Gemeinschaft (27)

 

Scott stieg aus dem Wagen, den er in Monterey mit Chris besorgt hatte. Chris und Ray fuhren im Pickup zum Haus. Es war mittlerweile finstere Nacht und die drei Männer waren hundemüde. Kein Wunder nach den Ereignissen der letzten Tage. Trotzdem entluden sie noch die Fahrzeuge zusammen mit den anderen, die schon früh auf die ankommenden Fahrzeuge aufmerksam geworden waren.

   Phil stand mit seiner Forke Wache an der Haustür. Er freute sich wie ein Schneekönig, als er Chris und Ray erblickte. Scott hingegen blickte er skeptisch an.
   „Dieser junge, gut aussehende Mann ist definitiv ein Freund“, versicherte Ray.
Das genügte Phil als Erklärung und er schüttelte Scott die Hand. Spätestens als er Scott beim Entladen zuschaute, war er froh um dessen Anwesenheit. Nur ein Gabelstapler hätte die Fahrzeuge schneller ausräumen können. Ray wollte den Rest der Flüchtlinge nachts nicht mehr wecken, um Scott vorzustellen. Er war sich sicher, dass das einen Tag Zeit hatte. Er legte sich zu Cathy auf das Schlafsofa und schlief sofort ein. Cathy merkte, dass Ray völlig ausgelaugt war und kuschelte sich an ihn.

   Chris zeigte Scott einen verfügbaren Schlafplatz und reichte ihm eine dicke Wolldecke. Er schürte noch einmal das Feuer seines Kamins, bevor er sich selbst hinlegte. Auch Scott fielen auf Anhieb die Augen zu. Im Haus kehrte, bis auf Scotts zufriedenes Schnarchen, Stille ein.

 

Chris war der Erste, der am darauf folgenden Morgen aufwachte. Allerdings nicht ganz freiwillig, denn die Kinder veranstalteten einen Heidenlärm. Trotzdem fühlte er sich erholt und war bereit Pläne zu schmieden. Er weckte Scott mit frisch aufgebrühtem Kaffee. Dann stellte er seinen großen, neuen Freund der übrigen Zweckgemeinschaft vor. Alle waren froh, weitere Verstärkung im Haus zu haben. Und bei Scott Gerber konnte man nun wirklich von einer Verstärkung sprechen.

   Auch Cathy war bereits auf den Beinen. Sie bereitete ein Frühstück zu und war damit beschäftigt, die erbeuteten Vorräte zu rationieren. Ihren ehemaligen Captain hatte sie schlafen lassen, er sollte wieder zu Kräften kommen.

   Als Ray schließlich erwachte und hinunter stapfte, sah er als erstes Cathy bei den Kindern stehen. Sie sahen glücklich aus. Die Morgensonne schien zum Fenster herein und tauchte Cathys weiche Gesichtszüge in helles Licht. Ray fragte sich, wie sie in einer derartigen Situation so atemberaubend aussehen konnte. Alle Bewohner hatten ein Lächeln oder eine Nettigkeit für Cathy übrig. Ray erfuhr von Phil, dass Cathy außerdem die Wachschichten organisiert hatte und sich auch sonst um alles kümmerte. Ray hatte ihr morgens von Scott berichtet und wie dieser ihn im Supermarkt gerettet hatte. Sie revanchierte sich bei Scott mit einem leckeren Frühstück und einer Umarmung.

   Ray begrüßte Cathy seinerseits mit einer langen Umarmung und einem innigen Kuss. Er erkundigte sich dann nach Greg und Howard. Ihr Zustand hatte sich bereits erheblich verbessert. Ray war zufrieden und dachte über das weitere Vorgehen nach. Vielleicht ist im Flugzeugwrack noch etwas Nützliches zu holen. Er dachte an Decken, Kleidung und weitere Medikamente. Er wollte nicht allzu lange warten, sondern ihren Plan, nach Fort Benning aufzubrechen, so schnell wie möglich umsetzen. Als alle gefrühstückt hatten, rief Ray die Hausgemeinschaft zusammen und ergriff das Wort.

   „Leute, wir haben uns fürs Erste mit dem Nötigsten versorgt, aber uns fehlen sowohl Platz als auch Waffen. Chris' Bruder hat uns eine E-Mail zukommen lassen, in der er uns berichtet, dass viele andere Überlebende es nach Fort Benning geschafft haben. Das Internet scheint in Teilen noch zu funktionieren und dort können wir möglicherweise unsere Familien erreichen und sind in Sicherheit.“

   Ray schaute in die Runde und sah bereits das erste zustimmende Nicken. „Scott, Chris und auch ich sind der Meinung, dass die Army Base unsere beste Alternative ist. Dort gibt es Soldaten, Betten, Zäune und Kommunikation. Ich glaube, unsere Überlebenschancen sind dort erheblich besser als hier im Wald. Ich will das allerdings nicht alleine entscheiden, also frage ich euch, was ihr davon haltet.“

   Niemand wollte dem widersprechen. Tatsächlich erhellte sich bei den meisten die Miene, als Ray von der E-Mail erzählte. In den meisten Gesichtern spiegelte sich die unausgesprochene Hoffnung, einige ihrer Liebsten doch noch einmal wiederzusehen. Cathy nahm Ray kurz bei der Hand und lächelte in die Runde. Ray wusste, dass sie diese Geste ihm zuliebe machte. Damit war die Entscheidung, zum Army Stützpunkt aufzubrechen, getroffen. Ray war allerdings noch nicht ganz am Ende mit seinem Plan.

   „Ich denke auch, dass es sinnvoll ist, nochmal das Flugzeugwrack nach Kleidung und anderen wichtigen Gegenständen abzusuchen. Ich weiß dass wir einen gut ausgestatteten Erste-Hilfe Koffer an Bord hatten, der regelmäßig gewartet wird.“

   „Sinnvoll ist es vielleicht, aber auch gefährlich“, warf Phil ein.

   „Wir verbessern unsere Chancen mit allem, was wir in die Hände bekommen können“, meldete sich Scott zu Wort.

   „Ich stimme den beiden zu“, stellte Chris fest. „Allein die Tour nach Monterey war Gold wert und Rays Ideen hatten bisher immer Hand und Fuß.“

   „Wer soll gehen?“, fragte Cathy.

   „Chris, Scott und ich hatten bisher den meisten Kontakt mit diesen Biestern. Würdet ihr mich nochmal zum Wrack begleiten Männer?“

   „Irgendwer muss ja auf dich Acht geben“, schmunzelte Scott mit einem Zwinkern. Chris nickte in Rays Richtung. Damit war die Sache klar. Die Überlebenden würden alles an Vorräten zusammenraffen, was sie auftreiben konnten und dann zur Militärbasis aufbrechen.

   Chris blickte plötzlich auf, als wäre ihm etwas siedend heiß eingefallen. Dann ging er schnellen Schrittes zu seiner Garage und fing an, dort herumzuwühlen. Nach einigen Minuten kehrte er stolz in das Wohnzimmer zurück.

   „Ich wusste, dass ich sie noch irgendwo herumfliegen habe“, verkündete er. In seiner ausgestreckten rechten Hand hielt er eine schwarze Präzisionsschleuder und in der linken die dazu passenden Stahlkugeln. Ray schaute zunächst etwas skeptisch.
   „Was ist das für ein Ding, Chris?“

   „Kommt mit, ich werde es euch demonstrieren.“ Chris stürmte beinahe nach draußen. Scott und Ray folgten ihm. Chris nahm eine Stahlkugel zwischen die Finger und suchte sich ein geeignetes Ziel aus. Am Ende seiner Einfahrt stand eine potthässliche Engelsstatue aus Stein. Chris stand etwa fünfzehn Meter davon entfernt. Er legte die Stahlkugel in das Munitionsreservoir und spannte die Gummibänder bis zum Anschlag. Dann ließ er die Kugel fliegen und sah nur noch, wie die Statue in kleine Stücke zerbarst. Scott und Ray stand der Mund offen.

   „Was ist das für ein Höllengerät, Chris? Das ist ja der Wahnsinn.“ Scott schien sichtlich beeindruckt zu sein, nicht zuletzt von Chris' Treffsicherheit. Auch Ray stand der Mund offen, dann schaute er sehr zufrieden drein.

   „Die Schleuder habe ich mir mal gekauft, um Krähen aus meinem Garten zu vertreiben. Es war die stärkste und teuerste, die es damals gab. Ich hatte selbst nie mit so viel Wucht gerechnet. Mein Neffe war hier mal zu Besuch und ich wollte ihm zeigen, wie die Schleuder funktioniert. Ich zielte auf eine Krähe im Garten, aber das Mistviech ist sofort tot vom Ast gefallen, als ich es getroffen hatte. Mein Neffe hat den ganzen Nachmittag durchgeheult und ich hatte das schlechteste Gewissen meines Lebens. Weil ich nicht die ganzen Vögel hier erschießen wollte, habe ich die Schleuder schließlich weggeräumt.“ Chris kratzte sich am Kopf und grinste verlegen.

   Scott lachte plötzlich lauthals los. Er wusste, dass der Zeitpunkt etwas unpassend war, aber er konnte nicht an sich halten. Ray fiel in das Gelächter ein, dann auch Chris. Es tat gut, mal wieder richtig zu lachen. Die drei gingen ins Haus um sich auszurüsten. Sie wollten die Sache schnell über die Bühne bringen. Chris steckte seine Schleuder in die Hosentasche und rüstete sich mit einer Bauchtasche für die Munition aus. Scott nahm seine Axt an sich und brachte zwei Rucksäcke zu Chris' Pickup. Ray holte seine Machete und nahm noch einen großen, beruhigenden Schluck aus einer der mitgebrachten Whiskeyflaschen zu sich. Das muss reichen, die anderen sollen nichts merken. Er konnte die Wirkung direkt spüren und merkte, wie er sich besser fühlte. Chris redete mit Phil. Anscheinend vertraute er ihm gerade erneut sein Heim an. Er legte Phil die Hand auf die Schulter und Phil nickte ihm pflichtbewusst zu. Ray ging zu Cathy und nahm sie in den Arm und gab ihr einen Klaps auf den Hintern. Sie erwartete offensichtlich einen Kuss, aber Ray überspielte das mit einem Augenzwinkern. Sie sollte den Whiskey nicht schmecken. Zum Glück schien sie sich daran nicht zu stören. „Den hole ich mir aber später von dir, Captain Thompson.“

   „Jawohl Ma’am.“ Ray salutierte spielerisch mit den Fingern und lächelte dabei pflichtbewusst. „Keine Sorge, wir sind bald wieder da.“ Er versuchte ein beruhigendes Gesicht aufzusetzen.

    Chris hatte mittlerweile den Motor seines Pickup gestartet. Scott und Ray verließen gemeinsam das Haus.

   „Sie scheint dich sehr zu lieben.“ Scott blickte einen kurzen Augenblick wehmütig.

   „Gott weiß, warum das so ist“, erwiderte Ray. Dann stiegen die beiden ein und Chris fuhr los. Sie brauchten nur wenige Minuten, um die Absturzstelle zu erreichen. Der Pickup wurde etwa dreihundert Meter abseits geparkt. Chris wendete den Wagen in Richtung Haus, so dass sie wenn nötig schnell wieder abhauen konnten.

   An Bord der Maschine hatten sich ziemlich viele Menschen befunden. Möglicherweise waren viele von ihnen schon zu Zombies geworden. Chris wollte nicht riskieren, den Wagen zu beschädigen, indem er bis ganz an die Absturzstelle heranfuhr. Sie würden den Pickup noch brauchen. Die drei stiegen aus und legten das letzte Stück zu Fuß zurück. Nach einem kurzen Stück hob Scott die Hand. „Wir sind hier nicht alleine.“

   „Hatte ich auch nicht erwartet, an Bord befanden sich noch einige Passagiere. Wenn es doch noch Überlebende gab, die gebissen wurden, haben sie sich verwandelt. So stand es zumindest in den Foren im Internet. Und wenn man diesen Berichten glauben darf, können mittlerweile überall Zombies umherstreunen“, antwortete Ray. Chris nahm seine Schleuder heraus und beobachtete die Umgebung. Dann zeigte er in Richtung des Wracks. Die Nase des Flugzeugs ragte wie ein Pfeil aus dem Wasser des Sees.
   „Da sind einige Untote am Ufer. Aber einige Koffer sind auch an Land getrieben.“

   „Okay, ab hier wird es ernst Männer. Passt auf eure Ärsche auf.“
Scott ging grimmig voran. Chris ging einige Schritte hinter ihm, gefolgt von Ray. Vor ihnen standen etwa fünfzehn Untote. Diese bewegten sich entweder planlos am Ufer oder wankten durch das eiskalte Wasser in Ufernähe. Da die Drei nicht sonderlich auf Heimlichkeit achteten, hatten die Bestien schnell bemerkt, dass sie da waren und bewegten sich schlurfend in ihre Richtung. Scott spürte das Adrenalin, das durch seine Adern zirkulierte. Allerdings kontrollierter als bei seinen ersten Begegnungen mit diesen Monstern.
   „Ich gehe nach links. Ray, du in die Mitte, dann kann Chris auf die Nachzügler aus dem Wasser schießen und uns Deckung geben.“

   Ray atmete tief ein. „So machen wir es.“

Scott rannte los und bewegte sich auf die linke Uferseite. Vor sich hatte er vier Zombies, die versetzt hintereinander standen und ihn so nicht auf einmal angehen konnten. Er stellte sich stabil vor den ersten hin und holte schwungvoll mit der Axt aus. Das Axtblatt sauste in einem schnellen Bogen durch die Luft und halbierte der weiblichen Untoten sauber die Schädeldecke. Der zweite Zombie hatte einen kleinen, dicklichen Männerkörper. Scott wollte gerade zuschlagen, als der Kopf des Untoten ein Geräusch von sich gab, als würde man mit einem Pümpel einen Abfluss reinigen. Danach klappte der Körper nach hinten und bewegte sich nicht mehr. Scott schaute verwundert, sah aber dann ein klaffendes rotes Loch, wo einmal das linke Auge war. Chris hatte ihn erschossen und das sogar noch äußerst präzise. Scott blickte nach rechts, um nach Ray zu schauen.  Er sah Ray über einem weiblichen Körper stehen und ihn mit der Machete auf den Kopf eindreschen. Im See trieben mittlerweile bereits fünf weitere Leichen, die alle auf das Konto von Chris gingen. Er zeigte eine beeindruckende Effektivität mit der Schleuder. Bleiben noch sieben. Scott sah, dass Chris einige Male daneben schoss oder zu tief anhielt. Aber er konnte bewundernswert schnell nachladen und erneut feuern.

   Ray ließ derweil von seinem Zombie ab. Er war endgültig tot. Eine weitere Kreatur stürzte jedoch bereits auf ihn zu. Es war ein ziemlich stattlicher Zombie, der die zwei Meter ankratzte. Er starrte Ray mit leeren Augen und weit aufgerissenem Mund an. Geifer tropfte von seinen aufgeplatzten Lippen und seine Kleidung war völlig zerrissen. Die Bestie hob den rechten Arm und versuchte nach Ray zu greifen. Dieser beantwortete den Griff mit einem diagonal vor seinem Körper verlaufenden Schlag seiner Machete. Der rechte Arm des Zombies wurde am Ellenbogen sauber abgetrennt und fiel zuckend zu Boden. Ray ergriff seine Klinge mit der linken Hand am Griff und hielt die rechte hinter dem Griff. Dann trieb er die Machete mit einem wuchtigen Stoß durch die Augenhöhle des Untoten. Dieser sackte auf dem Ufer in sich zusammen und Ray zog die Machete aus dem Schädel heraus.

   Ray sah aus dem Augenwinkel etwas in seine Richtung fliegen und duckte sich instinktiv. Er sprang beinahe einen halben Meter rückwärts von der vermeintlichen Gefahr weg. Dann bemerkte er, dass der Schädel eines weiteren Zombies dort im Sand lag. Er blickte sich nach rechts um und sah Scott, der wie ein Mähdrescher durch die verbleibenden beiden Zombies fegte. Scott deckte die Körper mit so vielen Schlägen ein, dass es sich anhörte und aussah, als hätte man sie in einen Mixer gesteckt. Nach kurzem Gefecht gingen beide zu Boden und Scott schnaufte durch. Chris hatte drei weitere Angreifer niedergestreckt. Es blieb ein letzter. Eine junge Frau, die hinter allen anderen gestanden hatte. Sie konnte zu Lebzeiten höchstens zwanzig Jahre alt gewesen sein. Ray warf einen Blick auf das Gemetzel um ihn herum und dann auf die junge Frau, die sich schlingernd und stolpernd zu ihnen schleppte.

   „So eine Scheiße. Keiner hat so einen Tod verdient, geschweige denn so ein halbes Leben“, stöhnte Ray.

   „Wir sollten so viele erlösen, wie wir können. Ich würde nicht in so einem Dämmerzustand dahinvegetieren wollen“, bestätigte Chris.

   Scott ging auf ihren letzten Widersacher zu und auch Ray trat zu ihr. Scott stieß den zierlichen Körper mit dem Axtblatt zu Boden und Ray beendete ihr jämmerliches Dasein mit einem Schlag in den Kopf. Die drei Männer atmeten kurz durch, verschwendeten aber keine Zeit damit, über das Erlebte nachzudenken. Sie durchwühlten einige Koffer und packten Kleidung, Hygieneartikel und ein langes Seil samt Karabinerhaken ein. Den Erste-Hilfe Kasten konnten sie nicht finden.

   „Scheiße, der wird noch an Bord sein“, stellte Ray fest.

   „Wie sollen wir da ran kommen?“, überlegte Chris. Er gab die Antwort selbst.

   „Wir sichern einen von uns mit dem Seil und der schwimmt das kurze Stück zum Wrack.“

   „Ich mach das“, hörte Ray sich sagen. „Ich weiß, wo das Ding hängt und wenn ich es nicht packe, ziehe ich am Seil und ihr zieht mich raus.“
   Scott versprach Ray, ihn zur Not mit einem Ruck aus dem Wasser zu befördern. Ray glaubte ihm aufs Wort, als er sah, wie sich seine tellergroßen Hände um das Seil legten. Chris knotete ihn fest und sicherte ihn mit einem der Karabiner an der Hüfte.

   „Sei vorsichtig Mann…“ Chris wollte Ray noch viel Glück wünschen, aber der lief bereits ins Wasser.

   „Wenn wir zu lange darüber diskutieren, friert mir mein kleiner Captain ein“, rief Ray, als er schon bis zu den Knien im Wasser stand.

   „Bis zum Wrack sind es dreißig Meter, das packt er schon.“
Scott blickte aufmunternd zu Chris. Ray schwamm ein kurzes Stück und dachte er müsse tatsächlich erfrieren, so kalt war das Wasser. Kurz darauf erreichte er das Cockpit. Mit gewaltiger Anstrengung zog er sich zu einem Loch an der Seite, das beim Absturz entstanden war. Er blickte ins Innere und wusste welchen Anblick er noch zu ertragen haben würde. Dort lagen immer noch die sterblichen Überreste seines langjährigen Co-Piloten Nick. Ray versuchte, nicht zu ihm zu schauen und blickte sich nach weiteren Gefahren um, als er im Inneren angelangt war. Er stand auf wackeligen Beinen, da das Cockpit schräg aus dem See ragte. Er glaubte, unter sich Bewegung wahrzunehmen, aber unter Wasser konnte seine Phantasie ihm auch einen Streich gespielt haben. Ray wollte es gar nicht herausfinden. Er ging zu dem ursprünglichen Aufbewahrungsort des Erste-Hilfe-Kastens und fand diesen auf Anhieb.

   Er sprang etwas erschöpft und bereits völlig unterkühlt zurück ins Wasser. Scott und Chris zogen ihn so schnell es ging zurück ans Ufer. Dort angekommen, klammerte Ray sich immer noch an den geborgenen Kasten. Er wollte auf die Beine kommen, aber seine Beine schlotterten zu stark. Im zweiten Versuch schaffte er es. Chris öffnete den Wagen und fuhr die Truppe zurück zum Haus.

   Dort sahen die Männer drei Leichen vor dem Haus liegen. Während sie ausstiegen, stürmte ihnen bereits Phil entgegen und erklärte Stolz, dass diese drei seiner Forke zum Opfer gefallen seien. Allmählich lernten sie, wie man mit den Zombies fertig werden konnte. Scott stützte Ray zusammen mit Cathy auf dem Weg hinein. Sie platzierten ihn direkt am Feuer und legten ordentlich Holz nach. Danach wurde er von Chris in Decken eingewickelt. So eingepackt verbrachte er die nächste Stunde am Feuer.
   Scott saß bei ihm während Chris und die anderen bereits Sachen packten und sich zum Aufbruch bereit machten. Scott stand auf und kam nach kurzer Zeit mit zwei dampfenden Tassen zurück.

   „Tee“, verkündete er.

Hoffentlich mit Schuss, dachte Ray. Anscheinend konnte man ihm seine Skepsis ansehen. 

   „Probier; du wirst ihn lieben“, versicherte Scott. Ray nahm einen Schluck und stellte fest, dass die Tasse halb Tee und halb Rum enthielt. Er sah Scott an.

   „Den haben Chris und ich in dem Haus gefunden, wo wir die Autoschlüssel für den anderen Wagen her haben. Ich weiß, dass du hin und wieder einen brauchst, Ray. Du hast eben im Auto auch wieder nach Fusel gerochen. Es geht mich vielleicht nichts an, aber ich denke du solltest das in den Griff bekommen, Captain.“

   „Ich weiß, mein Freund, schon alleine um ihretwillen.“ Scott nickte verständnisvoll.

Die beiden leerten ihre Tassen zusammen. Es blieb bei der einen. Dann stand Scott auf und half beim Packen. Ray blieb noch eine halbe Stunde am Feuer sitzen, um sich aufzuwärmen. Morgen würden sie aufbrechen.