35. KAPITEL

Vom wilden Pochen in seiner Brust überwältigt, stand Coop wie angewurzelt da, ohne aus dem einen Sinn machen zu können, was er gerade gesehen hatte. Wenn sich auf dem Band, nach dem alle suchten, Informationen über Gleic Éire befanden, und wenn McDermotts Neffe tatsächlich der Mann war, der Julia überfallen hatte, was machte dann Frank hier?

Darauf gab es nur eine Antwort.

Das Band enthielt nichts über Gleic Éire, sondern belastendes Material gegen Frank. Irgendwie hatte er herausbekommen, dass das Band in Andrews Roboter versteckt war. Und er war hergekommen, um es sich zu holen.

Die Erkenntnis akzeptierte er nur widerwillig.

Frank hatte Paul umgebracht.

Und er hatte es Julia ausbaden lassen.

“Dreckskerl.” Coop wollte in die Hütte gehen, um den jüngeren Mann bis zur Bewusstlosigkeit zu prügeln oder es zumindest zu versuchen.

Ein Schwindelgefühl bremste ihn. Er lehnte sich gegen das Geländer und wartete, dass sich vor seinen Augen nichts mehr drehte. Dadurch sah er sich gezwungen, seine Vorgehensweise zu überdenken. In seinem Zustand konnte er kaum wie Dirty Harry in die Hütte stürmen und darauf hoffen, einen Mann zu besiegen, der dreißig Jahre jünger war und eine Waffe hatte.

Und ganz gleich, wie groß seine Wut war, so galt Andrew in dem Moment die höchste Priorität. Er musste den Jungen rausholen. Sobald Frank klar war, dass sich das Band nicht in der Hütte befand, würde er nach ihm, Coop, suchen, weil er es haben musste.

Er hatte zwei Möglichkeiten: Entweder tat er so, als sei er noch bewusstlos, damit Frank das Band finden und entkommen konnte. Oder er würde das Band behalten, Andrew holen und versuchen, die Flucht zu ergreifen.

Die erste Option würde sicherstellen, dass Andrew und er überleben würden, es sei denn, Andrew wachte auf, wie es in den letzten drei Nächten der Fall gewesen war. Wenn er Frank sah, würde der Detective keine andere Wahl haben, als sie beide zu erschießen. Dazu durfte es nicht kommen.

Die zweite Möglichkeit war ebenfalls riskant. Viel hing davon ab, wie schnell er es in Andrews Schlafzimmer schaffen würde, um ihn herauszuholen. Coop tastete seine Taschen ab und fluchte leise, als er merkte, dass sich seine Wagenschlüssel in der Hütte befanden. Damit war die schnelle Flucht mit seinem Buick ausgeschieden. Er und Andrew müssten sich in den Wald zurückziehen und hoffen, dass Frank ihnen nicht folgte.

Angesichts der Tatsache, dass Andrew in den letzten Nächten immer um diese Zeit aufgewacht war, schien ihm der zweite Weg der weniger riskante zu sein.

Also gut, Sergeant. Genug geredet, los gehts.

Sein Überlebenstraining aus Army-Zeiten trat im gleichen Moment wieder in Aktion, als er sich geduckt bewegte, damit man ihn vom Fenster aus nicht sehen konnte. Rasch und ohne einen Laut lief er den schmalen Weg entlang, der zur Rückseite der Hütte führte. Das Fenster zu Andrews Zimmer war zwar geschlossen, aber nicht verriegelt.

Er setzte seine Fingerspitzen unter dem Rahmen an und versuchte, das Fenster hochzuschieben, musste aber leise fluchend einsehen, dass Zeit und Wetter das alte Holz verzogen hatten. Außerdem fürchtete Coop, dass das Quietschen zu laut sein könnte. Nach einigen Versuchen gab es aber endlich nach, sodass er es weit genug öffnen konnte, um hineinzuklettern.

Andrew hatte das Bettlaken weggetreten und wälzte sich hin und her, was Coop in der Überzeugung stärkte, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Er wusste, dass sie keine Zeit zu verlieren hatten, und packte Andrews Steppjacke, Strümpfe und Schuhe, die er neben sein Bett gestellt hatte, in den Matchbeutel des Jungen. Er legte sich den Tragegurt der Tasche über die Schulter, nahm den Jungen mitsamt Bettzeug in den Arm und verließ das Zimmer auf dem Weg, auf dem er hereingekommen war.

Als Coop über die Fensterbank kletterte, begann sich Andrew zu regen. “Grandpa?”

“Sscht. Ruhig”, flüsterte Coop, als er auf den Wald zulief, der nur ein paar Meter von der Hütte entfernt anfing. “Wir spielen ein Spiel, einverstanden?”

Andrew befreite einen Arm aus der Decke und rieb sich die Augen. “Was für ein Spiel? Warum trägst du mich?”

“Damit wir schneller weiterkommen.”

Plötzlich wurde die Hintertür der Hütte aufgerissen, und Franks Silhouette war im Lichtschein deutlich zu sehen. Coop fluchte stumm. Der Detective musste sie gehört und erkannt haben, dass sie beide weggelaufen waren.

“Hey!” rief Andrew. “Das ist Onkel F…”

Coop legte die Hand auf Andrews Mund. Sie waren für Frank vielleicht nicht mehr zu sehen, aber damit nicht unbedingt auch weit genug entfernt, um nicht mehr gehört zu werden. “Sscht”, machte er wieder, während sie sich tiefer in den Wald begaben. “Wir wollen nicht, dass er uns hört.”

Aus der relativen Sicherheit des dichten Waldes sah Coop, wie sich Frank mit der 38er in der Hand von einer Seite zur anderen drehte. “Coop!” brüllte er. “Ich weiß, dass du da draußen bist, Mann. Du willst bestimmt nicht, dass ich dich suchen komme.”

Andrew war inzwischen hellwach und wand sich so sehr, dass Coop ihn absetzen musste. “Was ist mit Onkel Frank los?” fragte er und blinzelte Coop an. “Warum ist er so böse? Warum antwortest du ihm nicht?”

Coop glaubte nicht, dass der Junge ihm die Geschichte mit dem Spiel noch abnahm, dafür war er zu aufgeweckt. “Ich erzähle es dir nachher”, sagte er, um Zeit zu gewinnen. “Ich möchte, dass du deine Jacke und deine Schuhe anziehst, damit wir losgehen können.”

“Wohin gehen wir?”

“Nach Hause.” Er deutete auf die Kleidung, die er aus dem Matchbeutel geholt hatte. “Komm, Andrew, beeil dich.”

Wir nehmen den Wanderweg, beschloss Coop, den einzigen auf dieser Seite des Bergs.

Ob Frank ihnen folgen würde, war nicht sicher. Auch wenn er als Kind ein paar Mal mit Jordan hergekommen war, kannte er das Gebiet nicht so gut wie er selbst. Auf der anderen Seite konnte er es sich nicht leisten, sie beide entkommen zu lassen, da er sich zu erkennen gegeben hatte.

Coop hielt die Lichtung unter ihnen genau im Blick. Der Detective lief im Kreis umher und sah von Zeit zu Zeit in ihre Richtung. Solange er nichts anderes unternahm, würden sie hier bleiben. Wenn er ihnen folgen sollte, würden sie sich auf den Weg zum Pass machen.

Er mochte nicht an Steve denken, der in Kürze eintreffen musste, und daran, was geschehen würde, wenn der Reporter plötzlich Franks Waffe auf sich gerichtet sähe. Im Moment war Andrew der Einzige, um den er sich zu sorgen hatte, niemand sonst.

Plötzlich legte Frank die Hand an den Mund und rief: “Weglaufen bringt nichts, Coop. Du wirst in diesem Gebirge sterben. Willst du das? Willst du, dass du zusammen mit Andrew stirbst? Wenn nicht, dann tu, was ich sage!”

“Klar”, murmelte Coop leise. “Als ob wir bei dir sicherer wären.”

Andrew hörte auf, seinen Schuh zuzuschnüren. Mit großen Augen sah er Coop an. “Werden wir sterben, Grandpa?”

“Auf keinen Fall, Junge.”

Andrew stand auf. “Ich will zurück in die Hütte”, sagte er wehleidig. “Ich will zu Onkel Frank.”

Coop konnte es ihm nicht verübeln. Andrew kannte Frank sein ganzes Leben lang, und im Augenblick erschien alles angenehmer als dieser kalte dunkle Wald.

Coop zog den Matchbeutel zu und sah wieder zur Lichtung. Frank hatte sich nicht von der Stelle gerührt. “Wir können nicht zur Hütte zurückgehen, Andrew.”

“Warum nicht?”

Coop überlegte, wie er dem Jungen die Wahrheit am schonendsten beibringen konnte, fand aber keine Lösung. Der Gedanke, ihm in die unschuldigen Augen zu sehen und ihm zu sagen, dass der Mann, den er so liebte und dem er vertraute, seinen Vater getötet hatte und nicht zögern würde, auch ihn zu ermorden, bereitete ihm Magenschmerzen. Lieber würde er sich einem Rudel wilder Tiere stellen, als seinem Enkel das anzutun.

“Andrew, hör mir zu”, sagte er behutsam. “Ich weiß, dass du viele Fragen hast, und ich weiß, dass du Angst hast …”

“Ich habe keine Angst.”

Coop lächelte. “Gut, das ist nämlich auch nicht nötig. Ich bringe dich heil nach Hause, und du wirst deinen Freunden im Sommerlager eine Wahnsinnsgeschichte erzählen können.”

Andrew sah ihn weiter an, woraufhin er anfügte: “Ich wünschte, ich könnte dir mehr sagen, Junge, aber es ist sehr kompliziert, und ich möchte, dass dir deine Mutter alles erklärt. Im Moment musst du mir einfach vertrauen. Kannst du das?”

Andrew nickte, zwar nicht sehr überzeugt, doch er nickte.

“Gut. Dann mach jetzt deine Jacke zu, es wird kalt.”

“Wie lange brauchen wir denn, bis wir zu Hause sind?” fragte Andrew, während er zusammenpackte.

Coop wünschte sich, die Antwort darauf zu wissen. Sie hatten keine Nahrung, kein Wasser, keine Arzneimittel, keine Waffen, um sich zu beschützen. Zum Glück verdeckte in dieser Nacht nicht eine Wolke den Mond. So würde er wenigstens genau wissen, wohin sie sich begaben. “Nicht sehr lange”, sagte er und hätte sich gewünscht, seinen eigenen Worten zu glauben.

Plötzlich zerriss ein langgezogenes, gequältes Heulen die Nacht.

Unter ihnen auf der Lichtung machte Frank vor Schreck einen gewaltigen Satz. Im gleichen Moment klammerte sich Andrew an Coops Hüfte fest.

“Was war das, Grandpa?”

“Nur ein Luchs, kein Grund zur Sorge”, erwiderte er und legte eine Hand auf Andrews Kopf. “Er hat mehr Angst vor dir als du vor ihm.”

Wieder sah er zur Hütte. Frank hatte sich offenbar entschieden, da er mit entschlossenen Schritten auf den Wald zuging.

Er folgte ihnen.

Coop bemühte sich, seiner Stimme keine Angst anmerken zu lassen, nahm den Jungen wieder an die Hand und sagte in spielerischem Tonfall: “Bereit, Soldat?”

Andrew seufzte. “Ich glaube schon.”

“Dann wollen wir mal.”

Auch wenn Julia es nicht hätte zugeben wollen, empfand sie etwas weniger Angst, da sie wusste, dass Steve unterwegs war. Seit sie auf den steilen Weg zum Pass eingebogen war, hatte sie keine Menschenseele mehr gesehen, während die Landschaft finster und verlassen erschien. Zum Glück war es eine sternklare Nacht, sodass sie die Straßenschilder und markante Punkte gut erkennen konnte, die sie noch aus ihrer Kindheit kannte. Ansonsten wäre sie vermutlich Gott weiß wo gelandet.

Sie verfluchte die sich windende Straße, die es ihr nicht ermöglichte, schneller als knapp fünfzig Stundenkilometer zu fahren. Sie umklammerte das Lenkrad und zwang sich, ruhig zu bleiben. Wenn sie jetzt durchdrehte, würde das niemandem helfen. Doch allem guten Zureden zum Trotz schnürte ihr die Angst von Zeit zu Zeit die Kehle zu und erstickte sie fast. Lass es ihm gut gehen, betete sie.

Im Lichtkegel der Scheinwerfer tauchte plötzlich das Verkehrsschild für Spurrillen auf. Sie lenkte hastig, begann zu rutschen, bekam den kräftigen Wagen aber wieder unter Kontrolle. Ruhig, altes Mädchen.

Als die hell erleuchtete Hütte in Sichtweite kam, sprach sie noch ein Stoßgebet. Bitte, lieber Gott, lass Andrew nichts zugestoßen sein.

Mit wild pochendem Herz brachte sie den Volvo gleich neben Coops Buick zum Stehen und sprang aus dem Wagen. “Dad!” rief sie, als sie nach drinnen lief. “Andrew!”

Sie blieb abrupt stehen und erstarrte. Die Hütte war durchsucht worden. Kissen lagen auf dem Boden, Andrews Roboter stand auf dem Spieltisch, die sechs Kassetten lagen verstreut um ihn herum. In der Küche waren die Schränke ausgeräumt worden, ebenso Coops Angeltasche.

Übelkeit ergriff von ihrem Magen Besitz. “O mein Gott! Andrew!”

Sie stürmte ins erste Schlafzimmer, warf einen Blick auf das leere Bett und das offen stehende Fenster und fühlte sich kraftlos. Obwohl ihre Beine sie kaum noch tragen wollten, eilte sie ins zweite Schlafzimmer. Dort war das Bett nicht berührt worden.

Das Schlagen einer Tür ließ sie herumschnellen. “Dad!” Sie rannte nach draußen, während Tränen der Erleichterung über ihr Gesicht liefen.

Sie traf aber nicht auf Coop, sondern stieß stattdessen mit Steve zusammen.

“Sie sind weg”, schrie sie sofort und klammerte sich an seiner Lederjacke wie an einer Rettungsleine fest.

Steve sah zu Coops Wagen. “Was meinst du damit, dass sie fort sind?”

“Irgendjemand war hier! Die Hütte ist auf den Kopf gestellt worden, und jetzt sind Coop und Andrew verschwunden. Sein Bett ist völlig leer, und Dad hat gar nicht erst in seinem Bett geschlafen.” Sie drückte ihren Kopf an seine Brust. “Irgendwas ist ihnen zugestoßen.”

Steve legte seine Arme um ihre Schultern und drückte Julia kurz an sich, dann ging er in die Hütte, um sich dort umzusehen. “Reg dich nicht auf”, sagte er und nahm sie wieder in die Arme. “Coop würde es nicht zulassen, dass Andrew irgendwas zustößt.”

“Wen rufst du an?” fragte sie, als er sein Telefon aus der Tasche zog.

“Hammond. Er ist auf dem Weg hierher. Hank”, sagte er und hielt das Telefon so, dass sie das Gespräch mit verfolgen konnte. “Coops Wagen ist hier, aber er und Andrew sind weg. Die Hütte ist durchsucht worden. Außerdem parkt so etwa fünfzehn Meter den Weg hinunter ein Wagen, den ich aber nicht erkennen konnte.”

Julia sah zu ihm auf.

“Sehen Sie ihn sich an”, wies Hammond ihn an. “Brechen Sie ihn notfalls auf, aber finden Sie auf jeden Fall heraus, wem er gehört. Dann rufen Sie mich wieder an.”

“Welcher Wagen?” fragte Julia, als Steve das Gespräch beendet hatte. “Ich habe keinen Wagen gesehen.”

“Du hast auch nicht nach einem Wagen Ausschau gehalten.” Er nahm ihre Hand. “Komm, wir sehen ihn uns mal an.”

Sie hatten die schwarze Limousine schnell erreicht, als Julia abrupt stehen blieb und Steves Arm umklammerte. “Das ist Franks Lexus”, flüsterte sie.

“Bist du sicher?” Noch während sie nickte, öffnete er die Beifahrertür, die nicht verschlossen war, und fand im Handschuhfach eine kleine Ledermappe.

“Das darf doch nicht wahr sein.” Verständnislos sah Steve zu Julia. “Was um alles in der Welt macht er hier? Und warum versteckt er seinen Wagen?”

“Ich weiß nicht, er sollte eigentlich im Dienst sein.”

“Weiß er von der Kassette, die Andrew gefunden hat?”

“Ich wüsste nicht, wie er …” Sie drückte ihre Hände auf die Brust und weigerte sich, den wahnsinnigen Gedanken zu akzeptieren, der sich ihr aufdrängen wollte. “Ich habe Penny davon erzählt. Frank war nicht dabei, er … er war irgendwo hinten im Haus. Er machte sich für seine Spätschicht bereit.”

Er könnte mich gehört haben, wurde ihr klar. Darum war er auch nicht nach vorne gekommen, um sie zu begrüßen.

Sie betrachtete den Wagen, der weit zwischen die Büsche gefahren worden war. Er kannte die Hütte und ihre Umgebung so gut wie sie. Als Kind war er mit ihr und Jordan öfter hier her hergekommen.

Nein. Sie schüttelte den Kopf. Nicht Frank. Nicht ihr bester Freund auf der ganzen weiten Welt. Nicht der Mann, dem sie ihr Leben anvertraut hätte.

“Er war es”, flüsterte sie. “Es war Frank.”

Sie weigerte sich, das Schlimmste anzunehmen, und sah Steve an. “Er würde Andrew nichts antun. Egal, aus welchem Grund er was auch immer gemacht hat, er … er würde Andrew nichts antun.”

Steve sah hinauf in den dunklen, unheimlichen Wald. “Es könnte sein, dass er Andrew nicht mal hat.”

“Wie kommst du darauf?”

“Weil sein Wagen noch hier ist. Und Coops Wagen ebenfalls. Außerdem fehlt Andrews Bettwäsche.”

Sie konnte ihm nicht folgen, zu viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf. “Und?”

“Ich glaube, Coop hat mit Andrew die Hütte verlassen, bevor Frank ihr Verschwinden bemerkt hat.”

“Und wo ist dann Frank?”

“Vielleicht ist er ihnen gefolgt.” Sein Blick schweifte umher und versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen. “Die drei können irgendwo da oben sein. Coop und Andrew versuchen zu entkommen, und Frank hofft, dass er sie einholt.” Er sah zu Julia. “Gibt es hier einen Wanderweg?”

Sie nickte und deutete nach oben. “Neben dem Zeichen dort. Er führt hinauf zur Bergkuppe und danach hinunter zum Crystal Lake.”

Steve klappte sein Mobiltelefon auf und rief wieder Hammond an. Julia stand dicht neben ihm und hörte, wie der Detective beim ersten Klingeln ans Telefon ging. “Hammond.”

“Sie werden es nicht glauben, Hank”, sagte Steve. “Der Wagen gehört Frank Walsh.”

“Oh, Scheiße.”

“Wir brauchen dringend einen Helikopter”, fuhr Steve fort. “Alle drei sind zu Fuß unterwegs und können sich praktisch überall befinden.”

“Ich habe schon einen angefordert, aber das dauert noch eine Weile. Jeder Chopper in der näheren Umgebung ist auf dem Weg nach San Luis Obispo, um Flutopfer zu retten.”

Steve legte auf. “Hat Charles einen Helikopter?” fragte er Julia.

Sie schüttelte den Kopf. “Ich glaube nicht.” Sie überlegte einen Moment lang. “Aber ein paar seiner Freunde bestimmt.”

Er reichte ihr sein Telefon.

Während Julia den Anruf erledigte, lief Steve zurück in die Hütte. Ein verschlossener Waffenschrank mit Glasfront hing an einer Wand. In ihm befanden sich sechs Jagdgewehre und mehrere Schachteln Munition.

Er hatte nicht die Zeit, nach dem Schlüssel zu suchen oder das Schloss aufzubrechen, sondern nahm den Schürhaken vom Kamin und schlug die Scheibe ein.

Als das Glas zerbrach, kam Julia verstört in die Hütte gelaufen. “Was …?”

Sie blieb stehen, während Steve eine Remington aussuchte. “Was machst du da?”

Er riss eine Schachtel Munition auf. “Ich folge ihnen. Sieh mal, ob du eine Taschenlampe finden kannst.”

Julia lief in die Küche und kehrte Augenblicke später mit einer Lampe zurück, die sie ein- und ausschaltete. “Gott sei Dank, sie funktioniert.”

“Gut.” Steve steckte die Taschenlampe in seinen Hosenbund, dann klemmte er sich das Gewehr unter den Arm. “Du wartest hier auf Hammond”, wies er sie an. “Er kommt mit einem Officer und einem mehrköpfigen Suchteam. Zeig ihnen die Richtung zum Wanderweg.”

Mit sorgenvollem Blick fasste sie seinen Arm. “Steve, pass auf dich auf.”

“Mache ich. Hast du Charles erreichen können?”

Sie nickte. “Er hat gesagt, er würde so schnell wie möglich einen Helikopter auftreiben, und wenn er einen stehlen muss. Es wird ihm auf jeden Fall gelingen.”

Die Bemerkung ließ Steve lächeln. Er beugte sich vor, küsste sie sanft auf den Mund und machte sich dann auf den Weg.