»Katzen bleiben, wie man so richtig sagt, Katzen, daran ist einfach nicht zu rütteln.«P. G. Wodehouse
8. Kapitel
Die Büchse der Pandora • Unterwäsche als Gesprächsthema im victorianischen Zeitalter • Mein Irrtum • Befehle im Umgang mit Katzen • König Johanns Irrtum • Die Wichtigkeit eines ausgiebigen Nachtschlafs • Dosenöffnen • Katzenrufen • Ein Schwan • Mrs. O’Learys Kuh • Hänsel und Gretel • Das vollkommene Ende eines vollkommenen Tages
»Was machst denn du hier?« fragte ich.
Dabei sah doch ein Blinder, was sie hier machte. Dunworthy hatte sie mit mir durchs Netz geschickt, und ich sollte sie nach Muchings End zurückbringen, bevor ihr Verschwinden irgendwelche Konsequenzen nach sich zog.
Leider war ich drei Tage zu spät und vierzig Meilen von Muchings End entfernt angekommen. Und durch die Zeitkrankheit zu verwirrt, um zu begreifen, was ich hätte tun sollen. In der Zwischenzeit war Mrs. Mering nach Oxford gereist, um ein Medium zu konsultieren, Tossie hatte Terence und Count de Vecchio getroffen und Terence Maud verpaßt.
Und die Inkonsequenz war nicht beseitigt worden. Sie war hier, genau vor mir, und schaute zu mir auf.
»Du solltest nicht hier sein«, murmelte ich betäubt.
Die Katze starrte mich aus grauen Augen an, deren vertikale Pupillen geschlitzt und grün gesprenkelt waren. Ich hatte nicht gewußt, daß Katzen solche Augenfarben hatten, sondern immer angenommen, alle Katzenaugen seien gelb und glühten in der Dunkelheit.
Ebenso hatte ich angenommen, daß Hunde Katzen jagten, aber Cyril hockte einfach da und schaute mich mit einem Ausdruck bitterster Enttäuschung an.
»Ich wußte nicht, daß sie hier ist«, verteidigte ich mich.
Doch wie konnte ich das nur nicht gewußt haben? Weshalb sonst hätte Finch mir in letzter Sekunde einen Korb – einen geschlossenen Korb! – bringen sollen? Um einen runden Käse darin zu transportieren? Weshalb sonst hatte er gesagt, er hielte es für keine gute Idee, mich zu schicken, weil ich so verwirrt sei?
Nun, er hatte völlig recht gehabt. Ich hatte nicht einmal reagiert, als Terence mir erzählte, daß Tossie ihre Katze vermißte. Oder als Verity mich fragte, wo die Katze sei. Idiotisch, idiotisch, idiotisch.
Ich hätte Verity die Katze mitgeben können. Oder sie Tossie geben. Ich hätte so tun können, als ginge ich zum Boot zurück und mir dann eine Geschichte ausdenken, wie ich die Katze dabei zufällig am Ufer gefunden hätte. Wenn ich gewußt hätte, daß sie bei mir war. Wenn ich so schlau gewesen wäre, einmal in mein Gepäck zu schauen. Idiotisch, idiotisch, idiotisch.
Die Katze räkelte sich. Sie gähnte und dehnte sich geruhsam, wobei sie ein weißes Pfötchen ausstreckte. Ich beugte mich über den Korb, um ihre andere Pfote zu betrachten, sah aber nichts außer schwarzem Fell.
Ein Gedanke schoß jäh mir in den Sinn. Vielleicht war es gar nicht Prinzessin Arjumand? Tossie hatte gesagt, sie sei schwarz und hätte ein weißes Gesicht, aber mit Sicherheit liefen im Jahr 1888 Hunderte, wenn nicht Tausende solcher Katzen herum. Sie mußten die Kätzchen ertränken, um ihre Anzahl in Schach zu halten.
»Prinzessin Arjumand?« fragte ich versuchsweise.
In ihren grauen Augen flackerte es nicht einmal.
»Prinzessin Arjumand.« Diesmal klang meine Stimme entschiedener, und die Katze schloß die Augen.
Nein, es war nicht Prinzessin Arjumand. Sie gehörte dem Schleusenwärter oder dem Kirchenvorsteher, und sie war in den Korb gekrochen, während wir in Iffley die Kirche besichtigten.
Die Katze gähnte erneut, wobei eine rosa Zunge und eine Reihe scharfer kleiner Zähne sichtbar wurden.
Cyril wich zurück wie ein Luftschutzhelfer, vor dessen Füßen eine Brandbombe liegt.
Die Katze stieg aus dem Korb und schlenderte auf vier weißen Pfoten davon, die weiße Schwanzspitze hoch in die Luft erhoben. Auf ihren Hinterläufen war das Fell ebenfalls weiß, wodurch sie aussah, als trüge sie enganliegende lange Hosen. Tossie hat das nicht erwähnt, dachte ich hoffnungsvoll, erinnerte mich aber daran, daß wir uns im victorianischen Zeitalter befanden. Hier sprachen wohlerzogene Menschen nicht über Hosen oder Unterwäsche im allgemeinen. Und wie viele weißpfotige Katzen mochte es geben, die sich in meinen Korb schleichen und den Deckel von innen schließen konnten?
Die Katze befand sich am Rand der Lichtung.
»Warte!« rief ich. »Prinzessin Arjumand!« Dann erinnerte ich mich an das richtige Wort. »Halt!« sagte ich mit energischer Stimme. »HALT!«
Die Katze lief weiter.
»Komm zurück«, befahl ich. »Halt. Stehenbleiben. Brrrh!«
Die Katze drehte sich um und schaute mich mit neugierigen Augen an.
»So ist’s gut«, sagte ich und näherte mich ihr vorsichtig. »Brave Katze.«
Sie setzte sich auf die Hinterbeine und fing an, ihre Pfote zu lecken.
»Ganz brave Katze.« Ich kam immer näher. »Halt… halt. So ist’s gut.«
Ich war kaum dreißig Zentimeter von ihr entfernt.
»Brav… warte… braves Kätzchen…« murmelte ich und hechtete vorwärts, um sie zu packen.
Die Katze sprang leichtfüßig auf und verschwand zwischen den Bäumen.
»Hör mal, hast du ihn schon gefunden?« rief Terence vom Ufer her.
Ich setzte mich wieder auf, klopfte den Staub von den Ärmeln und blickte Cyril an. »Wehe, du sagst jetzt ein Wort«, sagte ich und erhob mich.
Terence erschien mit der Dose Pfirsiche in der Hand. »Ach, hier steckst du«, sagte er. »Glück gehabt?«
»Nicht im geringsten.« Rasch ging ich zum Gepäck zurück. »Ich wollte sagen, ich habe noch nicht alles durchsucht.«
Damit warf ich den Deckel des Weidenkorbs zu und öffnete in der flehentlichen Hoffnung, daß er nichts Überraschendes enthielt, den Rucksack. Er barg nichts Besonderes, lediglich ein paar Schnürstiefel in höchstens Größe sechsunddreißig, ein großes gepunktetes Taschentuch, drei Fischgabeln, einen filigranen Schöpflöffel und eine Schneckenzange. »Tut’s das hier?« Ich hielt die Gegenstände hoch.
Terence durchwühlte den Freßkorb. »Glaub ich kaum… ah, hier haben wir ihn.« Er zog das sichelartige Gerät mit dem roten Griff heraus. »Oh, du hast einen Stilton mitgebracht. Hervorragend.« Er verschwand, Büchsenöffner und Käse umklammernd, und ich kehrte zum Rand der Lichtung zurück.
Von der Katze war nichts zu entdecken. »Miez, miez, Prinzessin Arjumand«, sagte ich und hob das Laubwerk hoch, um ins Unterholz der Büsche sehen zu können. »Komm, sei ein braves Mädchen.«
Cyril stöberte mit der Schnauze in einen Busch, ein Vogel flatterte hoch.
»Komm, komm, Kätzchen«, lockte ich. »Bei Fuß.«
»Ned! Cyril!« rief Terence. Ich ließ den Ast fallen. »Das Wasser kocht!« Wieder erschien er, die offene Dose Pfirsiche in den Händen. »Worauf wartest du?«
»Ich wollte ein bißchen Ordnung schaffen«, sagte ich und steckte die Schneckenzange in einen der Stiefel. »Zusammenpacken, damit wir morgen früh gleich aufbrechen können.«
»Das kannst du nach dem Dessert machen«, erwiderte Terence, mich am Arm nehmend. »Komm jetzt endlich.«
Er führte mich und den aufmerksam nach allen Seiten witternden Cyril zum Lagerfeuer zurück, wo Professor Peddick gerade Tee in die Blechtassen goß.
»Dum licet nos igitur laetemur amamtes«, sagte er und reichte mir eine Tasse. »Der vollkommene Abschluß eines vollkommenen Tages.«
Vollkommen. Ich hatte es nicht geschafft, die Katze zurückzubringen, hatte Terence davon abgehalten, Maud zu treffen, es ihm ermöglicht, nach Iffley zu rudern, um Tossie dort zu sehen, und wer weiß, was noch alles schiefgegangen war, von dem ich nichts wußte.
Doch es hatte keinen Sinn, sich über verschüttete Milch aufzuregen, selbst wenn das eine etwas unglückliche Metapher war, weil man die Milch nicht wieder in die Flasche zurücktun konnte, egal, wie sehr man es auch probierte. Aber würde sich eine andere Metapher besser eignen? Die Büchse der Pandora öffnen? Oder die Katze aus dem Sack lassen?
Wie auch immer, es war zwecklos, sich darüber aufzuregen oder darüber nachzugrübeln, was hätte sein können. Ich mußte Prinzessin Arjumand so schnell es ging, nach Muchings End zurückbringen und zwar, bevor noch mehr Unheil geschah.
Verity hatte gesagt, ich solle Terence von Tossie fernhalten, aber sie hatte nichts von der Katze gewußt. Ich mußte das Tier unverzüglich zum Ort seines Verschwindens schaffen. Und dazu erzählte ich Terence am besten, daß ich die Katze gefunden hatte. Er würde überglücklich sein. Er würde darauf bestehen, sofort nach Muchings End aufzubrechen.
Aber ich hatte Angst davor, noch mehr Durcheinander zu erzeugen. Vielleicht verliebte sich Tossie aus Dankbarkeit, daß er die Katze zurückgebracht hatte, Hals über Kopf in Terence statt in Mr. C. Oder Terence fing an, sich Gedanken darüber zu machen, wieso die Katze so weit von Muchings End gefunden wurde, und bestand darauf, sich auf die Suche nach ihrem Entführer zu machen, auf die gleiche Art und Weise, wie er die Diebe des Bootes gesucht hatte. Und dabei in der Finsternis über eine Fischreuse stolpern und ertrinken. Oder die Katze dabei ertränken. Oder den Burenkrieg auslösen.
Es war besser, die Katze versteckt zu halten, bis wir in Muchings End waren. Wenn ich es mir überhaupt gelang, sie wieder in den Korb zu verfrachten. Wenn ich sie überhaupt wiederfand.
»Wenn wir Prinzessin Arjumand fänden«, begann ich vorsichtig, »wie könnten wir sie am besten einfangen?«
»Ich glaube nicht, daß wir sie einfangen müßten«, sagte Terence. »Nach meinem Dafürhalten wird sie uns dankbar auf den Arm hüpfen, sobald sie uns sieht. Sie ist nicht gewöhnt, für sich selbst zu sorgen. Soweit Toss… Miss Mering mir erzählte, führte sie ein ziemlich behütetes Leben.«
»Aber nimm mal an, sie hüpft uns nicht auf den Arm. Würde sie herbeikommen, wenn wir sie beim Namen riefen?«
Terence und der Professor starrten mich beide ungläubig an. »Wir reden hier von einer Katze«, sagte Terence.
»Wie müßte man es also anstellen, um sie zu fangen, falls sie verängstigt ist und nicht freiwillig kommt? Mit einer Falle oder…?«
»Ich denke, ein bißchen Futter reicht. Sie muß furchtbar hungrig sein«, meinte Terence und starrte auf den Fluß hinaus. »Meinst du, sie blickt wie ich auf den Fluß, im kühlen Wind des ›Abends, des’ golden Gewand sanft im Dämmerlicht der Nacht verblaßt‹?«[41]
»Wer?« Meine Augen glitten forschend über die Uferböschung. »Prinzessin Arjumand?«
»Nein«, sagte Terence irritiert. »Miss Mering. Meinst du, sie blickt auf den selben Sonnenuntergang? Weiß sie wie ich, daß wir füreinander bestimmt sind wie Lancelot und Guinevere?«
Noch eine Geschichte mit bösem Ende, dachte ich, aber nichts gegen das, was uns erwartet, wenn es mir nicht gelingt, die Katze einzufangen und nach Muchings End zurückzubringen.
Ich erhob mich und begann, die Teller einzusammeln. »Am besten, wir räumen auf und legen uns dann schlafen, damit wir morgen gleich früh losfahren können.«
»Ned hat recht«, sagte Terence zu Professor Peddick und wandte seufzend den Blick vom Fluß. »Wir müssen uns früh nach Oxford aufmachen.«
»Müssen wir unbedingt nach Oxford?« fragte ich. »Professor Peddick kann doch mit uns nach Muchings End kommen. Wir können ihn später zurückbringen.«
Terence blickte mich ungläubig an.
»Das würde uns mindestens zwei Stunden einsparen. Außerdem muß es doch eine ganze Reihe historischer Sehenswürdigkeiten längs des Flusses geben, die Professor Peddick sich anschauen könnte«, improvisierte ich aus dem Stegreif. »Ruinen, Grabmäler und… Runnymede.«[42] Ich wandte mich zu Professor Peddick.
»Ich nehme nicht an, daß blinder Zufall zur Unterzeichnung der Magna Charta führte, oder?«
»Blinder Zufall? Persönlichkeit führte dazu. König Johanns Skrupellosigkeit, das zögerliche Handeln des Papstes, Erzbischof Langtons Beharren auf dem habeas corpus und dem Vorrang von Recht und Gesetz vor der Willkür der Krone. Zufälle! Ich würde gern hören, wie Overforce die Magna Charta mit blinden Zufällen zu erklären versucht!« Er leerte seine Teetasse und setzte sie mit entschiedener Geste hin. »Auf nach Runnymede!«
»Und Ihre Schwester und Ihre Nichte?« fragte Terence.
»Mein Aufwärter kann alles besorgen, was sie brauchen, außerdem ist Maudie ein findiges Mädchen. Der Fehler von König Johann bestand nämlich darin, nach Oxford zu kommen. Er hätte in London bleiben sollen. Dann wäre die ganze Geschichte vielleicht anders verlaufen. Wir machen diesen Fehler nicht«, sagte er und langte nach der Angel. »Wir werden nach Runnymede gehen. Nichts anderes bleibt uns übrig.«
»Aber Ihre Schwester und Ihre Nichte wissen doch gar nicht, wo Sie hingegangen sind«, sagte Terence mit einem stirnrunzelnden, fragenden Blick zu mir.
»Er kann von Abingdon aus ein Telegramm schicken«, schlug ich vor.
»Ja, ein Telegramm.« Professor Peddick hüpfte beschwingten Schrittes in Richtung Uferböschung, Terences besorgten Blick im Nacken. »Meinst du nicht, er wird uns aufhalten?«
»Unsinn«, sagte ich. »Runnymede liegt unten bei Windsor. Ich kann ihn hinrudern, während du Miss Mering in Muchings End besuchst. Wir könnten gegen Mittag dort sein. Du hast genügend Zeit, dich zu säubern, damit du von deiner besten Seite erscheinst. Wir können im Gerstenschnitter Station machen« – der Name eines Gasthofes, an den ich mich aus Drei Mann in einem Boot erinnerte –, »dort kannst du deine Hosen aufbügeln und deine Schuhe putzen lassen.«
Und ich kann mich heimlich davonschleichen, um die Katze nach Muchings End zu bringen, dachte ich. Falls ich sie vorher finde.
Terence schaute nicht ganz überzeugt. »Es könnte Zeit sparen«, sagte er.
»Also abgemacht!« Ich raffte das Tuch zusammen und stopfte es in den Korb. »Du spülst, und ich bereite alles zum Schlafen vor.«
Er nickte. »Im Boot ist nur Platz für zwei. Ich werde am Feuer schlafen.«
»Nein«, sagte ich. »Ich schlafe am Feuer.« Dann ging ich die Wolldecken holen und breitete alle bis auf zwei, die ich zur Lichtung trug, auf dem Boden des Bootes aus.
»Wäre es nicht gescheiter, du würdest sie neben das Feuer legen?« fragte Terence, das schmutzige Geschirr aufstapelnd.
»Nein. Mein Arzt sagte, ich solle nicht direkt neben Rauch schlafen.«
Während Terence mit hochgekrempelten Hosenbeinen im Fluß stand und das Geschirr wusch, nahm ich verstohlen eine Laterne und ein Seil an mich und hoffte, daß Professor Peddick auch ein Fischernetz mitgebracht hatte.
Hätte ich Terence bloß gefragt, was Katzen eigentlich fraßen! Es war noch etwas von dem Stilton übriggeblieben. Fraßen Katzen Käse? Nein, das waren Mäuse. Mäuse mochten Käse. Und Katzen mochten Mäuse. Ich bezweifelte, daß wir Mäuse dabeihatten.
Milch. Man sagte, sie liebten Milch. Die Frau, die auf dem Herbstbasar die Wurfbude mit den Kokosnüssen geleitet hatte, war über eine Katze erbost gewesen, die sich über die vor der Haustür stehende Milch hergemacht hatte. »Hat mit den Krallen einfach den Deckel abgerissen«, hatte sie gejammert. »Unverschämtes Biest.«
Wir hatten keine Milch dabei, aber in der Flasche befand sich noch ein Rest Sahne. Ich schnappte mir die Flasche, ebenso eine Büchse Erbsen und eine mit eingelegtem Fleisch, einen Kanten Brot und den Dosenöffner, und versteckte alles auf der Lichtung. Dann ging ich zum Lagerfeuer zurück.
Terence durchwühlte die Kisten. »Wo ist bloß die Laterne hingekommen? Ich weiß, daß wir zwei dabeihatten.« Er warf einen Blick zum Himmel. »Es sieht nach Regen aus. Vielleicht solltest du doch besser auch im Boot schlafen. Es wird ein bißchen eng werden, aber wir werden’s schon schaffen.«
»Nein!« sagte ich. »Mein Arzt sagte, Flußnebel seien schädlich für meine Lungen«, eine dürftige Ausrede, denn ich hatte vor kurzem erst erklärt, daß mein Arzt mir wegen meiner angegriffenen Gesundheit eine Reise auf dem Fluß verordnet hatte. »Sie sagte, ich solle an Land schlafen.«
»Sie?« fragte Terence, und mir fiel zu spät ein, daß es im victorianischen Zeitalter keine weiblichen Ärzte gegeben hatte. Und auch keine weiblichen Anwälte oder Premierminister.
»Mein Arzt. James Dunworthy. Er sagte, ich sollte an Land und allein schlafen.«
Terence richtete sich auf, die Laterne am Griff haltend. »Ich bin mir sicher, daß Dawson zwei eingepackt hat. Ich habe ihm dabei zugesehen. Wo kann die andere bloß stecken?«
Er nahm den Glaszylinder ab, zündete ein Streichholz an und richtete den Docht. Ich beobachtete seine Handgriffe genau.
Professor Peddick kam zurück, den Kessel mit zwei Fischen darin bei sich.
»Ich muß unbedingt Professor Edelswein von meinen Entdeckungen berichten. Bislang hielt man Ugubio fluviatilis albinus in der Themse für ausgestorben.« Er betrachtete im Halbdunkel die Fische. »Zwei wunderbare Exemplare.« Damit stellte er den Kessel auf den Korb und holte seine Pfeife heraus.
»Sollten wir nicht schlafen gehen?« schlug ich vor. »Wegen morgen früh und so?«
»Ganz genau.« Professor Peddick öffnete die Tabakdose. »Ein ausgiebiger Nachtschlaf kann alles entscheidend sein. Die Griechen bei Salamis schliefen in der Nacht vor der Schlacht tief und fest.« Er füllte die Pfeife mit Tabak und stopfte ihn mit dem Daumen fest. Nun holte Terence ebenfalls seine Pfeife heraus. »Die Perser hingegen verbrachten die Nacht auf See, um ihre Schiffe in die richtige Position zu bringen, damit die Griechen nicht entfliehen konnten.« Er zündete die Pfeife an und sog daran, um sie zum Glimmen zu bringen.
»So war’s. Und die Perser wurden vernichtet geschlagen«, sagte ich. »Das soll uns nicht passieren. Auf dann!« Ich stand auf. »Ab ins Bett!«
»Die Sachsen bei Hastings auch«, fuhr der Professor fort und reichte Terence seinen Tabaksbeutel. »Die Truppen Wilhelm des Eroberers waren ausgeruht und bereit zur Schlacht, während die Sachsen einen Marsch von elf Tagen hinter sich hatten. Wenn Harold gewartet und seinen Mannen erlaubt hätte, sich auszuruhen, hätte er vielleicht die Schlacht von Hastings gewonnen und damit den ganzen Verlauf der Geschichte verändert!«
Wie ich auch, wenn es mir nicht gelingt, die Katze zurückzubringen, dachte ich. Terence und Professor Peddick hatten sich wieder hingesetzt.
»Nun, wir wollen doch morgen keine Schlacht verlieren«, sagte ich in einem neuerlichen Anlauf. »Also gehen wir am besten schlafen!«
»Individuelle Handlungen«, fuhr Professor Peddick fort und paffte an seiner Pfeife. »Deshalb ging die Schlacht von Hastings verloren. Die Sachsen hatten nämlich einen Vorteil. Ihre Truppen waren auf einem Bergkamm zusammengezogen. Auf einer erhöhten Verteidigungslinie zu stehen, ist der größte militärische Vorteil, den eine Armee haben kann. Denken Sie an Wellington bei Waterloo oder die Schlacht bei Fredericksburg im amerikanischen Bürgerkrieg. Dort verlor die Union zwölftausend Mann, weil sie über offenes Gelände auf eine verteidigte Anhöhe zumarschierte. Und England war reicher, hier auf eigenem Grund und Boden. Würde ökonomische Macht die Geschichte lenken, hätten die Sachsen gewinnen müssen. Aber das war es nicht, was die Schlacht von Hastings entschied. Die Persönlichkeit war es. Wilhelm der Eroberer veränderte den Verlauf der Schlacht an mindestens zwei kritischen Punkten. Der erste war, als Wilhelm während eines Angriffs vom Pferd geschleudert wurde.«
Cyril legte sich nieder und begann zu schnarchen.
»Wäre er nicht unverzüglich auf die Beine gekommen und hätte seinen Helm aufgeklappt, damit seine Männer sehen konnten, daß er noch lebte, wäre die Schlacht verloren gewesen. Wie will Overforce so etwas mit seiner Theorie der blinden Naturgewalten erklären? Er kann es nicht! Geschichte wird durch Persönlichkeiten bestimmt, was der zweite kritische Punkt der Schlacht bei Hastings beweist.«
Es dauerte eine geschlagene Stunde, bevor die beiden den Tabak aus ihren Pfeifen klopften und sich in Richtung Boot begaben. Auf halbem Weg drehte sich Terence um und kam noch einmal zurück. »Vielleicht solltest du besser die Laterne nehmen«, sagte er und hielt sie mir hin. »Wo du doch am Ufer schläfst.«
»Ich komme auch ohne sie gut aus«, erwiderte ich. »Gute Nacht.«
»Gute Nacht«, sagte er, wieder auf dem Weg zum Boot. »›Die Nacht lädt ein zur Rast!‹« Er winkte mir zu. »›Wie süß, wenn wir nach eines Tages Müh’n und harter Arbeit Last in ihre träumend’ Arme flieh’n‹.«[43]
Damit hatte er zweifelsohne recht, aber zuerst mußte ich eine Katze finden. Ich ging zur Lichtung, um dort abzuwarten, bis alles schlief, und versuchte, nicht darüber nachzudenken, daß mit jeder Sekunde, in der die Katze frei herumlief, sich die Anzahl der Konsequenzen vervielfältigte.
Sie könnte von einem Wolf gefressen werden. Gab es im victorianischen England Wölfe? Sie könnte von einer alten Frau gefunden werden, die sie in ihr Bauernhäuschen mitnahm. Oder von einem vorbeifahrenden Boot aufgelesen werden.
Die Schleusen sind geschlossen, sagte ich zu mir selbst. Außerdem ist es nur eine Katze. Wieviel Einfluß kann schon so ein Tier auf die Geschichte haben?
Einen sehr großen. Man erinnere sich nur an Bucephalus, das Pferd von Alexander dem Großen, und an den »kleinen Gentleman im schwarzen Fellrock«, der Wilhelm den Dritten ums Leben brachte, als dessen Pferd in den Eingang des Maulwurfshügels trat. Und an Richard den Dritten, wie er auf dem Feld von Bosworth stand und rief: »Mein Königreich für ein Pferd!« Oder die Kuh von Mrs. O’Leary.[44] Oder Dick Whittingtons Katze.[45]
Ich wartete eine halbe Stunde, dann entzündete ich vorsichtig die Laterne. Ich holte die Dosen aus dem Versteck und zog den Büchsenöffner aus meiner Tasche. Und versuchte, die Dosen zu öffnen.
Es war mit Sicherheit ein Büchsenöffner. Terence hatte es gesagt. Er hatte die Pfirsichdose damit geöffnet. Zuerst stocherte ich mit der Spitze der Sichel auf dem Deckel herum, dann mit der Seite, schließlich mit dem abgerundeten entgegengesetzten Teil.
Zwischen beiden Teilen war ein Zwischenraum. Vielleicht paßte der eine Teil an die Außenseite der Dose, als eine Art Hebel für den anderen Teil. Oder vielleicht stieß man das Ding seitwärts ins Blech. Oder in den Boden. Möglicherweise hielt ich es falsch herum, und die Sichel war eigentlich der Griff.
Diese Idee verschaffte mir einen Schnitt in der Handfläche, was ja wohl der falsche Ansatz war. Ich suchte im Rucksack nach einem Taschentuch und wickelte es um die Hand.
Noch einmal von vorn, ganz methodisch. Die Spitze der Sichel mußte der Teil sein, der durchs Blech schnitt. Und durch den Deckel. Vielleicht gab es eine bestimmte Stelle im Deckel, wo sie hineinpaßte. Ich suchte sorgfältig nach einer solchen Schwachstelle, fand aber keine.
»Warum mußten die Victorianer alles so verdammt kompliziert machen?« fragte ich und sah im gleichen Moment nahe des Randes der Lichtung etwas aufflackern.
»Prinzessin Arjumand?« fragte ich leise, die Laterne hoch erhoben. Ich hatte zumindest in einem Punkt recht gehabt. Katzenaugen glühten in der Dunkelheit. Zwei davon glitzerten mich gelblich aus dem Buschwerk heraus an.
»Komm, Mieze«, sagte ich, hielt den Brotkanten hoch und schnalzte mit der Zunge. »Ich hab was für dich. Komm her.«
Die glühenden Augen blinzelten, dann verschwanden sie. Ich steckte den Brotkanten in meine Tasche zurück und näherte mich vorsichtig den Büschen. »Komm schon. Ich bringe dich nach Hause. Du willst doch nach Hause, oder?«
Schweigen. Oder zumindest fast Schweigen. Frösche quakten, Blätter raschelten, und die Themse floß mit einem ganz eigenen, gurgelnden Geräusch dahin. Nur von einer Katze war nichts zu hören. Welche Geräusche verursachten Katzen? Da alle Katzen, deren ich bis jetzt ansichtig geworden war, geschlafen hatten, war ich mir nicht sicher. Miauende Geräusche. Ja, Katzen miauten.
»Miau«, lockte ich und hob ein paar Äste hoch. »Miez, miez. Du willst doch nicht das Raumzeitgefüge zerstören, oder? Miau. Miau…«
Die Augen erschienen wieder, jenseits des Unterholzes. Ich kämpfte mich weiter voran und ließ dabei Brotkrumen fallen. »Miau?« Die Laterne schwang langsam von einer Seite zur anderen. »Prinzessin Arjumand?« Plötzlich wäre ich fast über Cyril gestolpert.
Er wackelte erfreut mit dem Hinterteil.
»Geh zurück zu deinem Herrchen und schlaf weiter«, zischte ich. »Du bist im Weg.«
Sofort senkte er seine flache Schnauze und begann, kreisförmig auf der Erde zu schnüffeln.
»Nein!« flüsterte ich. »Du bist kein Bluthund! Du hast nicht einmal eine richtige Nase. Geh zum Boot zurück!« Ich zeigte zum Fluß hinüber.
Der Hund hörte auf zu schnüffeln. Er schaute mich aus Augen an, die, blutunterlaufen, wie sie waren, einem Bluthund Ehre gemacht hätten, und einer Miene, als wolle er sagen: »Bitte.«
»Nein«, sagte ich entschieden. »Katzen mögen keine Hunde.«
Er fing wieder an zu schnüffeln, die Nase eng auf den Boden gepreßt.
»Na gut, du kannst mitkommen«, sagte ich, weil es klar war, daß er sowieso nicht mehr verschwinden würde. »Aber bleib dicht bei mir.«
Ich ging auf die Lichtung zurück, goß die Sahne in eine Untertasse, nahm das Seil und ein paar Streichhölzer. Cyril beobachtete mich interessiert.
»Auf dann, Watson!« sagte ich und hielt die Laterne hoch. »Die Jagd beginnt!« Gleich darauf verschluckte uns die Dunkelheit.
Es war ausgesprochen finster. Hinzu kamen das Quaken der Frösche, das Rascheln der Blätter, das Gurgeln des Flusses, alles begleitet von Rattern, Pfeifen und einem schabenden Geräusch wie von Schlangen. Der Wind frischte auf, ich hielt die Hand schützend vor die Laterne und dachte, was für eine wunderbare Erfindung die Taschenlampe ist. Sie leuchtet weit und man kann den Strahl in alle Richtungen lenken. Das Laternenlicht konnte ich nur lenken, indem ich die Laterne nach oben oder unten hielt. Ihr Licht war warm und flackernd, aber seine einzige Funktion schien darin zu bestehen, alles außerhalb seines Scheines schwarz wie ein tiefes Loch erscheinen zu lassen.
»Prinzessin Arjumand?« rief ich alle paar Schritte. »Miez, miez!« und »Huhu!« Ich verstreute Brotkrumen, während ich voranschritt, hin und wieder stellte ich die Untertasse mit Sahne vor einen vielversprechend aussehenden Busch und wartete.
Nichts geschah. Keine glühenden Augen erschienen. Die Nacht wurde noch dunkler, die Luft klamm, als würde es gleich zu regnen beginnen.
»Siehst du etwas von ihr, Cyril?« fragte ich.
Wir trotteten weiter. Am Nachmittag hatte die Gegend einigermaßen zivilisiert gewirkt, jetzt aber schien sie nur noch aus Dornbüschen, Unterholz und drohenden, klauenartig aussehenden Ästen zu bestehen. Die Katze konnte überall und nirgends sein.
Da – unten am Fluß. Ein Aufblitzen von Weiß.
»Los, Cyril«, sagte ich und setzte mich Richtung Fluß in Bewegung.
Da war es wieder, inmitten der Binsen. Es bewegte sich nicht. Vielleicht war die Katze eingeschlafen.
»Prinzessin Arjumand?« Ich griff durch die Schilfhalme nach ihr. »Da bist du, du unartiges Ding.«
Das Weiß richtete sich plötzlich auf, ein langer gekurvter Hals wurde sichtbar.
»Krwäääg!« machte es, in heftiges weißes Flügelschlagen explodierend. Ich ließ die Untertasse mit Sahne fallen.
»Ein Schwan«, sagte ich unnötigerweise. Ein Schwan. Einer dieser vergangenen schneeweiß gefiederten Schönheiten der Themse, die mit graziös geneigten Hälsen majestätisch an den Uferbänken vorbeiglitten. »Ich habe mir immer gewünscht, einen zu sehen«, sagte ich zu Cyril.
Er war nicht mehr an meiner Seite.
»Krwäääg«, machte der Schwan und entfaltete seine Schwingen zu einer beeindruckenden Spannweite, ganz offenbar darüber irritiert, daß er geweckt worden war.
»Entschuldigung«, sagte ich zurückweichend. »Ich dachte, du wärest eine Katze.«
»Schzzz«, zischte der Schwan. Er setzte sich in Bewegung.
In keinem der poetischen Ergüsse über Schwäne war je davon die Rede gewesen, daß sie zischten. Oder daß sie beleidigt waren, wenn man sie mit Katzen verwechselte. Oder daß sie bissen.
Es gelang mir schließlich, zu entkommen, indem ich durch ein dickes Gebüsch mit Dornen brach, halbwegs einen Baum erklomm und mit dem Fuß so lange nach dem Schnabel des Schwans stieß, bis dieser endlich, Drohungen und Verwünschungen zischend, wieder zum Fluß hinunterwatschelte.
Für den Fall, daß es sich dabei nur um einen Trick handelte, wartete ich fünfzehn Minuten ab, dann kletterte ich hinunter und untersuchte meine Wunden. Die meisten waren hinten und deshalb schwierig zu sehen. Ich wand mich im Kreis, um zu erkennen, ob ich blutete. Dabei erblickte ich Cyril, der mit beschämter Miene hinter einem Baum hervorkam.
»Eine vernichtende Niederlage«, sagte ich. »Wie bei den Persern. In Drei Mann in einem Boot hatte Harris auch Probleme mit Schwänen.« Ich wünschte, ich hätte mich eher an dieses Kapitel erinnert. »Sie versuchten, ihn und Montmorency aus dem Boot zu ziehen.«
Ich hob die Laterne auf, die erstaunlicherweise so aufrecht hingefallen war, wie ich sie losgelassen hatte. »Wenn König Harold Schwäne zur Seite gestanden hätten, wäre England heute sicher noch in sächsischer Hand.«
Wir marschierten wieder los, wobei wir uns vom Fluß fernhielten und ein wachsames Auge auf weiße Flecken hatten.
In dem alten Gedicht kam Polly Vaughn ums Leben, weil ihr Liebster sie mit einem Schwan verwechselte. Sie hatte eine weiße Schürze getragen, und er hielt sie für einen Schwan und tötete sie mit einem Pfeil. Ich konnte es vollkommen nachempfinden. In Zukunft würde ich auch zuerst schießen und dann Fragen stellen.
Die Nacht wurde noch finsterer, die Luft feuchter, die Büsche dorniger. Nirgendwo waren weiße Flecken oder glitzernde Augen. Man hörte kaum noch ein Geräusch. Als ich das letzte Stück Brot fallenließ und »Komm, Mieze!« rief, hallte meine Stimme in der schwarzen, schweigenden Leere um mich herum wider.
Es blieb mir nichts anderes übrig, als der Sache ins Auge zu sehen. Die Katze war verschwunden, in der Wildnis verhungert oder von einem wütenden Schwan getötet worden. Vielleicht war sie auch im Schilf von Pharaos Tochter gefunden worden und hatte so den Lauf der Geschichte verändert. Cyril und ich jedenfalls würden sie nicht finden.
Wie zur Zustimmung begann die Laterne zu qualmen. »Cyril, es ist zwecklos«, sagte ich. »Sie ist verschwunden. Komm, wir gehen zum Lager zurück.«
Das war leichter gesagt, als getan. Ich hatte mehr Aufmerksamkeit auf die Suche nach der Katze als auf den Weg gerichtet, und die Büsche sahen alle gleich aus.
Ich hielt die Laterne nach unten, um die Spur aus Brotkrumen zu entdecken. Dann erinnerte ich mich daran, daß Hänsel und Gretel ein weiteres Paar gewesen waren, das in Schwierigkeiten gesteckt hatte.
»Zeig mir den Weg, Cyril«, sagte ich hoffnungsvoll, woraufhin er sich aufmerksam umschaute und dann auf die Hinterläufe hockte.
Am besten wäre es natürlich gewesen, einfach dem Fluß zu folgen, aber dabei mußte man die Schwäne in Betracht ziehen, und sicher hatten die Wölfe nicht alle Brotkrumen aufgefressen. Ich versuchte es in einer anderen Richtung.
Eine halbe Stunde später setzte Nieselregen ein, und der blätterbedeckte Untergrund wurde feucht und glitschig. Wir schlitterten voran wie die Sachsen, die bereits elf Tage marschiert waren. Und im Begriff waren, England zu verlieren.
Ich hatte die Katze verloren. Ich hatte Stunden kostbarer Zeit vergeudet, ohne zu ahnen, daß sie in meiner Obhut war und sie dann entwischen lassen. Ich war mit einem vollkommen Fremden von dannen gezogen, hatte Terence dazu gebracht, eine wahrscheinlich wichtige Begegnung nicht einzuhalten und…
Mir kam ein Gedanke. Ich war mit Terence losgezogen, und wir waren genau im richtigen Moment erschienen, um Professor Peddick vor einem nassen Grab zu bewahren. Was wäre geschehen, wenn Terence Maud getroffen hätte, oder war es vorgesehen, daß er sie nicht traf, damit er zur rechten Zeit am rechten Ort auftauchen konnte, um seinen Tutor zu retten? Oder war Professor Peddick zum Ertrinken verurteilt gewesen, und ich mußte seine Rettung zu meiner Liste von Vergehen hinzurechnen?
Aber wenn es ein Vergehen sein sollte, dann gelang es mir nicht, mich deshalb allzu schuldig zu fühlen. Ich war froh, daß er nicht ertrunken war, obwohl mein Leben durch ihn viel komplizierter geworden war, und ich fing an zu verstehen, was Verity bei der Rettung der Katze empfunden hatte.
Der Katze, die sich irgendwo hier im Regen verirrt hatte. Wie Cyril und ich auch. Ich hatte keine Ahnung, wo wir uns befanden, ich wußte nur, daß ich eine Baumreihe wie die vor mir oder ein Gestrüpp wie das hinter mir noch nie zuvor gesehen hatte. Ich hielt inne, drehte mich um und ging den Weg zurück, den wir gekommen waren.
Und da war das Boot. Und die Lichtung. Und mein Bettzeug.
Cyril sah es zuerst. Er machte einen Satz darauf zu, wedelte begeistert mit dem Schwanz und blieb dann wie vom Donner gerührt stehen. Ich hoffte, daß der Schwan nicht auf meinem Lager Wohnstatt bezogen hatte.
Das hatte er auch nicht. Statt dessen lag hier, inmitten der Wolldecken, Prinzessin Arjumand und schlief tief und fest.