht für Hinterhalte
benutzt?« fragte ich und versuchte, mich auf die ermüdenden
Einzelheiten der lokalen Geschichte zu besinnen, mit denen mich
Frank in der letzten Woche stundenlang verwöhnt hatte. »Wenn eine
englische Patrouille in der Nähe ist …« Ich zögerte. Wenn eine
englische Patrouille in der Nähe war, tat ich vielleicht nicht gut
daran, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Andererseits wäre ich,
wenn uns aufgelauert wurde, von meinem Gefährten nicht zu
unterscheiden, da wir ja gemeinsam in ein Plaid gehüllt waren. Ich
dachte an Hauptmann Jonathan Randall und schauderte unwillkürlich.
Alles, was ich gesehen hatte, seit ich durch den gespaltenen Stein
getreten war, legte den völlig irrationalen Schluß nahe, daß der
Mann, dem ich im Wald begegnet war, tatsächlich Franks Ahnherr war.
Ich wehrte mich verbissen dagegen, konnte jedoch zu keinem anderen
Schluß kommen, der den Fakten gerecht wurde.
Erst hatte ich gedacht, daß ich nur lebhafter
träumte als sonst, aber Randalls Kuß, plumpvertraulich und grob,
hatte diesen Eindruck zerstreut. Auch bildete ich mir nicht ein,
daß ich geträumt hatte, von Murtagh auf den Kopf geschlagen worden
zu sein; die schmerzhafte Beule an meinem Schädel wurde ergänzt von
einer wundgescheuerten Stelle an meinem Schenkel, die ebenfalls
wenig traumhaft wirkte. Und das Blut - nein, es war mir nicht
fremd, ich hatte zuvor schon von Blut geträumt. Aber im Traum hatte
es nie nach Blut gerochen, diesem warmen, kupferigen Geruch, den
der Mann hinter mir immer noch ausströmte.
Er schnalzte mit der Zunge und lenkte sein Pferd
neben das von Dougal, zog den massigen Schatten in ein leises
Gespräch auf gälisch. Die Pferde verlangsamten ihre Gangart, liefen
im Schritt.
Auf ein Zeichen von Dougal blieben Jamie, Murtagh
und der kurzwüchsige Mann mit den schütteren Haaren zurück, während
die beiden anderen ihren Tieren die Sporen gaben und auf den knapp
fünfhundert Meter rechts von uns gelegenen Felsen zugaloppierten.
Der Halbmond war aufgegangen, und sein Licht war so hell, daß man
die Blätter der Malvengewächse am Straßenrand erkennen konnte; doch
in den Schatten zwischen den Felsspalten konnte sich alles mögliche
verbergen.
Gerade als die Reiter den Cocknammon Rock
passierten, flammte in einer Höhlung Musketenfeuer auf. Unmittelbar
hinter mir ertönte ein grauenerregendes Geheul, und das Pferd schoß
vorwärts wie von einem Stachelstock angetrieben. Plötzlich rasten
wir über die Heide auf den Felsen zu, Murtagh und den Mann mit den
schütteren Haaren neben uns. Markerschütterndes Geschrei zerriß die
Nachtluft.
Ich klammerte mich am Sattelknauf fest und bangte
um mein Leben. Jamie hielt plötzlich neben einem großen
Ginsterbusch an, faßte mich um die Taille und ließ mich ohne viel
Federlesens hineinfallen. Das Pferd warf sich herum und galoppierte
weiter, umrundete den Felsen, um auf dessen Südseite zu gelangen.
Als das Pferd im Schatten verschwand, sah ich den Reiter geduckt im
Sattel. Als es wieder auftauchte, immer noch galoppierend, war der
Sattel leer.
Die Oberfläche des Cocknammon Rock war
schattengefleckt; ich hörte Rufe und gelegentlich Musketenschüsse,
konnte aber nicht sagen, ob die Bewegungen, die ich sah, von
Menschen herrührten oder ob es sich nur um die Schatten der
verkümmerten Eichen handelte, die aus den Spalten im Fels
sprossen.
Ich befreite mich mit einiger Mühe aus dem Gebüsch
und zupfte mir den stachligen Ginster vom Rock und aus den Haaren.
Ich leckte einen Kratzer an meiner Hand und fragte mich, was ich
jetzt tun sollte. Ich konnte warten, bis der Kampf entschieden war.
Wenn die Schotten siegten oder zumindest überlebten, würden sie
vermutlich zurückkommen und mich suchen. Wenn nicht, konnte ich
mich an die Engländer wenden, die höchstwahrscheinlich annehmen
würden, daß ich mit den Schotten im Bunde war, da ich in ihrer
Gesellschaft reiste.
Vielleicht war es das beste, bei diesem Konflikt
beide Parteien zu meiden. Schließlich hatte ich, nun, da ich wußte,
wo ich war, eine gewisse Chance, eine Stadt oder eine Siedlung zu
erreichen, die ich
kannte, selbst wenn ich den ganzen Weg zu Fuß gehen mußte. Ich
brach entschlossen in Richtung Straße auf, stolperte über zahllose
Granitbrocken, die illegitimen Kinder des Cocknammon Rock.
Im Mondschein herumzulaufen, war ein trügerisches
Unterfangen; zwar sah ich den Boden in allen Einzelheiten, aber
alles wirkte seltsam flach - niedrige Pflanzen und scharfkantige
Steine wirkten gleich groß, und so hob ich über eingebildete
Hindernisse die Füße absurd hoch und stieß mir an Felsbrocken die
Zehen an. Ich ging, so schnell ich konnte, und lauschte auf
Geräusche, die anzeigten, daß man mich verfolgte.
Das Kampfgetöse verhallte, als ich mich der Straße
näherte. Ich merkte, daß man mich dort viel zu schnell erblicken
würde, aber ich mußte ihr folgen, wenn ich eine Stadt finden
wollte. Ich hatte im Dunkeln keinerlei Orientierungssinn, und ich
hatte mir von Frank nie erklären lassen, wie man sich mit Hilfe der
Sterne zurechtfindet. Beim Gedanken an Frank hätte ich am liebsten
geweint, und so versuchte ich mich abzulenken, indem ich mich
bemühte, Sinn in die Ereignisse des Nachmittags zu bringen.
Es schien unvorstellbar, aber alles deutete darauf
hin, daß ich an einem Ort war, wo immer noch die Sitten, Bräuche
und politischen Verhältnisse des achtzehnten Jahrhunderts
herrschten. Ich hätte vermutet, das Ganze sei irgendeine
Veranstaltung mit Kostümen, wären da nicht die Verletzungen des
jungen Mannes gewesen, den die anderen Jamie nannten. Die Wunde an
der Schulter war tatsächlich durch eine Musketenkugel oder
dergleichen verursacht worden, soweit ich sehen konnte. Auch das
Verhalten der Männer in der Kate paßte nicht zu einem Theaterspiel.
Es waren ernsthafte Leute, und ihre Dolche und Degen waren
echt.
Ich schaute zum Felsen zurück, um festzustellen, wo
genau ich war, und blickte dann zum Horizont. Dort sah ich nichts
außer fedrigen Kiefernnadeln, die undurchdringlich schwarz vor dem
Sternenzelt aufragten. Wo waren die Lichter von Inverness? Wenn das
hinter mir der Cocknammon Rock war - und er war es -, dann war
Inverness keine drei Meilen entfernt. Ich hätte die Lichter der
Stadt sehen müssen. Wenn sie denn da war.
Schaudernd drückte ich die Arme an den Körper,
damit ich nicht so fror. Selbst wenn ich einen Moment die völlig
unwahrscheinliche Vorstellung, daß ich mich in einer anderen Zeit
befand, gelten ließ - Inverness existierte seit sechshundert
Jahren. Mit anderen
Worten, es lag vor mir. Unbeleuchtet. Das legte die Vermutung
nahe, daß es noch kein elektrisches Licht gab. Ein weiterer Beweis,
falls es not tat. Aber was genau bewies es?
Ein Schatten trat aus der Dunkelheit - so dicht vor
mir, daß ich fast mit ihm zusammenstieß. Ich unterdrückte einen
Schrei und wollte davonrennen, doch eine große Hand packte meinen
Arm und vereitelte die Flucht.
»Keine Angst, Mädchen. Ich bin’s.«
»Genau das habe ich ja befürchtet«, sagte ich
verdrossen, obwohl ich tatsächlich erleichtert war, daß es Jamie
war. Vor ihm hatte ich nicht so viel Angst wie vor den anderen
Männern. Zwar sah er genauso gefährlich aus, doch er war noch jung,
vermutlich sogar jünger als ich. Und es fiel mir schwer, vor
jemandem Angst zu haben, den ich gerade verarztet hatte.
»Ich hoffe, Sie haben die Schulter nicht übermäßig
belastet«, sagte ich mit der rügenden Stimme einer Mutter Oberin.
Wenn ich einen ausreichend gebieterischen Ton anschlug, konnte ich
ihn vielleicht dazu bewegen, daß er mich gehen ließ.
Jamie massierte die verletzte Schulter mit seiner
freien Hand. »Das kleine Scharmützel hat ihr nicht gutgetan«, gab
er zu.
Im selben Moment trat er ins helle Mondlicht, und
ich sah den riesigen Blutflecken auf seiner Brust. Arterielle
Blutung, dachte ich sofort, aber warum steht er dann noch
aufrecht?
»Sie sind verletzt!« rief ich. »Ist die Wunde an
Ihrer Schulter wieder aufgebrochen, oder ist das neu? Setzten Sie
sich und lassen Sie mich nachsehen!« Ich schob ihn auf einen Haufen
Felsblöcke zu und ging im Geiste rasch die Erste-Hilfe-Maßnahmen in
einem solchen Fall durch. Kein Verbandmaterial zur Hand außer dem,
was ich am Leibe trug. Ich griff nach den Resten meines Unterrocks
und wollte die Blutung damit stillen, als Jamie lachte.
»Kümmere dich nicht drum, Mädel. Das ist nicht
mein Blut. Jedenfalls nicht viel davon«, fügte er hinzu und
zupfte den durchweichten Stoff von seinem Körper ab.
Ich schluckte, weil mir ein wenig übel war. »Oh«,
sagte ich matt.
»Dougal und die anderen warten sicher an der
Straße. Gehen wir.« Jamie nahm meinen Arm, weniger eine galante
Geste als ein Mittel, mich zum Mitkommen zu zwingen. Ich stemmte
die Fersen in den Boden.
»Nein! Ich komme nicht mit!«
Jamie blieb verwundert stehen. »Doch. Du kommst
mit.« Meine Weigerung erboste ihn offenbar nicht; es schien ihn
eher zu amüsieren, daß ich etwas dagegen hatte, erneut entführt zu
werden.
»Und wenn ich es nicht tue? Schneiden Sie mir dann
die Kehle durch?« fragte ich. Er sann darüber nach und antwortete
gelassen: »Nein. Du siehst nicht so aus, als wärst du schwer. Wenn
du nicht freiwillig mitkommst, werfe ich dich einfach über die
Schulter. Soll ich?« Er machte einen Schritt auf mich zu, und ich
wich hastig zurück. Ich hatte nicht den geringsten Zweifel, daß er
es tun würde.
»Nein! Das dürfen Sie nicht, sonst verletzen Sie
sich wieder.«
Seine Gesichtszüge waren nicht deutlich zu
erkennen, aber ich sah, wie seine Zähne im Mondlicht aufleuchteten
- er grinste.
»Wenn du nicht willst, daß ich mir weh tue, dann
wirst du wohl freiwillig mitkommen müssen.« Ich suchte nach Worten,
fand aber keine. Wieder nahm er meinen Arm, und wir liefen auf die
Straße zu.
Die anderen Männer warteten, nicht allzuweit
entfernt, mit den Pferden; anscheinend hatte es keine Verluste
gegeben, denn sie waren vollzählig. Ich stieg ungeschickt aufs
Pferd und plumpste erneut in den Sattel. Dabei stieß ich aus
Versehen mit dem Kopf gegen Jamies verletzte Schulter, und er zog
den Atem zischend durch die Zähne ein.
Ich versuchte, meinen Groll über die erneute
Gefangennahme und mein Bedauern, daß ich ihm weh getan hatte, mit
einer strengen Ermahnung zu überspielen.
»Das geschieht Ihnen recht. Ich habe Ihnen gesagt,
Sie sollen die Schulter nicht bewegen; und jetzt haben Sie
wahrscheinlich nicht nur blaue Flecke, sondern auch zerrissene
Muskeln.«
Meine Standpauke schien Jamie zu erheitern. »Ich
hatte keine andere Wahl. Wenn ich meine Schulter nicht bewegt
hätte, hätte ich bald überhaupt nichts mehr bewegen können. Mit
einem Rotrock werde ich zwar einhändig fertig, vielleicht sogar mit
zweien«, sagte er ein bißchen prahlerisch, »aber nicht mit dreien.
Außerdem«, fuhr er fort und zog mich an sein blutverkrustetes Hemd,
»kannst du’s wieder richten, wenn wir da sind, wo wir
hinwollen.«
»Das meinen Sie«, erwiderte ich frostig und entwand
mich dem Kontakt mit dem klebrigen Stoff. Jamie schnalzte seinem
Pferd mit der Zunge zu, und wir brachen auf. Die Männer waren nach
dem Kampf bester Laune; sie lachten und scherzten. Mein kleiner
Beitrag
zur Vereitelung des Hinterhalts wurde hoch gelobt, und die Männer
tranken mehrmals auf mein Wohl.
Sie boten auch mir ihre Feldflaschen an, aber ich
lehnte zunächst ab, weil ich es schon nüchtern schwierig genug
fand, im Sattel zu bleiben. Dem allgemeinen Gespräch entnahm ich,
daß es sich um eine Patrouille von zehn mit Musketen und Säbeln
bewaffneten englischen Soldaten gehandelt hatte.
Jemand reichte Jamie seine Feldflasche, und als er
trank, roch ich den scharfen Branntwein. Ich war nicht durstig,
aber der schwache Duft nach Honig erinnerte mich daran, daß ich
Hunger hatte, und das schon seit geraumer Zeit. Mein Magen
protestierte gegen diese Vernachlässigung und knurrte peinlich
laut.
Rupert verkannte die Lärmquelle. »He, Jamie!« rief
er. »Bist du hungrig? Oder hast du einen Dudelsack bei dir?«
Jamie nahm ritterlich die Schuld auf sich. »Hungrig
genug, um einen Dudelsack zu essen!« rief er zurück. Einen Moment
später schwebte seine Hand mit der Feldflasche vor meinem
Gesicht.
»Trink einen Schluck«, flüsterte er. »Das füllt dir
zwar nicht den Bauch, aber du vergißt deinen Hunger.«
Und ein paar andere Dinge, hoffte ich. Ich setzte
die Feldflasche an die Lippen und trank.
Mein Gefährte hatte recht; der Whisky zündete ein
kleines, warmes Feuer an, das behaglich in meinem Magen brannte und
den quälenden Hunger linderte. Wir brachten mehrere Kilometer ohne
Zwischenfälle hinter uns, wechselten uns damit ab, die Zügel zu
führen und Whisky zu trinken. Doch in der Nähe einer verfallenen
Kate begann Jamies Atem zu rasseln. Unser ohnehin recht mühsam
aufrechterhaltenes Gleichgewicht geriet nun ernsthaft in Gefahr.
Das verwirrte mich; wenn ich schon nicht betrunken war, schien es
unwahrscheinlich, daß er einen Rausch hatte.
»Halt! Hilfe!« schrie ich. »Er fällt gleich!«
Dunkle Gestalten scharten sich um uns;
Stimmengemurmel ertönte. Jamie rutschte mit dem Kopf voran wie ein
Mehlsack aus dem Sattel und wurde zum Glück aufgefangen. Die
anderen Männer waren abgesessen und hatten ihn, als ich zu Boden
kletterte, bereits auf einen Acker gebettet.
»Atmen tut er«, sagte einer.
»Das hilft uns jetzt aber weiter«, fauchte ich und
tastete im
Dunkeln hektisch nach Jamies Puls. Schließlich fand ich ihn -
beschleunigt, aber recht kräftig. Ich legte Jamie die Hand auf die
Brust und hielt das Ohr an seinen Mund. Er atmete jetzt
regelmäßiger, keuchte nicht mehr so stark. Ich richtete mich
auf.
»Ich glaube, er ist nur ohnmächtig geworden«, sagte
ich. »Legen Sie ihm eine Satteltasche unter die Beine und bringen
Sie mir Wasser, wenn welches da ist.« Ich stellte mit Überraschung
fest, daß meinen Befehlen prompt Folge geleistet wurde. Anscheinend
war der junge Mann seinen Kumpanen wichtig. Er ächzte und schlug
die Augen auf; im Sternenlicht wirkten sie wie schwarze
Höhlungen.
»Mir geht’s schon wieder gut«, sagte er und
versuchte, sich aufzusetzen. »Nur ein bißchen schwindelig, das ist
alles.« Ich drückte ihn wieder zu Boden.
»Liegen Sie still«, befahl ich. Ich untersuchte ihn
rasch, kniete mich dann hin und wandte mich einer Gestalt zu, die,
der Größe nach zu urteilen, Dougal, der Anführer, sein mußte.
»Die Schußwunde hat wieder geblutet, und eine
Stichverletzung hat der Idiot auch noch. Ich glaube zwar nicht, daß
es schlimm ist, aber er hat ziemlich viel Blut verloren. Er braucht
Ruhe; wir sollten mindestens bis zum Morgen hierbleiben.« Die
Gestalt machte eine abwehrende Bewegung.
»Nein. Wir sind zwar so weit, daß sich die Garnison
nicht mehr traut, uns zu folgen, aber man muß auch die Wache
bedenken. Wir müssen noch gut fünfzehn Meilen hinter uns bringen.«
Dougal legte den Kopf zurück und betrachtete den Stand der
Sterne.
»Mindestens fünf Stunden. Eher sieben. Wir können
so lange bleiben, bis Sie die Blutung gestillt und die Wunde
verbunden haben, aber länger nicht.«
Ich machte mich grummelnd an die Arbeit, während
Dougal leise einen der Schatten dazu abkommandierte, ein Auge auf
die Pferde zu haben. Die anderen Männer entspannten sich, tranken
aus ihren Feldflaschen und plauderten. Murtagh half mir, riß Leinen
in Streifen, holte Wasser, hob den Patienten vom Boden auf, damit
ich den Verband neu anlegen konnte, denn Jamie durfte sich auf
keinen Fall bewegen, obwohl er murrte und behauptete, es gehe ihm
schon wieder ausgezeichnet.
Ich machte meiner Angst und Verärgerung Luft. »Es
geht Ihnen alles andere als ausgezeichnet«, fauchte ich, »und das
wundert mich nicht. Welcher Schwachkopf läßt sich denn ein Messer
in den
Leib rennen, ohne anzuhalten und sich darum zu kümmern? Haben Sie
denn nicht gemerkt, wie schlimm Sie bluten? Sie können von Glück
sagen, daß Sie nicht tot sind … jetzt rühren Sie sich gefälligst
nicht, Sie verfluchter Narr!« Die Streifen aus Kunstseide und
Leinen waren im Dunkeln irritierend schwer zu fassen. Sie glitten
mir durch die Finger, entzogen sich meinem Griff wie Fische, die in
die Tiefe schießen und dabei ihre weißen Bäuche spöttisch
aufblitzen lassen. Trotz der Kälte brach mir der Schweiß aus. Zu
guter Letzt hatte ich ein Ende befestigt und faßte nach dem
anderen, das immer wieder hinter den Rücken des Patienten witschte.
»Komm her, du … Sie gottverdammter Idiot!« Jamie hatte sich bewegt,
und das erste Ende war wieder aufgegangen.
Ein Moment entsetzten Schweigens trat ein.
»Barmherziger!« sagte der dicke Rupert. »Mein Lebtag habe ich noch
keine Frau so fluchen gehört.«
»Dann kennst du meine Tante Grisel nicht«,
erwiderte eine andere Stimme, woraufhin allgemeines Gelächter
folgte.
»Ihr Mann sollte Ihnen das Fell gerben, Frau«,
sagte eine dritte Stimme streng aus dem Dunkel unter einem Baum
heraus. »Der Apostel Paulus spricht: ›Lasset die Frauen schweigen
in der Gemeinde -‹«
»Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Dreck«, zischte
ich, während mir der Schweiß herunterlief, »und der Apostel Paulus
gefälligst auch.« Ich wischte mir die Stirn mit meinem Ärmel ab.
»Drehen Sie ihn nach links«, sagte ich zu Murtagh. »Und wenn Sie«,
fuhr ich, an meinen Patienten gewandt, fort, »auch nur einen
einzigen Muskel rühren, während ich den Verband festmache, dann
erwürge ich Sie.«
»Aye«, sagte Jamie lammfromm.
Ich zog zu heftig an dem letzten Leinenstreifen,
und der ganze Verband löste sich wieder.
»Soll doch der Teufel den ganzen Scheißdreck
holen!« schrie ich und schlug frustriert mit der flachen Hand auf
den Boden. Die Männer schwiegen schockiert, und als ich dann im
Dunkeln nach den losen Enden des Verbandes tastete, ließen sie sich
wieder über meine wenig damenhafte Sprache aus.
»Vielleicht sollten wir sie nach Ste. Anne
schicken, Dougal«, meinte eine der am Straßenrand kauernden
Gestalten. »Seit wir von der Küste weg sind, habe ich Jamie kein
einziges Mal fluchen
hören, und er hatte ein Mundwerk, das einen Seemann beschämen
würde. Die vier Monate im Kloster müssen etwas bewirkt haben. Du
führst den Namen des Herrn nicht mehr unnütz, oder, Jamie?«
»Das würdest du auch nicht, wenn du dafür so büßen
müßtest wie ich, wenn du im Februar mitten in der Nacht drei
Stunden lang auf dem Steinfußboden einer Kirche liegen müßtest, mit
nichts am Leib als deinem Hemd«, erwiderte mein Patient.
Die Männer lachten, und er fuhr fort: »Die Buße hat
zwar nur zwei Stunden gedauert, aber ich habe danach noch eine
gebraucht, um vom Boden hochzukommen; ich dachte, mein… äh, ich
wäre an den Fliesen festgefroren, aber es hat sich herausgestellt,
daß ich nur steif vor Kälte war.«
Anscheinend ging es Jamie wirklich besser. Ich
lächelte gegen meinen Willen, sprach aber trotzdem mit großer
Entschiedenheit. »Seien Sie ruhig«, sagte ich, »sonst tue ich Ihnen
noch weh.« Er berührte vorsichtig seinen Verband, und ich schlug
ihm auf die Finger, bis er sie wegnahm.
»Ach, eine Drohung war das?« fragte er dreist. »Und
das, nachdem ich meinen Whisky mit dir geteilt habe!«
Die Feldflasche machte die Runde. Als sie bei
Dougal angekommen war, kniete er sich neben mich und hielt sie dem
Patienten behutsam an die Lippen. Ich legte gebieterisch die Hand
auf die Flasche.
»Keinen Alkohol mehr«, sagte ich. »Er braucht Tee,
allenfalls Wasser. Aber keinen Alkohol.«
Dougal ignorierte mich, entriß mir die Flasche und
goß einen großen Schluck Whisky in den Schlund meines Patienten,
der daraufhin husten mußte. Dougal wartete nur so lange, bis Jamie
sich wieder gefangen hatte, dann setzte er ihm erneut die Flasche
an die Lippen.
»Lassen Sie das!« Ich griff nach dem Whisky.
»Wollen Sie ihn so betrunken machen, daß er nicht mehr stehen
kann?«
Ich wurde rüde mit dem Ellbogen beiseite
gestoßen.
»Ein vorlautes Luder, wie?« fragte mein Patient,
und es klang amüsiert.
»Mischen Sie sich nicht ein, Frau«, befahl Dougal.
»Wir haben heute nacht noch eine gute Strecke zurückzulegen, und er
braucht alle Kraft, die ihm der Trank geben kann.«
Der Verband war kaum angelegt, da versuchte der
Patient, sich
aufzurichten. Ich drückte ihn zu Boden und setzte ihm ein Knie auf
die Brust, damit er blieb, wo er war. »Sie sollen sich doch nicht
bewegen«, sagte ich erbost. Ich packte den Saum von Dougals Kilt
und riß derb daran, damit er sich wieder neben mich kniete.
»Sehen Sie sich das an«, befahl ich in meinem
besten Krankenschwesternton. Ich drückte Dougal das
blutdurchtränkte Hemd in die Finger. Er ließ es angewidert
fallen.
Ich nahm seine Hand und legte sie auf die Schulter
des Patienten. »Und das auch. Irgendeine Stichwaffe ist geradewegs
durch den Kappenmuskel gegangen.«
»Ein Bajonett«, warf der Patient hilfreich
ein.
»Ein Bajonett!« rief ich. »Warum haben Sie mir das
nicht gesagt?«
Jamie wollte die Achseln zucken, ließ es jedoch mit
einem leisen Schmerzenslaut bleiben. »Ich habe gespürt, wie es ins
Fleisch ging, aber ich wußte nicht, ob es schlimm ist; es hat nicht
sonderlich weh getan.«
»Tut es jetzt weh?«
»Ja«, sagte Jamie knapp.
»Gut«, erwiderte ich, aufs äußerste gereizt. »Sie
haben es wirklich nicht besser verdient. Vielleicht ist Ihnen das
eine Lehre, daß Sie nicht mehr durch die Gegend sausen, Frauen
entführen, Menschen umbringen und …« Ich war lächerlicherweise den
Tränen nahe und rang um Selbstbeherrschung.
Jetzt verlor Dougal die Geduld. »Kannst du deine
Füße links und rechts von einem Pferd halten, Junge?«
»Er kann nirgendwohin!« wandte ich entrüstet ein.
»Im Grunde müßte er ins Krankenhaus. Und er kann mit Sicherheit
nicht -«
Mein Protest wurde wie immer ignoriert.
»Kannst du reiten?« wiederholte Dougal.
»Aye, wenn du das Mädel von meiner Brust nimmst und
mir ein reines Hemd gibst.«